Doris Katheder Mädchenbilder in deutschen Jugendzeitschriften der Gegenwart
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Doris Katheder
Mädchenbilder in deutschen Jugendzeitschriften der Gegenwart Beiträge zur Medienpädagogik
Mit einem Geleitwort von Dr. Sven Kommer und Prof. Dr. Alfred Holzbrecher
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Dissertation Pädagogische Hochschule Freiburg, 2008
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Christina M. Brian / Britta Göhrisch-Radmacher VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Satz: SatzReproService GmbH Jena Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-15940-9
Gewidmet meinen Töchtern Nina und Julia in Liebe
Doch Lieder und Sterne und Blümelein, und Äuglein und Mondglanz und Sonnenschein, wie sehr das Zeug auch gefällt, so macht’s doch noch lang keine Welt. Heinrich Heine: Wahrhaftig (Buch der Lieder, 1827)
Geleitwort
Mit dem Verkaufsstart von „Bravo – Zeitschrift für Film und Fernsehen“ im Jahr 1956 beginnt eine bis heute ungebrochene Erfolgsgeschichte. BRAVO, ihre Derivate (und natürlich auch andere Jugendzeitschriften) sind längst fester Bestandteil jugendlicher Medien-Sozialisation und erreichen trotz der Konkurrenz durch die neuen digitalen Medien noch immer einen wesentlichen Teil der Jugendlichen. Um so erstaunlicher ist, dass das Medium „Zeitschrift“ in den medienpädagogischen Diskursen wie auch in der Forschung schon seit vielen Jahren kaum mehr eine Rolle zu spielen scheint. Der medienpädagogische Mainstream der vergangenen Jahre in seiner geradezu rastlosen Orientierung an den jeweils neuesten Medien (und Genres) läuft so Gefahr, im dauerhaften Versuch, sich selber zu überholen, die „alten“ Medien – und damit letztendlich eine wichtige Instanz der Mediensozialisation – aus dem Blick zu verlieren. Ähnliches gilt für die Analyse der kommerziellen Interessen und Verflechtungen (nicht nur) der auf das Segment „Jugendliche“ gerichteten Produkte. Nach einer sicher übertriebenen Fokussierung auf die „Kritik der Kulturindustrie“ in den 1970er Jahren zeichnet sich in den letzten 10 bis 15 Jahren die Tendenz ab, in Folge einer verkürzten Rezeption der „Cultural Studies“ die Analyse fast vollständig auf die subjektiven Aneignungsweisen der Rezipientinnen und Rezipienten zu beschränken und so die Strukturen und die Wirkmächtigkeit des weitgehend von kommerziellen Interessen geprägten „Machtblocks“ (weitestgehend) außen vor zu lassen. Die hier vorliegende Untersuchung von Doris Katheder unternimmt es in überzeugender Weise, die in den von ihr untersuchten Mädchen- und Jugendzeitschriften „vermittelten Bilder und Weltentwürfe, ihre diskursiven Lebensmodelle und gesellschaftsimmanenten Wirkungen“ sowie „auch die Zeitschriften selbst als Teile des gegenwärtigen Mediensystems“ aufzudecken und zu analysieren. In der Fokussierung auf die Medienprodukte gelingt es der Verfasserin, anhand vieler Beispiele anschaulich und zugleich theoretisch begründet herauszuarbeiten, dass die – hier erstmalig im Zusammenhang analysierten – Hauptgenres Fotogeschichte, Beratungsrubrik und Werbung (entgegen den Intentionen des Presserechtes) längst als eine inhaltliche wie auch ästhetische Einheit aufgefasst werden müssen. Das aus der Analyse des Materials heraus entwickelte Konzept der „osmotischen Werbung“ hebt
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Geleitwort
dabei den Aspekt der weitreichenden Kommerzialisierung der in den auf Marktgängigkeit (und das bedeutet auch auf Attraktivität für Werbekunden) hin orientierten Produkten disseminierten Sinnangeboten hervor. Die quasi als Gegenpol unternommene Analyse nicht-kommerzieller Print- und Internet-Mädchenmagazine zeigt zunächst einmal, dass hier die Bandbreite der Produkte um ein Vielfaches größer ist als bei den kommerziellen Produkten. Zugleich wird deutlich, wie weit auch diese Angebote oft von den Blütenträumen der Medienpädagogik entfernt sind, kommen sie doch z. B. nur durch stetige Interventionen pädagogischer Professionels überhaupt zu Stande – wenn sie nicht die mehr oder weniger private Meinungsäußerung eines einzelnen Produzenten, einer einzelnen Produzentin sind. Selbstbestimmte, geschlechtergerechte und womöglich auch noch gesellschaftlich (wenn nicht gar politisch) orientierte Eigenproduktionen stellen auch mehr als dreißig Jahre nach dem medienpädagogischen Aufbruch noch immer eine seltene Ausnahme dar. Die kenntnisreiche und erhellende Untersuchung von Doris Katheder liefert – so das Fazit – nicht nur vielfältige Anregungen für die weitere, unbedingt notwendige Debatte über die Folgen einer fast vollständigen Kommerzialisierung des Jugendmedienmarktes, die u. a. jegliche Widerständigkeit auslöscht, sondern weist auch auf einige „blinde Flecken“ der Medienpädagogik hin. Es wäre sehr zu wünschen, dass der wissenschaftliche Diskurs hier weitergeführt wird und in einem anschließenden Schritt auch die Rezipientinnen und Rezipienten der Mädchen- und Jugendzeitschriften in den Blick nimmt.
Freiburg, im Mai 2008
Dr. Sven Kommer und Prof. Dr. Alfred Holzbrecher
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
A
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
1 11 1.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2
15 15 19 22 25 25
1.4.3 1.4.3.1 1.4.3.2 1.4.3.3 1.5 1.6
Inhaltliche und Methodische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Problemhorizont der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leitendes Untersuchungsinteresse und Zentrale Fragestellungen . . . Abgrenzung und Begründung der Materialauswahl . . . . . . . . . . . . . . Methodisch-theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitative Inhaltsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildtheorie und Semiotik: Methodischer Zugang zur Bild-Text-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leitbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mädchenbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Aufbau: Untersuchungsgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angrenzende, nicht behandelte Problemstellungen . . . . . . . . . . . . . .
2 2.1 2.2 2.3 2.4
Deutsche Mädchen- und Jugendzeitschriften im Mediensystem . . . . Jugendmedien im Mediensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definitorische Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Moderne und modernste Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Markt: Alterssegmentierung der Zeitschriften-Gattungen . . . . . .
32 32 34 36 40
3
Evaluation von Forschungsstand und Literaturlage: Mädchenund Jugendzeitschriften als Gegenstände der Forschung (1990–2006) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeiner Forschungshintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergreifende mediale und gesellschaftliche Kontexte . . . . . . . . . . . Ansätze zur Untersuchung der visuellen Rhetorik . . . . . . . . . . . . . . . Die Fotogeschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40 40 42 46 47
3.1 3.2 3.3 3.4
27 28 28 29 30 31 32
10 3.5 3.6 3.7 3.8
B 1 1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.5.1 1.3.5.2 1.3.5.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.3.1 1.4.3.2 1.4.3.3 1.4.3.4 1.4.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3
Inhaltsverzeichnis
Die Beratungsrubriken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die osmotische Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die nicht-kommerziellen Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Rezeptionsforschung von Jugend- und Mädchenzeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften: Diskursive und kontextuelle Analysen . . . . . . . Motive und Inszenierungsformen der Fotogeschichten . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Medienpädagogische Ausgangspunkte . . . . . . . . . . . Sinnbildungsprozesse bei der Rezeption von Fotografien . . . . . . . . . Das Genre: seine Charakteristika und Konstanten . . . . . . . . . . . . . . . Die Positionierung im Heft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Figureninventar der Fotogeschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Gesamtanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Einzelaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Zusammenspiel der Einzelfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Titelbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Erzähldramaturgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Inszenierungsarrangements als Geschlechterordnung . . . . . . . . . Die Inszenierungsstrategien der Fotogeschichten . . . . . . . . . . . . . . . . Die Suggestion: Das wahre Leben der Geschlechter . . . . . . . . . . . . . . Die Anverwandlung: „Jugendsprache“ als Identifikationsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die romantische Provinzialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Mädchenzimmer als Gehäuse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Naturhafte als Symbolkulisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Räume als Geschlechterzuordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Privatheit der Fotogeschichten als Angebot im Kontext der realen Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Emotionalisierung: Romantische Liebe als Lebensziel . . . . . . . . Mädchenbilder und ihre lebensweltlichen Kontexte: Die Fotogeschichte als Weltmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Genre als Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Potentiale der Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Fotogeschichten im Trend neuester Entwicklungen . . . . . . . . . . .
49 52 54 55
63 63 63 65 71 71 72 74 76 76 76 78 78 84 84 95 101 101 108 113 117 120 132 132 135 138
Inhaltsverzeichnis
2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.1.1 2.2.1.2 2.2.2 2.2.2.1 2.2.2.2 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2
2.2.3.3 2.2.3.4 2.3 2.3.1 2.3.1.1 2.3.1.2 2.3.1.3 2.3.1.4 2.3.2 2.3.2.1 2.3.2.2 2.3.2.3 2.3.2.4 2.3.3 2.3.1.1 2.3.3.2 2.3.3.3 2.4 2.4.1
Die Beratung zwischen Rationalisierung und Re-Romantisierung . . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Äußere Erscheinung und Präsentationsformate der Beratungsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BRAVO GIRL! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „love & sex“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „body & soul“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MÄDCHEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Frag Gabi“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Sexmail“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht explizite Beratung in kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Deine Tage … und was du schon immer über sie wissen wolltest.“ . „Gut im Bett. Was macht den Sex für dich wunderschön? Wir verraten, worauf‘s im Bett ankommt und wie ihr zwei echt glücklich werdet.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „5 minuten make-up. Schön im Handumdrehen? Kein Problem!“ . . . „So schön bist du! Super! Endlich seh ich mal anders aus!“ . . . . . . . . Wesentliche inhaltliche Charakteristika und Ausrichtung der Beratungsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Realitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modellfall Liebeskummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modellfall Schönheitskummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Kardinalrezept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ästhetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Konventionalisierung der Rollenbilder: Mädchenbilder im „Boy“-Spiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Traumjobs“ als Mädchenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der schöne Tatmensch – Mode als Waffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inszenierungsmodi des Kleidungsverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Individualisierungsfalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Geist des Managements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Entkontextualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Individualitätszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenwert und Funktionen der Beratungsformate im Heft-Kontext . Die Pseudo-Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 139 139 141 143 144 146 147 149 150 150 151
152 154 154 156 156 156 158 161 162 165 165 168 169 171 174 174 178 179 180 180
12
Inhaltsverzeichnis
2.4.2 2.4.3 2.5
Die Re-Romantisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Kryptische Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Nachbemerkung im Zeichen medienpädagogischer Kontexte . . . . . . 188
3 3.1 3.2 3.3 3.4
Die Werbung – jugendkulturelle Semiotisierung des Konsums . . . . . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werbung und Alltagskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aspekte der visuellen Werberhetorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hauptmotive der jugendbezogenen Werbung – Ein soziokulturell-bildhermeneutischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . Hauptmotiv I: Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hauptmotiv II: Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hauptmotiv III: Kosmetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die sensorische Evozierung: Techno-Romantik. Eine Paar-Semiotik Die Farbspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Unschärfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literale und phraseologische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die symbolische Analogisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Synthese von Text und Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Osmotische Kommerzialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werbebilder – Mädchenbilder – Weltbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.3.1 3.4.3.2 3.4.3.3 3.4.3.4 3.4.3.5 3.4.3.6 3.5 3.6 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.2.1 4.1.2.2 4.1.2.3 4.1.2.4 4.1.2.5 4.1.3 4.2 4.2.1 4.2.1.1 4.2.1.2
Nicht-kommerzielle Print- und Internet Mädchenmagazine zwischen Anspruch und Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung: Nicht-kommerzielle Mädchenmagazine als Gegenstand der Medienpädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die kommunikative Situation „alternativer“ Medien . . . . . . . . . . . . . „Fanzines“ – emanzipatorische Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das „Do-it-yourself“-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modernste Entwicklungen: Web-logs, Ego- und Perzines . . . . . . . . . Der Begriff „(Riot) Grrrl (Fan) Zine“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Begriff „c/overt resistance“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demokratisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „Alternativen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . THINGS ARE QUEER – ein Ego-Zine im Ego-Zirkel . . . . . . . . . . . . Die Form als Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Prämissen: Individuum, Sexualität und Gesellschaft . . . . . . . . . .
188 188 191 195 199 201 208 211 211 213 214 214 215 218 220 225 226 226 226 229 230 230 232 233 235 235 237 237 238 241
Inhaltsverzeichnis
4.2.1.3 4.2.1.4 4.2.2 4.2.2.1 4.2.2.2 4.2.2.3 4.2.2.4 4.2.2.5 4.2.2.6 4.2.2.7 4.2.2.8 4.2.3 4.2.3.1 4.2.3.2 4.2.3.3 4.2.3.4 4.2.3.5 4.2.3.6 4.2.3.7 4.2.3.8 4.3
Das Selbstverständnis und die BRAVO-Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Gegenkonstruktionen – Sexualität des Widerstands? . . . . . . . . . . Die Zeitschrift GÖRLS zwischen Fanzine und Profiblatt . . . . . . . . . . Die typographische Selbstinszenierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rubrizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Textsorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Sprachgestus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bildelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BRAVO – Aspekte des Leserinnen-Bildes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GÖRLS: Mädchenbilder – Weltbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Internet-Magazin MAEDCHENANDERMAUS . . . . . . . . . . . . Jugendkulturelle Potentiale des Internets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Selbstverständnis und Themenspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rubriken, Textsorten und Sprachgestus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildelemente und Seitenlayout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltliche Hauptakzente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Souveränes Anderssein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das medial optimierte Mädchenbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussbemerkung: Gedanken zur Mädchenzeitschrift der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 243 244 248 251 255 256 256 257 259 260 263 266 266 267 269 269 271 272 274 276 277
C
Schlussteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
1 1.1
Mädchen- und Jugendzeitschriften und Mediensozialisation . . . . . . . Mädchen- und Jugendzeitschriften zwischen Selbst- und Fremdsozialisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mädchen- und Jugendzeitschriften als Spiegel der Wirtschaft . . . . . . Mädchen- und Jugendzeitschriften und ihre Mediensozialisation als Wertebildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Stellenwert von Mädchen- und Jugendzeitschriften für die Mediensozialisation im Gesamtmedienensemble . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mädchenbilder – ihre lebensweltlichen Kontextbezüge und diskursiven Einschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Fotogeschichten und ihre Sinngebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 1.3 1.4 2 2.1 2.2
279 281 285 286 286 296 296 300
14
Inhaltsverzeichnis
2.7
Skripte und Dialogizität der Beratungssrubriken . . . . . . . . . . . . . . . . Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interne und externe Wechselbeziehungen der Genres . . . . . . . . . . . . . Nicht-kommerzielle Magazine und ihre Diskurs- und Symbolgemeinschaften, Chancen und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . Für eine „Mimesis zweiten Grades“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
D
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
1
Redaktionelle Profile einiger Jugend- und Mädchenzeitschriften in Selbstdarstellungen der Verlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
2
Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
2.3 2.4 2.5 2.6
302 303 303 304 305
A
Einleitung
1
Inhaltliche und Methodische Einführung
1.1
Problemhorizont der Untersuchung
Jugendmedien haben in der Bundesrepublik immer eine große Rolle gespielt: Aus der 1956 ursprünglich als Fernsehzeitung gegründeten BRAVO entwickelte sich ein Blatt, das seit Jahrzehnten ungebrochen das Genre der Jugendprintmedien dominiert und zusammen mit anderen Jugendzeitschriften wie POPCORN und POP ROCKY längst zu „Medien-Dinosauriern“ geworden ist, die aus der Jugendpresselandschaft nicht mehr wegzudenken sind. Das „Faszinosum“ BRAVO ist dabei nicht nur von der Auflagenstärke her begründet, sondern auch von der zeitlichen Dauer, über die sich dieses Medium auf dem Markt halten konnte – BRAVO feierte 2006 stolz seinen immerhin 50. Geburtstag – bis heute ohne erkennbare und ernst zu nehmende Konkurrenz. Innerhalb jugendlicher Lebenswelten sind Jugendzeitschriften jedoch nur ein kleiner Bestandteil eines immer größer zu werden scheinenden Medienangebots, aus dem die Heranwachsenden frei wählen können. Jugendliche werden zu Hause, in der Schule und erst recht in der Freizeit von unterschiedlichsten Medien und Medienangeboten begleitet, ihre Lebenswelten sind längst zu „Medienwelten“ (Baacke/Sander/Vollbrecht 1990: 9) geworden, der Umgang mit neuen Medien wie Computer und Internet, I-Pods und Mobiltelefonen sind für sie selbstverständlich. In Zeiten dieser „Netzgeneration“ (Hebecker 2001: 9) scheinen Jugendzeitschriften ins Abseits zu geraten. Auf die Frage, wie häufig bestimmte Medien in der Freizeit genutzt werden, stehen die Zeitschriften zwar im Ranking klar hinter Fernsehen, MP-3-Player und Computer (MPFVS 1998, 2004). Dennoch scheinen sie – trotz teils schwankender, teils rückläufiger Absatzzahlen – ungebrochen ihre Bedeutung für bestimmte jugendliche Zielgruppen, deren Alltag und Lebenswelten behaupten zu können. Der Umbruch der Medienlandschaft und die intensive Nutzung problematischer Medienangebote bei immer jüngeren Altersgruppen verändern auch die Bildungspraxis und fordern erhöhte Anstrengungen mit dem Ziel einer emanzipativen Medienkompetenz – für Nutzende und Anbietende. Dabei stehen im Mittelpunkt vieler
16
Einleitung
medienpädagogischer Projekte immer häufiger die modernsten Entwicklungen, insbesondere das Internet, das Medium mit den höchsten Zuwachsraten, aber auch mannigfaltigen Gefahren: Irritationen durch Gewaltverherrlichung, Pornographie, reaktionärer Propaganda oder finanzieller Schädigungen durch Datenmissbrauch. Eine risikofreie Internet-Nutzung wird es vermutlich nie geben. Die Europäische Union hat daher die Kampagne „SaferInternet Action Plan“ ins Leben gerufen. Deutscher Knotenpunkt ist die Aktion „klicksafe“, aufgebaut von den Landesmedienanstalten in Kooperation mit dem Europäischen Zentrum für Medienkompetenz (cmc) in Marl. Die Organisatoren von „SaferInternet“ vergleichen die im Internet lauernde Gefahr mit der eines Schwimmbeckens für Nichtschwimmer: Warnschilder und Zäune seien nur bedingte Hilfe; sicherer sei es, das Schwimmen zu erlernen und sich mit dem Wasser vertraut zu machen. Die Kampagne soll deshalb ein gemeinsames Netzwerk aller teilnehmenden Länder etablieren, Jugendliche für die Risiken des Internets zu sensibilisieren und ihnen zu helfen, eigene Strategien der Gefahrenabwehr zu entwickeln (Gangloff 2006). Sinngemäß lässt sich eine solche Einschätzung durchaus auch auf Printmedien übertragen. Die Gefahren, die von stetiger Lektüre zum Beispiel kommerzieller Mädchenmagazine ausgehen können, mögen vergleichsweise harmlos sein. Ihr Unterhaltungs- und Informationsangebot führt ohnehin nicht monokausal-mimetisch zu „Entpolitisierung“ und „Anpassung“ (Moser 2004: 3). Aber gerade weil sie in Anbetracht einer zunehmenden digitalen Übermacht scheinbar in eine zwangsläufig marginale Position in der Medienlandschaft gedrängt werden, gilt es, sie erst recht wahrzunehmen. Die Printmedien, unter ihnen die Jugend- und Mädchenmagazine, spielen allerdings in der medienpädagogischen Literatur über Medienkompetenz und „Medienmündigkeit“ (Schludermann 2002; Baacke 1997; Kübler 2003; Theunert 1999; Vollbrecht 2001)1 eine vergleichsweise geringe Rolle, trotz ihrer nicht unerheblichen Wirkungsradien. Stand die Auseinandersetzung mit dem traditionellen Bereich der Massenmedien vor allem in den 1980er Jahren im Mittelpunkt medienpädagogischen Interesses, so ist es heute der Diskurs um Kommunikations- und Informationstechnologien und deren gesellschaftliche Verwerfungen. Hinzu kommt eine verstärkte Digitalisierung der Massenmedien – auch die ehedem nur in printmedialer Form zugänglichen Jugend- und Mädchenzeitschriften stehen heute wie selbstverständlich zusätzlich in online-Versionen zur Option. Umso mehr aber die Medienpädagogik die „Informations- und Kommunikationstechniken mit 1
Einen Überblick über die Diskussion vermittelt Tulodziecki 2005. Siehe auch in der vorliegenden Arbeit das Kapitel zum Forschungsstand.
1 Inhaltliche und Methodische Einführung
17
ihren sozialen, politischen und kulturellen Implikationen in den Fokus ihrer Betrachtung (Baacke 1997: 5) stellt, damit zugleich ihr „Eingebettetsein in Alltagshandeln und Lebensbewältigung“ (Charlton/Neumann 1986: 19), umso mehr gilt es, auch auf das in den Hintergrund der Aufmerksamkeit gedrängt scheinende, „inzwischen hochgradig ausdifferenzierte Spektrum“ (Ferchhoff 1999: 211) der Printmedien hinzuweisen, und damit auch auf die Bedeutung der „Kulturtechnik“ des Lesens für die „literarische Sozialisation“ (Vollbrecht 2001: 189) von Jugendlichen. Gerade weil die „Integration der Printmedien in die Geschichtsschreibung des Faches“ aber noch ausstehe (Pietraß 2002: 78), gilt es, das Forschungsdesiderat mit der vorliegenden Arbeit zu diminuieren. So stehen im Mittelpunkt der Untersuchung nicht nur die in den Zeitschriften vermittelten Bilder und Weltentwürfe, ihre diskursiven Lebensmodelle und gesellschaftsimmanenten Wirkungen, sondern auch die Zeitschriften selbst als Teil des gegenwärtigen Mediensystems. Die von Mädchenmagazinen wie BRAVO GIRL!, MÄDCHEN und SUGAR bildund wortreich propagierten Bilder von Mädchen mit ihrer Betonung von emotionsgeladener Privatheit und körperlicher Attraktivität, mit einem offensichtlich großen Sinn für Liebe, Glück und Schönheit – abseits von gesellschaftlichen Dominanzverhältnissen, alltäglichen sozio-kulturellen Erfahrungen und authentischem „Geschlechter-Wissen“ (Dölling 2003: 10) – regen dazu an, nachzufragen, ob dieser Bild- und Wortreichtum Produkt und Spiegel einer widerspruchsgeladenen ScheinKultur ist, womöglich um so intensiver ist, je weniger Liebe, Glück und Schönheit die heutigen wahren Verhältnisse bestimmen. Zweifelsohne setzt zum Beispiel der Leistungs- und Selektionsdruck im Schul- und Ausbildungssystem Jugendlichen im Alltag deutliche Schranken (Rützel/Sesink 1998). Es wäre zu einfach, die glanzvoll-bunten Mädchenbilder mit ihren prototypischen Merkmalskombinationen2 zu reinen Phantasien oder Konstrukten von Medienmachenden zu erklären. Zu den sozialgeschichtlichen Hintergründen moderner Mädchenbilder gehören auch die Langzeitwirkungen der sozialen und mentalen Verhältnisse seit dem späten 20. Jahrhundert: „Individualisierung“, „Selbstbestimmung“ und „Pluralisierung der Lebensstile“ sind hier ebenso Stichworte wie latenter Bewährungs- und Präsentationsdruck, der Zwang zu allseitiger Verfügbarkeit, zu größtmöglicher Flexibilität und Mobilität. Wichtige Trennlinien zerfallen, darunter die zwischen körperlicher, intellektueller und politischer Arbeit, zwischen Arbeit und Freizeit, Privat- und Öffentlichkeitssphäre, Freundschafts- und Geschäftsbeziehungen. Die demographischen Entwicklungen führen zu Verstädterung, Kleinfami2
Zur Begrifflichkeit siehe Kluge 1999: 34, 273.
18
Einleitung
lie und abnehmender Erwerbstätigkeit von Frauen, zur Zunahme nichtehelicher Lebensgemeinschaften und Scheidungen, zur Entkoppelung von Liebe und Eheschließung, von Ehe und Elternschaft (Nave-Herz 2003; Schimany 2003). So tauchen „Patchwork“-Familien auch in den Fotogeschichten von Mädchenmagazinen auf, werden dort zu Ausgangsbasen von großen und kleinen Fluchten (vgl. z. B. Trip ins Glück. MÄDCHEN, 8/2003, S. 42–49). Es entstehen Unsicherheiten, weil sich viele Entwicklungen nun außerhalb der traditionellen Familie als Zweckverband für das wirtschaftliche Überleben, im Grenzgebiet zwischen traditionellen Rollenzuweisungen und beruflichen Karriereanforderungen vollziehen. Zu den Ausgangspunkten der Arbeit gehört auch, dass sich Jugendliche heute alltäglich inmitten eines nur schwer zu überschauenden Spektrums moderner Erscheinungsformen von Körperlichkeit, Liebe und Sexualität befinden. Sie und ihre diskursive Verwendung aus unter anderem biologischer, medizinischer, demographischer, juristischer, pädagogischer und kultureller Perspektive stehen für sich verändernde Geschlechterbeziehungen, für neue gesellschaftliche und individuelle Moralmaßstäbe, Freizügigkeiten und Enttabuisierungen. In einem nie zuvor gekannten Ausmaß und Tempo haben sich Normen, die für heterosexuelle Gemeinschaften wie die Familie konstitutiv waren, verändert (Jendrosch 2000; Schmidt 1998; Sigusch 1998). Diese Entwicklungen machen Zusammenhänge deutlich, die zwischen sexuellen Bedürfnissen, Verhaltensweisen, geschlechterspezifischen Selbstbildern, „Rollen“ und Wertvorstellungen einerseits sowie sozialer Herkunft, Arbeitsleben, Bildung und Gesundheit andererseits bestehen. Sie bestimmen wesentlich jugendliche Lebenswelten mit. Und sie sind daher auch für die medienpädagogische Theorie und Praxis von Belang (Ferchhoff 1999; Götz 2002). Die Veränderungen in den globalen materiell-technischen und sozialen Bedingungen um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert, die mit ihnen verbundenen Rationalisierungsschübe, haben aber nicht nur zur Lockerung von Familienintegration und sozialen Bedingungen, zur Abnahme von Erwerbssicherheit und traditioneller Bildung geführt. Sie haben auch einen umfassenden Einstellungswandel bewirkt. Bei jungen Menschen sind Pessimismus, Apathie und Resignation genauso anzutreffen wie Wissbegier, Tatendrang und Selbstbewusstsein, die Suche nach Auswegen, diffuse Unzufriedenheit wie artikulierter Protest und politischer Wille unterschiedlicher Richtung.3 3
Vgl. hierzu auch die Ergebnisse der 15. Shell Jugendstudie 2006 (www.shell.de). Siehe auch im Kapitel „Forschungsstand“ in der vorliegenden Arbeit.
1 Inhaltliche und Methodische Einführung
19
In vielerlei Aspekten zeigt sich eine deutliche Zunahme von oft nur mühsam unterdrückter, symbolisch kompensierter Zukunftsangst, Unsicherheit und Perspektivlosigkeit. Großes Interesse an der modernen Technik – darunter der Kommunikationstechnik – einerseits, Technikpessimismus bis zur radikalen Ablehnung, Engagement für die Rückkehr zu „einfacher“, „ursprünglicher“ und „ganzheitlicher“, wider die Schäden der modernen Zivilisation zu setzender Lebensweise andererseits sind dicht beieinander oder vermischt. „Heimat-, Einheits- und Heilungsphantasien“ (Wenner 2001: 374), auch auf eine Modernisierung des Affekthaushalts“ (Haubl 2002: 71) zielende Wünsche und Verdrängungen führen zu vielfältigen „virtuellen“ Ersatzhandlungen und -befriedigungen. Sie dienen unter anderem dazu, die eigene Kommunikationsfähigkeit zu sichern und das Vakuum an realen Perspektiven scheinhaft aufzufüllen: Sie ermöglichen das spielerische Ausprobieren von fiktiven Bewältigungssituationen in kulissenhaften Refugien; sie bedienen damit Wunschvorstellungen und unklare Sehnsüchte – nach tröstlichen Vereinfachungen, verlässlichen, greifbaren Wahrheiten und raschen Lösungen. Diese Sehnsüchte und Phantasien erwachsen aber immer auch aus realen Lebensbedingungen, die von einem sich tendenziell verstärkenden Leistungs-, Erwerbs- und Erfüllungsdruck gekennzeichnet sind. In wachsendem Maße werden gesellschaftliche Probleme in den Privatbereich verlagert, aber eher selten umgekehrt private in den der gesellschaftlichen Mitverantwortung. Gleichzeitig führen reale Defiziterfahrungen immer wieder zu überspannten Glückserwartungen an die paarweise gelebte Klein-Utopie der romantischen Liebe. Vielfältige Einsatzstellen also für den juvenilen Hochglanz und die „Erlebnisaufschichtung“ (Michel 2006: 113) der Massenpresse. Welchen Platz insbesondere die kommerziellen Mädchen- und Jugendmagazine in diesem Kreislauf haben, bliebe zu klären. 1.2
Leitendes Untersuchungsinteresse und Zentrale Fragestellungen
Einige Anregungen aus verschiedenen Disziplinen konnten für die vorliegende Arbeit dankbar aufgenommen werden.4 Zu diesen zählen jugendkulturelle, massenmediale und medienökonomische Akzentsetzungen in kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten (Petra Nickel, Angela McRobbie, Monika Weber), Beiträge zu Körpersprache und Geschlechtersymbolik aus der Frauen- und Männerforschung (Gitta Mühlen Achs, Nils Borstnar), Analysen zum Zusammenhang von Jugendkultur, Geschlechterverhältnissen und Sexualität aus der Soziologie (Rüdiger Laut4
Die folgenden Namen sind stellvertretend genannt. Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben.
20
Einleitung
mann), multidisziplinäre Blicke auf die Werbung (Hans A. Hartmann/Rolf Haubl, Nicole M. Wilk), kritische Untersuchungen feministischer Strömungen und ihrer Thesen (Andrea Trumann). Wichtige Anregungen kamen auch aus der Kultursemiotik und Bild-Wissenschaft (Christian Doelker, Hartmut Stöckl), der Soziologie und Erziehungswissenschaft (Ralf Bohnsack) und der Kulturtheorie (Pierre Bourdieu, Irene Dölling). Um letztere herauszugreifen: Die „soziale Konstruktion von symbolischen Ordnungen“ (Dölling/Krais 1997: 10) und die Kritik der Wahrnehmungsund Erkenntnismittel, die Charakteristik von Medienkultur als dem „symbolischen Kapital“ zugehörig, von Massenmedien als „symbolische Güter“ (Bourdieu 1997a: 205; 227) bewährten sich als wichtige Ausgangspunkte auch für die Untersuchung von Jugend- und Mädchenzeitschriften. Die überschaubare Liste von wissenschaftlichen Arbeiten zu Mädchenbildern – und damit Weltbildern – in deutschen Jugend- und Mädchenzeitschriften offenbart allerdings auch einige Desiderata. Diese betreffen vor allem die scripto-visuelle Rhetorik in den Magazinen, die internen und externen Wechselbeziehungen ihrer Genres und Werbestrecken, ihre Mädchen-Jugendkultur und insbesondere die als „Alternativen“ zu den kommerziellen Massenangeboten entwickelten „nicht-kommerziellen“ Medien. Mit diesen Lücken im Zusammenhang steht häufig die Reduktion der (Text-)Inhalte auf die Geschlechterproblematik. Die Untersuchung gilt darum vor allem a) den konzeptionellen, stofflichen, diskursiven und zeichenhaften (syntaktischen) Zentren und Konstruktionsprinzipien (Inszenierungsstrategien) der Hauptgenres Fotogeschichte und Beratungsrubrik sowie der Werbestrecken in kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften; b) den internen (intertextuellen) und externen (intramedialen) Wechselbeziehungen dieser Hauptgenres, ihrer latenten Sinngehalte (wie der Romantisierung, Rationalisierung und Individualisierung) und ihrer manifesten Sinngehalte (wie dem Schönheits- und Schlankheitsfetischismus); c) dem sich in ihren Kommunikationszusammenhängen äußernden Verhältnis der Magazine zur Lebenswelt der Leserinnen; d) den möglichen publizistischen Gegenbewegungen wie den „Fanzines“ und den als gemeinnützig geförderten regionalen Mädchenmagazinen. Sie möchte so auch f) Ergebnisse der kommunikationswissenschaftlichen Geschlechterforschung weiterführen und g) Beiträge zu den Diskussionen um Mediensozialisation und Medienkompetenz, um ihren Zusammenhang mit kommunikativer und sozialer Kompetenz leisten.
1 Inhaltliche und Methodische Einführung
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Sie sieht sich darin bestärkt, unter anderem durch die medienpädagogischen Plädoyers, Medienprozesse und „präsentative Symbolpraktiken“ als „soziale Texte“ (Moser 2004: 13; 18) aufzufassen, den Erwerb von visueller und semantischer Kompetenz zu fördern durch den Erwerb von „Zeichenwissen“ (Wichert 2006: 32), ja durch „visuelle Alphabetisierung“ (Holzbrecher 2006b: 15). All das nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass Zeichen „vielfach unterhalb der Bewusstseinsschwelle“ (Oomen-Welke 2006: 134; Michel 2006: 399) wirken. Schon in früheren medienpädagogischen Arbeiten wurde die Notwendigkeit der Untersuchung von „Medienskripten“, also Inszenierungsformen, und „Medienverbundsystemen“ betont: wurde Medienpädagogik als „kritische Kommunikationspädagogik“ verstanden, allerdings noch ohne Bezug auf die Geschlechterforschung und ihre Ergebnisse in Sachen „symbolische Kommunikation“ (Charlton/Neumann-Braun 1992: 101–107; 118; 3). Dabei kann es nicht darum gehen, Menschen in solche zu polarisieren, die zum Beispiel einem Werbemythos aufsitzen und kritiklos konsumieren und solche, die ausreichend Reflexionsvermögen haben, um sich nicht am Konsum- und Rezeptionsrausch zu beteiligen. Eine kritikfähige Rezipientin und Konsumentin setzt sich vermutlich eben gerade nicht zum Ziel, Immunität gegenüber verlockenden Verheißungen zu entwickeln und zweckrational im medialen Umfeld zu agieren. Vielmehr ginge es darum, Erklärungen für ihr Rezeptions- und damit Konsumverhalten zu benennen, sich dessen bewusst zu werden um sich damit auch bewusst entscheidend verhalten zu können. Allerdings kann als Konsens der Medienpädagogik gelten, dass „die auf reflektiertes Hintergrundwissen abzielenden Dimensionen von Medienkompetenz (im Sinne einer ‚kritischen‘ Kompetenz bei Baacke 1999) zugunsten einer immer stärkeren Betonung der Technik-NutzungsKompetenz kaum ausgeprägt sind.“ (Kommer 2006: 166) So lassen sich aus der Fülle des Materials und seiner Kontexte, aus seiner Brisanz die folgenden forschungsleitenden Fragestellungen ableiten: 1. Welche lebensweltlichen Kontextbezüge und diskursiven Einschreibungen kennzeichnen die Mädchenbilder und ihre Mädchen-Präsentationen? Wie lässt sich die Leitkategorie Mädchenbilder vor den Hintergründen von Prozessen und Denkfiguren in Kultur, Bildungswesen, sozialer Organisation und Wirtschaft bestimmen? 2. Welche Sinngebungen erfolgen über die Wort-Bild-Kombinationen der FotoGeschichten? 3. Welche Individualitäts- und Sexualitäts-Skripte dominieren die Beratungsrubriken und ihre Dialogizität? 4. Ist es berechtigt, von der Bildung eines Verbunds zwischen journalistischer Produktion und Warenwerbung in den Mädchenmagazinen zu sprechen? Welche Hauptmotive sind in den Werbepräsentationsformaten auszumachen?
22
Einleitung
5. Welche internen inhaltlichen, formalen und funktionalen Wechselbeziehungen bestehen zwischen diesen Teilen, welche externen mit Modellen des sozio-kulturellen Systems? Hat die evidente Innerlichkeit und Glätte der gegenwärtig überwiegenden Mädchenbilder gerade viel mit Äußerlichkeit, mit der Widersprüchlichkeit der gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun? 6. Wie bilden nicht-kommerzielle Magazine aus der „alternativen“ Mädchenkultur ihre Diskurs- und Symbolgemeinschaften sowie Kommunikationsräume? Sehen sie diese als Möglichkeiten der „Selbstverwirklichung“ oder als jugendkulturelle und -politische Instrumente? Wo liegen die Chancen und Potentiale der nichtkommerziellen Magazine, wo ihre Grenzen? 7. Welche Relevanz hinsichtlich einer Mediensozialisation haben die Mädchenund Jugendzeitschriften für ihre Rezipientinnen und Rezipienten? 1.3
Abgrenzung und Begründung der Materialauswahl
Der Forschungsarbeit liegt folgende Materialbasis zugrunde: a) Deutsche kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften der Jahrgänge 2000 bis 2005, daraus 60 Print-Exemplare der Ausgaben BRAVO GIRL!, MÄDCHEN, SUGAR, BRIGITTE YOUNG MISS, BRAVO, YAM, SIXTEEN, ELLE und POPCORN. b) Deutsche nicht-kommerzielle („alternative“) Mädchen- und Jugendzeitschriften der Jahrgänge 2000 bis 2006. Aus 24 vorliegenden Medienangeboten wurden hieraus exemplarisch die Printzeitschrift GÖRLS, das online-Magazin MAEDCHENANDERMAUS sowie die Egozine THINGS ARE QUEER für die Untersuchung ausgewählt. Die Auswahl der kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften erfolgte stichprobenartig aus einer Gesamtmaterialbasis von insgesamt 185 Heften aus dem Zeitraum von 2000 bis 2005. Dabei war die Durchmischung schwerpunktmäßig (zwei Drittel des Gesamtanteils) ausgerichtet auf so genannte Mädchenzeitschriften wie BRAVO GIRL!; MÄDCHEN; SUGAR; BRIGITTE YOUNG MISS und zu einem Drittel auf „typische“ Jugendzeitschriften wie BRAVO, YAM! und POPCORN.5 Die Auswahl der nicht-kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften erfolgte nach dem Kriterium einer möglichst vielfältigen Beispielwahl, um einem komplexen Gesamtspektrum möglichst differenziert Rechnung tragen zu können. 5
Zur definitorischen Abgrenzung der Begriffe siehe das Kapitel „Deutsche Jugend- und Mädchenzeitschriften im Mediensystem“ der vorliegenden Arbeit.
1 Inhaltliche und Methodische Einführung
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Bereits bei erster näherer Auseinandersetzung mit einigen Mädchenzeitschriften ergab sich sehr schnell das Ausrichten des Forschungsinteresses auf die Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbilder, da in allen – zunächst überblicksartig – rezipierten Mädchenzeitschriften deren vielfältige Präsentation und Dominanz in ihren verschiedenen lebensweltlichen Kontexten ausgesprochen sinnfällig war. So wurde der Schwerpunkt der zu untersuchenden Materialbasis zunächst auf die explizit als solche von Redaktionsseite als auch in der offensichtlichen Zielgruppenausrichtung benannten Mädchenzeitschriften gelegt, allerdings zeigte sich (sowohl durch eigene Beobachtungen als auch durch einige Gespräche mit jugendlichen Leserinnen) sehr schnell, dass die Grenzen der Rezeptionsauswahl bei den Leserinnen meist nicht streng gezogen werden, sondern sich vielmehr fließend zu den so genannten Jugendzeitschriften hin bewegen. Das heißt, dass Leserinnen „klassischer“ Mädchenzeitschriften wie MÄDCHEN oder SUGAR ebenso gern auch eher als Jugendzeitschriften ausgerichtete Angebote wie BRAVO oder YAM! rezipieren und meist sehr genau darüber Bescheid zu wissen scheinen (zum Beispiel aus Gesprächen mit Freundinnen), was in den jeweils anderen aktuellen Heften gerade präsentiert wird. Dies führte dazu, die Materialbasis „zu öffnen“ und auch so genannte Jugendzeitschriften mit in das Untersuchungsformat einzubeziehen. Die Auswahl der untersuchten Hefte aus der Gesamtmaterialbasis erfolgte stichprobenartig. Dabei wurden 60 Hefte (davon zwei Drittel so genannte Mädchenzeitschriften, ein Drittel so genannte Jugendzeitschriften) als näher zu untersuchende Materialbasis festgelegt. Schwerpunkt der zu untersuchenden Materialbasis sind zum einen kommerzielle deutsche Mädchen- und Jugendzeitschriften der genannten Jahrgänge. Um einem möglichst umfassenden Begriff der Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbilder Rechnung tragen zu können, umfasst das Untersuchungsspektrum kontrastiv zum anderen auch die Analyse aktueller nicht-kommerzieller Mädchen- und Jugendzeitschriften6, sowohl in ihren modernen Interneterscheinungsformen als auch als „alternative“ Printausgaben, so genannten Fanzines beziehungsweise Egozines. Bei der Recherche nach „alternativen“ Mädchen- und Jugendzeitschriften zeigte sich, dass hier ein überraschend breit gefächertes Spektrum an Erscheinungsformen vorhanden ist. Allerdings erwies es sich als nicht ganz einfach, entsprechende Angebote aufzuspüren, da diese – im Gegensatz zu kommerziellen Magazinen – in der Regel nicht flächendeckend offeriert werden, sondern – in ihren Printversionen – meist einen lokal begrenzten Wirkungsraum haben. Bei der Auswahl der zu untersuchenden Präsentationsformate wurde versucht, ein möglichst weit spektriertes Angebot 6
Zur Begrifflichkeit siehe das Kapitel „Nicht-kommerzielle“ Mädchenzeitschriften in der vorliegenden Arbeit.
24
Einleitung
in die Untersuchung mit einzubeziehen, also möglichst wenig „ähnliche“, sondern vielmehr sich durch inhaltlich-konzeptionelles und layout-graphisches Präsentationsformat möglichst klar voneinander unterscheidende Angebote auszuwählen. So wurden aus einer vorhandenen Gesamtbasis von 24 nicht-kommerziellen Mädchenund Jugendzeitschriften drei exemplarisch ausgewählt, die sich durch folgende von einander abgrenzenden Charakteristika auszeichnen: • Mit der Zeitschrift GÖRLS wurde ein Heftangebot ausgewählt, das in einem den kommerziellen Zeitschriften nicht unähnlichen Präsentationsformat auftritt, sich aber dennoch explizit als „alternative“ Mädchenzeitschrift versteht und einen klaren konzeptionellen Gegenentwurf zu den üblichen inhaltlichen Schwerpunkten kommerzieller Mädchenzeitschriften versucht. Die Zeitschrift ist zum ganz überwiegenden Teil „von Mädchen für Mädchen“ gemacht und wird nur zu einem geringen Teil von zwei Erwachsenen betreuend begleitet. • Sowohl vom klassischen Gestaltungsformat als auch den Inhalten kommerzieller Mädchen- und Jugendzeitschriften völlig abweichend präsentiert sich das „Fanzine“ THINGS ARE QUEER. Bereits auf den ersten Blick offeriert es sich als von einem einzelnen Autor vollständig „selbst gemachtes“ Heft, das – und dies war auch das ausschlaggebende Kriterium für die Aufnahme in die zu untersuchende Materialbasis – sich inhaltlich sowohl mit den Hauptthemen kommerzieller Magazine (wie z. B. Sexualität, Liebe, Körper, Geschlecht, Paarbeziehung) auseinandersetzt als auch die kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften selbst zum inhaltlichen Gegenstand der Auseinandersetzung hat und sich somit bereits beim ersten überblickenden Lesen als ein versuchter „Gegenentwurf“ zu üblichen Jugend- und Mädchenzeitschriften offerierte. • Um ein möglichst breites Spektrum der zu untersuchenden nicht-kommerziellen Magazine als Forschungsgrundlage zu haben, wurde zu den beiden Printversionen als dritte nicht-kommerzielle Zeitschrift schließlich das „online“-Magazin MAEDCHENANDERMAUS ausgewählt, das sich explizit als Magazinangebot für Mädchen präsentiert und – wie auch GÖRLS – einen konzeptionellen Gegenentwurf zu den „klassischen“ kommerziellen Magazinen bieten will. Auch diese Zeitschrift ist von Mädchen gemacht und für ein weibliches Lesepublikum bestimmt, wählte allerdings ausschließlich das Internet als Verbreitungskanal. Allen drei ausgewählten Formaten ist gemeinsam, dass sie die bewusste Thematisierung und Auseinandersetzung mit üblichen kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften mit zu ihrer jeweiligen programmatischen Grundlage gemacht haben und sich daran auch konzeptionell auszurichten versuchen. Sowohl GÖRLS als auch MAEDCHENANDERMAUS orientieren ihre Angebote auf eine weibliche Ziel-
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gruppe, die auch den üblichen Alterssegmentierungen der kommerziellen Angebote entspricht (also etwa 10- bis 18-Jährige). Somit sind zwei der ausgewählten „alternativen“ Formate zwar unter institutionellem und beratendem Einfluss übergeordneter Erwachsenenzuständigkeiten, aber die wesentlichen inhaltlichen, ideengebenden und konzeptgestaltenden Inputs und Impulse kommen von einer Gruppe von Mädchen, die das jeweilige Redaktionsteam bilden und die Heftausrichtung maßgeblich bestimmen. Demgegenüber offeriert die zu untersuchende Egozine THINGS ARE QUEER ein völlig auf sich selbst gestelltes Präsentationsformat. Das Spektrum Print-Egozine/Printmagazin/online-Magazin ist somit bewusst sehr weit gespannt, um möglichst vielfältige „alternative“ Abdrücke in der Medienlandschaft berücksichtigen zu können und anhand der möglichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu kommerziellen Magazinen die sinngebenden Konturen dieser und jener Formate möglichst evident herausarbeiten zu können. 1.4
Methodisch-theoretische Grundlagen
1.4.1
Qualitative Inhaltsanalyse
Wesentliches für die vorliegende Arbeit angewandtes methodisches Instrumentarium ist die Qualitative Inhaltsanalyse. Die sich für die vorliegende Arbeit daraus ableitenden Vorteile liegen unter anderem auch darin, Aspekte zu berücksichtigen und in die Untersuchung mit aufzunehmen, die eine quantitative Inhaltsanalyse üblicherweise nicht erfasst, nämlich • • • •
latente Sinnstrukturen markante Einzelfälle die Kontexte von Textbestandteilen und all dies, was im Text explizit nicht vorkommt.7
Der zu verfolgende Grundgedanke einer Qualitativen Inhaltsanalyse ist, die vorliegenden Textformate systematisch entlang eines eng am Material entwickelten Kategoriensystems zu analysieren. Diese Analysen können in der Regel grundsätzlich in drei Grundformen durchgeführt werden: (1) Zusammenfassung: Ziel der Analyse ist es, das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben und durch Abstraktion ein überschaubares Korpus zu schaffen, das immer noch ein Abbild des Gesamtmaterials ist. 7
Der Begriff der qualitativen Inhaltsanalyse geht auf einen Aufsatz von Siegfried Kracauer (1959) zurück, in dem Kracauer kritisiert, dass rein quantifizierende Textauswertungen den Sinngehalt von Texten vernachlässigten (Bohnsack/Marotzki u. a. 2006: 90).
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Einleitung
(2) Explikation: Ziel der Analyse ist es, zu einzelnen fraglichen Textteilen (Begriffen, Sätzen …) zusätzliches Material heranzutragen, das das Verständnis erweitert, das die Textstelle erläutert, erklärt und ausdeutet. (3) Strukturierung: Ziel der Analyse ist es, bestimmte Aspekte aus dem Material herauszufiltern, unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu legen oder das Material auf Grund bestimmter Kriterien einzuschätzen (Mayring 2002: 115). Für die vorliegende Forschungsarbeit soll aufgrund der Komplexität und Vielfältigkeit der zu bearbeitenden Materialien sowohl mit der Grundform der Explikation von Textstellen (durch Erweiterung, Vergleiche mit anderen Textstellen etc.) als auch der Grundform der Strukturierung ein möglichst nachvollziehbarer, überschaubarer Zugang gelegt werden. Unter Bezug auf das von Philipp Mayring entwickelte Verfahren einer qualitativen Inhaltsanalyse im Spannungsfeld zwischen einer rein klassifikatorischen und einer rein sinnrekonstruierenden Vorgehensweise, sollen aus einem ersten, mehr oder minder übersichtsartigen Lektürezugang Kategorien entwickelt werden und als Matrix der Untersuchungsstruktur dienen. Wie auch in der Grounded Theory (Bohnsack/Marotzki 2006: 70ff.) geht es vor allem darum, solche Variablen am Text zu entwickeln, die geeignet scheinen, diesen sinnfällig entlang seiner Phänomene analysieren zu können. Dazu werden in Form von „offenem Kodieren“ (Böhm 2005: 478; Brüsemeister 2000: 197, 210; Mayring 2002: 115) die zunächst rezipierten Texte „geöffnet“, um die Daten im Gesamtbereich vorliegen zu haben. Die solchermaßen deduktiv abgeleiteten Kategorien der vorliegenden Arbeit ergaben sich aus der sinnfälligen Dominanz des Zeichens „Mädchen“ in den ersten untersuchten Heften. Die Vielfältigkeit der kontextualen Präsentationsformen und Inszenierungsmodi dieses Zeichens hat sehr rasch zu der forschungsleitenden Frage der Darstellung dieses Zeichens in den zu untersuchenden Mädchen- und Jugendzeitschriften geführt und damit – unter Einbeziehung der Evidenz auch bildgraphischer Aspekte – zur Hauptkategorie Mädchenbild in den Untersuchungsmaterialien. Im Zuge des weiteren Materialdurchgangs wurden weitere, zur Hauptkategorie in einer zugeordneten Stellung stehende Kategorien induktiv gebildet und aus dem spezifischen Material heraus formuliert. Dies war vor allem die Kategorie Lebenswelt, die in unmittelbar sinnfälligem Verbund mit der Hauptkategorie Mädchenbild steht. Zu den weiteren, diesen Kategorien zugeordneten Kategorien gehören vor allem Körper, Schönheit, Sexualität und Partnerschaft, die sich in den Hauptmotiven der zu untersuchenden Texte in Symbiose mit der Kategorie Geschlecht wieder finden.
1 Inhaltliche und Methodische Einführung
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Es ist somit in qualitativer Inhaltsanalyse übersichtlich zu zeigen, welches Individual-, Gesellschafts- und Weltbild, welche gesellschaftlichen Konstruktionen diese Zeitschriften und ihre Genres wie hervorbringen, welche entscheidenden sozialen Strukturen und tief liegenden sozialen Regeln sie wie propagieren. Es sind „die größeren sozialen Strukturen aufzudecken, in denen Bedeutung konstruiert und rekonstruiert wird“ (Bohnsack/Marotzki u. a. 2006: 70), die „hinter den subjektiven Bedeutungen liegenden objektiven Sinnstrukturen“ (Mayring 2005: 124). Und es ist die nicht selten hinter der „verführerischen Maske des Objektivismus“ (Harper 2005: 406) verborgene Scheinwelt der Medienprodukte mit der sozialen Wirklichkeit zu konfrontieren und zu klären, inwiefern jene diese verfälscht. Es sollen die in den Mädchenbildern der Periodika versteckten, unterschwelligen (metonymischen) sozialen Vorstellungen und Weltbilder – eingeschlossen die Geschlechterrollenbilder – offen gelegt werden. Der österreichische Philosoph Rudolph Burger bezeichnet dieses Vorgehen als „Mimesis zweiten Grades“ (Burger 2001). Der Akzent darf aber nicht allein auf der soziologischen und kulturellen Analyse liegen, sondern diese hat sich mit der immanent-medialen zu durchdringen. Das führt zu Fragen unter anderem hinsichtlich der Funktion von Idee und Sprache, Bild und Bildraum, hinsichtlich des Verhältnisses von Bilderwelten und Weltbildern, aber auch zur Frage nach der Bedeutung der Mädchen- und Jugendzeitschriften für eine Mediensozialisation ihrer Leserinnen und Leser. 1.4.2
Bildtheorie und Semiotik: Methodischer Zugang zur Bild-Text-Analyse
Da es sich bei den zu untersuchenden Formaten kaum um rein schriftsprachliche Texte, sondern zum überwiegenden Teil um graphisch aufbereitete Bild-Text-Kombinationen handelt, bedarf es für die Analyse dieser „Gesamttexte“ einer auf sie anzuwendenden Bildtheorie. Die vorgelegte Arbeit lehnt sich hier an die von Hartmut Stöckl vorgelegte Arbeit (Stöckl 2004) zur Verknüpfung von Sprache und Bild in massenmedialen Texten an, insbesondere an eine linguistisch-semiotische Bildtheorie als methodische Herangehensweise der Analyse. Diese ist eng verknüpft mit der Semiotik als „allgemeiner Wissenschaft von den Zeichen, Zeichensystemen und Zeichenprozessen in Natur und Kultur“ (Nöth 1995). Die linguistisch-semiotische Bildtheorie (Stöckl 2004: 68ff.) ermöglicht das Verstehen von Bildern als Zeichenkomplexe, indem einzelne Zeichen einerseits aus dem Kontext isoliert werden (zum Beispiel in den Fotogeschichten die Zuordnung von Stofftieren zu Personen), andererseits aber ähnlich wie sprachliche Gebilde konzeptualisiert und in einem Gesamtzusammenhang „gelesen“ werden können. Für die Analyse der Bild-Text-Zusammenhänge in den zu bearbeitenden Materialien ist das Zeichen insbesondere in seiner Alltagssemiotik von besonderem Interesse:
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Einleitung
• Zum einen in den Zeichenprozessen in den jugendlichen Lebenswelten (Freizeitund Konsumverhalten, Schönheitsverhalten, Körperverhalten, Partnerschaftsverhalten). • Zum anderen auch in der Semiotik der nonverbalen Kommunikation, die u. a. Mimik, Gestik, Blickkommunikation sowie taktile Kommunikation – also im weiteren Sinne Körpersprache – erfasst. 1.4.3
Leitbegriffe
1.4.3.1 Mädchenbild Im Mittelpunkt des die Arbeit leitenden Erkenntnisinteresses steht die Kernkategorie Mädchenbild, das als Codier-Leitbild und Selektionskriterium daher Zeichenkomplexe umfasst, die auf biologisch konstituierte Geschlechterzugehörigkeit, gesellschaftliche Vorgaben und die subjektive Seite des Erlebens des weiblichen Hineinwachsens in eine sozial konstituierte Geschlechterrolle verweisen. Darin eingeschlossen sind die jeweiligen bildhaften, häufig prototypischen Formen einer „virtuellen Sozialisation“ (von Gottberg 2000: 65) mit ihren symbolischen Handlungen und Ausdrucksweisen, die auf fiktiver Ebene eine problemtranszendierende Wirkung entfalten, ein „Identifikationsreservoir“ (Baacke 1997: 94) bieten und so Teil der lebensgeschichtlichen „Mediensozialisation“ (Schorb 2002: 208–210) werden. Die bimedialen, scripto-visuellen Mädchenbilder in den Magazinen widerspiegeln daher erstens ein dynamisches System von verschiedenen Verhaltenserwartungen, Interaktionsmustern und -spielräumen, das von den Sozial-, Kultur- und Wirtschaftssystemen sowie ihren institutionellen und medialen Vermittlern an weibliche Jugendliche herangetragen wird. Zweitens sind sie – mit den inhaltlichen Hauptmotiven der Romantisierung, Rationalisierung und Individualisierung – symbolische Interpretationen der herrschenden Geschlechterverhältnisse. Bezüglich der Zeitschriften bedeutet das, das Verhältnis zwischen den scriptovisuellen Präsentationen der Ausbildungs-, Berufs- und Lebenssituation von Mädchen und jungen Frauen in ihnen einerseits, dem Medienverbundsystem (MesoEbene) und dem Sozialsystem einschließlich der von ihm wesentlich bestimmten Geschlechterverhältnisse (Makro-Ebene) andererseits zu erfassen. Letztere werden im Sinne der Gender Studies verstanden als „die Gesamtheit institutionalisierter Regelungen, durch welche Frauen und Männer als ‚soziale Gruppen‘ zueinander positioniert sind“ (Gildemeister 2005: 216). Im einzelnen sind die Themen- und Formenangebote der Magazine, ihre Präsentationsstrategien von lebensweltlichen, sozio-kulturellen Erfahrungs- und Erpro-
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bungsfeldern für Mädchen zu untersuchen, der Niederschlag der Interessen ihrer Rezipientinnen, deren Rolle als Akteurinnen in der Berichterstattung und als Handlungsträgerinnen in fiktionalen Teilen. Selektionsentscheidungen, Aussagen und Bewertungen seitens der Zeitschriften (ihre Exordialrhetorik) geben häufig explizit über die im betreffenden Medium vorherrschenden Mädchenbilder, die hauptsächlich propagierten Mädchen-Prototypen und die in diesen wirksame Wechselwirkung von Handlungshintergründen, Leitbildern und Selbstbildern Aufschluss. So lässt sich auch das prototypische Leitbild der kommerziellen Magazine von der idealen Leserin rekonstruieren, das – so sei vermutet – das der Individualistin und Konsumentin ist. 1.4.3.2 Lebenswelt Der Begriff Lebenswelt steht für den Prozesscharakter und die Reflexivität sozialer Wirklichkeit. Er bestimmt Lebenswelt als „das Vermittlungsglied zwischen dem Seelenleben und dem sozialen System“ (König 2005: 567). Er beinhaltet darum objektive Lebensbedingungen und subjektive Bedeutungen, die Spannung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, zwischen den zurückliegenden Lebensgeschichten, den Erfahrungs- und Handlungsmöglichkeiten im Erlebnisraum der Gegenwart und den biographischen Entwürfen. Wie die Lebenswelt von Mädchen dargestellt wird, sagt also etwas über den Grad der Kontextbezogenheit der publizistischen Aktivitäten aus. Denn die Lebenswelt umfasst – tiefenhermeneutisch gesehen – das Handeln der Individuen in ihrem Charakter als „Gefüge symbolischer Interaktionsformen“, die Entscheidungssituationen von Mädchen und jungen Frauen, ihren Umgang mit strukturellen Gegebenheiten, Zwängen und Normalitätsmustern, mit „autoritären, konsumistischen und medialen Modi sozialer Anpassung“ (ebd.: 561, 566) sowie ihre subjektiven Aspirationen. Denn in diesen verbergen sich Dispositionen und Verinnerlichungen sozialer Lagen, Faktoren wie gesellschaftliche Strukturen und Zuweisungsprozesse, Geschlechterrollen, familiäre Hintergründe. Nicht zufällig bildet zum Beispiel der verwandte Begriff der Lebenslage das konzeptionelle Zentrum des Online-Magazins MAEDCHENANDERMAUS. Er verweist auf die Kriterien „alternativer“ Medienproduktion: das Bemühen um Authentizität in der Wirklichkeitserfassung, um kommunikativen Austausch und um die Verbindung aufklärerischer Information mit jugendpolitischer Aktion. Die von den Jugendlichen artikulierte Lebenslage bietet als Orientierungsrahmen und kollektiver Erfahrungsraum hier „einen Zugang zum konjunktiven Wissen als dem milieuspezifischen Orientierungswissen“ (Bohnsack 2006: 43).
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Einleitung
1.4.3.3 Bild Über ihren dominierenden, nie bloß illustrativen darstellerischen Charakter hinaus bietet vor allem die Fotografie in den kommerziellen Mädchenzeitschriften Erkenntnisse, die sich auf andere Weise nicht oder nicht so effektiv gewinnen lassen. Denn Bilder entfalten ihre visuelle Rhetorik, ihre Bedeutungsmacht oft erst innerhalb eines diskursivierenden „Rahmens“, einer institutionellen (medialen) Einbindung, in Verbindung mit Worten – zum Beispiel der „Sprech-“ und „Denkblasen“ in den Fotoromanzen –, einer abstrahierenden Unterschrift oder klar codierten Umgebung. Dergestalt kann das Bild dann auch zu einem eigenen Code werden und Bedeutungen ausdrücken – oder verhüllen. Es verwandelt gewissermaßen Werturteile in visuelle Bilder. Dabei weist es stets Indexe, Ikonen und Symbole auf, die belegen, dass es vom Moment seiner Herstellung an bereits von zahlreichen Semantiken des Sozialen, der Politik, der Wirtschaft und so weiter durchzogen ist – wie der „Prozess des Sehens“ (Sabine Flach 2001: 51). Dessen ungeachtet kommt es vor, dass die Zeichenkomplexe der Bilder aufgrund ihres „metasemiotischen Potentials“ (Nöth 2004: 13–15) ursprüngliche bildnerische Intentionen übertreffen. Denn indem sie die „mikroökologische Aufzeichnung sozialer Strukturen, anerkannte Typisierung und gestische Externalisierung innerer Reaktionen“ (Goffman 1981: 116) bieten, indem sie Ordnungsprinzipien (Körper-Zuordnungen) und Details (Kleidung, Gegenstände) aufweisen, können sie Lebenswelten und -haltungen erschließen helfen. Ein Begriff von Bild muss daher zum Tragen kommen, der a) dieses als einen Zeichenkomplex aus Indexen, Ikonen und Symbolen mit perzeptiven und emotionalen Komponenten auffasst, demzufolge also nicht nur visuelle und figurative, durch eine meist zweidimensionale Fläche von ihrer Umgebung abgegrenzte Komplexe mit Darstellungsfunktion einbezieht; b) der das künstliche Bild als eines erfasst, das sich als Teil der visuellen Kultur immer im Austausch mit natürlichen (Spiegel, Schatten) und inneren menschlichen Bildern (Erinnerungen, Phantasien) sowie apparativ-technischen (medialen) und diskursiven (Wissen transferierenden) Prozessen befindet – auch wenn es sich scheinbar als dominante Rezeptionsvorgabe quasi vor die inneren Bilder zu schieben scheint; c) ein Begriff, der es ermöglicht, Bedeutungsschichten unter anderem über eine kultursoziologische Hermeneutik und eine kultursemiotische Interpretation möglichst materialnah zu erschließen.8 8
Siehe dazu das „semantische Schichtenmodell“ in Doelker 2003; siehe auch Doelker 2002a und 2002b; Ehrenspeck/Schäffer 2003 und Mikos 2000.
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1.5
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Zum Aufbau: Untersuchungsgliederung
Das Gesamtuntersuchungsdesign der vorliegenden Arbeit lässt sich in zwei übergeordnete Gliederungsschritte teilen: • Zum einen werden die aus dem Gesamtmaterial der kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften ausgewählten Einzelhefte im Hinblick auf drei für sie charakteristische Präsentationsformate (Genres) untersucht. Dies sind a) die Fotogeschichten; b) die Beratungsrubriken und c) die Werbung. • Zum anderen werden – um einem möglichst umfassenden Begriff der Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbild Rechnung zu tragen – kontrastiv und komplementär die Analysen der aus dem Gesamtmaterial der nicht-kommerziellen Magazine ausgewählten drei Formate THINGS ARE QUEER, GÖRLS,und MAEDCHENANDERMAUS untersucht. Im weiteren Teil der Arbeit wird zunächst ein Überblick über deutsche Jugend- und Mädchenzeitschriften im Mediensystem gegeben und definitorische Abgrenzungen gezogen (Kap. A.2.) sowie Forschungsstand und Literaturlage evaluiert (Kap. A.3.). Im Hauptteil erfolgt dann die Analyse der vier Haupt-Untersuchungsgebiete der Arbeit: In den Fotogeschichten (Kap. B.1.) wird versucht, anhand von körpersprachlich-symbolischen Schlüsselszenen die Infantilisierung und Provinzialisierung insbesondere der weiblichen Figuren als zeichenhaft vermittelte Grundbedeutung von Interaktionsgefügen assoziativ (denotativ) zu erschließen und lebensweltlich zu kontextualisieren. In den Beratungsrubriken (Kap. B.2.) wird den in Text und Bild enthaltenen Hauptkomponenten der naiv-naturhaften Romantisierung, der popularpsychologischen Rationalisierung und der hedonistischen Re-Romantisierung im Verbund mit dem „Individualisierungs“-Diskurs nachgegangen, und zwar unter anderem anhand der Stoffkomplexe Liebe und Liebeskummer, Schönheit und Mode sowie Lebenshilfe und Sexualität. Das heißt, dass die Verknüpfung zum Beispiel zwischen den Diskursen um perfekte Schwangerschaftsverhütung und Optimalsexualität sowie Begriffen und Strategien von Individualisierungs- und Selbstmanagement-Diskursen in den Beratungsrubriken zu erfassen angestrebt wird. Schließlich wird für die Untersuchung der dem Gegenstand „Mädchenbild“ nahen Hauptmotive der Werbung (Kap. B.3.) versucht, „ikonische Pfade“ sowohl mittels einer überblicksartigen „kultursoziologischen Bildhermeneutik“ (Peez 2004: 9, 12) und der Hauptmotive jugendkultureller Werbeanzeigen als auch mittels einer Einzeluntersuchung zur „semiotischen Funktion“ (Lautmann 2002: 43) des Körpers im Zeitalter von „Techno-Romantik“ zu bahnen. Die Analyse der „nicht-kommerziellen“ Zeitschriften (Kap. B.4.) an den ausgewählten drei Beispielen soll zum einen die konzeptionellen und inhaltlichen Gegenentwürfe dieser Medienangebote sichtbar machen, zum anderen aber diese Zeit-
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Einleitung
schriften auch als Ausdruck eines kritisch-reflexiven Umgangs im Sinn einer praktizierten Medienkompetenz nachvollziehen und im Gesamtbild schließlich zu den kommerziellen Entwürfen erweiterte, „alternative“ Mädchenbilder in ihnen aufzeigen. Dabei soll aus den Ergebnissen resultierend der Versuch unternommen werden, daraus einige Gedanken für ein „Mädchenmagazin der Zukunft“ abzuleiten. Der Schlussteil schließlich enthält neben der Bedeutung der Zeitschriften für eine Mediensozialisation ihrer Leserinnen und Leser (Kap. C.1.) die zusammenfassenden Ergebnisse der Arbeit (Kap. C.2.). 1.6
Angrenzende, nicht behandelte Problemstellungen
Um dem der Hauptuntersuchungskategorie der Arbeit vorangestellten Leitkategorie Mädchenbild möglichst diskursiv analysieren zu können, wurde das Spektrum sowohl in der Bandbreite der kommerziellen als auch bei der bewusst exemplarischen Auswahl der „nicht-kommerziellen“ Zeitschriften weit aufgezogen. Dennoch konnte vor allem im Hinblick auf die „nicht-kommerziellen“ Zeitschriften keine Erfassung der „Gesamtlandschaft“ dieser „alternativen“ Medien geleistet werden. So bliebe es weiteren Forschungen vorbehalten, eine – zum Beispiel – annähernd dokumentarische Sammlung und Abbildung dieser „Gegenmedien“ vorzunehmen, damit ein aussagekräftiges Bild ihrer Gesamtzahlen, Präsentationsformate und Entwicklungen aufzuzeigen und zu analysieren. Als dringend notwendig im Hinblick auf weiterführende Aussagen zu einer Mediensozialisation scheinen empirische Studien zum Rezeptionsverhalten ihrer Leserinnen und Leser. Die wenigen vorliegenden Studien erfüllen bei weitem nicht das wünschenswerte und notwendige Maß. Dies scheint – wenn man sich die seit immerhin 50 Jahren bestehenden Medienangebote vor Augen führt – mehr als überfällig und geboten. Damit zusammen hängen auch Forschungsinteressen hinsichtlich des Stellenwerts der untersuchten Medien im Gesamtmediensystem für heutige Jugendliche, die mit der vorliegenden Arbeit nicht erfüllt werden können. Auch hier sind weitere Forschungen notwendig.
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Deutsche Mädchen- und Jugendzeitschriften im Mediensystem
2.1
Jugendmedien im Mediensystem
Die deutschen Verlage haben im Jahr 2005 rund 2,7 Milliarden Publikumszeitschriften verkauft. Damit hat nach einer Berechnung des VDZ Verband Deutscher Zeit-
2 Deutsche Mädchen- und Jugendzeitschriften im Mediensystem
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schriftenverleger auf Basis der an die IVW9 gemeldeten Auflagen im Schnitt jede/r Deutsche ab sechs Jahren 34 Zeitschriften erworben. Am häufigsten wurden demnach mit insgesamt rund 770 Millionen Exemplaren Frauentitel verkauft, gefolgt von insgesamt 677 Millionen Programmzeitschriften und immerhin 271 Millionen aktuellen Zeitschriften und Magazinen. Ergänzende Zahlen hat das Statistische Bundesamt: Nach seinen Berechnungen gibt jeder Haushalt pro Monat etwa 24 Euro für Presseerzeugnisse aus. Bei knapp 39 Millionen Haushalten sind dies zusammen über elf Milliarden Euro im Jahr, von denen aber nicht nur die vom VDZ ermittelten 2,7 Milliarden Zeitschriften, sondern auch Zeitungen und Zeitungsabonnements bezahlt werden (vgl. www.destatis.de/ jahresbericht/2005). Auswahl haben die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger mehr als genug: Laut VDZ gibt es hierzulande über 3.000 Publikumstitel und nach einer Erhebung des Wissenschaftlichen Instituts für Presseforschung (WIP) in Köln kamen allein im Jahr 2005 147 Titel neu auf den Markt und nur 75 wurden eingestellt. Noch etwas großzügiger sind die entsprechenden Statistiken der Pressegrossisten: Sie weisen für 2005 insgesamt 604 neue wöchentlich bis quartalsweise erscheinende Titel und 437 Einstellungen aus (vgl.www.vdz/de/2006). Eine insgesamt also trotz des allseits benannten „digitalen Overkills“ auf dem Mediensektor eine beachtliche Bilanz für die Printmedien. Auch auf dem 1. Internationalen Medienkongress MMD (Magazine Marketing Day) 2007 in Berlin bestimmt die Zukunft von Printmedien in der digitalen Welt den journalistischen Themenfokus, werden Perspektiven für die „klassischen“ Medien im „digitalen Zeitalter“ unter die Lupe genommen und der Frage nachgespürt, mit welchen Strategien der Wirkungsmächtigkeit der Digitalmedien am sinnvollsten begegnet werden kann. So sind die „ureigensten Qualitäten“ von Zeitschriften dort ebenso wichtige Koordinaten wie deren „sinnliche“ Dimensionen. 9
IVW: Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. Die IVW ist eine unabhängige Einrichtung, die von den Medienunternehmen, den Werbungstreibenden sowie den Werbe- und Media-Agenturen getragen wird. Ihr Zweck ist die Bereitstellung valider Daten für die Leistungskontrolle von Werbeträgern. Seit Gründung der IVW im Jahre 1949 hat die Prüfgemeinschaft ihre Kontrolltätigkeit kontinuierlich ausgeweitet und ihre einzelnen Prüfverfahren an die neuen Anforderungen des Werbemarktes angepasst. Die IVW erhebt und kontrolliert heute Verbreitungsdaten zu beinahe der gesamten Angebotspalette von Werbeträgern in Deutschland. Ursprünglich als Einrichtung zur Auflagenkontrolle von Printmedien geschaffen, wurde der Tätigkeitsbereich der IVW im Laufe der Jahrzehnte auch auf weitere Medien wie Online-Medien, Funkmedien, Außenwerbung oder Filmtheater ausgedehnt (vgl. www.ivw.de).
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Einleitung
Eine alles andere als zu vernachlässigende Größe im Printmedienmarkt sind auch die im Folgenden näher zu untersuchenden Jugend-Printmedien. 2.2
Definitorische Abgrenzungen
„Die Vielfalt der durch Zeitschriften periodisch behandelten Themen ist einzigartig. Sie durchzieht alle Berufstätigkeiten, alle wissenschaftlichen Gebiete, alle Hobbys und Freizeitbeschäftigungen, alle Lebenswelten und alle Weltanschauungen“ (Vogel 2002: 11). Diese Diversifizierung und Heterogenität der Zeitschriftenobjekte macht demzufolge definitorische Versuche zur Zeitschrift nicht gerade einfach. Hinzu kommt, dass sowohl Erkenntnisinteressen als auch Blickwinkel von Verlagen, Werbewirtschaft und Medienwissenschaft teilweise sehr stark divergieren, so dass diese verschiedenen Interessengruppen mitunter durchaus sehr gegenläufige Zeitschriftenterminologien entwickeln. Ein überwiegender Teil der heutigen Medienwissenschaft orientiert sich an der Presseforschung der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts (vgl. Kienningers 1934). Demzufolge sei die Zeitschrift als Gegenpart zur Zeitung „weniger universell“ und vor allem „weniger aktuell“ als diese (ebd.: 12f.). Analog definiert Hagemann 1957 „Zeitschriften [als] periodische Druckwerke, die in höchstens vierteljährlichem Rhythmus erscheinen und deren Schwerpunkt nicht auf der Verbreitung aktuellen und universellen Nachrichtenstoffs liegt“ (Hagemann 1957: 8). Vogel stellt die Gegenüberstellung der beiden Begriffe Zeitung und Zeitschriften in Frage und verweist auf die Notwendigkeit einer neuen Pressesystematik. Bisher würden nur drei Hauptgattungen existieren, die als gefestigt bezeichnet werden können: Die so genannte ‚Tagespresse‘, die synonym für Tageszeitungen steht, die so genannte ‚Fachpresse‘, bei der es sich im Wesentlichen um wissenschaftliche, technische und wirtschaftliche Bereiche handelt und schließlich die so genannten ‚Publikumszeitschriften‘. Diese hätten die Hauptfunktion, „dem Leser durch eine redaktionell erarbeitete Themenmischung Erlebnisse und Orientierung zu ermöglichen“ (Vogel 2002: 23). Neben diesem eher allgemeinen Verständnis seien Publikumszeitschriften regelmäßig erscheinende Druckerzeugnisse, die für breite Publikumskreise zugänglich seien und ihren Leserinnen und Lesern allgemeinverständliche Informationen und Unterhaltung, jedoch im Gegensatz zu Zeitungen keine umfassende Nachrichtenberichterstattung lieferten. Nach Koschnick ist ein besonderes Merkmal der Publikumszeitschriften, „dass sie sich redaktionell und als Werbeträger an ein breites Publikum (im Prinzip jedermann) wenden, das unabhängig von Beruf, sozialer Stellung, politischer oder religiöser Bindung durch ihr gemeinsames Interesse an
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dem dargebotenen Inhalt, dessen Schwerpunkt im Bereich der Unterhaltung und Lebenshilfe liegt, an die Publikation gebunden wird.“ (Koschnick 2003: 2233) Vogel zählt die Jugendzeitschriften jedoch nicht direkt zu den Publikumszeitschriften, sondern schlägt die „Jugendpresse“ als eigene Gattung vor. Er versteht unter der „populären Jugendpresse“ insbesondere Zeitschriftentitel, die auf eine jugendliche Kernleserschaft in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen ausgerichtet sind, nach Inhalt und Aufmachung für Jugendliche bestimmt sind und sich redaktionell mit den jugendspezifischen Lebenswelten befassen (Vogel 1996: 19). Ganz ähnlich definiert Andreas Müller Jugendzeitschriften als publizistisches Genre: „Damit ein Titel zur kommerziellen Jugendpresse gezählt wird, müssen unseres Erachtens folgende Bedingungen erfüllt sein: Ausrichtung auf eine Leserschaft zwischen 10 und 18 Jahren, Inhalt und Gestaltung befassen sich mit jugendlichen Lebenswelten, regelmäßiges Erscheinen und Verkauf der Titel sind gegeben.“ (vgl. Müller 2000) Legt man diese Kriterien als Maßstab zugrunde und betrachtet den Jugendzeitschriftenmarkt in Deutschland aus der Sicht der vorgestellten Definitionen, so sind dort sehr unterschiedliche Zeitschriftentypen auszumachen. Eine zunehmende Ausdifferenzierung des Jugendzeitschriftenmarktes vor allem hinsichtlich der Zielgruppen führte Ende der 70er Jahre zur Ausprägung des Marktsegments der so genannten Mädchenzeitschriften, die sich in ihrem Selbstverständnis mit einer zielgruppenspezifischen Thematik an ein eingegrenztes Bevölkerungssegment wenden. Nickel definiert „klassische Mädchenzeitschriften“ als „diejenigen Publikumszeitschriften, die nach Inhalt und Aufmachung eine Mischung aus klassischen Frauen- und allgemeinen Jugendzeitschriften darstellen. Innerhalb dieses Segments dominieren Themen wie Liebe, Aufklärung, Jungen, Mode, Beauty, Stars, Showbusiness, Musik, neue Trends etc. Polythematisch angelegt decken sie mehrere Bereiche und Rubriken ab.“ (Nickel 2000: 109) Die solchermaßen an Jugend- und Mädchenzeitschriften gestellten Kriterien der Periodizität, der Zielgruppenorientierung, der zielgruppenspezifisch thematischen sowie gestalterischen Ausrichtung sollen außerdem durch das Kriterium der ökonomischen Gewinnerzielung erweitert werden. Demzufolge gilt es, auf dieser Basis auch zwischen so genannten kommerziellen (also primär auf ökonomischen Gewinn ausgerichteten) und so genannten nichtkommerziellen (nicht primär auf ökonomischen Gewinn ausgerichteten) Jugendund Mädchenzeitschriften zu unterscheiden. „Als kommerzielle Jugendzeitschriften gelten solche, die primär unter dem Gesichtspunkt der Gewinnerzielung herausgebracht werden und demzufolge Marktmechanismen unterworfen sind, die in einer
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zwangsläufigen Orientierung an Anzeigenkunden und massenhaft verbreiteten Konsumgewohnheiten jugendlicher Leser ihren Ausdruck finden“ (Knoche/Lindgens/ Meissner 1979: 13). Nicht-kommerzielle Zeitschriften sind dagegen „nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet, sondern werden vor allem bestimmt durch die publizistischen Zielsetzungen ihrer Herausgeber“ (ebd.). Dieser Definition der nicht-kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften seien hier noch folgende weitere wesentliche Kriterien „alternativer“ Kommunikation hinzugefügt: erstens die enge Wechselbeziehung zwischen KommunikatorInnen und RezipientInnen beim Austausch von Informationen und Meinungen, zweitens die Authentizität der Analyse des sozialen Daseins sowie drittens die Verbindung von aufklärerischer Kommunikation und Aktion (vgl. Kleiber 1997: 60f.; vgl. auch das Kapitel über nicht-kommerzielle Zeitschriften in der vorliegenden Arbeit). Dass insbesondere der erstgenannte Punkt auch in zunehmendem Maße als attraktives Identifikationsangebot der kommerziellen Zeitschriften genutzt wird, wird an späterer Stelle genauer untersucht werden. In der vorliegenden Arbeit soll auf eine differenzierende Verwendung der Begriffe Jugend- und Mädchenzeitschriften bzw. Jugend- und Mädchenmagazine in Bezug auf die untersuchten Presseprodukte verzichtet werden und beide Bezeichnungsmöglichkeiten in Bedeutungsgleichheit verwendet werden. 2.3
Moderne und modernste Entwicklungen
Kommerzielle Zeitschriften, die sich speziell an die Altersgruppe der etwa 14- bis 21-jährigen heranwachsenden jungen Frauen wenden, waren in ihrer Konzeption Ende der 70er Jahre ein damals völlig neues Marktsegment, das genau die Zielgruppe anzusprechen suchte, die für die Hinwendung zu den klassischen Frauenzeitschriften – selbst zu damals vornehmlich von relativ jungen Frauen gelesenen Titeln wie MAXI oder CARINA – noch zu jung war. Eine der ersten modernen Zeitschriften, die sich vorrangig an 10- bis 14-jährige Mädchen wandte, war die Zeitschrift MELANIE, die seit April 1974 wöchentlich erschien, bereits 1978 aber mit der Zeitschrift POPCORN fusioniert wurde. Den Inhalt prägten in erster Linie comicähnliche Alltagsgeschichten zu Themen wie Freizeit, Schule und Liebe. Auch über Mode, Kosmetik und Popmusik wurde berichtet, Sexualität und Aufklärung, Schwerpunktthemen heutiger Mädchenzeitschriften, blieben dagegen völlig ausgeklammert. 1976 kam die Zeitschrift MÄDCHEN auf den Markt, die für ein Jahrzehnt das einzige Presseerzeugnis dieser Art blieb. Nach mehreren Verlagswechseln gehört sie
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seit 1986 zur Jürg-Marquard-Gruppe, wo sie neu konzipiert und von wöchentlicher auf 14tägliche Erscheinungsweise umgestellt wurde. Sowohl MÄDCHEN als auch POPCORN wurden Ende 1999 vom Axel Springer Verlag und dessen neuer Tochterfirma AS Young Media übernommen. Seit 1986 haben tief greifende Veränderungen auf dem Markt der Zielgruppenzeitschriften für Mädchen und junge Frauen stattgefunden. So erschien im Juni 1986 erstmals eine Testausgabe der Zeitschrift GIRL! aus dem Heinrich Bauer Verlag. Noch bevor das zweite Testheft folgen konnte, brachte die Jürg-Marquard-Gruppe die nun mittlerweile neu konzipierte Zeitschrift MÄDCHEN als Relaunch auf den Markt. Beide Zeitschriften verzeichneten rasante Auflagenentwicklungen. GIRL!, die seit Beginn 1988 regelmäßig in 14täglichem Rhythmus erschien, konnte ihre Auflage von anfänglich 415.26 kontinuierlich auf 602.470 verkaufte Exemplare steigern (vgl. IVW II/88 [www.ivw.de]), lag im Jahr 2000 immerhin noch bei 500.603 verkauften Exemplaren und galt damit lange Zeit neben BRAVO als zweitgrößte kommerzielle Jugendzeitschrift. BRAVO ist bis heute ungebrochener Marktführer der kommerziellen Jugendpresse und wird vom Heinrich Bauer Spezialzeitschriften-Verlag herausgegeben. Mit der Anzeigenkombination von GIRL! und BRAVO konnte der Bauer Verlag seine führende Position im Jugendzeitschriftenmarkt ausbauen und behaupten. Charakteristisch für den Jugendprintmedienmarkt ist eine große Dynamik. Der Blick zurück zeigt insgesamt, dass sich der Publikumszeitschriftenmarkt in Deutschland vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten sehr stark ausdifferenziert hat, sehr viel bunter und vielseitiger geworden ist. Diese Entwicklungen sind gekennzeichnet sowohl von einer signifikanten Erhöhung der Neugründungen und Einstellungen von Titeln und damit Erweiterung des Marktangebotes, gleichzeitig aber auch von einer durch starke Kontinuität bereits lange bestehender Zeitschriften (wie eben beispielsweise. BRAVO, BRAVO GIRL! oder MÄDCHEN). Flexibilität und Agilität, Anpassungsfähigkeit und Reaktionsschnelle auf die aktuellen Bedürfnisse sind somit zu entscheidenden Kriterien der Zeitschriften geworden. Die kräftigen Impulse jedoch erhielt der Markt insbesondere von den neu eingeführten Spezialund Zielgruppenzeitschriften, während die Etablierten zwar stabil bleiben konnten, doch – und das kennzeichnet die neueren Entwicklungen – gerade im letzten Jahrzehnt doch teilweise nicht unerhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Als wesentliche Tendenzen lassen sich für die jüngere und jüngste Zeit vor allem die folgenden benennen: 1. Eine zunehmende Ausdifferenzierung und Diversifikation auf dem Markt infolge eines intensiven Wettbewerbs, damit immer stärkere Segmentierung, steigende
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Titelzahlen und parallel dazu sinkende Durchschnittsauflagen bei den einzelnen Zeitschriften. Gleichzeitig allerdings verstärkt sich die Tendenz der Konzentration dahingehend, dass nur vier große Verlage (Bauer, Springer, Gruner und Jahr sowie Burda) bereits seit Ende der 70er Jahre nahezu zwei Drittel des Gesamtmarktes beherrschen. 2. Die Tendenz zu teilweise sehr kurzer „Lebensfähigkeit“ einzelner neuer Titel, demgegenüber aber Konstanz der schon lange bestehenden Titel. 3. Ein zunehmendes „Cross-over“ der verschiedenen Medien, d. h. Zeitschriften wie BRAVO entwickeln Fernsehsendungen (in denen die Grundmuster wieder aufgegriffen werden, beispielsweise die filmische Inszenierung einer Liebesgeschichte analog den Foto-Love-Stories). Es gibt aber auch den umgekehrten Fall: Zuerst ist die Fernsehserie da, danach wurde eine Zeitschrift dazu entwickelt (Beispiel: „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, eine tägliche Vorabendserie im jugendlichen Milieu auf RTL). Die Bedeutung dieser strategischen Medienplanung wächst, denn zunehmender Wettbewerb macht Markterfolge schwerer erreichbar. Demzufolge werden mehrkanalige Mediastrategien immer wichtiger. Besonders die Kombination von Print und TV wird teils zur kostengünstigeren Reichweitenmaximierung eingesetzt. Wesentliche Kriterien dieser Strategien sind verbesserte zahlengestützte Intermedia-Dateien10. Die neuen Möglichkeiten der strategischen Intermedia-Planung mit Print und TV bedeuten im Einzelnen: • Zugriff auf die vielfältigen Zielpersonendefinitionen der Markt-Media-Studien VA (= Verbraucher-Analyse) und TdWI11 auch für TV.
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Obwohl für den Markterfolg entscheidend, stehen der strategischen Planung nur unzureichende Intermedia-Daten zur Verfügung. Die TV-Datenwelt führt laut VDZ (Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V.) Arbeitskreis „ein Eigenleben“ und ist mit den übrigen Gattungen nicht verkoppelt. So ließ sich bis vor kurzer Zeit nicht einmal die Reichweite eines TV-/Print-Planes ermitteln, geschweige denn die tiefer gehenden Kennwerte analysieren. Um Bewegung in diese seit vielen Jahren unbefriedigende Datensituation zu bringen, hat der VDZ Nutzungsrechte an den Daten des ACNielsen-TV-Panels erworben und diese Daten zur Fusion in die Markt.Media.Studien der Verlage bereitgestellt. Das bedeutet konkret: Seit 2001/02 sind nun auch 11 TV-Sender auf der Ebene „Sehbeteiligung Werbung“ mit dem gewaltigen Zielgruppenuniversum der Markt-Media-Analysen auswertbar. Angestrebt wird eine kontinuierliche Weiterentwicklung des neuen Instruments auf Anregungen der Planungspraktiker und Werbungstreibenden mit dem Ziel einer größtmöglichen Zusammenarbeit aller Marktpartner. Vgl. hierzu „Die Publikumszeitschriften“, herausgegeben vom VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V., Berlin 2001. 11 TdW (= Typologie der Wünsche): Die aktuellste umfassende Markt Media Studie in Deutschland mit 1.800 Marken und 400 Produktbereichen und einer breiten Medienpalette (vgl. www.tdwi.com).
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• Die gemeinsame Zielgruppendefinition für Print und TV. • Die gemeinsame Wirtschaftlichkeitsberechnung für Printtitel und TV-Belegungseinheiten zur Selektion von Kandidaten und Erarbeitung des Mix-Verhältnisses. • Die Entwicklung von Vorgaben für die TV-Feinplanung bei Print-/TV-Plätzen. • Die vergleichbare Leistungsbewertung der entstandenen Print, TV- oder MixPläne. 4. Eine zunehmende gleichzeitige Print- und Online-Präsenz der Jugend- und Mädchenzeitschriften, d. h. dass mittlerweile ausnahmslos alle Printzeitschriften zugleich Online-Präsenz haben. Allerdings scheint hier die Nachfrage nach Printmedien bei den Jugendlichen weiterhin erheblich höher zu sein als die Nachfrage nach Online-Versionen. Das Online-Angebot gelte für die Jugendlichen eher als eine „Ergänzung“ zum Heftinhalt, also ein eigentlich zusätzlich wahrzunehmendes Angebot. Hinzu kommt, dass die Inhalte der Printmedien ja nicht eins zu eins in die Online-Versionen übernommen werden, die Leserinnen und Leser damit somit eine Art „Mehrwert“ zum eigentlichen Heft erhalten. Die Online-Ausgaben von MÄDCHEN beispielsweise lösten Printausgaben also nicht ab. Allerdings sei hier eine „richtige“ Interpretation der Besucherzahlen von Websites durchaus nicht einfach, „Logfiles zu interpretieren muss gekonnt sein“, so eine Redakteurin von MAEDCHEN12. 5. Eine tendenzielle Zielgruppenausrichtung hin zu immer jüngeren Jugendlichen (vgl. hierzu auch die entsprechenden selbstredaktionellen Profile der Zeitschriften im Anhang dieser Arbeit). Hintergrund ist hier der nur sehr begrenzte Anteil der jugendlichen Zielgruppe an der Gesamtbevölkerung und die tendenzielle Abnahme der Jugendlichen in den in Frage kommenden Altersgruppen aufgrund der bevölkerungsdemographischen Entwicklungen. Will man also die Marktposition mindestens beibehalten, müssen zwangsläufig die angesprochenen Zielgruppen in ihren strukturellen Rahmen erweitert werden. 12
So in einem Interview der Verfasserin mit der Redakteurin Simona Boemer von MÄDCHEN am 6. September 2005. Im „Logfile“ wird die Anzahl der Seitenaufrufe (Pages) festgehalten. Dies ist ein Indikator dafür, wie eine Seite „läuft“ und sich entwickelt. Im Unterschied zu den PageImpressions geben die Visits die Zahl der Besucher an. Also 25 Besucher (= 25 visits) schauen sich z. B. 150 Seiten (Page Views) an. Im Durchschnitt betrachtet also jeder Besucher sechs Seiten. Wenn Zu- oder Abnahmen zu verzeichnen sind, gilt es von redaktioneller Seite, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, verstärken oder zu unterlassen. Die Schwierigkeit liegt hier natürlich auch in der richtigen Interpretation: Was nützen steigende Besucherzahlen, wenn diese aber eigentlich etwas ganz anderes gesucht und nur zufällig auf die Seiten geklickt haben.
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Einleitung
Der Markt: Alterssegmentierung der Zeitschriften-Gattungen13
(1) Zeitschriften für Kinder Altersgruppe: 4–10 Jahre z. B. MICKY MAUS (2) Jugendzeitschriften Altersgruppe: 10 bis 19 Jahre I. Entertainment und Star-Magazine BRAVO / YAM! / POPCORN / STARFLASH / TOP OF THE POPS II. Mädchen-Magazine BRAVO GIRL! / MÄDCHEN / SUGAR / SIXTEEN / BRIGITTE YOUNG MISS III. Special Interest-Magazine BRAVO SPORT / BRAVO SCREENFUN IV. TV begleitende Magazine GZSZ / DSDS (3) Zeitschriften für junge Erwachsene Altersgruppe: 19 bis 25 Jahre z. B. ROLLING STONE / JOY
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Evaluation von Forschungsstand und Literaturlage: Mädchen- und Jugendzeitschriften als Gegenstände der Forschung (1990–2006)
3.1
Allgemeiner Forschungshintergrund
„Als meinungsbildende Instanz sind sie leider nicht zu vernachlässigen“, schreiben die österreichischen Sozialwissenschaftlerinnen Cheryl Benard und Edit Schlaffer in einem essayistischen Erziehungsratgeber über kommerzielle Mädchen- und Jugendmagazine wie MÄDCHEN, BRAVO und POPCORN (Benard/Schlaffer 1997: 153). Sie sehen in ihnen Medien einer „schrecklichen Einschulung in Gefühlsleid und Diensteifrigkeit“ (ebd.: 152). Der nüchterne medienpädagogische Blick von Dieter Baacke und Jürgen Lauffer in ihren „Lese- und Gebrauchshinweisen“ zu 120 deutschen Kinder- und Jugendzeitschriften, die sie 1994 erfassten, führt dagegen zu 13
Vgl. „Der Markt der Jugendzeitschriften“ Bauer-Verlag, 2003.
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eher „vorsichtigen pädagogischen Bewertungen“ (Baacke/Lauffer 1994: 12): Eltern sollten „diese Informationsträger durchaus kennen, um zu wissen, welche Welt Kinder um sich bauen, auch mit Hilfe von Kinder- und Jugendzeitschriften“ (ebd.: 189). Darum charakterisieren sie knapp unter anderem deren Rahmendaten, Rubriken, Sprachstil, Gestaltung, Inhalte – einschließlich der „Leitbilder“ und „Rollenbilder“ –, außerdem die „Glaubwürdigkeit“, die „Realitätstreue“, die „Originalität“ und das Verhältnis „von Werbung und redaktionellem Teil“ (ebd.: 14–18). Hier und in anderen Arbeiten wird deutlich: Mädchenmagazine als Massenmedien widerspiegeln nicht nur sozio-kulturelle Wandlungen, sondern greifen auch in diese ein. Was für Frauenmagazine und andere so genannte „Publikumszeitschriften“ festgestellt wurde, gilt gleichermaßen für sie: Sie haben eine „standardisierende Funktion“ (Zimmermann 2006: 42; siehe auch Vogel 1998). Diese wird wesentlich realisiert über den vorherrschenden kleinsten Nenner des Sozialen – Liebe und Sexualität, Familie und Paarbeziehung, Freizeitgestaltung und Starverehrung –, die Mischung aus zum Beispiel Mode- und Schönheitstipps sowie bestenfalls personen-, stimmungs- und emotionsfixiertem Gesellschafts- und Politikverständnis, den überwiegend narrativen Charakter der Text-Bild-Arrangements und die besonders enge Wechselwirkung mit der Leserschaft. So modellieren diese „Publikumszeitschriften“ Verhalten, vermitteln Gefühle von Geborgenheit, nivellieren sozio-kulturelle Unterschiede schon durch ihren Unterhaltungscharakter. Weil sie primär mit dem Ziel der Gewinnerwirtschaftung produziert werden, sind sie Marktgesetzen unterworfen, stehen sie permanent vor der Notwendigkeit, sowohl den Wunschprojektions-Bedürfnissen ihrer Leserinnen und Leser als auch den Erwartungen der Anzeigenkunden hinsichtlich der Leitbildpräsentation entgegenzukommen. Aufgrund ihres massenkulturellen Charakters, ihres Einflusses auf Bedürfnisse nach Information, Emotionalität und ästhetischer Erfahrung, nach Vertrauensbildung, sozialer Integration und Interaktion stehen die Mädchenmagazine im Schnittpunkt der Erkenntnisinteressen mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen: darunter der Erziehungswissenschaft, insbesondere der Sexual- und Medienpädagogik, der Kommunikationswissenschaft sowie der Frauen- und Geschlechterforschung.14
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„Wenig Beachtung findet bisher die Geschlechtsdifferenzierung in der (Medien-)Sozialisation“, schreiben Andreas Hedrich und Thomas Voß-Fertmann (Hedrich/Voß-Fertmann 1993: 193). Für eine „geschlechterreferierende Medienpädagogik“ plädiert auch Maya Götz (Götz 2002: 121f), für eine Differenzierung der „Mediennutzungsmuster“ nach „sozialen Unterschieden“ Hans-Dieter Kübler (Kübler 2003: 42).
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Von besonderer Bedeutung für diese Arbeit über die von den Mädchen- und Jugendmagazinen – vor allem in Form von Fotoromanzen, Beratungstexten und ihrer Werbestrecken – verbreiteten Mädchenbilder, deren symbolische Gehalte, visuelle Rhetorik und Sprechakte sind die Ergebnisse der kommunikationswissenschaftlichen Frauen- und Geschlechterforschung. Denn diese versteht sich als multiperspektivische Disziplin, die von dem Interesse geleitet wird, „medial vermittelte Weiblichkeitsideologien und Frauenbilder kritisch zu beleuchten“ (Klaus 2001: 9; siehe auch Diess. 1998). 3.2
Übergreifende mediale und gesellschaftliche Kontexte
Dem wirkungsmächtigen Bezugssystem von politischer Macht, Printmedien und Kultur, der Position von Mädchenmagazinen in ihm widmete sich schon in den siebziger Jahren Angela McRobbie. Einige ihrer kultursoziologisch-kommunikationswissenschaftlichen Vorträge und Aufsätze – wie „Jackie“ Magazine: Romantic Individualism (1977) und „More!“ New Sexualities in Girls’ and Women’s Magazines (1996) – behandeln Mädchenzeitschriften als „Schlüsselorte“ (McRobbie 1999: 49) der modernen Massenkultur. Denn an ihnen entfalten sich integrierte Kommunikationskonzepte aus Massenbedürfnissen, industrialisierter Zeichenproduktion, Geschäftssinn und spezifischen „ideologischen Kräften“ (McRobbie 2000: 69; anknüpfend an Louis Althusser); an ihnen erfolgen normative Reproduktionen von Freizeit- und Konsumgewohnheiten sowie Körperbewusstseinsformen, werden Identifikationen durch eine Vielzahl von visuell und schriftsprachlich propagierten Einstellungen, Verhaltensweisen, Moden und Marken gewährleistet, ja gefordert. Die Verfasserin spricht von „stereotypen Weiblichkeitsritualen“ (McRobbie 1999: 53), die hier der Konstruktion von Teenager-Selbstverständnis dienten. Monika Weber bezieht sich in ihrer sozial- und ideologiekritischen Untersuchung zu den Zeitschriften BRAVO GIRL!, MÄDCHEN und MISS VOGUE aus den Jahrgängen 1977/78 und 1988 auf Arbeiten von Angela McRobbie, zum Beispiel auf deren „Jackie“-Studie (Weber 1991: 110f.). Sie übernimmt eine wesentliche methodische Komponente: die Erschließung des dialektischen Zusammenhangs zwischen weiblichen Lebens- und Lesewelten, die vor der Anwendung eines vereinfachenden Reiz-Reaktions-Musters bewahrt.15 So liegt hier eine Arbeit vor, die sowohl die In15
Siehe dagegen die Hochschularbeit von Frauke Eggs 2001. In ihr soll es um die „Verbindung zwischen den alltäglichen Lebenswelten der Leserinnen und ihrer Rezeption von Mädchenzeitschriften“ (S. 3) anhand der Mädchenmagazine BRAVO GIRL! und SUGAR gehen. Die „empi rische Untersuchung“ bezieht sich auch auf methodische Ansätze zur Erforschung von
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halte von Mädchenzeitschriften als auch alle wichtigen „Variablen des Kommunikationszusammenhangs“ (Weber 1991: 101) analysiert, eingeschlossen weibliche Lebenskontexte und „Sozialisationsinstanzen“ (ebd.: 136) wie Beruf, Bildung, Hausarbeit, Kindererziehung. Der latente Appell an die Leserinnen, dass die heterosexuelle Partnerbeziehung ihr zentrales Anliegen und ihr wesentliches Lebensziel sei, also die traditionelle Familie mit mehr oder weniger patriarchalischen Normen, und die „idyllische Überhöhung der romantischen Liebesbeziehung“ (ebd.) kollidieren zwangsläufig mit ihrem weiten, „gesellschaftliche Implikationen“ (ebd.: 169) aufweisenden Begriff von Geschlecht. Petra Nickel schreibt zu den Ergebnissen, wie sie zehn Jahre zuvor Monika Weber veröffentlichte, dass deren Kritik sich vor allem „gegen die gesellschaftliche Ideologie, die die Zeitschriften absatzorientiert aufgreifen“, gerichtet habe (Nickel 2000: 34).16 Der Haupttitel ihrer eigenen Publikation lässt eine vorrangig betriebswirtschaftlich orientierte Untersuchung vermuten. Zumal die Verfasserin hinsichtlich solcher „Zielgruppenzeitschriften“ wie BRAVO GIRL!, MÄDCHEN, BRIGITTE
Rezeptionsbedürfnissen, Wahrnehmungsschemata, Auswahlverhalten, Identifikation und Abgrenzung, des Zusammenhangs zwischen Alltagshandeln und Medienrezeption wie den sog. Uses and Gratifications Approach, die Handlungstheorie und die Strukturanalytische Rezeptionsforschung (vgl. S. 36–51). Und die Verfasserin betont zu Recht, die Annahme, Rezipientinnen würden „ihre Motive und Erwartungen genau kennen bzw. sie artikulieren können“, sei „problematisch“ (S. 50). Aber ihre Ergebnisse laufen auf bloße Feststellungen hinaus wie: „Die Problemberatung wird als realistisch, lebensnah, informativ und hilfreich empfunden.“ (S. 86) Oder: „Dennoch sind die Foto-Romane sehr beliebt. Sie müssen offensichtlich gar nicht den Alltag der Mädchen treffen, sondern in erster Linie gut unterhalten.“ (S. 93) Auf Verfn. trifft zu, was nach ihrer Darstellung am Uses and Gratifications Approach kritisiert werde. „Menschliche Bedürfnisse werden außerhalb konkreter, gesellschaftlicher Bedingungen gesehen und Motive isoliert betrachtet.“ (S. 43) So bleibt die Darstellung von jugendlichen „Lebenswelten“ (S. 27 f.) ebenso oberflächlich wie die der „gesamtgesellschaftlichen Individualisierungsprozesse“ (S. 34). Die Autorin räumt die Gefahr des Verfehlens der Alltagskomplexität in den Zeitschriften zwar ein (vgl. S. 105), meint aber, „dass die Zeitschriften die vielfältigen Lebenswelten der Mädchen durchaus aufgreifen und nicht […] reduzieren“ (S. 121). 16 An Monika Weber vielfach anknüpfend ging Heike Fickus in einer Hochschularbeit dem Verhältnis von Mädchenzeitschriften und weiblicher Sozialisation in der Jugend aus sozialpädagogischer Perspektive anhand der Jahrgänge 1992 und 1993 der Zeitschrift MÄDCHEN nach. Sie analysierte sowohl quantitativ als auch qualitativ die Präsentation von Bereichen wie Mode, Kosmetik, Freizeitgestaltung und Sexualität, gelangte zu der Einschätzung, dass die Zeitschrift einen nur selektiven „Bezug zur realen Lebenswelt von weiblichen Jugendlichen aufweist“, da sie „emanzipatorische Möglichkeiten weitgehend ausklammert und weiblichen Ansprüchen auf Gleichberechtigung in allen Bereichen nicht entgegenkommt“ (Fickus 1993; das Zitat: 91).
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YOUNG MISS und KUSCHELROCK sorgfältig Komponenten wie Auflagenentwicklungen gegen Ende der neunziger Jahre (ebd.: 103–108), Zusammenhänge zwischen Lese- und Werbemarkt, Vertriebs- und Anzeigenmarketing erhellt (ebd.: 250–252; siehe dazu auch Heinrich 2001). Mit diesen Komponenten öffnet die Arbeit aber gerade den medienwissenschaftlichen Zugang zur inhaltlichen und gestalterischen Charakteristik der Zeitschriften, ihren – auch mit Hilfe von Befragungen ermittelten (Nickel 2000: 320–323) – redaktionellen Leitlinien und ihren „eingeschränkten“ Themenbereichen. Denn mehr als insgesamt 60% der redaktionellen Teile aller Mädchenzeitschriften behandeln am Ende der neunziger Jahre „Sexualität/Liebe, Mode/Beauty und Stars“; davon entfallen 38% allein in BRAVO GIRL! und MÄDCHEN auf Liebe/Sexualität; weniger als 10% auf „Gesellschaft, Schule/ Ausbildung/Beruf und Kunst/Kultur“ (ebd.: 294, 313). Beide, BRAVO GIRL! und MÄDCHEN, böten „keine innovativen Konzeptionen“, „keine vielfältigen Kommunikationsofferten“ (ebd.: 313) – im Gegensatz zu BRIGITTE YOUNG MISS, einem thematisch breit gefächerten Mädchenmagazin. Die Verfasserin unterstreicht, dass der Inhalt von Zeitschriften für die Analyse „erst im Zusammenhang mit soziokulturellen wie ökonomischen Bedingungen problemrelevant ist“ (ebd.: 22). Darum gerät auch der Zusammenhang zwischen dem Medienkonsum und der persönlichen Lebenssituation der Rezipientinnen in ihr Blickfeld, die in den Zeitschriften Möglichkeiten sähen, „eigene Stimmungen nicht nur zu kompensieren, sondern auch zu intensivieren“ (ebd.: 145). Thomas Hecken bezieht sich ebenfalls auf Angela McRobbies kritische Studien (Hecken 2006: 205f.). Er sieht in seiner Abhandlung über populäre Kultur „das moderne Girl“ als deren „Sinnbild“ (ebd.: 8) an, insbesondere das „postfeministische Girl“ (ebd.: 198), wie es in den Zeitschriften BRAVO GIRL! und ELLE GIRL präsentiert wird. Er tritt dafür ein, die Populärkultur einschließlich der Mädchen- und Jugendmagazine mit ihrer Synthese von Trivialität, starkem Reiz und schöner Künstlichkeit, mit ihrem affirmativen Charakter, individualistischem Scheinwiderstand, ihrer Propaganda für das Sich-Einrichten, die Privatisierung und Entsolidarisierung „eingehend zu beschreiben“ und „zu theoretischen Betrachtungen zu nutzen“ (ebd.: 9) – nicht dafür, sie auf der Basis einer akademischen „juristischen Ästhetik“ (ebd.: 15) zu verurteilen. Zum Realitätsverständnis der Printprodukte, die „weiterhin mit ihren amüsanten, oberflächlichen Mitteln versuchen, eine Welt der Popkultur zu behaupten, in der Schule, Arbeit und unterschiedliche soziale Lagen keine Existenzberechtigung haben“ (ebd.: 203), heißt es: „Bereits ein Blick in eine klassische Mädchenzeitschrift – die sich an Leserinnen unter 16 Jahren richtet – offenbart, dass man sich hier in einer
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vollkommen eigenen Kunstwelt befindet. Familie und Schule, die Bereiche, in denen sich das Mädchen mindestens zwei Drittel des Tages bewegt, spielen in den Zeitschriftenseiten keinerlei Rolle. Eltern und Lehrer, die das Recht haben, über das Leben des jungen Mädchens zu entscheiden, bekommen nicht die kleinste Beachtung geschenkt. Nicht einmal kritisiert oder abgelehnt werden sie – es gibt sie einfach nicht“ (ebd.: 203). Diese Einschätzung hält einer genauen Untersuchung der Genres Fotogeschichte, Beratung und Werbung in den Zeitschriften, der „Muster, Schlüsselreize“ (ebd.: 8) ihres Realitätsverständnisses, ihrer Selektions-, Zeichenbildungs- und Deutungsstrategien durchaus stand. Weiter heißt es zu den in den Magazinen zu findenden pseudo-feministischen Attitüden, dem „Pop-Feminismus“ (ebd.: 208): „Ökonomische, politische Fragen tauchen selten auf, und wenn überhaupt, dann als Frage der Interaktion, als zwischenmenschliches Problem. Dem ‚Ärger‘, der die jungen Frauen in der öffentlichen Sphäre und in der Arbeitswelt erwartet, wird in den Zeitschriften deshalb konsequent eine persönliche Lösung aufgegeben. Probleme, die aus sozialen Abhängigkeiten und Gegensätzen entstehen, richten sich hier stets an den Einzelnen. Die meisten Schwierigkeiten erscheinen auf den Illustriertenseiten darum als psychische Nöte (ebd.: 206f.)17. Der Verfasser leistet mit dem Verweis auf Mädchenmagazine wichtige Beiträge zum Verständnis von „Populärkultur“ und ihren normativen Setzungen. Sein Begriff der ‚Kompensation‘ bedarf jedoch durchaus auch einer kritischer Sicht wegen seiner Neigung zur Vereinfachung komplexer Zusammenhänge: „Die Populärkultur in ihren zur Zeit vorherrschenden Ausprägungen – nicht die Populärkultur als Verfahren – muss sich […] eindeutig als kompensatorische Kultur bestimmen lassen, deren einziger Beitrag zur direkten Einübung in Funktionsrollen darin liegt, Helden als leistungsstarke Einheiten in geschlossenen Handlungsabläufen herauszupräparieren. Fasste man sie nicht als Kompensation auf, wäre kaum zu erklären, weshalb ihre beliebtesten Darstellungen und Ideologeme nicht unmittelbar zum Aufstand gegen die Anforderungen von Ausbildung, Beruf und Rechtsordnung führen. Denn Stars, Führer, Caritas, der Wert der Freundschaft und der Persönlichkeit, Feier von 17
Siehe dagegen in der Arbeit über italienische Fotoromane von Ulrike Schimming, die auch die seit 1972 erscheinenden Fotogeschichten in der Bravo streift, die vorrangig das Anliegen hätten, „sexuelle Aufklärung […] zu betreiben“. Bezüglich ihres Realitätsgehaltes resümiert Verfn.: „In den letzten Jahren zeichnete sich bei Bravo eine Abkehr von den Aufklärungsgeschichten und eine Hinwendung zu politisch korrekten Inhalten ab. Themen wie Rassismus und Umweltschutz untermauern einen gewissen erzieherischen Ansatz.“ (Schimming: Fotoromane. Analyse eines Massenmediums. Frankfurt a. M. …. 2002. (Ausz.:) Einleitung. www.letterata.de/fotoromanzi.html (02. 10. 2006), 18 S.; die Zitate: S. 14.)
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Körperkraft und Rhythmus, Ausrichtung an sexuellen Reizen, sportliche Rekorde, romantische Liebe, Beglaubigung im Leid, der Affekt gegen ‚die da oben‘, Verschwörungstheorien, stets halblegale oder legale Polizeiarbeit, Potenz, Rausch, Leben als moralische Prüfung und Anstalt, Spaß als Ziel, individuelle Erfolgsgeschichten – sie geben je für sich und manchmal im Verbund ein klares Gegenbild zu einer nach Klassen getrennten Gesellschaft ab, aber vor allem liefern sie ein Gegenbild zur funktional gegliederten und abstrakt verfahrenstechnisch geregelten Welt der Arbeit, der staatlichen Organisationen und der Wissenschaft.“ (ebd.: 118) 3.3
Ansätze zur Untersuchung der visuellen Rhetorik
Die These Monika Webers, dass Individualisierung nicht mit Emanzipation gleichzusetzen sei, ist entscheidend für die Fruchtbarkeit von Untersuchungen der Textund Bild-Inhalte der Zeitschriften, ihrer Themenangebote und -ausklammerungen, ihrer Normative und Ersatzmuster. Denn die Autorin konstatiert – wie Angela McRobbie – eine in den Mädchenzeitschriften „fortbestehende Beschränkung des weiblichen Lebens- und Interessenspektrums auf den privaten Nahbereich“ (Weber 1991: 110), das heißt auf Individuelles und Zwischenmenschliches einschließlich Sexualität sowie auf die Rolle als „Konsumentin“ (ebd.: 111) vor allem in der Freizeitsphäre. Sie weist nach, dass emotionale Bedürfnisse in den Werbeteilen wie in den Fotogeschichten instrumentalisiert (ebd.: 85), normative Schönheitsvorstellungen in einem Ratgeber-Gestus propagiert werden, der die Einhaltung modischer Standards als Voraussetzung erfüllter Partnerschaft erscheinen lässt (ebd.: 54). Hinsichtlich der redaktionellen Inhalte macht vor allem Petra Nickel – über die rein schriftsprachlichen Texte hinausgehend – aufmerksam auf den gezielten Einsatz von bildlichen, graphischen und typographischen Elementen, auf Layout, Farben und Fotos (Nickel 2000: 217f.). So erscheinen Elemente wie Titelblätter als „Handlungsträger“ (ebd.: 294). Damit weist sie auf einen wichtigen Aspekt des Themas hin: die visuelle Rhetorik in den Zeitschriften in ihrer Verbindung mit der verbalen. Denn insbesondere die Fotografie bietet über den bloß illustrativen Charakter hinaus Erkenntnisse über visuelle Vorstellungen in der Gesellschaft, die sich auf andere Weise nicht oder nicht so effektiv gewinnen lassen und löst Emotionen aus (siehe auch Wolf 2003) – zumal im Kontext der topischen Felder Liebe, Schönheit und Glück, wie sie zum Beispiel in den Körperinszenierungen sowohl der Fotogeschichten als auch der Werbegrafiken in den Mädchenzeitschriften deutlich werden. Das verweist auf einen Zusammenhang, den Dieter Baacke und Jürgen Lauffer in ihrer „medienpädagogischen Handreichung“ (Baacke/Lauffer 1994: 12) nicht zufällig
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unterstreichen: dass Lesen heute zwar „als eine anerkannte und positiv bewertete Kulturtechnik“ gelte, aber Kinder und Jugendliche „im Unterschied zu ihren Eltern“ mit einem riesigen Medienangebot konfrontiert seien (ebd.); sie erlebten das Lesen „zunehmend nicht mehr als die Entzifferung eines spezifischen Sprachcodes, sondern als Bestandteil eines medialen Ausdrucksarrangements, in dem Sprache, Bilder (und begleitende Töne) sich gleichsam ergänzend miteinander verbinden“ (ebd.: 185).18 3.4
Die Fotogeschichten
Angela McRobbie spricht von der „Ideologie der Romanze“ mit ihrem Ewigkeitsversprechen (McRobbie 2000: 82f.), die oft im Kontext einer als „enttäuschend“ er18
Gelegentlich wird in der medienpädagogischen Diskussion beklagt, dass „Lesekompetenz“ in der „schulischen Sozialisation“ immer noch das „Mass aller Dinge“ sei, obwohl diese Kompetenz für die Entwicklung von Medienkompetenz – als Form „kritischer Rationalität“ – nach wie vor wichtig ist. (Lothar Mikos: Ästhetische Erfahrung und visuelle Kompetenz: Zur Erweiterung der diskursiven Medienkompetenz um präsentative Elemente. In: MP, 00-1 (17. 03. 2000), 16 S.; die Zitate: S. 10, S. 1.) „Die einstmals neuen und mittlerweile zu traditionellen Massenmedien ‚gealterten‘ Mediensysteme bedürfen weiterhin der medienpädagogischen Aufmerksamkeit“, unterstreicht dagegen Walter Schludermann (Schludermann 2002: 49). Sven Kommer und Ralf Biermann betonen hinsichtlich der „medialen Habitualisierungen“ von Jugendlichen ebenfalls, dass „traditionelle Bildungsinhalte grundlegend für die Ausbildung von Medienkompetenz sind“ (Kommer/Biermann 2005: die Zitate S. 2, S. 15). Sieht man aber von der Übersicht ab, die Dieter Baacke und Jürgen Lauffer 1994 publizierten, erscheinen kommerzielle und erst recht nichtkommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften in neuerer medienpädagogischer Literatur entweder gar nicht oder nur am Rande. Michael Charlton und Klaus Neumann-Braun sprechen in ihrer Darstellung des „Medienverbundsystems“ und der „Medienbiografien“ Jugendlicher zwar auch von „Printmedien“, verstehen darunter aber nur Tageszeitungen, Comic-Hefte und Comic-Bücher (Charlton/ Neumann-Braun 1992; vgl. S. 101–107, 68–70, 11 f.). Es gibt eine eher geringe Aufmerksamkeit für das Thema „Lesen im Medienzeitalter‘„ In einem ursächlichen Zusammenhang damit zu stehen scheinen die immer wieder auftauchenden simplen Metaphern von der „Bilderflut“, namentlich der „Fotoflut“, und von „audiovisuellen Räuschen“, ihrer vermeintlichen Vorherrschaft (Oomen-Welke 2006: 127–141, das Zitat: S. 131; siehe auch Ferchhoff 1999: 200–220; das Zitat: S. 214). 18 Aber, so Stefanie Grebe: „Text und Bild belegen zwei dominante Felder unserer Lebenswelt, die sich gegenseitig ergänzen, überlagern, durchdringen und zeitweilig in Opposition zueinander treten […]“ (Grebe 2006: 39–57; das Zitat: S. 39). Von einem „ ,Ende der Schriftkultur‘ “ kann also tatsächlich keine Rede sein (vgl. Vollbrecht 2001: 188–191). Hans-Dieter Kübler weist unter dem Eindruck der so genannten PISA-Studien (Programme for International Student Assessment) überdies darauf hin, dass nicht nur literarische Texte, sondern eine große Bandbreite von Textsorten, darunter Argumentationen oder Kommentare, bei der Entwicklung und Bewertung von inhalts-, form- und kontextbezogener „Lesekompetenz“ zu berücksichtigen sind (H.-D. Kübler 2003: 32).
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lebten Welt wirksam sei (Diess. 1999: 131). Solche Magazinelemente und deren spezifische Botschaften untersucht sie, unter anderen auf Roland Barthes zurückgreifend, anhand von schriftlichen und bildlichen Codes und Subcodes (Diess. 2000: 77–79, mit Grafik; 101–109). Zu den grundlegenden Charakteristika der Romanzen vor allem in den Bildgeschichten, aber auch in den Sachtexten auf den so genannten „Problemseiten“ (den redaktionellen Ratgeber-Teilen) der Magazine gehöre die Ausblendung sowohl von gesellschaftlichen Hintergründen – ähnlich wie in Kinofilmen und Unterhaltungsromanen sowie in der Werbung (ebd.: 80–83) – als auch von „weiblicher Solidarität“ (ebd.: 114). An deren Stelle trete die Propagierung von Selbstvervollkommnung, romantischem Individualismus und „konformistischer Unabhängigkeit“ (ebd.: 99). In den Bildgeschichten stellt die Autorin ferner verschiedene Kategorien von weiblichen und männlichen Charakteren sowie verschiedene Verhaltensmuster fest, unter anderen den „wilden und aggressiven“ Jungen, das „liebevolle und vertrauende“ Mädchen und andere „weniger differenzierte Persönlichkeiten“ (ebd.: 84) bzw. den selteneren Typ des „Motor-bike girl“ (ebd.: 18–25). Weitere Kategorisierungen gelten den thematischen Schwerpunkten, den Handlungsmustern und anderen gestalterischen Konventionen, wie sie sich zum Beispiel in der romantischen Abenteuerserie finden (ebd.: 87–92). Gitta Mühlen Achs weist in ihrer Untersuchung von fünf zwischen 1988 und 1996 in der Jugendzeitschrift BRAVO publizierten Fotogeschichten ein „konservatives“ Mädchenbild nach, das Klischees und Leitbilder „einer durchgängigen geschlechtsspezifischen Rollen- und Arbeitsteilung in heterosexuellen Beziehungen reproduziert“ (Mühlen Achs 1997: 34). Sie konzentriert sich, anknüpfend an Erving Goffman (vgl. Goffman 1981 und 1994; siehe auch Haubl 1992 sowie Mühlen Achs/Schorb 1995 und Mühlen Achs 1998), auf den Aspekt der bildhaften Körperinszenierungen dieser Geschichten mit Titeln wie Romanze in Rimini und Alexa in Gefahr, die Laiendarsteller in chronologischen Abläufen auf Fotos unterschiedlicher Größe präsentieren, die mit „Sprech-“ bzw. „Denkblasen“, teilweise mit Untertexten versehen sind. Ihre „scheinbare Authentizität“ führe zu einer „intensiven Identifikation“ – weil Bilder eine „stärkere suggestive Kraft“ hätten, „unmittelbare Perzeptionen“ erlaubten und zu einer „unbewußteren“ Aufnahme führten (Mühlen Achs 1997: 14). Die Aufmerksamkeit bleibe auf den vordergründig transportierten Inhalt gerichtet, während der Hintergrund, „das Welt-, Menschen- und Gesellschaftsbild“ (ebd.: 15), unbewusst absorbiert, damit einer kritischen Reflexion weitgehend entzogen werde. Die „brisante Eigenschaft der Mehrschichtigkeit bzw. Latenz bildhafter Medien“ führe in den Fotogeschichten zu einem spezifischen Effekt: zu „eine[r] weit-
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gehende[n] Verlagerung der Erzählung von der verbalen Sprache auf die Körpersprache“ (ebd.). Diese sei die „primäre und wichtigste emotionale und soziale Sprache“, weil sie „weitgehend unbewusst benutzt“, „direkter aufgenommen“ und „unmittelbarer“ interpretiert werde (ebd.). Detailliert weist die Verfasserin am Arrangement der Körper und der Auswahl bestimmter Interaktionsmuster „eine klare Asymmetrie und eine eindeutige Überlegenheit des Jungen“ als „Grundmuster“ der dargestellten Paarbeziehung nach (ebd.: 20). „Dominanzgebaren“, „raumgreifende“ Posen, abgrenzende Gesten, die durch „ausschließlich komplementäre Zeichen“ der Hingabe bestätigt würden (ebd.: 25), „vielfältige soziale Interaktionen“ (ebd.: 20) dominierten auf männlicher Seite – während auf der weiblichen „extreme Posen der Hilflosigkeit, der emotionalen Verzweiflung und Mutlosigkeit“ (ebd.: 18), Naivität und Hilfsbedürftigkeit vorherrschten (siehe dazu auch Borstnar 2002). Diese Inszenierungen von Weiblichkeit und Männlichkeit durch bildhafte Körpersprache bildeten „die Basis für eine unhinterfragte und unwidersprochene Geschlechterhierarchie. Die Rituale von Macht und Ohnmacht stiften weibliche und männliche Identitäten und entfalten als unbewusste Mechanismen eine beträchtliche Ordnungskraft“ (ebd.: 35). Kerstin Reymann wertet in ihrer kritischen Darstellung die Fotogeschichte darum zuspitzend als „SoftPorno mit klischeehafter Rollenverteilung“ (Reymann 1994: 105) und als Teil des „Erotikmarketings“ (ebd.: 102) der Magazine, das Sexualität und Liebe gleichsetze. 3.5
Die Beratungsrubriken
„Nichts weniger als eine „Bestandsaufnahme der heutigen Probleme Jugendlicher“ (Wenzel 1990: 15) strebte Susanne Wenzel in ihrer sexualpädagogisch ausgerichteten Arbeit an. Rund 2000 Leserbriefe aus zwischen 1968 und 1987 erschienenen BRAVO-Jahrgängen zu sexuellen Fragekomplexen wertete sie aus. Methodische Grundlage war die Inhaltsanalyse der Briefe auf der Basis eines Kategorienschemas, das sechs Bereiche von Sexualität umschloss (ebd.: 81): den des Biologischen (z. B. die Verhütungsproblematik), des Sozial-Kommunikativen (z. B. Probleme mit den Eltern), der Lustfunktion (z. B. sexuelle Verhaltensweisen), des IndividuellPsychologischen (z. B. die unerwiderte Liebe), den Gefahrenbereich (z. B. AIDS) und den des Gesellschaftlich-Institutionellen (z. B. Sexualität und Kirche). Eine „Frequenzanalyse“ gibt Aufschluss über die Häufigkeit der Besetzung der einzelnen Kategorien; ermittelt sind ferner Zusammenhänge zwischen Alter, Geschlecht und Fragenbereich der Leserinnen und Leser, also „zeitliche Veränderungen von 1968 bis 1987, geschlechtsspezifische […] sowie altersmäßige Unterschiede bezüglich der einzelnen Themengebiete“ (ebd.: 86).
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Die Verfasserin konstatiert, dass „Jungen und Mädchen eindeutig unterschiedliche sexuelle Fragen stellen“ (ebd.: 356): Zum Beispiel setzten sich Mädchen im individuell-psychologischen Bereich mehr mit dem Problem der Einsamkeit auseinander, Jungen eher mit Schüchternheit und Gehemmtheit; im Gefahrenbereich beschäftigten Mädchen eher die Problematik der sexuellen Belästigung, Jungen mehr die Geschlechtskrankheiten (ebd.: 171). Zugleich seien Mädchen mehr durch Unzufriedenheit mit ihrem Aussehen belastet, Jungen dagegen durch Versagensängste (ebd.: 237, 351). Gleichermaßen litten Mädchen und Jungen „vor allem in der sexuellen Beziehung unter Leistungsdruck, Erfolgszwang und Versagensängsten“ (ebd.: 348; vgl. auch S. 47, 292, 351) sowie „traditionellen Rollenerwartungen“ (ebd.: 354; vgl. auch S. 359). Die Verfasserin stellt eine starke „inhaltliche Kontinuität“ (ebd.: 41) in der Zeitschrift BRAVO insgesamt wie in deren Beratungsrubriken fest, deren Redaktion als wesentliches Auswahlkriterium für die Beantwortung von Leserfragen den „Übertragungswert für andere Jugendliche“ ansehe (ebd.: 319). Es zeige sich als eine Haupttendenz das „kontinuierliche Ansteigen der biologisch-medizinischen Fragen sowie der Fragen zur Lustfunktion der Sexualität“ (ebd.: 350; vgl. auch S. 62, 153). Demgegenüber verlören Fragen zum sozialen Bereich an Bedeutung. Weitgehend konstant blieben hingegen Anfragen zum individuell-psychologischen, dem Gefahrenbereich sowie dem gesellschaftlich-institutionellen Bereich. Themen wie „Sexualität und Gesetzgebung“, „Sexualmoral“ und „Sexualität und Kirche“ lösten „die geringste persönliche Betroffenheit“ aus (ebd.: 350). Jugendzeitschriften wie BRAVO hätten somit angesichts der „Defizite der Sexualerziehung in Elternhaus und Schule“ (ebd.: 43) eine „sexualpädagogische ‚Lückenbüßer‘-Funktion“ (ebd.: 47; unter Bezugnahme auf Scarbath/Straub 1986). Als wesentliches „Defizit“ benennt Verfasserin die „ganzheitliche Betrachtung der Sexualität“ (Wenzel 1990: 360) mit Hilfe sozialer, jugendpsychologischer, rechtlicher und ethischer Fragestellungen. Die Auswertung von Richtlinien zur Sexualerziehung der verschiedenen (west-)deutschen Bundesländer offenbare aber vor allem eine „sexualbiologische Tendenz“ (ebd.: 335). Die teils „kulturpessimistische“, teils „ideologiekritische“ Medienkritik der siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit ihrer Verurteilung des Trivialen, des Verkümmerns ästhetischer Fähigkeiten, mit ihrer Akzentuierung von Manipulation durch die „Bewusstseinsindustrie“, der Ablenkung von sozialen Missständen, der Anpassungspropaganda und ästhetizistischen Scheinwelt in den Jugendzeitschriften, mit ihrer Immunisierungsabsicht ist der Verfasserin bekannt (ebd.: 32–34). Die Öffentlichkeit habe sich seit den achtziger Jahren „mit diesem Typ Jugendzeit-
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schriften abgefunden“, schreibt sie (ebd.: 34). Leider finden im Kontext des vorliegenden reichen Materials keine weiter vertiefenden und weiterentwickelten medienkritischen Ergebnisse statt. Eine kritische Interpretationsperspektive findet sich auch in Kerstin Reymanns Darstellung. Sie untersucht die Bearbeitung von Themen wie Freundschaft, Liebe, Partnerschaft, Zärtlichkeit, Schwangerschaftsverhütung, sexualisierte Gewalt usw. in Ratgeberteilen von Mädchenzeitschriften, die in ihnen vorgeschlagenen Ansätze zur „‘Ich-Findung‘“, das von ihnen propagierte Rollenverhalten – immer mit Blick auf die dergestalt vermittelten, auf Paarbeziehung und Sexualität reduzierten Bilder von „Realität“ (Reymann 1994: 81, 86) und von der in ihr waltenden „Leistungsethik“ (ebd.: 99). Die Autorin betont, dass die „Gebrauchsethik“ der Magazine jugendliches Selbstbewusstsein immer nur als individuelles „Fertigprodukt“ (ebd.: 84) erkennen lasse, nicht die Prozesse der Entwicklung dieses Bewusstseins verdeutliche. „Beängstigend“ sei, dass die Beraterinnen die „Fehler“ nur bei der Leserin sähen: „Das ist ein Hohn auf den Fortschritt der modernen Pädagogik und Psychologie, und es ist im Hinblick auf die Wirkung, die das bei den Leserinnen zeitigen kann, hochgradig gefährlich“ (ebd.: 87)19. Cheryl Benard und Edit Schlaffer sprechen ebenso energisch von einer „weiblichen Fehlorientierung“ durch die „Grundprämisse, dass das Glück eines Mädchens absolut und total von der Liebe abhängt“ (Benard/Schlaffer 1997:157), und durch ein „gradliniges romantisches Glück- und Sonnenschein-Bild“ mit viel „Nähe und Intimität“ (ebd.: 158). Schulerfolge, sportliche Leistungen, Berufspläne – „diese Dinge werden für Mädchen nicht als glamourös und nicht als selbstwertfördernd präsentiert“ (ebd.: 154). Solche Interpretationen sind in anderen Veröffentlichungen zu den Ratgeberrubriken von Jugendzeitschriften wie der BRAVO nicht zu finden. Selbst Medienexperten wie Dieter Baacke und Jürgen Lauffer geben zum Beispiel den Magazinen MÄDCHEN und BRAVO GIRL! in Sachen „Beratung“ und „Konflikthilfe“ ein „Plus“ – ihrer „Realitätstreue“ und „Glaubwürdigkeit“ allerdings ein „Minus“. Eine ähnliche Gespaltenheit offenbaren weitere Autorinnen: Ricarda Gregor und Nicole Lotz untersuchen anhand von Ausgaben der Zeitschriften BRAVO GIRL!, MÄDCHEN und BRIGITTE YOUNG MISS aus den Jahren 1997/98 deren Funktion als „Spiegel von Mädchenwelten“ und schreiben ihnen „besondere Sozialisationswir19
Ohne Rücksicht auf die prägende Rolle wirklicher Lebenslagen spricht zum Beispiel auch Marie-Luise Angerer hinsichtlich der emotionalen Bedürfnisse und ihrer medialen Instrumentalisierung von einer ausschließlichen Schuld der Rezipienten/-innen: „Allein verantwortlich ist die eigene Genußsüchtigkeit.“ (M.-L. Angerer 2001: 147); siehe sinngemäß auch zum vermeintlich „überholten“ Pornographie-Diktum: ebd.: 151.
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kung“ (Gregor/Lotz 2000: 308) durch „Orientierungshilfen“ (ebd.: 316) zu. Beispielweise sehen sie sogar in den zahlreichen Starporträts Positives: Hier könnten Mädchen „sich ganz ihren Träumen und Wünschen hingeben“, könnten sie „Gefühle unterbringen, die später auf reale Menschen gerichtet werden“ (ebd.: 312). Allerdings übersehen sie in dem BRAVO-Ableger nicht den unaufgelösten Widerspruch zwischen dem propagierten „romantischen Ideal“ der Liebe einerseits und dem gleichzeitig propagierten Ideal der „sexuellen Freiheit“, ja der von den Zeitschriften nahe gelegten „Dringlichkeit sexueller Erfahrung“ (ebd.: 311) andererseits. Und Cathrin Kahlweit schreibt: Die redaktionellen Antworten in den Ratgeberrubriken seien „durchaus pädagogisch wertvoll“; dennoch „befürchten Fachleute und Eltern, dass die sehr jungen Mädchen, deren seelischer Reifungsprozess weit weniger fortgeschritten ist als ihr körperlicher, mit dieser Lektüre unter enormen Druck gesetzt werden“ (Kahlweit 2005: 226).20 3.6
Die osmotische Werbung21
Die beiden Autoren Dieter Baacke und Jürgen Lauffer ermitteln in Zeitschriften wie MÄDCHEN und BRAVO GIRL! hohe Anteile von Anzeigenwerbung, die „vom redaktionellen Teil nicht deutlich getrennt“ seien und so „Promotion für Produkte“ betreibe (Baacke/Lauffer 1994: 97). Einem Bereich, in dem Ratgeber-Rubriken und Werbeteile der Magazine einander deutlich überlagern, widmete sich Karin Mann. Sie untersuchte die Modeseiten der 20
Siehe auch die positive Wertung bei Margit Tetz: „Da ist jemand, der mir zuhört …“ Das Dr.Sommer-Team. Zum Selbstverständnis der Aufklärung in BRAVO. In: Joachim H. Knoll/Elke Monssen-Engberding (Hrsg.) 2000: 96–109. – Ebenso positiv sieht eine Hochschularbeit von Stefanie Bley den zunehmenden Ratgeberjournalismus – „Konsumberatung“, „praktische Beratung“ und „verhaltensbezogene Beratung“ – als Ausdruck der „gesellschaftlichen Tendenzen der Individualisierung der Lebensführung“ (Bley 2000: 96, 56). Die Arbeit bezieht auch sog. „konfessionelle“ Jugendzeitschriften wie TEENSMAG (Witten: BundesVerl.) in die Untersuchung ein. – Eine andere Diplomarbeit leistete da mehr: Kerstin Florkiw analysierte die Beratungsrubriken in den Mädchenzeitschriften BRAVO GIRL! und MÄDCHEN des Jahrgangs 1998. Aus sexualpädagogischer Perspektive betrachtete sie die Sozialisationsinstanzen Elternhaus und Schule sowie die Rolle der Medien. Sie resümiert, dass traditionelle Werte vermittelnde Einstellungen – beispielsweise die „romantische Verklärung“ von Liebe und Partnerschaft – in den untersuchten Zeitschriften dominierten und emanzipatorische Sexualpädagogik kaum Anwendung finde (Florkiw 1998: 123). 21 Begrifflichkeit übernommen aus der Biochemie. Dort beschreibt Osmose den Prozess der Durchdringung zweier Substanzen durch eine semipermeable Scheidewand. Im übertragenen Sinn ist hier die Durchdringung der redaktionellen Teile (vor allem der Beratungstexte) durch Produktwerbung gemeint. Näheres hierzu siehe im Kapitel „Werbung“ dieser Arbeit. – Siehe auch: Heim 2002.
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Zeitschrift BRAVO seit den späten fünfziger Jahren und anhand dieser sowohl das „Bekleidungsverhalten“ (Mann 2002: 21) Jugendlicher als auch ihre „Medienzentrierung“ (ebd.: 89) als komplexe soziale Phänomene. Eine „vestimentäre Ikonografie und Ikonologie“ (ebd.: 48–64), die unter anderem auf Roland Barthes zurückgreift, den bekleideten Körper als „Sinninstanz“ (ebd.: 43) und Kleidung als Form „nonverbaler Kommunikation“ (ebd.: 65) auffasst, macht deutlich, wie Trageweise, Körperhaltung und Umgebung der Modefiguren auf den Fotos, deren Objekte, Bildräume, Bild- und Textgestaltungen Distinktions- und Integrationsbedürfnisse Jugendlicher aufgreifen. Die Verfasserin sieht als „durchgehende Entwicklungslinien“ der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts unter anderem die pluralistische Annäherung von Modestilen an Bereiche wie den Sport und das Musikgeschäft, die Amerikanisierung beziehungsweise sprachliche „Anglikanisierung“ der Kleidermode, die häufige Paardarstellung („Unisex“-Trend), aber auch das Spiel mit Androgynie und individualistischer Geschlechtertrennung (ebd.: 186–206). „Jugend“ gerate in der Mode zum „Wert an sich“ (ebd.: 213); ebenso Schlankheit, verbunden mit der „Tabuisierung“ von Alter und Krankheit (ebd.: 212). Die Gefahren für die phasengerechte Entwicklung der jugendlichen Persönlichkeit, darunter die Verdrängung von Sozialisationsinstanzen wie der Familie, die den „pädagogischen Widerwillen“ (ebd.: 87) gegen Magazine wie BRAVO begründen, übersieht Verfn. nicht. Sie arbeitet anhand der hochgradig kommerzialisierten Modepropaganda in BRAVO heraus, „dass die Suche der Jugendlichen nach dem Selbst in Äußerlichkeiten stecken bleiben kann“ (ebd.:205), und „dass die Folgen einer falsch verstandenen Emanzipationsbewegung einen Rückfall auf tradierte Rollenbilder auslöst“ [eigtl.: -lösen]. Solche osmotischen Beziehungen verweisen nach Kerstin Reymann nicht nur auf die Suggestion der Käuflichkeit „weiblicher“ Attribute, auf die „rein materielle“ Definition von „Selbstbewusstsein und Charakterindividualität“ (Reymann 1994: 83). Sie verweisen auch auf den umfassenden Zusammenhang zwischen Liebesgeschichten und Markengeschichten, den sich die Werbung zunutze macht, ja selbst herstellt: „Offenbar ist ja auch nur der propagierte ‚Partner-Mensch‘ ein guter Konsument, denn allein könnte er auf viele Produkte verzichten. Jedoch stimmt das nicht ganz, denn der Mensch, der keinen Partner hat, ihn aber partout erobern muss, ist insgeheim der Konsumidiot Nr. 1 in den Jugendmagazinen, denn er steht unter Erfolgszwang […].“ (ebd.: 94)22 22
Nicole M. Wilk schreibt: „Die Werber wollen erreichen, dass etwas (das Produkt) als so kostbar wie etwas anderes (echte Gefühle) empfunden wird.“ (Hervorhebg. i. Orig. – D. K.) (Wilk 2002: 252); siehe dazu auch Schmerl 1992.
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Auf die „Warenförmigkeit“ von männlichen Stilelementen als aktueller „Differenzmotor“ (Richard 2002: S. 249) macht Birgit Richard anhand von Jugendmagazinen wie BRAVO, POPCORN und YAM! aufmerksam (ebd.: 253–256). Sie entdeckt hier eine Typologie aus „Rappern“, „Boygroups“, „Rockern“ und „stylishen“ Sportlern (a. a. O.) sowie stilistischen Attitüden des „HipHop“, die sich als Varianten des „Mythos vom Proletarischen“ (ebd.: 257) gut auf den Sport übertragen ließen: „Das HipHop-Körperbild betont eher das Moment des Klassenkampfes, von dem ein Teil der Geschlechterkampf ist“ (ebd.: 258). Sie entdeckt ferner den modischen, mit dem Androgynen spielenden „Crossdresser“ (ebd.: 247) und den so genannten „Metrosexual“: ein „mode- und körperorientiertes Männermodell, das hetero- und homosexuelle Körperbilder dominiert“ (ebd.: 244). Es sei als „innovatives Männerbild“ eine „Antwort auf geschlechtliche Orientierungsprobleme“, denn seine Verkörperung „soll Einfühlungsvermögen, Kommunikationsfähigkeit und Flexibilität auf dem Markt zeigen, kann aber trotzdem den männlichen Körper und Muskeln als Symbol männlicher Körperkraft beibehalten“ (ebd.: 257). Dieses kommerzträchtige „Bodysampling“ (ebd.: 259) stehe für ein „klassisches Rollenverständnis unter einer modisch-aktuellen Hülle“ (ebd.: 258f.). 3.7
Die nicht-kommerziellen Zeitschriften
Es bestehe „dringender Handlungsbedarf, um dem bislang weitgehend ungehinderten Einfluss der Presse bei Kindern und Jugendlichen entgegenzuarbeiten“, schreibt Kerstin Reymann (Reymann 1994: 117). Trotz aller Triumphe der in den Mädchenmagazinen deutlich werdenden Liaison zwischen Industrie, Kulturindustrie und Werbung, der ausgeprägten Assimilations- und Manövrierfähigkeiten des modernen, „globalisierten“ Kulturbetriebs wären daher auch schon neue emanzipatorische Publikationsformen und ihre Chancen bewusst zu machen und zu fördern. Vor allem jene, die nicht-kommerzielle Printmedien und Internet-Mädchenmagazine bieten können – als mögliche Kontraste zu kulturindustriell propagierter Privatheit, vergötzten Waren, prostituierter Schönheit, zu deren falschen Glücksversprechen, irreführenden Lebens- und Gemeinschaftssurrogaten. Thomas Hecken weist auf nordamerikanische Vorbilder hin, die „Riot Grrrls“ und ihre eigenen „kleinen Zeitschriften und Fanzines“: „Neben Anti-Sexismus, politischem Anarchismus, ökonomischem Anti-Kommerzialismus allgemein fällt an den Musikstücken und Fanzines der Riot Grrrls vor allem deren forcierter Dilettantismus auf“ (Hecken 2006: 196). Publikationen wie diese treten ohne ökonomische Gewinnerzielungsabsicht unter anderem für politische und kulturelle Bildung, jugendliche Interessenvertretung,
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Selbstdarstellung der Lebenswelten und -probleme Heranwachsender ein. Darum wohl plädiert auch Monika Weber für die wissenschaftliche Analyse „der von Mädchen eigenverantwortlich gestalteten und herausgegebenen Zeitschriften“ – als „Selbstzeugnissen“ (Weber 1991: 174) und Gegenkonzepten zu den kommerziellen Medienprodukten mit ihren überwiegend traditionalistischen oder pseudoemanzipatorischen Rollenbildern.23 Dieter Baacke und Jürgen Lauffer sehen in diesen Chancen für die „medienpädagogische Leseerziehung“: „Wichtig ist es freilich auch, auf Zeitschriften zu achten bzw. entsprechende Projekte zu fördern, die eine gewisse ‚Gegenwelt‘ gegen den Main-Stream der Medien-Vermarktung aufbauen und auch zu Kritik und Reflexion anhalten. […] Die Anstrengung zu distanzierender Relexion muß […] gefördert werden und in ihren Reizen erkennbar gemacht werden (etwa: über etwas besser Bescheid wissen als die anderen).“ (Baacke/Lauffer 1994: 191) 3.8
Zur Rezeptionsforschung von Jugend- und Mädchenzeitschriften
Sind schon die Forschungsbestände zu Jugend- und Mädchenzeitschriften selbst eher gering, von einem unzweifelhaft ausgesprochen defizitären Stand kann man in Bezug auf die aktuelle Forschungssituation zur Rezeption von Jugend- und Mädchenzeitschriften sprechen. Auf größer angelegte Studien aus dem wissenschaftlichen Forschungsbereich kann hier bisher nicht zurückgegriffen werden, allerdings gibt es eine Reihe von Studien aus dem Bereich der Marktforschung der Verlage. Einzig Henning Roch versucht mit Leserinnen und Lesern der Zeitschriften BRAVO und YAM! (Roch 2005) anhand von Gruppengesprächen die Funktionen von Jugendzeitschriften für die sie Rezipierenden explorativ zu erforschen. Methodischer Zugang ist die Gruppendiskussion im Rahmen einer qualitativen Forschung. Roch versucht, sich in insgesamt fünf durchgeführten Gruppendiskussionen mit Teilnehmenden im Alter zwischen 13 und 15 Jahren anhand eines von ihm entwickelten Diskussionsleitfadens vor allem möglichen Funktionen der Zeitschriften für den Lebensalltag der Lesenden zu nähern. Allerdings bleibt sein Bemühen sehr stark in 23
In diesen Zusammenhang gehören auch die inzwischen entstandenen nichtkommerziellen Internet-Magazine. Die technisch-mediale und formale Optimierung, wie sie an ihnen deutlich wird, bedeutet aber nicht automatisch eine Optimierung der Inhalte (der Wirklichkeitsaneignung). Im Gegenteil, es besteht die Gefahr eines noch größeren Illusionismus der Ersatzlösungen, der bloß „virtuellen“ (Pseudo-)Gemeinschaften: „Der Raum für Frauen ist in der virtuellen Realität größer als derjenige, der in der [sic!] richtigen Leben zur Verfügung steht. Dieser Raum wartet darauf, erobert zu werden.“ (Aus: www.funline.ch, Rubrik Girlpower!, S. 2, 24. 11. 2001. Siehe auch: tussideluxe.de). – Siehe dazu Neumann 1997; Ders. 1999. Außerdem: Richard 2000; Vogelgesang 2000; Bucher 1998 und Bauer 2003.
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strukturellen Fragen (z. B. „Wo lest Ihr die Zeitschriften?“, „Wann lest Ihr die normalerweise YAM! oder BRAVO? Morgens, nach der Schule, abends …?“), vor allem aber in suggestiven Fragen verhaftet. So z. B. in Fragen wie: „Experten meinen, Jugendzeitschriften sind im Vergleich zum Fernsehen oder Radio nutzlos. Findet Ihr das auch?“ oder „Viele Erwachsene meinen, dass YAM! oder BRAVO nicht gut für Jugendliche sind und man diese ‚Schundblätter‘ verbieten sollte. Was meint Ihr dazu?“ oder „Manche rollen die Zeitschriften ein, wenn sie in der Bahn sitzen, damit keiner sieht, dass man sie liest. Lest Ihr die BRAVO und YAM! auch nur alleine oder heimlich, und wollt nicht unbedingt, das andere das mitbekommen?“. Mit solchen tendenziell Wertungen implizierenden Fragen berührt Roch einen ganz entscheidenden Punkt in der eigentlichen Problematik einer Rezeptionsanalyse jugendlicher Leserinnen und Leser: Wie kann es gelingen, an die möglichst „originären“, nicht durch „Selbstzensur“ veränderten Meinungen der Befragten heranzukommen. Wie vermeidet man als Forschender, dass Jugendliche genau das antworten, was sie denken, dass der (erwachsene) Forscher vermutlich hören will? Je „offizieller“ hier eine Diskussions- oder Interviewatmosphäre gestaltet wird, je klarer die Rollenzuweisungen hier (z. B. auch noch alters- oder autoritätsspezifisch gestützt) vorgegeben sind, desto schwieriger wird dies. Je stärker eine „Kluft“ konstruiert wird bzw. für die Befragten wahrnehmbar ist, umso stärker ist mit „verzerrten“ Ergebnissen zu rechnen. Zwar ist das Problem der Verzerrungen der Befragungsresultate durch Merkmale des Interviewers, des so genannten „Interviewereinflusses“, in der empirischen Sozialforschung bestens bekannt (Möhring/Schlütz 2003: 53). Diese „Verzerrung“ wäre möglicherweise dann reduzierbar, wenn Jugendliche in diesen Diskussionen die Interviewer „als zu ihnen gehörig“ erleben könnten, und eine Distanz kaum spürbar wäre.“ Der Interviewer ist neben dem Befragten ein so genanntes ‚Schwaches Glied der Kette‘ (Noelle-Neumann/Petersen 1998: 62), „denn es wird niemals möglich sein, ihn zu einem bloßen ‚Abspiel- und Empfangsgerät‘ zu reduzieren“ (Möhring/Schlütz 2003: 52). Dies allerdings ist schon aufgrund des meist gegebenen Altersunterschiedes in formellen Situationen nicht wirklich vermeidbar. Allerdings verstärkt sich diese Problematik dezidiert mit der Zielgruppe der Jugendlichen, da hier eine aufgrund der Lebensphase Jugend mit ihren typischen Kennzeichen und spezifischen Verhaltensformen (gerade im Umgangsverhalten, in der Positionierung, in der Abgrenzung gegenüber Erwachsenen) eine umso stärkere Gefahr der bewussten oder unbewussten Distanzbildung einhergeht. Rochs Studie gelingen somit zwar durchaus Aussagen zu eher „neutralen“ Aspekten wie „Lesegelegenheit“ oder „Erster Kontakt mit den Zeitschriften“, inhaltlich Wertendes allerdings gilt es mit größter Zurückhaltung zu generalisieren. In einer „Typologie“ von
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Rezipienten/ innen entwickelte Roch die Kategorien der „Orientierungslosen“, der „Treuen“, der „Selbstbewussten“ und der „Überlegenen“ (Roch 2005: 118–123; siehe auch S. 41 zu „dominant-hegemonialer“, „ausgehandelter“ und „oppositioneller“ Dekodierung von Medieninhalten). Er referiert eingehend theoretische Konzepte wie Uses and Gratifications Approach, Cultural Studies, Symbolischen Interaktionismus, Identitätstheorie, und Strukturanalytische Rezeptionsforschung (ebd.: 31– 47), zieht aber aus Ergebnissen z. B. der Cultural Studies keine Konsequenzen hinsichtlich einer realistischen Charakteristik heutigen jugendlichen Schul-, Berufsund Alltagslebens mit seinen „negativen Aspekten“ (ebd.: 5). Die Auswertungen seiner Gruppendiskussionen fußen eher auf Fragen im Geist der redaktionellen Selbstdarstellungen (ebd. u. a. S. 21) und der Marktforschung („Würde Euch ohne BRAVO/YAM! viel fehlen?“; „Könntet Ihr Euch vorstellen, in einem Fotoroman mitzuspielen? Warum?“ – ebd.:. 5). Ohne strikte Inhaltsanalyse und Qualitätsprüfung – unter Nutzung von Ergebnissen der beschriebenen Forschungsrichtungen – werden den Jugendzeitschriften unverdrossen „wichtige Funktionen“ (ebd.: 1) bei Welterfahrung, Sozialisation und Identitätsfindung, bei der sozialen „Abgrenzung“ (ebd.: 73–79), der „Selbstverwirklichung“ und „Individualisierung“ (ebd.: 48), nicht zuletzt aber bei der Entwicklung „selbständiger Handlungsmuster für die Nutzung des Konsumwarenmarktes“ (ebd.: 13) und der „Freizeit- und Lebensstile“ (ebd.: 41) zugeschrieben. Die „eskapistischen Bedürfnisse“ (ebd.: 126) in der Zeitschriftenlektüre, auch das Bedürfnis nach Informationen mit „beruhigendem oder auch tröstendem Charakter“ (ebd.: 83) erscheinen als bloße Medieneffekte, nicht zugleich als subjektive Erscheinungsformen der objektiven „lebensweltlichen Hintergründe“ (ebd.: 127). Gelegentlich gibt Verf. zwar Hinweise darauf, dass die Zuwendung zur Zeitschrift „im sozialen Kontext gesehen werden“ müsse (ebd.: 28), die Bedürfnisbefriedigung einen „sozialen Ursprung“ habe (ebd.: 31), „Spannungen, die durch die tägliche Rollenausübung in modernen Industriegesellschaften entstehen, die Ursache für die eskapistische Mediennutzung“ und die „Ablenkung von anderen Rollenverpflichtungen“ seien (ebd.: 39). Sie können den tendenziell affirmativ-ideologischen Charakter dieser Arbeit allerdings nicht aufheben. Studien zum Rezeptionsverhalten der Leserinnen und Leser gibt es dagegen auch von ganz anderer Seite: nämlich von den Verlagen selbst in Form von Media-MarktAnalysen und Verbraucherstudien, allerdings mit einer ganz anderen Zielausrichtung der hieraus gewonnenen Daten. Hier gilt es, über Studien zu Zielgruppen, Kaufkraft oder Trends möglichst gute Ansätze für höhere Absatzmöglichkeiten, vor allem aber einer Erhöhung der Attraktivität für Werbepartner zu finden. Studien in diesem Sinne sind beispielsweise die so genannte „Kids VA“ (Kids-Verbraucher-
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analyse) sowie die VA Jugend (Verbraucheranalyse Jugend). Beide über Jahre hinweg groß angelegten Studien sind von der Bauer-Verlagsgruppe, dem Axel-Springer-Verlag und dem Egmont Ehapa Verlag initiiert und getragen. Während die „KidsVA“ vor allem die Zielgruppe der sechs bis 13-Jährigen ins Auge fasst, steht die Zielgruppe der 12–19-Jährigen im Mittelpunkt der „VA Jugend“-Studie. • Zur „KidsVA“: Das Befragungprogramm umfasst hier das Leseverhalten (Titelseiten-Identifikationsmodell), Freizeitverhalten, Konsum und Besitz, das Kaufund Konsumverhalten der Eltern im Haushalt sowie Aspekte der Sozio-Demographie. Methoden sind: repräsentative Haushaltsstichproben, Doppelinterviews von 2.643 Kindern/Jugendlichen im Alter von 6–19 Jahren (mündlich) und 2.643 Müttern/Väter (schriftlich). Diese Zahlen gelten für den Zeitraum Januar–Februar 2003 (vgl. www.bauermedia/com/studien). • Zur „VA Jugend“: Hier wurden mittels Zufallsstichproben sowie nach dem Random-Route-Verfahren24 in den Erhebungszeiträumen 13. 09. 2004–15. 11. 2004 // 02. 01. 2005–03. 03. 2005 // 15. 09. 2005–17. 11. 2005 // 02. 01. 2006–01. 03. 2006 in mündlichen Interviews mit anschließender schriftlicher Befragung über 30.000 bundesdeutsche Jugendliche zu Themen wie Jugendmedien, Jugendmärkten und Jugendprodukten befragt (vgl. mediamach.com). Dass das Alltags- und Konsumverhalten „unserer Lieblingszielgruppe“25 im Mittelpunkt des marktökonomischen Interesses der Konsumanbieter steht, ist selbstredend. Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle auch die so genannte „Shell-Jugendstudie“ (vgl. Shell-Jugendstudie 2006; www.shell.de). 1952 nahm das EnergieUnternehmen Shell die erste Untersuchung zur Situation junger Menschen in Deutschland in Angriff, 2006 wurde die 15. Shell Jugendstudie veröffentlicht. Sie 24
Random-Route-Verfahren: ein Verfahren, mit dessen Hilfe bei Face-to-Face-Befragungen die tatsächlich zu befragenden Haushalte ausgewählt werden. Ausgangspunkt ist dabei ein festgelegter Startpunkt (Straße und Hausnummer) in einer nach statistischen Verfahren ausgewählten Gemeinde bzw. einem Stadtteil. Der Interviewer erhält als Vorgabe diese Adresse und eine Routenvorschrift oder Laufregel (z. B. „Nimm jeden dritten Eingang auf der rechten Straßenseite und biege bei Kreuzungen immer abwechselnd nach rechts und nach links ab“). Auf diese Weise durchlaufen die Interviewer eine mehr oder minder zufällige Route, woher das Verfahren auch seinen Namen hat. Das Verfahren soll sicherstellen, dass jeder Haushalt mit möglichst gleicher Wahrscheinlichkeit befragt wird. Die Zielperson im Haushalt wird ebenfalls nach einem Zufallsschlüssel ausgesucht, z. B. nach dem Geburtstagsschlüssel. 25 So eine Redakteurin von BRAVO GIRL! im Gespräch mit der Verfasserin D.K. im März 2006.
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analysiert Wert- und Zukunftsorientierungen der jungen Generation im Alter von 12 bis 25 Jahren. Die Studie baut auf einer Repräsentativerhebung von 2500 Jugendlichen in der genannten Altersgruppe. Zusätzlich wurden 20 Intensivinterviews mit ausgewählten Jugendlichen geführt. Als wesentliche Ergebnisse können hier vor allem genannt werden: Strukturwandel der Lebensphase Jugend: Seit den 1950er Jahren hat sich die Lebensphase Jugend immer weiter ausgedehnt. Das Jugendalter beginnt immer früher, weil die Pubertät im Lebenslauf nach vorn wandert. Dadurch wird der Lebensabschnitt Kindheit immer kürzer, der Eintritt in alle Umbruchphasen des Jugendalters beginnt so früh wie noch nie in der menschlichen Lebensgeschichte. Im Durchschnitt sind heute Zwölfjährige zu jungen Frauen und jungen Männern geworden, mit allen Konsequenzen für ihre Umgangsformen, Orientierungen und Verhaltensweisen. Durch lange Berufsausbildungen und unzureichende Angebote am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt verlängert sich die Jugendphase immer mehr. Die traditionell als Eintritt in das Erwachsenenalter angesehenen Übergänge des Berufseintritts und der Familiengründung verschieben sich deswegen im Lebenslauf nach hinten. Der Übergang zwischen dem Jugendalter und dem Erwachsenenalter wird fließend. Wert- und Freizeitorientierung: Die 15. Shell-Jugendstudie charakterisiert die große Mehrzahl der Jugendlichen in Deutschland als sensible, aber sehr pragmatische Suchende nach Chancen der eigenen Entfaltung. Die lang gestreckte Jugendphase führt dazu, dass eine sondierende und manchmal auch opportunistische Grundhaltung vorherrsche. Die Lebenssituation wird nach den besten Optionen für die weitere Entwicklung abgefragt, man möchte möglichst lange Flexibilität und Offenheit bewahren. Auch springe eine egozentrische Orientierung ins Auge, eine Art sozialer und psychischer „Kosten-Nutzen-Rechnung“, bei der gefragt wird, was eine bestimmte Entscheidung für einen persönlich „bringe“. Wert- und Präferenzorientierungen: Die Studie unterscheidet vier Typen von Jugendlichen nach ihren Werten und Lebensorientierungen: • Die erste Gruppe sind die selbstbewussten „Macherinnen und Macher“, die an einer erfolgreichen Schul- und Berufslaufbahn interessiert seien, neugierig sind und neues kennen lernen wollen und dabei ihren Spaß suchen. Bei ihnen fällt eine besonders deutliche egozentrische Orientierung auf. In dieser Gruppe sind beide Geschlechter gleich stark vertreten. Auffällig ist, dass Mädchen und junge Frauen in den letzten zehn Jahren zu dieser Wertorientierung im gleichen Ausmaß wie ihre männlichen Geschlechtsgenossen gefunden haben. • Die zweite Gruppe sind die „pragmatischen Idealistinnen und Idealisten“. Hier überwiegen die jungen Frauen. Charakteristisch für diesen Wertetyp sei, eine hohe
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Leistungs- und Berufsorientierung mit der Bereitschaft zu koppeln, sich sozial verantwortlich zu fühlen und sich auch über die egozentrischen Interessen hinweg in Nachbarschaft und Umfeld zu engagieren. Ebenso wie die erste Gruppe stammen auch die Idealisten meist aus gut situierten Elternhäusern, sind zahlungskräftig und zu einem hohen Grad von Selbstmanagement fähig. • Die dritte Wertgruppe sind die „unauffälligen Skeptikerinnen und Skeptiker“. Hier finden sich ebenfalls mehr junge Frauen als junge Männer. In dieser Gruppe ist die Bildungslaufbahn nicht erfolgreich, es gibt berechtigte Zweifel an der späteren beruflichen Einmündung. Entsprechend zieht man sich zurück und ist mit der eigenen Entwicklung und vielen gesellschaftlichen Tendenzen unzufrieden. • Die vierte Gruppe sind die „frustrierten Materialistinnen und Materialisten“, überwiegend junge Männer. Sie fühlen sich abgehängt von der gesellschaftlichen Entwicklung und sehen keine Chance für berufliche und Lebenserfolge. Hier flüchten viele in Aggression und Gewalt. Ungeachtet der genannten Studien aus dem Kontext der Wirtschaft wäre aber ein breiteres Interesse von Seiten der Wissenschaft am Rezeptionsverhalten und den Rezeptionsfunktionen in Bezug auf Jugend- und Mädchenzeitschriften zu wünschen. Im Rahmen der geplanten konzeptionellen Ausrichtung der vorliegenden Arbeit wäre eine zusätzliche schwerpunktmäßige Vertiefung hin zu einer Rezeptionsanalyse allerdings nicht sinnvoll zu leisten gewesen. Es sei aber darauf hingewiesen, dass aktuelle wissenschaftliche Studien zum Alltagsverhalten Jugendlicher von Göttlich/ Krotz/Paus-Haase (vgl. Göttlich/Krotz/Paus-Haase 2001) in Untersuchungen der Rezeption von Daily Soaps und Daily Talks vorliegen und hier hinsichtlich der gewonnenen Ergebnisse – wenn auch mit aller gebotenen Vorsicht – so zumindest Verweise zu Aspekten der Rezeption von Jugend- und Mädchenzeitschriften gestellt werden können. So benennen die Autoren beispielsweise als wesentliches Erklärungsmoment für die Rezeption dieser TV-Formate zwei wichtige soziologische Faktoren, die als „[…] zentrale Prozesse ins Gewicht [fallen]: Enttraditionalisierung und Selbstbezüglichkeit. Diese Faktoren gewinnen […] eine wichtige Bedeutung im Kontext einer fortschreitenden Erosion gewohnter, nunmehr aber überkommener, nicht mehr als selbstverständlich akzeptierter, wenn nicht in vielem bereits entwerteter Stabilisatoren“ (ebd.: 311). Dass diese gesellschaftlichen Wandlungsprozesse Jugendliche nicht nur fordern, sondern auch leicht überfordern können, ist nachvollziehbar. Allerdings sei – so die Autorengruppe – in der Entwicklung von Identitätskonzepten im Spannungsfeld von „Wunsch nach Orientierung und Vorbildern auf der einen Seite sowie nach intensivem (Selbst-)Erleben, nach Unterhaltung und Spannungssteigerung bzw. -reduzierung […] auf der anderen Seite“ (ebd.: 314)
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heute nicht die klare, normativ bestimmte Identität als angestrebte und einzulösende Zielvorstellung im Mittelpunkt, sondern quasi eine von möglichst vielen Zwängen gelöste Identität, die fast spielerischen Charakter hat. „Aufwachsen heute bedeutet dann, Identität(en) zu konzipieren, sie wieder fallen lassen zu können, sie neu zu projektieren und zu behaupten, also mit Identitäten ‚spielen‘ zu können. Jeder muss, wie die Shell Jugendstudie (2000) zusammenfasst, seinen persönlichen ‚Wertekosmos‘ mit der eigenen Lebenssituation und dem aktuellen Bedingungsgefüge in der Gesellschaft stets aufs neue abgleichen und dabei nach eigenen Lösungen und dem ganz persönlichen Lebensweg suchen“ (ebd.: 315f.). Wesentliche Voraussetzung für diese Möglichkeiten des „Ausprobierens“ sind demzufolge „Räume“ oder „Foren“, „die ihnen im wahrsten Sinne Spiel-Räume ermöglichen“ (ebd.). In ihrer Untersuchung kommt die Autorengruppe zu dem Ergebnis, dass die Fernsehgenres Daily Soaps und Daily Talks genau solche symbolischen Spielräume für die jugendlichen Rezipierenden darstellen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Rezeption beispielsweise der romantischen Foto-Love-Stories hier durchaus analoge Folien des Sich-Ausprobierens, des Experimentierens mit verschiedenen Identifikationsangeboten und Identitätskonzepten anbietet. Ähnlich wie Daily Talks und Daily Soaps unterbreiten auch viele Inhalte der Jugend- und Mädchenzeitschriften – so sei vermutet – Offerten zur Auseinandersetzung und Überprüfung des eigenen Alltags und der eigenen Identität und ermöglichten ein permanentes sich selbst mit den Protagonisten vergleichen, identifizieren und von diesen abgrenzen. All diese Formen bieten letztlich die Möglichkeit der Antizipation nach dem Muster, Neues im eng begrenzten Rahmen und mit bestens vertrauten Strukturen immer wieder zu erkennen. Die Folien sind hier wie dort die gleichen: erste Liebe, Peer-Group, Körper, Schönheit, Sexualität, Freundschaft, etc. Differenziert davon muss man – so die Ergebnisse der Studie – allerdings die Rezeption durch besonders junge, formal niedriger gebildete Mädchen beurteilen. Sie „nehmen Daily Talks und Daily Soaps in besonderer Weise weitgehend unkritisch als ‚Abbild der Realität‘ und Orientierungsforen wahr. Vor allem Soaps gehören als über Jahre bekanntes und bei vielen bereits seit etwa dem achten Lebensjahr rezipiertes Genre zum Alltag; sie werden zum weitgehend unhinterfragten alltäglichen Referenzrahmen auf nahezu allen Ebenen: von Moden und Trends über Topics und Plots bis hin zu den Protagonisten. Diese jungen Mädchen stehen damit abermals im Fokus medienpädagogischer Verantwortung.“ (ebd.: 325) Inwieweit sich diese Problematik auch auf die Leserinnen und Leser von Mädchen- und Jugendzeitschriften übertragen lässt, bliebe zu überprüfen.
B
Kommerzielle i und nicht-kommerzielle i i Mädchen- und Jugendzeitschriften: Diskursive und kontextuelle Analysen
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Motive und Inszenierungsformen der Fotogeschichten kommerzieller Mädchen- und Jugendzeitschriften
1.1
Vorbemerkung: Medienpädagogische Ausgangspunkte
„Fotogeschichten“, je nach herausgebendem Verlag auch „Fotolove-Storys“ oder „Fotoromane“ genannt, sind ein festes, nicht wegzudenkendes Genre kommerziellerr Mädchen- und Jugendzeitschriften. Sie weisen in vielerlei Hinsicht eine Reihe von Konstanten auf, die sich seit nunmehr mehreren Jahrzehnten in beharrlicher Kontinuität zu halten scheinen. Die außerordentliche Beliebtheit dieser Geschichten bei den Leserinnen und Lesern bietet den Redaktionen Anlass, die „besten“ dieser Fotogeschichten von Verlagsseite in Sonderheften noch einmal gesammelt auf den Markt zu bringen. Dies geschieht von Seiten der Magazine BRAVO A und BRAVO A GIRL! beispielsweise mit den in der Regel vierteljährlich herausgegeben „Specials“ unterr regelmäßigen Hefttiteln wie „BRAVO A TRUE FEELINGS“, „BRAVO A SUMMER SPECIAL“, „BRAVO A FOTO LOVE STORY R EXTRA“ oder „BRAVO A HERBST FEELINGS“ und anderen. In diesen Formaten werden zumeist etwa acht bis zehn schon vorher in Einzelheften der BRAVO A oder BRAVO A GIRL! publizierten Fotogeschichten gesammelt und als separate Sonderhefte angeboten. Die Faszination dieses Genres ist vermutlich einer ganzen Reihe von Aspekten geschuldet – ganz sicher aber bietet es eine Vielzahl von Identifikationsangeboten für die jugendlichen Leserinnen und Leser und scheint innerhalb des „internen Systems“ der Hefte wichtige „Funktionen“ zu erfüllen. Die Fotogeschichten stehen damit an erster Stelle einer medienpädagogischen Untersuchung der verschiedenen Genres dieser Hefte, zudem die Besonderheiten der Bild-TextT Bezüge in den Fotogeschichten diese fürr die medienpädagogische Auseinandersetzung mit dem Thema „Lesen im Medienzeitalter“ noch zusätzlich interessant machen. Denn dieses beliebte sequenzielle Genre hat einen bimedialen, einen semantischen Doppelcharakter: In ihm dominieren Sprache-Bild-Bezüge, die durch die visuelle Präsenz der ‚redenden‘ Figuren bestimmt werden. Ihre Äußerungen verbinden sich unmittelbar mit dem jeweiligen Bild. Der Sprache-Bild-Bezug erfolgt insofern nach einem „Comicmuster“ (Stöckl 2004: 272). Die Bilder zeigen zumeist in einem Kontext handelnde Personen, denen
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mittels so genannter „Sprechblasen“ die Figurenrede zugeordnet ist. Das simuliertt eine „unmittelbare Erfahrung des Kommunizierens“ (ebd.). Der Habitus der Darstellenden, ihre Körpersprache, ihre Gestik und Mimik bestimmen wesentlich die rezeptive Perspektivierung und Wertung ihrer verbalen Äußerungen. Die darstellerische, fotografische und sprachliche Gestaltung der Fotogeschichten ist deshalb in hohem Maße darauf ausgerichtet, die charakteristischen Merkmale derr Personen und ihrer Handlungskontexte, ihrer Interaktionen möglichst prägnant zu erfassen. Daraus ergibt sich eine oft theatralische, überzogene Gestik der Darstellenden auf den Bildern der Fotogeschichten. Überdies ist – im Unterschied zu den Bewegungsbildern in Tonfilmen und Fernsehsendungen – ihre Körpersprache bildlich fixiert, starr, und ihre verbale Sprache, ihre „Prosodie“, also „Sprechspannung, Sprechtempo, Pausen, Sprechmelodie und Lautheit“ (Heilmann 2004: 45), ist quasi schriftsprachlich eingeebnet. Auch das wird oft – bewusst oder unbewusst – durch übertriebene Gestik zu kompensieren versucht. In manchen Geschichten wird auch rezeptive Hilfestellung gegeben durch erzählerische, der Handlung teils vorgreifende, teils auch zurückgreifende Begleitkommentare, vergleichbar den Zwischenakten im Stummfilm. Zum Beispiel: „Verena V ist so verknallt in ihre große Liebe Hannes, dass sie die Gedanken an ihre beste Freundin schnell verdrängt. Arm in Arm gehen die zwei zur Schule …“. Oder: „Verena V ist total erleichtert, als Michael sie darüberr aufklärt, dass Nina zum Glück doch nicht schwanger geworden ist. Ihr wird klar, unter welchem Druck ihre Freundin wochenlang gestanden haben muss …“ (Partyrausch wider Willen!, BR [Auflösung der Abkürzungen siehe Anhang], 3/2005, S. 67, Abb. 11; S. 69, Abb. 75). Zweifelsohne lässt sich der gedankliche Bogen zur mittlerweile recht häufigen Praxis der Fotopädagogik und Fotodidaktik in Schulen oder Jugendeinrichtungen im Rahmen medienpädagogischen Engagements leicht spannen. Dort bereits vielfältig vorliegende Erfahrungen beispielsweise mit der „Foto-Soap“26 belegen, dass es gilt, sich mit dieser schon in diesen Beispielen andeutenden thematischen Horizontverengung, der klischeehaften f Reduktion der „para-sozialen Interaktion“ mit stereotypen Medienfiguren und des „szenischen Verstehens“ (Charlton/Neumann 1986: 32) in den kommerziellen Printmedien für weibliche Jugendliche nicht abzufinden. Im Gegenteil, es können die vielfältigen alters-, geschlechts- und milieuspezifischen 26
Vgl. hierzu beispielsweise eine im Internationalen Jugendzentrum in Nürnberg 2004 unterr medienpädagogischer Hilfestellung konzipierte und digital in Szene gesetzte Fotolove-Story mit jugendlichen Darstellenden, die sich vornehmlich um unerfüllte Liebe, Eifersucht und Freundschaft drehte. Das Ganze wurde anschließend als CD-Rom gebrannt und im lokalen Rahmen publiziert. Siehe dazu Nürnberg ger Nachrichten vom 24. 11. 2005.
1 Motive und Inszenierungsformen der Fotogeschichten
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Bedürfnisse nach Unterhaltung, Interaktion und Reflexion auf besondere Weise ernst genommen werden: „Medienpädagogische Projektarbeit mit Foto-Soaps kann diese Bedürfnislagen der Jugendlichen aufgreifen, die eigene Lebenswelt zum Thema […] machen und die Jugendlichen zu einer intensiven Auseinandersetzung mitt den Medien, also auch mit sich selbst, anregen.“ (Abt 2006: 404) Das würde allerdings voraussetzen, typische scripto-visuelle Deutungsmuster, Inszenierungsstrategien und Inhalte der kommerziellen Fotogeschichten, ihre – wie in den Fernseh-„Soaps“ zu findenden – „multiplen Identifikationsangebote“ (vgl. Wetzel 2005) zu erkennen und zu durchschauen. Die in ihnen wirksame Sehnsucht nach dem Authentischen, dem Überschaubaren, dem Dauerhaften, dem Transparenten, dem Konkreten ist eine auch in den Geschlechterverhältnissen, in denen sich die Leserinnen befinden, wirksame anthropologische Konstante. 1.2
Sinnbildungsprozesse r bei der Rezeption von Fotografien
Die „Foto Love Story“ definiert und klassifiziert sich nach dem in ihr vorrangig wirksamen Medium, den miteinander in einem erzähllogischen Zusammenhang stehenden Fotos. Obwohl bereits beim ersten Hinschauen oft klar zu sein scheint, welcher „Sinn“, welche „Aussagen“ in einem Bild liegen, gelingt dennoch die eigentliche „Sinnbildung“ erst im Prozess der Bildrezeption und damit in der Auseinandersetzung der Rezipientinnen und Rezipienten mit dem Bild. Besonders die Medienforschung setzt an der „Schnittstelle“ zwischen der Produktion r von Bild bzw. Text einerseits und deren Rezeption andererseits an. Erst durch die „Interaktion“ zwischen Bild (aber auch anderen Texten) und Rezipierenden entsteht die jeweilige spezifische Bedeutungszuweisung und Sinnbildung, die entsprechend derr jeweiligen „Lesart“ der sie Rezipierenden von durchaus unterschiedlicher Semantik k sein kann. So gilt es, das Foto oder Bild als ästhetisches Produkt in seinen tieferen Strukturen, seinen Bedeutungen und Hintergründen, vor allem in dessen Transformationsregeln zu erschließen. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei die Einbeziehung der Rezipierenden in den hermeneutischen Prozess sowie auf theoretischerr Ebene das Erkennen der jeweiligen Typizität des Bildes, d. h. das Erkennen des Bildgebrauchsmusters (also beispielsweise Bauanleitung; Werbung; Illustration;) und die wechselseitige Integration von Bild- und Sprachinformationen innerhalb des Musters. Bei diesem erkenntnisleitenden Prozess bietet sich der Rückgriff f auf das Konzept des „Habitus“ von Pierre Bourdieu an (vgl. Bourdieu 1974; ders. 1981; derss. 1982) und dessen Deutung des Begriffs f in doppelter Weise: einerseits als Erzeugnis und andererseits als Erzeugungsprinzip. Im ersteren Sinne bezieht sich dies
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auf die Verinnerlichung gesellschaftlicher und soziogenetischer Strukturen zu spezifischen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata. Das heißt also, welche lebensgeschichtlichen Erfahrungen – indirekt über den Habitus der Produzierenden – verdichten sich in einem Bild. Im zweiten Sinn ist Habitus zu verstehen als Erzeugungsmodus von Praxisformen – wie beispielsweise ästhetische Vorlieben, Geschmack, Körpersprache, Weltbilder, Handeln usw. Allerdings gilt es hier mit aller Vorsicht zu agieren: die Verweisungsstruktur auf die Produzierenden ebenso wie auff die Rezipierenden ist keine monokausale, sondern wird in der Regel über sehr komplexe Prozesse und Kontexte vermittelt. Dennoch lassen diese ästhetischen Ausdrucksformen kulturspezifische, auch geschlechts- oder milieuspezifische Deutungsmuster – zum Beispiel in Form von Lebensgefühlen, Weltsichten oder Eigenpositionierungen in der Lebenswelt – erkennbar werden (vgl. auch Holzbrecherr 2006: 17). Kress & van Leeuwen weisen darauf hin, dass der prototypische Text gegenwärtig kein rein sprachlicher mehr ist, sondern ein genuin multimodaler (Kress & van Leeuwen 2001. Diese sprechen von „multimodality“ als „contemporary semiotic practice“). Dabei hat das Verschwinden der klassischen Monomodalität (nur geschriebene Sprache) seine Ursachen zum einen in einer immer stärkeren Integration von Bildern, die ehemals der Sprache vorbehaltene Funktionen übernehmen und gleichzeitig einer tendenziellen Verstärkung der visuellen Aspekte von Schrift – wie beispielsweise Layout oder Typographie – und damit einem systematischen Textdesign andererseits. Um hier begrifflichen f Uneindeutigkeiten vorzubeugen, seien folgende Begriffsf bestimmungen vorangestellt: Unter „Text“ T sei hier der Gesamttext (Doelker 2002a) aus der unlösbaren Verknüpftheit von Bild und Sprache im kommunikativen Handeln verstanden. Die in diesem Sinn mit den Fotogeschichten zu untersuchenden Texte stellen bimodale Gesamtheiten aus visuellem und verbalem Text dar. Innerhalb eines größeren textuellen Rahmens (in Anlehnung an Fix auch ‚Supertext‘ genannt)27, sind demzufolge mehrere Teiltexte miteinander verknüpft. Dabei können sowohl die visuellen als auch die verbalen Zeichenkomplexe jeweils als Texte interpretiert werden. Texte sind wesentlich bestimmt durch ihre charakteristischen Textmerkmale (Fix/Wellmann W 2000: 4f.): 27
Nach Fix (1996: 116) konstruiert Supertext „sich aus mehreren Texten, [...] aus dem sprachlichen Text und den visuellen Texten, Farben, Flächen, Linien, mit jeweils eigenen Zeichensystemen, y aber gemeinsamer Funktion […]“.
1 Motive und Inszenierungsformen der Fotogeschichten
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1. Das wichtigste Merkmal von Texten ist ihre Textfunktion. Sie ist das verständnisleitende Zentrum des Textes. Für manche Textfunktionen können Bildverwendungen konstitutiv sein (beispielsweise Karikaturen), für andere eher additiv (zum Beispiel als bloße Illustration des Geschriebenen). 2. Als weiteres wichtiges Textmerkmal gilt die Unikalität eines Textes, die allerdings durchaus different f sein kann (Gebete oder Gedichte können beispielsweise nicht unikal sein, sondern als Textmatrix im gesellschaftlichen Herkunftswissen verankert sein). 3. Die Kohäsion eines Textes beschreibt verschiedene Möglichkeiten der Verknüpfung von Sprache und Bild zu einem Sprache-Bild-Text. T Dies kann zum Beispiel geschehen durch Über- oder Unterschriften zu Bildern, in das Bild hineinmontierte Beschreibungen, Deiktika oder Verweise, auch Blick- oder GestikVektoren im Bild, die auf bestimmte Sprachtextteile verweisen. 4. Kohärenz r bei Texten kann durch inhaltliche Zusammenhänge hergestellt werden, beispielsweise durch graphische „Umsetzung“ sprachlicher Elemente. Weitere Textmerkmale können sein: Situationalität, Materialität, Typographie, y Textgliederung und andere mehr. Damit eine „semantische Verknüpfung von Bild und Text zustande kommen kann, müssen visuelle Zeichenkomplexe auf eine bestimmte Art und Weise auf den Text verweisen. Oder umgekehrt: Formulierungen des Textes nehmen gezielt auf das Bild Bezug. Der Text baut bewusst semantische Brücken zum Bild“ (Stöckl 1997: 143). Zweifelsohne beeinflusst dabei das Bild mit seiner Grundstruktur der unmittelbaren Sichtbarkeit der Dinge und der Möglichkeit eines direkten Zugriffs f auf die Gegebenheiten auch unseren rezeptiven Umgang mit Schrift. Moderne Texte sind charakterisiert durch 1. Multimodalität: d. h. dem Miteinander beziehungsweise der Integration mehrererr und verschiedener Zeichensysteme. Dies geschieht vornehmlich im Design des Textes. 2. Multimedialität: d. h. die Funktion der Gestaltungs-, Produktions- und Distributionsprozesse von Texten wird als wesentlich für deren Gesamtverständnis und Bedeutungsfähigkeit mit erfasst (Stöckl 2004: 6). Doch dürfte „in Anbetracht der Sprachgebundenheit und der kommunikativen Abhängigkeit der meisten Bilder von Sprache […] Schrift in multimodalen Texten nach wie vor eine wesentliche Rolle spielen. Sie bildet gleichsam den Kitt zwischen den einzelnen Textfragmenten unterschiedlichster Modalität und Medialität“ (ebd.: 5).
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Zu fragen gilt es, wie Sinnbildungsprozesse bei der Rezeption von Texten (also Bildern und Fotografien ebenso wie schriftsprachlichen Texten und beider Mischformen) auch auf theoretischer Ebene fruchtbar gemacht werden können. Auch die Medienrezeptionsforschung (mit Michel 2006) rekurriert auf die Habitustheorie Pierre Bourdieus und versucht, Bildrezeptionsprozesse als habitusspezifische Praktiken zu rekonstruieren. Dies soll im wesentlichen auch Grundlage für die Analyse der Sinnbildungsprozesse beim Lesen der Fotogeschichten kommerziellerr Jugend- und Mädchenzeitschriften sein. Im Folgenden sei kurz dargestellt, welche – von einer verallgemeinernden Rezeptionsperspektive aus betrachtet – kognitiven Schritte geleistet werden müssen, um ein Bild zu verstehen und es in einen Textzusammenhang (Gesamttext) einfügen zu können. Stöckl beschreibt diesen Prozess im folgenden Modell (zitiert nach Stöckl 2004: 38f.): • Bildbetrachter integrieren optisch wahrnehmbare visuelle Gestalten zu Vermutungen über sichtbare Gegenstände, Objekte und Personen. • Sie identifizieren die hauptsächlichen Bildelemente, lokalisieren sie im Raum und schließen aufgrund der relativen Position der Elemente zueinander auf mögliche Sachverhalte oder Handlungen. • Die Verarbeitung der Bildunterschriften oder schriftlichen Bildkomponenten bestätigt beziehungsweise korrigiert die Beschaffenheit f des konstruierten Vorstellungsraums. Dabei werden sichtbare Objekte oder Personen sprachlich kategorisiert und soweit wie nötig spezifiziert. Ergebnis ist möglichst eine Deckungsgleichheit zwischen räumlicher Konstellation und propositionaler Ordnung. • Die identifizierten und kategorisierten Bildelemente müssen nun durch Rekurs auff weitere bildliche wie sprachliche Informationen in einen Kontext, einer Situation verortet werden. • Im Ergebnis der Zusammenführung und des Abgleichs sprachlicher und bildlicher Bedeutungselemente entsteht ein Urteil darüber, in welcher Beziehung die Zeichen zu einer möglichen abgebildeten Realität stehen. Hiermit fällt die Entscheidung, welcher Modalität das Bild ist und innerhalb welcher Dekodierungsdomäne es „gelesen“ werden soll. • Der Rezipient stellt bei der Deutung des Bilds automatisch auch Hypothesen über mögliche visuelle Kotexte (vorhergehende und nachfolgende Bilder) an. Dabei entwickelt er fiktive mentale Bilder – er „denkt“ über den künstlichen Rahmen des Bildes hinaus und ordnet die statische Momentaufnahme in einen Handlungsablauf beziehungsweise eine Prozedur ein.
1 Motive und Inszenierungsformen der Fotogeschichten
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• Schritt für Schritt bindet der Textrezipient sprachlich vermittelte Informationen in seinen räumlichen Vorstellungsraum ein und differenziert f ihn so. Umgekehrt fließen visuelle Wahrnehmungsergebnisse in die Dekodierung propositionaler Strukturen ein. Dabei werden Wissensbestände abgeglichen und ineinander eingebaut. In letzter Konsequenz führen wechselseitiger Kodeabgleich und Zeichenintegration zum Aufbau bzw. zur Differenzierung f komplexer mentaler Modelle. • Die Kodekombination Einzelbild – Schriftsprachliche Textelemente werden schließlich auch in semantische Beziehung zum Gesamttext gesetzt. Hierbei interessieren vor allem mögliche Querverbindungen und Sinnzusammenhänge zwischen aktuellem Bild und anderen Bildern im Gesamttext. Aber auch die verschiedenen Teilthemen und Propositionen des verbalen Texts werden in Deutung und Verstehen des jeweiligen Einzelbilds und seines Bildbegleittexts eingehen. Im Ergebnis solcher kohärenzstiftender Relationierungen innerhalb des Gesamttexts dürfte sich der Rezipient vor allem auch eine Vorstellung von der Funktion derr Einzelbilder im Gesamttext sowie vom globalen Textdesign machen. Die in den Fotogeschichten verwendeten fortlaufenden Bilder zeichnen sich durch fünf textuelle Komponenten aus: 1. 2. 3. 4. 5.
Das fotografische Bild Die schriftsprachlichen Texte in den Denk- und Sprechblasen Der schriftsprachliche Kommentar in der Unterzeile des Bildes Die fortlaufende Nummerierung jedes Bildes Der Bildrahmen als Medium der Abgrenzung der Einzelbilder voneinander.
Erst das Zusammenspiel aller Einzelkomponenten ergibt das „typische“ Einzelbild der Fotogeschichte. Und erst das Zusammenwirken aller Einzelaufnahmen ergibtt den „Gesamttext“ Fotogeschichte mit dem diese vermitteln wollenden Sinngehalt. Ad 1) Fotografien zeichnen sich (außer durch ihre visuelle Evidenz und unmittelbare Anschaulichkeit) auch durch ihre relative „Offenheit“ f und Unabgeschlossenheit des Sinngehaltes aus. Die visuelle Evidenz wird durch die Möglichkeit der fototechnischen Aufnahme zunächst einmal zum Abbild einer vorgefundenen Wirklichkeit, zeigt damit eine mehr oder weniger objektive Wahrheit. Dass diese fototechnisch abgebildete „objektive Wahrheit“ in den Fotografien der Fotogeschichten eine „gestellte“, bewusst „arrangierte“ und in Szene gesetzte ist, dürfte wohl den meisten Rezipierenden klar sein. Die grundsätzliche Polysemantik jedes Bildes birgt einen Bedeutungsüberschuss, so auch in den Fotos der Fotogeschichten. Um nun die durchaus diffef
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renzierten, unter Umständen stark voneinander abweichenden Sinnbildungsprozesse bei den Rezipierenden in eine gewünschte Bildaussage (sowohl fürr das einzelne Bild als auch für jedes Bild als Einzelelement des Gesamttextes Fotogeschichte) zu kanalisieren, werden folgende Strategien angewendet: • Die in den Fotografien in Szene gesetzten Figuren werden sowohl hinsichtlich ihrer Mimik als auch hinsichtlich ihrer Gestik und letztlich auch durch das Gesamtarrangement der Bildsituation stark überzeichnet. • Die fotografischen Bildelemente werden zusätzlich mit schriftsprachlichen Elementen versehen, die eine verstärkende Eindeutigkeit in der Bild-TextT Aussage beim Sinnbildungsprozess der Rezipierenden bewirken sollen. Ad 2) Die schriftsprachlichen Elemente in den Denk- und Sprechblasen sind den jeweils agierenden Hauptdarstellerinnen und Hauptdarstellern eindeutig zugeordnet und bewegen sich in der Regel im Maximalumfang eines Satzes, häufiger sind Satzfragmente, Anakoluthe oder emotionale besetzte Füllwörter, die binnen kürzester Rezeptionszeit eine Einordnung der Bild-TextT aussage in eine bestimmte Rezeptionsrichtung ermöglichen. Ad 3) Die schriftsprachlichen Unterzeilenkommentare erfüllen eine den subjektiven Äußerungen der Figuren selbst hinzugefügte, objektiv scheinende zusätzliche Erklärungs- oder Informationsunterstützung für das Gesamtverständnis der Rezeption, deren Funktion eine weitere Kanalisierung derr Sinnbildung in eine noch größere Eindeutigkeit darstellt. Ad 4) Die fortlaufende Bildnummerierung ist eine zusätzliche Sicherheit für die Leseorientierung für den Fall, dass die Anordnung der Bilder durch unterschiedliche Größen und Formen (beispielsweise sind Fotos manchmal diese teilweise überschneidend auf andere Fotos platziert) zu Irritationen beim linearen Leseprozess führen sollte oder die Rezipierenden durch besonders attraktive Fotos (zum Beispiel Bettszenen) in ihrer Aufmerksamkeit aus dem linearen Leseprozess abgelenkt werden und „springen“. Ad 5) Die die jeweiligen Einzelfotos umgebenden Rahmen und Linien dienen als optische Abgrenzungen der Bilder voneinander und erleichtern so die Zuordnung der Inhalte. Allerdings dienen sie auch der gestalterischen Möglichkeitt der Sinnerweiterung der Inhalte: beispielsweise, wenn der Kopf oder Arm des Protagonisten aus dem eigentlichen Bildrahmen hinausragt und so eine Bedeutungsaufwertung erfährt. Trotz der aus vielfältigen Komponenten bestehenden Einzelaufnahmen, gehört dem eigentlichen bildfotografischen Element vermutlich die größte Rezeptionsaufmerk-
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samkeit. Dies liegt daran, dass Bildinhalte eben deswegen so schnell und effektiv f konstruiert werden, weil sie „ganzheitlich“ (Stöckl 2004: 197) wahrgenommen werden. „Je stärker massenmediale Bilder vorgeprägt und erwartbar sind, desto größerr dürfte die Tendenz zur ganzheitlichen Verarbeitung sein. Die en bloc Wahrnehmung von Bildern lässt aber auf jeder Stufe eine variable Fokussierung der Aufmerksamkeit auf jeweils relevant werdende Einzelelemente zu. Das Fixieren von Bildteilen und -details gilt gerade als Vorteil des räumlich-flächigen Kodierungsformats Bild. Der bildliche Kontext – in massenmedialen Verwendungsformen maßgeblich Sprache – lenkt den Aufmerksamkeitsfokus“ (ebd.). Im Gegensatz zu (zum Beispiel in der Werbung üblichen) Sprache-Bild-Bezügen sind die Fotoeinheiten in den Fotogeschichten von grundlegend anderer Natur, da hier das fotografische Bild den eigentlichen Urheber des sprachlichen Textes stellt. Der Grund hierfür liegt in der grundsätzlichen Comic-ähnlichen Struktur der Fotogeschichten. Die Bilder im Comicmuster des Sprache-Bild-Bezugs sind zwangsläufig singulär denotierend – sie referieren auf eine existierende Person und nur auff diese. Ihre Gestaltung ist darauf ausgerichtet, die charakteristischen Merkmale derr abgebildeten Personen möglichst gut zu erfassen. Die Integration von Sprache-BildInhalten ist beim Comicmuster denkbar einfach – es stellt keinerlei kognitive Anforderungen, da Menschen anthropologisch darauf trainiert sind, Sprechende (deren Physiognomie, Mimik, Gestik, Körperhaltung) und Äußerungen als zusammengehörig wahrzunehmen (Stöckl 2004: 272f.). Hervorzuheben ist die ausdrücklich expressive Funktion von Bildern, die generell als emotional effiziente f Informationsformate gelten. Sie vermögen die Sinne direktt und unmittelbar anzusprechen und in Kombination mit Sprache (also in SpracheBild-Bezügen) eine aussageintensivierende Funktion haben. „Da eine bildliche Darstellung mit der Vermittlung von Inhalten zugleich notwendigerweise eine bestimmte Sichtweise offenbart, f kann Bildern auch eine einstellungsmarkierende Funktion zugesprochen werden“ (Stöckl 2004: 198). Dies macht eine Analyse der Fotogeschichten in Bezug zu ihrer Nähe zur untersuchten Hauptkategorie Mädchenbildd und ihren lebensweltlichen Kontexten umso spannender. 1.3
Das Genre: r Seine Charakteristika und Konstanten
1.3.1
Die Positionierung im Heft
Die „abgeschlossenen“ Geschichten von jeweils etwa acht bis zehn Druckseiten Umfang sind in der Mitte der Zeitschriften platziert, werden somit als zentrale Einheit im Heft wahrgenommen. Ihre Seitenfolge wird in BRAVO A GIRL! unterbrochen
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durch eingeheftete Poster-Beilagen, in MÄDCHEN Ä durch großformatige StarFotos. Den Geschichten fällt damit durch die Positionierung im Heft ein bevorzugterr Stellenwert zu. Blättert die Leserin die Zeitschrift in der Heftmitte, also der eigentlich technischen „Heftung“, auf, wird sie direkt auf die Fotoliebesgeschichten „gestoßen“ und ist sozusagen „mittendrin“. Jede der in Szene gesetzten Geschichten dieser Fotoromane steht für sich. Es gibt nur in sehr seltenen Fällen „Zweiteiler“, also Geschichten, die sich über zwei Hefte verteilt hinziehen. Nie gibt es Anknüpfungspunkte an vorangegangene Geschichten, kein Protagonist taucht in zwei oder gar mehreren Geschichten auf, das Inventar, die Situation, das Umfeld werden jeweils neu kreiert. Dies unterscheidet die Fotogeschichten damit wesentlich zum Beispiel von den so genannten „Daily Soaps“ oder „Telenovelas“ T im Fernsehen, die im Gegensatz dazu Geschichten permanent fortführen, sich immer wieder auf dasselbe Inventar der Personen und Handlungsorte beziehen. Und die damit auch die Möglichkeit haben, Personen in ihren charakterlichen Entwicklungen zu begleiten, sie in Veränderung zu sehen, ihren Umgang mit Konflikten über längere Strecken zu verfolgen, sie „weiterzuentwickeln“. Dies alles leistet die Fotogeschichte nicht. Hierr geht es vornehmlich um die Konzentration der Situation auf eine kurze zeitliche Dauer von meist nur wenigen Tagen. 1.3.2
Das Figureninventar der Fotogeschichten
Zu Beginn jeder Fotogeschichte ist ein mindestens ganzseitiges Titelbild mit kommentierten Portraitfotos der Hauptakteurinnen und Hauptakteure, die Aufschluss über die Ausgangssituation der Erzählung und die Personenkonstellationen sowie deren Charaktere geben (vgl. zum Beispiel Hunger nach Liebe, BRG, 09/2003, S. 46, Titelb.; incl. Fotos mit Mädchenfiguren zu den Inhalten Essen, Brechen, Zweisamkeit, Verzweiflung © Abb. 1). In unmittelbarem Bezug zu den Porträts der Protagonistinnen und Protagonisten sind kurze Texte oder stichwortartige „Steckbriefe“ mit den für das Verständnis der Geschichte wichtigsten Daten und Hintergrundinformationen über die Beteiligten. Während MÄDCHEN die Informationen meist in zwei, drei kurze Sätze fügt, bedienen sich BRAVO A und BRAVO A GIRL! eher systematischer Stichworte zu bestimmten Punkten (so zum Beispiel Alter, Größe, Gewicht, Wohnort, Sternzeichen, Hobbys, „steht auf …“ und „kann nicht ab …“). Dies deutet auf eine sehr wichtige Entwicklung der letzten Jahre hin: In zunehmendem Maße werden nämlich die Akteurinnen und Akteure durch die jeweiligen Zeitschriftenredaktionen direkt aus der Leserschaft für die Filmaufnahmen angeworben, sind also ursprünglich Rezipierende der Zeitschriften und werden nun im Rahmen der Inszenierung einer Fotogeschichte
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Abb. 1
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selbst zu Darstellenden der Hefte, teilweise sogar mit der Inszenierung der von ihnen selbst erlebten, also authentischen Konflikte. Dahinter steckt das Bemühen, für die Leserinnen und Leser ein möglichst großes Identifikationsangebot mit den Darstellenden zu schaffen f – diese sind keine fiktiven, austauschbar-anonymen Figuren, sondern tatsächlich real existierend, mit Wohnortangabe, Vorlieben und Abneigungen. Dies lanciert eine Erhöhung des Identifikationspotentials und eine Distanzverminderung zwischen Fiktion und Realität. Die Anzahl der Figuren ist in aller Regel auf wenige beschränkt – zumeist stehen drei oder vier im Mittelpunkt der Geschichte. Bereits der erste Eindruck beim Blick k auf die Titelseite verrät die jeweilige Konstellation, um die es thematisch geht: beispielsweise ein Junge in der Mitte platziert, links und rechts von ihm angeordnet jeweils ein Mädchen. Beide – so verrät der Kontext – buhlen um seine Gunst. Ausnahmslos sind die zentralen Figuren im Alter der Leserinnen- und Leserschaft, ältere Figuren (wie Eltern oder Lehrer) stehen nicht im Mittelpunkt der Geschichten, kommen aber auch in Nebenrollen eher selten vor. Variationen hinsichtlich der „Abweichung von der Norm“ gibt es so gut wie nicht: keine Behinderten, keine Dunkelhäutigen, selten Ausländer. 1.3.3
Die Gesamtanordnung
Die Geschichten selbst sind in der Regel in etwa 70 bis 100 „Shots“, also Fotoaufnahmen gefasst, die – je nach Heft versehen mit einer fortlaufenden Nummerierung – den Leseablauf vorgeben. Kennzeichnend ist, dass trotz dieser klaren Rahmenvorgabe versucht wird, einer potentiellen Monotonie durch ein möglichst großes Spektrum an Variationen der Fotoformate entgegenzutreten. Jede Heftseite besteht aus etwas zwölff Einzelaufnahmen, allerdings sind diese in ihrer Präsentation durch verschiedene Formen und Formatgrößen abwechslungsreich „gelayoutet“ und wirken alles andere als eintönig. Aber nicht nur mit den unterschiedlichen Bildformaten wird größtmögliche Abwechslung erzeugt, sondern auch mit der Auflösung der Bildrahmen: Immer wieder sind einzelne Bilder durch übergreifende Texte oder Gegenstände „verbunden“, oft ragen die Köpfe oder Gliedmaßen der Protagonistinnen und Protagonisten einfach aus dem eigentlich klar abgegrenzten Fotorahmen heraus. Manchmal sind einzelne Bilder scheinbar zufällig aufeinander liegend miteinander verbunden – ganz so, als läge da ein unsortierter Stapel Fotos, in dem die Betrachtenden nun nach Belieben„wühlen“ könnten. Der Gesamteindruck ist eher unruhig und durch eine Vielzahl an Einzelmotiven fast verwirrend, von hoher Erzähldynamik und wirkt zuweilen auf nicht an das Lesen von Fotogeschichten gewöhnte Leserinnen und Leser eher überladen und unruhig (vgl. MÄD Der DJ-Contest 25/2002; S. 44; © Abb. 2).
1 Motive und Inszenierungsformen der Fotogeschichten
Abb. 2
755
76 1.3.4
Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
Die Einzelaufnahmen
Zu dieser Abwechslung und den Eindruck von Dynamik erzeugen wollenden Anordnung der Fotos kommt ein variationsreiches Gestalten der Einzelbilder selbst durch vielfältige Veränderungen der Kamerapositionen. Auffällig f ist dabei, dass viele Fotos aus einer „schrägen“, also nicht vertikalen Kameraposition heraus aufgenommen sind – und damit den Eindruck erwecken, als seien sie spontane Schnappschüsse, eher zufällig gemacht, alles andere jedenfalls als „gestellt“. Genau diese Absichtt suggeriert das Gefühl einer umso größeren Authentizität der Situationen für die Leserinnen und Leser, macht das Abgebildete tendenziell glaubwürdiger und realistischer, die Betrachtenden fühlen sich um so mehr als „heimliche“, spontane Beobachtende. Dass hinsichtlich des geringen Gesamtspektrums der Aufnahmen eherr eine Konzentration auf die Hauptfiguren und die Narrationslinie zu benennen ist, scheint in Anbetracht der notwendigen Kürze des Gesamtumfanges der Geschichten leicht nachvollziehbar. Vom Handlungs- und Gefühlskonzentrat der Geschichte ablenkende Motive sind so gut wie nicht zu finden. Es gibt kaum Bilder der „Entspannungsmöglichkeit“ für die Rezipierenden, vielmehr sind die Geschichten höchst verdichtet mit Informationen und Emotionen und der unmittelbaren „Direktheit“ der Bilder durch fast voyeuristisch scheinende Großaufnahmen der Darstellerinnen und Darsteller. 1.3.5. Das Zusammenspiel der Einzelfaktoren Die Wirkungsmächtigkeit der Fotogeschichten hinsichtlich der schnellen, unkomplizierten und direkten Rezipierbarkeit ergibt sich vor allem aus dem Ineinanderwirken einer Vielzahl von Einzelkomponenten wie insbesondere der Fotografie, derr sprachlichen Denk- und Redezuordnungen zu den einzelnen Figuren, der Präsentation ihrer Körper und ihrer Körpersprache, der redaktionellen Kommentare aberr auch der narrativen Dramaturgie der Geschichten. Im Beispiel der Fotogeschichte „Hunger nach Liebe“ (BRG 9/2003) gelingt dies folgendermaßen: 1.3.5.1 Das Titelbild Bereits das Titelbild lässt die Hauptproblematik der Geschichte auf einen Blick erkennen: Ein Mädchen, das im Spannungsfeld von völlig erfüllter Liebe (glückliches Paarfoto mit einem Jungen und dem Untertitel ‚Liebe‘) und der Unzufriedenheit mitt ihrer Figur (zwischen Heißhungerattacken, Erbrechen und Verzweiflung) hin- und her gerissen ist und eine doppelte Semantik des Wortes „Hunger“ als leitmotivisch für die Geschichte gleich zu Beginn offenbart: f selbst auferlegtes, ernährungsbeding-
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tes Hungern als Teil eines Körperkonzeptes mit schlankem Ideal einerseits, und damit einhergehend das Hungern nach einer von Liebe erfüllten Paarbeziehung, die so lange nicht erfüllbar scheint, bis das Körperideal nicht der Auffassung f von Schlankheit entspricht, die das Mädchen sich vorstellt, andererseits. Da hilft es auch nicht, dass der Junge (MARTIN), R sich nicht an der „weiblichen Figur“ seiner Freundin stört – THERESA ist dennoch mit sich selbst über alle Maßen unzufrieden. Das Gesamtbild ist fragmentiert in eine Vielzahl von Einzelaufnahmen, die THERESA in verschiedenen Lebenssituationen darstellen. Die Gesamtkomposition ist ein Arrangement aus verschiedenen farbfilterartig ineinander und übereinander gelegten Elementen, die dem Bild insgesamt etwas Unscharfes, Unklares geben und durchaus den Eindruck des „Tränenblicks“ T oder „Schleierblicks“ konnotieren, der auch auff die am oberen Bildrand angebrachte Großaufnahme eines zu einem Mädchen gehörigen Augenpaares rekurriert. Die verwendeten Farben sind vor allem rosa-pink, dabei eher pastelltönig als kräftig. Bereits die bildgraphische Inszenierung auf dem Titelbild lässt erkennen, dass die Anzahl der Fotos, auf denen Unzufriedenheit und Unglück ausgedrückt werden, größer ist als die Darstellung glücklicher Momente. Das Titelbild wird „gerahmt“ durch eine Fotokopfzeile, die in Großaufnahme ein Augenpaar zeigt, das in direktem Blick auf die lesende Betrachterin gerichtet ist. Diese Unmittelbarkeit des Blicks (der Hauptprotagonistin?) aus dem Titelbild heraus stellt einen direkten Bezug zwischen Leserin und Titelfigur her und bietet damitt wohl auch ein unbewusstes Identifikationsangebot für die Leserin, sich in der dargestellten Problematik und Hauptperson wieder erkennen zu können. Der Blick k selbst könnte als traurig interpretiert werden, auch als enttäuscht, möglicherweise auch vorwurfsvoll. Während auf der linken Titelbildseite die negativen Situationen dargestellt werden (Mädchen beim selbst herbeigeführten Erbrechen über der Toilettenschüssel; Mädchen weinend und verzweifelt auf dem Boden in der Ecke sitzend), zeigt die rechte Titelbildseite zwei positiv besetzte Aufnahmen: einmal THERESA einen Fertigpudding essend und zum anderen THERESA angeschmiegt an die Schulter ihres sie liebenden Freundes MARTIN. R Dieses Bild der intimen Zweisamkeit ist im Zentrum des Gesamtbildes arrangiert und im Gegensatz zu den anderen Aufnahmen nicht durch eingesetzte Filter und Überblendungen unscharf gemacht. Nur der Schriftzug „Liebe“ rechts unten in dieser Aufnahme ist mit Farbe unterlegt, die Figuren selbst sind deutlich abgebildet und konnotieren damit den erstrebenswerten, den zu erreichenden „richtigen“ Zustand. Besonders in der Aufnahme des Liebespaares kommen wesentliche Momente der körpersprachlichen Inszenierung zum Tragen: Das Mädchen lehnt sich schutzbedürftig und vertrauensvoll an die Schulter des Jungen, dieser legt schützend und sichernd den Arm um sie und hält sie
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fest. Diese körpersprachlichen Geschlechterzuordnungen von Stärke und Dominanz als Zeichen des Mannes und Schwachsein und Unterwerfung als Zeichen für das Mädchen verweisen auf ein geschlechterasymmetrisches, aber anzustrebendes Ideal der heterosexuellen Paarbeziehung. Das Bild des verzweifelt in der Ecke sitzenden Mädchens ist nicht zufällig auch am unteren linken Bildrand der Titelseite angebracht – das Mädchen wendet noch dazu seinen Kopf, seinen Blick und mit einer Neigung auch den gesamten Körper aus dem Gesamtbild, damit „aus der Geschichte“ heraus und konnotiert damit möglicherweise ein „sich ausgestoßen fühlen“, „alleine sein“, „von sich selbst – und dem „falschen“ Körpermaß – abwenden wollen“. Der kurze, redaktionelle Einführungstext suggeriert, dass die Problematik des Mädchens „eigenverschuldet“ sei, weil THERESA „sich einbildet, zu dick zu sein.“ Aus dieser „Fehleinschätzung“ heraus begeht sie nun „einen schrecklichen Fehler“, auf den zu erfahren der Text damit neugierig macht. 1.3.5.2 Die Erzähldramaturgie Obwohl THERESA in MARTIN R einen sie liebenden Freund hat, versucht sie, sich dem Wunschbild ihres Idealkörpers anzunähern und abzunehmen, indem sie Essen selbst herbeigeführt erbricht, über die Maßen Sport macht und zu allem Überfluss auch noch Abnehmpillen schluckt. Als sie bei einem Schwächeanfall zusammenbricht, „rettet“ MARTIN R sie, THERESA gesteht ihm ihr vermeintliches Fehlverhalten und verspricht ihm, sich das Ganze eine „Lehre“ sein zu lassen und in Zukunft wieder „normal“ zu essen. 1.3.5.3 Die Inszenierungsarrangements als Geschlechterordnung Bereits in der Eingangspräsentation der Hauptfiguren werden klare Zuordnungen hinsichtlich einer Geschlechterordnung festgelegt. So ist der Junge (wie in allen Fotogeschichten) etwas älter als das Mädchen (hier: MARTIN R 17, THERESA 16). Als Muster durch das gesamte Bildmaterial ziehen sich des weiteren die (kulturell bedingten) unterschiedlichen Körpergrößen, wobei Männer „infolge eines am heterosexuellen Ideal männlicher Überlegenheit orientierten selektiven Paarbildungsverhaltens beider Geschlechter allerdings so gut wie immer größer als ihre Frauen [sind]“ (Mühlen Achs 1998: 99). Die relative Größe des Jungen gegenüberr dem Mädchen wird häufig noch betont durch überhöhende Kamerapositionen, Jungen werden häufiger als Mädchen in der so genannten „Untersicht“ aufgenommen, d. h. die Kamera fotografiert von unten nach oben und überhöht damit noch einmal die Größe und Position des Jungen. Die Zuordnung von „Männlichkeit“ und „WeibW lichkeit“ ist in vielen Einzelaufnahmen klar dichotomiert. Gleich die ersten drei
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Abb. 3
Aufnahmen zeigen das Mädchen zuhause in ihrem Zimmer inmitten einer sie äußerst unzufrieden stellenden Kleiderprobe vor dem Spiegel, die darin gipfelt, dass THERESA ihrem Spiegelbild die Zunge entgegenstreckt und regelrecht Ekel vorr sich selbst artikuliert: „Bäääähh! Du fette Kuh!“ (vgl. BRG, 09/2003, Abb. 3, S. 47; © Abb. 3). Das Motiv des Sich selbst Verleugnens und der Schwäche tauchen an vielen Stellen in der Geschichte immer wieder auf. So beispielsweise, als THERESA nicht „stark“ genug ist, um nächtlichen Hungerattacken zu widerstehen („Ich sollte wirklich weniger essen … aber ich habe einfach so einen Hunger! Naja, ist ja eh schon egal!“), als sie im Schwimmbad eine Zurechtweisung durch den Bademeisterr einstecken muss („Der Bademeister meckert Theresa an …“), und als sie schließlich vor Schwäche auf der Straße zusammenbricht („Oh Gott! Mir … mir ist so schwindlig. Ahh!“) und MARTIN R sie aus der Ohnmachtssituation rettet. In Szenen, in denen das Mädchen und der Junge gemeinsam auf einem Bild dargestellt sind, ist der Junge fast immer in der handlungstragenden und körpersprachlich dominierenden Rolle in Szene gesetzt. So beispielsweise beim gemeinsamen Einkaufen. Hier ist MARTIN R
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Abb. 4
der, der im Zentrum des Bildes ist, größer abgebildet als das Mädchen. Er schiebt den Einkaufswagen und ist mit Aktion, Zielgerichtetheit und Dynamik konnotiert. THERESA dagegen geht hinter ihm, ist kleiner dargestellt, wird von ihm an die Hand genommen und wie ein kleines Kind geführt (BRG, 09/2003; Abb. 52, S. 56. © Abb. 4). Sie ist damit mit Zeichen der Unterlegenheit und Unselbständigkeit konnotiert.28
28
Vgl. Mühlen Achs 1998: 97 f. „Diese Beziehungsdarstellung wird euphemistisch als Handin-Hand-Gehen, oder auch als ‚Händchenhalten‘ bezeichnet. Tatsächlich drückt sich in derr Art, wie sie vollzogen wird, jedoch keineswegs die durch diese Begrifflichkeit f angedeutete Symmetrie und Gleichwertigkeit aus. Es wäre zutreffender f und entlarvender, sie als braves An-der-Hand-Gehen der Frau unter der Führung des Mannes zu bezeichnen. Sie signalisiertt die freiwillige, vertrauensvolle Unterordnung der Frau unter den männlichen Führungsanspruch und ermöglicht im Bedarfsfall ihre Erzwingung auf der Basis purer physischerr Überlegenheit g des Mannes.“
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Eine ähnliche Wirkung geht von Abb. 455 aus, in der sich THERESA wie ein kleines Kind von MARTIN R füttern lässt, was auch mit Erotik besetzt ist. („Du bist schließlich zum Anbeißen süß!“; und als sie ihn küsst: „Achtung! Hier kommt der Nachtisch.“ BRG 09/2003, Abb. 45 u. 46; S. 55; © Abb. 5; Abb. 6). Auch Abbildungen wie Nr. 56 (BRG 09/2003; Abb. 56, S. 56; © Abb. 7) und Nr. 70 (BRG 09/2003; Abb. 70; S. 57; © Abb. 8) sind typisch: der Junge ist jeweils größer und raumgreifender in Szene gesetzt als das Mädchen, er legt dominierend seinen Arm auf ihre Schultern oder wird mit ausgestrecktem Arm, ausgestreckter Hand gezeigt, was als Zeichen der Überlegenheit und Bedrohung in Verbindung gebracht werden kann. Häufig ist der männliche Körper dabei verbunden mit Nacktheit (BRG 09/2003; Abb. 28, S. 53; © Abb. 9), der Oberkörper wird als muskulös und kraftvoll in Szene gesetzt und damit stark ikonographiert. Auch die Blickführung weist auf typische Geschlechterzuordnungen hin: Das Mädchen schaut häufig zum Mann auf (BRG 09/2003, S. 59; Abb. 78; © Abb. 10 oder Abb. 78; ebd. S. 57, Abb. 77; © Abb. 11), was zudem häufig von einer Untersicht-Kameraposition verstärkt wird. Der Junge
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wiederum legt in Beschützergesten den Arm um ihre Schulter. Dabei ist das Schieflegen des Kopfes ein elementares Zeichen bereitwilliger Unterordnung und Unterwerfung und ein klassisches Symbol der Demut (Mühlen Achs 1998: 64). Der intergeschlechtliche Blickwechsel wird in überdeterminierender Weise sehr häufig zugunsten des Jungen hierarchisiert (BRG, 09/2003, S. 57, Abb. 70). Auch werden Mädchen in den Fotogeschichten augenscheinlich häufiger als Jungen auf dem Boden sitzend oder liegend dargestellt (BRG 09/2003; S. 58; Abb.75; © Abb. 12) was mit Hilflosigkeit, manchmal auch Erniedrigung konnotiert werden kann. Die in den Fotogeschichten sinnfälligen permanenten Konstruktionen von polarerr Zweigeschlechtlichkeit blenden von der Norm abweichende Geschlechtsidentitäten völlig aus. Auseinandersetzungen mit herrschenden Geschlechterkonzepten finden nicht einmal ansatzweise statt. Vorgeführt wird eine klar geordnete Einteilung mitt ebenso klar vergebenen und vorgegebenen Zuordnungen.
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1.4
Die Inszenierungsstrategien der Fotogeschichten
1.4.1
Die Suggestion: Das wahre Leben der Geschlechter
„Die meisten Mädchen nehmen Bravo Girl und so was nicht wirklich ernst – aberr ein bisschen bleibt doch hängen.“ („Julia, 15“, zitiert nach Permien 2000[www.]: 3) Was eine fünfzehnjährige Schülerin hier als rezeptiven Effekt f der kommerziellen Mädchenpresse ansieht, ist vor allem auf die spezifische Verbindung von „Lebensnähe“ und „Romantik“ in den Fotogeschichten der Zeitschriften zurückzuführen. Sie verweist auf die Verwandtschaft unter anderem mit dem „kommerziellen Realismus“ (Goffman f 1981: 61, 88, 92f.) der Werbung und dem Realismusanspruch der Beratungsrubriken. Immer wieder wird von den Produzenten betont, dass eine kommerzielle Jugendzeitschrift – wie zum Beispiel die BRAVO A – stets versuche, „den Kids mit Rat und Tat“ zur Seite zu stehen, ohne sie zu „bevormunden“, denn die heutige Jugend suche „realistische und praxisnahe Antworten auf die Fragen unserer Zeit“, suche „Orientierung“ (Stollberg 2000: 43). Darum werden – vor allem in BRAVO A GIRL! und MÄDCHEN – Themen wie Schul- und Berufsprobleme, Drogen- und Magersucht, körperliche Gewalt, Obdach- und Arbeitslosigkeit, Siechtum, Trauer, Wut und Melancholie bei Jugendlichen nicht ausgespart.29 Allerdings werden sie in einzelschicksalhaft emotionalisierten und geradezu opferkultigen „reports“, so genannten Human-Touch-Stories, T thematisiert. Meist aber nur auf einer eher oberflächlichen Ebene. „Bedient“ zu werden scheint dabei vor allem die Neugier auf externe Katastrophen, ihre Wahrnehmung aus der Voyeurs-Perspektive der Unbeteiligten. Der „realistische“ Einblick in das private Unglück anderer scheint von eigenen Gefühlsüberschüssen zu befreien. Mögliche Gedanken an Kritik und Selbstkritik werden 29
Vgl. zum Thema Obdachlosigkeit in Verbindung mit Drogensucht und Prostitution: „Steffi, f 18“, Die Straße war mein Zuhause, BRG, 01/2003, S. 26f.; zum Irak-Krieg: Stoppt den Wahnsinn, BRG, 09/2003, S. 60, und Wir haben Angst!, S. 61; zum Thema der Kindersoldaten in Uganda: „Christina, 17“, Ich habe unzählige Menschen getötet!, BRG, 17/2003, S. 26f.; zum Thema Vergewaltigung: „Jennifer, 16“, Brutal vergewaltigt: r Ich will Rache!, BRG 13/2003, S. 20f.; zum Thema Gewalt in der Familie: „Sarah, 18“, Ihre r Schläge zerstörten meine Seele!, BRG, 14/2004, S. 34f. Zum Thema Drogenmissbrauch: Mein Leben im Dror gen-Wahn W , MÄD, 10/2003, S. 60f. – In den „reports“ von MÄDCHEN finden sich allerdings auch Berichte über Karriereanforderungen in der Kultur-, Medien- und Modeindustrie. Siehe z. B. Dagmar Köster: Isabella in der Trend-Fabrik r , 05/2003, S. 22f. (über Modedesignerinnen), und die im Stil von Berichterstattung und Berufsberatung gestaltete Anzeige der Firma „Avantgarde“: A Dem Trend r voraus!, 10/2003, S. 34f. (über sog. „Trendscouts“ T in der Marktforschung). Im selben Heft, S. 46–53, auch die Fotogeschichte Aus Liebe ins Verderben überr Model-Karriereträume und einen zwielichtigen g Fotografen. g
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nicht gefasst, solidarisches Verhalten nicht thematisiert. Es werden keine Strategien der Intervention, der Handlungsreize gegeben. Ganz im Gegenteil scheinen die Präsentationen solcher „Schicksalsreporte“ eher einen Zustand des Nicht-Wissens, W derr Ahnungs- und Hilflosigkeit, einer gewissen Unmündigkeit zu implizieren. Marcel Malachowski spricht hier von „modische(r) Infantilität“ (Malachowski 2003: 35; vgl. zur „Infantilisierung“ auch: Borstnar 2002: 696)30 durch die Verinnerlichung dieser Deutungsmuster, die letztendlich auch ein Risiko für die Gesellschaft darstellen, indem sie die Fähigkeit zu notwendiger konstruktiver Kritik zumindest tendenziell vermindern. Der Relativierungs- und Verklärungseffekt f beginnt aber schon mitt der thematischen Koexistenz, mit dem beziehungslosen, de facto individualisierenden und verharmlosenden Nebeneinander von, zum Beispiel, romantischer Liebesgeschichte und Obdachlosen-Reportage innerhalb derselben Ausgabe einer Mädchenzeitschrift. Auch in den Fotogeschichten kann immer wieder von „Realismus“ gesprochen werden. Auch in ihnen tauchen Themen auf wie Frühschwangerschaft (vgl. Eine verhängnisvolle r Affäre, r Teil Schwanger mit 15?, BRFLS, o. S., 01/02–2003), wie Vergewaltigung (Besessen, BRG, 24/2003, S. 40–51; S. 47, Abbn. 35–37, und Dem Täter auf der Spur, r YAM, 38/2005, S. 29–55), Selbstmord (Der falsche Kuss, BRG, 05/2003, S. 38–55, bes. S. 54, Abbn. 68–70), schwere Krankheit (ebd., S. 52f., Abbn. 55–57), Verschuldung (In der Schuldenfalle, MÄD, 19/2005, S. 42–49). Und es taucht die Frage auf, „ob Fotolove-Storys immer ein Happy End haben sollten oder nicht“ (Nina Maurischat, stellv. MÄDCHEN-Chefredakteurin, in 03/2003, S. 23). „Einige wenige wollten auf keinen Fall auf ein romantisches Ende verzichten“, heißt es, „aber die meisten von Euch waren sich einig: Realistischer sollen die Geschichten sein, nicht so durchschaubar und gerne auch mal ein offenes f Ende oderr sogar trauriges Ende haben! Also, wir werden alles tun, um eure Wünsche zu erfüllen!“ (ebd.). Ein solches zunächst nicht gleich von Anfang an absehbares Ende hat zum Beispiel die Fotogeschichte Schwer verliebt. Sie spielt im Schulmilieu, in ihrem Mittel30
Siegfried Kracauer schrieb 1931 in Zum Paradies der Babys zu infantilen Wunschprojektionen und antimodernistischen Affekten: f „So gewiß manche Einrichtungen der Gesellschaftt einer Änderung fähig wären, ebenso gewiß sind breite Schichten der Bevölkerung an derr Aufrechterhaltung des Bestehenden interessiert. Nicht so, als ob sie von den Übeln verschontt blieben, unter denen wir alle zur Zeit leiden; aber sie fürchten das größere Übel, das eine Umwälzung des ganzen Gesellschaftsbaues für sie möglicherweise bedeutete. Da nun die Einsicht in die Struktur des zu Verändernden die Vorbedingung jeder echten Veränderung ist, schließen sie aus Instinkt die Augen und erhöhen fälschlich auch das Wandelbare zum Rang von unerschütterlich notwendigen g Gegebenheiten“ g (vgl. g Kracauer 1996: 158).
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punkt steht eine übergewichtige Schülerin. Sie sei „unser Rubens-Modell“, das nur „in der falschen Zeit lebt“ (MÄD, 07/2003, S. 53, Abb. 51), heißt es. „Monika kämpft mit ihrem Gewicht und dem Gefühl, deshalb ungeliebt zu sein. Sie will nicht immer nur das fünfte Rad am Wagen sein. Aber was tun, wenn alle Jungs nur auff dünne Mädchen stehen?“ (MÄD 07/2003, S. 48). Bald lernt sie aber, es nicht bei der Selbsttröstung mit Kuscheltier und Schokolade zu belassen, sondern sich gegen verbale und körperliche Attacken zu wehren, wird auch von der besten Freundin unterstützt, die sie „(…) fast ein bisschen um ihre tolle Oberweite (beneidet)“ (ebd.), findet sogar in einem ihrer Mitschüler einen guten Freund. Schon die ersten Fotos versäumen nicht, die „Oberweite“ der Protagonistin von oben und mit so genanntem mirror r shot zu dokumentieren. Einer Spiegel-Perspektive also, die eine noch zusätzliche Objektivierung und Voyeurisierung der in Szene gesetzten Darstellerin impliziert. Sprech- und Denkblasen-Texte T sowie die Fotos eines wütenden, mit sich selbst auf das äußerste unzufriedenen Mädchens offenbaren f den tatsächlichen Konflikt, nämlich den einer vollständig verinnerlichten Schönheitspropaganda r : „Warum W hab ich keinen flachen Bauch, keinen kleinen Busen?“ (MÄD 07/2005, Die große r Liebe; S. 49, Abbn. 11, 12; © Abb. 13). Fast aggressiv „reißt“ das Mädchen die „Klamotten“ aus dem Schrank. Sie findet sich selbst „ekelhaft“. Ein kritischer Abstand zu
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dieser selbstzerstörerischen – weil zutiefst selbstkritischen – Problematik des Mädchens wird seitens des redaktionellen Erzählstranges nicht geliefert. An anderer Stelle zählte die Redaktion von MÄDCHEN zu den „echten Schlechte-Laune-Machern“ keine anderen als die Umkleidekabinen in Modegeschäften, „weil bei dem Licht niemand eine gute Figur hat“ (06/2003, S. 20f.). Eine bereits eingangs skizzierte Geschichte in BRAVO A GIRL! spricht: „Eigentlich könnte Theresa total happy sein: Sie hat einen Freund, der sie liebt [,] und jede Menge Fun. Trotzdem ist sie super unglücklich, weil sie sich einbildet, zu dick zu sein.“ (BRG, 09/2003, S. 46–49; S. 46)31. In einer späteren Fotogeschichte der gleichen Zeitung hat eine Protagonistin „Nina“ dasselbe Problem: „Sie glaubt, dass ihr Bauch ihr im Weg steht – bei den Jungs …“ (BRG 39/2005, S. 46–51; S. 46). Doch die Redaktion weiß Rat und legt die Botschaft an die Leserinnen mit Beziehungs- und Essstörungen der Titelheldin in den Mund: „Ich muss wohl erst einmal lernen, mich selbstt wieder zu lieben …“ (ebd.: 51). Solche Belege lassen sich in großer Menge in den Heften finden. Die Zeitschriften tragen mit ihrer Art von „Lebensnähe“, nämlich einer ästhetisierenden, r aber nichtt nur zu einer jugendlichen „Fassadenexistenz“ (Permien 2000 [www.]: 3) unterr einem Schönheitsdiktat bei, das Magersucht, Vollbusigkeit, schönheitschirurgische „Machbarkeit“ und Vermeidung jeglicher körperlicher Ungeschicklichkeit umgreiftt (vgl. das Peinometer in BRG, Rubrik fun, 13/2003, S. 76f.). Sie einfachen und dekontextualisieren damit auf einer anderen Ebene auch soziale Prozesse und bedienen psychodynamische Abwehrmechanismen wie Abspaltung und Verleugnung. Bei der Darstellung und Interpretation von „Fehlverhalten“ Jugendlicher – und darunter subsumieren die Fotogeschichten Übergewicht ebenso wie zu großen oderr zu kleinen Busen, zu kräftige Waden oder zu schmale Lippen, Teenager-Schwangerschaft oder Vergewaltigung – überwiegen in den Fotogeschichten monokausale, also vereinfachende Kontextualisierungen und Begründungen. So wird in Karims Geheimnis eingangs Ausländerfeindlichkeit nur auf elterliche Arbeitslosigkeit zurückgeführt: „Gleich am ersten Tag in seiner neuen Klasse wird Karim das Opfer einerr bösen Intrige. Drahtzieher der gemeinen Aktion gegen den Jungen aus Pakistan ist Kai, der seine Klasse am liebsten zur ‚ausländerfreien Zone‘ erklären würde. Während die anderen in der Klasse das üble Spiel nur zu gern mitmachen und versuchen, Karim als Ausländer abzukanzeln, glaubt ausgerechnet Kais Freundin Lara an Karims Unschuld. Ein Kampf gegen Hass und für Verständnis und Liebe …“. Zur Figur des Kai, der nicht davor zurückschreckt, seinem Mitschüler einen Diebstahl 31
Vgl. g hierzu die Analyse y der Geschichte auf den vorangehenden g Seiten dieser Arbeit.
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anzuhängen, heißt es: „KAI (18) hat sich total verändert, seit sein Vater arbeitslos geworden ist. Unter anderem ist er zum totalen Ausländerfeind geworden. Als der sanftmütige Karim in ‚seine‘ Klasse kommt, glaubt Kai eine ideale Zielscheibe fürr seine Hass-Parolen gefunden zu haben …“ (BRFLS, 08/2003, o. S., 84 Abbn.). Weitere auffällige f Muster in Fotogeschichten mit Gewaltthema sind die Viktimisierung der weiblichen Figur, die Pathologisierung des Täters und damit seine Verharmlosung – unter Verzicht auf eine aufklärerische Funktion: „Wenn W Liebe zum Wahn wird: Sven kann nicht mehr ohne Lucie sein und will sie mit niemandem auff der Welt teilen. Als sie sich dagegen auflehnt, zeigt er sein wahres Gesicht …“ (Besessen, BRG, 24/2003, S. 40–51). Immer wieder finden im Zusammenhang mit den „realistischen“ Fotogeschichten auch exordialrhetorische redaktionelle Kommentierungen statt. Dabei überformen diese häufig kollektive Hysterien mit moralpädagogischem Impetus. Beispielsweise heißt es zur Geschichte Eine verhängnisvolle r Affäre r um Snowboarding, Eifersuchtt und Schwärmerei: „ ‚Wie W du mir, so ich dir …‘ ist eine Redewendung, die man eigentlich nicht befolgen sollte. Denn Gleiches mit Gleichem vergelten führt nie zu etwas Gutem. Sondern löst nur heftige Gegenreaktionen aus. Ein vernünftiges Gespräch wäre daher sicher auch für Niko, Hendrik, Katrin und Sandra sinnvoll gewesen. So hätten sie all die Missverständnisse klären können, die nun zu schlimmen Intrigen und Eifersuchts-Attacken führen … Aber freut Euch: Es gibt ein Happy End! Euer BRAVO-FOT A O-LOVE Team.“ (BRFLS, 01/02–2003, 2. U.-S.) Diese reduktionistischen Muster der Realitätsdeutung, wie sie an den Darstellungen und ihren redaktionellen Interpretationen deutlich werden, sind allerdings nichtt denkbar ohne die besonderen Potenziale des „kommerziellen Synkretismus“ (Gofff man 1981: 73; auch: 79–81) der Fotografie, deren Fähigkeit, das Dokumentarische, das Beweishafte und das Inszenatorisch-Symbolische miteinander zu verbinden. Sie kommt zum Tragen insbesondere in hierarchisier r renden Darstellungsprinzipien. Zu diesen zählen: – die bloße Andeutung von Gewalthandlungen gegenüber Mädchen, zum Beispiel versuchter Vergewaltigung – einer Andeutung, die immer der Phantasie Spielraum lässt (vgl. Gefährliche Party, y BRG, 23/2003, S. 49, Abbn. 65–71); – die Darstellung von Affekthandlungen (aus Enttäuschung, Wut) weiblicherseits, bei denen die „Ohrfeige“ als Höhepunkt der Konflikt-“Kommunikation“ das letzte Mittel bildet, einerseits das Durchschauen der Situation, andererseits die Hilflosigkeit belegt – und daher meist abgemildert wird (z. B. durch eine Ohrfeige mittels eines Blumenstraußes in Liebe auf Abwegen, BRG, 12/2003, S. 57, Abb. 65; © Abb. 14).
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Abb. 14
– die bildgraphische Überhöhung r der männlichen Hauptdarsteller durch vergrößernde Aufnahmen (vgl. Der Held meiner Träume, r BRG, 02/2003, S. 47, Abbn. 26/27) oder die horizontale Neigung des Bildes (vgl. die Eifersuchtsszenerie mitt bewegungsunfähigem Mädchen und es an die Schulter fassendem Jungen in Derr große r Irrtum, BRG, 10/2003, S. 54, Abb. 37; © Abb. 15)32. Hier sitzt das Mädchen auf dem Boden, der Junge steht über ihr. Das Mädchen hat zudem die Füße und Unterschenkel in eine Art Graben gestellt und damit einen sehr eingeschränkten Bewegungsradius. Der Junge fasst sie fest und bedrohlich mit der linken Hand an der Schulter, mit der rechten droht er einen Schlag, eine Ohrfeige an. Das Mädchen weicht nach hinten mit dem Oberkörper aus, öffnet f die Arme und Hand-
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Zu entsprechenden Beispielen in der Werbung g vgl. g Borstnar 2002a: 704f.
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flächen als Geste des Sich-Nicht-Wehrens. W Die kameratechnische horizontale Neigung des Bildes weist auf Unsicherheit und Bedrohung hin, was noch einmal zusätzlich die inszenierte Überlegenheit des Jungen und die Unterlegenheit des Mädchens belegt. – die visuelle Verkleinerung der weiblichen Figur (vgl. Falsche Gefühle, BRG, 18/2003, S. 51, Abb. 63) und ihre – im Gegensatz zur männlichen Figur – Stilisierung zum Objekt, ihre Verdinglichung (Borstnar 2002a: 705). – der Einsatz der Perspektive der Kamera als grundlegende Entscheidung, wie die Dargestellten unbewusst „gewertet“ werden: Kameraaufnahmen in so genannterr konventioneller Untersicht stellen die Abgebildeten gleichsam überhöht r und damit mächtiger dar, Aufnahmen in so genannter Aufsicht rekurrieren auf eine Verobjektivierung und damit korrelierende Entmachtung und Schwächung der Dargestellten. Dabei werden männliche Figuren vermehrt in Aufsicht, weibliche Figuren vermehrt in Untersicht abgebildet. – Bei den weiblichen Figuren werden durch Kameraeinstellungen die abgebildeten Körper sehr viel häufiger fragmentiert, bei den männlichen dagegen bleibt durch Dynamik und Abbildungen des ganzen oder annähernd ganzen Körpers auch ins-
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gesamt eine Ganzheitlichkeit des Zeichens Mann erhalten bzw. wird gegenüberr dem Zeichen Frau betont. Zusätzlich werden Körperbilder des Mannes um portraitartige Großaufnahmen ergänzt, was für den weiblichen Prototyp wenigerr der Fall ist. Dies codiert eine Betonung des „Männlichen“ als „Einheit“ und „Vollkommenem“, V wohingegen das „Weibliche“ W als „objekthaftes Unvollständiges“ vorgestellt wird. – Werden W Körperdetails betont, so ist die Kameraperspektive häufig identisch mitt dem voyeuristischen, subjektiven Blick des Mannes. Auch dies impliziert eine Objekt-Subjekt-Spaltung analog dem „Weiblichen“ W als dem Objekthaften, dem „Männlichen“ als dem Subjekthaften. Zusätzlich werden körperliche Reize oftt zur Kamera hin exponiert und mit einer dialogischen Blickadressierung an die Betrachtenden verbunden (Borstnar 2002a). – Durch kameratechnische Inszenierung werden Körper sehr häufig als Ikonographien konstruiert, d. h. die Körper werden beispielsweise mit antiken Figuren in Verbindung gebracht, erhalten durch Einsatz von Lichtelementen (wie z. B. Aureolen und Strahlenkränzen) eine magisch-religiöse Metaphorik und verweisen damit auf Elemente der Zeitlosigkeit und der Kunst (vgl. hierzu YAM Nr. 51 vom 10. Dez. 2003, Ein Kunstwerk der Liebe, S. 79). Diese Gestaltungsprinzipien dienen zugleich bestimmten geschlechterasymmetrischen Typisierungen: y a) So ist der dominierende männliche Prototyp r der Fotogeschichten ausgezeichnett durch Außenwelt-Orientierung, Lebens-, Raum- und Bewegungskompetenz, Naturund Technikbeherrschung einschließlich Medienkompetenz, auch durch Kontrollbestreben, Pflichtbewusstsein und Geschäftsinteresse (vgl. Spot an für die Liebe, BRG, 04/2003, S. 36, Titelb.); zudem durch Beschützerinstinkt, Zielbewusstsein, Zuverlässigkeit, Ausdauer, Entdeckungs- und Wissensdrang (vgl. Falsche Gefühle, BRG, 18/2003, S. 40–53). Ebenso durch inszenierte und konstruierte Assoziationen seines Körpers an Antike und Skulpturalität. b) Der dominierende weibliche Prototyp r ist gekennzeichnet durch enge Bindung an das Häusliche, Familiäre und Kulturelle; (siehe dazu auch Borstnar 2002a: 703), hat viel Sinn für Schönheit, wenig für Technisches; ist kaum extrem belastbar, oft unsicher, schuldbewusst, schutz- und anlehnungsbedürftig sowie versonnen, wird von Peinlichkeiten stark berührt, verhält sich im Raum orientierungsschwach (vgl. Vom Unheil verfolgt, BRG, 17/2003, S. 48, Abb. 54); weitere Charakteristika dieses Typs sind eine ausgeprägte Unfähigkeit,
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Abb. 16
sich zur Wehr zu setzen und über keinerlei Körperkompetenz, d. h. Körperbeherrschung zu verfügen (vgl. Böse Täuschung, BRG, 21/2003, S. 47, Abb. 43), ein hoher Grad an Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen sowie instabile und labile Körperhaltungen, die auf Schwäche, Unsicherheit und Bezugnahme zu jeweils stärkeren, immer männlich besetzten Körpern verweisen (Mühlen Achs 1998: 45–47). Dieser weibliche Prototyp r wird belegt mit der Neigung zu Heimlichtuerei, Lügen, Verschwörungen und Intrigen. Häufig werden Pläne in der Absicht geschmiedet, Jungen eifersüchtig zu machen und in Situationen des Missgeschicks von diesen „gerettet“ zu werden. (vgl. Böse Täuschung, BRG, 21/2003, S. 47; Abb. 42–48. © Abb. 16); im Gegensatz zum männlichen Protor typ, der als „offen“, f „durchschaubar“ und „geradlinig“ konstruiert wird, scheint der weibliche Prototyp r „undurchschaubar“, „verborgen“ und „irrend“. c) Eine „Extremvariante“ des weiblichen Typs ist sportlich und selbstbewusst (vgl. Gefährliche Gefühle, BRG, 16/2003, S. 40–51; Der Eisbahn-Casanova, MÄD, 03/2003, S. 40–47); ist zuweilen auf burschikose Weise „emanzipiert“, tritt sogar als erfahrene „Sex-pertin“ auf (vgl. Das LiebesExperiment, BRG, 08/2003, S. 48, Abbn. 11–14); in Ausnahmefällen ist dieser Typ auch verschlagen, raffiniert f (vgl. Spot an für die Liebe, BRG, 04/2003,
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S. 36–53). 6 5 Auffallend f ist, dass weibliche Agierende, die mit eher männlichen Attributen und Rollenzuschreibungen ausgestattet werden, fast durchweg als lesbisch oder lesbisch interessiert r vorgestellt werden. Darauf referieren Zuschreibungen wie kurze Haare, r muskulös-kräftiger Körperbau, den eigenen Körper beherrschende Kompetenzen, feste Eingliederung in die Berufs- undd Arbeitswelt, Erfahrungskompetenzen auf technischen und medialen Gebieten. Zudem sind diese in der Lage, „sich zu wehren“(vgl. BRG, 8/2003, Abb. 75: „Ines knüpft sich Paul vor.“) oder vorbehaltlos und offen f Tabuthemen wie beispielsweise Onanie oder mangelnde sexuelle Erfahrungen anzusprechen (ebd.). Es taucht so gut wie nie eine zugleich „feminine“ und „starke“ Protagonistin auf. Wenn „stark“, dann auch lesbisch konnotiert, wenn „feminin“, dann „schwach“. Ob und inwieweit diese in den Fotogeschichten entworfene virtuelle Geschlechterhierar r rchie für die Leserinnen und Leser eine Übernahmeangebot hinsichtlich des Rollenverhaltens darstellt, inwieweit diese „in ein Komplizenverhältnis zum Dargestellten“ geraten (Sontag 1989: 174), bedürfte weiterführender Rezeptionsforschung. Zu vermuten ist, dass die Leserin sich nicht bewusst mit einer Figur identifizieren will, sich durch größtmögliche Identifikationsmöglichkeiten aber um so eherr in eine andere, durch romantische Ideen geordnete, aber zumindest teilweise lebensnahe Welt hineinversetzen kann, wie sie ihr vom Genre und seinem virtuellen Angebot versprochen wird. Die Fotogeschichten bieten hierfür im Wesentlichen zwei von den Protagonistinnen und Protagonisten vertretene Erfolgsreligionen, zwei vereinfachende „Rahmungsangebote“ zur eigenen Lebensorientierung und Identitätssicherung an: – zum einen die konventionelle, romantisch sexualisierte Verhaltensvariante mitt Unterlegenheit und Unterwürfigkeit, mit Schwäche, Machtlosigkeit und Unsicherheit, einem Masse-Modell im Geist der „Hausfrauisierung“ (siehe dazu Braun 2003), und – zum anderen der in vielen Jungen-Gestalten, selten auch in Mädchen-Gestalten zur Adaption angebotenen individualistischen, karriereförderlichen Verhaltensvariante, dem Elite-Modell im Geist einer Gleichberechtigung der Geschlechter. Die zum Teil übertriebene, puppenhafte Gestik und Mimik der ja fast ausschließlich Laiendarstellenden erinnert an die der Schauspieler in frühen Stummfilmen. Manchmal entsteht auch unfreiwillige Komik durch diese Übertreibung, insbesondere bei Zweisamkeits- und Gewalt-Szenen (vgl. Besessen, BRG, 24/2003, S. 49, Abb. 58; © Abb. 17).
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Abb. 17
Sie belegt die nicht professionellen, mimischen und gestischen Anpassungsversuche der Darstellenden an den Inszenierungscharakter der Fotogeschichten mit ihren Verknappungen, Hierarchisierungen und Emotionalisierungen sowie an die fotografische Apparatur. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Doppelcharakter von dokumentarisch wirkendem Abbild und scheinbar realitätsnaherr Inszenierung hervorragend geeignet ist, um in den Fotogeschichten bildhaft und spielerisch die Hierarchisierung von Geschlechterrollen vorzunehmen. Und diese belegt, dass „Rollen in [sic!] sich bedeutungslos sind; sie nehmen im Zusammenspiel mit verwandten Rollen Bedeutung an“ (Simon/Gagnon 2000: 87) und tragen so bei zur einflussreichen Grenzverwischung zwischen dokumentarischem Abbild und inszeniertem Bild der Realität.
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1.4.2
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Die Anverwandlung: „Jugendsprache“ als Identifikationsangebot
Die Bilder der Fotogeschichten assoziieren Überschaubarkeit und leichte Rezipierbarkeit, lineare erzählerische Kontinuität. Zudem verheißen dramatisierende Titel Emotionalität und Spannung: Aus Liebe ins Verderben (MÄD, 10/2003, S. 46–53); In der Schuldenfalle (MÄD, 12/2005, S. 42–49); Gefährliche Gefühle (BRG, 16/2003, S. 40–51); Eine verhängnisvolle r Affäre r (BRFLS, 01/02–2003, o. S., Abb. 1–385; Teil: Flucht ins Ungewisse, Abbn. 220–305; Teil: In letzter Sekunde, Abbn. 306–344); Dem Täter auf der Spur (YAM, Y 38/2005, S. 29–55). Teilweise orientiert der Titel schon auf das „Happy-End“, zum Beispiel, wenn Medien- und Model-Karrieren Themen sind: Spot an für die Liebe (BRG, 04/2003, S. 36–53). Die redaktionellen Eingangstexte und Kurzportraits offerieren f die inhaltliche Ausgangssituation – ein Beleg für den Pseudo-Realismus der Fotogeschichten, ihre Suggestion von Lebensnähe: „Kein Geld für tolle Klamotten, keine Freunde und auch noch unglücklich verliebt. Ihre Armut hat Julia einsam und verletzbar gemacht. Was ihr bleibt, istt der romantische Traum vom ‚Herz an Herz‘ – Gefühl mit Tim …“. Zu dieser Figurr heißt es: „TIM (17) kommt aus ‚gutem Hause‘. Seine Eltern legen sehr viel Wertt darauf, dass seine Freunde und Freundinnen standesgemäß sind. Tim denkt darüberr ganz anders: Für ihn zählen Zuneigung und Liebe mehr …“ (Herz an Herz, BRFLS, 08/2003, o. S., 124 Abbn; siehe auch ebd. die themenverwandte Geschichte Reich & Arm, o. S., 91 Abbn.). Die simplen Handlungsabläufe der Fotogeschichten mit ihren klischeehaften Akteurinnen und Akteuren und ihrer Pseudo-Dramatik, mit ihrer Konfliktauflösung im Kuss-Happy-End, wären überwiegend auch ohne die „Sprech“- und „Denkblasen“ überschaubar und erfassbar. Ihre erzählerische Inszenierung entfaltet sich oft nach – an den „Deus ex machina“ im antiken Drama oder den „Reitenden Boten des Königs“ bei Moliere33 erinnernden – Mustern: Unfälle passieren häufig plötzlich, unvermittelt, nicht logisch aus dem Handlungsablauf entwickelt, sondern gewaltsam eingefügt, zum Beispiel durch Rauchen im Bett (vgl. Vom Unheil verfolgt, BRG, 17/2003, S. 38–52; S. 50, Abbn. 72–74), durch ungeschickten Umgang mit Pferd, Motorroller und Fahrrad (vgl. Spuren r der Liebe, BRFLS, 07/08–2003, o. S.; 6./7., 12. Innen-S.).
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„Deus ex machina“, lat. „Gott aus der Maschine“, ist ein Mittel der Konfliktlösung im antiken Drama (Euripides: Medea, Sophokles: Philoktet). Meist kurz vor der Katastrophe wird die Lösung durch das Eingreifen einer Gottheit herbeigeführt, deren Darsteller mittels einerr Theatermaschine auf die Bühne herabschwebt. Der in die Handlung eingreifende Reitende Bote in Molieres Tartuffe (1664) steht für eine komödiantische Konfliktlösung. g
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Die Sprache der Figuren ist dementsprechend die Sprache von kaum langfristig durch schwerwiegende Verwerfungen, sondern nur kurzfristig und nur aufgrund privater Misshelligkeiten und unvorhersehbarer Ereignisse aus der gewohnten Bahn geworfenen jungen Menschen. Sie behaupten sich letztlich stets, der Weg zu einem – in ihrem Verständnis – authentischen Dasein ist prinzipiell für sie immer frei; das Fundament, auf dem sie sich bewegen, ist keineswegs brüchig. Zugleich vermitteln die Figuren allesamt aber oft auch einen marionettenhaft starren Eindruck und sind charakterisiert durch fast monotone umgangssprachliche Wiederholungspr r rozesse. Charakteristisch sind klare geschlechtertypische Zuordnungen: So dominiert bei Mädchen und jungen Frauen in vielen Situationen die verbale Selbstschwächung: „Ich bin doch viel zu schüchtern.“ – „Ich trau mich nicht.“ – „Ich bin so dumm.“ – „Ich kann das nicht.“ – „Wieso W mache ich immer alles falsch?“ (Ein Herz für zwei, BRG, 03/2003, S. 37/S. 38/S. 48, Abbn. 3, 5, 16, 19, 37 – Abbn. 16, 19: © Abb. 18; Abb. 19; Abb. 20; Abb. 21; Abb. 22). Auf der männlichen Seite herrschen dagegen Großspurigkeit und Aggressivität vor: „Von V einer Frau lass ich mir so was nicht sagen.“ (Die Rosen-Romanze, MÄD,
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09/2003, S.46–53; 6 5 S. 51, Abb. 48)) – „Erzähl keinen Scheiß! Gib doch zu, dass du einen anderen hast!“ (Der große r Irrtum, BRG, 10/2003, S. 46–59; S. 54, Abb. 37). Die verwendete Sprache ist gekennzeichnet durch viele umgangssprachliche Ausdrücke, eingeschlossen viele englischsprachige Anleihen beziehungsweise Adaptionen und deutsch-englische Wortverbindungen. Weitere Charakteristika sind: • Ein großer Teil der Ausdrücke sind Neologismen, teilweise in Anlehnung an bestehendes Wortmaterial, beispielsweise „styling-technisch“, „alken“ (sich hemmungslos betrinken), „cool“ (schön, angenehm, erstrebenswert, toll, super), „geil“, „fett“ (super, atemberaubend), „ätzend“ (ungut), „mackig“ (nicht normal). • Manche Wörter werden leicht verändert (Amalgamierung, Kurzwörter): aus „Personalausweis“ wird „Perso“, aus „Tankstelle“ T wird „Tanke“, T aus „Telefonieren“ T wird „Fonen/Phonen“. • Vereinfachungen: V aus „schlafen“ wird „schlafn“; aus „einkaufen“ wird „einkaufn“; aus „achso“ wird „aso“. • Bedeutungsverschiebungen: „Das Auto sieht geil aus“ ist nicht anstößig gemeint, sondern anerkennend. • Flotte Redenarten, griffige f Sprüche und stereotype Floskeln wie zum Beispiel „Ganz cool bleiben“, „kommt gut rüber“, „groß rausbringen“, „bingo“, „Du bist der absolute Wahnsinn“, „totale Niete“, „was mich am meisten ankotzt“, „Mach‘n Abgang!“ • Superlativbildungen: Viele Begriffe f werden gesteigert, indem man „super“, „mega“, „hammer“, „über“, „extra“, „spitzen“, „ober“, „end“, „hyper“ oder auch „ur“ und andere davor setzt. Manchmal werden mehrere dieser Steigerungsformen kumuliert verwendet: „Das war ein mega spitzen klasse Konzi.“ (vgl. Der DJ-Contest, MÄD, 25/2002) • Lautwörterkommunikation wie „bäh“, „würg“ und lautmalerische deutsche Interjektionen. • Worterweiterungen W wie „abfahren“ („Der fährt da voll drauf ab!“). (Vgl. Heimliches Glück, MÄD 22/2004) • Prosodische Sprachspielereien, Lautverkürzungen und Lautschwächungen sowie graphologische Mittel wie zum Beispiel „wAhnsinnig“. • Kreatives Verwenden von Zeichen der Popkultur, Werbung, Film oder Jugendszenen, oft in Form von Anglizismen wie zum Beispiel „chillen“ für „sich ausruhen, entspannen“. Jedoch gibt es manchmal auch den umgekehrten Fall: Statt des mittlerweile schon in der Erwachsenensprache etablierten englischen g Wortes
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„checken“ wird das deutsche Wort „peilen“ verwendet („Der peilt das nicht!“ vgl. MÄD 12/2004). • Fäkalismen und sexuelle Begriffe f als Beschimpfungen tauchen in den Fotogeschichten so gut wie nicht auf. • Ebenso wenig sind diskriminierende Begriffe f wie zum Beispiel „Nigger“ (Dunkelhäutiger), „Mongo“ (Gestörter, verwirrter Typ), „Spasti“ (Spinner) oderr „Schwuchtel“ (Homosexueller) in den Fotogeschichten zu finden. • Sehr häufig sind Füllwörter wie zum Beispiel „voll“, „halt“, „wow“, „ey“, „äh“. „yeah“. Eine bemerkenswerte Entwicklung ist auch die so genannte T9-Sprache. Wörter, die im schriftsprachlichen Angebot von Mobiltelefonen als so genannte SMS („Short Message Service“) oft gebraucht werden, aber nicht als erste Wahl auf dem Display der Mobiltelefone erscheinen, werden so belassen und mit der eigentlichen Bedeutung gleichgesetzt. So wird „verspätet“ zu „udssr“, „ruf mich an“ zu „süd mich an“. Früher war es sehr umständlich, auf der kleinen Tastatur eines Mobiltelefons eine Short Message einzutippen. Die meisten Buchstaben sind nur durch mehrmaliges Drücken einer Taste zu erreichen. Durch die Entwicklung der T9-Texteingabe T ist es möglich, fast alle Texte einzugeben, indem die Taste, auf der der gewünschte Buchstabe zu finden ist, nur einmal gedrückt wird. Die Mobiltelefone mit T9-T Technikk verfügen über ein erweitertes Wörterbuch und erreichen mit einer so genannten Trigramm-Analyse eine sehr hohe Trefferquote f bei der Ermittlung des gewünschten Wortes. (So auch die Quelle des Namens: t9 steht für text on nine keys). • Die verwendeten Anglizismen sind auch zu finden in der gängigen Sprache derr Musiksender VIVA V oder MTV. V Sprachliche Ausdrucksvielfalt, originelle Fügungen und Sprachspiele, wie sie zum Teil die zu den Vorläufern der Fotogeschichte zählenden Comics auszeichnen,34 finden sich in den Geschichten nicht. Ein interessantes Phänomen sind die Anklänge an eine Art verkitschten Bildungsjargon in den „Sprechblasen“ der Fotogeschichten: – „die Frau meines Lebens“; „… soll ihre Liebe aufersteh‘n“; „… möge das geschehen“ (Liebeszauber, r MÄD, 05/2003, S. 42–49; S. 45, Abb. 32, S. 48, Abb. 72); – „die Sterne vom Himmel holen“ (Das Liebesexperiment, BRG, 08/2003, S. 46–59; S. 47, Abb. 3). 34
Vgl. Sexy Silvi’s ’ Supersüsse Stories. Heiße Grill-Party, y YAM, 08/2001, S. 40f., mit Wortspielen wie: „Orgasmus“/„Ohrgasmus“ – (zu Besuch) „kommen“/einen Orgasmus haben. – Siehe auch Zobl 1999.
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Diese etwas antiquiert, fast künstlich scheinenden Sprachwendungen intensivieren romantische Szenerien noch zusätzlich. Insgesamt aber ist der in den Fotogeschichten verwendete Wortschatz eher selten differenziert, f komplexere Satzkonstruktionen sind – schon aus „Platzgründen“ – die Ausnahme. Bemüht wird stattdessen ein kurzer, knapper Sprachstil. Durch die auf die progressiven Entwicklungen der Geschichten ausgerichteten Erzählstrukturen überwiegen sprachlich viele Frage- und Antwortsätze, Kommentierungen in Form von einzelnen Wörter sowie Imperative. Fremdwörter kommen so gut wie nicht vor. Insgesamt kann die verwendete Sprache eher als eine „gemäßigte Jugendsprache“ bezeichnet werden. Spezifische Tendenzen wie zum Beispiel „Türkdeutsch“, vulgäre Sprache oder „Knastsprache“ sind nicht zu finden.35 Dies mag dadurch zu erklären sein, dass solche sprachlichen Formen eher bildungsfernen Schichten zugeordnet werden, bildungsnahe Schichten verwenden eine deutlich weniger vulgäre Sprache. Mit einem zwar als deutlich jugendsprachlich markierten, aber gleichzeitig gemäßigten Angebot will man möglicherweise von Redaktionsseite die Zielgruppen möglichst offen f halten, keine potentiellen Absatzmärkte vergeben. Andererseits lässt sich hier durchaus auch vermuten, dass man damit „Ärger vermeiden“ möchte und auf zu „deftige“ Ausdrücke auch deshalb von vorneherein verzichtet. Dennoch ist die Sprache klar funktionalisiert. Die kulturellen Ressourcen, aus denen Jugendliche schöpfen, entstammen in zunehmendem Maße den Medien, welche die kommerzialisierten und lebensstilorientierten jugendlichen Gruppenstile bedienen. „Jugendliches Spiel mit Sprache und Kommunikation hat gegenwärtig in der Regel weniger die Funktion, Protest auszudrücken, sondern ist vielmehr Teil einer durch Medien geprägten Kultur derr Gruppe, in der es um Vergnügen und gelegentlich ‚um den Kick‘ geht. Die Gesprächskultur von Jugendlichen erscheint aus der Erwachsenenperspektive als defizitär, aus der Binnenperspektive jugendlicher Peer-Groups stellt sich dies anders dar: Jugendliche Kommunikationsformen erscheinen als systematische Resultate einer Orientierung an Unterhaltung und Wettbewerb. Dabei gelten eigene, von derr Erwachsenenwelt abweichende soziale und auch sprachliche Normen. Die Orientierung an Spaß und Identitätsprofilierung ist jedoch janusköpfig, denn sie schafft f einerseits Freiräume für Ungezwungenheit, Tabubruch und das Austesten von Identitäten und sie befreit andererseits von lästigen Zwängen zivilisatorischer Etikette. Erkauft wird dies aber durch den Verlust von Schutz und Schonung, die diese Etiket35
Auch umgangssprachlich durchaus gängige Synonyme und Stigmatisierungen für das Wort „Mädchen“ wie zum Beispiel „Ische“, „Mosse“, „Brieze“ und andere tauchen in den Fotogeschichten nicht auf.
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te gewährt, und so entstehen neue Zwänge: Das Individuum muss jederzeit auf derr Hut sein […] und die Orientierung an Spaß und Wettbewerb kann schnell zum Spaßzwang werden. Und wenn dieser ‚Spaßzwang‘ immer mehr unter das Diktat derr Mediengesellschaft gerät, dann allerdings stellt sich die Frage, inwieweit jugendliche Gesprächskulturen noch kreativ oder teilweise nicht vielmehr Schablonen, Abziehfolien medial vorgefertigter Stilmuster sind“ (Schoblinski 2002: 19). 1.4.3
Die romantische Provinzialisierung r
Beim Lesen der Fotogeschichten kommerzieller Mädchen- und Jugendmagazine fällt auf, dass insbesondere zwei „Rahmen“ (Goffman f 1981) der Inszenierungen dieser Geschichten – sozusagen als deren „Bühne“ und Austragungsorte – immer wieder „bespielt“ werden: Da ist zum einen ein „innerer“ Rahmen, ein „innerer“ Austragungsort in Form des Mädchenzimmers der Hauptakteurin. Und da sind – quasi als „äußerer Rahmen“, als eine Art „Außenbühne“ – Naturschauplätze wie beispielsweise Seen oder Berge, aber auch Freizeitplätze wie Eisdielen, Schwimmbäder oderr Reithallen als bevorzugte Anknüpfungsorte an die „Welt W draußen“. Beide – „Innen- und Außenschauplätze“ der Fotogeschichte, ihre sich wechselseitig bedingenden Verflechtungen, aber auch ihre klar bedeutungsmarkierten Abgrenzungen und Zuweisungen – sollen im Folgenden in Bezug auf die Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbild und ihre lebensweltlichen Kontexte genauer untersucht werden. 1.4.3.1 Das Mädchenzimmer als Gehäuse Die Fotografie hat eine besondere Affinität f zu Räumen; die Raumerscheinung von realen Menschen und Gegenständen wird in ihr zur Bedeutung (Kracauer 1992: 191). Da die Fotogeschichten einen besonders „lebensnahen“ Bezug zu realen Räumen suggerieren, laden sie gleichsam auch zur Besichtigung einer printmedialen Dauerausstellung von intimen Wohn- und Verhaltensarrangements ein. Im Mittelpunkt steht dabei das Mädchenzimmer, dem in der überwiegenden Anzahl der Fotogeschichten eine ganz zentrale Bedeutung zukommt. Nur sehr selten werden darüberr hinaus auch explizite Einblicke in „Jungenzimmer“ gewährt. Auch der übrige Wohnkontext – Küche, Wohnzimmer – spielt im Verhältnis zum Mädchenzimmerr eine eher marginale Rolle. Die Einrichtung der Mädchenzimmer ist modern, praktisch, funktionell – vor allem sehr farbig und voller Accessoires (vgl. MÄD Der Urlaubsflirt, 06/2003, S. 42 Titels. © Abb. 23). Unverzichtbare, sehr häufig in das Bild gesetzte Möbel sind das Bett und das Sofa. Vor allem das Bett ist dabei liebevoll,
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Abb. 23
gemütlich und einladend dekoriert, mit einer Vielzahl von Kissen, Plüschtieren, bunten Decken und Blumen. Es sieht behaglich aus, weist auf Geborgenheit hin und die Möglichkeit, sich darin zurückziehen zu können. Den Bezug „nach draußen“, in die virtuelle Welt, assoziieren vor allem Fernsehgerät, Multimedia und Computer, aber noch unverzichtbarer das immer und überall präsent zu sein scheinende Mobiltelefon. Die Wohnung, besonders das Mädchenzimmer, gerät damit zum überschaubaren und säuberlichen Gehäuse der großen, verdinglichten Sehnsucht nach der
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Abb. 24
herrschaftsfreien, überschaubaren Heimat voller romantischer Partnerschaftsphantasien, heterosexueller Körperlichkeit und Individualisierungswünsche. Diese Phantasien und Wünsche werden zuweilen magisch mit Tarotkarten (vgl. Vom Unheill verfolgt, BRG, 17/2003, S. 39, Abb. 8–10; © siehe Abb. 24) oder Schmuck, Ringen und Kettchen verbunden, wie sie den Zeitschriften oft als Gimmicks, also „Extras“ beigefügt sind (vgl. Der Held meiner Träume, r BRG, 02/2003, S. 36–53; S. 37, Abb. 8). Auch die Esoterik kommt nicht zu kurz: „Nicky ist ein totaler Astro-Freak: Sie glaubt fest an Horoskope und ist überzeugt, nur mit Hilfe der Sterne die große Liebe zu finden. Dann trifft f sie Jojo – ein absoluter Traumtyp! Aber hat er das richtige Sternzeichen …?“ (Sternzeichen: Liebe. Aszendent: Glück, BR, 50/2005, S. 54–59). Zutritt zum Mädchenzimmer hat neben der Bewohnerin allenfalls noch deren beste Freundin, nur gelegentlich die männlichen Partner, so gut wie nie dagegen die Eltern. Es scheint eine Art Tabuzone für Erwachsene. Hier, im privaten Raum, abseits der „tendenziell totalen Vermarktung der Lebenstätigkeiten“ (Braun 2003: 550), erfolgt wesentlich die Verdrängung von Unsicherheit und Orientierungsarmut, von Angst und Krankheit, von Vergänglichkeit, körperlicher und sozialer Gewalt sowie familiären Katastrophen. Geradezu trotzig wird darum die Wohnung ausgestattet mit grellfarbenen Serienmöbeln, stoffbespannten f Wänden und mächtigen Spiegeln für den weiblich implizierten Narzissmus, das selbstgefällige, aber immer auch den männlichen Blick einschließende, mit versonnenem Nachdenken verbundene „styling“ (vgl. hierzu Borstnar 2002a: 707; zur Kulturgeschichte des Spiegel-Blicks siehe Haubl 1991). Damit wird vor allem Nähe und Neigung zu Transzendenz und Hang zu Irrealismus angedeutet, was fast durchgängig Frauen bzw. Mädchen zugeordnet wird, während Männer eher mit Realismus konnotiert werden (vgl. Der Held meiner Träume, r BRG, 02/2003, S. 51, Abb. 66;
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Spot an für die Liebe, BRG, 04/2003, S. 37, Abb. 5; Der falsche Kuss, BRG, 05/2003, S. 39, Abbn. 9/10; Unheimliche Party, y BRG., 23/2003, S. 47, Abb. 46). Und während draußen Industrie, Medien und Politik immer größere, lautere und wirksamere materielle und immaterielle Werkzeuge hervorbringen, werden die heimischen Objekte immer niedlicher und ausgefallener: das modisch-farbig bedruckte Geschirr, die weichen Kuscheltiere r aus Plüsch, die Fotoalben, Liebesromane, Kerzen, Briefsammlungen und Funktelefone (vgl. Der Urlaubsflirt, MÄD, 06/2003, S. 42;Titelb.; T Trip ins Glück, MÄD, 08/2003, S. 42/43, Titelb.; Der Held meinerr Träume, r BRG, 02/2003, S. 36–53; Liebe auf Abwegen, BRG, 12/2003, S. 54, Abbn. 37–40, S. 56, Abbn. 57–62). Gelegentlich, in einer Szene voller Erinnerung und Besinnlichkeit, findet sich auch schon einmal ein Kuscheltier in den Händen eines jungen Mannes: „Ich muss auf Marie verzichten, sonst steckt mich mein Vater ins Heim“ (Gefesselte Herzen, BRTF R F, 02/2003, S. 35, Abb. 61; © Abb. 25). Hier im geschützten, gesicherten Am-
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biente, im überschaubaren und selbst konstruierten, d.h. eingerichteten Rahmen des privaten Mädchenzimmers durchlebt das Mädchen emotionale Zusammenbrüche, wenn sie nach erfolglosem Werben um den Angebeteten, nach Frustration, Betrug, zwischenmenschlichen Enttäuschungen oder Eifersucht leidet. Wenn sie weint, Trost sucht bei ihren Stofftieren f (vgl. BRG 02/2003, Liebe auf Abwegen, S. 56, Abb. 57 und 58; © Abb. 26) oder der besten Freundin. Hier darf sie ungeschützt preisgeben, dass sie verletzt und schwach ist, hier ist sie sicher, abgeschirmtt und behütet. So gleicht in der Grundausstattung von notwendigem Zubehör und Wohnambiente (Kissen, Kuschelecke, Stofftiere, f Spiegel) auch ein Mädchenzimmerr dem anderen, was den Eindruck des sichernden Rahmens nur umso stärker betont. Zweisamkeitsszenen mit einem Jungen sind – wenn sie im Mädchenzimmer spielen – fast immer mit Enttäuschung, Misstrauen oder sonst emotional negativ besetzt. Die großen Momente der Liebesgeständnisse, der zentralen Liebeserklärungen, derr gelungenen Sexualität finden an anderen Orten statt. Das Mädchenzimmer bleibt als Schutzzone dem ungestörten Ausleben erlebter Misserfolge vorbehalten. Auch Werbung für Konsumgüter findet hier statt. In Eigenwerbung liegen scheinbar zufällig auf den Wohntischen der Mädchenzimmer Ausgaben der jeweiligen
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Abb. 27
Mädchenzeitschrift als Accessoires herum, stehen überdeutlich lesbar Packungen mit Frühstücksflocken, Getränkeflaschen oder Süßigkeiten auf dem Tisch. Besonders häufig werden die gerade aktuellen, prestigeträchtigen Modelle der Mobilfunktelefone beworben. Beim „Mitlesen“ einer SMS sind der Herstellername und der Modelltyp des Handys gut zu erkennen (vgl. YAM, Das Liebesgeheimnis, 47/2005, S. 55, o. Abb.-Nr.; © Abb. 27). Auch extrem selektive und idealtypische Illustrationen zum modernen jugendlichen Lebensroman, seinen panerotischen Eskapaden mit Familienrückhalt (soweit dieser vorhanden ist) gibt es reichlich: romantische Naturfotos und grelle Starplakate im A-3-Format, häufig BRAVO A und BRAVO A GIRL! entnommen, für das jugendtypische Wechselspiel von Bildanbetung und Bildverachtung (Idolatrie und Ikonoklasmus). Auf diesen geben sich die Idole aus der Medienwelt so, wie ihre jugendlichen Verehrerinnen zu sein wünschen, nämlich erfolggewohnt, selbstsicher (vgl. Trip ins Glück, MÄD, 08/2003, S. 42, Titelb. – siehe Abb. 28). Die geradezu biedermeierliche, an den Raumkonstruktionen erkennbare „Innerlichkeit“ der Fotogeschichten scheint zunächst in völligem Gegensatz zur ohne Atempause Geschichte machenden äußeren Welt, zu ihren die Posen, die soziale und politische Wahrnehmung prägenden Verläufen zu stehen. Aber sie hat ihre Herkunft, sie hat ihre Funktion, ihre Ökonomie36. Denn im „Mädchenzimmer“ als rahmendem „Gehäuse“ der Fotogeschichte wird harmoniesüchtig versucht, gerade die menschliche Ordnung zu schaffen, f die draußen nicht gelingen will. Die „Außenwelt“ wird in all ihren Folgen von der ratlosen, zum Teil sich bedroht fühlenden, ihres Platzes in der Welt oft noch unbewussten jungen Bürgerin nicht wahrgenommen, daher aus dem privaten Raum und den Ersatzöffentlichkeiten, f wie den zahlreichen Vereinen und Jugendclubs, verbannt. 36
„Ökonomie“, abgeleitet g vom griech. oikos, bedeutet ursprünglich: p g Haus, Haushalt, Wohnsitz.
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Abb. 28
Diese Kultur der Innerlichkeit ist also nur eine Form sozusagen spiegelverkehrtt transformierter und nach innen verlagerter Äußerlichkeit. Sie ist geprägt einerseits vom Bedürfnis nach harmonischen Beziehungen, an erster Stelle erfüllender Partnerschaftsbeziehungen, aber auch zu Natur und Gesellschaft sowie nach ästhetischerr Differenz. f Andererseits von der Alltagsmacht der Wirtschaft mit ihren die Berufswahl, das Ausbildungs- und Arbeitsleben der Jugendlichen maßgeblich bestimmenden Komponenten – und das mehr, als sie im bunten Abbild der Mädchenzeitschriften zunächst preiszugeben bereit ist. Während für das Leben in der Industriegesellschaft noch die weitgehende Unantastbarkeit des Zuhauses galt, sogar mit dem Versprechen geworben wurde, private Zufriedenheit würde für den Druck der Außen-
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welt entschädigen, scheint diese Trennung heute untergraben. Vor allem dadurch, dass sie die Freizeitgestaltung zu einer Angelegenheit der kulturindustriell propagierten Übertragung des Leistungsprinzips in die Freizeitsphäre macht. „Ein Zimmer für sich allein“ – das ist ein symbolträchtiges Bild in der feministischen Forschung. Virginia Woolf forderte es 1929 für schreibende Frauen, ein Zimmer mitsamt der entsprechenden finanziellen Ausstattung: zum ungestörten Denken und Arbeiten, zum konzentrierten Schreiben und Forschen (Woolf W 1957). Denn erst ein Raum ermöglicht im wahrsten Sinne des Wortes einen Standpunkt“ (Klaus/Röser/Wischermann W 2001: 20). Die Chance auf Entfaltung und Entwicklungsmöglichkeiten eines „eigenen“ Raumes werden in den Konstruktionen von Mädchenzimmern in den Fotogeschichten dagegen konterkariert. Hier ist Entwicklung nach draußen verbannt, das Mädchenzimmer ist Ort des Stillstandes, der Zeitlosigkeit, des Verharrens in statischen Strukturen, ja der Leblosigkeit. Das Leben läuft „draußen“ ab, das Mädchenzimmer ist Refugium gerade gegen Unruhe, Fortschritt und Entwicklung – sowohl der Welt als auch der Menschen in ihr. 1.4.3.2 Das Naturhafte als Symbolkulisse Zu benennen und näher zu untersuchen sind auf der Seite der „Außenwelt“ derr Inszenierungsräume der Fotogeschichten zum einen die Orte selbst, zum anderen
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aber auch eine ganze Reihe von Symboliken, die hier in immer wiederkehrender Verbindung auftauchen. Zunächst zu den „Spielorten“: „Baden, Biken, tolle Party“: Die variationsreich visualisierten Motive der Erholung, Entspannung, des Genusses, der Bewegung, der Emotionalität, der Erotik usw. in Naturkulissen gehören als elementare Motive zum unverzichtbaren Bestand derr Fotogeschichte (vgl.:Brieffreundschaft r mit Folgen, BRFLS, 07/08–2003, o. S., Titelb.; Entscheidung in Südafrika, BRFLS, 07/2003, o. S., Titelb.). Sie erinnern an den alten literarischen Topos des locus amoenus und seine Verheißungssemantikk von Frieden, Glück, Freiheit, Überfluss und Dauerhaftigkeit – unter Aussparung von Gefährdung, Vertreibung und Zerstörung.37 Aus der Sicht des urbanen Alltags, wie ihn die Fotogeschichten zuweilen in Cafés, Reitställen, Rummelplätzen, auch Buchhandlungen, Foto- und Künstlerateliers selektiv darstellen, gewinnen ja Bedingungen für den intakten Stoffwechsel f des Menschen mit der Natur wie Wasserressourcen, Luftqualität, Sonnenstrahlung, Vegetation usw., für harmonisches Gemeinschaftserleben und Individualität besondere Attraktivität. Als Handlungsorte wie als symbolische Quellen, damit als ikonische Ausdruckswerte betten diese Orte die Interaktionen der Geschlechter in eine Atmosphäre ein, die Wohlbefinden im „Ökosystem“ wie im Sozialsystem assoziiert: ein Zeltplatz am See (vgl. Liebe mit Hindernissen, BRG, 19/2003, S. 40, Titelb. © Abb. 29; Die Sprache der Liebe, YAM, 40/2003, S. 68–75); eine Eisbahn (Derr 37
Hier ist auf die so genannte Schäferdichtung r zu verweisen, die Walter Benjamin in seinerr Schrift „Ursprung des deutschen Trauerspiels“ r (1928) als einen historischen Vorläufer des barocken Trauerspiels und damit der Oper deutete. Ein typisches Merkmal der Schäferdichtung ist für ihn eine extreme Natursehnsucht, die sich in der „opernhaften“ Darstellung von idealen Orten, Paradiesen, äußere. Die Schäferdichtung erfuhr tatsächlich im 17. Jahrhundertt eine Modifikation: Der einst musizierende Hirte trat in den Hintergrund, stattdessen wurde der Naturschauplatz in literarischen Genrebildern idealisiert, mit ihm sein Wirken auf den ihn erfahrenden Menschen (vgl. Benjamin 1980: 384–386). So wurde der locus amoenus (oder Lustgarten, Elysium), ein irdisches Paradies, zu einem wesentlichen Denk- und Ausdrucksmodell, einem topischen Motiv – einem „Rahmenthema“ (vgl. Bialostocki 1966: 111–125). „Nicht, dass die inhaltlich gefüllten Topoi notgedrungen weitgehend aus wiederholbaren Konstanten, oft auch aus abgedroschenen Bezugselementen bestehen, macht ihre Toposhaftigkeit aus – wie seit Curtius in weit verbreitetem, selbst schon ‚topischen‘ Irrtum angenommen wird – , sondern, dass sie als Kristallisation von meinungsmäßig anerkannten Gesichtspunkten, herrschenden Anschauungen mit der Zuversicht herangezogen werden, dass sie in bestimmten Rede- und Argumentationszusammenhängen Zustimmung bewirken.“ Das ist ein wesentlicher Aspekt der Wirkungsstrategie jeder Art von Massenpresse, also auch der kommerziellen Mädchenzeitschriften (vgl. von Moss 1988: 426). Der Verfasserr bezieht sich auf Ernst Robert Curtius‘ Buch „Europäische r Literatur und Lateinisches Mittelalter“ (zuerst 1948) und den dort begründeten normativen Gebrauch von Topoi der antiken Rhetorik. Siehe dazu auch Fischer 1974.
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Eisbahn-Casanova, MÄD, Ä 03/2003, S.40–47, Titelb.); ein Skigebiet (Eine verhängr nisvolle Affäre, r BRFLS, 01/02–2003, o. S., Abbn. 115–123; © Abb. 30; siehe auch Heißkalt erwischt, MÄD, 04/2003, S. 40–47). Auch exotische südafrikanische Strände (Immer voll daneben, BRFLS, 07/2003, o. S., Abbn. 70–76), ägyptische Wüsten und Pyramiden (Im Zeichen des X. Rätselhafte Pyramiden, ebd., Abbn. 33–39), ebenso ein alter Friedhof (Unheimliche Party, y BRG, 23/2003, S. 41f., Abbn. 10–19) oder ein Schlossgelände (Der Held meiner Träume, r BRG, 02/2003, S. 53, Abbn. 76–84) können zum handlungskonstitutiven und symbolspendenden Repertoire gehören. Die Fotogeschichte braucht solche Orte für die Erzeugung und Beschreibung von Naturstimmungen. Ihre sinnfällig-detaillierten Darstellungen und Akzentuierungen von Freizeit, Entspannung, Ruhe, Privatheit dienen als „sensuale Appelle“ (Nerdinger 1996: 303). Sie regen die Betrachtenden nachdrücklich sowohl zur erlebenden (emphatischen) Mitschau in „narzisstischer Ungeschiedenheit“ (König 1992: 59) von – in Wahrheit kulturell-technisch perfektionierter, transformierter – Natur an, geben ihnen darüber hinaus aber auch (Spiel-)Raum für eigene Reaktionen, für die Projektion von Wünschen. Es geht um „semantischen Mehrwert“ (Borstnar 2002a: 699). Die dergestalt erzeugte reflektorische e Romantik ist darum oft sogar differenziert: f Es gibt „Romantik“ in entspannter Geselligkeit38 und exklusiver Festlichkeit, in abenteuerhafter Naturbegegnung, im Ausflug in das Exotische. Das Gleichnishafte der Situation für bestimmte angenehme Abläufe im menschlichen Leben wie (Feier-)Abend, Urlaub, Freizeit wird betont mit Sternenbildern, exotischen Menschen, Pflanzen und Früchten. Wärme, Licht, Ruhe, soziale Geborgenheit und harmonische Sexualität werden damit visuell suggeriert, intensiviert, mitt einem ästhetischen Überschuss versehen und zu ästhetischen Wertbeziehungen stilisiert. Als Element mit hohem Symbolwert erscheint in diesem Rahmen das Meer, das Wasser. r In seiner gegenständlichen Erscheinung betont, durch Anleuchten in seiner
38
Mit der Renaissance und ihrer lebensbejahenden Rückkehr zur Eigenverantwortlichkeit des Menschen, ihrer Absage an alle hörige Askese, entsteht auch eine zunehmende Freude an derr Geselligkeit. So wurde Geselligkeit zu jener Kommunikationsform, in der die Menschen geplante Begegnungen mit Mitmenschen pflegten, die dem eigenen Bedürfnis nach Kontakt, Bestätigung, Anerkennung und Austausch dienten. Geselligkeit, eine wesentlich „Spielform der Vergesellschaftung“, ist daher weder auf bloße Lebensfreudigkeit noch auf Vergnügungsund Unterhaltungssucht zu reduzieren, wie es in der Massenpresse immer wieder geschieht. (Simmel 1998: 193).
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„Naturtreue“ überhöht, wird das Naturelement als rinnendes Wasser oder vereinzelter Tropfen wirkungsvoll in das Spiel gebracht, um zum Beispiel für romantisierte „Tiefe“, T „Intensität“, „Unendlichkeit“ und „Ewigkeit“ zu stehen – wie die Bilder des Orients für die Sehnsucht schlechthin, wie die visuellen Arrangements mit Blumen, besonders Rosen, für das organische Leben – Motive, die sich abgewandelt in derr Fotogeschichte finden (vgl. Die Rosen-Romanze, MÄD, 09/2003, S. 46, Titelb. © Abb. 31; siehe auch Liebe auff Abwegen, BRG, 12/2003, S. 57, Abbn. 63–65). Darüber hinaus wird Wasser in den Werbestrecken der Zeitschriften und variiertt auch in den Fotogeschichten oft mit dem Weiblichen und mit Sexualität verbunden bzw. parallelisiert (vgl. Borstnar 2002a). Beispiele dafür sind eine UnterwasserKussszene (vgl. Der Urlaubsflirt, MÄD, 06/2003, S. 46, Abb. 38. © Abb. 32) oderr eine „Bettszene“ plus Freibadszene mit Retter-Prototyp (vgl. Verhängnisvolle Lüge, BRG, 15/2003, S. 48, Abbn. 31–39; © Abb. 33). Ist das Mädchen solchermaßen mitt den Motivkomplexen des Wassers in Szene gesetzt, so dringt der Junge in diesen Raum ein, wodurch immer auch erotische Konnotate etabliert werden. Solche Beispiele verweisen schon darauf, dass in Verbindung mit Natur-Symbolikk weitere Motive einen hohen Symbolwert haben, so vor allem Nacktheit, Freiheit r und Unverletzlichkeit, Schönheit und Exotik. Nicht zufällig finden sich daher in den Fotogeschichten immer wieder „Bettszenen“ (vgl.; Eine verhängnisvolle r Affäre, r BRFLS, 01/02–2003, o. S. , Abbn. 163–167; © Abb. 34; siehe auch Gefesselte Herzen, BRTF R F, 02/2003, S. 29–40, S. 33, Abbn. 36–42). Weibliche Nacktheit ver-
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mittelt dabei häufig Wertvorstellungen wie emotionale Nähe, Schutzbedürftigkeit, Anschmiegsamkeit; männliche dagegen assoziiert Selbständigkeit und Aktivität39. Oft wird in diesen Szenen die unterschiedliche Subjekthaftigkeitt dadurch betont, dass der männliche Partt schon (halb-)nackt ist, der weibliche erst während der shots von ihm entkleidet wird. Dies verweist auf die zusätzliche Verobjektivierung der weiblichen Personen, modelliert eine Dissoziation in eine aktive, männliche und eine passive, weibliche Rolle und verstärkt somit die Verschiedenheit derr konstruierten Geschlechterrollen. 1.4.3.3 Räume als Geschlechterzuordnungen Die vorangegangenen Untersuchungen ergeben hinsichtlich einer gendersensiblen Analyse auch das Folgende: Es lassen sich klare Zuordnungen derr „Räume“ und den mit ihnen konnotierten Attributen, Objekten und Figuren hinsichtlich der Geschlechter machen: • Die Räume der „Innenwelt“, allen voran das Mädchenzimmer, sind klarr dem Zeichen Frau, die Räume derr „Außenwelt“ dagegen sind dem Zeichen Mann zugeordnet.
39
Vgl. zu Beispielen aus der Werbung Borstnar 2002a: 698–706; darin u. a. überr „männliche Raumkultivierung“ und „weibAbb. 34 liche Domestizierung“. g
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• Während das Mädchen über die Kompetenzen für „ihren“ Bereich verfügt (Einrichtung, Gestaltung, Emotionalität), fallen die Bereiche der „Außenwelt“ in den Kompetenzbereich des Mannes. Er ist „raumkompetent“, „körperkompetent“ und „bewegungskompetent“. Die Fotogeschichten sind voll von belegenden Beispielen: So bewegt sich der Mann sicher im Schwimmbad und in Badeseen, während das Mädchen unsicher ist, ins Wasser fällt und zu ertrinken droht, wenn sie nicht vom Mann vorher in letzter Minute gerettet wird. Während das Mädchen bei einem Ausflug mit dem Mountainbike ungeschickt ist und stürzt, kann der Mann aus der Notsituation helfen; im Laufe einer Trekkingtour verliert das Mädchen schnell den Überblick und die Orientierung auf der Route, der Mann hingegen weiß genau, wo es „lang geht“; während das Mädchen beim Skifahren linkisch hinfällt, meistert der Mann schwierige Pistenpassagen. • Diese geschlechterkonstruierenden Kompetenzen werden noch unterstützt durch Semantiken der Mobilität im Raum: So werden Mädchen sehr viel häufiger als raumgebunden in Szene gesetzt, sie sind meist schon an den Plätzen oder Räumen, an denen sie gezeigt werden. Hingegen kommen Männer sehr viel häufiger „dazu“ oder gehen auch wieder weg, während die Mädchen da bleiben. So wird der Mann als sehr viel raum-mobiler, Innen- und Außenwelt-kompetenter vorgeführt als das eher „bewegungslose“ Mädchen. Oft wird dies noch unterstützt durch bestimmte Attributzuordnungen: Der Mann sieht beispielsweise auf die Uhr, sagt, er hätte nun einen wichtigen Termin und verabschiedet sich vom Mädchen. Er wird so mit einem „Auftrag in der Außenwelt“ in Verbindung gebracht, während das Mädchen raumgebunden zuhause bleibt. Solche narrativen Organisationen der geschlechterzuordnenden Raumkompetenz sind in vielfältigen Beispielen in den Fotogeschichten anzutreffen. f • Die Beziehungen der Figuren zur Umgebung verdeutlichen unterschiedliche Zuordnungen für die Geschlechter: Männer werden in einen größeren räumlichen Kontext gestellt als Frauen und sind sehr viel mehr mit den Zeichen Weite oderr auch Grenzenlosigkeit besetzt. Noch dazu wird der Mann häufig in erhöhte Positionen und Standorte gebracht, die Überlegenheit über den Raum konnotieren. Dies wird durch Attribute der klaren Außenwelt-Innenwelt-Zuordnungen noch verstärkt: Jungen werden sehr viel häufiger mit Werkzeugen, Fahrzeugen, Plänen, Instrumenten, Kameras in Szene gesetzt als Mädchen, die in altmodisch klischeehafter Weise sogar in typischen „Küchensituationen“ vorgeführt werden (vgl. BRG 02/2003, Der Held meiner Träume, r S. 47, Abb. 27; © Abb. 35). Immer wieder werden in den Fotogeschichten Verhaltensmuster vorgeführt und
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beständig wiederholt, die als normativ internalisiert und adaptiert werden können. • Auch die Verwendung von Farben trägt zu solchen Zuschreibungen und Konstruktionen bei. Der hohe Suggestionswert einfacher Farbkontraste (wie blau – gelb/orange) wird mittels hoher Farbintensität ausgespielt und zum Beispiel fürr die „semiotische Funktion des Körpers“ (Lautmann 2002: 43),40 für die Annäherung des Körpers an das („natürliche“ Schönheits-)Bild, wenn nicht gar für die tendenzielle Aufhebung der Differenz f zwischen naturhaftem Körper und künstlichem Bild fruchtbar gemacht. Denn sie assoziieren Licht, Sonne, Wärme, ja Göttlichkeit und Zeitenferne von menschlichen Gestalten (zu historischen Vorbildern siehe Sachs 1988: 267f.) (vgl. Ein Herz für zwei, BRG, 03/2003, S. 36, Titelb. © Abb. 36).
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Zur historischen „Leitfunktion“ von Körpern und Körperteilen bei der „Symbolisierung von Gesellschaft und Subjektivität“, zu den „Verfahren V der Diskursivierung, der Abstraktion, derr Rahmung g oder des Verhüllens“ siehe auch Benthien/Wulf W 2001: Einleitung 9–26; 14, 16).
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1.4.3.4 Die Privatheit der Fotogeschichten als Angebot im Kontext der realen Welt Die Fotogeschichten suggerieren, wie die Darstellung von Intimsphären überhaupt, das wahre Wesen der Personen aus der Nähe zu enthüllen. Kleine, intime Alltagsepisoden treten an die Stelle sozialer Zusammenhänge. Traurige Blicke und Umarmungen setzen auf Affekte, f nicht auf Verstehen. Denn Verstehen richtet sich auff die ganze Person und erfordert die Kenntnisnahme von Handlungen und Biographien. Die Geschichten erschweren durch ihre Scheinnähe zu den Handelnden die Entstehung eines kognitiven Vermögens, erschweren es, zwischen Situation und Biographie, zwischen Inszenierung und Realität zu unterscheiden. Jugendliches Leben, erotisches Handeln erscheinen in den Fotogeschichten meistt losgelöst von Geschichte, realen Räumen und Zeiten; in einer Überzeitlichkeit und Zugehörigkeit nur zu vom Alltag abgehobenen Sphären. Freiheit wird vorrangig außerhalb der Zwänge sozialen Handelns gesucht, im Erotischen als „Rahmen fürr sexuelle Interaktion und Erfahrung“ (Lautmann 2002: 55) romantisiert. Exklusiv sollen die sexuellen Aktivitäten sein, fern allen diffusen f Aspekten des sozialen Lebens (ebd.: 355). Die gängigen Bilder passen sich so der Ambivalenz in den Lebensvorstellungen vieler Jugendlicher an, die sich gegen viele Verhaltensprogramme ihrer sozio-kulturellen Umwelt richten. Besonders die bildhaften Gestaltungselemente sind den meisten Betrachtenden in ihren psycho-physischen Wirkungen nicht bekannt (siehe dazu Liebmann/Welsch W 2003). Es geht letztlich immer um die Suggestion, körperliche Schönheit (Maß, Symmetrie, Ordnung in Idealformat) – und mit ihr soziales Prestige, r individuelles Glück – seien völlig ohne Zwang und Selbstverleugnung erreichbar, ohne Abkehr von organischer Fülle und individueller Gestalthaftigkeit. Obwohl als sozial prestigeträchtig dargestellt, wird Schönheit in den Zeitschriften aber ohne Einbettung in ein sozial-ethisches Ganzes gebraucht. Damit wird suggeriert, dass sich die Individuen der Dynamik eines gesellschaftlichen Ganzen entziehen könnten. Dieses Ausweichen in eine – ethisch leere, formalisierte – Welt des Schönen in den Fotogeschichten ist somit die Flucht vor einer entfremdeten, von Konkurrenz durchsetzten Welt. Körperliche „Schönheit als Maß der allgemeinen Anerkennung“ gehört gerade zu den „Symptomen einer gestörten Körperlichkeit“ (Nida-Rümelin 1996b: 355)41. Gestaltbildungen dieser Art mit ihrer falschen, manipulierten Konkretheit wirken auff 41
Winfried Menninghaus weist in seiner philosophischen Untersuchung überdies darauf hin, dass attraktive, schöne Menschen bei weitem nicht die sexuell und reproduktiv erfolgreichsten sind (Menninghaus g 2003).
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das Unterbewusstsein und erreichen eine affektive f Wirkung, führen zu einer Selbstdisziplinierung, zu einer körperhaften Verinnerlichung von Sachzwängen, die nur schwer durch Rationalität, durch Wissen, Überlegung und Argumentation abgebaut werden können. Wie sehr dies aber zu massiven Störungen und Zwängen führen kann, wird in den untersuchten kommerziellen Zeitschriften besonders in den Ratgeberrubriken sinnfällig. Zugleich verweisen die konventionellen Fotogeschichten sowie die in ihnen verwendeten Natur- und Schönheits-Topoi T noch in einer anderen Hinsicht auf Reales, nämlich auf den Menschen als biosoziales Wesen, zu dessen Wesenszügen das Streben nach Grenzüberschreitung und ästhetischer Differenz f gehört: „Das Verlangen des Menschen nach Überschreitung des ‚Persönlichen‘ ist nicht weniger starkk als sein Verlangen, Person, Individuum zu sein.“ (Sontag 1989: 153) Denn in krisenhaften, unsicheren Situationen reagiert die Bildproduktion der Zeitschriften, die schicht- und generationstypische Wünsche nach gruppenbezogener Identität mit allgemein verständlichen bildrhetorischen Schemata zu bedienen hat, zielgruppenspezifisch auch mit der stärkeren Orientierung auf „individuelle Lebensqualität“. Diese ist heute zumeist von ihrer Bedingtheit durch den Charakter der dominierenden Arbeits- und Lebensverhältnisse losgelöst, so dass auch der Zusammenhang zwischen Individualisierungsversprechen und Individualisierungszwang verdeckt bleibt. Darum verwenden die Zeitschriften ihren Schönheitsbegriff f ohne bewusste Einbettung in ein sozial-ethisches Ganzes und suggerieren damit, dass sich die Individuen der Dynamik des gesellschaftlichen Ganzen entziehen könnten. So gerät die Flucht in eine Welt des Schönen mit „kontraemanzipativer Symptombildung“ (König 1992: 68) zur Flucht vor einer entfremdeten, von Konkurrenz durchsetzten, vom über Waren vermittelten „sozialen Distinktionswert“ (Borstnar 2002a: 696) beherrsch-ten Welt. Romantischer Hedonismus wird zum schein-emanzipatorischen Konzept der im herrschenden „narzisstischen Trend“ (Jendrosch 2000: 51) gedeuteten „Selbstbestimmung“ und „Selbstverwirklichung“ stilisiert; die Lösung sozialerr Fragen wird ausschließlich in das Individuum verlagert (siehe dazu Charim 2002 und Negt 2002). In redaktionellen Beratungstexten kann das heißen: „Sei dein eigener Manager!“ (SIX, 09/2001, S. 14f.). In der Werbung und in den Fotogeschichten heißt es fast immer: „express yourself“. (SUG, 08/2001, 4. U.-S., und 01/2002, 4. U.-S.) oder „inscene yourself“ (ELLE, November 2005, Beil.). Das grundlegende Paradoxon dieser Bild- und Textpropaganda, ihre Gefahren für eine Mediensozialisation bestehen darin, dass gerade ihr Dauerappell an das Individuum und die Individualisierung de facto zu Uniformierung und Standardisierung führen können und eine – wie auch immer geartete – Internalisierung bestimmter Denk-,
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Wahrnehmungs- und Handlungsschemata eine unbewusste Konsequenz aus derr Rezeption sein kann. Hier sei noch einmal ausdrücklich auf Bourdieus Konzept des „Habitus“ verwiesen, denn der „Habitus“ als verinnerlichte Gesellschaft und ihrer Formen bringtt strategisch orientierte Praxis hervor, ohne dass die dadurch hervorgebrachten Strategien in das Bewusstsein kommen müssen. „Die für einen spezifischen Typus von Umgebung konstitutiven Strukturen […], die empirisch unter der Form von mitt einer sozial strukturierten Umgebung verbundenen Regelmäßigkeiten gefasst werden können, erzeugen Habitusformen, d. h. Systeme dauerhafter Dispositionen, strukturierte Strukturen, die geeignet sind, als strukturierende Strukturen zu wirken, mit anderen Worten: als Erzeugungs- und Strukturierungsprinzip von Praxisformen und Repräsentationen, die objektiv ‚geregelt‘ und ‚regelmäßig‘ sein können, ohne im geringsten das Resultat einer gehorsamen Erfüllung von Regeln zu sein.“ (Bourdieu 1976: 164f.) Das in den Fotogeschichten vorgeführte immer gleiche Modell von jugendlichen Lebenslagen, Problemkonstruktionen und Lösungsstrategien verbunden mit einem größtmöglichen Identifizierungsansatz durch die Ausgestaltung der Figuren und ihrer Lebensumstände evoziert die Problematik der unreflektierten Verinnerlichung der vorgeführten Modelle, ihrer symbolischen Formen und symbolischen Beziehungen.42 Diese Logik der symbolischen Beziehungen „zwingt sich daher den Subjekten als ein System von Regeln auf, die in ihrem Bereich absolute Geltung besitzen, als ein System, das sich auf die Spielregeln des spezifisch ökonomischen Sektors noch auf die besonderen Absichten der Subjekte reduzieren lässt. Die sozialen Beziehungen sind daher niemals nur Beziehungen zwischen Subjektivitäten, die das Streben nach Prestige oder sonstige Arten von ‚Motivation‘ beseelte; sie sind doch nichts anderes als Beziehungen zwischen sozialen Lagen und Stellungen, die sich gemäß einer Logik herstellen, die prädisponiert ist, ihnen Ausdruck zu verleihen“ (Bourdieu 1974: 73). Inwieweit die in den Fotogeschichten vorgeführten Handlungs- und Wertemodelle tatsächlich auch als Handlungs-, Wahrnehmungsund Denkmatrix für die Ausbildung von Habitusformen Jugendlicher zu betrachten sein können, bliebe in weiterführenden Rezeptionsuntersuchungen zu klären. Näherr zu untersuchen wäre hier auch, welchen Beitrag die Rez0eption der Geschichten auff die Entwicklungsaufgaben Jugendlicher leisten bzw. zu leisten imstande sind43. Eng 42
‚Symbolische Formen‘ sind die Manifestationen der Habitusformen im Bereich der ‚Manier‘ und der ‚Distinktion‘. ‚Distinktion‘ definiert Bourdieu als „in der Struktur des sozialen Raums angelegte Differenz“ f (Bourdieu 1985: 21f.).
43
Zum Begriff g f und Konzept der „Entwicklungsaufgaben“ g g siehe Havighurst g 1972.
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auf den Habitusbegriff f Bourdieus rekurriert das Konzept des so genannten „medialen Habitus“, das vor allem Vorlieben und Nutzungsmuster, aber auch Bewertungen und Einstellungen zu Medien und verschiedenen Medienformen bezeichnet und beispielsweise auch die Frage der Beliebtheit von Fotogeschichten und ihrer Aufmerksamkeiten innerhalb des medialen Systems der Jugend- und Mädchenzeitschriften benennt.44 1.4.4
Die Emotionalisierung: Romantische Liebe als Lebensziel
Bereits Gitta Mühlen Achs stellt in ihrer sich über sieben Jahre hin erstreckenden Untersuchung von Fotogeschichten der BRAVO A im Resumée fest, dass sich „in Hinblick auf das propagierte Bild der Geschlechter und des Geschlechterverhältnisses keinerlei positive Veränderungen feststellen [lassen]“ und „ungeachtet der […] in den Medien heftig geführten Diskussion über die ‚Auflösung‘ bzw. ‚Verwirrung‘ V der Geschlechter […] unverändert die schlimmsten Klischees und dümmsten Leitbilder einer durchgängigen geschlechterspezifischen Rollen- und Arbeitsteilung in heterosexuellen Beziehungen reproduziert [werden]“ (Mühlen Achs 1997: 34). Die Foto-Liebesgeschichten offenbaren f tatsächlich seit Jahrzehnten wenig Belangvolles, Erhellendes, Neues; sie schaffen f lediglich den Eindruck von Belangfülle, der sich aber schnell auf den simpler Gesten und bunter Farben reduziert.45 Sie sind deshalb angenehm, sensorisch, launig, scheinbar unabhängig von kulturellen Codes. Somit erfüllen sie ihren Zweck, bloße Konfektionswaren, Konsumgüter für den Massengeschmack zu sein. Sie erinnern an die Musik des so genannten „Easy Listening“ („Musik, die nicht stört“) in Kaufhäusern – oder an „Fast Food“, das als Requisit auch in den Geschichten immer wieder auftaucht (vgl. Liebe mit Hindernissen, BRG, 19/2003, S. 49, Abbn. 47, 50; © Abb. 37). Es wird auf den Fotos viel gelacht, alle sind gesund, Ältere kommen eher selten vor, wenn, dann sind sie agil wie Jugendliche, es gibt (fast) nur makellose Körper, und wenn nicht, dann ist es das Ziel, dies möglichst schnell zu ändern. Irgendwie sind sich alle vom Typ her ähnlich. Die Umgebung ist stets sauber, hell, frisch, bunt; die Gestalten sind immer am rechten Ort, tun meist das Richtige, lieben meist die Richtigen und träumen vom maximal Erreichbaren. 44
Über die Beliebtheit des Genres Fotogeschichten und seiner medialen Weiterentwicklung siehe in dieser Arbeit unter dem Stichwort „Die Fotogeschichten im Trend modernster Entwicklungen.“ 45 „Im Leben des Liebenden ist das Gewebe der Begebenheiten von einer unglaublichen Belanglosigkeit“, schreibt Roland Barthes, „und diese Belanglosigkeit, die mit dem größten Ernst im Bunde steht, ist im eigentlichen g Sinne ungebührlich“ g (Barthes 1988: 183).
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Vor allem natürlich von der permanenten Leidenschaft unter dem aus einerr Holophrase bestehenden Motto des „Ich liebe Dich“ in abgedunkelter Kulisse und Schattenwürfen (vgl. Liebe mit Hindernissen, BRG, 19/2003., S. 49, Abbn. 43, 44 – vgl. Abb. 34; auch als Text auf einem posterartigen Foto in Liebe verboten, BRG, 06/2003, S. 51, Abb. 57).46 Die Gestalten scheinen, wie die artifiziellen, als TVV „Moderatoren“ auftretenden Computer-Kunstfiguren „Max Headroom“ und „Lara Croft“, einzig aus Erwartungen und Projektionen des Publikums komponiertt zu sein hinsichtlich der „Fähigkeit des Erotischen, Befriedigung auf höheren Ebenen zu versprechen“ (Simon/Gagnon 2000: 76). Es geht um reine Emotionalität und hormonellen „Vollrausch“ V (vgl. Gestohlenes Glück, BRG 14/2004, S. 40–49); „große Liebe“ scheint zu entstehen, wenn man die Nacht zusammen verbringt (vgl. Eine verhängnisvolle r Affäre, r BRFLS, 01/02–2003, Zwischentitel-Abb. zu: Flucht ins Ungewisse); Behinderungen gibt es nur im zwischenmenschlichen Bereich, durch Missverständnisse, Verwechslungen, Notlügen, Eifersüchteleien, Dreieckskonflikte usw., die sich aber schnell beseitigen bzw. auflösen lassen (vgl. Liebe mit Hindernissen BRG, 19/2003, S. 40–53; Power of Love, BRTF R F, 8/2005, S. 10–19; Die zweite Chance, ebd., S. 34–43; Liebes-Spion, BR, 02/2006, S. 54–59). Zweifelsohne gehören solche massenmedial verbreiteten Lebens- und Verhaltensmodelle längst zu einer industriell-standardmäßigen und marktradikalen Konturenbildung von Liebe und Partnerschaft jenseits von Enttraditionalisierung, Entkontextualisierung und Entsozialisierung der Intimgruppe Familie. Es gibt zwarr 46
„Ich-liebe-dich ist nuancenlos. Es hebt die Erklärungen, die Planungen, die Rangstufen, die Skrupel auf“ (Barthes 1988: 137).
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das Bedürfnis nach rationalem Umgang mit Beziehungen, nach Kontrolle – aberr gleichzeitig immer auch die Sehnsucht nach Erfahrungen, welche die Grenzen der scheinbar allumspannenden Rationalisierung überschreiten; nach größtmöglicher Erfüllung, der emotionalen „Totalschmelze“, T dem Optimum. Als letzte Bastion des libertären Egalitarismus, auch der weiblichen Gleichstellungserwartungen erscheint daher die große romantische, von Hierarchie, Einsamkeit, Ware-Geld-Beziehungen, festgelegten Geschlechts- und Altersrollen sowie Nachwuchssorgen freie Liebe (siehe dazu Illouz 2003 sowie Mahlmann 2003). Sie soll möglichst wie eine romantische Flaschenpost in das Leben treten (vgl. Geheime Liebesbotschaft, BRG, 13/2003, S. 40, Abb. 1–9. © Abb. 38) oder am Valentinstag esoterisch „aufersteh‘n“ (Liebeszauber, MÄD, 05/2003, S. 42–48; S. 48, Abb. 72), am besten gleich die große Liebe ‚auf den ersten Blick‘ sein (vgl. Ein Herz für zwei, BRTF R F, 14/2006, S. 34–43). Und sie soll sich in einem gleichberechtigten, alle sozialen Grenzen überspringenden Gefühlsverbund voller intimer „events“ realisieren, innerhalb dessen die Neigung Raum erhält, sich „gegenseitig zum Fetisch zu machen“ (Simon/Gagnon 2000: 86) – und sei es in scheinbaren Abenteuern der „Offenheit“ f und „Liberalität“ mit romantisch-konventionellem Sicherheitsnetz (Früchtel/Stahl 2000: 265f.). Aber die romantische ist eine (im 19. Jahrhundert entstandene) Liebesvorstellung, die eines kritischen Glücksbegriffs f entbehrt, welcher doch Teil der immer wiederr vertagten Veränderungen und Selbstveränderungen, auch der Konfliktfähigkeit sein müsste. Stattdessen herrscht ein apologetischer Glücksbegriff, der an die „Selbstbestimmung“ appelliert. Er suggeriert eine totale Souveränität über die Orientierungslinien und Wertvorstellungen des eigenen Lebens. Er ist privat ausgerichtet, er entkontextualisiert, nimmt keine Rücksicht auf die Gefahr der Verselbständigung. Aber: „Es bestehen zwei Gefahren, wenn man zu wenig über Kontexte nachdenkt. Zum einen kann es sein, dass man sich seine Selbstbestimmung lediglich einbildet und ungefragt Moden und Trends kopiert. Und zum anderen versäumt man es in einem derart radikalen und bornierten Selbstbestimmungsmodell, die sozialen Kontexte zu pflegen“ (siehe Thomä 2003, 2004). „Solange wie uns haben, sind wir die reichsten Menschen auf der Welt“, heißt es in diesem Sinn in einem „abgeschlossenen Foto-Roman“ mit dem Titel Reich & Arm (BRFLS, 08/2003, o. S., Abb. 90 © Abb. 39). Hier teilen Angehörige oberer und unterer Schichten die verschwiegensten romantischen Ideale, wie die redaktionellen Eingangstexte beschwören: „Auf der Rückreise von einem Kurztrip zu ihrer Oma lernt Julia im Zug Markus kennen und verliebt sich in ihn. Markus kommt aus einem reichen Elternhaus und sieht super aus. Julia hat wegen ihrer Brille Komplexe,
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außerdem ist ihr Vater arbeitslos. Um Markus nicht zu verlieren, versucht sie ihn zu täuschen – und schlittert in eine ziemlich verzwickte Situation …“. Und zu den Protagonisten heißt es: „MARKUS (18) ist ein Sohn aus reichem Hause. Trotzdem ist er auf dem Teppich geblieben und alles andere als ein verwöhnter ‚Yuppie‘. Y Für Markus zählen Gefühle mehr als Geld …“ (1. S.). „JULIA (16) hat wie viele Mädchen einen Komplex, weil sie Brillenträgerin ist. Außerdem ist ihr Vater zur Zeit arbeitslos. Da bleibt kein Geld für schicke Klamotten …“ (ebd.). Schon allein die von den Zeitschriften favorisierten Sehnsuchtsprovinzen belegen: Die sinnliche Seite menschlichen Daseins erscheint in den Fotogeschichten als abgespalten; einerseits in Form von Privatheit, andererseits in Form von schöner, romantischer Natur. Das sind Gegenbilder auch zur rationalisierten Ausbildungsund Arbeitswelt. Mädchenzimmer und Naturkulissen werden zu Projektionsflächen für nicht erfüllte Bedürfnisse: nach fiktiver Beseitigung sozialer Differenzen f bei
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gleichzeitigem Streben nach Individualität, Selbsterfüllung, materiellem Überfluss sowie ästhetischer (modischer, kosmetischer) und erotischer Differenz. f „Wir W gegen den Rest der Welt … Genau! Uns kann nichts auseinanderbringen!“, heißt es in einem Fotogeschichten-Sonderheft (BRTF R F, Gefesselte Herzen, 02/2003, S. 37, Abb. 83. © Abb. 40), das mit dem Anspruch auftritt, Voll dein Leben. Eure r wahren r Gefühle zu repräsentieren (ebd., 1. U.-S.). Und die Protagonisten einer Geschichte um Liebe mit Verspätung erklären, nachdem sie einen Schönheitswettbewerb gewonnen haben: „Zu zweit sind wir unschlagbar.“ (BRG, 14/2005, S. 38–47; S. 47) Sie: „Es ist wie im Traum.“ Er: „Sie gehört zu mir, für immer“ (ebd.). Nicht nur Schönheitsstreben kann aber zum Erfolg verhelfen, auch die Astrologie: „Das Universum ist soo groß – aber wir zwei haben uns gefunden, mit unserer Sternzeichen-Traumkombination T …“ (Sternzeichen: Liebe. Aszendent: Glück, BR, 50/2005, S. 54–59; S. 57, Abb. 30). Und auch einerr Leukämiekranken kann vor allem Liebe neuen Lebensmut geben (vgl. Der falsche Kuss; BRTF R F, 14/2006, S. 10–18). Aber vor dem Hintergrund sich permanent verändernder sozialer und wirtschaftlicher Faktoren wie beispielsweise der Vermischung von Privatem und Ökonomischem, der Forderung nach räumlich-zeitlicher Mobilität, unbegrenzt abrufbarerr
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Kreativität und smarter Selbstvermarktung, bergen diese Entwicklungen auch die Gefahr der Entziehung von immer mehr (Frei)Raum für Liebesbeziehungen bei gleichzeitig tendenziell wachsendem Verlangen danach. Dies birgt die Gefahr der romantischen Überfrachtung der Partnerschaftsbeziehungen. Die Geschichten tragen mit ihren Erzählmustern und Inszenierungstechniken letztlich möglicherweise tendenziell sogar dazu bei, die Bildung wahrerr Identität und individueller Autonomie zu beeinträchtigen, indem sie psycho-soziale, konfliktträchtige Anstrengung – vor allem bei der lebensgeschichtlich notwendigen Verwandlung von romantischer Leidenschaft in familiäre Liebe – aussparen. Mit Lichteffekten f in den Augen, sehnsuchtsvoll in die Ferne blickend, signalisiert eine aus überhöhter Kameraposition aufgenommene Gestalt, wie auch viele andere, emotionale Bewegtheit (Mühlen Achs 1998: 84):Traumboy r gesucht (vgl. BRG, 01/2003, S. 40, Titelb. © Abb. 41). Das Foto leitet eine Geschichte ein, in derr eine ganze Reihe von fototechnischen Mitteln wie zum Beispiel Unschärfe, Weichzeichnung und Überbelichtung angewendet werden (ebd. S. 42, Abbn. 10–19. © Abb. 42). Solche in vielen Fotogeschichten anzutreffenden f Bilder bewegen sich stets zwischen den zwei Polen der Lebensnähe und der Weltflucht. Sie drücken Sin-
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Abb. 42
nesreaktionen, Erinnerungen und – hier – Träume bzw. prospektive Wunschphantasien scheinbar unverfälscht in Bildsprache aus; sie versuchen, der lebendigen Gegenwart mit ihren Widersprüchen und Katastrophen, mit ihren Wahrnehmungsbarrieren möglichst nahe zu kommen – oder ihr antimodernistisch-affektiv f zu entfliehen bzw. sie bildmanipulativ-apologetisch zu verklären. Immer erweitern sie mittels abgeschwächter Sichtbarkeit die Identifikationsangebote. Die Anwendung fototechnischer Mittel wie zum Beispiel der Unschärfe in Bildern von Willkommen und Abschied, trauter Zweisamkeit und körperlicher Intimität belegt gerade die Möglichkeit der Besetzung dieser Bilder mit traditionalistischer Weiblichkeit, romantischen Sehnsüchten und antimodernistischen Affekten. f
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Die Inhalte werden so vor allem durch Affekte geprägt – und mit Hilfe von Effekten präsentiert. Das Glück gehört in der Fotogeschichte der Tüchtigen: der tüchtigen Träumerin voller internalisierter und neu zusammengesetzter Sehnsuchtsbilder. (ELLE GIRL verstand sich bis zum Ende als „Zeitschrift, die zum Träumen anregt“, November-Ausg. 2005, S. 8). Der entscheidende Wirklichkeitsbezug steckt in deren scheinbarer Abwesenheit. Die Geschichten stammen überwiegend aus MädchenTraumwelten, die Hintergründe aber aus der gegenwärtigen Realität. Die Leserin soll den Realitätsverlust genießen, nicht etwa durch Sozialfakten mit exemplarischrepräsentativem Anspruch verstört werden. Die Fotogeschichten-Welt W ist keine imaginäre Welt, welche die reale in Frage stellt. Wirklichkeitserkenntnis wird zurückgestemmt auf Begierden, Gefühle, Schönheits- und Nützlichkeitsdenken; Aspekte wie Wissen, Erfahrung, Vernunft sind zweitrangig. Die Leserinnen werden eherr zurückverwiesen in den Status noch nicht selbständig denkender, verantwortungsbewusster Individuen. Immer wieder wird der Status des Verliebt-Seins oder zumindest der bestmögliche Weg, diesen Status erreichen zu können, in den Mittelpunkt vielfältiger Bemühungen gestellt. MÄDCHEN lieferte dazu eine Aufzählung von Kennzeichen des Verliebtseins, darunter: „10. Du liest nicht mehr nur dein Horoskop, sondern immerr auch seins. (…) 16. Du glaubst neuerdings an Schicksal. (…) 19. Du findest dich irgendwie total sexy. 20. Du betrachtest neuerdings supergern den blauen Himmel und nachts die Sterne und den Mond. (…) 24. Dein Schoki-Konsum ist drastisch gesunken, schließlich brauchst du außer ihm keine Glücklichmacher mehr. (…) 30. Der alltägliche Stress kommt dir viel weniger schlimm vor – du schwebst mit einem ‚Wir W zwei gegen den Rest der Welt‘ – Gefühl durch den Tag.“ (33 Dinge, an denen du erkennst, dass du total verliebt bist …, MÄD, 03/2003, S. 16 f.) Vor diesem Hintergrund können „Hindernisse“ in den Fotogeschichten nur in Form von vor allem in der Freizeitsphäre aufkommenden zwischenmenschlichen Schwierigkeiten bestehen: Misstrauen, Missverständnissen und Verdächtigungen. Gelegentlich gibt es auch Familienkonflikte und eine verdünnte Erinnerung an das legendäre Romeo-und-Julia-Motiv (vgl. Gefesselte Herzen, BRTF R F, 02/2003, S. 29–40). Fast leitmotivisch zieht sich das Motiv des „Rettens“ durch viele Fotogeschichten. Aus den narrativen Strängen werden Situationen der Unvorsicht, des Ungeschicks oder der vermeintlichen Gefahr konstruiert, in die die Figuren geraten. Immer istt es die Rolle des Mädchens, in Gefahr zu geraten. Immer ist es die Rolle des Jungen, aus der bedrohlichen Situation zu retten (vgl.: Verhängnisvolle Lüge, BRG, 15/2003, S. 52, Abbn. 75–80; Gefährliche Gefühle, BRG, 16/2003, S. 49, Abb. 66; Gefähr-
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Abb. 43
liche Party, y BRG, 23/2003, S. 50, Abbn. 73–79. © Abb. 43; siehe auch Heiß-kaltt erwischt, MÄD, 04/2003, S. 45, Abbn. 54–62). Der moderne Retter-Typ T erinnert auch an alte romantische Traditionen und ritterliche Tugenden, an „W Wunderr und Legenden“ um „Liebe, Ehre, Tapferkeit, Treue“ (Hegel 1971: 601, 613). Vor allem aber ist er konnotiert mit den markanten Eigenschaften der Stärke, der Kraft, des Mutes, der Geschicklichkeit, mit der Fähigkeit, immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, mit der Rolle des Beschützers und Förderers (vgl. Böse Täuschung, BRG, 21/2003, S. 40–51; Ein Kunstwerk der Liebe, YAM, 51/2003, S. 76–83, Titelb.). Dadurch erfährt er permanente Bestätigung, Bewunderung und Anerkennung durch das Mädchen, das ihrerseits eben immer wieder aufs Neue als
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schwach und hilflos dargestellt wird, sich selbst zu beschützen nicht in Lage ist. Diese übertrieben stereotypen Geschlechterrollenzuweisungen muten fast antiquiert an. Fast schon verwundert es, dass diese Klischees noch ihre lesenden Abnehmerinnen und Abnehmer finden. Aber: die Fotogeschichten sind eben ein Modul im Gesamtgefüge der Zeitschriftenarrangements, erfüllen im Wechselspiel mit den anderen Genres wie „Beratung“ und „Werbung“ W das bedingungslose Romantisierungsangebot und haben so ihren Platz im Kreis von realer Einengung und fiktiver Entgrenzung. Sie kanalisieren, „was im romantischen Sinne zumindest der Idee nach immerr auch im Gegensatz zur durchrationalisierten Welt stand und sich, in welcher verzerrten und unverstandenen Form auch immer, als widerständiges Moment hätte erweisen können“ (Trumann T 2002: 76). Schon die deutsche romantische Tradition in Philosophie, Literatur und bildender Kunst des 18. Jahrhunderts wendete sich gerade gegen abstrakte Gleichheitsvorstellungen, betonte die faktische Verschiedenheitt der Menschen, ihre individuelle Natur und ihr Streben nach Differenz f (siehe dazu Frank 2004, Mahlmann 2003). Das heutige Ideal der allmächtigen romantischen Liebe ist Reflex von nachwirkenden Restbeständen des liberalen Egalitarismus zu Zeiten wachsender sozialer Verwerfungen, der Bedürfnisse nach wechselseitigerr Idealisierung, momentaner und punktueller Transgression des anstrengenden Alltags, nach Kontinuität und Langlebigkeit von die Grenzen der Rationalisierung überschreitenden Beziehungen. Also nach imaginären, konfliktverdeckenden und problemtranszendierenden Lösungen über rauschhaft-symbolisch ausgeweitete Handlungs- und Ausdrucksweisen. Sie stehen im Zusammenhang mit dem „Kosmos“ der Versprechen der Werbung innerhalb der Zeitschriften: zum Beispiel von „Ewigkeit“ durch ein Parfum (Eternity Moment, Calvin Klein, BYM, 10/2004, S. 43), von Einzigartigkeit (you’re r the one, Calvin Klein, BYM, 9/2005, S. 8), von Weltfülle (vgl. BYM, 12/2005, S. 8–10). Diese Versprechen wollen die Liebe mit dem Markt versöhnen. Darum prägen romantische Natur und romantische, auf Unabhängigkeit von Tauschwerten beruhende Liebe in Verbindung mit Narzissmus auch die Gestaltung der Fotogeschichten. Es gibt einerseits verniedlichende Darstellungen; das Mädchen wird geradezu als Schmuckstück des Lebens aufgefasst und infantilisierend r beschrieben (vgl. Traumboy r gesucht, BRG, 01/2003, S. 40–50). So sitzt es mal in kindlicher Huckepack-Manier auf dem Rücken des Jungen und wird von ihm getragen, mal führt er es wie ein Kleinkind an der Hand hinter sich her, mal spendiert der Junge dem Mädchen ein Eis zum schlecken, ein anderes Mal fährt er mit ihr Karussell auf dem Rummelplatz. Andererseits gibt es aber auch Darstellungen eines bestimmenden und raffinierten f Typs. (vgl. Gefährliche Gefühle, BRG, 16/2003, S. 50,
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Abbn. 71–80. © Abb. 44).47 Beide Verhaltensweisen können nicht losgelöst von jenen individuellen und sozialen Räumen betrachtet werden, in denen junge Menschen ihre Wünsche und Hoffnungen f um so mehr auf Unerreichbares richten, je schwieriger die Gegenwart und ihre realen Anforderungen sich gestaltet und sie sich aufgrund der wachsenden „Virtualisierung V des Sozialen“ (Becker/Paetau 1997; auch Friedrich 1997) über die Massenmedien der Gefahr des Realitäts- und Identitätsverlustes aussetzen. Dies insbesondere durch Rezeption oberflächlicher, auf Kleinfamilie, Reiseabenteuer, Körperkultivierung konzentrierte Inhalte, durch Fixierung auf den Augenblick, auf Beliebigkeitsrhetorik und redegewandte Virtualität, durch Ablenkung von Konflikten, bloße Reproduktion von Normunsicherheit, Ohnmachtsgefühlen, Kontrollverlusten und Verwandlung von diffuser f Angst in Furcht – schließlich durch Vermeidung von Widerstand. In einem Beitrag Wer die Wahl hat … zu den Bundestagswahlen 2005 gab es in MÄDCHEN zunächst ein bisschen Kritik am Schul- und Bildungssystem, am Mangel an Arbeitsplätzen, am regierenden Bundeskanzler Schröder – Kritik, die belegt, dass selbst deren Öffentlichmachung f zur Marktstrategie der Zeitschriften gehört. Dazwischen wurde ein Leser („Alex, 18“) zum Sprachrohr des Entscheidenden: „Ich weiß nicht – ich weiß wirklich nicht. Ich glaube, ich würde nichts ändern.“ (19/2005, S. 8). 1.5
Mädchenbilder und ihre r Lebensweltlichen Kontexte: Die Fotogeschichte als Weltmodell
1.5.1
Das Genre als Modell
Genres des kommerziellen Mädchenjournalismus wie die Fotogeschichte sind mediengeschichtlich vorgegebene Systeme. Sie belegen die Entstehung neuer Formen der Kommunikation seit dem 19.Jahrhundert, die sich durch die Verbindung verschiedener Kommunikationsmodi, von Bild, Text und Sprache auszeichnen (vgl. Bucher 2004: 35f.). Ihr Ursprung liegt in den Bilderbogen, im Dienstmädchenroman, Feuilleton- und Fotoroman; ihre Weiterentwicklung begründen das – Standards des Hollywood47
Vgl. die an Sigmund Freud und Jacques Lacan anknüpfende Deutung von „Liebesdiskursen“ bei Julia Kristeva: „Seine Majestät das Ich projiziert und glorifiziert sich oder zersplittert und geht unter, wenn es sich in einem idealisierten Anderen betrachtet: der erhaben ist, unvergleichlich, ebenso meiner würdig, wie ich seiner unwürdig sein kann, und dennoch für unsere unteilbare Vereinigung geschaffen. f Alle Liebesdiskurse handelten vom Narzissmus und begründeten g sich als Code von positiven, idealen Werten“ (Kristeva 1989: 14f.).
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Kinos aufgreifende – Fernsehgenre der Soap Opera (Telenovela), T der Comic und der Zeichentrickfilm.48 Sie sind ein printmedialer „Rahmen“ aus grundlegenden Konstanten, innerhalb dessen sich die einzelnen Ausführungen konkretisieren. Diese Konstanten – die erzählerische Kontinuität, der Illusionismus und die Identifikation – realisieren sich über folgende Elemente: vorrangig von unteren bis mittleren sozialen Schichten favorisierte Sehnsuchts- und Liebesorte mit stets über- und durchschaubaren melodramatisch-romantischen r Konfliktsituationen, deren positive Auflösung im Happy End gipfelt; schemenhaft gezeichnete, leicht erfassbare Charaktere und Identifikationsheldinnen (Charaktermasken, Schein-Individualitäten) mit vereinfachten Emotionalstrukturen,49 Dialoge im „Sprechblasen“-, innere r Monologe im „Denkblasen“ – Design, die Bedeutungen festlegen und vorgeben – während die Fotos oft gleichsam ungewollt vielfältige Bedeutungen, ja konnotative Überschüsse haben, weil in sie Zeichen der „Ritualisierung sozialer Inhalte“ (Gofff man 1981: 328) eingeschrieben sind, die über die verbalen Festlegungen hinausgehen können. Die Fotogeschichte als Mischgenre r der Publizistik, als primär visuelle Erzählung, vereint in sich somit Sachgehalte (Lebensgehalte) einschließlich Schönheitsauffassungen, f sinnliche Gestaltungen (Körperinszenierungen, Blickregimes, Gesprächsstile) und ideelle Bedeutungen. Den typischen Stoff f bietet die – extrem selektiv gesehene, suggestiv als real unterstellte – alltägliche Gegenwart junger Menschen. Haupt- und Nebenhandlung entwickeln sich zumeist aus der Bewegung derr Affekte; f Bedeutungen verraten sich oft schon in den Requisiten; dann in Figurenkonstellationen, Körper- und Rauminszenierungen mit ihren erzählerischen Verknappung p en und romantischen Provi r nzialisierungen, (Geschlechter-)Hierarchisier 48
Siehe zum Feuilleton- und Fotoroman Neuschäfer 1986, zur Soap Opera Landbeck 2002, zum Zeichentrickfilm Mühlen 1995: 28-36. –Als gleichsam klassisches Beispiel für den Einfluss der Standards der Filmbranche sei hier nur Arthur Hillers Love Story genannt (USA 1970; nach einer Erzählung von Erich Segal). 49 Unter Bezugnahme auf David Riesmans Arbeit Die Einsame Masse (Hamburg 1956), dessen vergleichende Ausführungen über die traditionellen und die Comic-Erzählungen unterstreicht Stefan Aufenanger auch für die Fotogeschichte geltende Grundsätze der Heldengestaltung: „Die traditionellen Helden zeigen immer eine Entwicklungsgeschichte, die eine moralische Reifung aufzeigen würde, während die modernen Helden (…) fertig und ohne Konturen sind. (…) Die modernen Helden werden zwar auch immer unnatürlicher, müssen aber anhand von Äußerlichkeiten sofort erkennbar sein. Dies bedeutet, dass die Ausgestaltung der modernen Geschichten sich weniger an Handlungen und deren Entwicklung als an dem Ergebnis und den (statischen) Eigenschaften der Protagonisten orientiert“ (Aufenangerr 1995: 75).
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rungen und Emotionalisierungen. Die Suggestion der „Lebensnähe“, die in Wahrheit meist eine Flucht vor der Welt und dem Widerstand gegen ihre Missstände ist, erfolgt vorrangig über a) Laiendarstellerinnen und Laiendarsteller, die durch Faktoren wie Alter, idealtypisches Aussehen, ihre Alltagsprobleme und Wünsche ein möglichst hohes Identifikationspotential für die Rezipientinnen und Rezipienten darstellen und b) durch deren spielerische „Funktionslust“ (Reichertz 1992:160) und sozial gelerntes „Ausdrucksverhalten“ (Goffman f 1981: 35, 40) sich die „Realität“ beständig wiederholen und verdoppeln soll, c) das Aufgreifen der Relevanz von glückhaften Geschlechterbeziehungen für Jugendliche und d) die pseudo-dokumentarische Verwendung der Fotografie. Die Fotogeschichte ist darum ein deutlich umrissenes Modell: mit einem obligaten Komplex von Stoffen, f Motiven und Personen, einer obligaten Sprache (in Titel, Untertitel, Monologen und Dialogen), einer erzählerischen Kontinuität und Theatralität, einer festgelegten fotografischen Aufnahmestrategie. Das Genre r entwirft die mediale Welt, in der sich die einzelne Geschichte ereignen kann. Es gewährleistet die räumliche Ordnung, das nachhaltige Gestaltungsschema aus Bild, Raum und Idee, innerhalb derer/dessen sich die Eigen-Ordnung (Un-Ordnung) des Einzelexemplars entfalten kann. Es ist das Genre, dessen Horizont den möglichen Sinn der einzelnen Ausführungen umschreibt und insofern deren ersten Interpretationsansatz r darstellt. Während das konkrete Einzelstück oder die einzelne Serie die Illusion eines einmaligen („neuen“) Ereignisses erzeugt, macht das Genre die beständigen Elemente bewusst. Erst durch die Vermittlung des Genres, die dazu auffordert, f die einzelne Ausführung als Erscheinungsform der Wiederkehr einer allgemeinen Struktur zu entziffern, f wird das Einzelne auf die Idee – den affirmativen f Weltentwurf – hin durchsichtig. Es wäre zu kurz gegriffen, f die Fotogeschichten und die in ihnen vorgeführten Mädchenbilder und ihrer lebensweltlichen Kontexte mit bloßer Weltflucht, Abwehrr des Alltags oder Eskapismussehnsüchten zu erklären. Nur wer die Fotogeschichten mit ihren Symbolkomplexen isoliert betrachtet, kann das annehmen. Es geht um das, was BRIGITTE YOUNG MISS an Jungen beobachtet, die Modelleisenbahnen bauen: um die Schaffung f eines überschaubaren, beherrschbaren kleinen Paradieses (mister universum. Die Geheimnisse der Männer, r Folge 29; 12/2005, S. 16). Es geht um die Gegenwartsrechtfertigung durch ihre Miniaturreproduktion, um eine Zukunft, die nur aus Gegenwartsverlängerung besteht.
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Dem kommen deutliche Unterschiede zu anderen Medien, vor allem in der Handlungsführung und in der Bildsprache (neben dem nicht beweglichen, sondern statischen Bild), entgegen. Das freie Spiel der Signifikanten, die Simultaneität und Überlagerung unterschiedlicher Codes – wie etwa im Musikvideo – wird zur Linearität; statt komplizierter Metaphorik herrscht simple Mimesis; statt Beliebigkeit, beständiger Innovation durch Montagen, metonymische Verweise und Selbstreferentialitätt gibt es eindeutige Muster, feste Inhalte und Handlungsstränge. Ein geschlossenes, auf das Ergebnis – das glückliche Ende – zielendes Ganzes wird geboten, dessen Rezeption keine profunden Kenntnisse verlangt, ein Nebeneinander referenzarmerr Zeichen. So werden die Fotogeschichten zu Oasen mit Erlebnisgarantie inmitten derr audiovisuellen Flut aus Indexen, Ikonen und Symbolen. Die in ihnen aufgezeigten Mädchenbilder und deren lebensweltliche Kontexte spiegeln die Sehnsüchte nach dem Unvorhersehbaren, Abenteuerlichen, zugleich die nach Überschaubarkeit, Entschleunigung, Entdynamisierung, Reproduktion bestehender Welten. Die Sehnsüchte nach dem großen Gefühl und der glücklichen Fügung werden so gestillt durch gewohnte Personen-, Wertkonstellationen und Sinnstrukturen, die keine Auseinandersetzung mit komplizierten Bedeutungsstrukturen und Mischformen verlangen. 1.5.2
Die Potentiale der Fotografie
Dies alles wird durch das zentrale Medium der Fotogeschichten, die Fotografie, umso leichter möglich. Diese Wahrnehmung wird forciert durch die Omnipräsenz sowie den alltäglich-massenhaften, den nahezu grenzenlosen Gebrauch modernerr Bildherstellungs-, Bildbearbeitungs- und Bildleseapparaturen. Eine herkömmliche Fotografie gibt die räumliche Anordnung des Motivs in kontinuierlich abgestuften Farb- und Tonwerten, in Helligkeitswerten bis zu einer bestimmten Körnigkeit wieder. Sie bildet einen zweidimensionalen, meist flächigen, in der Schwarz-Weiß-Fotografie W auf Grauwerte reduzierten Zeichenkomplex. Aufgrund dieser Eigenschaften ergibt sich die im „Medienzeitalter“ weit verbreitete Neigung, das mehrschichtige und im Alltagsleben latent vorhandene fotografische Abbild für die überkomplex erscheinende Wirklichkeit zu nehmen. Leserschaften von Tageszeitungen und Magazinen unterstellen daher „dem gedruckten Bild eine größere Glaubwürdigkeit (…) als dem gedruckten Wort“.50 Mit diesem AuthentieEffekt (vgl. Wuss 1990:407. Der Begriff f entstammt der Filmtheorie; vgl. auch Eco
50
Vgl. Nobel 2004: 4. – Vgl. auch Susan Sontag: „Je weniger frisiert, je weniger fabriziert, je naiver ein Foto ist, desto eher wird es für glaubwürdig g g gehalten.“ (Sontag, g 1989: 176)
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
2002; Lotman 1981) des fotografischen Bildes haben die Wirkungsweisen der Fotogeschichten zunächst zu tun. Die Fotografie ist aber trotz ihrer räumlich-zeitlichen Dimensionen nicht „objektiv“, schon weil in ihr ein vermittelndes Subjekt präsent ist: mit seiner Wahl des Ausschnitts, des Blickwinkels, der Bildkomposition, des Filmmaterials, des Zeitpunkts. Und sie ist mit ihrer Oberflächenfixiertheit auf die sichtbare Welt nicht in der Lage, verallgemeinernde Aussagen zu machen.51 Fotografie zeigt vieles – aber nicht immer das, was wichtig ist. Denn zu ihren Eigenschaften gehört, „dass sie ihren Gegenstand niemals transzendieren kann“, sie sich nicht „über das Sichtbare selbst erheben kann“, (Sontag 1989: 212) und die meisten Fotografien „erklären nicht: sie bestätigen“ (ebd.: 226), sie verewigen abbildend den status quo. Die Fotografie giltt aber nichtsdestoweniger als objektiv (Bourdieu 1981: 85), weil sie in ihren typischen Motiven mit Real-Zeichenkomplexen – als Trägern der Fiktionen – die Bilderr vermittelt, welche eine Zeit sich von sich selber macht, die visuellen Vorstellungen einer Gesellschaft, und Emotionen auslöst. Hinzu kommen moderne und modernste technische Entwicklungen, die eine Chance auf ökonomisch äußerst effektvolle f Abbildungen ermöglichen. Viele Fotos, auch die der Mädchenzeitschriften, zeigen nur extrem selektive Ausschnitte, weshalb keine klaren, komplexen Bildräume entstehen, in denen die Betrachterinnen sich orientieren können.52 Diese Ausschnitthaftigkeit und UnRäumlichkeit, dieser Verzicht auf das Zeigen konkreter Lebenswelten außerhalb zum Beispiel von Mädchenzimmer, Schulhof, Café und Sandstrand macht die Fotos 51
„Damit die Geschichte sich darstelle, muß der bloße Oberflächenzusammenhang zerstörtt werden, den die Photographie bietet“, schrieb Siegfried Kracauer 1927 in Die Photographie. „Denn in dem Kunstwerk wird die Bedeutung des Gegenstandes zur Raumerscheinung, während in der Photographie die Raumerscheinung eines Gegenstandes seine Bedeutung ist. Beide Raumerscheinungen, die ‚natürliche‘ und die des erkannten Gegenstands, decken sich nicht.“ (Kracauer, 1992: 191) 52 Der „Geist“ dieser Fotografen erinnert darum an den der so genannten stock photography, von Fotosammlungen, die, unabhängig von aktuellen Ereignissen, festen Anlässen, durch Agenturen auf Vorrat angelegt werden, um kurzfristig und flexibel auf weltweite Anfragen reagieren zu können. Aktuelle Vorgaben der stock photography verlangen, dass auf persönlichen Stil verzichtet wird, die Fotos als Illustrationen zu möglichst vielen Themen passen, leicht konsumierbar, vielfach rezeptiv besetzbar und dadurch im Rahmen des globalen Bildverkehrs oft verkäuflich sein müssen. Sie sollen keine Sujets zeigen, die genau datierbar sind und ein Bild rasch veralten lassen; sie sollen möglichst kulturell neutral (plural) gestaltett sein. In der Idealwelt der Redaktionen und großen Agenturen gäbe es, ginge es ausschließlich nach ihnen, ein fotografisches Ideal-Bild, das drei wesentliche Eigenschaften aufweisen müsste: ohne Fotografen (archeiropoietisch) herstellbar zu sein, weltweit zu jedem Thema, jeder Pose zu passen - und augenblicklich g wieder verg gessen werden zu können.
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der Geschichten unverbindlich, macht sie zu Leerstellen und Variablen des Immergleichen, häufig zu bloßen Illustrationen von Begriffen f wie „Schönheit“, „Romantik“ und „Liebe“. Die Fotografie in den Fotogeschichten will Sichtbares r wiedergeben, nicht aberr vorher Unsichtbares sichtbar machen, geschweige Einsichten vermitteln. Wegen ihrer eigentümlichen „Neutralität“, ihrer Vagheit, ihres Charakters als visuelle Floskeln werden diese Bilder schnell wieder vergessen. Diese Bilder haben kein Vertiefungspotenzial und Spielräume bestenfalls nur für bestimmte Transzendenzphantasien. Sie geben nicht nach und nach etwas preis, weil sie nichts preiszugeben haben, über keine expansive Kraft verfügen, nicht über sich hinausweisen, geschweige auf häufig unsichtbare Fakten und Vorgänge des Sozialen aufmerksam machen. Sie bedienen vornehmlich eine Oberfläche der maximalen Identifikationsmöglichkeiten für die Rezipierenden mit den Figuren und den vorgeführten Situationen. Sie evozieren ein – bewusstes oder unbewusstes – sich mit den Figuren Vergleichen – sei es bestätigend oder abgrenzend, in dem die Rezipientin beispielsweise feststellt, dass sie (wäre sie an der Stelle einer der Hauptfiguren in einer Geschichte) vielleicht in einer bestimmten Situation ganz anders als diese reagiert oder gehandeltt hätte. Beides führt letztlich zu einer Bestätigung bei den Leserinnen und Lesern, gibtt diesen das Gefühl, „gestärkt“ aus den Geschichten hervorzugehen. Die im 19. Jahrhundert entstehende Fotografie brachte einerseits die Möglichkeitt einer unendlichen Erweiterung des Sichtbaren mit sich, beginnend mit professionellen Portraits von Verwandten, Reiseansichten, archäologischen und ethnologischen Aufnahmen, die teilweise auch Vorlagen für Maler waren.53 Denn ihr ureigenerr Gegenstand ist alles, was durch sie sichtbar wird – was also zuvor unsichtbar war. Sie stellte somit andererseits auch völlig neue Dimensionen des Unsichtbaren r her. Und sie macht heute, was für das Thema brisant ist, neugierig auf das Unsichtbare, darunter auch verdrängte Tatsachen, herrschende Abstraktionen und Regeln.54
53
Im 19. Jahrhundert tauchten auch so genannte Posen-Alben auf, die Malern die Beschäftigung von Modellen ersparten. 54 Rebecca Solnit unterscheidet in ihrer fotografiekritischen Untersuchung ‚ Crimes and Splendors. The Desert Cantos of Richard Misrach’, Boston 1996, verschiedene „Unsichtbarkeiten“: materiell Existierendes wie Strahlungen; Abstraktionen wie Gewalt und Amnesie, „die nur in Form bestimmter Handlungen, Folgen oder Ursachen an die Oberfläche treten“; verdrängte Tatsachen wie „häusliche Gewalt“; alles, was „hochgesichert, klassifiziert, unterdrückt, versteckt, bewacht ist“; schließlich alles, „was zeitlich begrenzt ist, was schon geschah oder erst passieren wird“ (S. 52; deutsch zitiert bei Ludwig Seyfarth, 2000: 5). – Nach Hartmut Böhme sind auch sichtbare und unsichtbare Blicke zu unterscheiden: „Grausame
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
Die in den Mädchenzeitschriften herrschende Opulenz des fotografisch Sichtbaren belegt gerade, dass das Entscheidende in der Fotografie meistens unsichtbarr bleibt, sie eine „ungeheure Aufwertung des äußeren Scheins“ (Sontag 1989: 205) vornimmt und mit ihrem „Realismus“ bezüglich des Realen sogar „Verwirrung“ V stiftet (ebd.: 225).55 Hinter den propagandastrategischen Ritualen und Symbolen einer sich mittels „integrierter Kommunikationskonzepte“ (vgl. Ausstellungstexte Museum für Post und Kommunikation 2001) auch fotografisch als intakt und moralisch integer darstellenden Gesellschaft ist daher vieles aufzusuchen: die Konkretionen der Verhältnisse, die zwanghaften Tauschakte, der „spirituelle“ Lebens- und Gemeinschaftsersatz, die Sehnsüchte nach Balance und Ordnung, nach intakten Beziehungen zu Natur und Gesellschaft, nach ästhetischer (modischer, kosmetischer) Differenz. f Die Fotogeschichten stehen somit für komplexere Sachverhalte als „nur“ geschlechterrollenbedingte Hierarchiestrukturen und ihre symbolischen Entsprechungen in „Beziehungszeichen“ (Mühlen Achs 1997: 91; siehe auch Miller 2004). 1.5.3
Die Fotogeschichten im Trend neuester Entwicklungen
Dass das „Modell“ der Fotogeschichten noch lange nicht ausgedient hat, sondern ganz im Gegenteil zu immer vielfältigerem medialem Einsatz zu kommen scheint, belegen neueste Entwicklungen. So ist im April 2006 unter dem Titel „mittendrin – Berlin rockt!“ eine tägliche Foto-Soap für das Handy mit überwältigender Resonanz angelaufen. Keine vier Wochen nach Sendestart zählt die „Foto-Handy-Soap“ mit prominenten TV-Stars V bereits mehr als 35.000 Abonnentinnen und Abonnenten. Das neuartige „crossmediale“ Entertainment-Format scheint dabei genau den Geschmack der jugendlichen Zielgruppe zu treffen, f sein Erfolg liegt möglicherweise in der besonderen Nähe zu Darstellenden und Handlung: Fans der Soap können das
Blicke, listige Spiegelungen, tödliche Blicke begleiten, ja bilden die Urgeschichte des Subjekts bis in die griechische Aufklärung, verschwinden dann aus der ‚hohen‘ Kunst und Philosophie, strömen subkulturell weiter bis in die Renaissance, versickern langsam ins Unbewusste, tauchen wieder auf in der Romantik (und Neoromantik), bis sie von Freud in den analytischen Diskurs gezogen werden. Dies wäre sinnlos, lebte die archaische Konfiguration von tödlichem Blick, Spiegelung und Mord (…) nicht fort.“ (Böhme 1988: 234f.) 55 Vgl. auch Horkheimer/Adorno 1989. Darin: „Die Ideologie wird gespalten in die Photographie des sturen Daseins und die nackte Lüge von seinem Sinn, die nicht ausgesprochen, sondern suggeriert und eingehämmert wird. Zur Demonstration seiner Göttlichkeit wird das Wirkliche immer bloß zynisch wiederholt. Solcher photologische Beweis ist zwar nicht stringent, aber überwältigend.“ g (Horkheimer/Adorno 1989: 168)
2 Die Beratung zwischen Rationalisierung und Re-Romantisierung
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Produktionsteam an den Originalschauplätzen treffen f und sich dadurch sehr direkt mit dem Verlauf der „Story“ identifizieren.56 Nicht nur gestalterisch, auch inhaltlich sind die wesentlichen Kernthemen derr Fotoliebesgeschichten der Jugendprintmagazine aufgegriffen: f Liebe, Eifersucht, Freundschaft und Intrige bestimmen den Alltag der jugendlichen Protagonisten. Derr besondere Reiz der Serie liegt dabei aber offensichtlich f in ihrer quasi dokumentarischen Echtzeit-Atmosphäre. So verbinden sich die Szenen der Serie scheinbarr zwanglos mit echten Momenten aus dem Leben der TV-Stars V Ben (24, u. a. Moderator von BRAVO A TV) und Gülcan (Moderator beim Musiksender VIVA). V Fans können die tägliche Produktion der Serie live mitverfolgen und ihre Stars vor Ort treffen, f indem sie sich einfach als Zuschauer an die in der Serie genannten Trefff punkte begeben. Interessierte können sich durch eine SMS oder über eine E-mail fürr den Empfang registrieren lassen. Das „Best of mittendrin“ erscheint zusätzlich als Fotostory in den Jugendmagazinen des Egmont Ehapa Verlages, bei „CHICA“ und „GO GIRL“, und ist auch fest in das Magazin „TOP OF THE POPS“ eingebunden. 2
Die Beratung zwischen Rationalisierung und Re-Romantisierung
2.1
Vorbemerkung
Neben den formal und inhaltlich klar begrenzten Fotogeschichten bestimmt der Bereich der redaktionellen Ratgebertexte in seinen vielfältigen Erscheinungsformen wesentlich das inhaltliche Angebot kommerzieller Jugend- und Mädchenzeitschriften mit. 56
„mittendrin-Berlin rockt!“ wurde von den Unternehmen der Icon Impact GmbH als einem marktführenden Anbieter innovativer Unterhaltungsformate, deren Vermarktungsschwerpunkte in Kooperationsmodellen mit Industrie- und Medienpartnerschaften liegen, und in Zusammenarbeit mit dem Telefondienstanbieter O2 entwickelt und umgesetzt. Die Produktion umfasst darüber hinaus Kooperationen mit McDonalds, dem Fernsehsender RTL II, dem Egmont Ehapa Verlag und dem Mobiltelefonhersteller Nokia. Philipp Zwez, Managing Director von Icon Impact, einer der „Erfinder“ der Handy-Soap, macht unter anderem die konzeptionelle Pionierleistung für den überwältigenden Erfolg verantwortlich: „ ‚mittendrin‘ ist der Beweis dafür, dass die Kombination zielgruppengerechter Inhalte mit starken Distributionskanälen ein Erfolgsgarant ist.“ Der spezifisch benannte Vorteil liegt demzufolge u. a. auch darin, den Konsumenten immer „mit dem passenden Medium“ zu erreichen. Unterwegs per Handy, zuhause mit dem PC und begleitend über die entsprechenden Printmedien. So steht zweimal täglich eine aktuelle Folge aus zehn Bildern, Text und Ton für den Download auf das Mobiltelefon bereit. „Die eigene Realität deckt sich mit der Realitätsebene der FotoHandy-Soap“, so Zwez. „Man trifft f die Stars auf bundesweiten Partys und gehört tatsächlich zu einer besonderen Community.“ y – (Zwez 2006: www.openpr.de/news p p [26. 04. 2006]).
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
Diese Ratgeberangebote finden bei vielen Medienexperten unterschiedlicher Disziplinen, so auch bei Medienpädagogen, im Allgemeinen eine durchaus positive Resonanz (vgl. in der vorliegenden Arbeit das Kap. A.3. zum Forschungsstand, darin: Die Beratungsrubriken). Dies liegt möglicherweise an der von den Redaktionen immer wieder beschworenen großen Nähe dieser Angebote zu den Lebenswelten von vor allem weiblichen Jugendlichen, zu den Erkenntnissen jugendpsychologischer Forschung, überhaupt an ihrem in das Auge springenden solidarischen Sinn für jugendlichen Kummer und der praktizierten Offenheit f gegenüber vielen Selbsthilfestrategien, die auch nicht vor gelegentlicher Kritik am Körper- und Schönheitsfetischismus in der Warenwelt zurückschreckt. Tatsächlich ist das Bild der Beratung unter Rubriktiteln wie Liebe, Psycho und Frag Gabi, welches die kommerziellen Jugend- und Mädchenmagazine vermitteln, seit Jahrzehnten sehr vielfältig. Thematisch geht es darin unter anderem um Sexualität, Schwangerschaft und Körperhygiene, um Angstbewältigung und Suchterkrankungen, gelegentlich auch um schulische und berufliche Probleme. Es werden Sachinformationen und Hinweise auf Problem- und Selbsterkenntnis, psychische Entlastung und Anleitungen zu Verhaltensänderungen angeboten. Symptome eines Problems, seine möglichen Ursachen und Reaktionen, welche die Leser und Leserinnen bewegen, sich mit ihren Problemen an die Zeitschriften zu wenden, werden redaktionell aufgegriffen, f dort in anschaulicher Sprache und immer verständnisvoll beantwortet. Wesentliche Charakteristika dieser Formen der Beratung sind die Zwanglosigkeit, die Anonymität, die schnelle Verfügbarkeit, die Unverbindlichkeit, die räumliche Distanz zwischen Redaktion und Leserin sowie der Wegfall von autoritären oder institutionalisierten Kontrollen (vgl. Kweton 1994: 74f.; auch Bley 2000: 56–59). Ganz zentral aber ist die Relevanz eines Problems einer einzelnen Leserin für ein breites Publikum, damit dessen Verallgemeinerung. Gerade weil in den Beratungstexten mit dem Beratungsangebot fast ausschließlich Mädchen angesprochen werden und jungenspezifische Probleme nur sehr marginal vorkommen beziehungsweise bestimmte Probleme nur selten Jungen zugeordnet werden, gehören diese Rubriken auch zu jenen „Medienvorlieben, die im Kontext geschlechterspezifischer Sozialisation zu verstehen sind“ (Götz 2002: 120). Zur thematischen kommt die offensichtliche f methodische Vielfalt der Beratung in den Magazinen: Flirt-Tipps T zum Beispiel geben eine rein redaktionelle Problemdefinition mit ebenfalls redaktionellen Lösungsvorschlägen vor; Rubriken wie Liebe bieten zumeist zunächst eine Problemdefinition beziehungsweise -beschreibung von einer Leserin, eine Problemlösung und Handlungsanweisung durch – meist als solche erkennbare – Experten. Zuweilen werden von Redaktionen auch Probleme
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beschrieben und zur Diskussion gestellt; Lösungsvorschläge kommen dann vorrangig von den Leserinnen, werden von der Redaktion nur kommentiert; manchmal wird eine Problemdefinition und -lösung auch nur durch Leserinnen vorgenommen beziehungsweise vorgeschlagen, und die Redaktion organisiert durch Auswahl von Zuschriften den Austausch untereinander. Die Untersuchung der Beratungstätigkeit kommerzieller Jugend- und Mädchenzeitschriften ist also nicht auf die bekannten Rubriken zur „Sexualaufklärung“ zu begrenzen. Denn kognitive, affektive f und sozial-kommunikative Bedürfnisse nach professioneller Information und Orientierung werden auch in redaktionellen Modeund Kosmetiktipps, „Psycho-Tests“, T Ratschlägen zur „Typverbesserung“ T und anderem mehr bedient. Sie verdeutlichen ebenso wie zum Beispiel die Sexualitätsaspekte, dass diese Beratungstätigkeit im Horizont permanent wiederkehrenderr sozialer und kultureller Motive, Widersprüche, Gesetzmäßigkeiten und Muster heutigen „Emotionsmanagements“ (Illouz 2006: 100, 161) steht. Diese Faktoren bestimmen auch, welche Wissensinhalte und Wissensbegrifflichkeiten f mittels welcherr Prinzipien in der Beratung walten und an die „Interpretationsgemeinschaft“ (Michel 2006: 30) der Leserinnen herangetragen werden. Insbesondere die Untersuchung von Diskursverknüpfungen in den Rubriken erscheint als ein Weg, nicht nur fürr eine „geschlechterreferierende Medienpädagogik“ (Götz 2002), „Medien in ihrem sozio-kulturellen Kontext verstehbar zu machen“, eingeschlossen deren „Identitätsentwürfe“ (Hipfl 2004: 2, 14). Wesentlich für eine Untersuchung der Beratungsangebote im Rahmen einer diskursiven Bestimmung der in ihnen vermittelten Mädchenbilder, r ist hierbei auch die Erfassung der in ihnen und durch sie konstruierten lebensweltlichen Kontexte, und zwar sowohl unter dem besonderen Aspekt von Geschlechterzuschreibungen als auch in ihren sozialen, kulturellen und gesellschaftspolitischen Komponenten. 2.2
Äußere r Erscheinung und Präsentationsformate der Beratungsangebote
Die Variationsbreite des Angebots redaktioneller Beratung ist – wirft man einen Blick auf die Inhaltsseite einer Mädchenzeitschrift – durchaus verwirrend und nichtt immer lässt sich manche „Beratung“ explizit und unmittelbar als solche identifizieren. Im nachfolgenden sollen zunächst die als solche ausgewiesenen Beratungsangebote zweier „klassischer“ Mädchenzeitschriften (BRAVO A GIRL! und MÄDCHEN) auf ihre äußeren Präsentationsformen hin genauer untersucht und anschließend einige Präsentationsformate nicht expliziter „Beratung“ der Zeitschrift BRAVO A GIRL! analysiert werden.
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Abb. 45
Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
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2.2.1
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BRAVO A GIRL!
Die gängigen Rubriken der Mädchenzeitschrift BRAVO A GIRL! unterteilen sich in die Kategorien (vgl. BRG 07/2003; S. 3; © Abb. 45): • • • • • • • •
nur für dich! tests & fun mode & trends r beauty & body love & boys mach mit! in jeder GIRL! reports e
Nicht auf den ersten Blick ist hier zu erkennen, an welcher Stelle die ausdrücklichen Beratungsangebote der Redaktion eingeordnet sind. Erst beim Durchblättern stößt man – gleich im Anschluss an die Fotogeschichten – auf die Rubrik „love & sex“ (BRG 07/2003, S. 60. © Abb. 46) und eine Seite später auf „body & soul“ (BRG 07/2003, S. 62. © Abb. 47).
Abb. 46
Abb. 47
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
2.2.1.1 „love & sex“ Als eindeutige Hilfs- oder Beratungsangebote sind sie vor allem deswegen auszumachen, weil sie als solche ganz klar gekennzeichnet sind. Ganz oben ist in einerr dekorativen Schmuckzeile aus aneinander gereihten Farbkreisen das Portraitfoto derr Beratenden, die in der ergänzenden Überschrift kurz als „Unsere Psychologin Eva“ (ohne Nachnamen) vorgestellt wird. Das Beratungsangebot ist durch zwei alternative Optionen gekennzeichnet: Zum einen steht die genannte Psychologin „jeden Mittwoch zwischen 15 und 17 Uhr“ unter einer angegeben Telefonnummer als Gesprächspartnerin zur Verfügung, zum anderen kann die Leserin aber auch an die Redaktion von BRAVO A GIRL nach München schreiben. Auch hier ist eine Kontaktadresse angegeben. Dass die Psychologin ausgerechnet mittwochs Telefonsprechstunden anbietet, liegt wohl in erster Linie daran, dass auch BRAVO A GIRL! immerr mittwochs erscheint und man von Redaktionsseite hier ein unmittelbares Angebot für die Leserinnen bietet, die die Zeitschrift aktuell gekauft haben. Die beiden Kontaktformate Telefon beziehungsweise Brief sind zudem noch in piktogrammartigerr Form in die Überschrift integriert. Zum Textblock dieser Überschrift korrespondiert eine kleine, schmale, gelb hinterlegte Symbolzeile am unteren Seitenrand in der Mitte. Hierin sind – ebenfalls mit Bildpiktogrammen sowie jeweils dazu gehörigen schriftsprachlichen Elementen – die verschiedenen Versionen einer möglichen Kontaktaufnahme der Leserin mit der Redaktion verbal benannt: „mail uns“ / „schreib uns“ / „online“ / „sms-en“ / „ruff an“ / „gewinn!“ (vgl. BRG 07/2003, S. 60; © Abb. 48). Ebenfalls explizit als redaktionelles Beratungsangebot ist der durch einen umlaufenden Rahmen gefasste Textblock am rechten unteren Seitenrand mit der Überschrift „Hier bekommst du Hilfe“. Dabei ist das Wort Hilfe in größerer Schrift gesetzt und wirkt – auch durch die zusätzliche Verwendung der Farbe pinkrot – signalartig (ebd., © Abb. 49). Dieser Textblock ist wiederum unterteilt in drei inhaltliche Kategorien, nämlich 1. Trennungsschmerz. 2. Er möchte Sex, Du noch nicht. 3. Mehr über Flirten, Küsse, Zärtlichkeit.
Abb. 48
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Abb. 49
Als mögliche Hilfestellungen werden eine Internetadresse bei BRAVO A angegeben, die Telefonnummer der Jugendseelsorge und schließlich ein Buchtipp. Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass die Beratungsseite sich wesentlich von den sonst in der Zeitschrift präsentierten Seitenformaten unterscheidet: Sie bestehtt aus einem überwiegenden Anteil schriftsprachlichen Textes, die bildlich-visuellen Elemente sind auf einige wenige reduziert. Die Farbgestaltung der Seite ist insgesamt durch die Verwendung der Farben rosa, pink, violett und schwarz charakterisiert. Dabei ist der Grundtenor der Farbgestaltung eher zurückhaltend, die eingesetzten Farben sind pastellartig und unterstützen das Angebot, sich zurückgezogen lesend in die Seite und in die vorgeführten Probleme versinken lassen zu können. Im Gegensatz zu den unmittelbar vorher platzierten, grellbunten Layouts der Fotogeschichten wirkt das Angebot der Beratung textgraphisch sehr viel ruhiger und zum Lesen, nicht zum „Erblicken“, animierend. Der Anteil der Bildelemente in der untersuchten Seite beispielsweise besteht – abgesehen vom Portraitfoto der Psychologin – nur aus zwei Bildern, die in den Gesamttext der Seite eingebaut sind: auf derr linken Seite das kleinere Foto eines glücklich sich küssenden, nackten Paares in Liebesszene, das aber überlagert ist mit schriftsprachlichem Text („Wusstest W Du, … dass es 62% der Mädchen peinlich ist, sich im Kino heiße Liebesszenen anzusehen?“). Und in der oberen Seitenmitte das fotografische Bild einer jungen Frau und eines jungen Mannes, das offensichtlich f zum zentral in der Bildmitte platzierten Schrifttext „Wieso W macht ihm unsere Trennung gar nichts aus?“ illustrierend arran-
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giert ist. Dabei ist das Mädchen mit traurig nach unten gesenktem Kopf im Vordergrund klar und deutlich zu erkennen, während der junge Mann im Hintergrund nur in unscharfen Umrissen silhouettiert wird und im Weggehen begriffen f scheint. Beide Personen sind dunkel gekleidet, was zudem auf eine eher traurige Bildgrundstimmung hinweist. Dass das fotografische Bild und der darunterstehende Textbeitrag „zusammengehören“ und einen Gesamttext innerhalb der Beratungsseite bilden, wird auch durch eine beide Textteile umlaufende und einfassende Rahmenlinie deutlich markiert. Auf der Gesamtseite befinden sich insgesamt sechs „Problemfälle“, die aus jeweils folgenden Textteilen bestehen: 1. einer Überschrift – meist in Frageform. 2. der Schilderung des Problems als Frage an die Redaktion mit der Angabe des Vornamens und des Alters der jeweiligen Fragestellerin. 3. einer redaktionellen Antwort. Bereits hier fällt auf, dass der Textumfang der redaktionellen Antwort den größten Anteil an der Darstellung des Problemfalls hat und in etwa aus doppelt soviel Text besteht wie die Frage der anonymen Leserin. Auch das Layout ist eher klar und zurückhaltend angelegt: Alle Überschriften sind mit derselben Typographie und derr Verwendung von zweierlei Farben (pink und violett) gleichmäßig strukturiert. Die Frage der Leserin ist immer in pink (einer Farbe, die typischerweise in den Magazinen immer wieder Mädchen zugeordnet wird), die Antwort der Redaktion immerr in schwarz, was wohl den Eindruck zusätzlicher Objektivität und Seriosität unterstützen soll. 2.2.1.2 „body & soul“ Nur eine Seite weiter im Heft findet sich das redaktionelle Beratungsangebot zu „body & soul“. Bereits der erste textgraphische Eindruck dieser Seite macht deutlich, dass sich das Beratungsangebot hier von der textgestalterischen Aufmachung her ganz klar an die vorangegangene zu „love & sex“ anlehnt und deren Präsentationsformat aufgreift. Das Layout der Seite ist im Wesentlichen mit der vorangegangenen identisch: Ganz oben ist wieder eine Art „Schmuckzeile“ aus aneinander gereihten Farbkreisen, in deren letztem (ganz rechts) wiederum das Portraitfoto der bereits vorgestellten Psychologin Eva ist. Gleich darunter der ebenfalls auch in der vorigen Seite verwendete Überschriftblock mit Telefonnummer und Adresse. Ganz analog ist auch hier der Anteil an verwendeten Fotos strikt reduziert – an gleicher Position in der Bildmitte oben ist das Foto einer fröhlich dreinblickenden
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Mädchengruppe zu sehen, das wiederum als Illustration des in das Zentrum der Seite gestellten Problemfalls präsentiert wird und durch weitere Kennzeichen auffällt: f Derr vorgestellte Text ist durch eine kräftigere Farbe hinterlegt als die anderen und verweist auf ein Umfrageergebnis („Kasten“) am linken Seitenrand. All diese Elemente tauchen identisch auch in der Beratungsseite zu „love & sex“ auf: kräftige Farbunterlegung der in der Seitenmitte positionierten Frage, Verweis auf den „Kasten“ mit „Umfrageergebnis“ links. Ist der farbliche Grundtenor der „lov e& sex“-Seite rosa-pink-lila, so ist die Farbausrichtung der „body & soul“-Seite in verschiedenen Blautönen ausgerichtet. Ebenfalls – entsprechend der Vorseite – werden auch hierr überwiegend Pastelltöne verwendet. Desgleichen korrespondiert die Piktogrammzeile mit den Kontaktangeboten am unteren Seitenrand in der Mitte sowie der für weiterführende Fragen bereitstehende Textblock am rechten unteren Bildrand unter der in der ebenfalls in pinkroterr Signalfarbe präsentierten Überschrift „Noch Fragen?“. Auch hier teilen drei untergeordnete Überschriften die möglichen Fragen in Kategorien ein: „Stress mit derr Family“, „Körpertraining“ und „Mehr Infos zum Thema Zahnspangen.“ Auch hierr werden weiterführende Informationen in Form von Internetadressen und einem Buch-Tipp T angeboten. Analog ist auch die Präsentation der „Problemfälle“ und ihrer Lösungsangebote, die wiederum aus Überschriften, Fragen sowie den redaktionellen Antworttexten bestehen. 2.2.2
MÄDCHEN
Auch die Inhaltsübersicht der Zeitschrift MÄDCHEN vermittelt einen umfangreichen Überblick über die diversen Rubriken (vgl. MÄD 21/2005, S. 3; © Abb. 50): • • • • • •
fotolove mode & beauty stars & szene love, sey & psycho reports e & lifestyle standards r
Die expliziten redaktionellen Beratungsangebote verbergen sich hinter Überschriften wie „Frag Gabi: Euer Kummerkasten“ oder „Sexmail: Intime Fragen – klare Antworten.“ Genau wie in BRAVO A GIRL! ist auch in MÄDCHEN die erste Beratungsseite unmittelbar nach den Fotogeschichten im Heft positioniert (vgl. MÄD, 21/2005, S. 50; © Abb. 51).
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Abb. 50
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2.2.2.1 „Frag Gabi“ Auch die Beratungsseite „Frag Gabi“ ist gekennzeichnet durch überwiegend schriftsprachliche Texte, fotografische Bildelemente sind nur drei vorhanden. Auch hierr wird die Beraterin nur mit ihrem Vornamen und einem Portraitfoto vorgestellt, in einem am unteren Seitenrand positionierten kleineren Textblock sind E-mailAdresse und telefonische Erreichbarkeit der „Mädchen-Beraterin“ angegeben (vgl. MÄD 21/2005, S. 50; © Abb. 51 unten). Zusätzlich aber auch der Hinweis auf einen möglichen Kontakt mit dem auch per Foto vorgestellten 17-jährigen „Max“, derr als Spezialist für das Insiderwissen von „Jungs“ auftritt und ebenfalls kontaktiertt werden kann. „Er verrät dir, was in den Köpfen der Jungs vorgeht!“ Das Präsentationsformat der einzelnen Problemfragen gliedert sich (wie auch bei BRAVO A GIRL!) in die drei Segmente „Überschrift“, „Problemvorstellung derr Leserin“ und „beratender Antworttext“. Insgesamt werden fünf Problemanfragen behandelt. Die farbliche Seitengestaltung ist in den Grundtönen Blau und Gelb gehalten, wobei Gelb den Präsentationen der beratenden „Gabi“ und dem beratenden „Max“ sowie beider Kontaktadressen vorbehalten ist. Dagegen sind die Leserinnen-
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briefe samt redaktionellen Antworten in verschiedenen Blautönen (teilweise mitt weißer Schrift) gehalten. Insgesamt macht die Seite einen übersichtlichen, textlich geordneten Eindruck. Die in den Gesamttext eingebundenen Fotos stellen neben Portraitfotos von „Gaby“ und „Max“ das als Illustration zu einem Problembeitrag gedachte Bild eines Mädchens dar, das sich – den Kopf sorgenvoll auf die Hand gestützt – Gedanken über ihre vermeintliche „Handysucht“ zu machen scheint. 2.2.2.2 „Sexmail“ Unterbrochen durch einen doppelseitigen „Report“ zu Missbrauch schließt sich an die „Frag Gaby“-Seite die Beratungsseite zu „Sexmails“ an, die unter der zusätzlichen Überschrift „Eure intimsten Fragen“ vorgestellt werden. Auch hier ist das graphische Seitenlayout analog der „Frag’ Gaby“-Seite. Meist fünf Problemfragen werden als überwiegend schriftsprachliche Texte unter Verwendung unterschiedlicher Schriftfarben und Texthintergrundfarben arrangiert – nur ein Foto illustriertt mit der Darstellung eines sich beim Sex liebenden jungen Paares eine der Problemfragen und ist in den entsprechenden Schrifttext graphisch eingebunden. Die Farbgestaltung der Seite ist stärker als die in BRAVO A GIRL! kontrastiert – kräftige RotLila-Orange-Töne wechseln ab mit weißem Texthintergrund und konnotieren damit eher „Energie“ als Zurückhaltung (vgl. MÄD 21/2005, S. 54. © Abb. 52)57. 2.2.3
Nicht explizite Beratung in kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften
Neben den oben beschriebenen „klassischen“ und vor allem explizit als „Beratung“ kenntlich gemachten redaktionellen Angeboten an die Leserinnen und Leser bieten die gängigen kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften darüber hinaus aberr auch eine große Vielfalt an Beratungen und Tipps, die nicht ausdrücklich unter die ausgewiesenen Bereiche der Beratungsrubriken fallen, sondern – verpackt als „Tipps“, T „Guides“ oder sogar „Infos“ – Hinweise insbesondere zu den Hauptthemen „body“, „beauty“ und „liebe“ geben. Oft sind sie eingebunden in „Umfragen“, in „Vorher V -Nachher“-Demonstrationen oder aber in wohlwollende, medizinisch anmutende Hintergrundinformationen. So werden in der BRAVO A GIRL! 07/2003 beispielsweise die folgenden Formate präsentiert:
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Zur Psychologie y g der Farben vgl. g Liebmann/Welsch W 2003.
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Abb. 53
2.2.3.1 „Deine Tage … und was du schon immer über sie wissen wolltest.“ (vgl. BRG! 07/2003, S. 64 © Abb. 53) Hier wird – ebenfalls in Frage- und Antwort-Manier – über das Thema Menstruation und damit verbundene mögliche Schwierigkeiten und Probleme bei Mädchen informiert. Leitfaden sind dabei von Betroffenen f (allerdings ohne weitere Benennung von Vorname, Name oder Alter) gestellte Fragen, die in ihrer inhaltlichen Ausrichtung auf eine breit vorhandene „Problembasis“ bei den Rezipientinnen ausgerichtett sind. So stehen „typische“ Fragen junger Mädchen rund um das Thema Menstruation im Mittelpunkt der Seite, die unter der Rubrik „body“ im Heft verortet ist.
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Abb. 54 4
Die Gestaltung der Seite ähnelt durchaus dem Aufbau der offiziellen f Beratungsseiten, auch hier dominiert schriftsprachlicher Text, Bilder spielen eine untergeordnete Rolle. Das fotografische Bild eines im Bett sitzenden, Tee löffelnden f Mädchens assoziiert mit Menstruation häufig in Verbindung gebrachtes Unwohlsein. Auch hier findet sich am rechten unteren Seitenrand ein Textmodul mit weiterführenden „Infos & Tipps!“ zum Thema, das allerdings bei genauerer Betrachtung dezidiert zu Markenartikelherstellern von Monatshygiene („Ob-Tampons“; T „Always“-Binden; „Dolormin“-Schmerztabletten) verweist (vgl. BRG! 07/2003, S. 64; © Abb. 54). Diese Verquickung von Beratung und Werbung lässt sich auch im Frage-Antwort-Text T selbst nachvollziehen. So werden dort beispielsweise die Schmerztabletten „Dolormin“ explizit empfohlen, die Tamponmarke „ob-mini“ herausgestellt und neben Eisenpräparaten mehrmals die Einnahme der „Pille“ nahe gelegt. 2.2.3.2 „Gut im Bett. Was macht den Sex für dich wunderschön? Wir verraten, worauf’s im Bett ankommt und wie ihr zwei echt glücklich werdet.“ (vgl. BRG 07/2003, S. 38–40; © Abb. 55) Unter der Rubrik „liebe“ werden hier auf drei Seiten eine ganze Reihe von Tipps zum Thema „guter Sex“ angeführt. „Die Angst [,] beim Sex etwas ‚falsch‘ zu machen, kennt wahrscheinlich jeder. Deshalb haben wir für dich mal zusammengetragen, worauf’s im Bett so ankommt.“ Aus der Perspektive der weiblichen Leserin werden in einer Sammlung von gut gemeinten, teils sehr souverän klingen-
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Abb. 55
den Ratschlägen und Weisheiten „Rezepte“ für „guten Sex“ geliefert. Mit detailreichen, praktischen und anschaulichen Tipps wird vorgeführt, wie sich Erotikk und Spannung herstellen und mit bestimmten Tricks auch hinauszögern lässt („Merkst du, dass er immer kribbeliger wird, entzieh dich ihm wieder ein wenig. Er will dich jetzt, sofort? Noch nicht … Halte ihn mit zärtlichen Küssen zurück“). Der Fließtext ist unterbrochen durch mehrere eingefügte Textblöcke: zu „DO’S“ und „DONT’S“; zu „DAS MÖGEN JUNGS“ und „DAS MÖGEN MÄDCHEN“; durch vier „Umfrageergebnisse“ („95% aller Jungs und Mädchen stehen auf zärtliches Küssen und Streicheln“; „89% der Boys wünschen sich, dass ihre Freundin einmal für sie strippt“; „93% der Jungs träumen davon, dass ihre Freundin sie mal so richtig verführt“; etc.) sowie durch ein „KLEINES SEX-ABC“ und einer geschlechterdifferenzierten f Hitliste zu den „beliebtesten Stellungen“ (nach dem Ergebnis aus einer BRAVO-GIRL!-Umfrage, A so wird erläutert). Die in den Gesamttext eingefügten fotografischen Bilder zeigen heterosexuelle Paare beim sexuellen Spiel. Auch hier findet sich ganz unten rechts am Text- und Seitenende die Auffordef rung, sich bei weiteren Fragen per Mail an die Redaktion von BRAVO A GIRL! zu wenden.
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2.2.3.3 „5minuten make-up. Schön im Handumdrehen? Kein Problem! Mit unseren Schmink-Tricks T gelingt dir in wenigen Minuten ein tolles make-up für Schule, Date oder Party!“ (vgl. BRG 07/2003, S. 42 u. 43; © Abb. 56) In einer reich bebilderten Anleitungsserie werden hier unter der Rubrik „beauty“ Tipps gegeben, wie sich innerhalb eines „Fünf-Minuten-Countdowns“ ein Make-up „zaubern“ lässt. Ein Vorher-Nachher-Foto soll den „Erfolg“ beweisen. Ähnlich wie auf der Seite zur Menstruation, sind auch hier in jedem der anleitenden Schritte Hinweise zu bestimmten Kosmetikprodukten mit angegeben und – damit noch nicht genug – auch noch ein Hinweis ganz unten rechts auf der ersten Bildseite, die auf eine andere Heftseite verweist: Dort sind die „Shopping-Infos“ für das gesamte Heft zusammengestellt und man erfährt, wo man die empfohlenen Artikel am besten kaufen kann (BRG 07/2003, S. 42; © Abb. 57/S. 85; © Abb. 58). 2.2.3.4 „So schön bist du! Super! Endlich seh ich mal anders aus!“ (vgl. BRG 07/2003; S. 76–77; © Abb. 59) Ganz ähnlich verhält es sich mit der Präsentation eines diesmal nicht anonymen, sondern immerhin mit Vornamen, Alter und Wohnort vorgestellten Mädchens („Jennifer (16) aus Heddesheim“), die auf einer Doppelseite nicht nur geschminkt, sondern auch in diversen neuen „Out-fits“ posiert („Party-Power“; „Cool att School“; „City-Style“; u. a.). Auch hier sind zu jedem empfohlenen Styling-Tipp T die entsprechenden p Produkt- und Herstellerhinweise sowie der Verweis auf die mögg
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Abb. 59
lichen Bezugsquellen angegeben. Am Ende der Präsentation wird die Leserin aufgefordert, sich auch selbst bei der Redaktion zu bewerben und unter der Rubrik „So schön bist du!“ an einem Loswettbewerb zu beteiligen. („Mach mit! Hast du Lust, dich auch mal von Kopf bis Fuß vom GIRL!-Modeteam nach deinen Vorstellungen stylen und beraten zu lassen? Dann schick ein Bild von dir und einen kurzen Brieff mit deinen Problemen und Wünschen an …“). Die Beispiele solcher in vorgebliche Beratungsformate eingebundenen mehr oderr minder kryptischen Bewerbung von diversen Markenartikeln ließen sich mit einerr Reihe weiterer Rubriken („hot style“, „test. Der große body check“; „so bist du“; „mode“, „star style“; u. a.) fast beliebig fortsetzen. Die Vermischung von „Beratung“ und „Werbung“ W gehört zu den sinnfälligen Charakteristika der kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften. Die wesentlichen inhaltlichen Kategorien, mit denen sie sich auseinandersetzen, sind dabei Körperliche Schönheit/Attraktivität (Kosmetik, Mode, Schlankheit) sowie Liebe und Sexualität (Partnerschaft, sexuelle Erfüllung, Verhütung). Im Folgenden soll versucht werden, die übergeordnete inhaltliche Ausrichtung derr Beratungsformate genauer zu erfassen und damit auch die Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbild in den kommerziellen Zeitschriften näher zu bestimmen.
156 56 2.3
Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
Wesentliche inhaltliche Charakteristika und Ausrichtung der Beratungsangebote
Untersucht man die Beratungsrubriken hinsichtlich der redaktionell-inhaltlichen Präsentationen, so fallen vor allem drei übergeordnete Leitprinzipien auf, an denen sich die Texte der Beratungsspezialistinnen semantisch auszurichten scheinen 1. Die Rationalisierung der vorgestellten Probleme (wie beispielsweise Liebeskummer und Schönheitskummer), 2. deren Ästhetisierung (auf der Folie von Geschlechterzuordnungen und der Aufwertung von Mode, Kosmetik, Körper, Liebe und Sexualität) sowie schließlich der alles andere leitmotivisch zu überdecken scheinenden Problemlösung durch 3. größtmögliche Individualisierung der jungen Menschen. Dies soll im Folgenden näher untersucht werden. 2.3.1
Die Rationalisierung
2.3.1.1 Das Realitätsprinzip Scheinbar siegt in den Zeitschriften bei den Standardfragen der Sexualaufklärung stets die Faktentreue, also die Wirklichkeit. Die Frage zum Beispiel, ob ein Mädchen „beim ersten Mal“ schon schwanger werden könne, wird in den Zeitschriften immerr eindeutig, unmissverständlich mit biologischen Fakten beantwortet. So von den Experten bei POPCORN: „Ja, deshalb unbedingt an Verhütung denken! Dein Körper ist von der sexuellen Entwicklung her auf eine Schwangerschaft vorbereitet.“ (04/2005; Rubrik Sex and the Kids. Was Mädchen wissen wollen, S. 77). Auch in Sachen Gefühle, Liebe, Liebeskummer, jugendliche Schwärmerei, sexuelle Bedürfnisse und anderes hat offensichtlich f immer die Realität die Oberhand: „Pass bitte auf, dass du die Realität nicht aus den Augen verlierst“, schreibt ein Berater einer dreizehnjährigen, für einen Mitschüler schwärmenden Leserin. Sie ist Verfasserin zahlreicher „Liebesbriefe“, die aber nicht beantwortet, sondern zerrissen werden: „Wenn W dich dein Schwarm mal nur nett anschaut oder dich grüßt, interpretierst du das gleich als Liebe – die er aber für dich nicht empfindet. Wie soll er dir denn anders klarmachen, dass er deine Gefühle nicht erwidert, als nein zu sagen und deine schönen Liebesbriefe zu zerreißen? […] Du wirst jetzt traurig durch das Tal des Liebeskummers gehen und lernen müssen, dass Liebe auch wehtun kann“ (ebd., Rubrik Help Line, S. 78). Derr Begriff f der „Liebe“ wird auch von der beratungserfahrenen BRAVO A mit ihrem „Dr.Sommer-Team“ T gegenüber einer Leserin, deren Freundin an Eifersucht leidet, auff den Boden von Erfahrungstatsachen gestellt: „Um die große Liebe geht es dabei höchst selten. Sondern eher um ein Gefühlsgemisch aus Eifersucht mit einer guten Portion Neid und der Angst, alleine dazustehen“ (BR, 03/2005, S. 74).
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Auch der Umgang mit „Unlust“ in puncto Sexualität wird zuweilen akzentuiert, zum Beispiel von MÄDCHEN: „Nirgendwo steht geschrieben, dass man in einerr glücklichen Beziehung ständig Bock auf Sex haben muss. Sexualität ist eben höchst störanfällig, viele Faktoren schwingen da mit. […] Schwierig ist nur, dass zwei Verliebte meist unterschiedliche Phasen erleben.“ (MÄD, 06/2005, Rubrik Beratung. Sexmail, S. 54) Auch weiteres „Expertenwissen“ wird weitergegeben, so zum Beispiel von BRAVO A GIRL! in Sachen Empfängnisverhütung, Zärtlichkeit und Orgasmusstörungen: „Klar, ein Orgasmus ist ein wunderschönes Gefühl, aber er ist nicht das Wichtigste beim Sex. Das, was wirklich zählt, ist der Spaß, den ihr zusammen im Bett habt, bei der schönsten Nebensache der Welt.“ (Die großen r Sex-Lügen. Undd was an ihnen dran ist … Bei keinem Thema wird r so geflunkert wie beim Sex! Doch was stimmt wirklich? Wir haben die sieben größten Liebeslügen für dich aufgedecktt …, BRG, 20/2002, S. 40f.) Als „Bianca, 15“, sich beim Schwesterblatt BRAVO A nach einer Auseinandersetzung mit ihrem Freund (17) darüber beklagte, dass er „immer mehr seine eigenen Wege“ gehe, konnte das „Dr.-Sommer-Team“ T ermunternd eingreifen und beziehungsgeschichtlich klarstellen, dabei zur Geduld mahnend: „Gut, dass er Dir gesagt hat, was ihm stinkt und was er sich von Dir wünscht. Doch es geht nicht darum, dass Du ihm ‚seinen eigenen Willen‘ lässt, sondern um eine gleichberechtigte r Beziehung. Doch das werdet Ihr nicht von heute auf morgen hinkriegen“ (BR, 37/2002, Rubrik Dr. r Sommer Team Sprechstunde, r S. 33). Und als „Sandy, 14“ fragte, ob sie „noch normal“ sei, wenn sie sich bei der Selbstbefriedigung „so richtig gewaltsamen, perversen Sex“ vorstelle, beruhigte MÄDCHEN: „Sexuelle Fantasien sind irre, fantastisch, abgehoben, wild, romantisch oder auch gewaltig. Sexualität ist nämlich eine gewaltige Energie – und die kann in unserem Kopfkino übersprudeln. In Gedanken gibt’s keine Scham und keine Grenzen. Da geben wir uns wildfremden Partnern hin, lassen uns fesseln, lieben zu dritt oder das gleiche Geschlecht. Ich sage ‚wir’, weil jeder sexuelle Fantasien hat. Denn ohne unser Kopfkino wäre Sexualität stinklangweilig. (…) Die Wirklichkeit sieht anders aus. Da schützen uns schon unsere Ängste davor, die wilden Sex-Fantasien auszuleben.“ (MÄD, 10/2003, Rubrik Beratung. Sexmail. Eure r intimsten Fragen, S. 56) Selbst gängige Schönheitsvorstellungen erfahren durch die Zeitschriften manchmal eine Relativierung. Zum Beispiel bezog sich BRAVO A GIRL! auf eine kritische Studie von US-Wissenschaftlern W zur so genannten „Beauty-Skala“ und resümierte ‚überrascht‘ die Ergebnisse einer soziologischen Untersuchung: „Attraktivität ist nicht nur von der Optik abhängig, sondern auch vom Charakter (…). Das überraschende Ergebnis: Wer zuverlässig war, freundlich und sich um andere gekümmert
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hat, wurde plötzlich [als] sehr viel schöner bewertet“ (BRG, 05/2005, 5 5 Rubrik Hott Love, S. 52). Ein solcher ethischer Impuls findet sich auch in anderen Magazinen, häufig vermittelt in der – Gemeinsamkeit suggerierenden – Ansprache in der 1. Person Plural: „Wir W sind schließlich nur dann wirklich schön, wenn wir uns auch selbst mögen und akzeptieren. Schönheit ist ein süßes Lächeln, strahlende Augen, eine tolle Ausstrahlung, eine interessante Persönlichkeit. Es sind diese Dinge, die uns einzigartig machen. Sie sind viel attraktiver als das ebenmäßigste Gesicht und jede noch so perfekte Figur“ (MÄD, 18/2002, Rubrik psycho, S. 18). 2.3.1.2 Modellfall Liebeskummer Im Zentrum der publizistischen Beratungsbemühungen steht – neben Problemen rund um das Thema Körper und Schönheit – vor allem der Themenkomplex derr Liebe. Beide Kategorien sind auf das Engste miteinander verbunden und greifen durch vielfältige Semantiken (wie Sexualität; Attraktivität; Erotik; Schlankheit; etc.) ineinander. Beide Bereiche sollen anhand ihrer Spezifika in den Beratungsrubriken im Folgenden genauer untersucht werden.
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Chaos der Gefühle – die Textblöcke in der Zeitschrift MÄDCHEN Ä sind mit Begriffen f wie „Angst“, „Eifersucht“, „Liebe“, „Misstrauen“, „Neid“, „Traurigkeit“, T „Wut“ W überschrieben, mit intensiven Farben unterlegt. „Manchmal ist man mit seinen eigenen Gefühlen echt überfordert“, heißt es. „MÄDCHEN verrät dir einfache, aber wirksame Tricks, mit denen du das Emotions-Chaos ganz sicher in den Griff f bekommst“, heißt es weiter (MÄD, 05/2005, Rubrik Psycho, S. 28 u. 29. © Abb. 60). Im Zentrum der Doppelseite findet sich die Aufnahme einer etwa Dreizehnjährigen, mit langen blonden Haaren, in rosa Kapuzen-Bademantel auf einem Bett sitzend; ihre Arme sind verschränkt, der Blick der dunklen Augen ist trotzigtraurig. Ein Bild der Hilflosigkeit und Hilfsbedürftigkeit.58
Abb. 61
BRAVO A GIRL! bietet ein Doppelbild, ein Bild im Bild: auf dem größeren, rund geschnittenen, einen Kosmetikspiegel assoziierenden Foto ein Paar, mit angezogenen Knien sitzend, die Hände und Füße jeweils vor dem Körper verschränkt. Beiderr Gesichter haben hier einen deprimierten, angespannten Ausdruck und assoziieren den Eindruck, dass die beiden sich gerade nicht sonderlich gut verstehen. In das gro58
Zur Körpersprache, zum „symbolischen Gebrauch der Arme“ und zum „Gesicht als Zeichenträger“ g siehe Mühlen Achs 1998: 68–77; 80–90.
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ße Bild ist ein kleineres, rechteckiges „Freundschaftsfoto“ desselben Paares eingefügt, das die beiden umschlungen und aneinander geschmiegt beim fröhlichen Apfelessen in gelöster Stimmung zeigt; das Mädchen lehnt entspannt seinen Rücken an die Brust des Jungen. Das kleinere Foto ist mit dicken roten Linien durchgestrichen. Dieser harmonische Zustand der Nähe, so suggeriert es, ist wohl vorbei. Die Bildermontage illustriert einen Text mit dem Titel: Liebeskummer – und wie du schnell darüber hinwegkommst! Der durch die ganzseitige Anzeige eines Versandhauses unterbrochene Beitrag (BRG 08/2003, Rubrik liebe, S. 80, 82; © Abb. 61) präsentiert auf der zweiten Seite das Paar noch einmal in einem ovalen Foto: jetzt in einerr schon ausgeräumten, nur mit Umzugskartons im Hintergrund angedeuteten Wohnung, beide mit leicht angezogenen Knien auf dem Fußboden einander versetzt gegenüber sitzend, Blickkontakt meidend und die Arme jeweils verschränkt. Die erste Seite enthält auch die Aufnahme eines Lavendelstraußes mit dem weiterführenden Hinweis, dass ein Vollbad mit Lavendelöl sich hervorragend als „Trostpflaster“ T bei Liebeskummer eigne und beruhige. Die zweite Seite enthält Bilder weiterer Reliquien: von einem Tagebuch, einem Karton mit Kuschelbär, einem zerbrochenen Spiegel mit dem Gesicht des Jungen… Im Mittelpunkt der Beratungsbemühungen dieser Zeitschriften stehen also nicht nur „Beauty-Tipps, T coole Mode, tolle Reportagen (…), Love & Sex und süße Jungs“, wie es in einer Abonnementswerbung des Magazins SUGAR heißt (12/2001, S. 91). Im Mittelpunkt steht ganz zentral der an Liebeskummer leidende junge Mensch. Ein hormoneller Vorgang verstärkt hier das Gefühl der Kränkung: Während bei Verliebten der Serotonin-Spiegel im Blut sinkt, steigt er bei den Gekränkten; während bei ersteren der Neurotransmitter Dopamin, zuständig für das „Glücks“-Empfinden, ansteigt, sinkt er bei letzteren. Liebes-Frustration kann daherr schmerzhaft sein wie ein Drogenentzug. Der Kummer kann sogar vorübergehend die Zentren lähmen, welche Emotionen und Persönlichkeitsentwicklung, Phantasie und Kreativität steuern. Ratgeber für erwachsene Betroffene f empfehlen in solchen Situationen als Bewältigungsstrategien unter anderem: Akzeptanz der eigenen Gefühle, aber Herausgehen aus der Opferrolle; Suchen der Ursachen auch beim anderen, Einräumen von Zeit für die Schmerzverarbeitung, schrittweise Auflösung alter, untauglicher Beziehungsmuster (Wolf/Merkle W 2001). Das dicke rote „X“ auf dem Bild im Bild in BRAVO A GIRL! steht symbolisch für das, was diese beiden hier zitierten und andere kommerzielle Mädchenzeitschriften dagegen in ihren Texten auffällig f verheißen: nämlich „einfache, aber wirksame Tricks“, um das Gefühlsproblem „sicher in den Griff“ f zu bekommen (MÄDCHEN); etwas, „was wirklich hilft“, zudem „schnell“;
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mehrere „Trostpflaster“, T ja ein ganzes „Powerpack“ (BRAVO A GIRL!). Denn selbstt das reichhaltige Angebot an romantischen Foto-Liebesgeschichten und an Werbung für „Aufmunterungskäufe“ – einen Anteil Einzigartigkeit durch ein Parfüm, ein bisschen innere Balance durch ein Mineralwasser, ein wenig Siegesgewissheit durch Sportschuhe (vgl. u. a. BYM, 09/2005) – kann da nicht immer helfen. Die Beratungsrubriken von BRAVO A GIRL! empfehlen bei „Trennungsschmerz“ T beispielsweise, sich im Internet unter bravo.de/boards einzuwählen. Dort trifft f man in der Regel auf eine ganze Reihe von Einträgen Jugendlicher, die ihre persönlichen Liebeserfahrungen und -probleme darstellen und sich mit anderen darüber austauschen wollen.
2.3.1.3 Modellfall Schönheitskummer Dasselbe gilt für eine weitere Problematik vieler Jugendlicher. Es ist auffällig, f dass sich die kommerziellen Jugend- und Mädchenmagazine dem Liebeskummer oft in Verbindung mit einer anderen Entwicklung widmen, über die MÄDCHEN Aufschluss gibt. Es berichtete: „Mädchen, die dünner sind als sie selbst, schaut Tijana i neidisch hinterher. Am liebsten hätte sie so eine Figur wie die Models in den ModeMagazinen. ‚Wenn W ich Zeitschriften durchblättere, werde ich ganz depressiv. Die Models sehen alle so perfekt und schlank aus. Und wenn ich dann noch die Artikel darüber lese, was man angeblich alles für seine Schönheit tun muss, fühle ich mich dann so, dass ich erst gar nicht damit anfangen mag.’“ (Bin ich schön? „Tijana T gehtt es wie vielen Mädchen: Sie ist unzufrieden mit ihrem r Aussehen, obwohl ihre r Freunr de sie klasse finden. […]; MÄD, 18/2002, Rubrik psycho, S. 16). Laut MÄDCHEN ist die Leserin nicht allein von diesem „ ‚Komplex’“ betroffen, f leiden doch rund 60 Prozent aller Jugendlichen im Alter von 13 bis 19 Jahren unter ihm: Sie sind unzufrieden mit ihrem Aussehen; jedes zweite Mädchen findet sich zu dick (vgl. ebd., S. 18). Es handelt sich hierbei, so MÄDCHEN weiter, um die „Körperdysmorphe r Störung (KDS), eine noch wenig erforschte psychische Krankheit, die zu Isolation, Depression und Angstattacken führen kann. Alles, was im Leben schief geht, schieben Dysmorphiker auf ihr Aussehen“ (ebd.). Das sei natürlich, glaubt man den nicht wenigen Texten der Magazine zu diesem Thema, unrealistisch: Das „Gefühl, fehlerhaft, mittelmäßig und unvollkommen zu sein“, beruhe auf dem Irrglauben, dass „Glück, Liebe und Erfolg allein von dem perfekten Äußeren abhängen“, hebt BRIGITTE YOUNG MISS hervor (Almut Siegert: Ich mag mich […] Ein Plädoyer für mehr Liebe zu sich selbst; BYM, 10/2004, S. 56).
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2.3.1.4 Das Kardinalrezept Die Mädchenzeitschriften halten es seit Jahrzehnten keineswegs für selbstverständlich, dass Jugendliche sich mit ihren typischen Problemen in Sachen Liebes- oderr Schönheitskummer alleine weiterhelfen können. Statt – wie vielleicht in früheren Zeiten – die ureigene Persönlichkeitsentwicklung mit Eltern, Freunden und Freundinnen aushandeln zu können, scheinen diese Positionen jetzt durch „externe“ Berater besetzt werden zu müssen. „Coaches“ und „consulters“, „Lebensberater“ und auch „Karrieredesigner“ scheinen immer häufiger von Nöten zu sein. Sie treten in den Zeitschriften in Rubriken wie „love guide“ oder „psycho“ auf und demonstrieren seriöse Leserinnenorientierung, Uneigennützigkeit, Vielfalt, Offenheit, f Zuverlässigkeit und Sensibilität: „Was W immer Dich bewegt – wie sind für Dich da!“ (BR, 09/2005, Rubrik Dr. r Sommer Team, S. 58). Wie zahllose „Ratgeber“ in Buchform für die Erwachsenenwelt verheißen diese Beratungsaktivitäten zu einem glücklichen – weil vor allem in Liebesdingen erfolgreichen r – Leben anzuleiten. Und wie viele dieser populären Lebenshelfer weisen auch sie ein simples, teilweise auf individualpsychologischen Erklärungsmustern aufbauendes Schema mit drei wesentlichen Schritten auf: Suche nach sich selbst; Arbeit an sich selbst; Handeln nach dem selbst Erkannten. Dies dominiert geradezu leitmotivisch mehr oder weniger variiert alle Text- und Bildangebote beratenden Charakters in den Zeitschriften: nicht nur die Rubriken zur Jugendsexualität, sondern auch die Mode- und Kosmetikratgeber, „Psychotests“, „Peinometer“ und andere Erlebnisberichte. Die Leserinnen können mit den Ratschlägen selbstverständlich umgehen, wie es ihnen beliebt; Kontrollen fallen ja weg. So präsentieren sich diese Zeitschriften auch mit ihren Beratungen als schlichte Konsumgüter mit eindeutigem Gebrauchswert, den alle zu realisieren vermögen: Glück ist erreichbar, der Weg zu ihm jederzeit offen. f „ ‚Glücklicherweise‘“, so wird eine MÄDCHEN-Expertin zitiert, „ ‚gibt es viele Wege und Methoden, seine Typen-Programmierung zu ändern!‘“ (Gabi Ring, MÄD, 04/2003, S. 17). Der erste Schritt in Krisensituationen besteht nach dem Willen der Beraterinnen und Berater also in der neuen Suche nach sich selbst. Da dem einzelnen Menschen heutzutage niemand genau sagen kann, wer er wirklich ist, muss er sich selbst finden. Um sein Selbst aber festzustellen, benennen und womöglich umorientieren zu können, bieten die Beratungsrubriken Selbsthilfestrategien an, die genauere Vorstellungen davon erlauben, wo und wie das Selbst zu suchen und wie ihm begrifflich f beizukommen ist. Die anvisierte Selbsterforschung soll selbstverständlich eine profunde sein, das heißt: bedingungslos aufrichtig und vollständig. So erläutern die Rat-
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gebenden eine Art Introspektion r als Technik, mit deren Hilfe dem Selbst auf die Spurr gekommen werden kann: „Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung“, proklamiert eine MÄDCHEN-Autorin, der es um das Aufgeben eines „Beuteschemas“, der Fixiertheit auf einen bestimmten Partnertyp, geht. „Wir W müssen herausfinden, was wir wirklich wollen.“ (Anja Lochner: Voll mein Typ? y […] Immer fällst du auff den gleichen Jungs-Typ T rein. Das muss nicht sein; MÄD, 04/2003, Rubrik liebe, S. 16f.). Und in einer anderen Ausgabe betont MÄDCHEN: „Denn in deinem Ego liegt der Schlüssel.“ (Chaos der Gefühle …, MÄD, 05/2005, Rubrik Psycho, S. 28f.). Das Magazin SUGAR appellierte in diesem Sinn zuvor in einem NotfallGuide: „Der wichtigste Mensch in deinem Leben bist momentan du! Also versuche, deinen eigenen Wert zu erkennen“ (Kathrin Bushby: Komm über ihn hinweg, SUG, 12/2001, S. 92). MÄDCHEN bringt es nochmals auf einen entscheidenden Punkt: „Sexiness ist eine Haltung, kein äußerliches Merkmal. Genauso wie wahre Schönheit kommt auch Sex-Appeal von innen. Wenn du glücklich, selbstbewusst und mit dir im Reinen bist, wirkst du automatisch sexy. Warum? Weil sich deine Seele in deinem Auftreten widerspiegelt.“ (I’m too sexy, y MÄD, 02/2005, Rubrik psycho, S. 12). Ist das Selbst mit Hilfe des Expertenrats gefunden, gilt es, „daran zu arbeiten“. Denn weil den Einzelnen niemand abnehmen kann, das zu werden, was sie sind beziehungsweise sein wollen, müssen sie selbst an sich arbeiten. Hier empfehlen die Zeitschriften – wie die populäre Selbsthilfeliteratur – mehrere Selbsttechniken (vgl. u. a. Hutchinson 2004; Wlodark 2004). So die Autosuggestion, die monologische Wiederholung von positiven, selbst bejahenden Leitsätzen wie: ‚Mit jedem Tag geht es mir immer besser‘. Oder, im Verständnis der MÄDCHEN-Beratung: „Du bist schön!“ Blicke in einen Spiegel – in den Fotogeschichten ein wichtiges romantischsymbolisches, hier ein quasi therapeutisches Requisit – sollen dabei die Bedeutung gängiger Schönheitsideale unterstreichen. „Wie W werde ich schöner?“ fragte „Rosy, 14“ bei der MÄDCHEN-Beratung an. Es folgt seitens dieser das Angebot einer „‚Schönheitskur‘ für die Seele“, der Rat, den eigenen Humor zum „Schönheitsberater“ zu machen: „Lächle einfach dein Spiegelbild an, denn dein Gesicht ist dann schön, wenn ein Lachen dazukommt.“ (MÄD, 05/2003, Rubrik frag gabi. Die Mädchen-Beraterin hilft Dir!, S. 50). Oder: „Stell dich vor den Spiegel und entdecke die Vorzüge deines Körpers!“ (I’m too sexy, y MÄD, 02/2005, Rubrik psycho, S. 13). Denn, so MÄDCHEN an anderer Stelle: „Es tut gut, nur Gutes zu sehen.“ (MÄD, 06/2005, Rubrik psycho, S. 16). „Sich selbst zu lieben und [zu] schätzen ist das größte Beauty-Geheimnis überhaupt. Ehrlich“, schließt sich BRIGITTE YOUNG MISS an (Almut Siegert: Ich mag mich, BYM, 10/2004, S. 59). Hier und anderswo wird auf die Gewissheit des Subjekts gebaut, die
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Realität stets als dieselbe Person, authentisch wahrzunehmen, auf latente „WahrnehW mungsidentität“ (Lacan 1978b: 74). Das gilt auch für das Positive Denken, etwa mit dem Leitsatz: ‚Lasse dich nichtt unterkriegen, auch wenn es hart auf hart kommt, sondern gewinne allem die beste Seite ab, vertraue auf das Nahen besserer Zeiten und Zustände‘. BRIGITTE YOUNG MISS formuliert: „Jeder kann auf seine Weise eine Nummer eins sein. Das Wichtigste ist, positiv über sich zu denken. Sich mit allen Ecken und Kanten gut zu finden.“ („Jede Frau kann die Nummer eins sein.“ Warum Vergleiche mit anderen r nichts bringen und gute Gedanken schön machen: ein Gespräch mit DiplomPsychologin Eva Wlodarek, r BYM, 10/2004, S. 57). Besonders für erfolgsorientierte Naturen mit hohem Lern- und Arbeitsethos halten die Lebenshilfe-Experten derr Magazine die Strategien der Selbstrationalisierung bereit, etwa nach dem Motto: ‚Befiehl die Ziele, verfolge sie unbeirrt, sei hart auch dir selbst gegenüber.‘ Bei dem Magazin YAM! heißt das: „Vertrau V nur dir selbst!“ (Politiker? Vertrau […], YAM, 39/2002, Rubrik Report, S. 20f.). In MÄDCHEN nennen sich diese Methoden derr Selbstbejahung zum Beispiel, zusammengefasst in einer „Glücks-Formel“, so: „Mut-Macher“, „Relax-Tipp“, T „Konzentrations-Trick“, T „Ego-Stärker“. Vor allem gehe es darum, das Selbstbewusstsein zu stärken: „Gesundes Selbstvertrauen kann nur aus dir selbst heraus kommen! Du musst versuchen, dich selbst davon zu überzeugen, dass du jemand bist – jemand, der etwas darstellt und richtig was zu bieten hat!“ Das „Ego“ braucht also „nachhaltig einen Kick“ (Chaos der Gefühle …, MÄD, 05/2005, Rubrik Psycho, S. 28f.). Erst wenn nun also das Selbst neu erkannt und die Arbeit an ihm getan ist, so derr Grundtenor vieler gut gemeinter Beratungsratschläge, steht auf dem Weg als „eigener Personal-Trainer“ T zur „Bestform“, wie das Magazin SIXTEEN schrieb, das befrreiende Handeln an (Sei dein eigener Manager!, SIX, 09/2001, Rubrik selbstmotivation, S. 14f.). Da niemand für die jungen Individuen stellvertretend handeln kann, gilt es, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen und gemäß dem Erkannten neu zu meistern: „Wer W nämlich nicht wagt, der nicht gewinnt! Das Leben wär doch sonstt total öde …“ (Chaos der Gefühle, MÄD, 05/2005, Rubrik Psycho, S. 29). Die Individuen können ja offenbar f nur das, wozu sie sich selber machen; sie müssen von innen her tun, was zu tun ist – nicht das, was andere vorgeben. Darum versorgen die Lebensberater die Leserinnen mit kraftvollen Leitbildern des tätigen Selbst, vom selbst bestimmten und selbst verantwortlichen, vom willensstarken und souveränen Handeln in der Welt: ‚Es liegt alles nur an dir selbst. Hast du deine inneren Kräfte erkannt, so bist du imstande, dein Leben ganz nach deinem Willen zu gestalten‘. Und das heißt zum Beispiel für eine SUGAR-Leserin im Falle
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von Liebeskummer nicht nur Ausweinen, Aufschreiben und Ablenken, sondern: „Akzeptier dich selbst“, „Genieß dein Leben“ (Komm über ihn hinweg, 12/2001, Rubrik Notfall-Guide, S. 92). BRAVO A GIRL! empfiehlt mit therapeutischem Anspruch eine Mischung aus pragmatischen, ablenkenden Handlungen in Sachen körperliches Wohlbefinden, nämlich: „Body-Check“, „Styling“, und „Girl-Fun“. Diese Selbsttherapie steht unter den Losungen: „Power dich aus!“, „Kopf hoch!“, „Blickk in die Zukunft!“ (Tipps i gegen Liebeskummer. r Weg mit dem Herzschmerz!, BRG, 19/2002, Rubrik liebe, S. 20f.; siehe auch: Liebeskummer – und wie du schnell darüber wegkommst!, BRG, 08/2003, Rubrik liebe, S. 80–82). Der Freund will nicht, dass „Martina, 16“, einen Minirock trägt? Da kann, von der Redaktion vermittelt, SUGAR-Leser „Tino, T 19“ helfen: „Lass dir nichts vorschreiben und lebe dein Leben. Du hast deinen eigenen Stil und weißt, was du willst.“ (Leser helfen Lesern, SUG, 12/2001, S. 90). 2.3.2
Die Ästhetisierung
2.3.2.1 Die Konventionalisierung der Rollenbilder: Mädchenbilder im „Boy“-Spiegel Das Realitätsverständnis der kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften istt begrenzt. Es ist ein Binnen-Verständnis V und bezieht sich auf einen engen Kreis von Motiven und Problemstellungen. Die sozialen und individuellen Realitäten werden in ihnen nicht durchschaut, sondern ‚gecheckt’. Auf beide Aspekte verweist „Alex“, ein MÄDCHEN-Autor (oder auch eine Autorin), in einer Erklärung zur Leidensund Hilfsproblematik: „Wenn W es [das Leiden – D. K.] aber dazu führt, dass man sich klein, nutzlos und hässlich fühlt, ist dringend ein Reality-Check angesagt.“ ( (Achtung, Mädels! Hier könnt ihr noch was lernen …, MÄD, 24/2004, Rubrik Boys, S. 17). Ein wichtiges Requisit in den Beratungsrubriken ist ein Spiegel, sei es als Kosmetikspiegel oder als Spiegel, vor dem man sich in seinen neuen Kleidungsstücken präsentiert. Im übertragenen Sinne halten die Mädchenmagazine den Leserinnen einen weiteren Spiegel vor: den „Boy“-Spiegel auf der Basis eines gängigen Männerbildes. So werden in vielen Beiträgen in den Zeitschriften ganz bestimmte Geschlechterrollenzuweisungen für (junge) Männer vorgenommen und mit ihnen sukzessive ein gängiges „Männerbild“ installiert, das als Resonanzfläche für den „weiblichen Gegenpart eines gängigen Mädchenbildes“ funktionalisiert wird. Zum Beispiel in BRIGITTE YOUNG MISS: „Bei Männern, die handwerkern können, fühlen sich Frauen aufgehoben. Sie wissen, dass er ihnen mit seinen starken Händen ein Heim
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zimmern kann, das ihnen Schutz und Wärme bietet. Umgekehrt bauen Männer Burgen und Schlösser doch nur, um Frauen zu beeindrucken.“ (Nicol Ljubic: Warum sie so wild auf Heimwerkern sind, BYM, 10/2003, S. 18; Die Geheimnisse der Männer, r Folge 15). An anderer Stelle: „Das mögen Jungs. Mit diesen simplen Tricks machst du ihn echt heiß“. (BRG, 07/2003; S. 39). Zum Beispiel wird hier beschrieben: „Boys stehen auf rasierte Beine – genauso wie auf Achseln ohne ein einziges Härchen.“ Oder: „Egal ob Spitze oder Baumwolle, Slip und BH sollten zusammenpassen. Jungs fahren einfach auf schöne Unterwäsche ab“ (ebd.). In MÄDCHEN fungiert sogar extra ein Junge als Berater, um damit den Eindruck der noch größeren Authentizität im Hinblick auf das vorgestellte Männerbild zu vermitteln. „Frag Max (17!). Er verrät dir, was in den Köpfen der Jungs vorgeht!“ (vgl. MÄD, 21/2005, S. 50). So rät Max beispielsweise, dass „die Zeiten, in denen Jungs den ersten Schritt machen müssen, vorbei sind […]. Ich glaube, so wird es einfacher für ihn, dich zu fragen, ob du mit ihm gehen willst. Und denk dran: Du kannst den ersten Schritt machen!“ (ebd.). Einem präsentierten Männerbild korrespondiert ein in den Zeitschriften kontinuierlich präsentiertes gängiges Mädchenbild. Eine Liste von Charakteristika, erstellt aus männlicher Perspektive im Magazin MÄDCHEN, behauptet, dass es Mädchen – „körperliches Unbehagen“ bereite, ein Geheimnis zu kennen und es nicht weiterr erzählen zu dürfen“; dass Mädchen – – – – – –
stundenlang überlegten, was sie anziehen sollen; sich ständig mit Geschlechtsgenossinnen verglichen; ihre männlichen Partner klammerten; wollten, dass alles genau nach ihrem Kopf gehe; „misstrauisch“ seien; zuviel überlegten, interpretierten und analysierten. ( (Achtung, Mädels! …, MÄD, 24/2004, S. 16 f.).
Ebenfalls in MÄDCHEN war zu lesen, dass nach den Meinungen einiger vierzehnbis neunzehnjähriger junger Männer die Mädchen – – – –
„Komplexe“ hinsichtlich ihrer Figur hätten, alle aussehen wollten „wie Filmstars“; an „Schminkwahn“ litten; „alles“ mit ihren Freundinnen besprächen; „fernsehsüchtig“ seien;
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„so schnell eifersüchtig“ würden; „null Kritik vertragen“ könnten; „Angst davor, verletzt zu werden“ hätten; „alles gleich so ernst“ nähmen; sich nicht für „anständige Jungs wie uns“ interessierten, sondern für „wilde Typen, die schon älter sind“; – ewig bräuchten, um die richtige Kleidung einzukaufen. („Mädchen sind uns echt ein Rätsel“; MÄD, 06/2003, Rubrik Boys, S. 14f.). Die Exordialr r rhetorik der Zeitschrift stützt dieses Mädchenbild mit der üblichen symbiotischen, gemeinsame Voraussetzungen suggerierenden „Wir“ W – Ansprache: „Zum Teil haben die Jungs gar nicht so Unrecht. Wir kaufen nun mal gern Schuhe und stehen stundenlang im Bad. Na ja, und in Sachen Eifersucht und Kritikfähigkeit können wir vielleicht versuchen, uns zu bessern …“ (ebd., S. 15). Das sind auf der bloßen Reproduktion vorhandener Verhaltensweisen beruhende Rollenzuweisungen. Laut SUGAR-Redakteur „Davis“ gelte für Mädchen, dass sie – – – – –
dauernd Vergleiche anstellten und andere nachahmten; „ständig aufeinander“ hingen, einander zu wenig „Freiraum gäben“; nicht verstünden, „dass zu viel Nähe Neid und sogar Hass schüren kann“; nicht offen f und ehrlich seien, sondern „Zickenterror“ veranstalteten; „nie direkt“ seien.
(Sind Jungs bessere r Freunde?, r SUG, 02/2005, S. 24 f.; Reihe SUGAR Boy-Freundr schaft). Kurz: „Um euch zu verstehen, braucht man eine psychologische Ausbildung“ (ebd., S. 25). Der Autor plädiert – nach konventionell-männlichem Muster – für „eine gesunde Portion Egoismus“, dafür, „sich selbst treu zu bleiben und sich niemals verbiegen zu lassen“ (ebd.). Überdies: Es gäbe fünf Dinge, die Jungs einfach besser könnten als Mädels: sie hielten nichts von Diäten, liebten ihre Körperbehaarung, trügen nur bequeme Kleidung, sähen keine „Soaps“, machten sich „weniger Gedanken“ (ebd.). 15 Dinge, für die sich Mädchen nicht entschuldigen müssen, steuerte – quasi spiegelverkehrt – BRAVO A GIRL! bei: langes Baden, Weinen bei Schlagern, Küssen auff dem Schulhof, Unkenntnisse in Sachen Fußball, schlecht sitzende Frisuren, Dauerreden über Sex, lange Telefonate, langes Anziehen (vgl. BRG, 08/2003, S. 44). So wird in den Beratungsrubriken ein permanent wiederholtes Bild von Geschlechterstereotypen gezeichnet, das zwar vordergründig den Anspruch erhebt,
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„aufzuklären“, den Mädchen das Verstehen der „Jungs“ zu erleichtern und damit auch Problemlösungen zum Beispiel in Partnerschaftsfragen zu bieten. In Wirklichkeit aber werden feste Rollenzuweisungen formuliert und zementiert, die letztendlich genau die Probleme mit hervorrufen, unter denen die rezipierenden Heranwachsenden dann wiederum leiden und deshalb bei den Ratgebenden der Zeitschriften um Hilfe nachfragen. 2.3.2.2 „Traumjobs“ T als Mädchenbilder Zu diesen reduktionistischen Mädchenbildern, in denen konventionelle Rollen- und Schönheitsvorstellungen dominieren, passt auch, dass die Zeitschriften eine Beratung hinsichtlich der Berufswahl für die Leserinnen bieten, die ein nur sehr eng begrenztes Feld umfasst. Sie läuft im Wesentlichen auf Propaganda für kulturindustrielle Berufe („Beauty“-Redakteurin, Veranstaltungskauffrau, f Grafikerin, Modedesignerin, Animateurin …) hinaus, auf „Traumjobs“, T in deren Präsentation die Zeitschriften mit Emotionen und Träumen spielen und sich auch selbst darstellen (vgl.: Entdeck deine Talente!, SIX, 10/2002, Rubrik jobcheck. Traumberuf r Stylistin, S. 72 f.; BRG, 20/2002, Rubrik house of talents [mit Gewinnspiel der Kosmetikmarke „Chicogo by Rimmel“], S. 20f.; Was soll ich werden?, r MÄD, 07/2002, Rubrik jobspecial, S. 24 f.; Traumjobs r mit Zukunft, MÄD, 08/2003, Rubrik report, e S. 58f.) Dieses Spiel mit den Leserinnen-Phantasien geschieht seitens der Redaktionen und Beratenden wider besseres Wissen in Sachen Berufsausbildung und -perspektiven für Jugendliche. Die Probleme werden bestenfalls angedeutet: „[…] niemand kann heute verbindlich sagen, ob du später in deinem Traumjob Erfolg haben wirst […]. Kämpf für dein Ziel!“ ([Anonym:] Ich will meinen eigenen Weg gehen, SUG, 11/2004, S. 70). Eine Leserin, die „immer nur Absagen“ erhalten habe, wird darauf hingewiesen, „rechtzeitig die richtigen Weichen“ zu stellen: „DU [sic!] wirst deine zweite Chance schon bekommen, wenn DU dich jetzt mit voller Powerr für das Richtige stark machst.“ („Tine, T 17“: Immer nur Absagen, BRTF R F, 08/2005, S. 46) Diese Art von Leiden kommt in den kommerziellen Zeitschriften aber nur am Rande vor. Es dominiert eine individualistische „Gebrauchsethik“ (Hoefer/Reymann 1994: 84) mit ästhetisierenden Anpassungshilfen, die auf die Erlangung von Aufmerksamkeit beim männlichen Geschlecht, nicht auf die Entwicklung eines weiblichen Selbstwertgefühls zielen und damit für die Untersuchungskategorie Mädchenbild ein stark eingeschränktes Weltbild im Hinblick auf einen auf Vollwertigkeit g ausgerichteten g beruflichen Lebensentwurf darstellt.
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2.3.2.3 Der schöne Tatmensch – Mode als Waffe f Korrespondierend zu den dieserart reduziert propagierten Berufsperspektiven fürr junge Frauen ist in vielen Beratungstexten auch durchgängig der extrem hoch bemessene Stellenwert von Mode und modischem Kleidungsverhalten ein Kennzeichen für das sich vor allem durch Äußerlichkeiten, nicht durch die Erreichung und Erfüllung tatsächlich anspruchsvoller Ziele zu kennzeichnen scheinende Mädchenbild. So auch in BRIGITTE YOUNG MISS. Diese Mädchenzeitschrift, immer wieder vom Publikum gelobt, weil sie im Unterschied zu den „Girliezeitschriften“ die Leserinnen „weit selbstbewusster“ mache und leben lasse, „wie sie es wollen“ („Nathalie“), setzt offensichtlich f vergleichsweise moderat auf kreativ-kommunikativen Umgang zum Beispiel mit Leidenssituationen (Erwachsen werden r mit YM, BYM, 10/2002, S. 132). Sie bietet eine Kolumne mit aktuellen „Do’s and Don’ts“, darunter: „Zeig dir, dass das Leben ohne ihn Spaß macht! Liebeskummer macht kreativ.“ Als Ausdruck dieser Maxime gilt fürr die „young miss“ unbedingt: „Umwerfend auszusehen ist nach der Trennung derr schönste Triumph“ (Sandra Fago: … doch dann hat er einfach Schluss gemacht. Du dachtest, es würde r ewig so weitergehen r […], BYM, 12/2003, S. 68–71). Der große r Job-Knigge akzentuiert an anderer Stelle als Aspekte der „sozialen Kompetenz“ daher „Körpersprache, Aussehen und Kleidung“, gebietet aber: „Finger weg von Politik und Religion“ (BYM, 10/2004, S. 109). Da bildet der BRIGITTE-Ablegerr also keine Ausnahme. So ist eines der wichtigsten durchgängigen Versprechen in allen textuellen und visuellen Angeboten der Mädchenzeitschriften das der unbegrenzten Erreichbarkeit von körperlich-sexueller Erfüllung als Medium der sozialen Erfüllung, der Erlangung von Glück und Erfolg: „Wenn W Du Dich und Deinen Körperr liebst, lieben Dich auch die anderen!“ (MÄD, 20/2000, S. 31). Deshalb geht es auch auf dem Gebiet der Kleidermode nicht nur darum, junge Frauen zu pluralistischen „Stil-Ikonen“ (vgl. BYM, 09/2005, S. 28–34) zu formen, sondern letztlich um ‚Kampf’, Durchsetzungsvermögen, ja soziale Macht: „Entscheidest du dich bei derr Wahl deiner Jeans für das enge Modell, das deinen Po betont?“, fragt BRAVO A GIRL! und rät der Rezipientin weiter: „Dann kannst du dich heute gut durchsetzen, deine Power ist fast nicht zu bremsen. Falls du ein Ziel verfolgst, egal ob es sich um einen Jungen oder etwas anderes handelt: Heute kämpfst du nur für dich.“ (BodySecrets. r Was deine geheimen Signale verraten; BRG, 04/2005, Rubrik psycho, S. 32). SUGAR wies Kleidungsstücken – unter dem Titel Party-Tarnung. T Das Kommando lautet: Camouflage – ähnliche Bedeutungen zu: mit ihnen sei jede stets „gutt im Rennen“, ja „automatisch Siegerin“, halte sie „keiner mehr auf“, gebe sie „den Ton an – Widerspruch zwecklos!“ (SUG, 06/2001, Rubrik Kombi-Spezial, S. 46f.).
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„Halt dich einfach mal nicht an die Regeln“, legt MÄDCHEN Ä in seiner psychoRubrik nahe. „Geh ab und zu ein Risiko ein. Sei unberechenbar, überraschend, spontan!“ Denn: „Nur wer auffällt, f wird wahrgenommen! Deshalb gilt: Hab den Mut, ein bisschen anders zu sein als alle anderen. (…) Es geht vielmehr darum, deine Einzigartigkeit, deine Individualität und deinen charmanten Eigensinn auszuleben.“ (I’m too sexy, y MÄD, 02/2005, S. 12f.). Dazu inmitten der Textblöcke ein komplementäres Foto: Mädchen mit blumenbedruckter Bluse, lässige Haltung, Gesichtt offen f dem Betrachterinnenblick zugewendet (MÄD, 02/2005, S. 12f. © Abb. 62). Der Stellenwert, den Mode in den Beratungsrubriken innehat, ist ungemein hoch. Vermischt mit offenen f und versteckten Kaufappellen, mit Herstellerhinweisen und Markennamen durchdringt sie nicht nur die geschickt präsentierten Zeitschriftenrubriken, sondern wird durch die permanent gepredigte Aufwertung des Individuums durch entsprechendes Modeverhalten auch unvermeidlich internalisiert und prägt nicht nur das Kaufverhalten der Leserinnen, sondern in erster Linie deren Selbstbild. Da Kleidermode – als Einheit von Funktionsträger (Bedecken, Schützen) und Zeichen (Symbol sein) – sehr viel mit Alltagsleben zu tun hat, auch wenn sie sich noch so exklusiv geriert, kann für sie gelten, dass sie im Einklang mit dem „Zeitgeist“ ist.
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Und der verlangt hier über die Mädchenmagazine ein Individuum „frei von jederr Dauerhaftigkeit und losgelöst von seinen inneren und äußeren Sozialbezügen, seine Bindungslosigkeit zu innerer Freiheit und persönlicher Unabhängigkeit stilisierend“ r (Bätzing 2005: 239). 2.3.2.4 Inszenierungsmodi des Kleidungsverhaltens Die von den kommerziellen Mädchenzeitschriften ausgehenden Bedeutungszuweisungen zeigen zunächst: Mode ist nicht auf die Kleidermode zu begrenzen, sie ist ein alltagskulturelles, außer Kleidung auch zum Beispiel Gestik, Tanz, Musikgeschmack, Wohnungseinrichtung und dekorative Kosmetik umfassendes funktionales und zeichenhaftes System. Dieses umfasst Design und Produktion, Werbung und Distribution sowie Rezeption von zumeist kurzlebigen Waren, verbalen und non-verbalen Symbolen sowie symbolischen Verhaltens- und Ausdrucksweisen. Im Zentrum der beständig aktualisierten, gleichsam wellenförmigen Propaganda der Mädchenmagazine steht die Stilisierung des Körpers zum Hort von Natürlichkeit, Authentizität und Attraktivität. Dabei wird stets mit verbalen und non-verbalen sowie interaktiven Signalen die Funktion von Kleidung überlagert. Die körpersprachliche Haltung, die Bewegung, Mimik, Gestik sowie Blickcharakter und -richtung sind von zeichenhaftem, symbolisch orientiertem Charakter, verweisen daherr unter anderem auf die Inszenierungsmodi und den Druck propagierter modischerr Schönheitsideale. Schlank, aber nicht zu dünn, groß, aber nicht zu groß, sportlich, aber nicht übertrieben, gebräunt besser als blass. Die Körpersprache wird – als primäre und wichtigste emotionale und soziale Sprache – hier, in den Modefotos, im Gegensatz zum Alltagsleben weitgehend bewusst benutzt. Aber sie wird, da vermittelt über die flächige Abbildung, indirekter aufgenommen und gedeutet als die verbale Sprache. Mode und deren Inszenierungsmodi hat eigene besondere Kommunikationsformen, Regeln und Reizwerte, die sie als ein hochgradig selbstreferentielles System erscheinen lassen, das eine Dauerpräsenz von „images“ bewirkt. Dieses System steht aber in enger Wechselwirkung mit Prozessen und Leitfiguren in Kultur, sozialer Organisation und Wirtschaft, zum Beispiel mit technischer Rationalisierung, Zeitverdichtung, Beschleunigung der Zirkulation, Vielfalt der Konkurrenz, mit der Verschiedenheit von Welt-, Menschen- und Gesellschaftsbildern unter anderen in audiovisuellen Präsentationsformen. Diese Prozesse und Leitfiguren bestimmen Pragmatik und Semantik der modisch-kulturellen Codes mit und werden zu bewussten oder unbewussten Handlungs- und Reflexionssteuerungen, zu „Skripten“ und „Rahmungen“ (Lautmann 2002) zum Beispiel des Körpers und Körperbewusstseins.
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Dadurch gerät „Jugend“ zum Lebensstil, „Schönheitshandeln“ (Degele 2004) zum Lebensinhalt. Dominiert im BRIGITTE-Ableger die junge, eher individualistische Einzelfigur, so in MÄDCHEN die Paar-Konstellation mit Magic Moments in einem künstlichen Paradies: „Wir W waren zu Besuch im Disneyland Paris und haben uns verzaubern lassen – von der märchenhaften Kulisse und supersüßen Looks“ (MÄD, 24/2004, Rubrik Mode, S. 8–12; S. 8f. © Abb. 63). Paare in „echt romantischen“ Naturkulissen fehlen ebenfalls nicht: „Von V wegen es war einmal! Diese Winterstylings verwandeln auch dich in eine Schneekönigin. Fehlen nur noch der Pferdeschlitten, ein süßer Begleiter und ganz viel Neuschnee.“ (Winter Märchen, r MÄD, 04/2005, S. 8–11) Mode ist eine permanente Inszenierung mittels Bekleidung. Das heißt: Es werden bestimmte, zum Beispiel „veraltete“, Elemente ausgeschlossen, es wird eine Rangordnung r unter den neuen – auch unter den sie vermittelnden Zeichen – hergestellt und es werden diese, zum Beispiel durch bestimmte Präsentationsformen in Modeszene und Werbung, emotionalisiert. So kommt es, dass permanent wechselnde Motivreservoirs r genutzt werden: Militär, Raumfahrt oder die – bis heute maßgeblich über das „Western“-Filmgenre W vermittelte – Indianerkultur. „Ob auf dem Land oder in der Hitze der Großstadt, mit dem wild-romantischen Look der Rothäute und
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Gauchos sitzt du modisch immer fest im Sattel …“, versprach MÄDCHEN Ä (Indianer & Co., MÄD, 10/2002, S. 66–70, S. 67; Rubrik mode). Karohemd im CowboyLook und Indianer-Kopfputz wurden hier „friedlich vereint“ (ebd.) und für einen „filmreifen Auftritt“ präsentiert (ebd., S. 66). Solche sich ständig wiederholenden Prozeduren der Inszenierung haben zum Ziel, mit Stilen Identifikationsangebote herzustellen und die potentiellen Käuferinnen durch Versprechen zu motivieren. Sie suggerieren, mit Hilfe dieser Angebote die Grenzen alltäglicher Erfahrung zu überschreiten, dabei Lust zu empfinden, an Individualität, Attraktivität und körperlicher Schönheit zu gewinnen. Das ist ablesbarr auch an Redewendungen in manchen Bildlegenden wie „Ins Netz gegangen“, „Stars & Sternchen“, „Zur Miss-Wahl, W bitte!“, „Dream-Team“, T „Nur fliegen ist schöner“, „Stern-Stunde“ und „Fly like an eagle“ (American sweethearts!, BRG, 09/2002, Rubrik mode, S. 8–11). Auch in den Beratungsformaten der Jugend- und Mädchenzeitschriften werden diese Modepräsentationen mit solchen Versprechen verbunden. Sie verfügen vor allem deshalb über eine besondere Anziehungskraft, weil zum Beispiel mit Schönheit immer auch andere wichtige Lebensgüter begehrt werden: vor allem Glück, Erfolg, Gesundheit, Sexualität. Sie sollen auch der Verschönerung und Überschreitung der Grenzen des Alltagslebens dienen, der lebendigen, phantasievollen und wechselnden Selbstdarstellung sowie sozialen Abgrenzung und Anerkennung – bei gleichzeitigem Sehnen nach symbolischer Gemeinschaft (nach der „Szene“), nach Chancengleichheit, Partizipation am kulturellen Reichtum, an der kulturellen Vielfalt. Mode drückt demnach nicht nur die Zugehörigkeit zu einer Gruppe aus, sondern schafftt diese Zugehörigkeit auch. Darum bieten die Massenmedien mit ihren modischen Bildern und Leitbildern, der ständigen Präsenz solcher Bilder im Alltagsleben, so genannte Prototypen r an, zum Beispiel die triebhaft-verspielte „Kindfrau“ („Lolita“) oder den dominanten „Latin Lover“. Sie bestehen aus einer Vielzahl von bildhaft zusammengefassten, konzentrierten Einzelfiguren und werden immer wieder variiert. Die Zeitschriften entwickeln und reproduzieren zwecks Bildung von mimetischen, rezeptiven Symbolgemeinschaften („Szenen“) zur Erlebnismaximierung überdies auch Mode-Typen, T zum Beispiel: „Rock’n-Roll-Babe“, „Romantic Lady“, „AquaGirl“, „Party Queen“, „Sexy Senorita“ (SIX, 09/2001, frisurenspecial, r S. 56); auch „Bad Girl“ (Punk-Szene; ebd., punklook, S. 24–29). Diese Mode-Typen T sind nichtt zufällig nahezu deckungsgleich mit jenen Leserinnen-Typen, T welche die Zeitschriften vorgeben: der „Fashionista“ (dem Mode-Freak), der mit „Gespür“, also kritisch, mit Mode umgehenden Leserin, der eher „Bequemen“ (Bist du ein Stylingprofi?, r
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BRG, 24/2003, Rubrik test, S. 30). Eine weitere Version, präsentiert auf einer Werbeseite, ist die „Barbie“ – mit den Interessen „Shopping“, „Make-up“, „Clique“, „schrille Klamotten“, „Flohmarkt“, „Unabhängigkeit“, „Musik“, „Mode“, ja sogar „Songs und Gedichte schreiben“ (Chelsea. My Scene, BRG, 10/2003, S. 29). Gemäß dem ökonomischen Interesse am beschleunigten Absatz immer neuer Produkte, dem Erschließen neuer Absatzmärkte, an der Verbindung von Lebensgeschichten mit symbolisch aufgeladenen Markengeschichten, an der Stilisierung von Attraktivität zum leicht erwerbbaren Konsumartikel, müssen die Modeindustrie und ihre medialen Begleiter um des Überlebens willen ständig „Neuheit“ versprechen. In Wahrheit erneuert sich die Mode in ihren Grundelementen gewissermaßen nur von innen und durch Rückgriffe f in die eigene Geschichte seit der Antike; in Wahrheit ist bezüglich der Funktion von Kleidung – als Schutz und als Zeichen – beinahe alles „schon einmal da gewesen“. Auch der so genannte „Sexy Style“. Eine Schriftzeile ist über den Oberkörper eines jungen Models gelegt: „Im bauchfreien, türkisfarbenen Shirt (ab ca. 25 Euro) mit 70’s-Print und ausgestellter Hüftstretchhose (ab ca. 75.– Euro; beides Levi’s über Otto) kannst du nicht nur in der Disco auftrumpfen“ (Mode-Highlights, BRG, 18/2003, S. 26–29, S. 27). „Angesagt ist, was dir gefällt!“. Die Sehnsucht nach dem ‚Auftrumpfen‘ kann allerdings in den bekannten Teufelskreis aus „Markendiktat“, dem Label als Gradmesser für den „Selbstwert“, in die „Konsumfalle“, ja die „Schuldenfalle“ führen (Shoppingsüchtig, SUG, 01/2002, S. 76–78, Special-Report). Ein Fall für Beratungsaktivitäten. Fragen an die SUGAR-Moderedakteurin, ob die Zeitschrift nicht „Begierden“ wecke und „kaufsüchtig“ mache, werden aber eher ausweichend beantwortet: Die Modeseiten sollten nichts weiter als „Information und Inspiration“ sein, sollten Mädchen ermuntern, aus dem reichhaltigen Angebot „selbst mutig zu kombinieren“, möglichst „coole“ und „erschwingliche“ Sachen miteinander, aber gerade „teure Marken“ setzten manchmal eben auch „neue Trends“ (ebd., S. 77). 2.3.3
Die Individualisierungsfalle
2.3.3.1 Der Geist des Managements Die Ästhetisierung als übergeordneter Leitgedanke (mit der Aufwertung von körperlicher Schönheit, Mode, Kleidungsverhalten und Kosmetik sowie klar definierten Geschlechterzuordnungen) in den kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften wird überlagert von der in allen Beratungspräsentationen noch alles andere zu überdecken scheinenden Problemlösung durch größtmögliche Individualisierung der jungen Leserinnen und Leser.
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„Uns wurde klar, dass man sich in einer Notsituation wirklich an eine der beiden Bravoredaktionen wenden kann. Sie wären uns wirklich eine echte Hilfe gewesen. Die Zeitschrift Mädchen hätte uns ein bisschen Trost gespendet, Sugar und 16 [Sixteen] hätten uns völlig im Stich gelassen.“ So die Einschätzung der „Internett AG“ einer Schule, die 2002 testweise Briefe an Mädchenzeitschriften in Sachen „Beratung“ und „Konflikthilfe“ schickte (vgl. NW-Schule W 2002). Es verwundert nicht, dass die Zeitschriften in den Fächern „Beratung“ und „Konflikthilfe“ von Leserinnen, aber auch von Medienexperten überwiegend gute Noten bekommen (vgl. Baacke/Lauffer f 1994: 96f. zu MÄDCHEN und BRAVO A GIRL!; vgl. Tetz 2000 zu BRAVO; A vgl. dagegen Hoeffer/Reymann f 1994). Immerhin treten sie ja als Sachwalter des jugendlichen Strebens nach Autonomie und rationalem Umgang unter anderem mit (Intim-)Beziehungen und perfekter Schwangerschaftsverhütung in Erscheinung, des Bedürfnisses, zum Beispiel durch eingeweiht sein in „Boy-Secrets“ (BRTF R F, 08/2005, S. 7), Wissen um den „Ausnutzungsfaktor“ (SUG, 03/2005, S. 18) und Selbstreflexion mittels eines „Schüchternheitstagebuchs“ (ebd., S. 38) die eigene Entwicklung unter Kontrolle zu behalten. Die Zeitschriften profitieren nicht nur von den Autonomiebestrebungen und der Wissbegier junger Menschen, sondern auch von ihren Beziehungsschwierigkeiten, Ohnmachtsgefühlen und Zwangsvorstellungen, ihren Normunsicherheiten, Fehleinstellungen und Defiziten, ihrer teils diffusen f Angst und deren Verwandlung in Furcht – zum Beispiel vor sexualisierter Gewalt.59 Diese Schwierigkeiten entstehen ja unter anderem durch die „Kommunikationsvermeidung“ (Gerstendörfer 1997: 32; siehe auch Hoberg 2004: 123f. über die Diskrepanz zwischen öffentlicher f und privater sprachlicher Artikulation von Sexualität) zwischen Erwachsenen und Jugendlichen in Sachen Sexualität. Überdies gerät die bewusste Gestaltung eines glücklichen Lebens für Jugendliche immer mehr zu dauerhaftem Differenzierungsstr r ress. Ihr Gelingen oder Misslingen wird zusehends nicht nur von der Entfaltung der eigenen Fähigkeiten, sondern von der Selbstvermarktung und –inszenierung entsprechend dem Markt-Bedarf an entsprechenden Leistungen und Produkten sowie der allseitigen Nutzung sich bietenderr Lebens- und Aufstiegschancen bestimmt. Ob ein Jugendlicher heutzutage eine Lehrstelle bekommt oder nicht, hängt eben nicht nur von seinen persönlichen Voraussetzungen ab, sondern auch vom wirtschaftlichen Gesamtsystem. Die heutigen Anforderungen an junge Menschen – dauerhafte und freiwillige Selbstoptimierung, grenzenlose Mobilität, technikkonforme Lebensführung, „Identitätsdiffusion“ f als 59
So genannter „sexueller Gewalt“ oder „gewaltsamer Sexualität“; siehe zu diesen eher „bagatellisierenden Begrif g ffsbildungen g Gerstendörfer 1997: 22–25, 34f.
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„Offenhalten f von Festlegungen und Wertsetzungen“, Auflösung traditioneller sozialer Bindungen, Zweckbeziehungen, ja Überanpassung – laufen mündigen Menschen zuwider. Sie belasten die Entwicklung ihrer Konfliktbereitschaft und -fähigkeit, auch ihrer Frustrationstoleranz und ihres Bewusstseins von den eigenen Bedürfnissen. Einfachheit, Schnelligkeit, Genuss, Nachhaltigkeit sind daher um so mehr die wesentlichen Prämissen der Beratungsaktivitäten der Zeitschriften; die begrenzten Schemata, Themen, Reizworte erscheinen als attraktiv für biographische Ordnungsleistungen. Empfohlen wird eine Mischung aus Selbstdisziplinierung und hedonistischer Leidensbewältigung, eine narzisstische Drapierung innerer Unsicherheit und mangelnden Selbstwertgefühls, aber keine Selbstanalyse und Bedürfnisprüfung mit Feststellung von Unbesonnenheit und Unerfahrenheit; Tiefgründigkeit, etwa beim Aufbau von Selbstvertrauen und ethisch qualifiziertem Streben nach Lebensfreude, wird nicht angestrebt. Liest man vor diesem Hintergrund die Beratungsangebote der Zeitschriften, so drängen sich durchaus Parallelen auf: Der Vergleich dieses „Konfliktmanagements für den Alltag“ mit den Inhalten von Managerseminaren liegt nahe (siehe u.a. Hilfe, ich bin so eifersüchtig, MÄD, 24/2004, Rubrik Beratung. Frag Gabi, S. 50; siehe auch Wenn die beste Freundin r verliebt ist. Hasstiraden und Selbstmorddr r rohungen – schiebt sich ein Junge zwischen zwei Freundinnen, r flippen manche regelrecht r aus; SUG, 03/2003, Special-Report, S. 50–52). Die in der Beratung entwickelten Denkund Verhaltensmuster sind auf die vollständige Berechenbarkeit, Verfügbarkeit und Beherrschbarkeit allen Daseins hin ausgerichtet, auf die absolute Disponibilität und Kontrollierbarkeit des Menschen mit seiner inneren und äußeren Realität. Diese Muster schließen aber alltägliche Mehrdeutigkeiten und rein rational nicht Erfassbares aus. Sie belegen, dass diese scheinbare Totalverfügbarkeit nicht nur Produkte betrifft, f die als Waren hergestellt werden, sondern inzwischen auch den Umgang mit natürlichen und urbanen Welten, mit Lebensentwürfen und Geschlechterbeziehungen. Unverdrossen wird diese Suggestion absoluter Unabhängigkeit – dass das Individuum stets Unternehmer seines eigenen Lebens wäre, über sein Leben als Ganzes verfügte – von den Mädchenmagazinen verbreitet und als Mädchenbilder gezeichnet: Sei dein eigener Manager! appelliert SIXTEEN, dazu Vorschläge zu „TimeT Management“, „Stress-Taktik“, T „Styling-Programm“, „Gesundheitsplan“, „AntiÄrger-Konzept“, „Kritik-Programm“ und „Werbestrategie“ W unterbreitend, außerdem Grafiken mit Darstellungen der notwendigen Utensilien bietend, wie PC, CDRom, Funktelefon und – Ratgeber-Bücher (SIX, 09/2001, Rubrik selbstmotivation,
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Abb. 64
S. 14 f. © Abb. 64). Sie suggerieren menschliche Autonomie, Lebendigkeit und Beziehungsvielfalt. In Wahrheit fördert die naive Vision universeller Machbarkeit von Gesundheit, Schönheit und Freiheit aber die „Infantilisierung der Gesellschaft“ (Bätzing 2005: 316). Psychisches Leiden wird von den Beratungsexperten daher in Anleitungen zurr Selbstoptimierung, zur Perfektionierung körperlich-psychischer Abläufe als eine Artt technischer Defekt behandelt, reparabel mit der richtigen Dosis aus Narzissmus, banalen Alltagsritualen und Spaßkultur, mittels Kompensationsmechanismen, welche Lebendigkeit und Beziehungsvielfalt vortäuschen. Aber Leiden – zum Beispiel die besonders bei weiblichen Jugendlichen verbreitete Essstörung – belegt beispielhaftt gerade die pathogene Wirkung der auf „Erfolg und Glück“ orientierten Lebenswirklichkeiten (Bulimie hätte fast mein Leben zerstört; SUG, 11/2001, Rubrik LeserReport, S. 32f.). Die Essstörung kann umgekehrt gerade eine „gesunde Reaktion auff krankmachende Lebensbedingungen“ sein (Bätzing 2005: 301). Der in den Beratungsmustern verbreitete Wissens-Begriff umfasst aber weniger soziale Orientierungsideen, die Wertsetzungen und Beziehungen beinhalten, als vielmehr Information – Faktenwissen über abgegrenzte Einzelphänomene (ebd.: 413). Er ähneltt
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dem „Wissen“ W in Quizsendungen – und bedeutet letztlich die Verdrängung fundamentaler Erfahrungen, die Deformation der inneren Differenziertheit, f die Fragmentierung des Selbst. Er führt zugleich zum Verlust sinnlicher Erfahrungen, ja selbst zum „Verlust V jeglicher Verlusterfahrung“ (ebd.: 281). 2.3.3.2 Die Entkontextualisierung Eine Paarbeziehung ist in mehrfacher Hinsicht eine „Symptomstätte“ (ebd.: 341), der Liebeskummer eine „Verkörperung V psycho-sozialer Konflikte“ (ebd.: 336). Die Beratung der kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften bewegt sich aberr nahezu ausschließlich in einem psychosomatischen Zirkel, miniaturisiert oder verschleiert zumeist, dass die intime Paarbeziehung und die Familie als „Sozialisationsagenturen“ Beziehungsstrukturen aufweisen, „in deren Gestalt sich die gesellschaftlichen Normen- und Wertgefüge niederschlagen“; dass sich hier „nicht nur individuelle Lebenserfahrungen, sondern auch gesellschaftliche Forderungen zum Ausdruck bringen“; dass sich also „beide Dimensionen, die individuelle und die gesellschaftliche, miteinander verschränken“ und als Instanz der Vermittlung von Verhaltensmustern fungieren (ebd.: 249), und damit auch Einfluss auf Einstellungen zu Partnerin und Partner gewinnen und ausüben. Die Beratung betreibt eine Rationalisierung, die der Fiktion (dem Symbolkomplex) der reibungslosen, allmächtigen romantischen Liebe abseits sozialerr Kontexte, sozialer Widersprüche und „struktureller Gender-Paradoxien“ (W Wilk k 2002: 307) – wie desjenigen zwischen Familie und Beruf – nicht entgegenarbeitet, sondern immer wieder neu manifestiert. Sie betreibt eine Entkontextualisierung, eine Negation der Tatsache, dass wahre Individualität und Identität sich nur im Prozess der sozialen Kommunikation auszubilden vermögen. So kann die Leserin sich detailliert über die hormonellen Sensationen und das „Gefühlschaos“ während der Verliebtheitsphase und die perfekte Schwangerschaftsverhütung informieren. (Frisch verliebt – was passiert da in mir?, BR, 34/2005, Rubrik Dr. r Sommer Check S. 71; Vulva – die Blüte der Mädchen, BR, 21/2002, Dr. r Sommer Team, S. 36). Aber dass es immer die Mädchen sind, denen das „Problem mit der Verhütung“ zugeordnet wird, niemals die „Jungs“, wird wie selbstverständlich ein um das andere Mal in den Beratungsrubriken zementiert. So verschärfen die Magazine unter ästhetizistisch-neoromantischen und voluntaristischen Motti – wie „Nur wer auffällt, f wird wahrgenommen“ (MÄD, 02/2005, S. 12f.), „Inscene yourself“ (BYM 12/2004, S. 61) und „Du kriegst was du willst“ (BRG 04/2005, S. 68f.) – gerade für weibliche Jugendliche die Ambivalenz zwischen Selbstbestimmung und Anpassung.
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2.3.3.3 Der Individualitätszwang Als beispielhafte Erzeugnisse moderner Massenkultur treten die Zeitschriften darum im Namen von Individualität und Einzigartigkeit des Lebens, der Liebe und derr Sexualität auf, die neu gesucht werden müssten. So wird in den untersuchten Beratungsrubriken die enge Verknüpfung der gezeichneten Mädchenbilder mit den sie konstitutiv prägenden lebensweltlichen, also gesellschaftlichen Kontexten deutlich. Besonders problemgeladen ist die Wirkung dieser Konturierung von jenen „konstitutiven Dimensionen der menschlichen Existenz“ – von Kräften, die menschliche Subjektivität und menschliches Handeln sowohl fördern als auch begrenzen (Kulickk 2003: 124) – im Kontext eines also auch von den Beratern geführten gesellschaftlichen Individualisierungsdiskurses. Dieser Diskurs betont nicht nur die Unterschiede zwischen den Menschen in differentialistischer f Manier positiv, sondern definiertt permanent und auf unterschiedlichen Ebenen ständig weitere soziale Aufgaben aus dem gesellschaftlichen Verantwortungsbereich hinaus, verweist sie in den Zuständigkeitsbereich ausschließlich des Individuums und seiner „Eigenverantwortung“. Dieser Individualismus hat deshalb überwiegend Konflikt verdeckenden Charakter: Gelingen und Scheitern werden in den persönlichen Verantwortungsbereich gestellt, soziale Bewältigungsprobleme ausgeblendet. Zum Beispiel bot das „Dr.Sommer-Team“ T der BRAVO A einer Vierzehnjährigen eine Kommunikationshilfe in Sachen Arbeitslosigkeit ihres Vaters, die den ‚Glauben‘ an die eigenen Kräfte zum Allheilmittel erklärte. Es riet, „die momentane Situation nicht als Problem zu sehen, sondern als Herausforderung anzunehmen. Es kann sogar richtig spannend sein, alte Gewohnheiten zu durchbrechen und Neues auszuprobieren.“ Der Vater brauche „Klarheit und ganz viel Verständnis“. Spüre er dabei, „dass Dir sein Urteil wichtig ist, wird er auch wieder mehr an sich glauben können!“ („Mein Vater ist so traurig, seit er arbeitslos ist!“, BR, 03/2005, S. 74). Die Beratungsakte der Zeitschriften geraten zwangsläufig in Widerspruchskonstellationen des gegenwärtigen Individualisierungsdiskurses. Denn sie treten im Namen von Individualität und Einzigartigkeit auf, die neu gesucht werden müssten – obwohl das ganze Leben eine einzige Suchbewegung ist, das Individuum immer an sich „arbeiten“ muss, um als Individuum ein Selbstkonzept mit Beziehungsaspektt entwickeln zu können, sozial integriert zu sein – und fähig, „auch andere in ihrem Selbst zu achten“ (Degenhardt/Keiner 2002: 6), womöglich mit ihnen gemeinsam neue, über die – zwangsläufig sichtverengende – Paar-Romantik hinausgehende, realistische, ja gegebenenfalls non-konforme Vorstellungen von Glück und Gerechtigkeit im Leben zu entwickeln, Toleranz, Vertrauen, Akzeptanz, Ehrlichkeit, Neugier, Spontaneität und Solidarität zu zeigen. Impulse dazu sind von Fotogeschichten-Pos-
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tillen wie BRAVO A TRUE FEELINGS kaum zu erwarten (vgl. Sieben Tipps, i die Herzen neu verbinden, BRTF R F, 04/2003, S. 49; Extra Love-SOS). Die von den Zeitschriften propagierte rapide Differenzierung f der „Lebensgestaltung“ in unzähligen strategischen Selbstcollagen bringt nichts weniger zu Ehren als die Individualität. Ebenso wenig wie die „Masse“ und ihre „Massenkultur“ verschwinden das Durchschnittsindividuum und sein Konformismus, das alltägliche Diktat des anpasserischen Mittelmaßes. Vielmehr entwickelt sich unter buntscheckiger, scheinhaft vielfältiger Oberfläche eine ausgeprägtere kulturelle Typik, ein dezentraler Konformismus, eine massenhaft typisierte, uniforme Selbstdisziplinierung in der sozialen Tiefe der Gesellschaft. f Die „Identifikation“ ist „nur dann zu erbringen, wenn keine inhaltlich emotional begründeten Beziehungen aufgebaut, aber dennoch als solche vermittelt werden, das heißt, wenn Beziehungen simuliertt werden“ (Bätzing 2005: 272; Hervorhebung: D. K.). Diese Simulation lebt in den Mädchenzeitschriften von der Spannung zwischen mentaler Konformität und dekorativer Diversität. 2.4
Stellenwert und Funktionen der Beratungsformate im Heft-Kontext
2.4.1
Die Pseudo-Aufklärung
Die Romantisierungen und Ästhetisierungen hindern die Magazine aber nicht daran, gelegentlich an ihren Leserinnen zu bemängeln, was sie selbst permanent betreiben: die Übereignung des Selbst an fassadenhaft-dekorativ f e, romantisierte Äußerlichkeit und deren Verinnerlichung. Zum Beispiel: Was eine MÄDCHEN-Beraterin an einer zwölfjährigen Leserin kritisiert, die sich „dick und hässlich“ findet, „null Selbstbewusstsein“ habe, „voll Panik vor einem Korb“ sei und davor, „noch als alte Jungfer“ zu enden – genau das betreiben kommerzielle Zeitschriften wie MÄDCHEN und BRAVO A GIRL! auf einträgliche Weise selbst. Und zwar unter Titeln wie Die besten Mogel-Tips T für jede Figur (BRG, 05/2003, S. 26), Neues Jahr, r alte Haut? (SUG, 01/2005), Rubrik Sugar Trends r Beauty, y S. 52f.), in Rubriken wie Beauty. y Wellness. Sport. Ernährung (MÄD, 06/2005, S. 26–29) und Body-Secrets r (BRG, 04/2005, S. 32 f. © Abb. 65). Die MÄDCHEN-Beraterin doziert hier mittels der rhetorischen Figur des Drohappells r und der Frappierung: „(…) wenn du so weitermachst, wirst du in eine dicke Essstörung rauschen. (…) Denn deine kleine Welt dreht sich nur um Aussehen und Abnehmen. (…) Mit ein wenig mehr Weitblick wirst du noch eine spannende Entdeckung machen.“ Nämlich, so die Beraterin zum offenbar f unerkannten und ungelösten, einzig wahren Lebensproblem der Leserin: dass „Jungs“ auch auf „strahlende Augen, ein Lächeln“ achteten. „Wenn W du nicht mehr so bodyfixiert
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bist, wirst du das schnell bemerken.“ (MÄD, Ä 05/2005, 5 5 Rubrik Frag Gabi. Beratung, S. 50). Ähnliche, hinter einem imaginären „Wir“ W verborgene Leserinnenkritik findet sich auch in der um Seriosität bemühten BRIGITTE YOUNG MISS: „Geht es aberr um unseren Körper, orientieren wir uns regelmäßig an Leuten, die ihre MillionenHonorare nur deshalb verdienen, weil sie eben nicht aussehen, wie der Rest derr Welt.“ (Almut Siegert: Ich mag mich […] Ein Plädoyer für mehr Liebe zu sich selbst, BYM, 10/2004, S. 57). Und weiter: „Manchmal verstecken wir Selbstzweifel und Ängste hinter unserem angeblich ‚missratenen‘ Körper. Vermeintliche Makel sind dann eine super Entschuldigung für alles Mögliche“ (ebd., S. 58). Die ‚Bodyfixierung‘ und die Fetischisierung des schönen Körpers können verhaltensbestimmend auch in die sexuelle Intimität eindringen, Schamgefühle schaffen f und verstärken, können gerade nicht beschränkt bleiben auf „Beauty“ und „Styling“. Das demonstriert unter anderem YAM! zweimal sehr deutlich: „‚Wenn W ich vor dem Spiegel stehe, könnte ich kotzen, überall schwabbelt es’“, berichtete „Vanessa, V 16“. „Das ist doch furchtbar!“. Der Bildtext zur Spiegel-Szene lautet: „Ich muss erst abnehmen, bevor ich mit André schlafen kann!“. Die Redaktion sieht zwei Fehler: „Vanessas V Fehler: Sie glaubt André nicht, dass er ihre neuen Rundungen schön findet, und verwehrt ihm jede Zärtlichkeit. Andrés Fehler: Er setzt Vanessa mit seinem Ultimatum unter Druck! Besser: Sie beim gesunden Abnehmen durch Sport zu unterstützen. Dadurch wird sie sich verstanden fühlen und vielleicht sogar wiederr zu Zärtlichkeiten mit André bereit sein – bevor die Pfunde endgültig runter sind!“ (Zu dick für Sex? Vanessa (16) würde r am liebsten jedes Mal weglaufen, wenn Andréé ihr an die Wäsche geht. Denn sie schämt sich für jedes Pfund an ihrem r Körper …; YAM, 38/2002, Rubrik Love Report, S. 78 f. © Abb. 66). „Wie W wird sie lockerer im Bett?“, fragt im zweiten Beispiel ein Sechzehnjähriger. Die Antwort der fiktiven Ratgeber-Figur „Felix“ ist aufschlussreich für die Verinnerlichung jener – einst von Jacques Lacan betonten – „Signifikanten“, die „(…) auf inaugurierende Weise die menschlichen Verhältnisse (organisieren)“ (Lacan 1978b: 26) und ein Individuum nicht selten einem anderen Menschen beziehungsweise unverkörperten Ideal näher sein lassen als sich selbst. Es heißt in der redaktionellen Beratung: „[…] Weißt du, viele Girls sind ja mit ihrer Figur unzufrieden und haben Angst, das Bäuchlein könnte zu rund, die Oberschenkel zu dick sein. Vielleicht ist das der Grund, warum deine Freundin erst mal bei der Missionarsstellung bleiben möchte (…)“ (YAM, Y 12/2005, S. 58). Da auch „innere Prozesse“ konstituiert sind durch soziale und diskursive Aktivität (Kulick 2003: 130), handelt es sich hier wesentlich – wie im „Boy“-Spiegel – um konventionelle Rollenzuweisungen. Stets sind sie mit einem Richtig oder Falsch ver-
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sehen, mit „Do’s/Don’ts“ oder mit „In/Out“ (vgl. YAM, 12/2005, Rubrik Sex Talk, S. 58). Das gilt auch für das Thema der „Peinlichkeit“, das mit Zuschriften von Leserinnen bestritten wird, die über Missgeschick im Alltagsleben berichten. Sie haben offenbar f eine Ventilfunktion für die Leserinnen; ihre Botschaft lautet: ‚Du bist nichtt allein mit deinen Erlebnissen und sie auslösenden Schamgefühlen’. Aber auch die Schadenfreude wird hier bedient – eine Verdrängungstrategie (vgl. z. B. Peinometerr der Girls, BRG, 06/2005, S. 72 f.). Ob aber ausgerechnet MÄDCHEN und die anderen Magazine wohl gewillt sind, bei der Überwindung der Gefühls- und ‚Bodyfixierung‘ mit Rat und Tat behilflich zu sein, scheint fraglich. Der interpretatorische Übereifer ohne sichere historische Kenntnis, mit dem sich SUGAR BEST OF dem „Mens sana in corpore sano: In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist“ des römischen Dichters Juvenal (58–140 u. Ztr.) widmete, ist scheinheilig: „(…) und Millionen quälten ihre Figur. Richtig zitiert müsste es aber heißen: ‚Es wäre zu wünschen, dass in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist stecken möge‘. Juvenal griff f damit den Fitnesswahn seiner Zeit an. Schon damals galten Bodybuilder als geistig arm.“ (Nix als Lügen, SUGAR BEST OF, F 01/2002, S. 64). Noch verdächtiger ist die Medienkritik in einem
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Text über Leistungsdruck, wie er in der „Leistungsgesellschaft“, in Elternhaus, Schule und „Job“ herrsche, auch den „Erwartungsdruck“ in der „Clique“, den BRAVO A TRUE FEELINGS publizierte: „Und schließlich die Medien. Sie lösen Schönheits- und Schlankheitswahn aus, zeigen perfekte Model-Körper – und die Werbung, dass alles möglich und erreichbar sei. Ist es aber leider nicht. Frust ist die Folge …“ (Voll stressig! r Leidest Du auch unter …. zu hohem Erwartungsdruck?, BRTF R F, 04/2003, Rubrik Aktuell zum Herbst, S. 18f.). Die Empfehlungen lauten: Offen reden und „Erwartungen nicht einfach unkritisch hinnehmen“; Klischees widerstehen, Konflikte zwischen wirklichen und vermeintlichen Wünschen vermeiden. Unabhängig von anderen eigenen Vorstellungen folgen (ebd.). Was aber nicht geraten wird, ist: die millionenfach propagierten Liebes-, Sexualitäts- und Schönheitsklischees an sich zu hinterfragen. 2.4.2
Die Re-Romantisierung
Reale Defizite in den sozialen Beziehungen werden in Fotogeschichte und Werbung der Zeitschriften teilweise quasi virtuell, durch ihre Lebenshilfe- und Sexualberatung teilweise rational zu kompensieren versucht. Das ist erkennbar an der trügerischen Romantisierung des Lebens, für welche unter anderem die Fotogeschichten stehen, und der vordergründig-kommerziellen Erotisierung r , wie sie in der Werbung stattfindet. Beide Strategien arrangieren virtuelle Situationen, in denen die Individuen, wenn sie sich in diese hineinbegeben, etwas fühlen können; Situationen, in denen sie in sich Resonanzen spüren r können – und seien es nur Momente von Lebendigkeit und Glück. Gesucht wird nicht Reflexion, geschweige Kritik, sondern das Symbolhafte der Erlebnismaximierung: Theatralische Selbstdarstellung erscheintt als vollkommene Selbstverwirklichung; Identitätsbildung wird zur attraktiven Dekorationsaufgabe. Aber: „Selbstbestimmung ist dann nicht dem Glück förderlich, wenn man sie als eine totale Souveränität über die Werte und Orientierungsrichtlinien im eigenen Leben auffasst“ f (Thomä 2004). Auf beide Fehlentwicklungen – auf die Annäherung der Wirklichkeit an glückhafte Werbebilder im Konsumleben und an die Transzendierung des romantischen Glücks über das alltägliche Diesseits – wird dann wiederum in der „Beratung“ derr Zeitschriften reagiert. Und zwar rationalisierend, relativierend und korrigierend – mit individuell variierten Körperkodexen und weiblichen Selbstbehauptungsstrategien, mit abgemilderten Attraktivitätsstereotypen und variierten Festlegungen bestimmter Proportionen zwischen den Aspekten der Identität, der Beziehung, des Lustgewinns. Dies zeigt schon, dass hier Zusammenhänge zwischen den Genres derr Hefte untereinander wirksam werden, die auch nur in der vergleichenden Analyse
2 Die Beratung zwischen Rationalisierung und Re-Romantisierung
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jedes einzelnen dieser Genres (Fotogeschichten, Beratung und Werbung) evident herausgearbeitet werden können. Ist die Funktion der Fotogeschichten vereinfachend ausgedrückt die Romantisierung der Wirklichkeit und die der Werbung das konkrete Angebot von Realitätsintensivierung und Realitätstranszendenti r erung durch Konsum, so stellen die Beratungsformate der kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften eine Art vermittelndes Bindeglied zwischen beiden Polen her. Es gehört zur Strategie der Beratungsformate, an der Manifestation solcherr Selbst-, Fremd- und Weltbildern der Leserinnen beizutragen, die ihrerseits genau die Voraussetzungen implementieren, von denen die Zeitschriften durch Präsentation ihrer Werbeangebote letztendlich wiederum Vorteile schöpfen. So schaffen f die Zeitschriften beispielsweise auch innerhalb ihrer Beratung gleichzeitig „falsche“ Erwartungen mit. Der Begriff f von „Liebe“ zum Beispiel ist nicht nur in den Fotogeschichten, sondern auch in den Ratgeberrubriken – darüber hinaus in Genres wie Interviews, Umfragen, „Peinometern“ und anderen Erlebnisberichten – dominierend, undifferenziert f und unlebendig: Liebe erscheint primär als „Romantic love“ (BRTF R F, 08/2005, S. 9), als romantisch verklärtes Ideal – nicht als dynamische Lebensanforderung, in der sich latent – Einheit und der Kampf von Gegensätzen („Weiblichkeit“/„Männlichkeit“, W Nähe/Ferne, Fixierung/Distanz, Rationalität/Emotionalität, Weisheit/Wahnsinn, W wachsende Vertiefung/sich minderndes Verlangen, Eigenengagement/Involvierung, ja Inbesitznahme des anderen Menschen) manifestieren; – das Umschlagen von Beziehungs-Quantitäten in neue Beziehungs-Qualitäten vollzieht (glückliche Beziehungen als Entfaltungs-Potentiale, aber auch Glück als Quelle von Unglück); – eine Negation der Negation, eine doppelte Aufhebung – Bewahrung und Weiterentwicklung – von Beziehungspotentialen erfolgt. Dialektische Gesetze gelten auch für die Liebe, „die nur lebt, indem sie sich unaufhörlich erneuert“ (Morin 1997: 77). Die spezifische Sehnsucht nach dem Authentischen, dem Überschaubaren, dem Dauerhaften, dem Transparenten, dem Konkreten ist eine auch in Geschlechterverhältnissen wirksame anthropologische Konstante. Sie nimmt in dem Maße zu, wie die moderne Lebenswelt von beliebig reproduzierbaren, persönliche Horizonte übersteigenden, „globalen“ und abstrakten Beziehungen geprägt wird. Je mehr „virtuelle“ Beziehungen zu Personen und Sachen möglich werden, desto stärker wird auch das Bedürfnis nach physisch greifbarer Präsenz von Personen und Sachen. Je reduktionistischer ein Weltbild ist, desto stärker ist das Verlangen nach reduktionistischen Mädchenbildern.
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
MÄDCHEN Ä erklärte zum Beispiel einer Dreizehnjährigen auf die Frage, woran sie merke, „verliebt“ zu sein, mittels Prosa auf dem Niveau schlechter Schlagertexte: „(…) schon wenn du seinen Namen hörst, kribbelt es und du hast Schmetterlinge in deinem Bauch“ (MÄD, 05/2003, Rubrik love & sex, S. 49). Liebe ist in den Zeitschriften manchmal eine „Oase in einer feindlichen Welt“ (Sieben Tipps i […], BRTF R F, 04/2003, S. 49). Und manchmal auch eine Spielwiese: „Wer W verliebt ist, muss sich nicht entscheiden, der lebt ganz und gar im Hier und Jetzt.“ (Julia Karnick: Vorsicht, frisch getrennt r ! Männer mit gebroche r nem Herzen können extrem r sexy sein. Aber sie bringen nur selten Glück, BYM, 10/2004, S. 91f.; S. 92). Weitere passende Formulierungen für den individuellen Gebrauch konnten laut Hinweis in BRAVO A GIRL! Internet-Seiten entnommen werden (Die 7 Liebes-Geheimnisse, BRG, 23/2001, Rubrik Special, S. 30f.).60 Die in den Beratungsformaten vermittelten Selbst- und Weltbilder folgen somit einer klaren Strategie: zunächst werden in Bereichen wie körperlicher Schönheit, Schlankheit, Begehren, r Attraktivität, Partnerschaft und Sexualität die „Schwachstellen“ Heranwachsender aufgegriffen. f Dazu dienen vielfältig ausgestaltete Identifikationsangebote an die Leserinnen und Leser und der durchaus glaubhafte Eindruck, dass man – ganz im Sinne des ernsthaften Bemühens und Anliegens – das Wohl der Leserinnen und Leser im Auge habe. So erwecken auch viele der gut gemeinten Ratschläge und Tipps tatsächlich den Eindruck der solidarischen, aufrichtigen Stärkung seitens der Hefte, und bei aller kritischen Auseinandersetzung mit ihrr soll darauf verwiesen sein, dass die Beratung in den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften sich tendenziell selbst in einer gewissen Ambivalenz befindet. Insofern nämlich, als sie wenigstens im Ansatz durchaus ernst gemeint ist und ihr Anliegen tatsächlich die Sorgen und Nöte der sich an sie wendenden Jugendlichen darstellt. Dass dabei allerdings nicht selten „Pseudoaufklärung“ und auch „Pseudofeminismus“ am Wirken sind, beweist nicht zuletzt die in den Beratungsformaten an allen Ecken und Enden untergebrachte Werbung von käuflichen Konsumgütern. Damit vertreten die Beratungsformate innerhalb der Zeitschriften in gewissem Sinne eine zwiespältige Rolle, eine Art Doppelfunktion zwischen aufrechtem Bemühen um die jungen Menschen einerseits und den marktökonomischen Interessen der Zeitschriften andererseits. 60
Allerdings sind selbst feministische Quellen nicht frei von Versimplifizierungen: „Liebe istt ein Fühlspiel. Besser: Es könnte eines sein.“ Nämlich bei entsprechender „Empathiefähigkeit“ und „Eröfffnung g von Gefühlsperspektiven“. (Gerstendörfer 1997: 30, 33)
2 Die Beratung zwischen Rationalisierung und Re-Romantisierung
2.4.3
187
Kryptische Werbung
Die vorangegangenen Untersuchungen haben gezeigt, dass sehr viele der bei den Jugendlichen vorhandenen Schwächen zwar aufgegriffen f und – wie aufrichtig auch immer – ernst genommen werden. Dass es aber gleichzeitig im Bestreben der Hefte liegt, die Defizite, Zweifel und Unsicherheiten der Jugendlichen möglichst zu pflegen, noch besser aber tendenziell zu verstärken. Das scheinbar ernsthafte Aufgreifen und Benennen der typischen Probleme Heranwachsender, das offensive f Aussprechen ihrer Defizite, schafft f gleichzeitig die Voraussetzungen, diese „Mängel“ durch das Angebot von Kaufanreizen ausgleichen zu können. Das Aufgreifen von scheinbar gegen den Mainstream angehenden Offerten f und Maximen, wie zum Beispiel „Man kann auch glücklich sein, wenn man ein paar Pfunde zuviel hat“ oder „Jungs schauen nicht nur auf den Körper, sondern auch auf den Charakter von Mädchen“, erweisen sich somit – in einem Gesamtzusammenhang interpretiert – als nur scheinbar aufrichtige, in Wirklichkeit aber in erster Linie als verkaufsstrategische Angebote mit dem Ziel, das Vertrauen der Leserinnen zu gewinnen, letztendlich aber deren Kaufverhalten gravierend mit zu beeinflussen. Denn: nur, wenn das Mädchen auch verinnerlicht hat, dass ein schlanker, modisch gekleideter Körper und das richtige Make-up auch tatsächlich der bestmögliche Schlüssel zur Partnerfindung sind, dass vor allem Beziehungsglück selbst herstellbar und gestaltbar ist durch materielle Käufe, die „richtige“ Kleidergröße und das angesagte Wohnambiente, dann sind die bestmöglichen Voraussetzungen für eine Partizipation an der offerierten f Konsumwelt gegeben. Damit aber befinden sich sowohl die Rezipientinnen als auch die Heftstrategen in einem Teufelskreis, der letztendlich nur durch Bewusstmachung und Emanzipation durch wirklich mündige (zum Begriff f der „Medienmündigkeit“ vgl. Schludermann 2002: 53) Rezipientinnen aufzubrechen ist. „Mündigkeit kann nicht […] von vorneherein durch einen abgeschlossenen Kanon oder eine umfangreiche Checkliste beobachtbarer Fertigkeiten, Verhaltensweisen und Handlungen beschrieben werden, sondern muss sich in jedem sozialen Handlungszusammenhang individuell und situationsbezogen immer wieder bestätigen, d. h. Mündigkeit hat Prozesscharakter. Dies gilt notwendigerweise auch für den Teilbereich der Medienmündigkeit.“ (ebd.) Zweifelsohne greift hier auch der eher resignative Befund Niklas Luhmanns, „was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wirr durch die Massenmedien“ (Luhmann 1996: 9). Denn die Massenmedien – und damit auch die untersuchten kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften – halten eine Vermittlungsfunktion inne zwischen öffentlicher f Kommunikation und der daraus resultierenden Folgen für alle anderen Gesellschaftsbereiche, ganz sicher aberr für die Ökonomie.
188 2.5
Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
Nachbemerkung im Zeichen medienpädagogischer Kontexte
Darum gilt für jede Untersuchung der massenmedialen Jugendkultur auch, den pseudo-aufklärerischen Zynismus und die in allererster Linie dahinter stehenden ökonomischen Absichten der kommerziellen Zeitschriften bewusst zu machen. Zu einer durchweg positiven Einschätzung ihrer Lebens- und Liebeshilfe kann nur gelangen, wer die Ratschläge isoliert von ihrem sozialen Boden, ihren medialen Resonanzverstärkern und ihren diskursiven Einschreibungen, vor allem aber den ökonomischen Interessen, betrachtet. Zweifelsohne ist hier zu fragen, ob seitens der Redaktionen nicht ein sehr viel verantwortlicherer, vor allem ethisch „korrekter“ Umgang mit den entwicklungsbedingten Problematiken Heranwachsender gehandhabt werden sollte. Ob nicht beispielsweise die Aufhebung von Realitätsausblendungen oder die klare Trennung zwischen redaktionellen Teilen und Werbung zu einer viel höheren Glaubwürdigkeit bei den Rezipientinnen führen würde als scheinemanzipatorische Aufklärungsangebote. Es ist an dieser Stelle aber auch zu fragen, ob der Erwerb von kritischem und reflexivem Umgang der Leserinnen mit den untersuchten Medien tatsächlich zu deren größerer Mündigkeit beitragen würde, ob nicht der Wunsch nach zeitvertreibender Unterhaltung im (latenten) Wissen um die werbestrategischen Inhalte auch seine Berechtigung hat. Dass es gilt, hier sehr vorsichtig zu bewerten, formuliert auch Brigitte Hipfl: „Wenn W hier noch berücksichtigt wird, dass auch der Bereich des Konsums untrennbar verbunden ist mit der Identitätsfrage – wenn etwa die ‚psychische Realität‘ spezifischer Medieninhalte der eigenen entspricht oder Praktiken der Aneignung von Medieninhalten als performative Repräsentationen des eigenen Selbstverständnisses fungieren – dann wird deutlich, wie heikel eine medienerzieherische Bearbeitung dieser Themen ist. So ist eine sehr sensible Vorgangsweise notwendig, die sich der Rolle der emotionalen Involviertheit der Personen bewusst sein muss. Denn eine medienerzieherische Bearbeitung ist in diesem Fall nicht einfach eine Analyse von Vorlieben und Präferenzen, sondern es steht tatsächlich für die Betroffenen f ein Aspekt ihrer eigenen Identitäten auf dem Spiel“ (Hipfl 2002: 44). 3
Die Werbung – jugendkulturelle Semiotisierung des Konsums
3.1
Vorbemerkung
Der Schweizer Medienpädagoge Doelker spricht davon, dass „das beherrschende Bild des Menschen als Konsument sich zu einer eigentlichen konsumistischen Weltsicht ausweitet: Der Konsumismus ist zu einer (Ersatz-)Religion geworden“ (Doel-
3 Die Werbung – jugendkulturelle Semiotisierung des Konsums
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ker 2002b: 130f.). Er plädiert unter anderem für das Erkennen und Durchschauen von „Mechanismen des Marktes und der Märkte“, von „Werbebotschaften W und -strategien“ (ebd.: 139). Solche Strategien finden sich auch in der Werbung kommerzieller Jugend- und Mädchenmagazine, in offener f und eher versteckter Warenpropaganda, auf Anzeigenseiten und innerhalb redaktioneller Texte sowie in Präsentationen von Herstellern, die sich gestalterisch an redaktionelle Teile der Magazine anlehnen. Gehen die Positionen in den medienpädagogischen Diskussionen um die Begrifff sinhalte von Medienkompetenz61 durchaus auseinander, so herrscht in den Vorstel61
Medienkompetenz ist für Dieter Baacke eine Einheit von analytischer, reflexiver und ethischer „Medienkritik“, informativer und instrumentell-qualifikatorischer „Medienkunde“, rezeptiver und interaktiver „Mediennutzung“ sowie innovativer und kreativer „Mediengestaltung“ (Baacke 1997: 98). Lothar Mikos betont die „visuelle Kompetenz“ (Mikos 2000: 12); den Zusammenhang von Kommunikations-, Handlungs- und Medienkompetenz unterstreicht Helga Theuenert (vgl. Theunert 1999: 52; vgl auch Faßler 1999: 250, über „Medienkompetenz“ und „Sozialkompetenz“). Ralf Vollbrecht versteht unter Medienkompetenz vorr allem „kommunikative Kompetenz“ (Vollbrecht V 2001: 57), nämlich „medienbezogene (kognitive) Schemata und Skripts“, die ihre Funktion darin hätten, „Spielräume für frei gewähltes Handeln zu erzeugen und das Gedächtnis zu strukturieren“ (ebd.: 58). Christian Doelkerr charakterisiert Medienpädagogik als ein „medienphilosophisches Rahmenkonzept“ mit derr inhaltlichen Orientierung auf „Basiswissen“, „Fähigkeiten, Fertigkeiten, Haltungen“ und „Problembewusstsein“ (Doelker 2002b: 138. Siehe auch die Tabelle zu „inhaltlichen Aspekten eines Curriculums für Medienpädagogik“, ebd.: 139). Es gehe um „selbstbestimmten, kritischen und mündigen Umgang mit den Medien“, unterstreicht Brigitte Hipfl (Hipfl 2004: 20). Im „Ausblick“ seines „Plädoyers für eine zeitgemäße Medienpädagogik“ setzt Theo Hug die folgenden Akzente: Befähigung zur „kritischen Reflexion ethischer, ökonomischer, interkultureller, politischer, geschlechtsspezifischer, sozialer oder juristischer Aspekte derr Informations- und Kommunikationstechnologien“; zur „verantwortungsbewussten Integration pädagogischer, sozialpolitischer und ökonomischer Motive im Lichte erziehungs- und sozialwissenschaftlicher Befunde und technologischer Optionen“. An anderer Stelle werden „die integrative Entwicklung sozial-kommunikativer, technischer, theoretischer, methodologischer, selbstreflexiver Kompetenzdimensionen in Relation zu Lebensabschnitten, soziokulturellen Problemlagen und spezifischen Anwendungskontexten“ akzentuiert (Hug 2003: 23f.; siehe ebd.: 16, auch das Schema mit „Charakteristika enger und weiter Verständnisse von Medienpädagogik“). Hans-Dieter Kübler betont, wie R. Vollbrecht, die Erziehung und Bildung zu „kommunikativer Kompetenz“ (Kübler 2003: 47) vor dem Hintergrund von „sozialen Bedingungen“, kulturellen Einflüssen, geschlechtsspezifischen Unterschieden“ (ebd.: 42). Von „Mediensozialisation“ und kompetentem „Medienhandeln“ als „Medienaneignung“ sprechen Bernd Schorb und Helga Theunert (Schorb/Theunert 2000: 34; Schorb 2002: 209); von „Mediensozialisation“ spricht zuvor auch Waldemar Vogelgesang (Vogelgesang V 1999). – Eine Übersicht über die Diskussionen, ihre Entwicklung „von behütend-pflegenden Ansätzen über ästhetisch-kulturorientierte, funktional-systemorientierte und kritisch-materialistische Konzepte zu handlungs- und interaktionsorientierten Ansätzen“ (S. 34), ihre „grosse g Begriffsvielfalt“ g f (S. 32) bietet Gerhard Tulodziecki (Tulodziecki T 2005.).
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
lungen hinsichtlich der Behandlung von Werbung weitgehend Einigkeit. Die Medienkompetenz in Sachen Werbung werde „nicht durch Mahnungen und Verbote gefördert, sondern durch eine immer wieder kritische und realistische Auseinandersetzung mit Stil, Machart und Aussagegehalt von Werbung“, durch „Qualitätsbewusstsein“, so wird betont (Baacke 1997: 92). Es müsse in der Medienpädagogikk darum gehen, „mit den Mitteln sozialwissenschaftlicher Forschung herauszufinden, ob Werbung soziale, kulturelle und gesamtgesellschaftliche Vorstellungsbilder von der Realität beeinflusst, und dies besonders bei Jugendlichen und Kindern“, heißt es weiter (ebd.: 87). Hervorgehoben werden so unter anderen auch die für Jugendliche wesentlichen Fähigkeiten, Werbung von ihrem Umfeld unterscheiden zu können und bestimmte „Codes als Werbung zu identifizieren“; „zwischen objektiver Information über ein Produkt und Werbung zu unterscheiden“; „Werbung W als Bestandteil der Mechanismen einer Marktwirtschaft zu erfassen und dabei auch zwischen Funktionen der Werbeindustrie und der Massenmedien […] zu differenzieren“; f „WerW bung in ihren vielfältigsten Erscheinungsformen sowie Strategien und Techniken zu erkennen“ (Vollbrecht V 2001: 59).62 Ähnlich wird in einer weiteren Darstellung die Untersuchung der Werbung in ihrer Relevanz „für die Alltagskultur und das Konsumverhalten von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen“ (Hug 2003: 14) sowie die Befähigung zum reflexiven Umgang mit neuen Codes und medialen Symbolen“ hervorgehoben (ebd.: 23). Diese gehören ja zu den Erscheinungsformen „medialerr Habitualisierung“ (Kommer/Biermann 2005: 2). Es kann jedoch nicht nur darum gehen, bei Jugendlichen die Fähigkeit zu fördern, Werbung von ihrer Umwelt zu unterscheiden und ihre Zeichensprache zu durchschauen. Es muss gleichzeitig darum gehen, das Erkennen von diskursiven Einschreibungen und spezifischen Weltbildern der Werbung entwickeln zu helfen. Die reiche Materie der Werbecodes und ihrer diskursiven Zusammenhänge verlangt daher unter anderem nach „ikonischen Pfaden“ (Peez 2004: 9; siehe auch zurr „kultursoziologischen Bildhermeneutik“ ebd.: 11). Es bieten sich in Sachen Mädchen- und Jugendmagazine drei an: ein jugendkulturell-bildhermeneutischer mitt 62
Für die Entwicklung der wichtigen Fähigkeit des Unterscheidens zwischen Werbung und Umfeld sind allerdings Behauptungen wenig hilfreich, die – gewollt oder ungewollt – Wunschvorstellungen der privatwirtschaftlichen Medienindustrie verdoppeln. Zum Beispiel die, dass die „scheinbar selbstverständliche Differenz f von Lebenswelt und Medienrealitätt […] sich aufzulösen beginnt“ (Schäfer 2001: 18). So sehr die Wirklichkeit auch „in zunehmendem Maße eine medial vermittelte Wirklichkeit” ist (ebd.) – die Befähigung zur Unterscheidung zwischen Realität und Abbild ist wesentlich für die Wirksamkeit medienpädagogischer Praxis und Theorie, zumal Werbung inzwischen oft auch mit den Standards und Mitteln des Dokumentarfilms produziert wird (siehe dazu Dichanz 2001, bes. S. 75–78).
3 Die Werbung – jugendkulturelle Semiotisierung des Konsums
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einem Überblick über wesentliche Assoziationsfelder und Hauptmotive, ein semiotischer zu literalen und phraseologischen Aspekten einer markanten jugendbezogenen Kosmetikwerbung, ein kultursemiotischer auf der Grundlage des so genannten Schichtenmodells. Alle drei sollen in den nachfolgenden Analysen Verwendung finden. Überdies verlangt die Werbematerie aber auch ein historisches Bewusstsein von der engen Verbindung zwischen Printmedien, Reklame und Bildproduktion. 3.2
Werbung und Alltagskultur
Werbung, so definiert Herbert Willems, sei „eine Form dramaturgischen Handelns, und zwar – im Unterschied etwa zu bloß spielerischen Aufführungen f – eine Form strategischen dramaturgischen Handelns“ (Willems W 2002: 17). Nicht notwendigerweise müsse es sich deshalb um Täuschung handeln, eher im Gegenteil spiele sie – nach Erving Goffman f – durchaus mit offenen f Karten und gebe in den meisten Fällen ihre „Rahmen“ zu erkennen (Goffman f 1977: 98ff.). Bei der für die vorliegende Arbeit im Mittelpunkt stehenden Untersuchungen von Werbung handelt es sich zunächst um die Analyse von Produktwerbung, die allerdings in einem übergeordneten Rahmen auch Hinweise geben soll auf die „WerW bung“ eines bestimmten Mädchenbildes und damit Welt- und Gesellschaftsbildes. Die printmediale Präsentation von Werbung in Jugend- und Mädchenmagazinen verweist auf eine lange Vorgeschichte; „seit jeher“ gilt Werbung als „ein zentrales betriebswirtschaftliches Element“ der gedruckten Kommunikationsmedien (Baacke 1997: 88). Bereits um 1848 war es möglich, innerhalb einer Stunde von einer Grafik rund 10.000 Druckblätter herzustellen (Barnicoat 1979: 7–28). Und schon 1872 empfahl sich das Pariser Warenhaus „Au Bon Marché“ mit farbigen Lithographien im Postkartenformat. Schnell erkannte die Industrie die Bedeutung massiver, einprägsamerr und möglichst überall präsenter Bildpropaganda, die vorgab, wie eine Ware gesehen werden sollte. Galt es doch, zumal im Zeitalter der Massenproduktion, häufig ähnliche Produkte zumindest ästhetisch zu differenzieren, f Mode- und Markendominanzen zu etablieren, ja geradezu ein „agenda setting“ zu erreichen, also mitzubestimmen, worüber geredet wird. Vor allem die Suggestion, guter Geschmack hinge wesentlich vom Erwerb bestimmter Marken ab, konnte Kaufanreize schaffen. f Dabei waren die Markenfirmen stets bestrebt, auch die bildende Kunst in den Dienst derr Reklame zu stellen, darunter die Jugendstil-Typographie T und die Fotografie derr Neuen Sachlichkeit (Ottomeyer 1996; Kranzfelder 1996). So entstanden vielfältige
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
und eingängige Zeugnisse inniger Verbindung von Gebrauchswert und Illusion, von industrialisierter Bildproduktion, r Neomythologie und Marktbewusstsein. Wichtig war von Beginn an die Alltagsdimension dieser Verbindung: Werbung dringt per Litfasssäule, Fassadenplakat, „Bilderdienst“-Serie, Emailleschild, Postkartenautomat, Sammelalbum und koloriertem Scherenschnitt-Kurzfilm in öffentf liche und private Räume ein, breitet sich in Tabakwarenhandlungen, Gaststätten, auff Plätzen und in Lichtspieltheatern aus, ebenso in Küchen, „guten Stuben“ und Bücherschränken. Sie durchsetzt und maskiert so den oft als öde empfundenen Alltag, vermittelt modisch-illusionäre Kontrasterlebnisse zu ihm, ist gleichzeitig aber immer auch eine Kristallisation sozialer Ordnungsideen und -ideale. Die Etappen der Werbestrategien in Deutschland entsprechen wirtschaftlichen Grundtendenzen und Marktmechanismen, ihnen wiederum kulturelle Bewusstseinslagen, Wunschbilder und Verhaltensmuster. Die „ikonischen Pfade“ der Werbebranche führen zu deren „ikonischen Zentren“ (Peetz 2004: 9; Bezug nehmend auff Loer 1994). Bis etwa 1945 standen, wie die ersten Lithographien zum Beispiel für „Liebig‘s Fleischextract“ oder die „Persil“-Emailleschilder belegen, die Waren sowie ihre ästhetisierende Verpackung und Kennzeichnung, zum Beispiel durch symbolische Figuren, im Mittelpunkt: Blütenweiß gekleidete Damen posieren scheinbar ungezwungen für „Persil“-Waschmittel, W „Neger“ präsentieren als exotische Staffage f „Kolonialwaren“ wie Maismehl und helfen, ihnen unverwechselbaren Charakter zu verleihen. Nach 1945 erfolgt bis in die achtziger Jahre hinein stärker die gestalterische Aufladung der Waren mit – den Konsumenten vermeintlich Halt und Orientierung, „Sinn“ vermittelnden – Lebensgefühlen: Kosmetika zum Beispiel verkörpern vor allem den „Lifestyle“ und seine „Trends“, T die Freizeit- und Konsumgewohnheiten sowie die Kaufkraftpotentiale zum Beispiel der „postmateriell orientierten Werte63 Avantgarde“ oder der „multioptionalen Life-Style-Avantgarde“. A In den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts entfernen sich dann bis in die Gegenwart Bildinhalte und Waren immer mehr voneinander, lassen den „Erlebniswert der Produkte“ stärker als den Gebrauchswert (Haltbarkeit, Zweckmäßigkeit) und die „Innenorientierung“ der Konsumenten in den Vordergrund treten (Schäfer 2001: 33; unter Bezugnahme auf Schulze 1995). Das Bild hat kaum mehr direkten Bezug zu Ware und „Lifestyle“, seine Inhalte kommen aus verschiedenen Bereichen („Szenen“) und werden multimedial eingesetzt. Zum Beispiel entwickeln sich popu63
Vgl. Wunderbare Werbewelten. Marken, Macher, Mechanismen. Museum für Post und Kommunikation, Frankfurt am Main 2001 (Ausstellungstext). g
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läre Figuren („E.T.“, „Alf“, „Dinos“) durch Aufkleber und Taschen zu Sympathieund Werbeträgern. Die Verbindung von Bildproduktion und Marktstrategie führt im Alltag zu „einerr nicht mehr einzugrenzenden Optionenvielfalt von Zeichen und Sinnkombinationen“ (Baacke 1997: 89). Alle Werbeprodukte stehen in alltags- und kulturgeschichtlichen Zusammenhängen. Denn sie beziehen sich auf die in Ernährungs-, Bekleidungs-, Wohn- und Sexualverhalten manifestierte Lebensweise, auf Lebensstile. Sie greifen populärnostalgische Heimatgefühle und Gemeinschaftsutopien, naive Fortschrittsgläubigkeit und Technikbegeisterung sowie andere, auch unbewusste, Wunschbilder auf, um „Illusionsbildung“ und „Desinformation“ zu betreiben, ja eine „Informiertheitsillusion“ zu etablieren (Doelker 2002b: 135). Das gilt nicht zuletzt für die gegenständliche Welt und die Waren erotisierende, traditionelle Geschlechterrollen mittels „fremdbestimmter Bewegungs- und Körperschablonen“ (Rose 2002: 4) festschreibende Gestaltungen. Häufig wird die vereinfachende Formel von der „alltäglichen Verführung“ angewendet, die den Konsumenten nur zum Objekt von Wirtschaft und Warenverkehr stilisiert – und in der Medienpädagogik zu einer „diffusen, f den Blick einengenden Werbe-Angst“ (Baacke 1997: 88) führen kann. Dabei darf aber der Zusammenhang von Werbung mit den „Stärken des Produkts“ und den „Schwächen des Käufers“ (Postman 1985) nicht außer Acht gelassen werden. Dieser ist immer hinter den propagandastrategischen Ritualen und Symbolen, den „integrierten Kommunikationskonzepten“64 einer sich als sozial intakt und moralisch integer darstellenden „Marktwirtschaft“ aufzusuchen. Die Leserinnen der Magazine bekommen in der Werbung, was sie wollen. Aberr wie kommen sie dazu, das zu wollen, was sie wollen? Ebenso wie die widersprüchliche Alltagsmacht der sozialen Verhältnisse, von Sozialhierarchie und Konkurrenzprinzip wirkt die Alltagsmacht vieler menschlicher und gesellschaftlicher Bedürfnisse und Sehnsüchte. So der nach Orientierung und Narration, nach Balance und Ordnung zwischen „Leib“ und „Seele“, nach harmonischen Beziehungen zu Naturr 64
Symbolisch für eine kritische Haltung, die ihr eigenes Spiel mit Werbesymbolen und -sprachen treibt, ist ein im Original fast neun Quadratmeter messender Fotodruck der Amerikanerin Barbara Kruger aus dem Jahre 1987 (Abb.: Bäumler 1996: 286). Er zeigt eine Käuferhand mit der Schriftzeile „I shop, therefore I am“ (Ich kaufe, also bin ich). Hier wird das legendäre Postulat des Philosophen René Descartes von der vernünftigen menschlichen Selbstbestimmung – „Cogito, ergo sum“ (Ich denke, also bin ich) – ironisch und warnend abgewandeltt (Descartes 1980: 31).
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
und Gesellschaft sowie ästhetischer Differenz, f nach Überschreitung der Grenzen zwischen Anspannung und Entspannung, Nähe und Distanz, Wachsein und Traumschlaf, auch nach „spirituellem“ Lebens- und Gemeinschaftsersatz. Die Werbung hat auf diesen Grundlagen inzwischen erreicht, dass sie von Kindern und Jugendlichen als „selbstverständlicher Bestandteil von Sozialisation erfahren wird“ (Baacke 1997: 88). Neben „Fiction, Spaß und Escape“ in den Medien gibt es daher den „Konsumismus“ unter Kindern und Jugendlichen, das Faktum, dass sie „ausgeprägte konsumtive Neigungen bis hin zu bedrohlichen Manien für Kauf und Verschwendung haben, dass sie ein nachhaltiges, demonstratives Markenbewusstsein besitzen, überr das sie nicht zuletzt soziales Prestige in der Gleichaltrigengruppe und persönliche Identität definieren, dass sie Geld leichtsinnig bis hin zu wachsenden Schulden verschwenden und jeden Modeschrei mitmachen, kurzum von einer konsumistischen Grundstimmung durchsetzt sind, wonach alles käuflich ist“ (Kübler 2003: 44, 45). Medienpädagogisch wichtig ist darum die „kulturanalytische Untersuchung“ von Werbebildern (Fuhs 2003: 43) und ihres „den Konsum glorifizierenden Hedonismus“ (Schuh 1996: 254). Ihre visuelle Rhetorik, insbesondere jene der Fotografie – in ihrer Verbindung mit der verbalen Rhetorik der Texte – widerspiegelt Mechanismen sozialer Wahrnehmung, die einen reflexiven Zugang zur sozialen Struktur derr Wirklichkeit eröffnen. f Über den bloß illustrativen Charakter hinaus bietet sie Erkenntnisse, die sich auf andere Weise nicht oder nicht so effektiv f gewinnen lassen (Fritzsche 1996). So spielt auch die Werbefotografie im Kontext ihrer symbolischen Praxis, ihres „kommerziellen Realismus“ und „kommerziellen Synkretismus“ (Goffman f 1981: 61, 73, 88–94), ihrer Semiotisierung des Konsums mit der Neigung, das fotografische Abbild für die Wirklichkeit zu nehmen. Und das, obwohl dieses Abbild lediglich ein zweidimensionaler, meist flächiger Zeichenkomplex und in der SchwarzWeiß-Fotografie auf Grauwerte reduziert ist.65 Auch in den Werbepräsentationen der kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften ist sie Teil einer „Alltagsfotokultur“, die den Anschein des umfassend dokumentarischen, multiperspektivischen Einblicks zum Beispiel in jugendliche Lebenswelten vermittelt, einer Medienkultur mit „allgegenwärtiger Sozialisationswirkung“, die darum wichtige „pädagogische Phänomene“ enthält (Fuhs 2003: 43, 48, 45). 65
„[…] ein Foto bildet letztlich doch nicht die Welt ab, sondern nur Helligkeitswerte bis zu einer bestimmten Körnigkeit“ g (Seyfarth y 2000: 6).
3 Die Werbung – jugendkulturelle Semiotisierung des Konsums
3.3
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Aspekte der visuellen Werberhetorik r
Der hohe Anteil von Werbepräsentationen in den verschiedenen Präsentationsformaten der Mädchen- und Jugendzeitschriften ist sicher aus ihrer vorrangig ökonomischen Zweckfunktion im Kontext warenwirtschaftlicher Absatzmärkte zu erklären. Dennoch haben die in den Werbestrecken der Magazine vorgestellten Bildwelten zugleich – als Produkt und Widerschein sozialer, kultureller und ästhetischer Deutungsschemata – die Funktion von Sinngebungsmustern, die ihrerseits wiederum auff die in den Zeitschriften gezeichneten Mädchenbilder, deren lebensweltliche Kontexte und Weltbilder, Bezug nehmen, sich wechselseitig beeinflussen. Diese Sinngebungsmuster erfolgen in erster Linie durch graphisch und layouttechnisch modern gestaltete Bild-Text-Kombinationen. T Die gestalterische Strategie des Graphic Design hat das Ziel, die Betrachtenden nicht nur zu informieren, sondern auch im Hinblick auf bestimmte Handlungen und Verhaltensweisen für etwas zu gewinnen, zu überzeugen oder zu überreden. In die Werbe-Gestaltungen bildlicher, ikonischer Art fließen daher unterschiedliche Bedeutungen ein. Zwar liegt im Vergleich zu den sprachlich-diskursiven Symbolen derr Bedeutungsgehalt auch hier im Wahrnehmungsgegenstand selbst, der dadurch Verweisungscharakter über seine sinnlich präsente figurale Beschaffenheit f hinaus hat. Dennoch ist, anders als bei den sprachlich-diskursiven Symbolen mit ihrer Laut- und Schriftgestalt, die Bedeutung der sinnlichen Gestalt, in der sie präsent ist, nichtt äußerlich. Ein bildliches Symbol ist daher auch immer das, worauf es verweist; „in ihm sind sinnlich-emotionale Erfahrungen der gesellschaftlichen Menschheit in einer Weise verdichtet und verallgemeinert, dass sie durch die symbolvermittelte Erkenntnis in der Verdichtung und Verallgemeinerung zugleich als sinnlich-emotionale Erfahrungen unmittelbar gegeben sind“ (Holzkamp 1985: 313). Ist die ökonomische Zweckfunktion relativ konstant, gewinnt die Sinnfunktion entsprechend den verschiedenen historisch-sozial bedingten pragmatischen Wirkungsstrategien einen sehr variablen, vielschichtigen Charakter. So gibt es in derr sinnlich fundierten Zeichenproduktion des Graphic Design viele Beispiele, die überr den instrumentellen Gebrauch des Ästhetischen hinaus Möglichkeiten für eigene phantasievolle Reflexion der Rezipientinnen eröffnen f und somit auch Übergänge zwischen rhetorischer und ästhetischer Zeichenfunktion schaffen. f Als produzierte kulturelle Form wird die Sinnbildung stets vom historisch-konkreten Charakter derr sozialen und individuellen Lebensweise geprägt. In ihren ikonischen Symbolformen gibt sie daher Auskunft über den Charakter des Lebensbezugs. Es bilden sich historisch übergreifende Sinnfelder und Hauptmotive heraus, die zum Gebrauchswert derr
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einzelnen Warengruppen allerdings oft nur eine fiktive soziale und ästhetische Beziehung haben: zum Beispiel Natur, r Körper, r Erotik r und Kommunikation. Die ästhetische Gestalt- und Symbolbildung des Graphic Design steht also auff vielfach vermittelte, nicht direkte Weise für Deutungsmuster des kulturellen Systems. Deshalb kann man Verbindungen unter anderem mit jugendkulturellen und feministischen Diskursen feststellen, welche die Bilder und Texte „durchqueren“, sie mitunter völlig bestimmen und beherrschen (Foucault 1981: 198–200). Solche Einflüsse sind aber nicht im platten Sinne illustrativ, lassen sich nicht auf Klischees reduzieren, sondern vermischen sich im konkreten Bild mit weiteren Einflüssen. Die der Bild-Werbung W innewohnende Virtuosität der Vermittlung kultureller Wertvorstellungen und Ideale, der vorwiegend affirmativen f Präsentation von Modellen der Lebensweise und Persönlichkeitsprofilierung trägt in ihrem rhetorischen Überredungscharakter stets auch Versuche der manipulativen Ausgrenzung sozial bedeutsamer Themenbereiche oder einseitiger Rahmen in sich. Die auf Überwältigung und Faszination ausgerichteten Bildtechniken der Werbung sind daher nicht nur einseitige Animation zum Handeln, zum Kauf. Als Bestandteil der gesellschaftlichen Imagination stehen sie gleichzeitig in einem wechselvollen Verhältnis zur visuell-kommunikativen Erfahrung der Betrachterinnen, ihrer Unterscheidungs- und Selektionskompetenz, ihren analytischen und kreativen Fähigkeiten. Kommerzielle Gebrauchsgrafik muss darum aktuelle alltagsbezogen-situative Erscheinungsweisen des Massenbewusstseins der Menschen erkunden, ihre Einstellungen, Wünsche, Identifikationen, ihr sinnlich-vitales Verhalten, muss auf zeitgemäße Bilderwartungen reagieren und stets neue Formen der Bildgebrauchs schaffen. f Ihre wirkungsästhetischen Gestaltungsstrategien visualisieren nicht nur Entfremdungsmuster, illusionäre Sinnverheißungen und häufig unbewusste Konsumzwänge, sondern auch vielfältige ästhetische Aneignungsmuster mit Informations- und bloßem Unterhaltungscharakter. Sie sind nicht einheitlich, sie gehen auf vielfältige Ansprüche der Betrachterinnen ein, entwickeln Wirklichkeitserscheinungen. Daraus folgt auch in Sachen Werbung in Jugend- und Mädchenmagazinen, „dass Medienkritik nicht ausschließlich Kritik an problematisch gewordenen Sozialisations- und Vergesellschaftungsformen aus der Perspektive des Medienzeitalters bedeuten kann“ (Schanze u. a. 2002: 234 – Artikel „Medienpädagogik“). Das heißt: auch an „geschlechtsrollenspezifischen (also: gesellschaftlich gemachten, vom Patriarchat diktierten) Normen“, an den zahlreichen „maskulinen Mythologemen bzw. männlichen Weiblichkeitsmythologien“ (Beutin 1995: 31). Denn gerade die massive Entstehung neuer ikonischer Symbolwelten seit derr zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit entsprechenden p Motiven und Prototypen yp
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stellt eine Herausforderung zum Beispiel für das sexuelle Selbstverständnis Jugendlicher dar. Diese bildhaft-symbolischen Welten und verbal-topischen Argumentationsgesichtspunkte, die in ihnen vorhandenen semantischen Zeichenrelationen und wirkungsbezogenen Sinnbezüge der sozialen Phantasie geben ja „Signale“ derr „Dauererotisierung“ vor allem in Gestik, Kleidung und Kosmetik. Der „Inszenierungscharakter dieser Erotik“ und der durch die propagierten Schönheitsideale ausgeübte „Druck“ (Lautmann 2002: 134f.) müssen den Blick auf die „Doppelgleisigkeit sexueller Sozialisation“ in der Gegenwart lenken: „Unsere Sexualkultur vereintt widersprüchliche Muster der sexuellen Bildung, wenn sie einerseits die Herkunftsfamilie in ihren angestammten Rechten belässt, andererseits aber die Botschaften der Medien, der Gleichaltrigen usw. kaum gehemmt auf das Kind hernieder gehen lässt.“ (ebd.: 322) Die Erscheinungsformen einzelner Topoi, Bilder und Symbole in der Werbung sind unterschiedlich; manche Topoi zum Beispiel werden nicht zu einem Bild oderr Symbol – aber zu Konstanten, die über Jahrhunderte als tradierte Themen und Motive, Sentenzen, Klischees und so weiter wirksam bleiben.66 Sie verweisen auff Tiefenschichten sozialen Bewusstseins, die lebenspraktisches Verhalten mitbestimmen; sie fungieren aber vorrangig auf der Ebene des individuellen Alltagsbewusstseins, das – bei aller Durchdringung dieser beiden Ebenen – Selbständigkeit gegenüber dem theoretisch gefassten Bewusstsein besitzt. Es umgreift die alltäglichmassenhaften individuellen und gesellschaftlichen Erfahrungen und Erkenntnisse. Somit vollzieht sich die Alltagserkenntnis im Prozess der spontanen geistigen Aneignung im Rahmen der praktischen Tätigkeit.67 Bild-Werbung W gehört als ein Bereich der Massenkommunikation heute also zu den wesentlichen Vermittlungsgliedern zwischen dem gesellschaftlich organisierten, mehr oder weniger (in Bildung und Medien) institutionalisierten Wissen und den aus der alltäglichen praktischen Lebenstätigkeit gewonnenen Erkenntnissen. Die unmittelbar spontanen Denkformen des Alltagsbewusstseins enthalten die tradierten Deutungsmuster, Normen und Regeln, nach denen die individuellen Tätig66
Uwe Sander nennt zum Beispiel die „ethnisch-nationalen Gemeinschaftstopoi“ im Wilhelminismus und in der NS-Herrschaft (vgl. Sander 2001: 42). 67 Lothar Bornscheuer charakterisiert, von Aristoteles und Cicero ausgehend, Topik als das „Instrumentarium eines gedanklich und sprachlich schöpferischen, doch zugleich auf den allgemeinen gesellschaftlichen Meinungs-, Sprach- und Verhaltensnormen beruhenden Argumentationshabitus“ (Bornscheuer 1976: 94), eines Topos als einen „Argumentationsgesichtspunkt von allgemeinverständlicher Relevanz“ (ebd.: 45). Er betont also sowohl den Zusammenhang des Topos mit der Einbildungs- und Urteilskraft, den Denkgewohnheiten als auch dessen schöpferisch-arg p gumentative Potenz.
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keiten des praktischen Lebens verwirklicht und gewertet werden. Die aus der Integration der Individuen in soziale Gruppen erwachsenden Einstellungen, Gewohnheiten und Traditionen sowie anderer sozialpsychologischer Formen, in denen sich die Beziehungen der Menschen und ihre Verhaltensweisen gestalten, besitzen in starkem Maße emotional-willensmäßige Triebkräfte. Und die bildhaften – ikonischen, symbolischen – Formen, die eng mit der Lebenspraxis und dem Alltagsbewusstsein verknüpft sind, tragen auf ihre Weise als Leitmotive zur Beziehungsrealisierung und Kommunikation in den bestehenden Verhältnissen bei. Die enge Verflochtenheit der Werbung mit der sozialen Psyche (Mentalität) lässt erkennen, welchen emotional-willensmäßigen Einfluss die jeweils gewählten Topoi in ihrer Lebensbedeutsamkeit auszuüben vermögen. Diese Wirkung wird erhöht durch die sinnliche Konkretheit des Alltagsbewusstseins, das in der Werbung ikonisch erscheint. Die Topik, Ikonizität und Symbolik der Werbung, die aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein hervorgeht, knüpft an die individuelle Bezogenheit der Einstellungsbildung im Alltag an. Sie bewirkt Bilderlebnisse, deren Ziel darin besteht, die Alltagsentscheidungen des Individuums zu beeinflussen (siehe dazu Gries 1995). Charakteristisch für diese Entscheidungen ist „ein ständiges Hinundherwechseln […] zwischen Entscheidungen, die auf Motive augenblicklicher und fließenderr Wesensart begründet sind, und solchen, die auf starren, wenn auch gedanklich selten fixierten Grundlagen (Tradition, T Gewohnheiten) beruhen“ (Lukács 1981: 37), also zwischen aktuellen und fixierten Einstellungen. Die aktuelle Einstellung realisiertt sich in einer aktuellen Handlung; hinter dem in ihr zum Ausdruck kommenden Verhalten steht eine bestimmte Organisationsform des Einstellungssystems. Die fixierte Einstellung ermöglicht eine habituelle Reaktionsbereitschaft. Dem entspricht die Habitualität der Werbung als Bestandteil eines sozio-kulturell bedingten Meinungsgefüges, das alle bewusst oder unbewusst im Gedächtnis vorhandenen Engramme – von internalisierten Regeln und Bedeutungsgehalten der Tradition und Konvention bis hin zu Verhaltensmustern – einschließt. Ihre Interpretierbarkeit hängt von ihrerr Allgemeinheit und Reichhaltigkeit ab, ihrer Potentialität; im speziellen argumentativen Zuschnitt der Interessen- und Sinnorientierung erweist sich ihre Intentionalität. Die Symbolizität schließlich kennzeichnet die spezifische Gestaltungsform in bestimmten Motiven oder Bildformeln, vereinigt die syntaktischen, pragmatischen und semantischen Grundmuster. Sie garantieren Erkennbarkeit und Einprägsamkeit, ästhetische Wirkung im System der Massenkommunikation. Im Zusammenhang mit bestimmten, im Alltagsleben wirksamen gruppenspezifischen Einstellungsstereotypen r spielen in der Werbung solche Prozesse der Einstel-
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lungsbildung wie Animation, Suggestion und Imitation, wie Wunschdenken und Visionen eine wichtige Rolle. Diese liefern nicht so sehr Anhaltspunkte für eine rational-sachliche Argumentation, als vielmehr Impulse für eine pathoserregende Einflussnahme auf die sittlich-emotionale Willensbildung der Rezipierenden von Jugend- und Mädchenmagazinen, beruhen also auf der unmittelbaren Lebensbedeutsamkeit der Bildelemente. Sie bedürfen keiner sachlogischen Detailargumentation, sondern erwachsen aus einer ebenso spontanen wie komplexen, variationsreichen künstlerischen Einbildungskraft. Denn Topoi, Ikonen und Symbole haben multiplen Charakter: Sie sind Suchformeln, Ordnungsprinzipien r und Interpretatior nen zugleich und in ihrer abstrakten Argumentationsform und Bildtypik unabgeschlossen und modifizierbar, daher mehrdeutig. r Sie unterliegen in ihrer konkreten argumentativen Verwendung historischen Wandlungen und ermöglichen so auch das Einfließen von latenten oder aktuellen gruppenspezifischen Interessen. Ein wichtiger Aspekt der situationsbezogenen Überzeugungskraft der Werbung liegt in der Korrespondenz der Bilder auf dem topischen Feld – das je nach den Schwerpunkten des Präsentations- und Wirkungsinteresses auch ein kulturelles oder symbolisches, ein Sinnfeld oder „emotionales Feld“ (Illouz 2006: 97f.) sein kann. Wurde durch eine Vielzahl von Bildern erst einmal eine bestimmte Verknüpfung von Vorstellungen zu einem Prototyp r oder Hauptmotiv im Gedächtnis der Betrachtenden geprägt, brauchen nach einer gewissen Zeit nur noch reduzierte Merkmale präsentiert zu werden. Sie wirken als Auslöser für Reflexe und für Gedanken, die in der Phantasie der Betrachtenden vervollkommnet werden können. Denn die innere Zusammengehörigkeit von Motiven eines topischen Feldes kann so stark sein, dass ein Motiv bei seinem Auftreten das andere nach sich zieht oder als notwendige Ergänzung suggeriert (Bialostocki 1996: 113). Das lässt sich besonders plastisch nachvollziehen anhand der gerade in den kommerziellen Jugend- und Mädchenmagazinen werberelevanten Themen wie Romantik, Natur, Körper, Schönheit und Sexualität. 3.4
Hauptmotive der jugendbezogenen Werbung – Ein soziokulturellr bildhermeneutischer Überblick
Die ästhetische Gestalt- und Symbolbildung der Text-Bild-Zusammenhänge der Werbung ist diskursiv, v weil sie für Deutungsmuster des sozial-kulturellen Systems steht und somit auch beispielsweise mit jugendkulturellen oder „Geschlechterdiskursen“ (siehe dazu Klaus 2001), auch mit den Diskursen um „Umwelt“, „TechT nik“ oder „Sexualität“ und anderen verbunden ist. Topische, symbolische oder „emotionale Felder“ (Illouz 2006: 97f.) wie Natur, r Schönheit, Körper oder Kommu-
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nikation sind daher für die romantische Prägung des Weltverständnisses (Lautmann 2002: 168, 355–368) in der modernen Werbe-Gebrauchsgrafik besonders wichtig. Das wird augenfällig in Bildern, die mit Hilfe der Darstellung von jugendlichen Gruppen, von heterosexuellen Paaren sowie weiblichen und männlichen Einzelpersonen Werbung machen. Es sind Inszenierungen – also Präsentationen von Körpern, Kleidungsstücken und Requisiten als Zeichenkomplexe in bedeutungskonstituierenden symbolischen Umgebungen und Handlungen (Borstnar 2002a, bes. 701– 707, zu „Inszenierungsstrategien“ in Werbespots). Auf den topischen Feldern agiert die Bildwerbung der Mädchenzeitschriften mittels traditioneller rhetorischer Kommunikationsstrukturen, aktueller diskursiver Inhalte und Praktiken, Neo-Mythologisierungen und vor allem ikonischer Symbolisierungen. Im dargestellten Habitus derr Figuren manifestieren sich Lebensstile, Wahrnehmungs- und Beurteilungsschemata, kulturell-symbolische Formen. Insofern ist auch Werbung aufschlussreich dafür, wie reale Individuen, anknüpfend an Naturvorgänge und Körpererfahrungen, Verhaltens- und Empfindungsweisen dafür entwickeln, „wozu sie ohnehin verdammt sind“. Der Körper – als „Natur gewordene Kultur, d.h. inkorporierte Kultur“ – reproduziert hier bildhaft „tendenziell die Struktur des sozialen Raumes“ (Bourdieu 1982: 290, 307, 310). So bedient die Bildproduktion der Werbung als „Identifikationsreservoir“ (Baacke 1997: 94) auch schicht- und generationstypische Wünsche nach gruppenbezogener Identität. Und zwar mit allgemein verständlichen bildrhetorischen Schemata: „In derr Art der Strukturiertheit der Fotografien, in der Weise ihrer Präsentation – plakativ, erotisch oder fragmentiert, spielerisch wie ein Kaleidoskop, statisch oder dynamisch, scharf oder verwischt – wird Wesentliches formuliert. Die Veränderungen der Körperhaltungen, die neuen Präsentationen der Körper und Geschlechterrollen, die Spiele mit dem Körper oder dessen Festgelegtheit, die Präsentationen bestimmter beruflicher Rollen visualisieren die Gesellschaft“ (Pilarczyk/Mietzner 2003: 37). Im nachfolgenden sollen aus den ausgewählten Jugend- und Mädchenmagazinen beispielhaft drei als Hauptmotive sinnfällige – d. h. in den Werbeanzeigen besonders häufig vorkommende und in vielfältiger Weise mit anderen Präsentationsformaten wie Fotogeschichten und Beratung in Verbindung stehende - Anzeigen untersucht werden. Fast ausnahmslos werden die in den Jugend- und Mädchenmagazinen beworbenen Produkte aus folgenden Themenfeldern rekrutiert: • • • •
Körperhygieneartikel Kosmetikartikel Modeartikel Schmuckartikel
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• Mobiltelefone sowie Klingeltöne und Netzanbieter • Fernsehserien • Süßwaren Schon diese grobe Übersicht zeigt, dass die beworbenen Produkte sich eng an der inhaltlichen Gesamtausrichtung der Hefte orientieren und auch den redaktionellen Profilen der Zeitschriften selbst (siehe Anhang) entsprechen. Werbeprodukte, die nicht in dieses konzeptionelle Zielgruppenraster der Zeitschriften „passen“, werden auch nicht geschaltet. So soll im Folgenden an den ausgewählten Beispielen nicht nur aufgezeigtt werden, wie die beworbenen Produkte durch die semiotische und semantische Gestaltung enger Text-Bild-Zusammenhänge präsentiert werden, sondern auch, wie sie Anteil am inneren r Wirkungszusammenhang der Hefte haben und was sie damitt über die Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbilder und deren lebensweltliche Kontexte und Zuschreibungen zu erkennen geben. 3.4.1
Hauptmotiv I: Körper
In den untersuchten Heften tauchen mindestens ein Mal pro Heft, manchmal sogarr mehrfach, Werbeanzeigen für Monatshygiene auf. Die in BRAVO A GIRL! (09/2003, S. 53; © Abb. 67) geschaltete Anzeige für „o.b.-Tampons“ T ist eine Annonce, die zu einer ganzen Serie von „o.b.“-Werbepräsentationen W gehört, die über einen längeren Zeitraum parallel in nahezu allen Jugend- und Mädchenzeitschriften zu finden war. Eine Analyse soll hier – anbindend an Hartmut Stöckl – zunächst in kultursemiotisch phraseologischer Lesart erfolgen (Stöckl 2004: 193f.), das heißt, dass zunächstt Zeichen, also semiotische Faktoren isoliert und benannt werden und diese dann durch die Herstellung kognitiver Zusammenhänge plausible konzeptuelle Rückschlüsse auf die Textproduktion und das Textverständnis zulassen sollen. In einem letzten Schritt soll dann versucht werden, das so semiotisch-textuell und kognitiv analysierte in einen übergeordneten Kulturzusammenhang zu stellen. Dieser soll sich im vorgegeben Fall an der Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbild und deren lebensweltliche Kontexte orientieren. Anschließend sollen Rückschlüsse auf die Funktion der Anzeige im Gesamtkontext der Hefte gezogen werden. Die Anzeige in BRAVO A GIRL! besteht aus einem Bild-Text-Gefüge, T das sich aus einem überwiegenden Bildanteil und verschiedenen schriftsprachlichen Textelementen zusammensetzt. In der fotografischen Mitte werden zwei Mädchen in Szene gesetzt, die – einander an den Händen haltend – Rollerskates fahren. Die eine der beiden – die vom Bildbetrachtenden aus gesehen linke Figur – ist durch eine
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seitlich-schräge Kameraposition stärker in den Vordergrund gebracht und wirkt damit körperlich größer, dagegen agiert das zweite Mädchen – eher kleiner in Szene gesetzt – etwas weiter hinten im Bild. Während das linke Mädchen aufrecht, entspannt lächelnd und sehr sicher wirkend fährt, scheint das (rechte) Mädchen unsicher: Sie wird von der (linken) Figur unterstützend an der Hand gehalten, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, hat eine nach vorne gebeugte Körperhaltung und kommt offensichtlich f auch nicht so gut und leicht voran wie die schon im Rollenskaten erfahrener scheinende linke Figur. Beide Mädchen sind sommerlich leichtt gekleidet, die rechte Figur trägt im Gegensatz zur rechten allerdings zusätzlich Sicherheitsausrüstung: Knie- und Handschoner. Aber die Kleidung der beiden ist auch noch durch andere Merkmale markiert: Während das unsichere, rechte Mädchen ein orangefarbenes T-Shirt, hellblaue Shorts und rote Strümpfe trägt, dominieren bei dem aufrecht stehenden Mädchen ganz klar die Farben blau und rosa. Blau ist das T-Shirt des Mädchens, rosa ist die Farbe ihrer „hand-“ und „legwarmers“, also modisch überziehbare Kleidungsstücke für Unterarme und Schienbeine. Das T-Shirt dieses Mädchens ist auf der einen Seite schulterfrei und stark schräg geschnitten. Während das unsicher wirkende Mädchen vor dem Hintergrund eines weißen, fast ein wenig in südlichem Baustil gehaltenen Hauses gezeigt wird, ragt derr Kopf und ein Teil des Oberkörpers des linken Mädchens in den strahlend blauen Himmel, auf der Stirn reflektiert sogar ein wenig die Sonne. All die beschriebenen Zeichen rekurrieren auf andere in der Werbeanzeige angebrachte Textelemente. Am linken oberen Bildrand ist die Abbildung einer Schachtel Tampons der Marke „o.b.“ platziert. Die Abbildung ist zweiflächig direkt von vorne aufgenommen, nicht in mehrflächiger Perspektive. Die dominierenden Farben der Packung sind blau, rosa und weiß. Zweifelsohne korrespondiert hier die Farbe der Kleidung des linken, „sicheren“ Mädchens mit den typischen Farben der Tamponpackung. Gleich neben diesem Abbild ist ein kleineres Bild angebracht, auf dem ein weißer, bereits leichtt schirmartig geöffneter f Tampon zu sehen ist. In beiden Abbildungen sind die Wörterr „comfort“ sowie „SilkTouch“ T zu lesen, also „Komfort, Bequemlichkeit“ und in etwa „Seide-Berührung“. Beide Wörter sind positiv besetzt, assoziieren Sanftheit, ein angenehmes, weiches Gefühl. Korrespondierend zur schirmartigen Form des abgebildeten Tampons sind auf der rechten Bildseite des großen Bildes ähnlich ovale Formen (von Fenstern) zu erkennen, die den Tamponumriss noch einmal aufgreifen und im Bild etablieren. Neben den beiden kleinen Abbildungen ist ein Informationstext angebracht, der Hinweise auf das beworbene Produkt gibt: „Es ist ganz normal, dass man etwas Neues erst ein paar Mal üben muss, bevor es richtig klappt. Probier’s einfach aus! Mit dem neuen o.b. comfort ist es jetzt einfacher, als du vielleichtt
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denkst, mit Tampons klarzukommen. Seine seidig-glatte SilkTouch T Oberfläche macht das Einführen und Entfernen so leicht und sanft wie nie zuvor. […]“. Die ersten beiden Sätze können sowohl als Beschreibung auf die Unsicherheiten bei der ersten Verwendung von Tampons gelesen werden, als aber auch auf die noch unsicheren Versuche beim Rollerskaten. Die Doppelsemantik und Analogität ist bewusst gewählt. Darauf verweist auch die am oberen Rand des großen fotografischen Bildes als eine Art Bildüberschrift stehende Textzeile „Die ersten Versuche haben’s oft in sich – aber mit ein bisschen Übung hast du den Dreh bald raus!“. Auch sie stellt eine Art Verbindung, eine Art semantische „Brücke“ zwischen dem Bild mit den sportiven Mädchen unten und dem Informationsblock oben her. Der „Dreh“, der benannt wird, kann sowohl die Technik des Einführens des Tampons in den weiblichen Körper beschreiben, als auch das richtige „Drehen“ der Rollen der Sportgeräte. So suggeriert das Gesamtbild also das Gefühl von Sicherheit, Überlegenheit und Kompetenz des linken Mädchens, die wiederum – in den assoziativen Farben der „o.b.“-Packung – unbewusst mit dieser in Verbindung gebracht wird. Wesentliches Ziel von Werbung ist es, „sich im Gedächtnis zu halten“ (Willems W 2002: 24). Da der Faktor Zeit heute als eine der wertvollsten Ressourcen unserer modernen Gesellschaft angesehen werden kann, gilt so auch für die Werbung, hier in kurzer Zeit für das Gedächtnis der Leserinnen und Leser möglichst eindringliche Eindrücke zu schaffen. f Dies geschieht – wie zum Beispiel in der beschriebenen Werbeanzeige – vornehmlich durch eine starke Verdichtung der Informationen, die wiederum durch eine enge Text-Bild-Verknüpfung V erfolgt. Im Idealfall soll es gelingen, durch möglichst wenig Zeitaufwand, schon durch ein kurzzeitiges „Erblicken“, die wesentlichen Werbebotschaften erfassen zu können. Der Einsatz manipulativer Gestaltungsund Kommunikationsmittel wie zum Beispiel der Polysemantik (hier zum Beispiel: „den Dreh bald raus haben“; „Bisschen Übung“; „erste Versuche“ beziehen sich sowohl auf Tampons als auch auf die Sportart Skaten) oder anderer Elemente „psychotechnischer Gestaltung“ (Westerbarkey W 2002: 621) – wie beispielsweise einer möglichst dicht ineinander greifenden Gestaltung von fotografischen und schriftlichen Texten wie hier von Farb- und Formanalogien – schaffen f günstige Voraussetzungen. Versucht man nun eine Interpretation der Werbeanzeige im Kontext der beworbenen Zielgruppe einerseits sowie des Werbeträgers Mädchenzeitschrift andererseits, so fällt auf, dass hier mit implizierten Annahmen der Unsicherheit, des mangelnden Mutes oder Vertrauens junger Mädchen Zuschreibungen erfolgen, die auch zu anderen Präsentationsformaten in den Heften korrespondieren – allen voran den Beratungsrubriken. „Es ist ganz normal, dass man etwas Neues erst ein paar Mal üben muss …“. Der Werbetext zitiert fast wörtlich die in den Beratungstexten empfohle-
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nen Antworten auf Fragen der Leserinnen zum „richtigen“ Umgang mit Monatshygieneartikeln und berührt dabei aber über die Anwendung des Produkts und der richtigen „Technik“ T hinaus auch noch viel weitere Felder. Immer bewegen sich die Magazine dabei in der Ambivalenz, die (wie auch immer vorhandenen) Unsicherheiten der Heranwachsenden, den ihnen von den Heften zugeordnete Sorge vor Peinlichkeiten („Always. Eine Sache weniger, um die du dir Sorgen machen musst.“ – vgl. MÄD, 19/2004, S. 22, © Abb. 68) zu Angriffsstellen f ihrer eigenen Werbetaktiken zu machen und durch Benennung und permanente Wiederholungen diese Unsicherheiten bei den Mädchen möglicherweise erst recht oder umso mehr zu implementieren. Ein also durchaus fragwürdiges Verhalten unter dem Deckmantel der Hilfestellung. Wirft man einen Blick auf weitere Anzeigen der Serie „o. b.“, so fällt auf, dass dieser Wirkungsmechanismus der Unsicherheit nicht nur auf die Mädchen selbst bezogen wird, sondern der Kreis noch zusätzlich größer gezogen wird, damit die Wirkungsmächtigkeit dieser Thematik noch stärker Implementierung bei den weiblichen Heranwachsenden findet, indem das Thema Menstruation nämlich von den Werbemachenden auch sehr stark unter partnerschaftlichen Aspekten vorgeführt wird. Die Texte „Sie spürt nichts. Er merkt nichts.“ bzw. „Du spürst nichts, Er merkt nichts.“ (vgl. BRG 20/2003, S. 69; © Abb. 69; vgl. BRG 5/2004, S. 57; ©
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Abb. 70) weisen darauf hin, das Thema Monatshygiene möglichst unsichtbar und versteckt „hinter sich zu bringen“, den Partner möglichst nicht damit zu „belasten“. Ganz im Gegenteil sei es das erklärte Ziel, so evozieren die Anzeigen, dass „er“ nichts davon „mitbekommen“ solle. Zinn-Thomas beschreibt in ihrer Untersuchung zu „Menstruation und Monatshygiene“ (Zinn-Thomas 1997), dass „der Stellenwertt der Menstruation im Leben der Frau sowie innerhalb der Gesellschaft f insbesondere von der Frauenforschung in Frage gestellt und mit einem generellen Bedeutungsverlust des menschlichen Körpers im Lauf unserer Geschichte in Verbindung gebrachtt [wurde]“ (ebd.: 3). Und weiter: „Dabei wurde von feministisch orientierten Wissenschaftlerinnen die Ansicht vertreten, dass primär der weibliche Körper zum Schweigen gebracht, instrumentalisiert und zu einem beherrschten Stück Natur gemachtt worden sei“ (ebd.). Dass das Thema Menstruation in jedem Fall eines ist, das zu „Peinlichkeiten“ und „Sorgen“ führen kann, wird sowohl in den Werbeanzeigen als auch in den diversen
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Beratungsformaten (zum Beispiel auch in den peinometern, angeblich von Leserinnen erlebte kurze Anekdoten) permanent bedient (vgl. hierzu SUG, 04/2005; S. 39; © Abb. 71). Hier wird zum Beispiel – unmittelbar in den Beratungstext integriert – die Marke „o.b.“ abgebildet und im nebenstehenden Text unmittelbar beworben. Doch nicht nur in den Ratgeberformaten erfolgen wechselseitige Bezugnahmen zu den Werbestrecken, auch in den Fotogeschichten findet das Produkt Thematisierung und Visualisierung, so zum Beispiel anhand einer scheinbar zufällig im Badezimmer des Mädchens stehenden Tamponpackung dieser Marke oder – an anderer Stelle – der Frage einer Protagonisten an deren Freundin, ob diese ihr nichtt „mal schnell mit einem ‚o.b.‘ aushelfen könne“ (vgl. MÄD, 14/2004, S. 55; BR, 37/2005, S. 60). Derlei genreübergreifende Vernetzungen sind in den Zeitschriften mehr als genug zu finden und bestätigen deren fusionierende, interne Wechselbeziehungen. 3.4.2
Hauptmotiv II: Kommunikation
Neben Kosmetik-, Hygiene- sowie Modeartikeln stellen vor allem die Produkte derr mobilen Kommunikation ein Hauptreservoir der Werbeanzeigen in den kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften dar. Siemens mobile Extrem r Die Mobiltelefonanzeige der Firma Siemens (vgl. BRG, 25/2003, S. 17; © Abb. 72) zeichnet sich durch eine fast reduktionistisch wirkende Bild-Text-Symbiose T aus. Im Mittelpunkt der ganzseitigen Anzeige steht das Wort „Extrem“, das als breiter typographischer Balken quer über die Seite geht. In das literale Wort graphisch integriertt ist – exakt an der Stelle des „X“ – ein Abbild des beworbenen Siemens-Handys. Dabei ist das Design der Handy-Vorderseite V – ein großes, metallicfarbenes „X“ – genau an der Stelle, an der der Buchstabe „X“ im Wortverlauf „Extrem“ steht, also als zweiter Buchstabe. Auf dem Display der abgebildeten Handy-Vorderseite V ist in signalfarbenem Rot ein Feuerlöscher zu sehen, darunter der Text einer Bild-Kurznachricht: „Um 8 Uhr beim Mexikaner?“. In einem zweiten, rechteckig im Format gehaltenen, etwas kleineren Block rechts unten auf der Seite ist ein Abbild der Rückseite des Mobiltelefons zu erkennen, auff dem ebenfalls ein stilisiertes „X“ als Design angebracht ist. Der nebenstehende Text weist auf das „brandneue X-Design“ des Handys hin sowie auf weitere eingebaute Funktionen, wie zum Beispiel auf das „hochwertige Farbdisplay“ sowie die „schnell
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auslösende Kamera“, damit gelingt der Schnappschuss immer Über dem abgebildeten Mobiltelefon verläuft ein kleiner, rechteckiger Balken, an dessen linkem Ende ein rotes Quadrat zu erkennen ist. Die Farbgestaltung der Anzeige ist eher schlicht, fast ein wenig understatementartig: Blaugrün, metallicgraublau sowie drei rote Elemente und weiße Schrift. Derr über der unteren Abbildung laufende kleine Balken assoziiert ein Streichholz, aberr auch an das Lichtsignal beim Auslösen einer Kamera. Das Motiv des Feuers, des Brennens wird in der bildlichen Darstellung des Feuerlöschers (und auch des „Streichholzes“) visualisiert und im schriftsprachlichen Text durch zwei Elemente aufgegriffen: f einmal durch die Kurzmitteilung „Um 8 Uhr beim Mexikaner?“, zum anderen durch den Begriff f des „brandneuen“ X-Designs im Werbetext. All diese Elemente konnotieren ein bevorstehendes Ereignis, bei dem es „heiß her gehen wird“, das vielleicht sogar „extrem“ werden wird? Die zugrunde liegende Polysemantik liegt hier sowohl in der voraussichtlichen „Schärfe“ des mexikanischen Essens, des Bildes von „Feuer“ und „Feuerlöscher“, aber auch dem zu erwartenden Ereignis, das sich aus dem offensichtlichen f Date ergibt. Auch diese Werbeanzeige versteht es, wesentliche Kernbotschaften auf einen Blick erfassbar zu machen und durch die geradezu symbiotische Verschmelzung von Schrifttext („Extrem“) und Werbeobjekt in kürzester Erblickzeit das Relevante fürr die Rezipierenden erfassbar zu machen. Dabei wirkt auch die Anordnung der beiden Textblöcke unterstützend: Beide haben in etwa das Format eines Handys, manifestieren also noch einmal über die markante, typische Form die Botschaft. Liest man die Anzeige im Kontext des Publikationsträgers und der Zielgruppe, sind die suggerierten Versprechungen eines „heißen“ Dates, das mit dem Besitz der beworbenen Handys zu gelingen verspricht, evident. Sie korrespondieren mit der Gesamtausrichtung der „Botschaften“: die glückliche, heterosexuelle Paarkonstellation als oberstes, zu erreichendes Ziel und dessen Umsetzung mit Hilfe des Versprechens, dass Werbeartikel hierbei Wahrscheinlichkeiten, zumindest aberr deren Erfüllungsillusionen, erheblich maximieren. All das steht, wie auch die vielen anderen Mobiltelefon-Werbeanzeigen W in den Jugend- und Mädchenzeitschriften, immer für Topoi wie Sehnsucht nach Liebeserfüllung und gelingender Partnerschaft, aber auch für (technischen) Fortschritt, dem Gefühl, mit dem jeweils neuesten Modell „up to date“ zu sein und der Vorstellung, dass mit Hilfe der modernen technischen Möglichkeiten spontane, unkomplizierte, jederzeit ausführbare Kommunikation Teil eines bestimmten „lifestyles“ und Beziehungserfüllungsanspruches ist.
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3.4.3. Hauptmotiv III: Kosmetik 3.4.3.1. Die sensorische Evozierung: Techno-Romantik. Eine Paar-Semiotik. Als drittes Hauptmotiv der Werbeofferten f soll im Folgenden eine Kosmetikanzeige zunächst auf deren gesamttextuelle Gestaltungs- und Aussagefaktoren hin, aberr auch im Hinblick auf ihre diskursiven Einschreibungen – zu den anderen Genres der Zeitschriften, vor allem im Hinblick auf die Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbild – untersucht werden. Der Bewerbung von Kosmetikartikeln ist in den kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften neben der Bewerbung von Mode der größte Raum zugestanden. Die vorgestellte Anzeige steht insofern exemplarisch für viele andere. Sie wurde deshalb gewählt, weil sie in einer ganzen Serie von Heften, die untersucht wurden, ins Auge fiel durch ihre bildgraphische Machart: Sprachtextminimalismus zugunsten einer wirksamen bildgraphischen Gestaltung sowie ihrer auf den ersten Blick sinnfälligen Konnotation von erfüllter heterosexueller Paarbeziehung als in den Zeitschriften alle Präsentationsformate leitendes Hauptmotiv. Im Jahre 2005 erschien in mehreren deutschen Mädchenmagazinen eine ganzseitige Werbeanzeige des Kosmetikherstellers NewYorker Y (BRG, 6/05, 2. U.-S.; MÄD, 7/05, 4. U.-S.; © Abb. 73). Um sie bildanalytisch näher beschreiben und untersuchen zu können, sei sie im Folgenden in drei „Bildteile“, in drei semantische Schichten, zerlegt: Der erste, der Hintergrund, r bietet in dieser Fotografik bzw. diesem Computerbild vor allem ein dynamisches Spiel mit den Farben Rot, Gelb, Orange und Violett. Der zweite, der Vordergrund, r enthält eine fotografisch exakte Abbildung zweier Produktpackungen aus Opalglas und Plastik, die Versionen „Woman“ W und „Man“ mit rotem beziehungsweise schwarzem Sprühknopf. Der dritte „Teil“ T 68 des Ganzen, der Sprachtext , besteht aus der Internet-Adresse, der Werbezeile „Forr Maximum Volume“ und der Produkt- beziehungsweise Produktkettenbezeichnung „NewYorker Y fragrances“, die unter der Oberkante des Bildes angeordnet sind. Darüber hinaus enthält die Werbeseite keine weiteren verbalen Informationen. Es geht aus ihr auch nicht hervor, ob es sich um Einzelprodukte, wie Eau de Toilette, oder um eine ganze Kosmetikserie handelt. Die Leserin wird links oben gleich auff die Internetadresse der Firma verwiesen. Nichts scheint im „Bildteil I“ festgelegt oder klar determiniert, nichts umrissscharf oder prägnant. Er will allem Anschein nach nicht Sichtbares wiedergeben, 68
Man unterscheidet in der neueren Bild-Text-Forschun T g zwischen „Sprachtexten“ und „Bildtexten“, da auch Bilder im semiotischen Sinne als Texte gelten können (vgl. hierzu u. a. Fix// Weichmann 2000).
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Abb. 73
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auch nicht vorher Unsichtbares sichtbar machen. Versucht man in interpretativerr Weise an diesen Bildteil heranzugehen, könnten Rauchschwaden und/oder schemenhafte Gestalten ausgemacht werden, oder, am oberen Bildrand eine Amplitudendarstellung aus der Elektrophysik. Das Hintergrund-Bild ist ikonisch weiträumig, ja beinahe offen; f ist diffus, f pittoresk-anarchisch, daher deutungsbedürftig, ist im Sinne der Bild-T Text-Semiotikk „metakommunikativ“ (Stöckl 2004: 266), verlangt „kognitive Flexibilität“ (ebd.: 280). Denn es offeriert f den Leserinnen Projektionsflächen oder Spielräume für eigene Erinnerungen an Erlebnisse und Wunschbilder, für Empfindungen und Phantasien, für Affekte f – Liebe, Hass, Neid, Eifersucht –, auch für verschlüsselte und womöglich uneingestandene, abgewehrte Ängste, zum Beispiel vor Fremdbestimmtheit und Ungerichtetheit, Kontroll- und Kontaktverlust, vor Einsamkeit, sozialerr Desintegration. Das Bild enthält also vielfältige Möglichkeiten zur Identifikation, zur Ich-Positionierung im Verhältnis zu ihm. Es baut darauf, dass das Wahrnehmen von visuellen Reizen grundsätzlich mit einer inneren Verbalisierung verbunden ist: Die gesehenen Dinge werden mit Bedeutung belegt und mit Worten/Begriffen f – durchaus unbewusst – ‚angesprochen‘. Die Werbeanzeige versucht zudem, innere Bilder mit äußeren zu verbinden; versucht, durch deren reziproke Übersetzung eine „semantische Dualität“ (Nöth 2000: 472) zu erreichen. 3.4.3.2 Die Farbspiele Wichtig sind deshalb im „Bildteil I“ die Farben: vor allem Rot, Orange, Gelb, Violett. Rot steht farbpsychologisch unter anderem für Vitalität und Dynamik, Selbstbewusstsein und Ehrgeiz, auch für Sexualität; Orange für Energie, Kreativitätt und Lebensfreude; Gelb für Offenheit f und Aktivität, Intelligenz und Selbstbewusstsein; Violett für Sensibilität, Phantasie und geheimnisvolle Verschlossenheit. Rot kann aber auch stehen für Ungeduld und Reizbarkeit, trübes Gelb auch z. B. fürr Angst.69
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Vgl. Liebmann/Welsch W 2003, bes. S. 53–109. Zur Farbe als „Statussymbol und Stimmungsmacher“ siehe Haarmann 2005: 112–157. – Nach dem Text Farben für die Seele steht Gelb für „Lebenslust und Optimismus“ und verleihe Energie, Rot für „Liebe, Sinnlichkeit und Leidenschaft“, mache Lust auf „Action“ (BRG, 5/05, S. 34f.; mit Werbung für Lidschatten und Badezusätze). In einer Siemens-Werbung für Funktelefonschalen, Klingeltöne usw., die „selbst den ausgefallensten Persönlichkeiten“ angepasst werden könnten, war zuvor z. B. zu „Techno T Ocean“ (Azurblau) zu lesen: „Dieser verträumte Typ yp ist sehr empfänglich p g fürr
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Der „Bildteil I“ spielt also mit durchaus sehr zwiespältigen Befindlichkeiten und Gefühlen. Auf ihn träfe so gesehen also zu, was die Kultursemiotik zuspitzend sagt: „Die Hauptfunktion der Werbung wie auch der Sprache liegt nicht darin, zu informieren, sondern zu evozieren“ (Wilk W 2002: 118). Das „Bild I“ ist sensorisch, scheinbar ohne Bezug zur dinglich-realen Lebenswelt, vom Gegenständlichen gereinigt, unabhängig von kulturellen Codes; wie geschaffen f auch für griffige f Wortbeigaben. Es lädt zum Träumen ein; es scheint einzig aus Erwartungen und Projektionen des Publikums komponiert zu sein. Wegen seiner Vagheit ist es der Leserin möglich, diesen Bildteil mit eigenen Erfahrungen zu verbinden. Er enthält Vertiefungspotenzial und Spielraum für bestimmte Transzendenzphantasien und Identitätsfiktionen. 3.4.3.3 Die Unschärfe Es entsteht hier kein klarer Bildraum, an dem die Betrachterinnen sich orientieren müssen, sondern ein vage konturiertes, gleichsam vibrierendes Flächen-Universum. Diese Ausschnitthaftigkeit und Un-Räumlichkeit, dieser Verzicht auf das Zeigen konkreter Lebenswelten macht das Bild unverbindlich, zu einer Variablen des Phantastischen, zu einer bloßen Illustration von vielen möglichen Begriffsinhalten. f Dazu kommen die Mittel der bildgraphischen Bearbeitung, vor allem die der Unschärfe, der Weichzeichnung und der Lichtgestaltung. Die Technik der Unschärfe bewegt sich stets zwischen den zwei Polen der Lebensnähe und der Weltflucht: Sie will Sinnesreaktionen, Erinnerungen und Träume möglichst unverfälscht in Bildsprache ausdrücken, der lebendigen Gegenwart mit ihren Widersprüchen und Katastrophen, mit ihren Wahrnehmungsbarrieren möglichst nahe kommen – oder ihr antimodernistisch-affektiv f entfliehen beziehungsweise sie bildmanipulativ-apologetisch verklären. Unscharfe Bilder haben aufgrund ihrer vielfachen Besetzbarkeit und leichten Konsumierbarkeit, ihrer Suggestion von Bewegung und emotionaler Bewegtheit einen hohen Idealisierungswert. 3.4.3.4. Literale und phraseologische Aspekte Der – vage, um nicht zu sagen: chaotische – Bildteil ist konzeptuell orientiert; das heißt: Er aktiviert sensomotorische, sprachliche, kultursymbolische „WissensW Halluzinationen und endlose Fernsehabende. Aus seinem Munde kommt eher gähnendeLehre [sic!] als ein Wort.“ Zu „Light Steel“ (Silbergrau) hieß es: „Bis zur Lächerlichkeit avantgardistisch und trendy. Ständig auf der Suche nach der ‚großen Liebe‘ und deshalb immerr ‚single‘“ g (ebd., 23/01, S. 74f. – vgl. g Abb. 35).
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rahmen“ (Stöckl 2004: 285). 5 Auf diese sind assoziative Bezüge möglich, und zwarr durch die visuellen Angebote auf der ikonischen Ebene, die über die literale – wörtliche – und die phraseologische – übertragene – Lesart (ebd.: 314f., 378f.) erschlossen werden können. Mehrere assoziative Schritte, Assoziationsketten sind möglich, weil diese zwei Bedeutungsebenen hier simultan verfügbar sind und sich wechselseitig aktivieren. Und zwar zunächst die unmittelbar bildbezogene, literale „Lesart“ der Bilder, die sich über eine innere Verbalisierung verbinden kann, darunter aus Naturwissenschaft, Physik, Medizin/Psychologie, Geographie. Mögliche Verbalisierungen sind hier: Explosion Feuer Fluss, Fließen Kosmos Körperflüssigkeiten
Lava Rauchschwaden Strom, Strömen Sprühen, Versprühen Traum, Traumlandschaft, Träumen
Der Bildteil ist aber auch metaphorisch orientiert, weil er Analogien ermöglicht; es wären also auch die phraseologische, übertragene „Lesart“, mit ihr folgende Verbalisierungen möglich: Ausbruch, Ausbruch aus dem Faktischen, aus dem Alltag Aufbruch in das Ungewisse / in das Neue Begehren Befreiung Bewegung, Bewegtheit Ekstase Emotionalität Entgrenzung Expedition
Leidenschaft Rausch Schrei nach Liebe Sehnsucht Sexualität Unendlichkeit, Weite Versprühen von Gefühlen Wildheit, wilde Romantik Zerfließen vor Leidenschaft
3.4.3.5 Die symbolische Analogisierung In der Anzeige herrscht ein Bild-Bild-Bezug vor. Im „Bildteil II“ wird nun das Produkt, ein in leichter Untersicht aufgenommenes Kosmetik-Duo, zunächst visuell isoliert und dekontextualisiert, ja ästhetisiert. Unschwer ist – im Kontext des Gesamt-Bildes – zu erkennen, dass das Produktbild mit der Wiedergabe des glatten, eleganten, makellosen, harmonischen, schönen,
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zugleich geradezu metallisch kühlen, nüchterne Technik wiedergebenden Verpackungsdesigns eine Vermittlung anstrebt, nämlich zwischen der Schemenwelt in „Bild I“ und der Ding-, der Produktwelt in „Bild II“. Diese Vermittlung könnte unschwer eine Zusammengehörigkeit von Natur – Mensch – Begehren – Emotion – Romantik – Entgrenzung – Produkt – Erfüllung suggerieren. Und demzufolge das Produkt überhöhen. r Es ließe sich hier weiter interpretieren, dass es als eine Art Station auf diesem Weg erscheinen soll, als Beitrag zurr Spannungslösung, ja möglicherweise sogar als Brücke zwischen den Geschlechtern. Die Rezipientin könnte ihr – wie auch immer ausgerichtetes – Begehren auf das Produkt umlenken oder gar übertragen. Beide Bilder, Bildteile setzen damit sowohl die phraseologische Lesart von „volume“ – etwa: Lebensinhalt, -fülle, – als auch die literalisierende r , wörtliche von „(Selbst-)Ausdehnung“, „Lautstärke“ um. Dadurch erst scheint das Produkt als affektiv f aufgeladen, vom Alltag abgehoben, als Sensation. Wäre innerhalb derr visuellen Präsentation etwa ein eindeutiger Hinweis auf Parfüm, Eau de Toilette oder Deo enthalten, stellte das Produkt-Paar mit seiner impliziten Referenz auff ‚Menschen-Paar‘ und ‚stabile Zweierbeziehung‘ nur eine „Kippfigur“ zwischen spielerischer Literalisierung und normativer Phraseologisierung dar (Stöckl 2004: 337). Es würde dann zwischen wörtlicher Produktdeutung und übertragener Produktbedeutung beziehungsweise Bedeutungszuweisung, „zwischen Literalisierung und semantischer Übertragung“ (ebd.: 360) kippen. Noch ein anderer Aspekt: Versucht die „Ebene I“ das Chaos oder das ungerichtete Begehren zu verbildlichen, so versucht „Bildebene II“ nun die romantische Ordnung herzustellen, denn das Produkt erscheint als Ruhe-Punkt. Das Produkt-Paar – das symbolische Paar als gleichsam fassbare, reduzierte, unkomplexe Welt – macht eben diese Welt wieder überschaubar und bringt sie in eine ruhige, harmoische Einheit. Oder, in phraseologischer Lesart rhetorisch gefragt: ‚Sagt‘ das – ‚Schulter an Schulter‘ stehende, „aufeinander treffende“– f Paar mit geradezu skulpturalen, ja ornamentalen Qualitäten nicht: ‚In der Paarkonstellation liegt das wahre Glück.“ – ‚Wir W stehen zusammen‘ – ‚Gemeinsam sind wir stark‘ – ‚Uns kann nichts passieren‘ – ‚Wir W stehen füreinander ein‘ – ‚Wenn W man den richtigen gefunden hat, kommt es zur ekstatischen Erfüllung.‘? Es gibt hier – im Gesamtbild der Anzeige, der beiden Bildteile – ein ganzes Geflecht von semantischen Relationen. Es gibt ein Spannungsverhältnis zwischen derr verschwommenen, fast konturlosen, Bewegung suggerierenden Präsentation des Hintergrunds und der extrem verdichteten, detaillierten, statischen des Vordergrunds. Also zwischen, phraseologisch gesprochen, Chaos und Ordnung. Es
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herrscht ein bipolarer Bezug zwischen den Bildteilen, es gibt zwar keine temporäre Handlung mit konkreten Situationen und Akteuren, aber doch eine PersonenKonstellation mit einem „kommunikativen Phraseologismus“, nämlich Paar; es gibt eine Vernetzung mit Visualisierungen mentaler Bilder, so genannten „referentiellen Phraseologismen“ (ebd.: 322) – wie Begehren oder Leidenschaft. Gerade das genannte Spannungsverhältnis ermöglicht eine „breite Konnotationsaktivierung“ (ebd.: 298), baut „semantische Brücken zwischen Phraseologismus und Bild“ (ebd.: 310). Werbung präsentiert ja Produkte nicht nur als lustvoll, leicht handhabbar, preisgünstig und kurzfristig effektiv f , sondern auch als wichtig für das soziale Prestige, fürr „maximalen Lust- und Integrationsgewinn“; Werbung präsentiert Produkte als „Imagefermente“ (Wilk W 2002: 83). Der von der Werbung in Gang gesetzte Zeichenprozess strebt deshalb danach, „ein Leibzeichen mit einem Zeichenkörper zu verbinden“ (ebd.), das heißt: ein Produkt mit anderen Referentensystemen zu verknüpfen, um letztlich ein möglichst „konsumförmiges Verhalten“ (ebd.: 33) zu erreichen. „Bild I“ deutet in eher diffuser f Weise Naturhaft-Menschliches an, innere menschliche Vorgänge, die Fiktion eines leidenschaftlichen Ausbruchs aus der alltäglichen Welt in die der Freiheit, Abenteuerlust und Grenzenlosigkeit in Raum und Zeit – Grundmotive der romantischen Paarbeziehung. Diese romantischen Entgrenzungssehnsüchte sind aber hier – nämlich über „Bild II“ – mit der Welt menschlich produzierter Dinge – Produkten, Waren – verbunden. Die Verpackung zeigt Soziales im angedeuteten idealen Körperbild: das paradigmatisch-heterosexuelle Paar jenseits von Zeit und Raum und das soziale Ideal der verinnerlichten Schönheit. Soziales, Körper und Zeichen sind miteinander vermischt. Dem Produkt werden menschliche Eigenschaften zugespiegelt; und das menschliche Begehren wird umgelenkt auf die Kosmetikware. Denn das Reale – das dinghafte Kosmetikprodukt – wird mit dem Imaginären rückverbunden, indem das Produkt in einer Art Techno-Romantik zum Symbol erhoben wird. In der von der WerbeFotografik vorgeschlagenen Paar-Situation verschmelzen Gestalt und Gegenstand, demonstrieren den intendierten „Zusammenhang von Körperausdruck und Phantasieproduktion“ (Kotte 2005: 81). Im symbolischen Produktbild erfolgt somit eine Parallelisierung von Körper und Gegenstand. Es wird eine Ähnlichkeitsbeziehung hergestellt, die sich über das Körperliche – als Analogon – in das Ikonische verschiebt. Der Körper soll sich von dessen technischer Perfektion, Stromlinienförmigkeit, Linearität nähren. Das Produkt ist ein Wunschbild vom Körper und entspricht einer – idealisierenden – Blickkonvention. Sein Bild, dessen ikonisches Potenzial, enthält daher ein – auf Perfek-
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tion orientierendes – Körperideal und Vorstellungen, Wünsche, auch mehr oder weniger eingestandene Ängste von realen Paaren. Da die in „Bild II“ wiedergegebenen Gegenstände nicht fühlen können, wird dieses Manko umso inbrünstiger durch das diffuse, f ent-dinglichte „Bild I“ zu ersetzen/auszugleichen versucht. Das Signifikatt eines Gefühls wird mit dem eines Produkts verschränkt. Eine Ware erfährt eine „soziale Semiotisierung“ (Wilk W 2002: 298), die gesellschaftliche Muster, ästhetisches Empfinden und psychische Dispositionen umgreift. Die Werbesignifikation erfolgt also auf der Ebene des Symbolischen: Indem derr Index – das als Ware dargebotene Produkt – zum Symbol erhoben, die Kosmetikserie zum Signifikanten von unberechenbarer Leidenschaft, unbegrenztem Rausch, hemmungsloser „Freiheit“ gemacht wird, verklärt sich überdies die Leidenschaft um derr Leidenschaft willen zur Natur der Leidenschaft überhaupt. Der Kaufakt ermöglicht nun scheinbar, das Symbolische in einen als unmittelbarr gespürten Zusammenhang – in einen Index für Soziales, soziale Anerkennung – zurückzuverwandeln und soziale Defizite auszugleichen. Denn bildhafte Inszenierungen sollen sich mit Selbstgefühlen der Leserinnen vermischen; die Werbung will erreichen, „dass etwas (das Produkt) als so kostbar wie etwas anderes (echte Gefühle) empfunden wird“ (ebd.: 252). 3.4.3.6 Die Synthese von Text und Bild An Schrift-Textelementen T sind hier also lediglich die Internet-Adresse, der Herstellername und eine kurze „Botschaft“ zu finden: „for maximum volume“ sowie „woman“ und „man“. Bilder entfalten ihre visuelle Rhetorik, ihre Bedeutungsmacht oft erst innerhalb eines diskursivierenden „Rahmens“, einer institutionellen – zum Beispiel printmedialen – Einbindung, in Kombination mit Worten, einer abstrahierenden Unterschrift oder klar codierten Textumgebung. Das erinnert entfernt an die historische Emblematik.70 Dergestalt kann das Bild dann auch zu einem eigenen Code werden und Bedeutungen ausdrücken – oder verhüllen. Vom Moment seiner Herstellung an ist es bereits zahlreichen Semantiken der Kultur, des Mediensystems, der Wirtschaft und so weiter durchzogen – wie der Prozess des Sehens selbst. Die Pointe liegt ja oft erst in der Kombination aus Text und Bild, in der Weise, mit welchen Indices Bild und Text aufeinander bezogen sind: komplementär, (ironisch-)kontradiktionär oderr mehrdeutig (Nöth 2002: 482).
70
Zu „Emblem“ in der Werbungg siehe Wyss y 2002; zur historischen Emblematik u. a. Höpel 1987.
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„Eine Anzeige kann als raffiniert f gelten, wenn Text- und Bildbotschaft für sich genommen den Rezipienten über die Bezüge (logische, kontextuelle) im Ungewissen lassen und Neugier geweckt wird“ (Wilk W 2002: 136). Dieses Anzeigenbild ist inhaltlich komplex, technisch-medial raffiniert, f kreativ – es steht sozusagen auf eigenen semiotischen, komplex-ästhetisierenden Füßen.71 Und zwar vor allem deshalb, weil es der Leserin – nicht zuletzt durch die weitgehende Abwesenheit verbaler Selbstdeutungen im „Text“, T aber auch durch die Ko-Präsenz mehrerer Bildteile – mehrere „Lesarten“, mehrere Identifikationen, Integrationen und sprachkontextuelle Deutungen ermöglicht. Sie kann sich in unterschiedlicher Reihenfolge „Bildteil I“ und „Bildteil II“ sowie „Bildteil III“, den „Text“, T deren semiotisches Zusammenwirken kombinierend, synthetisierend erschließen. Und dies vor allem natürlich unbewusst. Es ist kein Zufall, dass der Hersteller in dieser fotografischen Präsentation seines Produktes in einem Printmedium offen f lässt, um welche Artikel genau es sich eigentlich handelt. Ist das jeweils Haarspray, Eau de Toilette für Damen; Haarspray, Eau de Toilette, After shave für Herren? Es geht um „maximum volume“ im Sinne von „die größte Lebensfülle“, „das maximal Erreichbare“, „bis zum Letzten“. Der „Text“ T fungiert hier nicht nur als „Imaginationsgenerator“ (Stöckl 2004: 219), sondern öffnet f und verbindet innerhalb des „Deutungsrahmens“ der Werbung (ebd.: 281) mehrere Wissensbereiche, „Wissensrahmen“ W (ebd.: 285) und ihnen entsprechende „Lesarten“: Kosmetik, Körperkultur, Biophysik, Psychologie. Er aktiviert in diesem Sinne „Weltwissen W in Form semantischer Rahmen und Szenarios, aus denen unter Rückgriff f auf Genrekonventionen plausible Aussagen konstruiert werden können“ (ebd.: 281). Und diese symbolisierenden Bildaspekte treiben ihrerseits hier den „Text“ T überr den Index „volume“ hinaus; sie schaffen f einen semantischen Überschuss – „kommunikativen Mehrwert“ (ebd.: 379; vgl. auch Borstnar 2002b: 368 über „semantischen Mehrwert“), – durch „kreative Neukonstruktion von Sinn zwischen phraseologischer und literaler Lesart, zwischen Sprachlichkeit und Bildlichkeit in der Semiose des Gesamttextes“ (Stöckl 2004: 301). Die Korrespondenz zwischen sprachlich-phraseologischen und visuellen Deutungspotentialen – so genannten „image affordances“ f (ebd.: 357–360) – ist hier sehrr eng. Darum kann diese Anzeige es sich ersparen, das Produkt, seinen Hersteller, seine Wirkungen prononciert zu beschreiben und positiv zu bewerten, sich womöglich
71
Vgl. g zur Typ ypologie g von Bildern der Werbung g Stöckl 2004: 124–126.
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mit Konkurrenzprodukten mehr oder weniger direkt auseinanderzusetzen oder garr direkt zum Kauf aufzufordern. Der „Mechanismus der semantischen Adaption phraseologischer Bedeutung durch bildlich hergestellte Bezüge auf mögliche literale Lesarten (und umgekehrt)“ (ebd.: 312) funktioniert hier quasi vollkommen automatisch. Der Sprechakt „For maximum volume“ ist so eher einer des unverbindlichen Präsentierens als der eines aggressiven Werbens, Überzeugens. Dass die vorgestellte Anzeige mit dem in den kommerziellen Zeitschriften vermittelten Leitmotiv der wahren Lebenserfüllung in der heterosexuellen Paarbeziehung und dem vor allem über den Erwerb käuflicher Produkte besonders Erfolg versprechenden Weg dorthin nahtlos korrespondiert, trägt ein ums andere Mal zu den in den Zeitschriften installierten Bild der für junge Mädchen vorgegebenen Lebensentwürfe bei. Im Kontext der lebensweltlichen Bezüge suggeriert es damit das klare Modell des glücklichen Lebensmodelles, das nur und ausschließlich mit dem Zusammentreffen f des „richtigen“ Partners, der „richtigen“ Partnerin gelingt. Wenigstens einen Teil dazu beitragen kann die Leserin aber selbst: durch den Kauf des „richtigen“ Produkts. 3.5
Osmotische Kommerzialisierung
Die inhaltlichen und formalen Beziehungen zwischen den redaktionellen und den Anzeigen-Seiten der Zeitschriften tragen nicht zufällig teilweise osmotischen Charakter, das heißt sie sind hinsichtlich vieler ihrer Präsentationsformate, aber auch ihrer inhaltlichen Aufeinander-Bezugnahme vielfältig voneinander durchdrungen. Dies ist ablesbar an Themen-, Motiv- und Symbolwanderungen, Übernahmen visuell-rhetorischer Gestaltungsprinzipien der Werbegrafik, an kryptischer Werbung, Koppelungen von Produktwerbung und Leserinnenberatung. Kaum eine Fotogeschichte kommt ohne „spezial thanks to […]“, Danksagungen an Kosmetik-, Textil- und Möbelhersteller aus (wie Orsay und Pimkie; vgl. Der Traumr job; YAM, 39/02, S.67). Fast durchgängig wird Werbung auf Ratgeber-Seiten in Sachen Lebenshilfe platziert, wird Kosmetikberatung mit Produkthinweisen versehen, oft in kleiner Schrift. „Beauty“-Ratschläge mit Werbung propagieren zum Beispiel Farben für die Seele. Fühl dich schön! (BRG, 5/05, S. 34–36, Rubrik Beauty; © Abb. 74) mit großformatigen Mädchenporträts, Schminktipps und Abbildungen von Kosmetikprodukten mit Preisangabe (siehe auch SIX, 9/01, S. 46–52, S. 54–57; MÄD, 20/02, S. 12, 14; SUG, 1/05, S. 75, Rubrik Vorher-Nachher-Show). Der Beratungsteil wohntricks in BRAVO A GIRL! wurde über Monate hinweg mit „freundlicherr Unterstützung“ von Ikea gestaltet (vgl. BRG, 19/02, S. 74f.; 18/03, S. 62 f.).
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Abb. 74 4
Gelegentlich veröffentlichen f aber auch Firmen Anzeigen, die sich im Layout an die Beratungsseiten anlehnen. Zum Beispiel die Kosmetikkette Douglas – „Douglas macht das Leben schöner“ (BRG, 6/05, S. 26f., mit Kurztipps für die Anwendung dekorativer Kosmetik). Der Kosmetikhersteller Beiersdorf gab im Bunde mit derr britischen Pop-Sängerin Dido „Styling“-Tipps T (Nivea; SUG, 12/01, S. 62); LippTipps i für „Sweet Lips“ kamen von der Firma Blistix (MÄD, 2/05, S. 31; BRG, 9/02, S. 21). Eine „Sugar-Dating-Aktion“ mit der Deodorantmarke 8 x 4 führt „Janina und Sven“ zusammen (SUG, 12/01, S. 89). Besonders geschickt präsentiert sich eine andere Form von „Promotion“: zum Beispiel mit einer kleinen, ein-seitigen Fotogeschichte über Zyklusprobleme (Sicherr ist sicher, r präsentiert von CLEARBLUE; MÄD, 10/02, S. 55; © Abb. 75). Um nichtt auf den ersten Blick als Werbung wahrgenommen zu werden, „versteckt“ sich hierr eine Kosmetikanzeige im für die Zeitschriften üblichen Genre der Fotogeschichte und imitiert deren Format. Durch diese „Mimikry“ (Wyss W 2002: 611) ist eine zunächst durchaus unerkannt bleibende Ähnlichkeit beider Formate gegeben, die sich allerdings nur bis zu einem gewissen Grad aufrecht erhalten lässt, denn letztendlich muss Werbung ja irgendwann auch als solche erkennbar sein und erkannt werden können, um die Aufmerksamkeit ihrer Rezipierenden erfolgreich binden zu können. So sind auch in dieser Anzeige oben links das Wort „Promotion“ und oben rechts das Wort „Anzeige“ deutlich zu lesen. „Wie W jede andere Kommunikationsform setzt damit auch die Werbung auf die Schematisierung der Produktion, Distribution und Re-
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zeption ihrer Appelle. […] Insofern stellt die strikte Trennung zwischen dem redaktionellen und dem nicht-redaktionellen Teil im Programm der Medien nicht nur die Existenzgrundlage des Journalismus dar, sondern erweist sich überdies auch als eine wesentliche Voraussetzung gelingender Werbekommunikation“ (Schmidt/Zurstiege 2000: 2f.). Es liegt gewiss nicht nur an „einer mechanistisch und technisch orientierten Welt“, dass in ihr (…) Sex schlicht ein ‚tolles Gefühl‘ zu sein (hat)“ (Gerstendörfer 1997: 30). Es liegt auch an der osmotisch propagierten bunten Werbe- und Warenwelt. Die osmotischen Beziehungen stehen ferner für das moderne „Medienverbundsystem“ mit seinen inhaltlichen und funktionalen, für Jugendliche wichtigen Angeboten der Information, Integration, Interaktion und Unterhaltung, r ja seiner Funktion als „zentrale Sinnagentur“ (Charlton/Neumann-Braun 1992: 101–107, 50). Sie belegen aber auch, dass aufgrund der modernen Entwicklungen in Wirtschaft, Sozialstruktur und Kultur enge Wechselwirkungen zwischen den symbolischen Assoziationsfeldern der Werbung – darunter Natur, Erotik, Technik – und den anderen Themenbereichen und Gestaltungsweisen der Zeitschriften bestehen. Denn: „WerW bemogule begehren nicht nur glänzende Bilanzen, sie wollen Einfluss nehmen“ (Wilk W 2002: 111)72. Die osmotischen Beziehungen verweisen darum aber auch noch auf andere, auf größere und tiefere Zusammenhänge zwischen den Printmagazinen und ihren sozio-kulturellen, medialen und wirtschaftlichen Umfeldern. So gibt es erstens den Zusammenhang zwischen romantischen – spontanen, einzigartigen, von banalen Interessen freien, idealisierenden (Illouz 2006: 134, 152f., 164) – Gefühlen einerseits und Konsumerfahrungen andererseits, zwischen Liebesgeschichten und Markengeschichten. Die Osmose belegt, dass Kultur-, Kosmetik-, Genussmittel- und Tourismusindustrie die Hintergründe bilden, vor denen moderne Liebesbeziehungen ihre romantischen Konturen gewinnen. Und Liebe setzt auch dank wirkungsmächtiger Werbe-Wunschbilder W aus diesen Industrien soziale Diffef renzen mittels eines über Verkaufs- und Kaufzwänge gelegten romantischen Scheins zumindest zeitweilig außer Kraft; kurzfristig herrscht die Utopie von Überfluss, Individualität und Selbsterfüllung, Überschreitung von alltäglichen Erfahrungskontexten. Zugleich erfolgt die Romantisierung der Warenwelt, aufbauend auf derr Fähigkeit des romantisierten Erotischen, Befriedigung auf höherer Ebene zu versprechen. In wachsendem Maße gilt: „Die romantischen Beziehungen werden nichtt 72
„Verkaufen V bedeutet, zu überzeugen, zu begeistern, mit Emotionen zu arbeiten, Widerstände in Abschlüsse umzuwandeln. Man kann alles verkaufen, wenn es gerade in Mode ist. Die hohe Kunst des Verkaufens ist es, es in Mode zu bringen.“ So ein Schweizer Unternehmensberater (Zogg gg 2005).
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nur im Rahmen von Märkten organisiert, sie sind selbst zu Fließbandprodukten geworden, bestimmt zu schnellem, effizientem, f billigem und reichlichem Konsum. Als Konsequenz daraus wird das Vokabular der Emotionen mittlerweile fast allein vom Markt diktiert.“ Es sind diese inhaltlichen Korrelationen zwischen Romantisierung, Rationalisierung und Re-Romantisierung sowie osmotischer Kommerzialisierung, die in den Zeitschriften – wie die Partnersuche im Internet – „den Bereich romantischer Begegnungen mit den auf einer Ökonomie der Fülle, der endlosen Wahlfreiheit, der Effizienz, f der Rationalisierung, der selektiven Auswahl und der Standardisierung basierenden Prinzipien des Massenkonsums“ (ebd.: 135) verbinden. Die romantische Grenzüberschreitung wird zum lustvollen Konsumakt – und der Konsumakt zur romantischen Grenzüberschreitung. Zweitens werden reale Defizite in den sozialen Beziehungen in Fotogeschichte und Werbung vor allem bildhaft-virtuell, durch die Sexualberatung teilweise verbalrational zu kompensieren versucht. Aber: Auch die Zeitschriften selbst schaffen f gleichzeitig massenhaft Defizite, falsche Erwartungen und vielfältige Funktionsstörungen mit. Das Osmotische der redaktionellen Teile und der Anzeigenteile steht noch fürr einen dritten, sich nicht sofort erschließenden Kontext: Es verkörpert ein allgemeines Wahrnehmungs- und Verhaltenserfordernis unter dem alltäglichen Sozialisationszwang, nämlich permanent auf sich aufmerksam machen, „präsent“ sein zu müssen. Auch die überwiegend verhaltensbezogene „Beratung“ der Mädchenmagazine, selbst wenn sie als redaktionelles Element nicht immer in unmittelbar osmotischer Beziehung zu Fotogeschichten und Anzeigenteilen steht, ist Werbung, die den Einfluss und den Umsatz des jeweiligen Printmediums ausbauen und sichern soll. Sie wirbt auf eigenen Assoziationsfeldern für bestimmte Körperkodexe, weibliche Selbstbehauptungsstrategien, Rollenerwartungen und -stereotype, für bestimmte Proportionen zwischen den Aspekten der Identität, der Beziehung, des Lustgewinns im zwischenmenschlichen Begehren. Insofern sind diese „Ratgeber“ die massenkulturell-populäre Verballhornung eines alten aufklärerischen Traums: desjenigen vom total glücklichen, weil selbst bestimmten, souveränen Lebens. Als beispielhafte Erzeugnisse moderner Massenkultur treten die Zeitschriften darum im Namen von Individualität und Einzigartigkeit des Begehrens auf, die immer wieder neu gesucht werden müssten. Sie verschärfen aber unter Motti wie „Nur wer auffällt, f wird wahrgenommen“ (MÄD, 2/05, S. 12f.), „Inscene yourself“ (BYM, 12/04, S. 61) und „Du kriegst was du willst“ (BRG, 4/05, S. 68f.) gerade für weibliche Jugendliche die Ambivalenz zwischen Selbstbestimmung und Anpassung, die auch in ihrer „Mediensozialisation“ (Schorb 2002: 209) waltet.
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Besonders problemgeladen ist die Wirkung dieser Konturierung des Begehrens – einer „konstitutiven Dimension der menschlichen Existenz“, einer „Kraft, die menschliche Subjektivität und menschliches Handeln sowohl fördert als auch begrenzt“ (Kulick 2003: 124) – im Kontext eines also auch von den „Beratern“ geführten gesellschaftlichen Diskurses um „Individualisierung“ und „Selbstsozialisation“ in einer „Multioptionsgesellschaft“ mit ihrer „Verfassung V radikaler Pluralität, hochgradig differente(n) f Wissensformen, Lebensentwürfen und Handlungsmuster(n)“.73 3.6
Werbebilder – Mädchenbilder – Weltbilder
Mädchenbilder sind – in Bild und Text, in Werbung, Fotogeschichten und Beratungstexten der Mädchenzeitschriften – symbolische Interpretationen r von Geschlechterverhältnissen. r Sie sind nur durch eine „komplexe Zeicheninterpretation auf der Folie des Weltwissens und der psychosozialen Bedingtheiten“ (Wilk W 2002: 32) zu erschließen. Werbung in Mädchenzeitschriften wirbt eben nicht nur für bestimmte Waren, sondern propagiert auch bestimmte Körpercodexe, Rollenbilder und -stereotype (Degenhardt/Keiner 2002: 6f.). Insbesondere die symbolischen Interak73
So Ingrid Paus-Haase in einer zusammenfassenden medienpädagogischen Darstellung (Paus-Haase 2001: 91f., unter Bezugnahme auf Welsch 1987). Die Autorin betont, dass die „radikale Vielfalt“ oft nur „Vielheit V des Immergleichen“ bedeute (Paus-Haase 2001: 91). Sie schlägt vor, den „Verlusten V von Sicherheit, Selbstgewissheit bei zunehmenden Risiko- und Vereinzelungsgefahren […] und einer mehr und mehr über Medien transportierten Welt(en)erfahrung durch die Stärkung kritischer Ich-Leistungen und der Fähigkeit des Auswählens zu begegnen. Hinzukommen muss die Einübung neuer Formen von Solidarität auff der Basis des Anerkennens von Verschiedenheit als zentrales Moment ethischer Verpflichtung.“ (ebd.: 96) 73 Ben Bachmair spricht eher oberflächlich von der „Individualisierung“ als „Fragmentierung einer Gesellschaft“; „im Kern“ gehe es „um die individuell zu verantwortende Lebensgestaltung” mit allen Risiken (Bachmair 2001: 322; unter Bezugnahme auf Beck 1986). Aus „Fremdzwang“ werde „Selbstzwang“, schreiben dagegen Michael Charlton und Klaus Neumann-Braun (Charlton/Neumann-Braun 1992:109) und machen auf die „Gleichzeitigkeitt von Individualisierung und Universalisierung (‚Vermassung‘) V bzw. Standardisierung“ aufmerksam (ebd.: 112). Brigitte Hipfl warnt vor der Vorstellung, „dass wir wie in einem Supermarkt aus einer unendlichen Zahl an Identitätsangeboten wählen können“ (Hipfl 2004: 11). Sie unterstreicht: „Die Prämisse des Neoliberalismus, dass sich im freien Kräftefeld des Marktes die besten durchsetzen, klammert freilich die strukturellen Bedingungen und Grundlagen, die eben nicht für alle gleich sind, aus. Gleichzeitig wird die gesamte Verantwortung den einzelnen übertragen.“ (ebd.: 11f.) Andreas Hedrich und Thomas Voß-Fertmann weisen zum Beispiel darauf hin, „dass Arbeit im herkömmlichen, klassenbildenden, für Lebensentwürfe relevanten Sinne für Jugendliche unter 20 Jahren aufgrund hoher Jugendarbeitslosigkeit und Lehrstellenmangels kaum noch ein Charakteristikum darstellen kann“ (Hedrich/Voss-Fertmann V 1999: 190).
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
tionen der in den Fotografiken simultan präsenten Figuren geben Aufschluss überr das mit „Rolle“ und „Geschlechterrolle“ bezeichnete „‚Bündel von Erwartungen‘“, das „‚Aggregat von Normen und Regeln‘“, die auch außerhalb des Theatralischen „‚diskursiv definierbar und formulierbar sind‘“ (Kotte 2005: 115–117; die Zitate im Zitat aus Rapp 1973; 85f.). Darum geht es bei der Werbung auch um komplexere Sachverhalte als nur um geschlechtsrollenbedingte Hierarchiestrukturen. Es geht um die Ordnungskraft oftt unbewusster Mechanismen in den sozial-kommunikativen Interaktionen, darunterr den Geschlechterbeziehungen. Hinter den Ritualen und Symbolen unserer sich mittels integrierter Kommunikationskonzepte auch in der Werbung als sozial intakt und moralisch integer darstellenden Gesellschaft sind daher immer wieder aufzusuchen und zu verdeutlichen: die Sehnsüchte nach intakten Beziehungen zu Naturr und Gesellschaft, nach Balance und Ordnung, nach ästhetischer Differenz, f aber auch die Suche nach „spirituellem“ Lebens- und Gemeinschaftsersatz. So sind Bilder der Werbung immer „kultursensible Bilder“ (Stöckl 2004: 223). Sie geben durchaus nach und nach etwas preis, verfügen über expansive Kraft, weisen über sich hinaus, auf oft unsichtbare Fakten und Vorgänge des Sozialen, die sich zum Beispiel hinter der jugendlichen „Fassadenexistenz“, unter einem Schönheitsdiktat der Selbst-Ästhetisierung verbergen. Darum sind inzwischen nicht nur die von der Werbung angepriesenen Waren, sondern auch die visuellen und verbalen Werbepräsentationen selbst in den kommerziellen Zeitschriften zunehmend Konsumgüter mit eindeutigem, unmittelbarem, leicht erfassbarem Gebrauchswert geworden.
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Nicht-kommerzielle Print- und Internet-Mädchenmagazine zwischen Anspruch und Wirklichkeit
4.1
Vorbemerkung: Nicht-kommerzielle Mädchenmagazine als Gegenstand der Medienpädagogik
4.1.1
Die kommunikative Situation „alternativer“ Medien
Die für weibliche Jugendliche bestimmte Illustriertenpresse und deren Internet-VerV sionen geben vor, als Spiegel und Akteur für diese Leserinnenmasse produziert zu sein, deren ganzes Leben zu durchdringen und zu repräsentieren. Diesem Wunschbild dienen die Foto-Geschichten und die uniformierten Frage-Rubriken ebenso wie die Warenwerbung; dienen die „omnipräsente Suggestion von erstrebenswerten
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Normen“ für Liebe und Schönheit, die „übertriebenen Inszenierungen von Weiblichkeit wie emotionale Schwärmerei und modisches Auftakeln“ (Hölzl/Eismann 2002: 1), die beharrliche Propagierung eines ästhetisierenden Körperkodexes mit schlanker Figur, stets reiner Haut, von lebensfremder Romantik ebenso wie das Werben fürr individualistische Selbstbehauptung, Karrieredenken und kulturindustrielle Berufe (ebd.: 2–5). Mittels dieser Inhalte aber versetzen diese Medienprodukte – als Exponenten eines „nicht auflösbaren Miteinanders von Kultur, Technik und Wirtschaft“ (Baacke 2001: 133), eines wirkungsmächtigen „Zusammenspiels von Techniken, Diskursen und Darstellungsweisen“ (Peters 2005: 339) – die Konsumentinnen in einen Bannkreis des Privaten und Schönen, innerhalb dessen sie selber als nicht grundlegend veränderungsbedürftig in ihren Denkweisen, Handlungen und Verhaltensnormen erscheinen müssen. Die „weibliche Selbstbestimmung“ erscheint als Wert an sich, ist – wie „Freiheit“ und „Autonomie“ – in keiner Weise „auf den gesellschaftlichen Zusammenhang bezogen“ (Trumann T 2002: 7f., 65). Diese Presse verstärkt so die suggestiven Energien ihrer Wirkung auf Kosten derr aufklärenden. Und sie vollzieht so indirekt die Befestigung auch der bestehenden „Geschlechterverhältnisse“ (Haug 2003: 9): durch die Privatisierung, Lähmung und Selbstlähmung der kritischen Kommunikation und ihr entsprechender Verhaltensweisen. Die Untersuchung der inhaltlichen und gestalterischen Hauptmotive der vorherrschenden Mädchenbilder in Fotogeschichte, Beratung und Werbung der kommerziellen Magazine verlangt daher das multidisziplinäre Erschließen von Kontexten und verschiedener Text- und Bildsorten. Sie verlangt aber auch die Erschließung von Gegenbewegungen und Gegenkonzepten: Zum Beispiel zu den Klischees „von Leben und Liebe“ (Götz 2002: 121) und zur „Überbetonung und Normierung derr Körperlichkeit von Mädchen“ (Permien 2002: 5). Damit wirft die Untersuchung wesentlicher inhaltlicher Akzente der Bilder und Texte in den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriftenzeitschriften daher auch ein Licht auf in der öffentf lichen Wahrnehmung eher marginal scheinender Medienprodukte. Diese nicht-kommerziell ausgerichteten Periodika bewegen sich in einer Situation, die von jugendkulturellen Bewegungen, darunter besonders zu fördernden „nichtgewerblichen sozialen Community-Projekten“ (Geldhauser 2006: 76), ihrem Streben nach „alternativer“ Medienkompetenz und dem „ständigen Streit mit derr Kulturindustrie“ (Mikos 2000: 4) geprägt wird. Es fehlen aber fast völlig Untersuchungen zu solchen lokalen und regionalen Bemühungen im Print- und Internetbereich, den von den kommerziellen Zeitschriften propagierten gängigen Leit-
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bildern eigene, neue entgegenzusetzen – Bemühungen, deren „subversiver Eigensinn“ nicht auf die bloße Aneignung und Umdeutung von kulturindustriell vorgegebenen „Accessoires und Stilen“ (ebd.) reduziert werden darf, auch nicht auf „widerständige Umdeutungen von Medienangeboten und Skriptmanipulationen“ (Charlton/Neumann-Braun 1992: 107). Denn hier wird oft aus dem unmittelbaren Erfahrungshorizont der Macherinnen und Macher heraus ein Problembewusstsein unterr anderem für Mädchenkultur, Ausbildung, Umwelt, weibliche Lebensentwürfe, fürr von den kommerziellen Zeitschriften also überwiegend unterschätzte, unterschlagene oder fehl gedeutete Themen entwickelt und geschärft.74 Und es wird der Versuch unternommen, jugendlichen Alltag mit einem kritisch-demokratischen politischen Ansatz zu verbinden. Dieser Versuch ist um so wichtiger, als seit einigen Jahren in den kommerziellen Periodika immer wieder auch feministisch-emanzipatorische Denkfiguren wie „Chancengleichheit“, „kulturelle Vielfalt“, „globale Umwelt“ und ihre bildhaft-symbolischen Manifestationen in einer Art „Pop-Feminismus“ (Hecken 2006: 208) aufgegriffen f und verwertet werden. Der im Verhältnis zu den kommerziellen Angeboten sicher geringere Wirkungsgrad der nicht-kommerziellen oder „alternativen“ Zeitschriften ist keine Begründung für wissenschaftliche Ignoranz ihnen und ihren aufklärerischen Aspirationen gegenüber. Zumal sie auch dazu beitragen, „Medienkompetenz über inhaltliches und technisches Wissen abzusichern; die Medienkompetenz durch das Verfügen über sprachliche und andere Zeichensysteme zu erweitern, in selbstbezogenerr Reflexivität das eigene Eingebundensein in die Informationsgesellschaft ständig ertragbar zu machen, ja als wünschenswerten Ansatz zu erleben“ (Baacke 2001: 132). Zumal Medienpädagogik einerseits gefordert ist, „den jungen Menschen die notwendigen Kompetenzen für einen selbstbestimmten, kritischen und mündigen Umgang mit den Medien zu vermitteln“, andererseits „die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Medien kritisch zu beobachten und einzuschätzen und sich in die öffentliche f Diskussion einzumischen“ (Hipfl 2004: 20). Zu diesen Entwicklungen gehören selbstverständlich auch „neue Mischungen von vorgefertigter Kommunikationsform und eigener kultureller Praxis“ (Charlton/Neumann-Braun 1992: 107). 74
In ihrem vergleichenden Überblick über umweltpolitische Inhalte von BRAVO A GIRL!, MÄDCHEN und BRIGITTE YOUNG MISS in den Jahren 1997/98 stellen Ricarda Gregorr und Nicole Lotz fest, dass die umweltpolitischen Berichte von BRAVO A GIRL! und MÄDCHEN an „Methoden der Regenbogenpresse“ erinnern: „Sie dienen weniger der sachlichen [,] gesellschaftskritischen Aufklärung als vielmehr dem Schüren von Emotionen” (Gregor// Lotz 2000: 312).
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Um die Leistungen solcher Zeitschriften erschließen und ihrer Prototypen wie des „Fanzine“ gerecht werten zu können, müssen aber die Probleme, vor denen sie latent stehen, bewusst sein. Zu diesen gehört – wie im „Bürgerjournalismus“, in den „offef nen Kanälen“ und den „Weblogs“ W – nicht nur die Abhängigkeit von professioneller Hilfe bei der Gestaltung, der Diskursvernetzung und der Distribution. Zu diesen gehört auch die übermächtige Konkurrenz, die massenhaft gestützte Deutungshoheitt der Produkte kommerzieller Unternehmen, die sowohl Information und Unterhaltung an die Leserinnen als auch Aufmerksamkeitspotentiale der Leserinnen an Inserentinnen und Inserenten zu verkaufen bestrebt sind. Beides prägt deren wirkungsmächtige „alltagsästhetische Muster“ (Bachmair/Seipold 2003: 70). 4.1.2
„Fanzines“ – emanzipatorische Versuche
In dieser – von kommerziellen Medien beherrschten – Kommunikationssituation gebührt auch in Sachen Mädchenpresse einer wichtigen Erscheinungsform soziokultureller, zugleich multi-kulturell orientierter Praxis Aufmerksamkeit: den so genannten „Fanzines“ im Printmedien- und Internetbereich. In ihrer Genrebezeichnung die Begriffe f „Fan“ und „(Maga-)zine“ miteinander verbindend, werden sie zumeist ohne Rücksicht auf die Spielregeln des bestehenden Presserechts in kleinen Auflagen und ohne feste Redaktionen in unregelmäßigen Abständen für begrenzte Publikumskreise produziert (siehe die Übersichten zu deutschen Fanzines bei Kleiber 1997: 154–162 und Zobl 1999: 40–56. Siehe auch den Ausstellungskatalog Fanzines 2004). Sie verstehen sich als zensurfreie und quasi dem ‚Lustprinzip‘ folgende Gegen-Versionen V von Publikums- und Fachzeitschriften (also auch etwa derr BRAVO A GIRL!) und es ist festzustellen, „dass diese Publikationen dezidierten Anspruch auf eine Distinktion gegenüber Fachmagazinen und stark zielgruppenspezifischen Magazinen erheben“ (Nicolaus 1999: 13). Format, Druckqualität, Umfang und inhaltliche Schwerpunkte dieser Printerzeugnisse sind oft uneinheitlich; meist sind sie nicht über den normalen Pressevertrieb erhältlich, und nur vereinzelt werden sie auch von nicht-kommerziellen Körperschaften herausgegeben. „Generell hat bei einem Fanzine das Mitteilungsbedürfnis der HerausgeberInnen einen höheren Stellenwert als das Informationsbedürfnis derr avisierten Teilöffentlichkeit f und die marktstrategischen Ambitionen der Kulturindustrie“ (Nicolaus 1999: 16). Fanzines werden in allen denkbaren Formen, Formaten und Auflagen herausgegeben: als kopiertes oder gedrucktes Heft, als Magazin auf Video-/Audio-Kassette und CD-Rom, als Website oder Wandzeitung. g Im Gegensatz g zur offiziellen f Presse sind
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Fanzines sehr persönliche Erzeugnisse, die für die jeweilige „Szene“ Sprachrohre und damit ein Stück „Gegenöffentlichkeit“ f darstellen. Sie werden in erster Linie aus persönlichen, nicht aus kommerziellen Gründen produziert. Zeitungsschnipsel, schlecht reproduzierte Fotos, undeutliche Hand- und Schreibmaschinenschrift prägen bis heute das Layout zahlreicher Fanzines. Sie verdeutlichen, dass jede Person eine Publikation dieser Art herstellen kann und eben dadurch bekommt der „Do-ityourself“-Gedanke eine materielle Form. Doch nicht alle Hefte werden mit einfachen Mitteln produziert. Andere bestechen durch eine enorm aufwändige Gestaltung. Sie stecken in selbst genähten Stofftaschen, f sind individuell bedruckt oder erscheinen in ungewöhnlichen Formen. In ihnen drückt sich ein weiterer Aspekt der „Do-it-yourself“-Idee aus: ihr persönlicher Charakter, mit dem sie sich von herkömmlichen Produkten der Unterhaltungsindustrie abheben. 4.1.2.1 Zur Entwicklung Die Bezeichnung „Fanzine“ tauchte das erste Mal in den 1930er Jahren im Kontext US-amerikanischer Hefte der Science-Fiction-Szene auf. Die erste deutsche Publikation dieser Art hieß Andromeda r und wurde 1955 vom Science Fiction Club Deutschland herausgebracht. In den 1960er Jahren lösten sich Fanzines allmählich von diesem Hintergrund, so veröffentlichten f auch Fanclubs des sich verbreitenden Rock’n Rolls eigene Magazine. In Zusammenhang mit der Studentenbewegung setzte in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre eine enorme inhaltliche Ausdifferenzierung f der Fanzine-Landschaft ein. Hefte mit künstlerischer, literarischer oder politischer Ausrichtung entstanden. Eine regelrechte Explosion des Phänomens vollzog sich durch die jugendkulturelle Bewegung des „Punk“ in den 70er Jahren. Das Aufkommen der ersten Homecomputer und günstigerer Möglichkeiten der Vervielfältigung führte zu einer Professionalisierung in Aufmachung und Layout. 4.1.2.2 Das „Do-it-yourself“-Prinzip Von Anfang an waren Fanzines mit der Idee des „Do-it-Yourself“ Y (DIY) verbunden. Gerade weil die etablierten Medien nur unzureichend oder gar nicht über bestimmte Themen berichteten, schufen sich Mitglieder von „Szenen“ und Gemeinschaften ihre eigenen Magazine. „DIY“ ermöglichte, aus der passiven Konsumhaltung heraus zu treten und das eigene Lebensumfeld aktiv mitzugestalten. So entstanden selbst bestimmte und verwaltete Strukturen und an die Stelle von Expertentum p und
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Virtuosität rückte das Ideal, dass sich jede einzelne Person auf ihre Weise künstlerisch ausdrücken könne. Dabei kam es nicht auf Perfektion an, wichtig war nur, dass man etwas zu sagen hatte. So entfaltete sich eine enorme Kreativität in Bezug auf die Gestaltung von Fanzines, und zwar unabhängig davon, ob man sich in derr bestehenden Medienlandschaft nicht vertreten sah oder von ihr nicht repräsentiertt werden wollte. Auch beschränkte sich die Verbreitung von Fanzines nicht auff Fan-Szenen, sondern wurde mehr und mehr von marginalisierten Gruppen und Einzelpersonen zum Erfahrungsaustausch und zur Vernetzung untereinander genutzt und ermöglichte den Herausgeberinnen und Herausgebern, sich somit auf eigene Weise zu inszenieren. In den Vorwörtern zahlreicher Fanzines wird dieses Anliegen besonders deutlich. „Man darf nicht warten, bis einem bessere Medien in den Schoß fallen, man muss sie machen. Warum? Antwort: Es gibt zu viele Bildzeitungen und das ist nicht gut so …“. Dieser Satz steht im Vorwort der ersten Ausgabe des 1980 in Essen herausgegebenen Zines „Der Lautlose Tod“. Etwa zur selben Zeit prangte auf dem Düsseldorfer Fanzine „Spät aber doch“, ehemals unter dem Namen „Neon“ bekannt, der Satz: „Gesetz: Wenn ihr bessere Medien wollt, geht hin und macht sie.“ Allerdings wäre es verkürzt, das Entstehen von Fanzines lediglich als Reaktion auf die Massenmedien zu reduzieren. Fanzines wurden von unterschiedlichen sozialen und kulturellen Gruppen zur Selbstermächtigung genutztt und stellen dabei nicht per se einen gesellschaftlich emanzipatorischen Akt dar. Dies wird vor allem dann deutlich, wenn man die Inhalte von Fanzines rechtsextremerr Szenen betrachtet. Die durch sie verbreiteten rassistischen und antisemitischen Ideologien zeigen, dass „Do-It-Yourself“ Y als Selbstermächtigung auch regressiven Charakter haben kann. Der Aspekt des Selbermachens beinhaltet auch eine gewisse Einfachheit, manchmal gar Simplizität, die es aber erlaubt, im ästhetischen Sinn neue Wege zu beschreiten. Die Experimentierfreudigkeit, die sich dadurch Bahn brach, wurde nicht länger von Professionellen dominiert, sondern vor allem von jenen, für die zuvor aufgrund ihres fehlenden Wissens nur die Rolle der Fans zugedacht gewesen war. Nun aber konnte jede/r selbst künstlerisch tätig werden und die Grenze zwischen Fans und Stars wurde auf diese Weise wesentlich durchlässiger. Dass Fanzines in puncto Kreativität keine Grenzen setzen, sondern sie ganz im Gegenteil selbst beständig die Grenzen zur Kunst mitgestalten, macht sie nur umso interessanter. Dabei geht es meist aber nicht darum, ein Heft als elitäres Kunstwerkk zu inszenieren, sondern zu zeigen, dass durchaus ästhetisch hochwertige Aufmachungen mit einfachen Mitteln geschaffen f werden können. Dass „Zines“ auch eine alltagspolitische Dimension haben können, die den besonderen Aspekt des Austau-
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schens und Vernetzens Gleichgesinnter bzw. in ähnlicher Weise Betroffener f beinhaltet, ist dabei sehr wichtig.75 4.1.2.3 Modernste Entwicklungen: Web-logs, Ego- und Perzines Eine besondere Rolle für diese Medien spielte in den 90er Jahren die Popularisierung des Internet. Zahlreiche Fanzines erscheinen seitdem als „E-Zines“ oder „WebW zines“ im World Wide Web. Die neueste Entwicklung in diesem Bereich sind so ge75
Das beispielsweise in drei Print-Ausgaben und im Internet erscheinende US-amerikanische Zine Found (aus Ann Arbor/Michigan bzw. Chicago) sammelt gefundene Notizen, Briefe, Einkaufszettel, Aushänge, Fotos, E-Mails und anderes. Diese Dokumente werden teilweise kommentiert, gelegentlich durch längere, oft spekulative Geschichten ergänzt und immer mitt ausgewiesenem Fundort versehen. Dass sie für jemand bestimmtes gedacht waren, macht jedes Finden – insbesondere handschriftlicher – Mitteilungen zum voyeuristischen Erlebnis. 75 Gerade das Moment der Irritation, des anfänglichen Nicht-Verstehens, V regt Erklärungen und eigene Erzählungen an. Möglicherweise liegt neben dem voyeuristischen Aspekt ein Reiz von Found eben darin, dass die ursprüngliche Intention der Fundstücke durch den Verlust ihrer Kontexte abhanden gekommen ist. So beflügeln die Fundstücke die Fantasie und ihre Finder versuchen zu erklären, was es mit diesen Zetteln ursprünglich auf sich hatte, wer sie geschrieben hat, an wen er oder sie dabei gedacht haben könnte und was daraus geworden sein mag. 75 Somit bietet Found Hobby-Sammlern die Möglichkeit, ihre privaten Archive öffentlich f zu machen. Es dokumentiert so eine Kultur des Findens, die die Zeitschrift verbreitet und ihre Leserinnen und Leser so wiederum zu Findern werden lässt. Das Zine gewinnt seine Faszinationskraft durch Einblicke in „fremde Welten“, wobei nicht nur die Fremdheit der Menschen, sondern auch gerade deren Verbundenheit durchscheint, indem der Blick auf alltägliche menschliche Situationen gelenkt wird. Found rückt dabei nicht wie Perzines die Darstellung des eigenen Alltags, sondern die Collage der Erfahrungen anderer ins Zentrum. Damit gehtt es auch hier um eine Form der „celebration of the everyday of everypersons“, um radikal subjektive Sichtweisen auf den Alltag. 75 Ein anderes Beispiel : Das Zine „Urban Exploration“ referiert auf die Erkundung städtischerr Räume, die der Öffentlichkeit f nicht oder nicht uneingeschränkt offen f stehen, wie z. B. Krankenhäuser, Kanalisationsanlagen, Katakomben, verlassene Industrie-, Büro- und Wohngebäude. Mitte der 80er Jahre hat sich in Melbourne / Australien eine erste Gruppe gebildet, die sich urbanen Erkundungen widmet: der Cave Clan. 1989 erschien erstmals dessen Newsletter: Draino. Es folgten weitere Zines wie Samizdat, Urbex, Cave Clan Magazine oder Infiltration, die als Print-Ausgaben und Online-Magazine erschienen. „Urban exploration ist umsonst, bringt Spaß und verletzt niemanden. Es ist ein spannendes Hobby, das unsere natürlichen Instinkte anregt, die eigene Umgebung spielerisch zu entdecken. Es ermutigt die Leute, sich ihre eigenen Abenteuer zu schaffen, f anstatt vorgefertigte zu kaufen“. Das Zine dokumentiert mit Texten und Karten das erfolgreiche „Hacking“ von Gebäuden, gibt Hinweise zu Gesundheitsrisiken, zu Gefahren sich zu verletzen oder geschnappt zu werden, vermitteltt spezifische Tipps und Techniken, wie man sich vorbereitet, was man an Ausrüstung mitnehmen sollte, wo und wie man spannende Orte findet. Gleichzeitig ist das Zine Plattform und Sprachrohr für die Szene der Urban Explorers, stellt Diskussionsforen zur Verfügung, veröffentlicht Verhaltensethiken und eigene g politische Positionen.
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nannte „Weblogs“, W unabhängige und oft persönliche Nachrichtenseiten, die wie Tagebücher kontinuierlich aktualisiert werden76. Im Gegensatz zum gedruckten oderr kopierten Heft ermöglichen diese elektronischen Formate eine kostengünstigere, einfachere und schnellere Veröffentlichung f und Verbreitung. Damit hat möglicherweise wieder eine Veränderung der technischen Vervielfältigungsmöglichkeiten starken Einfluss auf die Entwicklung von Fanzines, denn die regelrechte Explosion des Phänomens in den 70er und 80er Jahren ist nicht zuletzt auch auf die ansteigende Verbreitung von „Copyshops“ und PCs zurückzuführen. Neben der Ausdehnung quer durch die verschiedenen Szenen entwickelten sich Fanzines gleichzeitig in einigen Bereichen weg von ihrer direkten Verbindung zu Fankulturen oder Szenen. Vor allem in den USA erschienen immer mehr Hefte, in deren Zentrum nicht mehr die Begeisterung für einen Musikstil, eine Sportart oderr eine Kunstrichtung stand, sondern das Erleben des eigenen Alltags. Mit „Ego-“ oderr „Perzines“ (Zusammensetzung aus „personal“ und „maga-zines“) brachten nun nicht mehr nur Fans, sondern auch Einzelpersonen eigene Magazine heraus. 4.1.2.4 Der Begriff f „(Riot) Grrrl (Fan) Zine“ Anfang der 90er Jahre entstand eine neue „Subszene“ innerhalb der US-amerikanischen „Punk/Hardcore-Community“. Der Impuls dazu ging von feministisch akti76
Hier sei darauf hingewiesen, dass die Grenzen zwischen Weblogs und persönlichen Homepages natürlich fließend sind. Was erstere allerdings ganz erheblich von letzteren unterscheidet, ist ihre stärker angelegte Interaktivität. Auf Homepages gibt es üblicherweise keine „Kommentarfunktion“ wie bei Weblogs, mittels derer die LeserInnen jederzeit auf einen online, also ins Internet gestellten Text reagieren können. Außerdem bieten Blogs im Gegensatz zu Websites die Möglichkeit von so genannten RSS-Feeds. (RSS ist ein plattform-unabhängiges, auf XML-basierendes Format; entwickelt, um Nachrichten und andere WebInhalte auszutauschen. Die Abkürzung RSS steht für „Really Simple Syndication“, wahlweise auch für „Rich Site Summary“, und wurde in einer ersten Version 1997 von der Firma ,Userland‘ eingesetzt. Zwei Jahre später nutzte Netscape das Format RSS 0.91 für seinen Dienst ,myNetscape.com‘ und startete damit die Erfolgsgeschichte. Innerhalb der darauffolgenden Jahre hat sich RSS als Syndication-Format durchgesetzt und wird mittlerweile selbst von populären Seiten wie BBC, CNN, SPIEGEL-Online oder tagesschau.de eingesetzt). – Damit sind die Möglichkeiten zu einer Art von Abonnement gemeint. Man kann das entsprechende Weblog quasi „abonnieren“ und bekommt dann jedes Mal eine Mitteilung, wenn ein neuer Text online gestellt wurde oder man erhält den Text sogar direkt als E-mail geschickt. Auf diese Weise ist das Vernetzungspotenzial unter den Benutzerinnen und Benutzern wesentlich höher als bei so genannten statischen Websites. So tragen Blogs sehr viel stärker zur Bildung von „Communities“, also „Gemeinschaften“ bei. Vgl. hierzu beispielsweise http://www.myblog.de oder http://www.twoday.net. Das sind zwei Anbieter von Blogs, g auf denen überwiegend g deutschsprachige p g Weblogs g angemeldet g sind.
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ven Punks an der Nordwestküste aus, die versuchten, sich gegen die männlichheterozentristischen Umgangsweisen und Rituale innerhalb ihrer Szene zur Wehr zu setzen. Sie entwickelten deshalb ein autonomes Netzwerk, bestehend aus eigenen Vertrieben, Labels und Medien, in dem auch Fanzines eine besondere Rolle spielten. Indem die HerausgeberInnen ihre Hefte tauschten und so auch persönlich in Verbindung miteinander traten, konnten sich die über die USA verstreuten feministischen Punks stärker vernetzen. Aus vielen dieser Kontakte entstanden langfristige soziale Beziehungen und politische Bündnisse. Hefte der ersten Stunde waren z.B. „Chainsaw“, „Girl Germs“, „Jigsaw“ und auch „Riot Grrrl“77, das mit seinem Titel bereits den Namen der entstehenden Bewegung vorwegnahm. Neben Beiträgen über die gerade entstehende neue Szene, tauchten in den Heften verstärkt politische Themen auf: Gewalt gegen Frauen auf Konzerten, Heterosexualität, Rassismus, Autoaggression, sexualisierte Gewalt, Essstörungen und anderes. Ähnlich wie in den so genannten „consciousness raising groups“ der Frauenbewegung in den 70er Jahren, konnte die Kommunikation mittels Fanzines zur Artikulation und zum Austausch alltäglich erlebter Gewaltverhältnisse dienen. Bei einem großen Teil dieser Protagonistinnen entwickelte sich so ein kollektives politisches Bewusstsein, das zum Teil auch zu lokalen Organisierungsansätzen in so genannten „Riot Grrrl Chapters“ führte. Die neue feministische Szene bekam immer größere mediale Aufmerksamkeit. Tageszeitungen und kommerzielle Magazine berichteten vermehrt darüber und in einigen Mädchenzeitschriften wurden sogar „Riot Grrrl Fanzines“ (vgl. Zobl 1999) besprochen. Dadurch kamen auch Frauen und Mädchen mit der Idee von Zines in Kontakt, die davon zuvor noch nie etwas gehört hatten. Einige von ihnen begannen, ihre eigenen Versionen dieser Medien zu kreieren und wie in den „Riot Grrrl-Fanzines“ über ihren Alltag, ihre Situation und ihre Probleme zu schreiben. In Anlehnung an die Bewegung, aus der sie ursprünglich hervorgingen, werden diese Hefte von ihren Herausgeberinnen bis heute als „Grrrl Zines“ bezeichnet. 77
Vgl. hierzu Zobl 2004. Vgl. hierzu auch die so genannten „Angry Women“ der 1990er Jahre mit Musikerinnen wie beispielsweise Alanis Morisette, die von feministischen Kritikern bisweilen als Ausverkauf der „Riot Grrrl“ kritisiert wurden, da sie weit weniger radikal auftraten, nicht untereinander organisiert und theoretisch gefestigt, sondern in erster Linie ein ästhetisches Phänomen waren, das mit der im Rahmen des Musiksenders VIVA V aufkommenden „Girlie“-Kultur in Deutschland verglichen werden kann. Dennoch gab es auch im Umfeld derr „Angry Women“ explizit feministische Ansätze und Bestrebungen, wie etwa das Frauenmusikfestival „Lilith Fair“ darstellt. „Lilith Fair“ ist eine Hymne an die starken Frauen der amerikanischen Rock- und Singer/Songwriter-Szene. Sarah McLachlan, die die „Lilith-Fair“-Konzertreihe initiiert hat, trifft f auf Sheryl y Crow, Meredith Brooks, Shawn Colin u. a.
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Mit dem Übergang von „Riot Grrrl Fanzines“ zu „Grrrl Zines“ verlieren die Medien allerdings ihren klaren Bezug zur Musikkultur und Szene des Punk und Hardcore. In „Grrrl Zines“ geht es um Dinge, die deren Macherinnen interessieren, die sie erleben und mit denen sie sich im alltäglichen Leben auseinanderzusetzen haben, insbesondere aber um „heterosexistische Verhältnisse“. 4.1.2.5 Der Begriff f „c/overt resistance“ Die „Zine-Aktivistin“ und Kulturwissenschaftlerin Kirsten Schilt (Schilt 2004) siehtt in Heften wie diesen das Potenzial einer „c/overt resistance“, einer Form des verdeckten und gleichzeitig offenen f Widerstands gegen alltäglich erlebte gesellschaftliche Strukturen. Gerade wenn es um Themen geht, die gesellschaftlich stark tabuisiert werden, gibt es nach Schilt für viele keinen Ort, an dem sie darüber sprechen können, als eben in ihren eigenen „Zines“. Indem sie dort anonym oder unter Pseudonym ihre Gedanken zu Papier bringen und die Verbreitung ihrer Hefte selbst kontrollieren, schaffen f sie sich einen Schutzraum, in dem sie ihre Themen besprechen können. Gleichzeitig eröffnet f sich daraus aber auch die Möglichkeit, die so gewonnene Stärke nach Außen zu tragen und gemeinsam offene f Formen des Umgangs oder Widerstandes zu entwickeln. Die Vernetzung untereinander kann dabei eine Möglichkeit sein, die individuell wahrgenommene Isolation zu überwinden. Dieses „Selfempowerment“ durch eigene Formen der Repräsentation und des Teilens von Alltagserfahrungen und Gedanken findet sich natürlich nicht nur bei „Grrrl Zines“. Auch in „queeren“ (zum Begriff f siehe das nachfolgende Kap. dieser Arbeit) und migrantischen Kontexten finden sich zahlreiche Hefte dieser Art, die immer wiederr ihre „Erdung“ im konkreten und eigenen Dasein ihrer Schreiberinnen zu haben scheinen. 4.1.3
Demokratisierung
Obwohl der „szeneintern“ gern und oft bemühte Unabhängigkeitsanspruch wohl vorr allem in ökonomischer Hinsicht trotz der kostengünstigen Vervielfältigung durch Xerographie „eine Illusion“ ist (Nicolaus 1999), tragen diese Medien – diese These sei gewagt – zur Demokratisierung des gesellschaftlichen Kommunikationsprozesses auch in Sachen Liebe, Sexualität, Körperlichkeit und auch der Lebensentwürfe junger Menschen bei. Denn zumindest tendenziell a) streben sie nach der eigenständigen Herstellung von Authentizität durch Artikulation von Themenbereichen, die für die Leserinnen lebensprägend p g sind;
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b) betreiben sie durch den Austausch von Informationen und Meinungen, durch Kommunikationsstiftung auch die Aufhebung der strikten Trennung zwischen KommunikatorInnen und RezipientInnen; und nicht zuletzt suchen sie c) aufklärerische Kommunikation und aufklärerische Aktion miteinander zu verbinden. Zu fragen ist aber, ob diese Medienprodukte wirklich zur Erweiterung weiblicherr bzw. jugendlicher Lebensrealitäten beitragen, sie kontextbewusstes Herangehen, semantische Dekonditionierung von verfestigten Zuständen, Interpretations- und Kommunikationsveränderung, eine fundierte Kritik der Entfremdung von eigenen Erfahrungen, kreativen Fähigkeiten und Bedürfnissen leisten, ja – über Seiten- und Sprachgestaltungsphantasie hinaus – auch soziale Entwurfsphantasie entwickeln können. Zunächst einmal scheinen diese Medien eine „‚De-Inszenierung‘“ (Peters 2005: 339) zu leisten und bestehende Öffentlichkeiten f und ‚öffentliche f Meinungen‘ zu dekonstruieren. Es ist zu fragen, ob sie damit zur Aufhebung der Trennung zwischen Auswahl, Wertfindung und Urteilsbildung, zwischen Denken und Handeln, zwischen Alltagsleben und politischem Ansatz beitragen, wie sie andere Print- und Netzprodukte kennzeichnet? Oder ob sie nur in – auf ihre Weise – ‚exklusiven‘, fragmentierten Leserinnen- und Nutzerinnenkreisen verbleiben und Zusammengehörigkeiten womöglich bloß imaginieren. Sie sind in jedem Fall eine Chance, entwickelte „Gegenbilder“ zu den von den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften massenhaft verbreiteten Mädchenbildern und deren lebensweltlicher Kontexte, deren reduktionistische Lebensentwürfe und Rollenzuschreibungen aufzuspüren und an ihnen und mit ihnen aufzuzeigen, dass das Spektrum der Lebenswirklichkeiten heutiger junger Menschen, insbesondere von Mädchen, weitaus komplexer, vielgestaltiger und auch um demokratisch-politisch-soziale Mitgestaltung ernsthaft bemühte Bestrebungen reicher ist, als die kommerziellen „Abziehbilder“ es vorgeben. Somit besteht mit ihnen für die vorliegende Arbeit die Chance, die Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbilder und deren lebensweltliche Kontexte möglichst vielgestaltig und umfassend spektriertt untersuchen zu können und durch die vorgegebenen „Gegenpositionen“ die jeweiligen Konturen um so klarer herausarbeiten zu können. So sollen im Folgenden drei exemplarisch ausgewählte, sowohl in Inhalt als auch Gestaltungsformaten starkk voneinander abweichende Beispiele auf ihre in ihnen und durch sie aufgezeigten Mädchenbilder und deren lebensweltliche Kontexte analysiert werden. Dabei giltt für alle gewählten Beispiele, dass sie sich explizit als „Gegenentwürfe“ zu den kommerziellen Produkten der Mädchen-Jugendpresse verstehen und ihr Herausgeben als einen Akt notwendiger g demokratisch-politischer p Reaktion auf die Massenkonsum-
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ware verstanden wissen wollen, und dies ist auch jeweils konzeptionelles Programm dieser Medien. Zudem eint alle drei Produkte ihre Auseinandersetzung mit der Kategorie „Geschlecht“ und deren gesellschaftlichen Konstruktionen und Zuschreibungen. Beide das inhaltliche Konzept betreffenden f Gründe waren letztendlich – neben ihrer sich stark voneinander unterscheidenden Präsentationsformaten – fürr die Auswahl dieser Beispiele aus dem Gesamtspektrum der „nicht-kommerziellen“ Mädchen- und Jugendzeitschriften ausschlaggebend. 4.2
Die „Alternativen“
4.2.1
THINGS ARE QUEER – ein Ego-Zine im Ego-Zirkel
Eine Sonderform der „Fanzines“ im Printmedienbereich bilden die so genannten „Ego-Zines“. Sie sind „Podium der Selbstreflexion des Herausgebers oder der Herausgeberin“, sind Publikationen, die „Kompromisse gegenüber Industrie und Leserr […] nur so weit eingehen, wie diese sich als Vehikel für ihre Egoprojektionen instrumentalisieren lassen“ (Nicolaus 1999: 14). Ihre thematische Vielfalt ist groß, allerdings gilt für die allermeisten immer auch, dass das aktivistische Ausleben derr eigenen Kreativität nach dem Prinzip der so genannten ‚Selbstbestimmung‘ in diesen alternativen Printmedien gleichzeitig als kritische Gegenbewegung zu kulturindustriellen Verwertungsstrategien gedacht ist und teilweise auch funktioniert. Ein vielen von ihnen besonders wichtiges Anliegen ist der Kampf gegen gängige ‚Geschlechterkonstruktionen‘, die Auflösung von Zweigeschlechtigkeit und so genannter ‚Zwangsheterosexualität‘ im Sinne der „schwul-lesbischen Studien“ der „Queer“Bewegung, der „queer theory“ und „queer politics.“78 Im Jahre 2001 erschien ein solches „Ego-Zine“ in Deutschland, in Berlin-Kreuzberg: THINGS ARE QUEER79 (© Abb. 76). Es bewegt sich vollauf im Horizont derr
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Das Wort „queer“ kann im Amerikanischen „schräg“, „fragwürdig“ oder „Falschgeld“ bedeuten, wird jedoch meistens als Schimpfwort für Menschen oder soziale Gruppen verwendet, die den vorherrschenden Normen geschlechtlicher und sexueller Identifikation nichtt entsprechen wollen. In den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts eigneten sich dergestaltt Apostrophierte bzw. Diskriminierte den Begriff f als Selbstbezeichnung an. Im Deutschen giltt das Adjektiv „queer“ oft nur noch als modisches Synonym für aus dem Englischen transferierte Adjektive wie „hip“ oder „trendy“. Das Substantiv „Queer“ wird sowohl als Sammelbegriff f für „schwul-lesbische Studien“ verwendet, kann aber auch die festen Identitätsformen der ehemaligen „Frauen- oder schwul-lesbischen Forschung“ in Frage stellen (vgl. Trumann 2002: 196). 79 THINGS ARE QUEER, o. O. (Berlin) 2001, o. S. (ein „Zine“ – 57. S.) von „Sylvian“ (60. S.); mit „Update“, 1 Bl, „Juli 2002“. Vertrieb: Flatline-Imperium, Berlin (www.thingsg
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Abb. 766
von „queer“ und anderen Strömungen vertretenen Denkmuster bezüglich Liebe, Sexualität und Körperlichkeit, ist daher mit seinem Zusammenspiel von Selbstinszenierung, Diskursrezeption und Entwurfsphantasie vor allem jugendkulturell aufschlussreich. 4.2.1.1 Die Form als Inhalt Im Layout dieses „Ego-Zines“ herrscht ein spielerischer Umgang vor: mit unterschiedlichen Schriftarten und -größen, Klein- und Großschreibungen, mit Textanordnungen, Bildern sowie Druckweisen. Gelegentlich stehen Texte auf dem Kopf, wird Negativdruck (weiße Schrift auf schwarzem Papier) verwendet, werden die Texte von Serienbildern im Comic- oder Science-fiction-Stil sowie kopierten und montierten Fotos durchzogen. Es überwiegt nicht Computer-Layout, sondern ein mittels Xerographie erstelltes Collage-Layout, das an die Montagetechniken derr historischen Avantgardebewegungen des frühen 20. Jahrhunderts, darunter an den Dadaismus, erinnert (siehe dazu Mathy 1994: 93–111). Einen Einblick gleichsam in die ‚Textwerkstatt‘ T vermitteln von Hand durchgestrichene Textteile (© Abb. 77; 25./26. S.). Sie lehnen sich dergestalt an das so genannte Scrap-Book Design an, das
[email protected]) – Zur Zitierweise: Offensichtliche f grammatische u. a. Fehler werden nicht nicht durchgängig korrigiert; im Einzelfall wird auf sie mit „[sic!“] oder „[?]“ aufmerksam gemacht. Die überwiegende g Kleinschreibung g im Original g wird aufgehoben. g
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Abb. 77
Abb. 788
wiederum auf die Gestaltungsweise von Sammelalben und Einklebebüchern jungerr Mädchen zurückgeht80 (© Abb. 78; 28./29. S.). Diese typographische Mischform ist von inhaltlicher Relevanz. Sie verweist mitt ihren visuellen Elementen auch auf Gedankenexperiment und Gedankenspiel, auff unterschiedliche Textsorten und sprachliche Stilelemente. Die Argumentationen werden in diesem „Ego-Zine“ vor allem in einem Text mit Abhandlungscharakterr 80
Handschriftliche Elemente und wie aufgeklebt wirkende Bilder bestimmen auch die Gestaltung der für junge Frauen konzipierten Illustrierten FLASH (Verlag V Gruner + Jahr, Hamburg, 2003; Erscheinen eingestellt). g
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entwickelt. Doch finden sich in ihm weitere Textsorten: darunter Erlebnisberichte – wie ungeordnete r gedankenfetzen zu „familie, schule und homophobie“ (vgl. 14./15. S.) –, Fragebögen („Übungen“) – wie My Gender Workbook (42.–44. S.) – und ein nAchwoRT R [sic!] (59./60. S.); außerdem Zitate aus Christa Wolfs Roman Kindheitsmuster (1976; 6. S.) und ein Text entweder oder und der rest. Transsexualität r undd 81 transgender von zwei anderen Autoren (45.–48. S.). Der Haupttext ist weniger informativ als appellativ; er bedient sich einer sprachlichen Mischform, die – das ist offensichtlich f – vor allem dem Selbstausdruck und der Selbstdefinition des Verfassers dienen soll. In ihr herrscht eine emotionale Sprache mit affektischem f Wortschatz, mit zum Teil pathetischen Superlativen, zum Teil umgangssprachlich-subkulturellen Elementen; eine auch propagandistisch-polemische Sprache mit zahlreichen Nomina, Adjektiven und Imperativen. Wichtige Kennzeichen im Einzelnen sind unter anderem: häufiger „Ich“-Gebrauch; vorwiegende Verwendung des Aktivs; Dominanz der Präsens; Satzgefüge mit mehreren Hauptund Nebensätzen; keine Anwendung von Ironie/Selbstironie. Häufig werden akademische Fachbegriffe f („heteronormativ“ – 18. S; „Stigmatisierung“ – 57. S.) mit unübersetzten englischen Ausdrücken in deutscher Grammatik und deutschen umgangssprachlich Begriffsbildungen f verknüpft. So heißt es in den autobiographischen gedankenfetzen: „Die gelebte Sexualität meiner Eltern ist abschreckend und der pervertierte Höhepunkt einer kulturell promoteten r Reduktion auf genitalen Steckkontakt“ (14. S.; Hervorhebung: D.K.). Und gegen Schluss des Abhandlungsteils: „Diese Zine promoted r Queermess [querness?] und antiidentitär ausgerichtete Arten und Weisen, zu existieren“ (57. S.; Hervorhebung: D.K.). Im nAchwoRT ist in einerr Wort-Neuschöpfung von „ich hau auf die kacke-queergeprolle“ und in Ad-hocWortverbindungen von „adretten Szenemäntelchen“ (2. S.), „(sub)kulturellem Verwertungspool“ (2. S.) oder „polit-business“ (59. S.) die Rede. Auch bekannte Phraseologismen werden übernommen: zum Beispiel „ein widerspenstiger Akt gegen kulturelle Zuschreibungen“ (57. S.). Insgesamt wird ein umgangssprachlicher Populismus in flüssigem Stil mit dem Anschein von akademischer beziehungsweise feuilleton-publizistischer Professionalität verknüpft. Das stellt einen Rekurs auf das unterschiedliche Kulturwissen der „Zine“-Rezipienten/-innen dar, der Möglichkeiten zur ‚Identifikation‘ mit den weni-
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„Ulle / Christian“ – Familienname durchgestrichen; handschriftliche Anmerkung: „ausm ‚diskus‘.“ Gemeint ist diskus – Frankfurter StudentInnen Zeitschrift (Frankfurt a. M.); derr Text erschien im Jg. 1999, H. 3: Geschlecht, Geschlechter, r Geschlechtesten (diskus-Netzarchiv; www.copyriot.com/diskus; py 19. 08. 2003).
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ger deskriptiven als vielmehr evaluativen und appellativen Aussagen schaffen f soll, symmetrische Partnerbeziehungen zwischen Kommunikator/-in und Rezipient/-in; also Intertextualität. 4.2.1.2 Die Prämissen: Individuum, Sexualität und Gesellschaft Aufschlussreich – über den „Queer“-Horizont hinaus – sind jene Beobachtungen und Schlussfolgerungen, in denen der Verfasser/die Verfasserin Individuum, Sexualität und Gesellschaft in Beziehung setzt. Sie belegen plastisch, wie sich eine Gesellschaft, die „Entfremdung, Isolierung, Vereinzelung“ (51. S.) begünstige, eine „Zwangsordnung“, eine „Machtformation […], innerhalb derer sich die uns bekannte Zweigeschlechtlichkeit […] hierarchisch organisiert“ (29. S.), an einem (Autor-) Individuum auswirken kann.82 In einem kleinen ABC lassen sich die Reflexe dieserr Konstellation zusammenfassen: H wie Heterosexualität r : Sie sei „keine schicksalhafte Eigenschaft, sondern ein Prozess, der anfechtbar ist – überall dort, wo er passiert“ (29. S.). Heterosexualität existiere „tatsächlich nur als Fiktion und Ideal“ (29. S.). Es müsse „ihre Verzahnung mit anderen Machtverhältnissen begriffen f werden, die sich in Geschlechterverhältnissen und der Konstruktion von ‚race‘, Klasse, Körper etc. äußern“ (1. S.). Denn „Heterozentrismus ist brutal“, nehme sehr vielen Menschen Lebensqualität, erzeuge Angst und Ausgrenzung (57. S.). I
wie Identität: „Während die meisten Diskurse dahin tendieren, sexuelle Identität als naturhaftes oder wesenhaft gewordenes Schicksal festzuschreiben und Herrschaftsverhältnisse unsichtbar werden [zu] lassen, muss es darum gehen, dieserr identitären Falle etwas anderes entgegenzusetzen: ‚sexuelle Identität‘ ist kein Schicksal, sondern eine Entscheidung – und nicht zuletzt eine politische Entscheidung“ (9. S.).
L wie Lust, „die ‚nicht-nützliche‘ Dimension der Sexualität“: „Das Besondere des Spätkapitalismus liegt darin, wie er diese Lust verwaltet und von ihr profitiert: es
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In einem Update in Form eines Beiblatts schreibt der Verfasser/die Verfasserin im Jahre 2002 rückschauend: „[‚] Things are queer [‚] zu machen, war u. a. mein ganz persönlicher Umgang mit bestimmten zwischenmenschlichen Enttäuschungen, die ich innerhalb einer heterosexualisierten Ordnung machen musste. Das Heft dokumentiert unfreiwillig den Höhepunkt einerr längeren Phase, in der es mir wichtig erschien, mich an Heteros und Heteras abzuarbeiten. Ein Großteil des Heftes richtet sich also an Heteros/Heteras. Es soll mich nun auch nicht verwundern, dass es überwiegend von ihnen konsumiert wurde.“ Am Schluss heißt es: „Schwul is cool! Sylvian, y im Juli 2002.“
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ist ihm weitgehend gelungen – und das macht u. a. seinen Erfolg aus – [,] die Artikulation von Bedürfnissen und Wünschen entlang zweier Basisachsen zu etablieren: genitale Belohnung und Befriedigung durch Konsum“ (7. S.). N wie Normalität: „Ich raffe f nicht, warum dieselben Menschen, die erkannt haben, dass Normalitätskonstruktionen Herrschaftsverhältnisse reproduzieren, sich damit abfinden, dass sie täglich die Normierungen in der herrschenden Sexualität und Freundschaftskultur f akzeptieren und fortschreiben“ (15. S.). S wie Sexualität: „Sexualität ist ein kulturelles Produkt, das ganz und gar von Machtverhältnissen durchsetzt ist. Es handelt sich nicht um ein so genanntes ‚natürliches‘ und ahistorisch gegebenes Set an ‚biologischen‘ Grundeinstellungen, sondern um ein Set an Praktiken, Techniken, Verhalten, Sprache, Zeichen, die von Anfang an sozial sind. Sexualität ist von Machtverhältnissen durchsetzt“ (7. S.). W wie Widerstand: Der Verfasser plädiert dafür, „die Verhältnisse anzugreifen, die uns zur Identifikation mit Kategorien wie homo- oder heterosexuell nötigen“ (57. S.), für einen „Widerstand, W der den zwanghaften Charakter von Identität und ihren Nutzen für Herrschaft beschreiben lernt und Gegenmittel entwickelt – und dabei eben auch Heterosexualität als Reproduktionszusammenhang von Ausgrenzung und Herrschaft mitdenkt“ (1. S.). Dabei formuliert der Verfasser/die Verfasserin die Kernbotschaft wie folgt: „Es geht um die Zerstörung der Kleinfamilie und der Liebespaar-Kultur. Es gilt, eine Kultur zu attackieren, die heterosexuell zugerichtet ist und mich nötigt, mich als Mann oder Frau zu begreifen. Ich will die Zerfaserung einer heterosexuellen Identität, weil sie meine Gefühle und Lüste zurichtet. Meine Handlungsmöglichkeiten eingrenzt. Meine Beziehungen zu anderen Menschen kategorisch vordefiniert und eingrenzt. Ich will einen offenen f Raum identitärer Unverbindlichkeit, frei von Definitionszwang und voller Uneindeutigkeiten“ (21. S.). Der Autor/die Autorin sieht in biologischen Tatbeständen nur die zwanghafte Wiederholung bereits erlebter Befriedigungen, nur das konservative Element des Wiederholungszwangs. Darum verbindet er/sie hier feministisches, auch „schwullesbisches“ Gedankengut mit einer individualistischen Scheinrevolte – nicht etwa gegen soziale Verhältnisse und Geschlechterverhältnisse, deren permanente Reproduktion von Ungleichheit, sondern gegen die Vielfalt der biologischen, psychischen und sozial-kulturellen Faktoren; nicht gegen traditionelle Geschlechterrollen, sondern gegen Heterosexualität ‚an und für sich‘. Er/Sie unterstellt – wie die Queer Studies –, „dass Heterosexualität eine […] Machtkonfiguration ist“ (Hark 2005: 299).
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4.2.1.3 Das Selbstverständnis und die BRAVO-Kritik A In einem expliziten Textbeitrag setzt sich der Verfasser/die Verfasserin auch mit den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften, speziell mit der Zeitschriftt BRAVO, A auseinander und formuliert hier nachhaltig Kritik. Er/Sie resümiert die Skandal-Chronik, die Geschichte dieses Magazins als Summe von Ärgernissen und klagt vor allem die darin enthaltene falsche Romantik, die kommerzialisierten Schönheitsideale und die Stilisierung der heteronormativen Paarbeziehung an. So stünden die Beratungsrubriken „im Dienste traditioneller Sexualitäts- und Geschlechtsrollenklischees“ (18. S.); das von ihnen verbreitete Wissen sei „heteronormativ eingeengt und ermutigt Mädchen wie Jungen [,] sich mit vermeintlich ‚natürlichen‘ oder ‚wesenhaften‘ geschlechtsgebundenen Eigenschaften und ‚Neigungen‘ zu identifizieren“ (ebd.). Eine bestimmte „Konstruktion von Geschlechtscharakteren“ (19. S.) sei auch in den Fotogeschichten zu finden. Hier dominierten eine romantisierte „Liebessemantik“ und das „Aschenputtel-Motiv“: das anfangs „hässliche“ Mädchen werde durch neue Kleidung und Kosmetik zur lebendigen Schönheit (vgl. 19. S.). Mit dieser Fixierung auf traditionelle Schönheitsideale (ebd.) einher gehe die Unterschlagung nicht-heterosexueller Lebensweisen (20. S.). Ganz recht sieht der Verfasser/die Verfasserin Zusammenhänge mit dem sexuellen Exotismus (52. S.), der heterosexuellen „normativen Wirklichkeit“ im Fernsehen (ebd.), den „warenförmigen Idealen“ auch bezüglich des Körperbewusstseins (54. S.). Die vom Verfasser/von der Verfasserin formulierten Beobachtungen und Analysen sind kritisch, allerdings in einem eher wenig konstruktiven Sinn. Sicher ist vieles, was da in der BRAVO A geboten wird, bloßer Schein, Über- und Verblendung. Aber die Leserinnen hinterlassen gleichsam hier auch ihren Abdruck: ihren Wissensdrang, ihre Schönheitsvorstellungen, ihre ästhetischen Bedürfnisse, auch von ihnen aufgenommene feministische Topoi wie „Chancengleichheit“ und „Demokratie derr Geschlechter“ gerade in den Beratungsrubriken beispielsweise. Gewiss haben die Bilder vom „Leben“, die BRAVO A erzeugt, „konfliktverdeckenden Charakter“ (Stauber 1999: 54). Aber: „Verdecktes V lässt sich […] nicht einfach aufdecken durch die Zerschlagung des schönen Scheins. Der schöne Schein ist voller Bedeutungen, die wahrgenommen und anerkannt werden müssen“ (ebd.). Nicht als bloßes Negativum darf daher erscheinen, was, wenn nicht vernichtet, so doch in seinem Einfluss zumindest zurückgedrängt werden soll. Es kann nicht um den puren Gegensatz gehen, sondern um die Erkenntnis von Widerspruchskonstellationen im kommunikativen Charakter des attackierten Mediums.
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4.2.1.4 Die Gegenkonstruktionen – Sexualität des Widerstands? Der Verfasser/Die Verfasserin steht im Horizont der so genannten „Queer Theory“ (56. S.) und die Egozine ist ein Plädoyer für „queer“ – denn diese „Theorie“ sei ein „Angriff f auf ein System souveräner Subjekte und kohärenter Identitätsentwürfe“ (15. S.).83 Ungeklärt lässt der Autor/die Autorin, auf welcher gedanklichen Ebene er/sie sich überhaupt bewegt: der biologischen, der psychologischen oder der soziologischen. 83
Gudrun Perko unterscheidet vier Bereiche des Gebrauchs von „Queer“: den „modischen Gebrauch, in dem alles Schicke queer erscheint; die lesbisch-schwul-queere Variante zeigtt queer als Synonym von schwul-lesbisch; die lesbisch-schwul-bi-transgender Variante erweitert die Kategorien schwul/lesbisch durch die Benennung der Bisexualität oder Transgender. Am offensten f ist eine vierte Verwendung, die plural-queere Variante, in der die größtmögliche Vielfalt von Lebensformen einbezogen und ihre Etablierung forciert wird (transgender Mann, transgender Frau, Intersexe, Drag Kings und Drag Queens, Cyborg, Tommboyfemme, lesbisch, schwul u. v. m.“ (Perko 2005, Teil I, S. 31). — Nina Degele schreibt zu „Queer Studies“: „Seit gut Dutzend Jahren mischen die Queer Studies das akademische Parkett auf. Sie wollen keine ‚normale‘ wissenschaftliche Disziplin sein, sondern vielmehr die etablierte gesellschaftliche Ordnung als zweigeschlechtlich und heterosexuell organisierte Zwangsveranstaltung auf den Kopf stellen – mit wissenschaftlichen Mitteln. Zielscheiben der Kritik sind deshalb nicht mehr wie in frauenbewegten Zeiten der 1970er und 1980err ‚die Männer‘ und ‚das Patriarchat‘, sondern normalisierende Normierungen rund um Geschlecht und Sexualität: Institutionen (wie die Ehe), Ideologien (wie der ‚weibliche Führungsstil‘) und die Logik des binären Denkens, wie es sich etwa in wissenschaftlichen Lehrgebäuden wie der Soziobiologie oder auch der Philosophie niederschlägt. Um normalisierende Normierungen handelt es sich, weil dort entweder unreflektiert oder schlicht ignorant mitt Konzepten ‚natürlicher‘ Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität hantiert wird. Damitt verbundene Wissensprodukte, Organisationsprinzipien und Institutionen entlarven und sezieren queere r DenkerInnen mit viel Kreativität und Fleiß als ‚heteronormativ‘.“ Und weiter: „[…] Als Adjektiv meint queer ‚seltsam. komisch, unwohl‚ gefälscht, fragwürdig‘ und ist damit negativ konnotiert. So fand und findet es noch immer als Schimpfwort gegen Lesben und Schwule Verwendung, gleichzeitig haben sich solche Gruppen den Begriff f seit den späten 1980ern aber auch mit Stolz angeeignet. Als Substantiv ist queer ein Sammelbegriff f fürr GLBT (Gay-Lesbian-Bi-T a Transsexuals/-genders) bzw. für all diejenigen, die sich nicht in das Korsett eindeutiger heterosexueller Orientierungen und binärer Geschlechtszuordnungen zwängen lassen wollen. In den USA der späten Achtziger waren das zunächst einmal diejenigen, die sich von einer kommerziell gewordenen, lifestyle-orientierten und elitären Schwulenkultur einerseits und andererseits von separatistischen Feministinnen, die gegen Pornografie, Promiskuität und SM Vorbehalte äußerten, nicht mehr in der schwul-lesbischen Bewegung repräsentiert sahen. Dazu kamen empfindliche Angriffe f einer neuen Rechten gegen Abtreibung, deren Diskriminierung von Homosexuellen sowie die sozialen Folgen von AIDS. […]. Vor dem Hintergrund entstand queer als eine neue Form der Bündnispolitikk unterschiedlicher gesellschaftlicher AußenseiterInnen. Als Verb schließlich heißt to queer jemanden ‚irreführen‘, etwas ‚verderben‘ oder ‚verpfuschen‘. To queer hat damit zu tun, etwas oder jemanden aus dem Gleichgewicht, g aus einer selbstverständlichen Ordnungg zu bringen. g
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Drei methodische Aspekte seiner/ihrer „Theorie“-Konstruktion sind für den Themenzusammenhang Liebe, Sexualität und Körperlichkeit wichtig: a) die Vermischung von (biologischem) Geschlecht und (sozialer) Geschlechterrolle, damit deren Nivellierung; b) der biologistische Reduktionismus, der zur Ausblendung der sozialen Verhältnisse in ihrer Relevanz für Geschlechterverhältnisse r führt, und c) die unkritische Übernahme des individualistisch gedeuteten Persönlichkeitsideals der „Selbstbestimmung“, das soziale Risiken privatisiert, alle Veränderung in das Individuum verlagert, so dass sie ausschließlich systemkonform und stabilisierend wirkt (vgl. THINGS ARE QUEER, S. 6ff.). f Der Verfasser/Die Verfasserin schließt in seiner/ihrer Konstruktion vom „Geschlecht“ – als körperlicher, anatomischer, physiologischer Erscheinung – permanent auf die soziale Geschlechtsrolle.84 Doch in der Gegenwart gibt es weder eine allgemein akzeptierte Definition von ‚Frau‘ und ‚Mann‘, vielleicht mit Ausnahme der biologischen, noch eine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Auffassung f vom Wesen und der Genesis der Geschlechtsunterschiede. Auch ‚das Weibliche‘ lässt sich nicht begrifflich f erfassen, weder als Ensemble von Attributen noch als eine unveränderliche Charakterstruktur (Beutin 1995: 19). Das Sexualverhalten und die Einschränkung der Objektwahl werden vor allem vom Lernen und von der Erfahrung beherrscht – nicht von der geschlechtlichen Anatomie; und verankert ist nichtt die Fixierung auf ein bestimmtes Geschlecht, sondern die Veranlagung, erotisch auff bestimmte Stimuli zu reagieren (ebd.: 26f.). In seiner/ihrer „queer“-Begeisterung Das bezieht sich in erster Linie auf die Zuschreibung einer Identität als naturgegeben, wogegen vor allem queer in Verbform aufbegehrt. Mit einem solchen Affekt f gegen Festlegungen und für Mehrdeutigkeit ist queerendes r Denken mit einer wissenschaftlichen und auch politischen Positionierung verbunden, die ihre Kraft aus der Auseinandersetzung mit Denkformen und Institutionen bezieht, die vereinfachen, binarisieren, hierarchisieren und ausgrenzen. In diesem Sinn bedeutet „to queer – to make strange, to frustrate, to counteract, to delegitimise, to camp up – heteronormative knowledges and institutions, and the subjectivities and socialities that are (in)formed by them and that (in)form them.“ […]. Queerendes r Denken kann sich vor diesem Hintergrund auf die wissenschaftliche Produktion von Wissen beziehen, auf gesellschaftliche Phänomene und Ereignisse, auf das Alltagswissen und schließlich auch auff die Grundlagen und unhinterfragten Prämissen der Queer Studies selbst. […]“ (vgl. Degele 2005: 109–133). 84 Vier Bestimmungen gehören zum biologischen Geschlecht: 1. das Chromosomengeschlecht, 2. das Keimzellengeschlecht, 3. das gonadophorische Geschlecht, 4. das Genitalgeschlecht. Vgl. Lautmann 2002; darin S. 147–168. Kulturelle r Interpretation r der Genitalien; bes. S. 152–154.
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unterlässt der Verfasser/die Verfasserin trotz einzelner treffender f Beobachtungen die Auseinandersetzung mit den sozialen Verhältnissen, ihren Vorgängen und Ergebnissen, mit der Gesellschaft als Beziehungszusammenhang. Also mit dem Gesamtgeschehen, den lebensweltlichen Kontexten, in dem die Geschlechterverhältnisse r sich entwickeln, mit den ökonomisch-sozialen Voraussetzungen, sozialer Hierarchisierung und ihrer Reproduktionsweise, mit Repressionen und sozialer Marginalisierung. „Wir W haben es mithin mit einem Herrschaftszusammenhang zu tun, in den beide Geschlechter verstrickt sind, der sich immer wieder hartnäckig reproduziert“ (Haug 2003: 9)85. Das unterstreicht, dass auch junge Feministinnen und „queer“-Denker// -innen nicht nur die „alternative“ geistige Innovation, sondern auch die Interferenz r mit anderen sozialen Emanzipationsbewegungen – wie den Antirassismus, Umweltund Friedensbewegungen –, auch mit Fragestellungen in Bezug auf „Multikulturalismus, Interkulturalität, postkoloniale Kritik, Menschenrechte und Demokratie, Analysen der Black-Queer-Studies, Queer-of-Color, Feminist-Queries [Queeries?] u. v. m.“ (Perko 2005: Teil I, S. 32) brauchen. Der Verfasser/Die Verfasserin von THINGS ARE QUEER behandelt Geschlechterverhältnisse aber eher als sexuelles Problem, weniger als Medium von sozialen und kulturellen Prozessen, von Machtbeziehungen (sozial-symbolischen Beziehungen und Regulativa) (ebd., S. 49). Damit bewegt er/sie sich nicht nur im diskursiven Horizont von „Queer“, sondern auch in dem der in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts in Westeuropa entwickelten Ideen von der „sexuellen Befreiung“. In ihnen wurde Sexualität „als etwas Natürliches, Authentisches und Subversives verstanden, das durch Verbote, Schweigen und Tabus unterdrückt ist“ (Baier/Soine 1997: 75),86 und im Gegenzug wurde sie, die „Hauptenergiequelle des Lebens“, als „Ort der Wahrheit und somit als Ort des authentischen Widerstandes imaginiert“ (Baier/Soine 1997: 74). Bereits in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts erteilte Michel Foucault allerdings „der Hofff nung, mit einer Befreiung der Sexualität auch eine repressionsfreie Gesellschaftt 85
„Die Entlarvung, dass Geschlechterrollen sozial konstruiert sind, legt die Herrschaftsverhältnisse, die diesem Zwang zugrunde liegen, nicht offen f und bringt sie auch nicht ins Wanken“, sagt zum Beispiel Jutta Ditfurth. Aber diese Entlarvung wäre ein erster Schritt zur Erkenntnis jener Verhältnisse, die zum Beispiel die Kommerzialisierung von Sexualität, Körperbewusstsein und Emotionen stützen sowie zur Nivellierung der Ansprüche der Leserinnen führen. Vgl. (J. Ditfurth): „Es gibt vermehrt Hofnärrinnen“. Ein Gespräch mit Jutta Ditfurth […]; In: Haug 2003: 23. 86 Siehe dazu auch Trumann 2002: 40–44: Sexuelle Befreiung r der Frau. Darin u. a. die These der Verfasserin, dass die Diskussion über „sexuelle Befreiung“ mittlerweile von der Dauerdiskussion über „sexuelle Gewalt“ abgelöst g worden sei.
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Abb. 79 9
schaffen f zu können, eine deutliche Absage“ (Hark 2005: 297, unter Verweis auff Foucault 1977: 15). Die Aufforderung, f „mehr neue Kultur zu gestalten und Lebensweisen zu erfinden“, die „mit Heteronormativität und ihren gängigen Identitätskonzepten bricht“ (eigentl.: brechen; 9. S.), kumuliert in dem Postulat: „Erfinde dich selbst“ (© Abb. 79; 30./31. S.). Mit diesen Vorstellungen – auch mit jenen von den fluktuierenden „Identitäten“ – allerdings wird „Einsicht in die gesellschaftliche Bedingtheit auch der privatesten Regungen“ (Trumann T 2002: 29) durch den Verfasser/die Verfasserin tendenziell marginalisiert, ebenso die Einsicht, dass „Identität“ durch das eigene sozial-kommunikative Handeln erst hergestellt r wird. Ohne dieses wird nur ein Schein der Autonomie erzeugt – keine wirkliche Unabhängigkeit, sondern die hoch individualisierte, die variantenreiche Unterwerfung unter das massenhaft herrschende Allgemeine. Die Untersuchung von THINGS ARE QUEER bestätigt, dass vor allem zwei Faktoren in der kritischen Auseinandersetzung mit den kommerziellen Jugend- und Mädchenzeitschriften nicht unhinterfragt bleiben sollten:
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Zum einen das von diesen Zeitschriften nahezu als Diktat vermittelte Idealbild heteronormativer Partnerschaft und zum anderen die über die Konstruktionen von Geschlecht unablässig vorgebeteten Rollenzuschreibungen und Lebensentwürfe. Beides stellt die untersuchte Egozine in den Mittelpunkt. Beides gilt es gerade im Hinblick auf die Adaption solcher perpetuierten „Inputs“ im Rahmen einer Mediensozialisation junger Leserinnen und Leser immer wieder kritisch zu hinterfragen. Der Verfasser/Die Verfasserin trifft f – auch wenn hier nur bedingt konstruktive Gegenvorschläge entwickelt werden – doch die Hauptpunkte einer medienpädagogisch kritischen Auseinandersetzung mit kommerziellen Mädchenzeitschriften und zeigt auf, dass er/sie einen – wenn auch überwiegend dekonstruierenden – Gegenentwurf zu leisten versucht. In diesem Sinne erweitert die untersuchte Arbeit vorr allem das Spektrum der Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbilder um das von den kommerziellen Zeitschriften ungebrochen vertretene Bild der fest gefügten Geschlechterkategorien, ihrer Zuordnungen und vor allem ihrer Entwicklungsmöglichkeiten hinsichtlich für von Mädchen und jungen Frauen und Männern gestalteten Lebensentwürfe. Die radikal-kritische Hinterfragung festgezimmert scheinender Paradigmen öffnet f somit – bei aller Schwäche hinsichtlich der Stringenz in der Plausibilität der Argumente – dennoch die Gestaltungsoptionen innovativer, vielgestaltiger Lebensmodelle, die – wenn auch immer korrespondierend zu gesellschaftspolitisch-wirtschaftlich-sozialen Lebensbedingungen – so doch in sich freie Wählbarkeiten, Brechungen mit alten Mustern und Entwicklung alternativer Formen in sich bergen. 4.2.2
Die Zeitschrift GÖRLS zwischen Fanzine und Profiblatt
Die zweite der untersuchten nicht-kommerziellen Zeitschriften weicht in Form und Inhalt wesentlich vom vorgestellten Egozine ab. Auch sie wurde vor allem deshalb für die vorliegende Untersuchung ausgewählt, weil sie in ihrem formulierten Selbstverständnis einen expliziten Gegenentwurf zum Mainstream der kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften leisten wollte und sich hinsichtlich ihrer Inhalte von diesen klar abzugrenzen sucht. GÖRLS ist kein Produkt allein jugendlicherr Macherinnen – insgesamt waren hier in der Gesamtmaterialbasis der nicht-kommerziellen nur wenige solcher Heftarten zu finden – sondern wurde sowohl initiiert als auch betreut durch in der Jugendbildung tätige Erwachsene. Dennoch scheint GÖRLS sehr aufschlussreich im Hinblick auf die Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbild, da der überwiegende Teil der Ideen, Vorschläge und ihrer Umsetzungen nach eigenen Aussagen aus der das Heft gestaltenden redaktionellen Gruppe
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von Mädchen kommt. Die betreuenden Erwachsenen fungieren vor allem als Vertreterinnen des mittlerweile sehr etablierten Projekts auf politischer (Geldgebungs)Ebene, weniger auf inhaltlicher. So verspricht GÖRLS – wenn auch nichtt vollends, so doch zum ganz überwiegenden Teil – den selbst reflektierten und autonomen Vorstellungen junger Frauen und Mädchen zu entstammen und damit für die vorliegende Untersuchung bei aller Gefahr pädagogischer Überformung doch aufschlussreich. Die Kriterien so genannter „alternativer“ Kommunikation – enge Wechselbeziehungen zwischen KommunikatorInnen und RezipientInnen beim Austausch von Informationen und Meinungen, Authentizität der Analyse des sozialen Daseins sowie Verbindung von aufklärerischer Kommunikation und Aktion (Kleiber 1997: 60f.) – wollen auch eher halb-professionelle, mit der Kategorie „Fanzine“ nur teilweise charakterisierte Medienprodukte erfüllen. Zum Beispiel GÖRLS, die erstmals 1994 im hessischen Jugendbildungswerk Darmstadt-Dieburg im Rahmen der außerschulischen Bildungsarbeit konzipierte Mädchenzeitschrift. Seit 1996 erscheint diese jährlich einmal in einer Auflage von 3.500 Exemplaren; 2004 hatte sie 300 Abonnentinnen. Das Projekt trägt sich aus Mitteln des Landkreises Darmstadt-Dieburg, dem Verkauf, durch Werbung und Sponsoren. Vertrieben wird diese „langlebigste nichtkommerzielle Mädchenzeitung in Deutschland“87 unter anderem über regionale Buchhandlungen und Einrichtungen der Jugendarbeit. Die redaktionellen Arbeiten werden von einer pädagogischen Mitarbeiterin und einer Bildungsreferentin im Rahmen der außerschulischen Arbeit des Jugendbildungswerkes koordiniert, von der deutschen Agentur „Jugend für Europa“ der Europäischen Union zu Beginn finanziell und von Computergrafik-Expertinnen fachlich unterstützt; Förderer sind außerdem unter anderem die Hessische Landeszentrale für politische Bildung, die „Kooperation Frauen e.V.“ und die Fachhochschule Darmstadt. 2006 erhielt GÖRLS den „Best Practise Preis“ für ein „vorbildliches Toleranzprojekt in der Kategorie Medien“ (GÖRLS 1/2005: 3). Die Initiatorin von GÖRLS war eine Gruppe von mehreren Mädchen, die – wie sie in ihren seit 1995 herausgegebenen Informationsblättern und Pressespiegeln immerr wieder betonten – „mit dem gängigen Mädchenbild in den kommerziellen Girlieoder Mädchenzeitschriften“, mit der „typischen Geschlechterstigmatisierung (Hund, Herd, Kinder, Konsum)“ nicht einverstanden waren. Sie wollten primär andere Themen, vor allem solche, in denen es auch um gesellschaftspolitische, sozialkritische 87
(Gez.: „lh“): Blick geht über Musik, Mode und Megastars hinaus. Mädchen machen Magazin „Görls“. In: OFFENBACH-POST, 9. Juni 2004.
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oder umweltpolitische Anliegen und Problematiken geht. Und sie wollten mit einerr selbst gemachten Zeitschrift die Möglichkeit schaffen, f „sich selbst auszudrücken und auszuprobieren“. Besonders wollten sie „mit dem Klischee aufräumen, dass sich Mädchen nur für so genannte ‚Mädchenthemen‘ interessieren“, also zum Beispiel für „Mode, Schminken, Partnerschaften“.88 Die konzeptionelle Nähe zu feministischen Zeitschriften wie EMMA (Köln),89 zu deren publizistischen Feldzügen gegen die mediale „Feldbuschisierung“90 weiblicherr Lebensrealitäten, ferner zu Periodika wie WIR FRAUEN (Verein V zur Förderung von Frauenpublizistik e.V., Düsseldorf) und AUF (Aktion Unabhängiger Frauen, Wien) ist spürbar. Denn zum Themenspektrum von Görls gehören wie selbstverständlich Berufsfindung (auf Feldern wie den Medien bis zur Diplomatie) und Arbeitslosigkeit, Pflegefamilie und Großelterngeneration; Gentechnik; BSE und die „Agrarwende“; historische Frauengestalten wie Olympe de Gouges (1748–1793) und Simone de Beauvoir (1908–1986); Geschlechterrollen, sexualisierte Gewalt, die Genitalverstümmelung in Afrika und Nahost sowie Essstörungen; gelegentlich werden auch 88
Görls. Die neue Mädchenzeitung. Pressespiegel, r o. O. (Darmstadt), o. J. (2002). – In den zahlreichen Informationsblättern zu GÖRLS heißt es in diesem Sinne weiter: „Ziel und Inhalt des Projektes ist, mit Mädchen und jungen Frauen die Vielzahl der gesellschaftlichen Themen zu bearbeiten, die ihren sozialen und politischen Alltag ausmachen.“ Und: „Die Arbeit […] ist von einem interkulturellen Selbstverständnis geprägt, welches Diskriminierung von Minderheiten ablehnt und sich gegen Rassismus und Sexismus stellt.“ Dass. in von den beiden Betreuerinnen Oriella Bazzica und Gerda Weiser verfassten Texten: GÖRLS – Partizipation in einem Zeitungsprojekt. r o. O., o. J. Beiblatt zu H. 1/2005. Dort auch die anspruchsvolle Hervorhebung der „politischen Bildung“ angesichts der „zugespitzten politischen und sozialen Konfliktlagen und der allgemeinen Politikverdrossenheit“, der „Orientierungslosigkeit“, der „Komplexität der Lebensverhältnisse mit der mangelnden Transparenz der gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen und sozialen Lebensverhältnisse“, der „Entsolidarisierung und dem Verlust des Verantwortungsgefühls“ (siehe auch Bazzica/Weiser W 2003). 89 „Sie ist die beste Freundin ihrer Leserinnen, nationales Frauen-Auskunftsbüro und Synonym für die Sache“, heißt es in einer EMMA-Selbstdarstellung „Die Sache der Frauen.“ Und weiter: „In ihrer Grundposition – einer uneingeschränkten Chancengleichheit für Frauen und Männer – hat EMMA sich nie beirren lassen, auch nicht vom jeweiligen Zeitgeist.“ (Mehr als nur eine Zeitschrift! www.emma.de/content; 22. 08. 2003, S. 1) – Siehe auch Heide Oestreich über EMMA: „Sie ist die Boulevardzeitung des Feminismus. Mit groben Thesen entfacht sie öffentlich f Diskussionen, die sonst akademische Zirkel nie verlassen hätten. Sie löst Reflexe aus, die ihr und ihrem Thema das Leben nicht leichter machen – aber sie in der Debatte halten“ (Oestreich 2002: 3). 90 Gemeint ist die Fernsehmoderatorin Verona Feldbusch. Das Zitat laut Literaturliste in www.single-dasein.de (22. 08. 2003), nach Alice Schwarzer: Die Feldbuschisierung. Verdummung statt Aufklärung […]. EMMA (Köln), Jg. 2001, Nr. 5.– Siehe auch Bascha Mika über den „leidenschaftlichen Pragmatismus“ von V. Feldbusch, der „hochgradig authentisch“ wirke (Mika 2001).
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Hautpflegetipps gegeben und Küchenrezepte empfohlen.91 Zum Formenspektrum zählen Interviews mit Lokal- und Regionalpolitikerinnen (von SPD und Bündnis 90/Die Grünen) und Informationen ebenso wie Erlebnisberichte und parodistische Horoskope. 2004 wird in einem GÖRLS-SPEZIAL über das Wahlsystem der USA informiert, in einem regulären Heft über Bildungsseminare und Praktika im Deutschen Bundestag berichtet, werden die Aufgaben einer Klassensprecherin dargestellt und Begriffe f wie „Quote“ erläutert (vgl. GÖRLS 2/2004: 15f., 20–22, 25). Die Teilnehmerin eines Jugendfestivals betont ganz im Sinne der Zeitschrift: „Wir W können hier ohne Jungs einfach so sein, wie wir sind. Mit Jungs sind wir immer irgendwie unter Zwang, so sein zu müssen, wie die Jungs uns wollen. Hier sind wir einfach so, wie wir selbst [sein] wollen“ (Interview Mädiale Dresden. r Orielle und Chantal; GÖRLS 1/2004: 21). – Laut Hessischem Sozialministerium (HSM) sei GÖRLS daher „eine informative und toll gestaltete Mädchenzeitschrift“ (Luise Schröder/Dr. Dagmar Eberhardt: Brief an die Redaktion; GÖRLS 1/2002: 9f.). 4.2.2.1 Die typographische Selbstinszenierung Konstante visuelle, nonverbale Elemente bestimmen auch bei GÖRLS die kommunikative Beziehung mit. Ein Inventar von textuellen und textübergreifenden Zeichen und Zeichenmodifikationen, von Raumstrukturen konstituiert, gliedert, unterstreichtt als Layout Texte und Bilder; Schriftarten und Schriftgrade, Leerräume und Rahmungen markieren die Texte. Rezeptionsvorgaben wie die strukturierende Darbietung der Texte und Bilder sind also wesentliche „kommunikative Steuerungsmomente“.92 Sie zielen – im Idealfall – auf eine dem eigenen Anspruch angemessene Informationsaufbereitung und -verarbeitung, dabei zugleich auf eine angemessene Selbstdarstellung des Mediums. 91
Siehe u.a. Bettina Seib: Keine Chance auf einen Ausbildungsplatz? GÖRLS 1/1998: 5; Barbara Obermüller: Kinderjahre r im Krieg, GÖRLS 1/1999: 8f.; Sind Pfarrer r -Familien anders als andere r Familien? GÖRLS 1/2004: 18f.; Hautsachen, GÖRLS 1/2005: 32; Julia Kern (Recherche): Olympe de Gouges, ebd.: 38f. – Alle Zitate aus GÖRLS werden im folgenden Text mit Heftnummer und Seitenziffer f nachgewiesen. Titel (Überschriften) werden kursiv zitiert. 92 Todorow 1996:118. – Die bedruckte Fläche der Zeitschriftenseite „inszeniert“ (ebd.: 119) den Fluss der Texte, die gleichsam an die lesenden Augen gerichtete Rhetorik. Marshall McLuhans spielerische Formel „ein Auge für ein Ohr“ betonte als Folgen der Revolutionierung der Schriftkultur die Verschiebung der leitenden Sinneswahrnehmungen vom Hören zum Sehen und die Ausbildung von „Mustern der visuellen Gleichförmigkeit und Stetigkeit“ (vgl. McLuhan 1968: 91–116: Das geschriebene Wort. Ein Auge für ein Ohr; das Zitat: S. 94).
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GÖRLS Ö wage „die Gratwanderung zwischen Info-Postille und frechem Provokationsblatt“, schrieb eine Regionalzeitung; ihre Aufmachung sei „professionell“. Aber: „Zu viele Schrifttypen und Logos verwürzen allerdings mitunter den Lesespaß. Design oder Nichtsein – diese Frage ist in ‚Görls‘ zugunsten manches grafischen Schnickschnacks entschieden.“93 Tatsächlich kennzeichnet GÖRLS eine typographische Vielgestaltigkeit – die möglicherweise mit konzeptionellen Unsicherheiten in Erscheinungsbild und Inhalten von GÖRLS zusammenhängt. Die aber möglicherweise auch einfach Ausdruck einer experimentierfreudigen „Lust am Ausprobieren“ sein kann und verschiedene Gestaltungsoptionen erprobt. Sorgfältig, systematisch und kontinuierlich angewendete visuelle Ordnungsprinzipien sind schwer erkennbar. Es dominiert ein „Sammelsurium“ (GÖRLS 1/2001: 34f.) von Experimenten. Originelle Titelblätter versuchen noch Schwerpunkte zu setzen und die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken: zum Beispiel mit Themen wie
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Paul Hermann Gruner: Zweitausend Görls im Landkreis. r Eine Mädchenzeitung als pädagogisches Projekt. r DARMSTÄDTER ECHO, 23. Mai 1996.
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Abb. 81
Abb. 82
Dick sein – dünn sein (GÖRLS 2/1996; © Abb. 80), das Verhältnis von „genetischer“, „biologischer“ und „sozialer“ Determination (GÖRLS 1/2001 © Abb. 81) oder „Frauenquote“ (GÖRLS 1/2002 © Abb. 82). Aber auf den Innenseiten werden zum Beispiel Texte übereifrig mit Stadtplänen und Passfotos unterlegt (die wohl ‚Wirklichkeit‘ W durchscheinen lassen sollen) oder mit Silhouetten von Briefumschlägen und Zierfiguren versehen; werden Karikaturen (Cartoons) und andere Zeichnungen sowie reichlich Zeitungsfaksimiles eingefügt. Und dazwischen wird mitt übereinander gedruckten Rändern mehrerer Texte, die oft in jeweils anderer Schriftart und -größe sowie in senkrechter und waagrechter Anordnung wiedergegeben sind, experimentiert (GÖRLS 2/1996: 7: Typisch y Mädchen – Typisch y Junge © Abb. 83; GÖRLS 1/2000: 26: Neue Weltordnung r © Abb. 84; GÖRLS 1/2001: 12f., Schul-Dada © Abb. 85). Das Layout von GÖRLS setzt die Lektüre gewohnte, politisch interessierte Leserin voraus. Es versucht aber gleichzeitig, Rücksicht zu nehmen auf audio-visuelle Einflüsse und Gewohnheiten, auf moderne Konventionen. Das belegt, wie sehr nichtt nur das mediale Anschwellen von Stoffen f und Formen, die wachsenden Einflüsse der audio-visuellen Produktions- und Präsentationsformen die Gestaltung von GÖRLS durchdringen, sondern – durch diese vermittelt – ebenso technische Rationalisierung, Zeitverdichtung, Beschleunigung der Zirkulation, Vielfalt der Konkurrenz. Das gilt auch für weitere Gestaltungselemente und -prinzipien von GÖRLS.
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Abb. 83
4.2.2.2 Die Rubrizierung Die Detaillierung und Segmentierung ebenso wie die Wiederholung und Hierarchisierung in einer räumlich-zeitlichen Abfolge haben auch in einer Zeitschrift derr Mädchenkultur entscheidende formative Funktionen. Ihre wesentlichen Träger sind die Rubriken. Als „publizistische Kategorisierungsformationen“ (Todorow T 1996: 124) sind sie zunächst Mittel der Aufteilung und Steuerung der sprachlichen Realitätsinterpretationen und -vermittlungen, damit zugleich Ausdrucksformen einer printmedialen Aufbereitung unterschiedlicher Aktionsfelder. Sie klassifizieren nicht nur Gegenstandsbereiche der Zeitschrift, sondern verleihen ihren Inhalten auch vorab Wertigkeiten. So erscheinen die Texte von GÖRLS häufig in Rubriken, deren Titel sich zum Teil an aus audio-visuellen und anderen Print-Medien bekannte anlehnen94: 94
Die Rubriken der Internet-Version V haben eine andere Ausrichtung als die der gedruckten Ausgabe, bieten eher Begleitinformationen: Görls international; Görls goes Europe; r Görls Archiv; r Medien über Görls (Auswahl; www.goerls.de; g 05. 05. 2003).
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– News (Berichte, Vermischtes); – Görls-Report (Reiseberichte, Porträts); – Schul-Dada (Erlebnisberichte, auch Gedankenskizzen zu politischen Themen von Schülerinnen); – Frauen, die das Sagen haben (Interview-Porträts); – Deutsche Mädchen in anderen r Ländern; – Die andere r Seite (Texte T über Ausbildungs- und Berufsprobleme); – Over twenty-one (biographische Erlebnisberichte von Eltern); – Starke Frauen (Porträts historischer Frauen-Persönlichkeiten); – Ökö-Countdown; – Ex-DDR: 1 + 1 = 2?; – Memory (Berichtsrubrik); – Kurioses; – Horakel (parodistische „Horoskope“); – Das kleine A-B-C-Lexikon (Erklärungen historischer Begriffe); f – Starke Sprüche (Sprichwörter, Aphorismen); – To be finished (Fortsetzungsroman); – Schön und gesund; (Psychologische Beratung); – Das Lachen der Sphinx (Rätselrubrik)
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4.2.2.3 Die Textsorten Diese Rubrizierung verweist schon auf die inhaltsrelevanten, Profil bestimmenden Textsorten von GÖRLS. Und diese sind in quantitativer Rangfolge: – – – – – – – – – – – –
Informationen; Interviews/Porträtinterviews; Kommentare; Erlebnisberichte; populärwissenschaftliche Sachtexte (Lexikonartikel); redaktionelle Erklärungen (Editorials); Leserinnenbriefe; Annotationen zu Büchern und Filmen; Erzählungen (Stories of Love); Gedichte; Service; außerdem Sprichwörter, Kreuzworträtsel und Küchenrezepte.
4.2.2.4 Der Sprachgestus Typographie, Rubriken und Textsorten sind gleichsam die ‚Netzwerke‘, in denen GÖRLS mit ihrer Sprache agiert. Die GÖRLS-Sprache vermeidet weitgehend Extreme. So finden sich kaum Formen subkultureller Umgangssprachen, wie sie sich in „Fanzines“ finden: darunter dialektale Übernahmen, englische Füllwörter, Verkürzungen, unübersetzte Ausdrücke in deutscher Grammatik (wie „hardcorig“), Ad-hoc-Wortverbindungen, W Lautmalerei (wie „hmmmm“) sowie Emphasen durch die Vervielfachung, die Mehrfachreihung und Verdoppelung von Vokalen (wie „waaahnsinnig“). In der sprachlichen Gestaltung dominiert trotz der häufigen Wiedergabe persönlicher Werturteile der Autorinnen ein sachorientierter, disziplinierter, teilweise nüchterner Stil, der neben dem Gebrauch des Aktivs und des Präsens folgende Elemente aufweist, die für das mädchenkulturelle Anliegen der Zeitschrift stehen: – die direkte Ansprache der Leserinnen in den Texten und Titeln, zum Teil mit eigenwilliger Zeichensetzung: „Liebe Görlsfans!“; „Ciao [,] eure sarah & die GörlsRedaktion“; „Hallo [,] ihr GÖRLS-Leserinnen und [-]Leser“; „Hallo Mädels“; „Na [,] Görls, habt ihr ihn auch schon einmal verspürt[,] diesen herrlichen, äh [, ] Verzeihung [,] fraulichen Mutterinstinkt?“ (GÖRLS 1/2001: 17); – umgangssprachliche Wendungen wie: „BSE: Voll der ‚Wahnsinn‘!“ W (GÖRLS 1/2002: 27) oder „Rumfragen“ statt „Umfragen“ (ebd.: 35); „Tips T mit Kick“
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(ebd.: 41); „Sesselpupser“ für Verwaltungsangestellte (GÖRLS Ö 1/1996: 3); ferner: „äh“ und „Hei!“; (statt des englischen „Hey“); – schließlich bietet die Zeitschrift sprachmodernbewusst direkte Übernahmen aus dem Englischen wie „It’s our turn!“ (GÖRLS 1/2001: 19), „Memory“ (ebd.: 46) und „Coming Out“ (GÖRLS 1/1996: 9) sowie deutsch-englische Wortverbindungen wie „Stories of Pferde“ (GÖRLS 1/2002: 42f.). Selten finden sich in den Texten Ironie und Selbstironie sowie – Phraseologismen wie „Unser täglich Ei gib uns heute“ (Rubrik Öko-Countdown, GÖRLS 1/2002: 30); – Neologismen, zum Beispiel „Mädiale“ als Bezeichnung für ein Mädchenkulturfestival (GÖRLS 1/2005: 6), und – die Zusammenschreibung von Substantiven wie „MädchenKlick“ (GÖRLS 1/2004: 8); – Anspielungen auf Werbesprüche wie „Nur wo Kult draufsteht [,] ist auch Kultt drin“ (GÖRLS 2/2005: 12);95 – der Verfremdungseffekt, f der zum Beispiel durch die Spekulation auf die noch bestehende Ungewohntheit der so genannten Neuen Rechtschreibung entsteht: „Die Ortografie wird r zur Katastrofe“ r (GÖRLS 2/2004: 14). Die angewandte Sprache korrespondiert so mit dem aufklärerischen Anliegen der Zeitschrift: Sie ist eigenwillig, setzt kreative Akzente, lehnt sich nur bedingt an den „Mainstream“ an und versucht in vielen Details auszudrücken, dass hier derr Versuch von bewusstem Tun dahinter steckt. Dazu passt auch die Verwendung der Bilder: 4.2.2.5 Die Bildelemente Die in GÖRLS verwendeten Bildelemente sind – stellt man hier den Vergleich mit dem Einsatz von bildgraphischen Elementen in den kommerziellen Magazinen an – sowohl was ihre Anzahl als auch ihre Einbeziehung in das Seitenlayout des Gesamttextes betrifft, f ausgesprochen überschaubar. In GÖRLS dominiert derr schriftsprachliche Text, Bilder sind allenfalls illustrativ beigefügt, selten Selbstzweck oder ersetzen Lese- und Informationsfunktion. Auf einem Großteil derr
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Anspielung auf den Slogan der Firma Ferrero, Frankfurt a. M., für die Nuss-Nougat-Creme „Nutella“.
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Bilder sind die Mädchen der GÖRLS-Redaktion Ö selbst abgebildet, mal im Team (siehe GÖRLS 1/2004, Vorderseite; © Abb. 86), mal als Einzelpersonen. Oft handelt es sich um Fotos von besuchten Veranstaltungen, Ausflügen oder es sind Porträtaufnahmen von vorgestellten Frauen, zum Beispiel Politikerinnen. Selbst derr in GÖRLS auf ein Minimum reduzierte Anteil an Werbung (zum Beispiel für das örtliche Kino, einem Laden für Second-Hand-Kleidung oder einem interaktiven Veranstaltungskalender) wird vorwiegend schrifttextlich beworben, kommt mit wenigen Bildelementen aus. Ähnlich verhält es sich auch mit der Verwendung derr Farben: Der überwiegende Anteil der Seiten ist in grauweiß gehalten, farbig sind nurr Titel- und Rückblatt. Auch dies verweist auf eine sich von kommerziellen Zeitschriften grundsätzlich stark absetzende Konzeption, die allerdings möglicherweise auch der Vermeidung höherer Farbdruckkosten geschuldet ist. 4.2.2.6 Die Inhalte Die FRANKFURTER R RUNDSCHAU titelte laut Pressespiegel-Faksimile: „Künastt verdrängt Britney Spears (5. März 2002).“96 Auffällig f an Görls ist tatsächlich, dass konventionelle „Mädchenthemen“ eher am Rande erscheinen. Hierzu trägt ein hoherr Anteil von aus anderen Quellen – Büchern, Zeitschriften und Zeitungen – übernommenen Texten bei; vor allem aus Florence Hervés Weiber-Lexikon (Hervé 1985, 1994 u. ö.) sowie Anette Kuhns und Katrinette Bodarwés Chronik r der Frauen (Kuhn/Bodarwé 1992); aus der Tageszeitung FRANKFURTER R RUNDSCHAU, dem Berliner Wochenblatt FREITAG T und der Kölner Zeitschrift EMMA.97 Drei fürr den text-inhaltlichen Gesamtcharakter von GÖRLS besonders relevante Stichworte sind:
96
FRANKFURTER R RUNDSCHAU, 05. März 2002. – Siehe dazu in GÖRLS 1/2002: 20f., Rubrik Frauen, die das Sagen haben, den Abdruck eines Briefes von Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, an die GÖRLSRedaktion (mit Faksimile der ersten Brief-Seite) zum Skandal um die Rinderseuche „BSE“. 97 Siehe z. B.: Moderne Ideen, alte Muster, r FRANKFURTER R RUNDSCHAU, 10. 07. 97, mitt der Feststellung, dass die „Selbsteinschätzung und Berufswünsche der Mädchen (…) fastt deckungsgleich mit den Vorstellungen der Eltern (sind)“, (GÖRLS 1/1998: 4); Krieg. Stelltt Euch vor, r es ist Krieg, und alle Männer gehen hin, Nachdruck aus EMMA, Jg. 1999, Nr. 3, und „verschiedene Ausgaben des Freitag“, (GÖRLS 1/2000: 3–5); darin u. a. über die „Auschwitzlüge“ (den „Ver V gleich serbischer Greueltaten mit dem Jahrhundertverbrechen deutscher Judenmord“ in der Kriegspropaganda, S. 4) und die „sexualisierte Gewalt“ (S. 5) während des Jugoslawien-Krieges g g 1999.
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Jugend – Diese sei ein Lebensabschnitt, geprägt von „familiären Konflikten, Schulproblemen, drohender Arbeitslosigkeit und ersten sexuellen Erfahrungen“, fernerr von Suche nach Identität und Unabhängigkeit; sie weise auch einen „Trend T zur Radikalisierung in politischen und religiösen Gruppen“ aufgrund sozialer Perspektivlosigkeit auf (Jugend. ABC-Lexikon, GÖRLS 1/1997: 38; nach Hervé 1995). Körperbewusstsein – Über das „heutige Schönheitsideal“ heißt es, dass „man durch den ständigen Anblick schöner Mannequins aus Modezeitschriften zu Niedergeschlagenheit, Schuld- und Schamgefühlen tendiert“ („Denise“ in: GÖRLS 2/1996: 36).98 Die Zeitschrift GÖRLS wendet sich darum gegen „Gruppenzwang“ und „Fremdeinwirkung“ (Eva Schmachtenberg: Mädchen sein – gerne, aber wie ich will, GÖRLS 1/1998: 23) in Sachen Körperbewusstsein und betont in ihrerr Rubrik Schön und gesund über Aerobic: „[…] ich will selbst über meinen Körperr bestimmen können – will kontrollieren, was schwabbeln darf und was nicht“ (Vera V Hohleiter: Aerobic r – Muskeltraining oder Masochismus? (GÖRLS 1/2000: 24). Weibliche Sexualität – Ein Text artikuliert über einen Amateur-Videofilm V – Es ist, wie es ist99 – mit lesbischer Thematik, dass dieser einen „Beitrag zur Aufklärung und Information über lesbische Lebensweise“ leiste und damit zur Verdeutlichung der „Spannbreite weiblicher Lebensrealitäten“ beitrage (GÖRLS 1/2002: 7). GÖRLS macht sich damit für das Eintreten für Partikularitäten und Minderheiten stark, ebenso auch für ‚abweichendes‘ Denken und Verhalten. 4.2.2.7 BRAVO A – Aspekte des Leserinnen-Bildes Die Vorstellungen einer Redaktion von ihrer Leserinnenschaft und ihrem Adressatinnenkonzept äußern sich nicht nur in den Vermittlungsmustern, auf welche die typographische Gestaltung, die Themen und Begriffe f der Texte sowie die Bildinhalte verweisen. Sie äußern sich ebenso in jenen Verlautbarungen, in denen die Redaktion sich mit „Exordialr r rhetorik“ (Todorow T 1996: 132–137) direkt an ihre Leserinnen wendet: in Bemerkungen, Hinweisen, Erläuterungen, Einordnungen, Distanzierun-
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Anonymer Antwortbrief mit der Behauptung, dass Schönheit etwas „für Einfallslose“ wäre, in: GÖRLS 1/1997: 40. 99 Produktion: LIBS, Lesben – Informations- und Beratungsstelle, Frankfurt a. M. – Siehe auch: Das Kleine A-B-C-Lexikon, „Lesbe“. („Bearb. V. koba.“) (GÖRLS 1/1998: 40); und Coming out. Sonja, 17 Jahre r alt; (GÖRLS 1/1996: 9f). f
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gen von bereits erschienen oder erscheinenden Texten. Auch Editorials geben eine wertende Vororientierung und erleichtern dadurch die Selektion der Artikel und deren Lektüre; sie geben Kontextualisierungshilfen im Fluss des Textkontinuums derr Zeitschrift, unterstützen die Kohärenzbildung und die Balance zwischen den Texten. Die Redaktion kann so die Beziehung eines Themas zu den Leserinnen erhellen, vermutete Haltungen gegenüber diesem vorwegnehmen. Mit dem Anspruch, weibliche Lebensrealitäten aufzugreifen, treten bekanntlich auch die kommerziellen Zeitschriften auf. Darum begab sich GÖRLS 1998 in die Münchener BRAVO-ReA daktion, um über deren Arbeitsweise und Leserinnenkontakte zu berichten. Die Ergebnisse sind sehr aufschlussreich – unter anderem für das Adressatinnenkonzept von GÖRLS (© Abb. 87). GÖRLS fragte beispielsweise, warum in den Foto-Liebesgeschichten „nicht ganz ‚normale‘ Leute mitmachen“; warum „(…) alle so geschminkt sein und superordentliche Klamotten tragen (müssen)“; warum „immer nur die Schönen gezeigtt werden?“ (Elisabeth Wolf: Das Dr.-Sommer r -Team T und Die Leserinnenbriefabteilung, GÖRLS 1/1998: 14). Es heißt zusammenfassend: „Da ist es doch kein Wunder, dass so viele Leserinnen ihre Pickel oder ihre Figur als Makel ansehen und verzweifelte Briefe ans Dr.-Sommer-Team T richten“ (Gez.: „Steffi“: f Die LeserinnenTalkrunde, ebd.: 15). Aber BRAVO A richte sich eben nach dem, was durch Umfragen und Gesprächsrunden ermittelt wird, „was den Lesern gefällt“ – oder nicht gefällt. Zum Beispiel, dass die Seite mit der Beratungsrubrik „(…) so einen festen Stil (hat), der auf die Dauer nicht interessant ist“; dass die Modeseiten „nur für einen bestimmten Mädchentyp gedacht sind“ (E. Wolf, a. a. O.).
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BRAVO A sollte, so GÖRLS, Ö „ganz andere Trends setzen“ und Jugendliche „mit verschiedenem Aussehen und unterschiedlichen Interessen“ zeigen. Aber: „Natürlich wurden wir in unserem Idealismus sofort eines Besseren belehrt: Hier zählt nurr der Markt [,] und die einzige Funktion der Leserinnenrunde ist es, die neuesten Wünsche konsumsüchtiger Kids herauszukitzeln, um noch mehr Leserinnen zu bekommen“ („Steffi“, f a. a. O.). Mittels dieser „Markt“-Perspektive allein lässt sich jedoch nicht hinreichend erfassen, dass Produkte wie BRAVO A Erscheinungsformen des Massenkonsums – des Massenkonsumismus – sind. Auch scheinen sie mit ihren latenten, oft schwer zu durchschauenden Diskursoffensiven – mit ihren bestehende Zustände stets nur reproduzierenden Propagandafeldzügen für Schönheitsideale, Erfolgsreligionen und Scheinlösungen vorhandener Konflikte – dazu beizutragen, dass relevante Alltagsmechanismen permanent in das Unbewusste verschoben werden und Gedanken an Kritik gar nicht erst ausgelöst werden. „Wir W konnten uns nicht vorstellen, dass es tatsächlich so unaufgeklärte Leute gibt, die solche blöden Fragen stellen können“, heißt es in dem bissigen GÖRLS-Reportt (Nadja Radomski: Besuch bei der „BRAVO“, GÖRLS 1/1998: 13). Hier, anlässlich der Diskussion um die BRAVO-Beratungsrubriken, A werden leichtfertig gerade weit verbreitete „Verunsicherungen, V Irritationen und Ängste“ in Sachen Jugendsexualität nicht ernst genommen – Verunsicherungen, die auch dadurch hervorgerufen werden, dass in den Beratungsrubriken als wesentlicher Indikator für „richtige“ Sexualitätt immer wieder die erfolgreiche Schwangerschaftsverhütung erscheint (Stauber 1999: 56). Der GÖRLS-Negativismus gegenüber der BRAVO A (und ihren Ablegern und Schwestern wie BRAVO A GIRL!, SIXTEEN und MÄDCHEN) und anderen Massenblättern und Medien, gegenüber deren Schönheits- und Glückspostulaten steht tendenziell eher für gemäßigte denn radikale Kritik der Redakteurinnen und Autorinnen. Was immer sie entdecken – und viele GÖRLS-Texte T sind nicht nur für BRAVOA Leserinnen gewiss voller Entdeckungen –, es sind Ärgernisse, anstößige, empörende Abweichungen von der Norm des Geradlinigen und Vernünftigen – aber eher selten jedoch Auswirkungen der besonderen, konkreten, oft verborgenen Konstellationen des Heute, des modernen Massenverhaltens, des modernen Gesamtgeschehens. Ihre Darstellungen sind interessante, detailreiche Korrekturversuche an bestimmten Zuständen, Denk- und Empfindungsweisen – nicht aber deren Umwälzung, nicht das Aufspüren von konkreten Kräften, die das Verhalten der Verantwortlichen so gut wie der weiblichen Jugendlichen – häufig ohne deren Wissen – bestimmen.
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4.2.2.8 GÖRLS: Ö Mädchenbilder – Weltbilder Die in den kommerziellen Zeitschriften dominierenden Genres Fotogeschichten, Beratung und Werbung tauchen in der „alternativen“ Mädchenzeitschrift GÖRLS nicht bzw. nur rudimentär auf. Während auf das Format der Fotogeschichten garr nicht zurückgegriffen f wird, Werbung nur in Form von Lokalwerbung für ortsansässige Firmen oder Einrichtungen stattfindet, beschränkt sich der Bereich Beratung auf ab und an in den Heften auftauchende „Tipps T mit Kick“ (GÖRLS 1/2005: 44). Hier wird zum Beispiel der informative Beitrag einer Diplom-Psychologin (Beate Arndt) zum Thema „Wann W hast du zuletzt JA gesagt, obwohl du NEIN sagen wolltest?“ geschaltet. In einem ausführlichen, immerhin einseitigen Textbeitrag erläutert die Spezialistin mögliche Ursachen und Verhaltensmuster dafür, erklärtt Hintergründe („Trotz T Emanzipation haben wir Frauen immer noch einen ausgeprägten Wunsch beliebt zu sein. Wir wollen sympathisch wirken, sind oft unsicher bezüglich unserer Rechte, als Egoistin zu gelten würde uns ins Grab bringen und häufig fehlt das nötige Selbstbewusstsein, um klar NEIN zu sagen“ – ebd.). Nichtt unähnlich den Aufforderungen f der Beratungsexpertinnen in den kommerziellen Magazinen, wird auch hier versucht, mit Hilfe von konkreten Tipps das eigene Verhalten bewusst wahrzunehmen und Zug um Zug daran zu arbeiten. („Um dich zu ermutigen, solltest du ein Tagebuch führen, in das du deine Erfolgserlebnisse mitt dem Neinsagen hinein schreibst.“ – ebd.) Allerdings sind derlei psychologische Hilfestellungen in GÖRLS tatsächlich die Ausnahme und werden in der Regel zugunsten von vielgestaltigen, meist mit persönlichen Erfahrungswerten der Herausgeberinnen in Verbindung stehenden Informationsangeboten tendenziell sehr zurückhaltend geschaltet. GÖRLS folgt in Gestaltung, Text und Bild überwiegend der weniger provozierenden, der gemäßigten Version eines modernen Mädchenbildes, das sich zunehmend nicht nur in der typisierten Werbung, in Produkten der Mode- und Kosmetikindustrie, sondern auch in Parteipropaganda, in Kampagnen für die Schaffung f von Ausbildungsplätzen sowie in lokalen und regionalen Initiativen zur „Mädchenpolitik“100 findet. GÖRLS will „kein alternatives Bild von [vom] Mädchensein entwerfen, sondern eher das öffentlich f vorhandene erweitern und damit ändern.“101
100
Zum Beispiel: „FUMA e. V.“ (Frauen unterstützen Mädchenarbeit), „Mädchenhaus Düsseldorf e. V.“ und „Institut für Soziale Arbeit e. V.“ (Münster); vgl. www.fumanrw.de, maedchenhaus-duesseldorf.de und betrifftmaedchen.de f (29. 04. 2003); (18. 01. 2006). 101 Oriella Bazzica/Gerda Weiser 2003: GÖRLS – Pressespiegel. p g a. a. O.
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Die Zeitschrift versucht zwischen zwei Extremen zu vermitteln: zwischen Diffef rentialismus und Universalismus. Da heute jede/-r vermeintlich ‚selbstbestimmt‘ leben, seinen/ihren eigenen „Stil“ finden kann, steht der Differentialismus r – ein Denken, das die Unterschiede zwischen den Menschen positiv betont –, auch bei ihr hoch im Kurs. Ebenso aber der Universalismus, der die Gemeinsamkeiten allerr Menschen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion, kultureller und sexueller Präferenz betont und ihnen durch den Abbau ökonomisch-sozialer Unterschiede ein solides Fundament geben will. Dem entspricht der ideelle und methodische Ort der meisten GÖRLS-Angebote. Sie sind politisch-pädagogische im Sinne sowohl der klassischen Aufklärung (Sabine Wolf Reinfurt: Okkultismus, eine andere Religion? GÖRLS 1/1996: 33f.), der „Leitkultur“ des Humanismus (vgl. Nida-Rümelin 2006) mit ihren Ideen der Würde, Selbstachtung und Autonomie, der sozialen Verpflichtung, der Vernunft und des Rechts, der Gerechtigkeit und Toleranz (ebd.) als auch der modernen Verbindung von – feministisch beeinflusster – Mädchenkultur mit Berufsproblemen und Umweltschutz. Spaß und Erfolg streben die Angebote an, wie zum Beispiel das Interview mit einer professionellen Fußballerin belegt (Sarah Kirschmann: „Ich liebe den Fußball – egal, wie ein Spiel ausgeht“. Interview mit Steffi Jones; GÖRLS 1/2004: 4–7). Sie wollen zur Stärkung des weiblichen Selbstbewusstseins, der Entwicklung der Artikulationsfähigkeiten und zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit f beitragen: Mit Fitt für die Demokratie. Gemeinsam sind wir stark! war ein Bericht über ein Bildungsseminar an der Europäischen Akademie Otzenhausen überschrieben (Claudia Steinmetz; ebd.: 11). Sie sind nicht selten kritisch; zum Beispiel, wenn es um die Massenarbeitslosigkeit geht, deren Folgen „(…) Frauen wie Männer gleichermaßen (betreffen)“ (Unser Kommentar, GÖRLS 1/1998: 4; gez.: „Christine und Katharina“).102 Sie kritisieren durchaus auch die wirtschaftliche und politische Basis des gegenwärtigen Gesellschaftsgefüges und der in ihm sich entfaltenden beziehungsweise nicht
102
Arbeitslosigkeit, außerdem Angewiesensein auf Sozialhilfe, fehlende Ganztagseinrichtungen, gefährliche Verkehrsverhältnisse und „sexualisierte Gewalt“ (ABC ( – Lexikon, „Kind“: GÖRLS 1/2001: 25: Übernahme aus Hervé 1994) gegenüber Kindern führen die Redaktion in einem Politikerinnen-Interview zu der Frage, ob Arbeitslosigkeit „geschlechtsspezifisch“ sei. Diese stellt dazu fest, „dass da im Moment ein Trend ist, dass Frauen durch die aktuelle Arbeitsmarktlage mehr in die Familie zu[rück?]gedrängt werden, und von daher ist das schon eine geschlechtsspezifische Angelegenheit“ (Stephanie Christophersen: Interview mitt Karitas Hensel [Die Grünen, Landkreis Darmstadt-Dieburg]; GÖRLS 1/1998: 30). – Siehe auch: Tips i von GÖRLS an alle Parteien: GÖRLS 1/1998: 26.
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entfaltenden weiblichen Lebensperspektiven.103 Also wenn es darum geht, aus jugendkultureller Perspektive konsequent die von GÖRLS in eigenen Texten beschworenen politischen und sozialen Konfliktlagen zu bedenken, darunter die Tatsachen, „dass Großindustrie und Großfinanzen unseren Politikern die Hausaufgaben diktieren“ (Ausblick, ( GÖRLS 1/2001: 2), und „,dass Arbeiter das Kapital bei derr Produktion für wichtiger halten als sich selbst‘ “ (Stephanie Christophersen: Wie eine Meinung in einem Kopf entsteht, GÖRLS 1/1996: 26f.).104 Und wenn es gilt, die reformistische Ausgestaltung bestehender Verhältnisse, die Schein-Emanzipation unter der Flagge von „Gender Mainstreaming“ deutlich zu machen.105 In einem Textt der Rubrik Frauen, die Geschichte machten über Simone de Beauvoir heißt es in diesem Sinne zwar einerseits: „Sie lehnte jede Abschottung der Frauen von derr Männerwelt ab, war im Gegenteil der Auffassung, f dass Frauen nicht zögern sollten, 103
Ein kurzer Beitrag Patriarchat r bietet eine vorrangig familien- und erbgeschichtliche Definition, erhellt das Patriarchat und die „Frauenunterdrückung“ nur aus der „Vorrangstellung V des Mannes“, der „Minderschätzung der Frau“ – aber nicht als geschlechtsrollenspezifische Erscheinungsform gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse (Patriarchat; r GÖRLS 1/2002 40; gez.: „Stephanie und Miriam“). Siehe dagegen den Text in Fußnote 31 zur modernen (Re-)Patriarchalisierung weiblicher Lebensverhältnisse aufgrund wachsender finanziellerr Abhängigkeiten von Frauen. 104 Das – im Artikel nicht nachgewiesene – Zitat aus: Rauter 1969. – Ein aus einer argentinischen Regionalzeitung (EL TIEMPO, Santa Cruz, 11. März 2002) übernommener Artikel behandelt Armut und Arbeitslosigkeit in der „reichen“ argentinischen Provinz Santa Cruz in einem oberflächlich-faktologischen, Ursachen ausblendenden Stil, der an Spendenaufrufe im öffentlich-rechtlichen f Fernsehen erinnert. Diese Perspektive wird von der Redaktion im Kommentar übernommen: „[…] ist jeder dritte arbeitslos und die Armut unermesslich“; lebten trotz des harten Klimas Menschen „unter der Armutsgrenze“ (Das Gesicht der Armut in Rio Gallegos; GÖRLS 1/2002: 45). Statt die Chance zu nutzen und zumindest die Frage nach den Entstehungsursachen für Armut und Arbeitslosigkeit zu stellen, mit sozialen und politischen Argumenten eine Antwort zu versuchen, bleibt der redaktionelle Text in kleinlauten Äußerungen des Missbehagens stecken. Armut und Arbeitslosigkeit werden so zu unabwendbaren ‚Schicksalen‘ überhöht. Ähnlich verfährt ein redaktionelles Vorwort, in dem es zum Irak-Krieg heißt: „Dies hat uns zum Recherchieren, Diskutieren und ins Grübeln gebracht – gegenüber einem Krieg, den keiner wollte und den es trotzdem gab“ (GÖRLS 1/2004: 2). In kleineren Beiträgen werden als Verantwortliche für die Arbeitsplatzvernichtung und das „Ausbluten der Sozialklasse“ lediglich die „Spitzenmanager“ vermutet, derr „Sozialabbau“ im Gesundheitswesen der „Zweidrittelgesellschaft“ nur registriert (anon.: Zum ‚Managertum‘ oder who’s ’ that man?; ebd.: 2; Sarah Kirschmann: Psychiatrie, Rubrik k Das kleine ABC-Lexikon, ebd.: 39). 105 „An der sozialen Lage von Arbeiterinnen, Frauen im Trikot, Migrantinnen verbessert genderr mainstreaming nichts, im Gegenteil“, betont Jutta Ditfurth. „Die umfassende Emanzipation von Frauen ist […] weder mit Gender Mainstreaming noch mit einem radikalen Gleichstellungsprogramm zu erreichen.“ „Es gibt vermehrt Hofnärrinnen.“ Ein Gespräch mit Jutta Ditfurth. In: FG 2003 (siehe auch Trumann).
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
nach männlichen Qualitäten zu greifen, die eigentlich menschliche Qualitäten seien, den Frauen aber nur vorenthalten worden waren. Auch wehrte sie sich gegen die feministische Richtung, die das Weibliche zum Ideal erhob, da diese Idealisierung die Frauen wieder zurück in die Versklavung schicken würde.“ Aber andererseits heißt es: „Für Simone de Beauvoir bedeutete Feminismus [,] für die Rechte derr Frauen zu kämpfen, aber dieser Kampf findet unabhängig vom Kampf für eine andere politische Ordnung statt.“ (Julia Kern: Simone de Beauvoir. r Sie kam und blieb; GÖRLS 1/2004: 35). 4.2.3
Das Internet-Magazin MAEDCHENANDERMAUS
4.2.3.1 Jugendkulturelle Potentiale des Internets
Abb. 88 106
Beim dritten der untersuchten nicht-kommerziellen Angebote handelt es sich um eine Mädchenzeitschrift in Internet-Version, V die auch ausschließlich online, nicht in zusätzlicher Printversion auftritt. Sie wurde in die vorliegende Untersuchung mit aufgenommen, da sie sich sowohl durch das moderne Medium „Internet“ und die daran gebundenen Potentiale und Chancen dieses Präsentationsformates als auch durch ihr konzeptionelles Abgrenzen von kommerziellen Jugendprintmedien besonders anbot. Auch MAEDCHENANDERMAUS ist – wie GÖRLS – nicht völlig aus sich selbst heraus aktiv, sondern wird in verschiedener Weise – auch medienpädagogisch – begleitet. „freenet. Ich habe freenet, ich bin ein freier mensch und freenet ist ein freier anbieter“, heißt es enthusiastisch vollerr Hoffnung f auf mediengestützte Repräsentation und Emanzipation, in der Zeitschrift GÖRLS.106 Tatsächlich gibt es mit dem Internet nunmehr die grenzenlose globale Perspektive, die umfassende nicht-lineare Kombination von Text, Bild und Ton, die Schnelligkeit und redaktionelle Unabgeschlossenheit, die inter-, multi- und transmedialen digitalen Kommunikationsräume – bei gleichzeitigem Verbleib in vertrauten, nicht zuviel Nähe erlaubenden realen Räumen. Hierr
Frei, r wir sind frei r […]. GÖRLS, 1/2002: 17.
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können Jugendliche „Differenzerfahrungen f machen, ohne Fremdes aggressiv anzugehen oder selbstzerstörerisch miss[zu]verstehen“ (Baacke 2001: 132). Diese Möglichkeiten der interaktiven Beschaffung f entscheidungsrelevanter Informationen und derr direkten Kommunikation, unabhängig von traditionellen Print- und audiovisuellen Medien, werden in ihrem umfassenden „Bildungswert“ (siehe dazu Vogelgesang 2000) in Sachen Medienkompetenz natürlich auch für jugendkulturelle Ziele erschlossen – darunter von Internet-Magazinen der „Frauen-Mädchen-Girlie-Web-Kultur“. W Neben dem gestalterisch-spielerischen Reiz der modernen Website-, zum Teil ComicÄsthetik, werden die Möglichkeit sowohl zur ungerichteten als auch zur assoziativen Interaktion (Weblogging, W Browsing, Chats, Message Boards, Polls, Advice Columns, Paths usw.) für mädchenkulturelle Ziele, ja die „Feminisierung“ (Herring 2003; siehe auch McRobbie 2002) des Internets genutzt. Also für auch medienpädagogisch relevante „Erkundungen in eigenen und in fremden Sozial-Räumen“ (Holzbrecher 2006b: 22), für „alternative“ Inhalte, für neue, grenzüberschreitende Kontakte und Wechselbeziehungen zwischen Kommunikatorinnen und Rezipientinnen, für den Austausch von Informationen sowie Meinungen für die mediale Optimierung der Daseinsanalyse sowie die Verbindung von aufklärerischer Kommunikation und Aktion. 4.2.3.2 Selbstverständnis und Themenspektrum In diesem Sinne wendet sich maedchenandermaus.de, das Mädchenmagazin in Website-Form, sowohl an ein weibliches Publikum im Alter von „ca. 8 bis 20 Jahren“ als auch an das Fachpublikum der „Mädchenarbeiterinnen“. Die redaktionellen und gestalterischen Arbeiten werden von einer Medienpädagogin und dem „Arbeitskreis Mädchen“ des Kreisjugendrings Ostalb koordiniert, von der Fachhochschule für Sozialwesen Esslingen unterstützt (ostalbkreis.de/Kreisjugendring; 07. 03. 2002) (© Abb. 88).107 Die Initiatorinnen sehen sich in der Tradition der so genannten „Mädchenbücher“, jener Ratgeber, die früher zu Konfirmation oder Firmung verschenkt wurden, scheuen sich aber nicht, auch die „medial sehr geschickt aufgemachten“ kommerziellen Mädchenzeitschriften und ihre „Ratgeberfunktion“ zu ihren Vorläufern zu rechnen. Sie sind bemüht, „alle Gebiete der Mädchenarbeit in der Site zu thematisieren“ (maedchenandermaus.de/Kontakt/Impressum.htm; Impressum r oder wie die Seite 107
Der Ostalbkreis war als repräsentativer westdeutscher Modell-Landkreis für eine bundesweite Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ausgewähltt worden. Sie hatte eine „Bestandsanalyse zur gleichstellungspolitischen Arbeit für Mädchen und junge Frauen“ zum Gegenstand und wurde vom Tübinger Institut für frauenpolitische Sozialforschung g (TIFS) durchgeführt g (www.bmfsj.de; j 05. 11. 2002).
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entstand; 07. 03. 2002). Im Zentrum stehen aber der „Lebensalltag und die besondere Lebenslage von Mädchen“ – im Ostalbkreis und über diesen hinaus. Sie sollen hier „Informationen zu allen Problemen und Fragestellungen finden, die das Jugendalter betreffen“ f (…/impressum; Rubrik Zielgruppen; 05. 11. 2002). Zu Zielen undd Optionen werden daher gezählt: „Entzauberung und Nutzung der neuen Medien// Selbstwertsteigerung / Selbstaffirmation f / nützliche Informationen für die Lebenslage von Mädchen“ und „Vernetzung V befördern“. Die „Selbstvergewisserung“ wird als besonders wichtig angesehen „in unserer Zeit, in der alles im Fluss ist“. Ihr dienten auch alle „künstlerisch – kreativen Tätigkeiten“, darunter der „Umgang mit Bildern, Texten, Farben, Musik“ (…/impressum; Rubrik Zielgruppen; 05. 11. 2002). Die „neue Kulturtechnik“ des weltweit medial vermittelten Kontakts und optimierten freien Meinungsaustauschs solle das „Selbstwertgefühl“ von Mädchen steigern (…/impressum; 07. 05. 2003). Darum gehören zum Themenspektrum vor allem: der Schulalltag, der in ihm waltende „Überlebenskampf“ (…/schule; 07. 05. 2003) und die jugendliche Berufsorientierung; die „Demokratie der Geschlechter“ und die „Orientierung auf mehrere Lebensbereiche – auf Politik, Beruf und Privatleben“ als vom Ideal des „Gleichgewichts an politischer Beteiligung, sozialen Bindungen, privaten und ehrenamtlichen Tätigkeiten und beruflichem Engagement“ getragenes „Lebenskonzept“ nicht nur von Polif 05. 11. 2002); ein durch die tikerinnen (…/demokrat; Rubrik Mädchen & Gesellschaft; Dokumentation zu einem Essay Room of One‘s Own (Ein eigenes Zimmer, 1929) von Virginia Woolf gestützter Kommentar zur „wirtschaftlichen Abhängigkeit der Frauen von Männern als Ursache für die kulturelle Abhängigkeit der Frauen“ (…/gesund// zimmer; 05. 05. 2003); Abwehrstrategien gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (…/part/sexBelarb; 05. 05. 2003); Partnerschaft und Schwangerschaftsverhütung; auch Mode und Schmuck, Sport und Schlankheit. Links führen zu Ratgebertexten des Fernsehsenders ARTE, R der Wochenzeitung DIE ZEIT, zu Kurzportraits „bedeutender Frauen“ wie der Malerin Georgia O’Keeffe f und zu Institutionen wie dem „Dachverband der Frauengesundheitszentren“.108 Für die Einheit von Aufklärung und Aktion 108
Interview mit Dr. Jutta Stich (Deutsches Jugendinstitut) über ein Forschungsprojekt zur Jugendsexualität im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung; darin u. a. über die Notwendigkeit von „neuen Kompetenzen“ angesichts der „Ungleichzeitigkeit im Wandel von Einstellungsmustern einerseits und Verhaltensmustern andererseits“ (arte-tv.com/societe/sexualite; 8 S., 05. 05. 2003); Martin Spiewak: Über den Zwang zum eindeutigen Geschlecht: gekürzt aus: ZEIT.DE; darin u. a. über „Abweichungen vom Geschlechtsstandard“ und den Umgang mit ihnen in Medizin und Familienrecht (…/gesund; 7 S., 05. 05. 2003); FemBio. Luise F. Pusch: Fem-Biographie Georgia r O‘Keeffe (fembio.org/frauen; 4 S., 05. 05. 2003); Dachverband der Frauengesundheitszentren g (…/gesund/fgz; g g 2 S.; 05. 11. 2002).
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steht zum Beispiel die Agitation anlässlich des „V-Day“ V („V“ = Victory, Valentine and Vagina“), begangen am 14. Februar. Der so umgedeutete und begangene „ValentinsV tag“ solle „die weltweite Aufmerksamkeit auf den Kampf gegen Vergewaltigung, Schlagen, sexuellen Missbrauch, weibliche Genitalverstümmelung und Frauen- und Mädchenhandel“ richten, auf das Eintreten für eine „weltweite Vagina-Revolution“ mit dem Ziel der Errichtung einer „V-W V Welt“ (…/gesund/Waris; W 05. 05. 2003). 4.2.3.3 Die Gestaltung Konstante visuelle, nonverbale und verbale Elemente bestimmen auch bei diesem Internet-Magazin die kommunikative Beziehung mit. Ein Inventar von textuellen und textübergreifenden Zeichen oder Zeichenmodifikationen, von Raumstrukturen und farblichen Akzenten konstituiert, gliedert, unterstreicht als gestaltende Oberfläche Texte und Bilder, Teile und Gruppen von ihnen; auch Schriftarten und -grade. Klein- und Großschreibungen, Leerräume und Rahmenlinien markieren Abschnitte und Phrasierungen auf der Seite. Rezeptionsvorgaben wie die strukturierende Darbietung der Texte und Bilder sind daher auch hier wesentliche, weil für die Benutzerführung (Navigation) notwendige kommunikative Steuerungsmomente. Verzeichnisse und Unterverzeichnisse, Rahmen (frames), Bildlauf- und Symbolleisten, Verbindungen (links), Navigationssymbole und „Favoriten“. Webseiten mit ihrem „Interaktionsdesign“ (Storrer 2004: 55) sind insofern interaktive Grafiken, in denen Navigations-, Inhalts- und Interaktionskomponenten miteinander kombiniert und in verschiedene Formen der Text-Bild-Konnexion aufeinander bezogen sind, dergestalt auch zu einer „neuen Literalität“ (Bachmair/Seipold 2003: 67) führen. Die Webseiten beabsichtigen eine dem eigenen Anspruch angemessene Informationsaufbereitung in Bild, Wort und Ton, in Schrift, Text-Bild-Relation und Farbigkeit, dabei zugleich eine angemessene Selbstdarstellung des Mediums. Denn die durchweg professionelle, übersichtliche, nutzerinnenfreundliche Gestaltung in MAEDCHENANDERMAUS korrespondiert mit der konzeptionellen und wirkungsstrategischen Zielsicherheit, der eigenen Ortsbestimmung, dem Publikumskonzept. Sorgfältig, systematisch und kontinuierlich angewendete visuelle Ordnungsprinzipien in Übereinstimmung mit den konzeptionellen Schwerpunktsetzungen sind deutlich erkennbar. 4.2.3.4 Rubriken, Textsorten und Sprachgestus Die Detaillierung und Segmentierung ebenso wie die Wiederholung und Hierarchisierung in einer räumlich-zeitlichen Abfolge haben auch in einer Internet-Zeitschriftt entscheidende formative, vorstrukturierende und rezeptionslenkende Funktionen.
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Ihre wesentlichen Träger sind die über die Navigationsleiste erreichbaren Rubriken. Als Kategorisierungsformation sind sie zunächst Mittel der Aufteilung und Steuerung der multimedialen Realitätsinterpretationen und -vermittlungen, damit zugleich Ausdrucksformen einer multimedialen Aufbereitung unterschiedlicher Aktionsfelder. Sie klassifizieren nicht nur Gegenstandsbereiche des Magazins, sondern verleihen ihren Inhalten auch vorab eine wertende Vororientierung und erleichtern dadurch die Selektion der Beiträge und deren Rezeption. Sie geben Kontextualisierungshilfen im Fluss des Kontinuums der Netz-Zeitschrift, unterstützen die Kohärenzbildung, die Balance zwischen den inhaltlichen Angeboten, aber auch die zwischen traditioneller Schriftlichkeit und ursprünglich vom Fernsehen induzierten Zeichen. Im wesentlichen Unterschied zu Print erlauben sie aber eine sehr viel flexiblere Handhabung der Textverwaltung, sie fordern die Rezipierenden zu interaktiver Teilnahme auff (zum Beispiel durch das Angebot der „Schreibwerkstatt“) und schaffen f so eine tendenzielle Balance zwischen Angebot und Mitgestaltung der Webseiten. Die Texte von MAEDCHENANDERMAUS erscheinen vorrangig in Rubriken, deren Titel sich zum Teil an aus audio-visuellen und anderen Print-Medien, auch aus kommerziellen Mädchenmagazinen bekannte anlehnen: – – – – – – – – – –
Aktuelles; Probleme und Hilfe; Schule; f Mädchen & Gesellschaft; Life & Job; Mädchen & Mädchen; Schreibwerkstatt; Girls, Love & Boys …?; T Trend & Fashion; Fit & Fun.
Diese Rubrizierung verweist schon auf die inhaltsrelevanten, Profil bestimmenden Textsorten. Und diese sind in quantitativer Rangfolge: – – – – –
populärwissenschaftliche Sach- und Beratungstexte; redaktionelle Erklärungen (Editorials); Informationen; historische und aktuelle Porträts; Annotationen zu Büchern (mit Hinweisen auf Online-Buchhandlungen).109
109
Vgl. …/sexualitaet-fortpflanzung (1 S.; 05. 11. 2002); darin u. a. über Karin Flaake: Körper, Sexualität und Geschlecht – Studien zur Adoleszenz junger Frauen (Flaake 2001). Siehe auch …/demokrat/gleichberechtigung g g g (3 S.; 05. 11. 2002).
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Die Sprache von MAEDCHENANDERMAUS setzt die lektüregewohnte, interessierte Nutzerin voraus, die mit der medialen Umgebung der Texte umzugehen weiß – die also medien- und textkompetent ist (siehe dazu Schütte 2004). Der „Aufbau und die Diktion der Seite“ seien „bewusst geschlechtsspezifisch gehalten“, heißt es (…/kontakt; 05. 11. 2002). MAEDCHENANDERMAUS vermeidet weitgehend Extreme subkultureller Umgangssprachen, enthält aber englische Füllwörter, Verkürzungen, Lautmalerei (wie „äh“), affektivischen f Wortschatz, pathetische Superlative sowie Emphasen durch die Vervielfachung, die Mehrfachreihung von Vokalen (wie „suuuper“). Unübersetzte Ausdrücke in deutscher Grammatik – zum Beispiel „cool“, „trendy“, „checken“ – sind selten (…/schule; …/gesund; …/part; 05. 11. 2002). In der sprachlichen Gestaltung dominiert aufgrund der eher seltenen Wiedergabe persönlicher Werturteile ein sachorientierter, disziplinierter, teilweise nüchternerr Stil, der neben dem Gebrauch des Aktivs und des Präsens an die klassische Briefform erinnernde Elemente aufweist, die für das mädchenkulturelle Anliegen derr Zeitschrift stehen. Zum Beispiel die nahezu durchgängige direkte Ansprache derr Nutzerinnen in den Texten und Titel wie: „Hallo[,] Mädchen und junge Frauen!“. Und die appellative Rede: „Du gehörst einer Generation an, für die ein Beruf einfach zum Leben dazugehört. Das Lebens-Modell der Nur-Hausfrau gehört der Vergangenheit an. Das ist ein anderes Lebensmodell als das, was für viele eurer Mütter und Großmütter bestimmend war. […] Dein Berufsweg ist aber auch dein wirklicher Lebensweg. Du brauchst Durchhaltevermögen und Zielstrebigkeit.“ (…/beruf; Life & Job: 07. 05. 2003) 4.2.3.5 Bildelemente und Seitenlayout Korrespondierend zu dem sprachlich eher schlicht gehaltenen Textangebot, ist auch der Layout-Gesamtauftritt von MAEDCHENANDERMAUS tendenziell zurückhaltend. Klare Seiteneinteilungen, auffallend f wenig farbliches Gestaltungsspiel und zusätzliche graphische Dekorationselemente kennzeichnen die Webpräsentation. Überschaubarkeit und Klarheit dominieren, bunte Ablenkung oder bunt-blinkende Aktionsicons fehlen. Allenfalls die Seite dezent rahmende Schmucklinien (zum Beispiel aus Herzchen; © Abb. 89), das ein oder andere „Smiley“ oder eine kleine Bildgraphik tuschelnder Girls (© Abb. 90) zieren das Layout. Es überwiegt das klar gegliederte und geordnete schrifttextliche Angebot.
Abb. 89
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Abb. 90
4.2.3.6 Inhaltliche Hauptakzente Zentraler Begriff f in den unaufdringlichen Angeboten von MAEDCHENANDERMAUS ist Lebenslage, worunter die Gesamtheit von Lebens-, Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen weiblicher Jugendlicher verstanden wird. Er verweist auf die Lebenssituation und ihre Dominanzverhältnisse, die Bedeutung alltäglicher soziokultureller Erfahrungen, die Geschlechterdimension, die Identitätsbildung in Auseinandersetzung mit der sozialen Wirklichkeit. Und er bewahrt die Macherinnen zum Beispiel vor einem Kardinalfehler, nämlich der oberflächlichen Ableitung sozialer Benachteiligung von Frauen aus dem „Geschlecht“ – beziehungsweise ihrerr Rechtfertigung nach patriarchalischem Muster.110 Vom Begriff f der „Lebenslage“, diesem konzeptionellen Zentrum aus, ergibt sich außerdem die konzeptionelle Nähe zu anderen lokalen und regionalen Initiativen der „Mädchenarbeit in der Jugendhilfe“. MAEDCHENANDERMAUS – so betont es – geht es wesentlich auch um „Aufwertung von Erfahrungsspielraum für Mädchen“.111 Einige Stichworte geben Aufschluss über die inhaltlichen Akzentsetzungen des Begriffs f „Lebenslage“ in MAEDCHENANDERMAUS.
110
Hanna Permien schreibt z. B.: „Doch die Ungleichheit der Geschlechter – und damit auch strukturelle Benachteiligungen für Mädchen und Frauen – besteht und wirkt weiter – mittels der Prinzipien der Polarisierung der Geschlechter, r d. h. der Betonung und Förderung von Geschlechtsunterschieden von klein auf, der geschlechtstypischen Arbeitsteilung und dem Machtgefälle zwischen den Geschlechtern“ (Permien 2002: 1; Hervorhebgn. lt. Orig.). So erscheint die Sozialisation von Frauen ausschließlich als zwangsläufiger, naturalisierterr „Hindernislauf“ (ebd.: 5). 111 fumanrw.de/navintro (S. 1, 2, 4; 29. 04. 2003). Außer „FUMA e. V.“ (Frauen unterstützen Mädchenarbeit, Düsseldorf) sind u. a. zu nennen: „Mädchenhaus Düsseldorf e. V.“, Trägerr des „Modellprojekts zur Mädchenarbeit mit Internet“ trinetta.de (30. 04. 2003), und „Institutt für Soziale Arbeit e. V.“ (Münster), Hrsg. von Betrifft Mädchen (Weinheim), W einer „Fachzeitschrift für Mädchenarbeit“; vgl. maedchenandermaus-duesseldorf.de (29. 04. 2003) und betrifftmaedchen.de f (18. 01. 2006). Siehe auch die Online-Mädchenzeitschriften sportsfreundin.de (01. 05. 2003) und zickenpost.de/projekt p p j (30. 04. 2003; 18. 01. 2006).
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Abb. 91
G
wie Gleichstellung: MAEDCHENANDERMAUS beweist Sinn für soziale Fakten und ihren Niederschlag in der Meinungsbildung: „Nur ein Drittel der Bevölkerung hält die Gleichstellung in Deutschland für weitgehend verwirklicht. […] Die größten Probleme bei der Gleichstellung sieht die Bevölkerung im Bereich der Erwerbsarbeit.“ (…/menschenrechte; 07. 05. 2003; © auch Abb. 91).
J
wie Jugend: „Im Nachhinein betrachtet erscheint die Jugendzeit vielen Menschen als die schönste im Leben. Viele Schlager und Songs besingen sie so. Aber diese Lebensphase hat auch ihre Tücken. Vor allem weil es so oft unklar ist, wohin die Reise geht. Hilfreich in diesen Zeiten ist es, gut informiert zu sein [,] um zu checken [,] was mit einem los ist.“ (…/part; Girls, Love & Boys …?; 05. 11. 2002)
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M wie Menschenrechte r : Es heißt im Zusammenhang mit dem „breiten Spektrum“ der menschlichen Sexualität in aufklärerischer Tradition: „Eine der großen Errungenschaften der europäischen Aufklärung ist, dass sie es geschafft f hat [,] die modernen Menschenrechte zu entwickeln. Die Menschenrechte garantieren die Unantastbarkeit der menschlichen Würde über das Gleichheitsprinzip, das jedem Menschen diese Würde zuspricht.“ (…/part; 05. 05. 2003) S
wie Selbstbestimmung: MAEDCHENANDERMAUS tritt für „die Förderung der Selbstbestimmung, die Stärkung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und die Aktivierung der Selbstheilungskräfte von Frauen und Mädchen“, wendet sich gegen „Normierung, Pathologisierung und Medikalisierung von Frauen durch Gynäkologie und Pharmaindustrie“ (…/gesund: Rubrik Fit & Fun: 05. 11. 2002)
Nicht immer erscheint auf den ersten Blick einleuchtend und nachvollziehbar, was MAEDCHENANDERMAUS an Inhaltlichem präsentiert. So beispielsweise im Bereich der Sexualität. Hier drückt MAEDCHENANDERMAUS unter anderem die Hoffnung f aus, „die Geschlechterrollen der Gesellschaft f zu verändern“ durch medizinische Akzeptanz von Intersexualität, also durch biologische Lösungen (…/gesund/verschieden; 05.05.2003). Im Umgang mit dem Topos der „sexuellen Befreiung“ wird diese zum Wert ‚an sich‘ stilisiert, werden soziale Ursachen von Problemen ausgeblendet: „Es lässt sich feststellen, dass die politische, soziale und religiöse Emanzipation des Menschen fast immer mit seiner sexuellen Befreiung einh[ergeht?]“, heißt es. „Andererseits hat die nahezu völlige sexuelle Befreiung auch so manche negativen Folgen, wie z. B. eine auf Geld und oft Unterdrückung ausgerichtete Pornoindustrie, eine Prostitution mit oft regelrecht versklavten Mädchen und Frauen sowie eine hohe Scheidungsrate und den daraus folgenden Scheidungswaisen oder von Kindern, die mit nur einem Elternteil aufwachsen.“ (…/sexualitaet// fortpflanzung: 05. 11. 2002). 4.2.3.7 Souveränes Anderssein & Fashion oder Girls & Love erscheiKonventionelle „Mädchenthemen“ wie Trend r nen in MAEDCHENANDERMAUS keineswegs am Rande. Die „Schreibwerkstatt“ zum Beispiel bietet Themen wie „Heiraten oder Sterben“, „Klare Nächte“, „Himmel“ und „Wind“, W „Sonnentag“ und „Sehnsucht“ (…/Schreibwerkstatt: 07. 03. 2002). Gelegentlich sitzt MAEDCHENANDERMAUS zwar selbst gängigen Vorstellungen in Sachen körperlicher Schönheit auf. Zum Beispiel, wenn – gewiss in wohlmeinender Absicht – sportliche „Bewegung“ direkt gekoppelt wird mit derr Gewissheit, dass die Nutzerin dann „ausgesorgt“, einen „schönen Body, einen klaren Verstand und eine gute Gesundheit haben“ werde (…/gesund/schlank: 05. 05. 2003).
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Aber es überwiegt ein souveräner Umgang mit konventionellen „Mädchenthemen“, der MAEDCHENANDERMAUS davor schützt, in kleinmütige Kritik derr 112 „Kommerziellen“ einschließlich ihrer Online-Versionen, V an deren Propagandafeldzügen für infantil-narzisstische Schönheitsideale, aus der Ausbildungs- und Arbeitswelt ausscherende Alltagsreligionen und Scheinlösungen vorhandener Konflikte zu verfallen. Die Kritik des von ihnen ausgehenden „rollenspezifischen Anpassungsdrucks“ in Kleidung, Umgangsformen und Körperlichkeit, ihrer Funktion als „heimliche Konditionierer“ von Rollenverhalten (Ingenfeld/Debbing 2000: 3; zu kommerziellen Internet-Zeitschriften vgl. auch Richard 2000/2002) erfolgt eher indirekt. Das ist eine unter anderem medienpädagogisch interessante Erscheinungsform des „gewissermaßen dialektische(n) Verhältnis(ses) von Jugendkultur und Kulturindustrie“ (Mikos 2000: 4). Es heißt zum Beispiel: „Erfolgsmenschen erkenne man daran, so ist jedenfalls heute die Sage, dass sie schlank und schön sind. Täglich gaukeln uns die Medien diese Botschaft vor. Und was da alles an Bildern von schönen Menschen täglich auf uns einprasselt, hat unsere Wahrnehmung und [unseren] Maßstab von Schönheit bereits sehr geprägt.“ Und MAEDCHENANDERMAUS verweist auf kommerzielle Zeitschriften, um zu unterstreichen, dass es von dieser „Anpassungsleistung“ gar nichts hält (…/gesund: 05. 05. 2003): Zum Beispiel werden drei Titelblätter aus Frauenzeitschriften, darunter MARIE CLAIRE mit dem EliteModel Claudia Schiffer f als visueller Frontfrau, mit folgenden Sätzen konterkariert: „[…]willst du träumen? / oder geträumt werden? / bist Du so, wie andere Dich träumen? / oder bist Du / einfach Du / mit all Deinen / Stärken / Deiner / Einzigartigkeit / und auch / Deinen / Schwächen […]“ (…./part/traum: 05. 05. 2003). Überdies nimmt MAEDCHENANDERMAUS in seinen Beratungsrubriken Verunsicherungen, Irritationen und Ängste zum Beispiel in Sachen Jugendliebe und – Sexualität sehr ernst. Und zwar ohne Kopieren des „Dr.-Sommer-Teams“. T Zu Prototypen der kommerzialisierten Liebessehnsüchte wie dem Dreamboy r heißt es zum Beispiel: „Dreamboys sind so angenehm im Traum. Es ist sehr schön, sie zu träumen. Aber leider ist die Wirklichkeit ganz anders. [–] Irgendwie gehört zum Erwachsenwerden auch, dass man den PARTNER als den Menschen sehen kann, der er wirklich ist. Nämlich ein Bündel von guten und weniger guten Eigenschaften. Von Stärken und auch Schwächen“ (…/part/dreamboy; 05. 05. 2003) 112
Vgl. atticfutura.de/Sugar:; bravo.de; chica-online.de; maedchen.de; youngmiss.de; darin Rubriken mit Titeln wie Stars & Szene; Mode & Beauty; Love, Sex & Psycho. Siehe auch beautynet.de und vomerwachsenwerden.de (17. 07. 2005). Hier ist Kompetenz hinsichtlich derr Unterscheidung von Information und Werbung gefragt, denn selbst Leserinnenbriefe (z. B. an
[email protected]) yg fungieren g in den interaktiven „Tools“ T als Werbeimpulse. p
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
4.2.3.8 Das medial optimierte Mädchenbild MAEDCHENANDERMAUS folgt in medialer Gestaltung und medialen Inhalten – mit dem konzeptionellen Zentrum der „Lebenslage“ – einer modernen, realistisch anmutenden Version eines modernen Mädchenbildes, das sich zunehmend auch in anderen lokalen, regionalen und überregionalen – jeweils unterschiedlichen – Initiativen zur „Mädchenpolitik“ findet. Zum Beispiel in „LizzyNet“, der umfassenden „Community für Mädchen und junge Frauen von Schulen ans Netz e. V.“113 Der ideelle und methodische Ort der meisten MAEDCHENANDERMAUS-Angebote ist daher ein politisch-pädagogischer im Sinne der modernen Verbindung von – feministisch beeinflusster – Mädchenkultur mit Lebens-, Ausbildungs- und Berufsproblemen. Sie wollen zur Stärkung des Selbstbewusstseins, der Entwicklung der Artikulationsfähigkeiten und zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit f beitragen. Zuweilen sind sie kritisch entlarvend, wenn es um die wirtschaftliche und politische Basis des gegenwärtigen Gesellschaftsgefüges und der in ihm sich entfaltenden beziehungsweise nicht entfaltenden weiblichen Lebensperspektiven geht. Neben derr medientechnischen Kreativität, der inhaltlichen Vielfalt, steht aber immer die Befriedigung sozialer Bedürfnisse – im Spannungsfeld zwischen globaler LeserInnenschaft und lokaler/regionaler AutorInnenschaft – im Vordergrund: „Denn wir Menschen sind Gemeinschaftswesen, die auf gegenseitige Hilfe angewiesen sind“ (…/Beratung; Rubrik Probleme r und Hilfe; 07. 03. 2002). Im deutlichen Unterschied 113
Das 2000 geschaffene, f 2002 und 2006 neu konzipierte „Magazin“ LIZZYNET (LizzyNet) wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Europäischen Sozialfonds finanziert, von Medienpädagoginnen redaktionell „konzipiert und kontinuierlich betreut“. Sein Beirat setzt sich aus Expertinnen der Bereiche Schule, Lehrerausbildung, Forschung, Politik und Wirtschaft zusammen. (Schon aufgrund dieser Merkmale kann es hier nur eingeschränkt Berücksichtigung finden). Es ist perfekt gestaltet, gibt sich jugendlich-„stylisch“ und bietet „täglich frische Schlagzeilen und spannende Artikel zu den verschiedensten Themen“. Zu den zahlreichen Rubriken gehören: Willkommen in der Berufswelt (mit „BerufsfindungsCheck“); Mach mit! (Selbsterprobung für „Online-Journalistinnen“); Körper & Geist; (mit „Specials“ zu Ernährung, Sport, Drogen); Politik & Leben (mitt sowohl einem „Shopping- und Konsumspecial“ als auch Beiträgen über „Rechte auf dem r (mit zahlreichen Hinweisen auf „Bücher, Musik, Trends, VerVormarsch“); Kult & Kulturen anstaltungen…“); Forschung & Wissen (mit „Natur- und Technik-Special“); Netz & Multii verbinden mit „Job- und media (mit „Infoguide“ über Neuentwicklungen). Links & Tipps Praktikumsbörsen“; in Herzflimmern („Alles, was berührt“) werden z. B. Beiträge zu Gedichtwettbewerben veröffentlicht, f in Streifzüge r Reiseimpressionen, und in Zeitgeist werden z. B. die Themen Modedesign und Frühschwangerschaften behandelt. – Nach und nach sollen „regionale Netze“ von LizzyNet in den deutschen Bundesländern gebildet werden. Das Magazin erhielt 2003 den „Digita 2003“ – (den Preis für Medienkompetenz) und 2006 den „Deutschen Multimedia Award für Bewerbungstraining“. g g
4 Nicht-kommerzielle Print- und Internet-Mädchenmagaine
277
allerdings zu kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften ist das Themenspektrum von MAEDCHENANDERMAUS ganz wesentlich ausgerichtet auf einschränkungslos alle für weibliche Jugendliche relevanten Bereiche – seien sie politisch, sozial, wirtschaftlich oder kulturell. 4.3
Schlussbemerkung: Gedanken zur Mädchenzeitschrift der Zukunft
Auch die Beispiele aus „alternativer“ Medienproduktion machen deutlich: Mädchenbilder verweisen auf unter anderem biologisch konstituierte Geschlechterzugehörigkeit, gesellschaftliche Vorgaben und die subjektive Seite des Erlebens des weiblichen Hineinwachsens in eine sozial konstituierte Geschlechterrolle. Sie stehen in engerr Wechselwirkung mit Prozessen und Denkfiguren in Kultur, sozialer Organisation und Wirtschaft, wirken als bewusste oder unbewusste Handlungs- und Reflexionssteuerungen. Darin eingeschlossen sind die jeweiligen bildhaften, häufig prototypischen Scheinformen einer „virtuellen Sozialisation“ (von Gottberg 2000: 56–73) in den kommerziellen Magazinen mit ihren symbolischen Handlungen und Ausdrucksweisen, die sich im Austausch mit natürlichen und inneren menschlichen Bildern, Erinnerungen und Zukunftsphantasien, mit medialen und diskursiven Prozessen befinden und auf fiktiver Ebene wirken. So erweisen sich Mädchenbilder wiederholt als symbolische Interpretationen r von Geschlechterverhältnissen r und Geschlechterarrangements (siehe dazu Dölling/Krais 1997: 7–14 [Vorwort]). V Und die Weisen ihrer Rezeption sind Reflexe von Symbolgemeinschaften. Die „alternative“ Kritik gilt jenen Produzenten und Rezipienten, die das Bedürfnis nach Symbolen eint, in denen die Alltagsrealität oft bis zur Unkenntlichkeit selektiert und verdichtet wird. Aussagen wie die in MADCHENANDERMAUS zu lebensprägenden „Mehrfachorientierungen“ belegen: Unter dem Druck der „immer subtileren gesellschaftlichen Verdeckung weiblicher Lebensrealitäten“ (Stauber 1999: 60) werden die Probleme für jugendkulturelle Unternehmungen wie „alternative“ Print- und Netz-Mädchenmagazine, für deren Bemühen unter anderem um ein offeneres f Verständnis von Geschlechterrollen und Geschlechterverhältnissen, von Liebe, Sexualität und Körperlichkeit nicht geringer. Im Gegenteil: „Um Mädchen in ihren Motivationen und Orientierungen richtig zu verstehen, ist es von zentraler Bedeutung, die Kontextbezogenheit ihres Handelns und ihrer Entscheidungen wahrzunehmen und die Aufmerksamkeit genauso den strukturellen Zwängen, Gegebenheiten und Normalitätsmustern wie den subjektiven Aspirationen zukommen zu lassen“ (ebd.: 58). Weder mit dem bloßen Verdrängen von konventionellen „Mädchenthemen“ bzw. deren Ersetzen durch politische, soziale und ökologische Themen (wie zum Beispiel in
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Kommerzielle und nicht-kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften
GÖRLS) Ö noch mit dem aussichtslosen Kampf gegen kommerzielle Zeitschriften wie BRAVO A GIRL! und deren Leserinnen (wie zum Beispiel von THINGS ARE QUEER und GÖRLS) – die ja überdies wenigstens teilweise für die Diskursvernetzung zu gewinnen wären – ist das jedoch zu bewältigen. Wohl aber mit einer geschickten Verbindung von so genannten „Mädchenthemen“ – die im weiteren Sinne die Bedeutung von harmonischen, herrschaftsfreien Beziehungen zwischen Natur, Gesellschaft und Individuum behandeln sowie dem Bedürfnis nach ästhetischer Differenz entgegenkommen. Und zwar mit eigenem, kritischem Inhalt, mit eigenen Bedeutungen. Denn: „Die meisten Mädchen wissen wahrscheinlich genau, was eine Essstörung ist – und machen trotzdem die Brigitte-Diät. Sie kennen den Schönheitszwang aus der Emma-Analyse, aber sie wollen trotzdem gut aussehen“ (Oestreich 2002)114. Und diese Bedürfnisse können nicht abgetan werden mit Worten wie: „Schönheit ist was für Einfallslose!“115 Gerade der visuell-rhetorisch attraktive, massenorientierte und vielfältige Magazin-Charakter, r wie er von den kommerziellen Zeitschriften und ihren Internet-VerV sionen entwickelt wurde, gehört nicht zufällig zu den „erfolgreichen medienkulturellen Mustern“ (Prokop 2003: 136).116 In ihm liegt, wenn er experimentierfreudig mit kritischer, die kommerziellen Angebote unterlaufender Artikulation massenhafter weiblicher Lebensrealitäten aus unmittelbaren Erfahrungsbereichen sowie mit kommunikativer Offenheit, f mit „konstruktiven Interaktionen“ und „inklusiverr Solidarität“ (Marx Ferree/Roth 2001: 90) verbunden wird, eine aufklärerisch-emanzipatorische Chance. Eine solche Synthese würde zudem vor kleinmütiger BRAVOA Kritik, der „Ghettoisierung in reinen Mädchenkulturen“, schließlich davor bewahren, „zu neuen Markenzeichen“ verarbeitet, in „maßgeschneiderten Marktsegmenten“ neutralisiert zu werden (Richard 2000: 354 f.).
114
GÖRLS artikulierte das Thema Essstörungen auch für Jungen: „Frustessen macht man, wenn man Probleme hat und die Probleme runter essen will“ („Samy“ in: Frustessen undd Diäten – ein Thema für Jungen? Über Essverhalten r bei Stress, r bei Langeweile; GÖRLS 1/2000: 25). Es heißt an anderer Stelle: „(…) unter anderem Probleme mit den Eltern“ (anonym; GÖRLS 1/1998: 39). 115 Anonyme Leserinnenzuschrift; (GÖRLS 1/1997: 40). 116 Verf. betont ferner, dass „[…] Kulturindustrie auch Elemente aufklärender Aufklärung (enthält), wie unterdrückt oder in Massenbetrug umschlagend jene auch ist“ (ebd.: 142). Dieterr Baacke spricht davon, dass Jugendliche, indem sie „den humanen Wert und die Zwecke von Kommunikation in ihren vielfachen Variationen erfahren“, dazu beitragen könnten, „die Informationsgesellschaft nicht in Gänze als Warengesellschaft erlebbar zu machen“ (Baacke 2001: 133).
C
Schlussteil
1
Mädchen- und Jugendzeitschriten und Mediensozialisation
Sowenig printmediale Massenprodukte wie BRAVO GIRL! als „Literatur“ und „Fotokunst“ gewertet zu werden verlangen, ebenso wenig sind sie nur als affirmative Kulturwaren zu behandeln und pauschal zu verurteilen. Der mögliche Einwand, dass diese Magazine lediglich harmlose Unterhaltung bezweckten, ist richtig und falsch zugleich. Gewiss bedienen sie sich anscheinend der Unabhängigkeit und Selbstlosigkeit; damit ist aber keineswegs gesagt, dass sie nicht mittelbar bestimmte Interessen verträten. So müssen sie auch vorgehen. Denn die Zeitschriftenredaktionen sind im herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem verankert, sind um des Überlebens willen darauf angewiesen, nicht nur die Wünsche der Werbebranche, sondern auch die der zahlungsfähigen Jugend zu berücksichtigen: die einer Konsumentenmasse also, deren Lebenswelten symbiotischer Teil des gegenwärtigen Gesellschaftszustandes sind. Man kann heute wohl mehr als je zuvor davon ausgehen, dass Medien neben Instanzen wie Familie, Schule und Peer-Groups die Sozialisationsprozesse Heranwachsender ganz erheblich mitbestimmen. Die klassischen Sozialisationsinstanzen wie Elternhaus und Schule wurden im Zuge eines in den letzten Jahrzehnten ungebrochen stattfindenden Wertewandels zusehends verunsichert, Erziehungsaufgaben an Spezialistinnen und Spezialisten delegiert. Zwar liegen nach wie vor bei den Eltern große Einflussmöglichkeiten, allerdings nur dort, wo diese in den Augen Jugendlicher auch als ausreichend „kompetent“ gelten. Geht es aber zum Beispiel um Bereiche wie Musikgeschmack, Mode oder Freizeitverhalten, dann sind in allererster Linie Peer-Groups und Jugendkulturen und ihre medialen Vermittlungen richtungs- und meinungsbildend (Vollbrecht 2001). Medien sind ein nicht mehr weg zu denkender Teil der sowohl materiellen als auch sozialen Welt Heranwachsender und erfüllen mannigfaltige Funktionen bei der Sozialisation117 Jugendlicher. Nicht nur, dass ein „angemessener“ Umgang mit Medien heu-
117
Zum Begriff der „Sozialisation“ (vgl. Süss 2004: 29ff.): „Als Begründer des Konzeptes der Sozialisation gilt der französische Soziologe Emile Durkheim. Er verstand unter Sozialisation den Prozess, in welchem das asoziale, triebhafte Individuum gesellschaftsfähig wird
280
Schlussteil
te zu den Kulturtechniken des modernen Menschen unserer Informations- und Wissensgesellschaft mit dem Ziel des Erwerbs von Medienkompetenz als „Sozialisationsgut“ zählt. Medien sind auch „Sozialisationsagenten“ (Süss 2004: 65) und Mittler vielfältiger anderer Sozialisatoren, die Heranwachsende erfahren. Wesentlich hierbei ist, dass diese mediale Vermittlung nicht „wertfrei“ oder neutral erfolgt, sondern ihrerseits wiederum die Bedeutung und Funktion der Sozialisationsinstanzen formt und wandelt, also mit diversen Rückkopplungseffekten versehen ist. Vor dem Hintergrund jugendlicher Identitätsbildung konzentriert sich die Frage nach einer Mediensozialisation insbesondere auf die Kernthemen, wie Heranwachsende den Umgang mit Medien lernen (Medienkompetenz), wie Medien ihrerseits die spezifischen Sozialisationsprozesse Heranwachsender verändern und wie diese Veränderungen zu bewerten sind: als tendenziell entwicklungsfördernd oder entwicklungsgefährdend. So geht es in einer Untersuchung der Bedeutung von Mädchen- und Jugendzeitschriften für eine Mediensozialisation ihrer Leserinnen und Leser also sowohl um die Aspekte des Umgangs mit diesen Medien ohne pädagogische Intervention von außen, als auch um eine pädagogisch reflektierte „Fremdsozialisation“ in Form von Medienerziehung und schließlich auch um rückkoppelnde und synergetische Effekte beider Richtungen. Vor allem aber geht es darum, die Funktion dieser Medien als „intervenierende Variable“ (ebd.: 66) in den vielfältigen Sozialisationskontexten zu prüfen und mögliche Einflüsse auf die Konstruktion von Lebensentwürfen und Lebenswirklichkeiten, von Geschlechterrollenentwicklungen und Beziehungskonstruktionen, ihrer Wirkungen auf Wertehaltungen und Verhaltenstendenzen wie Leistungsbereitschaft oder Konsumverhalten mit zu erfassen. Diese Doppelfunktion der Medien als Teil der Gesellschaft, aber auch als Spiegel und Veränderungsinstanz, wurde mit der vorliegenden Arbeit spezifisch im Hinblick auf Mädchen- und Jugendzeitschriften untersucht.118 (Durkheim 1972, zit. nach Hurrelmann 2002: 11). Dies ist der Augangspunkt des klassischen Verständnisses von Sozialisation als Anpassung an gesellschaftliche Notwendigkeiten. Fröhlich (1987: 314) definiert Sozialisation als den Prozess, in welchem das Individuum durch passiven und aktiven Umgang mit anderen Menschen, Gruppen und Objekten oder Strukturen die ihm eigentümlichen sozial relevanten Erlebnis- und Verhaltensweisen erwirbt.“ (Süss 2004: 29) Süss weiter: „Sozialisation ausschließlich als Anpassung der Kinder an die Erwartungen der Erwachsenen zu interpretieren, entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand der Forschung. Neuere Ansätze betonen die Wechselseitigkeit des Sozialisationsprozesses (Tillmann 2001; Hurrelmann 2002). Von frühester Kindheit an beeinflusst auch der Heranwachsende sein soziales Umfeld. Die Eltern werden auch durch ihre Kinder sozialisiert. Man spricht daher heute von reziproker Sozialisation.“ 118 Andere Autoren unterscheiden hier zwischen „Sozialisation zur Massenkommunikation“ und „Sozialisation durch Massenkommunikation“ (vgl. Bonfadelli 1981: 138).
1 Mädchen- und Jugendzeitschriften und Mediensozialisation
1.1
281
Mädchen- und Jugendzeitschriften zwischen Selbst- und Fremdsozialisation
Die zweifelsohne sehr theoretische Unterscheidung zwischen „Selbst-“ und „Fremdsozialisation“ – viele Autoren plädieren für einen Verzicht des Begriffes „Selbstsozialisation“, da ein modernes Sozialisationsverständnis Selbst- und Fremdsteuerung zugleich umfasst (vgl. hierzu auch Bauer 2002) – soll im Nachfolgenden dabei helfen, zu differenzieren, dass sowohl relativ autonom scheinende Faktoren als auch von außen überformende Faktoren als Rückkopplungswirkungen auf die Medien selbst in einem permanenten Wechselspiel eine Mediensozialisation Heranwachsender mit entwickeln. So kann vermutet werden, dass die Leserinnen und Leser in der Regel sowohl die Auswahl der Medien (hier konkret der Mädchen- und Jugendzeitschriften) als auch die entsprechenden Medienzeiten (Lesezeiten) und Medienorte (Rezeptionsorte) relativ unabhängig selbst bestimmen. Demgegenüber beschreibt Fremdsozialisation konkret eine mögliche Beeinflussung und Lenkung ebendieser Entscheidungen „von außen“, also in der Regel durch die Eltern (die beispielsweise die Lektüre der BRAVO für Zwölfjährige unangemessen halten hinsichtlich der relativen Freizügigkeit und Tabulosigkeit von vor allem sexuell konnotierter Themen)119. Dass beide Sozialisationsformen durchaus eng miteinander verbunden sind, wird im spezifischen Bereich der Mädchen- und Jugendzeitschriften vor allem in folgender Hinsicht evident: Zwar beschreibt Selbstsozialisation die durchaus freie Wahl von Medien, im Untersuchungsfall, also beispielsweise die Auswahl und Kaufentscheidung Heranwachsender für die eine oder auch mehrere Zeitschriften – allerdings nicht ohne den „background“ der Familie, die nämlich in der Regel für die finanziellen Spielräume und Rahmenbedingungen der den Jugendlichen zur Verfügung stehenden Wochen- oder Monatsbudgets sorgt. Allein durch den von den erziehenden Erwachsenen mit bestimmten und beeinflussten Faktor Finanzen werden Jugendliche in den grundsätzlichen Möglichkeiten ihres medialen Entscheidens und damit Handelns zumindest indirekt mit gesteuert. Wenn es also zum Beispiel auch nicht um die konkrete, individuelle Entscheidung geht, ob ein Mädchen lieber BRAVO GIRL! oder MÄDCHEN liest, so doch, ob es sich die Zeitschrift regelmäßig oder vielleicht sogar beide zugleich leisten kann. Zweifelsohne schlägt diese Regulierung über den Preis gerade bei den Jugend- und Mädchenzeitschriften in der Regel für
119
So gibt es beispielsweise Berichte von Jugendlichen, denen das Lesen der BRAVO zwar grundsätzlich von den Eltern erlaubt worden ist, dabei die zu offensichtlichen sexuell konnotierten Stellen allerdings vorher durch diese überklebt oder ganz entfernt worden sind.
282
Schlussteil
Jugendliche eher gering zu Buche, da diese Printmedien sich im Vergleich beispielsweise zu anderen Medienangeboten wie Mobiltelefonen oder Musik-DVDs in einer Niedrigpreisebene bewegen und damit eine niedrigere Kaufschwelle darstellen. Im Gegensatz zu den heutzutage relativ mediengesättigten Haushalten und Kinderzimmern bedarf es für die Kaufentscheidung dieser Printmagazine keines weiteren medialen Equipments, keiner Zusatz- oder Abspielmedien. Damit gestaltet sich die Entscheidung für Jugendliche tatsächlich als von Erwachsenen relativ unabhängig, ein notwendiger Aufwand fällt kaum ins Gewicht – im Gegensatz zum Beispiel von der ja durchaus nicht unerheblichen Entscheidung für oder gegen ein eigenes Fernsehgerät im Kinderzimmer, den durch die Erziehungsberechtigten abgesegneten Vertrag für ein Mobiltelefon oder anderes. Nicht nur die Anschaffung, auch das Lesen selbst bedarf in der Regel keiner weiteren Abspracheklärungen innerhalb der Familien. Ob und wann das Mädchen sich mit der neu gekauften Zeitschrift (zum Beispiel in das Jugendzimmer) zurückzieht, entscheidet wohl zumeist die Jugendliche selbst. Ganz im Gegensatz zu beispielsweise innerfamiliären Absprachen über das Nutzungsbudget des Internet, um dort zum Beispiel Musik für den MP-3-Player herunter zu laden. Tatsächlich stellt das Lesen von Mädchen- und Jugendzeitschriften (natürlich grundsätzlich nicht anders als auch das Lesen anderer Lektüre) eine relativ freie Entscheidungsmöglichkeit für die Rezipierenden dar und kann insofern durchaus als von anderen mitbestimmten Außenfaktoren relativ unabhängige Entscheidung bezeichnet werden. Hinzu kommt, dass Jugendliche heute (in der Regel vornehmlich durch den Schulbesuch strukturiert) über ein relativ frei bestimmtes Zeitbudget verfügen und somit die Planung ihrer Freizeit zum überwiegenden Teil selbsttätig steuern können. Wie an verschiedener Stelle beschrieben, hängt hier der Gestaltungsspielplan immer davon ab, welche Optionen Jugendliche wahrnehmen und wie sie diese bewerten (vgl. Kirchhöfer 1999). Nach Süss besteht Selbstsozialisation auch darin, „dass Heranwachsende die Medieninhalte thematisch voreingenommen rezipieren, d. h. dass sie ihre eigenen Entwicklungsthemen und Alltagsbezüge als Grundlage nehmen, um sich in Medieninhalten zu orientieren […]. Die Medieninhalte werden nicht einfach kopiert und eins zu eins auf sich selbst angewandt, sondern in der Aneignung umgeschmolzen in eine Form, welche zur eigenen Identität passt […]“ (vgl. Süss 2004, unter Bezugnahme auf Charlton/Neumann 1990 und Doelker 1989). So kann ganz besonders im Hinblick auf die massenmedialen kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften durchaus von einer Art „kollektiver Selbstsozialisation“ innerhalb der Peergroups und ihrer Ausbildung von Medienpräferenzen gesprochen werden. Dies um so mehr,
1 Mädchen- und Jugendzeitschriften und Mediensozialisation
283
als es in diesem Zusammenhang auch zu „dysfunktionalen Mustern“ (Süss 2004: 69) kommen kann, die – wie im Hauptteil dieser Arbeit gezeigt – bei den Mädchenund Jugendzeitschriften zum Beispiel auf Realitätsverluste, romantisierte Lebensentwürfe und Stereotypiebildung verweisen können. Neben dem Konzept der Selbstsozialisation ist die Fremdsozialisation im Umgang mit den Mädchen- und Jugendzeitschriften eher problematisch zu benennen. Aus den unterschiedlichen pädagogischen Konzepten heraus – sei es Bewahrpädagogik, seien es liberale Erziehungsideale – ist die Rezeption der Magazine unterschiedlich kommentiert. Besonders spannend und für die wohl auch übrige Presseund Zeitschriftenlandschaft ziemlich einmalig allerdings ist die geltende Situation der Fremdsozialisation durch die Zeitschriften selbst. Dies wurde in der vorliegenden Arbeit besonders am Beispiel des Genres der Beratungsrubriken deutlich gemacht. Hier treffen in den Zeitschriften außerfamiliäre, quasi formelle Erziehungsinstanzen (Ratgeberinnen, Psychologinnen, Mediziner) als freundschaftliche Autoritäten auf und tragen bei zu spezifischen Meinungsbildungsprozessen, zu Entscheidungshilfen und der Klärung von Krisensituationen. Diese mediale Sozialisation trifft unter Umständen mit beachtlicher Wirkungsmächtigkeit, da die Zielgruppen ja ausschließlich heranwachsende junge Menschen sind, die in ihrer Urteilsbildung, ihren Wertefindungen und dem Ausbilden ihrer sozialen Netzwerke noch nicht gefestigt sind und vielfältigsten Einflüssen viel labiler unterliegen, als möglicherweise erwachsene Frauen, die sich den Rat der Lebens- oder Eheberatung suchen, wie sie in Frauenmagazinen zu finden ist. Es ist anzunehmen, dass mediale Sozialisation aber nicht so sehr einseitig, sondern als eine Art sich wechselseitig beeinflussendes Rückkopplungsmodell von statten geht. Auch dies wird im Segment der Beratungsrubriken und der dort ausgeprägten Responsivität von redaktioneller und rezipierender Seite besonders evident: Hier bieten die Zeitschriften ein Forum der Hilfestellung, die Leserinnen und Leser können dies annehmen und mit der Ausrichtung ihrer Fragen und Problemstellungen wiederum rückkoppelnd zumindest teilweise Einfluss nehmen auf die inhaltlichen Konzepte, Kommentare und weiterführenden Hinweise, also ihrerseits das Angebot zumindest teilweise inhaltlich-konzeptionell mitbestimmen. Diese Unmittelbarkeit von Aktion und Reaktion – eigentlich wesentliche Kriterien der „alternativen“ Präsentationsformate – sind somit fest in die kommerziellen Angebote integriert und etablieren bei Jugendlichen das Gefühl des wahr- und ernst genommen Werdens vermutlich nicht unerheblich. Stellt man dies in einen noch erweiterten Denkrahmen, so ließe sich auch feststellen, dass beide Seiten, sowohl die Jugendlichen als auch die Medien, sich ja ihrer-
284
Schlussteil
seits entwickeln und beide in einem übergeordneten Rahmen der gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Veränderungen zu betrachten sind. Nicht unbeachtet bleiben kann auch der den Jugendlichen immer präsente Einfluss der Eltern, die in ihrem eigenen Medienhandeln auf die Sozialisierenden wirken, selbst wenn sie das Medienverhalten ihrer Kinder nicht explizit korrigierend mit bestimmen wollen. Dass sich das Leseverhalten der Eltern durchaus deutlich auf die Lesesozialisation von Heranwachsenden auswirkt, konnte Hurrelmann eindrucksvoll nachweisen (Hurrelmann 2006)120. Ob im umgekehrten Fall auch eine Einflussnahme auf die Erwachsenen denkbar ist, ob also die heranwachsende Leserin der BRAVO GIRL! sich mit ihrer Mutter über das Gelesene austauscht, diese gar zum Selbstlesen motiviert, scheint eher unwahrscheinlich. In den redaktionellen Selbstdarstellungen der Verlage wird ja im Gegenteil gerade damit geworben, dass die „heiklen“ Themen deshalb in den Jugendzeitschriften behandelt werden, weil Heranwachsende sich eben nicht mit den Eltern darüber austauschen wollen oder können und das so entstehende Kommunikationsdefizit zwischen Eltern und Jugendlichen von den Jugendmedien gefüllt wird (vgl. Knoll/Monssen-Engberding 2000). Die Beeinflussung der familiären Sozialisations- und Kommunikationsebene durch das Rezipieren von Mädchen- und Jugendzeitschriften scheint also im Gegensatz zu dem sehr häufig den Alltag strukturierenden Medium Fernsehen verschwindend gering. Dennoch kann auch hier von einem „reziproken Sozialisationsprozess“ (Süss 2004: 71) zwischen Heranwachsenden und Eltern zumindest insofern gesprochen werden, als man sich angesichts der sich verändernden Werte in der Gesellschaft am „ ‚kleinsten gemeinsamen Nenner‘ [orientiert], der darin besteht, offensichtlich pathologische Entwicklungen zu verhindern, wie Selbst- oder Fremdgefährdungen in Suchtverhalten oder Gewalttätigkeiten. Wo keine Anzeichen für solche Fehlentwicklungen vorliegen, wird den Kindern viel Spielraum für die Selbststeuerung gelassen“ (ebd.). Dies könnte auf die Mädchenund Jugendzeitschriften übertragen bedeuten, dass die von ihnen ausgehenden „Gefahren“ – gerade im Hinblick auf andere Medien – als relativ harmlos einge-
120
B. Hurrelmann konnte mit ihrer Forschung zu Lesesozialisation im historischen Wandel nachweisen, dass sich die familiale Lesesozialisation in der bürgerlichen Familie als ein bildungsrelevantes Kulturmuster erweist, das in der Biedermeierzeit begründet, in der Kaiserzeit fest etabliert und in den 1980er Jahren – trotz aller Angriffe auf die ‚bürgerliche Bildung‘ – im Grunde stabilisiert wurde. – Dass andererseits unterschiedliche Familienvoraussetzungen gerade in den Leseleistungen massiv zu Buche schlagen und es auch deutschen Schulen offenbar besonders schlecht gelingt, Disparitäten sozialer Herkunft auszugleichen, zeigt nicht zuletzt PISA.
1 Mädchen- und Jugendzeitschriften und Mediensozialisation
285
stuft werden – mit Ausnahme vielleicht der die soziale Desintegration fördernden offensiven Präsentationen von Sexualität gerade im Hinblick auf noch sehr junge Leserinnen und Leser. Hier obliegt den Erziehungsberechtigten die Sorgfaltspflicht.121 1.2
Mädchen- und Jugendzeitschriften als Spiegel der Wirtschaft
Dass in den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften Mediensozialisation auf das engste verknüpft ist mit dem Warenmarkt, wurde vor allem im Kapitel über die Werbung und seiner osmotischen Beziehungen deutlich gemacht. Die vor Kaufappellen strotzenden und zu engagiertem Konsumverhalten anregenden Zeitschriften bewerben aber nicht nur Konsumgüter aus den Bereichen Mode, Kosmetik oder Hygiene, sondern zu einem ganz erheblichen Teil auch den Medienmarkt selbst. Auch dies wurde – am Beispiel der Werbung für Mobiltelefone – nachgewiesen. Aber nicht nur Mobilkommunikation steht in den Magazinen als „Medienangebot“ ganz oben: auch Fernsehserien („Verbotene Liebe“, „Desperate Housewives“), Musiksender („VIVA“, MTV“) und natürlich auch Musikangebote selbst (bestimmte Sänger, CD-Neuerscheinungen etc.) werden fleißig beworben. Somit erfolgt Mediensozialisation sowohl direkt – nämlich über das Lesen der Zeitschriften – als auch indirekt über das Bewerben weiterer Medienangebote in den Zeitschriften. Dass dieses eng gewobene Netz der Medienangebote spezifisch auf die entsprechenden Zielgruppen abgestimmt ist, wird deutlich zum Beispiel an den Medienangeboten, die in den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften eben gerade nicht – oder nur marginal – beworben werden.122 Dass die beworbenen Waren wiederum gekoppelt sind an Lebensstile und Alltagsästhetiken bestimmter Markenprodukte, wurde im Hauptteil ausgeführt. Allerdings gilt es auch hier, zwischen Angebot und tatsächlich erfolgtem Kaufhandeln durch die Jugendlichen zu unterscheiden. Ob und in wieweit heranwachsende Leserinnen und Leser sich letztendlich durch die Kaufappelle in den Zeitschriften „ermutigt“ fühlen, das ein oder andere Produkt zu kaufen, bedürfte weiterführender Untersuchungen. Wohl eher kann davon ausgegangen
121
Jugendgefährdend sind Medien, die geeignet sind, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren, wie das Tatbestandsmerkmal „sittlich zu gefährden“ nach der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und gefestigte Rechtssprechung auszulegen ist. – Mehr dazu siehe Knoll/Monssen-Engberding 2000. 122 So tauchen Elektronik- und Digitalmedien (I-Pods, Laptops) der oberen Preiskategorien so gut wie nicht auf.
286
Schlussteil
werden, dass das dichte Netzwerk der Werbung und der Parallelschaltung gleicher Anzeigen in einer Vielzahl unterschiedlicher Werbeträger123 über verschiedenen Medienkanäle auf die Heranwachsenden einwirkt und somit Kaufverhalten beeinflusst. Doch auch hier gilt es, Unterschiede in der Konsumsozialisation zu beachten, die vor allem von den unterschiedlichen finanziellen Ressourcen der Elternhäuser mit bestimmt werden dürften. 1.3
Mädchen- und Jugendzeitschriften und ihre Mediensozialisation als Wertebildung
Ob und inwieweit die Rezeption von Medien eine grundsätzliche Herausbildung von Meinungen und Werten mit beeinflusst, ist nur schwer nachzuweisen. Wie im Hauptteil der vorliegenden Arbeit deutlich gemacht wurde, sind die in den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften vermittelten Mädchenbilder auf das engste gebunden an bestimmte lebensweltliche Kontexte und Weltbilder, deren Interpretationen. Es erscheint eher unwahrscheinlich, dass Heranwachsende sich die beschriebenen Zeitschriften regelmäßig kaufen und lesen, wenn sie sich von dem Gros der angebotenen Inhalte nicht positiv angesprochen fühlen und die darin enthaltenen Botschaften nicht auch zu einem mehr oder minder großen Teil annehmen können. Dass dies umso mehr auch für die Rezeption so genannter „alternativer“ Medien zutrifft, scheint auf der Hand zu liegen. Schließlich liegt ja gerade hier bereits in der vorangegangenen Kauf- oder (im Falle der Fanzines) „Mach-“entscheidung bereits per se ein Ausdruck des bewussten politischen Meinungsausdrucks, indem man sich ganz explizit von einem bestimmten Medienangebot (eben den kommerziellen Magazinen) distanziert und damit ja auch eine bestimmte Wertehaltung zum Ausdruck bringt, die sich durch die Rezeption der „alternativen“ Inhalte noch verstärkt. 1.4
Der Stellenwert von Mädchen- und Jugendzeitschriften für die Mediensozialisation im Gesamtmedienensemble
Dass das Konzept der „Leitmedien“ wie Fernsehen oder „Netz“ und ihre Bedeutung für die „Mediengenerationen“ einen wesentlichen Zugang zum Verständnis einer Mediensozialisation beschreibt, scheint nachvollziehbar. Jugendliche befinden sich
123
Siehe im Kapitel Einleitung hierzu das Stichwort „Cross Media“.
1 Mädchen- und Jugendzeitschriften und Mediensozialisation
287
inmitten eines vielfältigen und auch zunehmend komplexen Medienangebots. Gerade die in der Kindheit und Jugend als wichtig oder unverzichtbar wahrgenommenen Medien behalten auch für die weitere Lebensentwicklung einen zentralen Stellenwert.124 Ingrid Paus-Haase et al. weisen in ihrer Studie zum Umgang Jugendlicher mit Talkshows (1999)125 nach, dass Jugendliche abhängig vom jeweiligen Bildungsniveau die angebotenen Talkshows sehr unterschiedlich rezipieren. Während Jugendliche mit eher geringer Bildung zu „naiver Rezeption“ neigten (also vieles des dort Gesagten für glaubwürdig und authentisch hielten), schienen Jugendliche mit höherem Bildungsgrad das Gesagte doch eher zu reflektieren („reflektierte Rezeption“), indem sie beispielsweise die Inszenierungsmodi und Einschaltquoten des Fernsehens in ihre kritischen Überlegungen mit einbezogen. Eine „involvierende Rezeption“ konnte Paus-Haase vor allem bei weiblichen Jugendlichen feststellen, die sich sehr emotional mit den in den Talkshows vorgeführten Gästen und Geschichten verbanden. Demgegenüber konstatierte die Studie bei männlichen Jugendlichen eine Tendenz zu „distanzierender Rezeption“, die sich zum Beispiel im Einnehmen von Gegenpositionen zu den Talkshowgästen ausdrückte oder belustigenden Äußerungen über diese. Ob die aus den Erkenntnissen der Studie abgeleiteten Ergebnisse, dass zum Beispiel gerade sehr junge Mädchen aus den unteren Bildungsschichten und problembelasteten Milieus das Gezeigte nahezu unkritisch aufnahmen und auf die eigenen Realitätskonstruktionen übertrugen, sich auch auf die Leserinnen und Leser von Mädchen- und Jugendzeitschriften übertragen lassen, sei zumindest vorsichtig vermutet. Zweifelsohne unterliegt aber die Rezeption dieser Lektüre auch hier den sehr unterschiedlichen Rezeptionsstilen der Leserinnen und Leser, die wiederum durch eine ganze Reihe von ineinander wirkenden und übergreifenden Faktoren (Bildung, Einkommensschicht der Eltern u. a.) entscheidend mit beeinflusst werden. Grundsätzlich gilt sicher, dass ein naiver Rezeptionsstil eher Einfluss auf das Selbstbild und Vorstellungen von angemessenem Verhalten nimmt als eine distanziert-reflektierte Rezeptionsweise.
124
Vgl. Peiser 1996, der in seiner Untersuchung über die „Fernsehgeneration“ nachzuweisen versucht, dass diese im Gegensatz zu älteren Generationen eine viel stärkere Affinität zum Fernsehen hat und weniger liest als die vorangegangene Generation. Zwar lasen die jüngeren Jahrgänge tatsächlich weniger, insbesondere Zeitungen, aber das Fernsehen wurde nicht intensiver genutzt, was Peiser auf einen Veralltäglichungsprozess zurückführt. 125 Siehe auch Kapitel Forschungsstand in dieser Arbeit.
288
Schlussteil
Sinnfällig ist, dass der Stellenwert der Printmedien Mädchen- und Jugendzeitschriften im Gesamtmediensystem heute, im Zeitalter der „Net Generation“126 eher ein untergeordneter ist. In Anbetracht einer sich in den letzten Jahrzehnten rasant verändernden Gesamtmedienlandschaft wachsen heutige Jugendliche mehr denn je mit einem Selbstverständnis im Medienumgang auf, das ein breites Spektrum an Medienangeboten und medialen Möglichkeiten umfasst und im Vergleich zu vorangegangenen Generationen seinesgleichen sucht. Dies fordert nicht nur einen sehr weit gefassten Medienbegriff, sondern auch eine breite Palette von damit verbundenen – positiven und negativen – Erscheinungsformen. Dass das Segment der Mädchen- und Jugendzeitschriften hier angesichts vielfältiger, technisch modernster Alternativen, eine Art „Auslaufmodell“ darstellt, scheint – sowohl was die Ausdifferenzierung des Marktsegments als auch die über immerhin viele Jahrzehnte hinweg relativ konstanten Auflagenstärken beweisen – widerlegbar. Auch wenn das Medium nach wie vor mit traditionellen Mitteln arbeitet und im Gegensatz zu den interaktiven Plattformen moderner Hightech-Medien möglicherweise sogar traditionell erscheinen mag: die Zeitschriften scheinen sich im Gesamtensemble des medialen Angebots relativ fest etabliert zu haben. Und dies in mehrfacher Hinsicht: Zum einen sind sie in der leichten Handhabbarkeit ihrer Rezeption, im Verzichten können auf weiteres technisches „Equipment“, ein von notwendigen Zusatzfaktoren relativ unabhängiges Medienangebot. Lesen kann man nahezu überall, sei es alleine im Mädchenzimmer oder gemeinsam mit Freundinnen im Schwimmbad. Man braucht weder Elektrik noch komplizierte technische Ausrüstungen, man kann einmal lesen oder das, was einen besonders anspricht auch gleich mehrere Male. Die Zeitschriften sind leicht zu transportieren, man kann lästige Wartezeiten zum Beispiel im Bus ganz unkompliziert ebenso damit überbrücken wie anregende oder informative Stunden damit zubringen. Zum anderen gelingt es den kommerziellen Zeitschriften, alles andere als „altmodisch“ zu erscheinen. Dabei kommt neben den vermittelten Inhalten vor allem dem Einsatz des Graphic Design der Bild-TextKombinationen und der graphischen Gesamtarrangements der Hefte eine tragende Bedeutung zu. Mediale Kommunikation ist heute mehr denn je visuelle Kommunikation. Verbunden mit einer zunehmenden Ästhetisierung transportieren Bilder in Kohäsion oder Kohärenz mit schriftsprachlichen Texten Kommunikation. In kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften liegt der Anteil von graphischen Bildelementen mittlerweile bei etwa zwei Drittel Bild im Verhältnis zu etwa einem Drit126
Manchmal auch „Generation @“ (siehe Süss 2004: 77).
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tel schriftsprachlichem Text (vgl. Nickel 2000). Durch den Einsatz visueller Attraktionen sollen die begrenzten Ressourcen Zeit und Aufmerksamkeit möglichst geschickt auf das Dargebotene gelenkt werden. Mit den ihnen in aller Begrenzung, aber eben auch allen kreativen Potentialen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der medialen Aufbereitung, versuchen Printmagazine als ein modernes Medium zu erscheinen und die Kluft zu anderen technisch geprägten Medienangeboten wie Mobiltelefonen oder Internet damit so gering als möglich zu halten. Was unmöglich klingen mag, wird äußerst geschickt printmedial umgesetzt. Filmgenretypische Merkmale wie windowing-Technik, Simultaneität, Beschleunigung, schnelle Orts-, Zeit- und Bildwechsel, Auflösung zeitlicher und räumlicher Dimensionen usw. werden zunehmend methodisch adaptiert und auf die Gestaltung der Zeitschriften so gut es geht übertragen. Den Rezipierenden präsentiert sich eine Mixtur aus Bild- und Text-Einzelfragmenten, die komplex ineinander, voreinander, hintereinander, übereinander oder nebeneinander verwoben sind und den Leserinnen und Lesern oftmals regelrecht entgegen zu springen scheinen. Das eherne Gesetz der zeitlichen und räumlichen Reihenfolge – der existenziellen Charakteristik von Schrift und Lesen – scheint in ihnen nahezu aufgelöst. Die Blickführung basiert nicht mehr auf dem kulturellen Code der Sequenz übersichtlich gegliederter Texte, sondern auf der werbetechnisch ausgereizten manipulativen Steuerung der Betrachteraufmerksamkeit. Mit Bild-Text-Gemengen werden Zeitbudgets und Kommunikationsverläufe gesteuert, der Eindruck, der entstehen soll, konnotiert „Flippigkeit“, „action“, „gewollte Unruhe“, „gewollte Unordnung“, „Bewegung“, „Dynamik“, „Lifestyle“. Rezipierende „zappen“ durch die Zeitschriftenseiten ebenso wie durch die Gesamthefte, einer unbewussten Lenkung durch Farbrhetorik, typologischen Attraktionen, verheißungsvollen Bildern und Schlagzeilen folgend. Der Blick wird über Einstiegspunkte gefangen („eye-catching“) und über vorgegebene Wegstrecken durch Vektoren, Farbimpulse oder Attraktoren geleitet (vgl. Kress/vanLeeuwen 1996). Immer häufiger sind Bild und Kernbotschaft so miteinander gekoppelt, dass maximale Information (bzw. Werbeinformation) in minimaler Zeit präsentiert und konsumiert/rezipiert werden kann. Grenzen zwischen Visualität und Literalität verschwimmen. Die Lesenden sind zu Erblickenden umcodiert, das Ziel ist die Vermittlung einer Vielzahl von simultan präsentierten Reizen, ganz ähnlich den Präsentationsformaten vieler sich in ständiger Dynamik befindender Internetseiten mit blinkenden Pop-ups, plötzlich auftauchender Schrift- oder anderer graphischer Elemente. So scheint es durchaus gerechtfertigt, zu behaupten, dass die Zeitschriften mit „print-statischen“ Mitteln versuchen, sich den digitalen Lieblingsmedien heutiger Jugendlicher anzunähern, indem sie viele der von diesen favorisierten Techniken
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und Methoden zu übertragen versuchen. Damit aber vermindern sie nicht nur die Kluft zwischen den mit geringerer technischer Möglichkeiten behafteten Printmedien und den sich auf technisch höchstem Niveau präsentierenden digitalen Medien, nehmen ersteren also damit den Kontext des tendenziell eher altmodischen bzw. lassen diesen Eindruck damit erst gar nicht aufkommen. Ganz im Gegenteil erscheinen die Zeitschriften mit geradezu progressiver Modernität, in ihrer ganzen dargebotenen Farbprächtigkeit, ihrer Mixtur aus verschiedensten Sprach-BildElementen, ihrer vielfältigen, abwechslungsreichen Präsentationsformate und ihrer immer auf äußerste Aktualität bedachten Inhalte als modernes, zusätzlich wählbares Medium. Sicher nicht für alle Jugendlichen, aber eben doch für eine gleich bleibend konstante Anzahl über viele Jahrzehnte hinweg. Hier sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass – nach der „Langzeitstudie zur Mediennutzung und Medienbewertung Massenkommunikation“ (vgl. Berg/Ridder 2002), – die im Abstand von jeweils fünf Jahren Daten erhebt, um Rückschlüsse auf langfristige Veränderungen in der Mediennutzung zu erhalten, nur wenig Hinweise auf eine dramatische Reduzierung der Zeitanteile für die Nutzung von Hör- und Printmedien gegeben sind. Zeitschriftenlesen rangierte demnach immerhin auf Rang zwei (nach Zeitung lesen) sowohl beim Gesamtanteil der Befragten als auch spezifisch in der Altersgruppe der 14–19-Jährigen (Vollbrecht 2001: 186; Quelle: Media Analyse 1998). Wichtiger Ansatzpunkt für eine Analyse der Rezeption ist es, neben den Medienangeboten in erster Linie die Menschen und ihre Bedürfnisse zu verstehen. Es erscheint deshalb grundsätzlich nicht unvereinbar, wenn Rezipierende durchaus nicht mit allem übereinstimmen, was in den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften angeboten wird, diese dessen ungeachtet aber „trotzdem“ kaufen. Dies auf den ersten Blick unlogisch oder inkonsequent scheinende Verhalten widerspricht aber in keiner Weise üblichem menschlichem Verhalten. Ingrid Paus-Haase formuliert zum Konzept der Medienaneignung: „Medienaneignung meint schließlich die Verarbeitung des Medienangebots. Die Prozesse der inneren Verarbeitung auf der Grundlage der persönlichen und sozialen Erfahrungen des Individuums entscheiden darüber, inwieweit Medien auf Handeln und Verhalten Einfluss nehmen können. Die Verarbeitung der Medien und medialer Inhalte ist ebenso wie die Wahrnehmung von zwei Seiten beeinflusst. Da ist zum einen die Medienseite mit der medialen Botschaft, also ihrem Inhalt, ihrer Ästhetik und ihrer Dramaturgie. Da sind zum anderen die individuellen Faktoren, Determinanten, wie das Alter und das Geschlecht, und Variable, die unter dem Begriff des persönlichen Charakters subsumiert werden, wie auch solche, die dem sozialen Umfeld und den Erfahrungen innerhalb dieses Um-
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felds zuzuordnen sind. Zusammenfassend meint Medienaneignung also den komplexen Prozess der Nutzung, Wahrnehmung, Bewertung und Verarbeitung von Medien aus der Sicht der Subjekte unter Einbeziehung ihrer – auch medialen – Lebenswelten“ (Paus-Haase/Schorb 2000: 35). Tendenziell sind kommerzielle Mädchen- und Jugendzeitschriften im öffentlichen Diskurs nicht so sehr geprägt von positiven Zuschreibungen – wie beispielsweise dem Argument, dass das Lesen dieser Zeitschriften gerade für die bildungsferneren Schichten eine Verminderung der Distanz zum Lesen (von Büchern oder Zeitungen) generell bedeute oder der tatsächlich hehren Absicht der Redaktionen, sich der typischen Sorgen und Nöte Heranwachsender jenseits von peinlichen Aufklärungssituationen mit den Eltern anzunehmen – sondern immer wieder auch von sehr kritischen, ja negativen Bewertungen. Diese rekurrieren nicht nur auf Argumente der Enttabuisierung von Freizügigkeiten mit gelegentlicher Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, dem zu stark auf sexuelle Spielvarianten hin ausgerichteten Aufklärungsangebot der Zeitschriften, der damit verbundenen Gefahr der sozialethischen Desorientierung oder der allumfassenden Präsentation von Kaufappellen und Konsumartikeln. Sie zielen auch ganz generell auf die inhaltlichen Oberflächlichkeiten dieser Zeitschriften und auf mangelnde Hinführung zu kritischem Denken. Besonders problembelastet scheint dieser Diskurs, wenn man hier auf die von Göttlich und Paus-Haase durchgeführte Studie zu „Daily Soaps“ mit aller Vorsicht vergleichend hinweist. Deren geradezu erschreckende Ergebnisse hinsichtlich der völlig unreflektierten Rezeption dieser Fernsehsendungen durch gerade sehr junge Mädchen aus bildungsfernen Schichten, die nahezu ohne Distanzierungsmechanismen Realität und Fiktion zur Deckungsgleichheit bringen und eigene Lebensmodelle und Wirklichkeitsentwürfe an den fiktionalen Geschichten ausrichten, sollte zu denken geben. Zwar stehen hier jeweils unterschiedlich komplexe Wirkungstheorien und -modelle im Hintergrund. Dennoch muss klar konstatiert werden: Eine Gefährdung bestimmter Zielgruppen in Bezug auf Wirklichkeitsverluste und der Errichtung von Scheinwelten scheint nicht von der Hand zu weisen zu sein. Dies um so mehr, wenn – wie ja vermutlich häufig der Fall – ganz ähnliche Fiktionen parallel über verschiedene Medienkanäle auf die Rezipientinnen zur Wirkung kommen. Also beispielsweise durch den regelmäßigen, kumulativen Konsum von Daily Soaps, kommerzieller Mädchenzeitschriften und Musikmedien mit ähnlichen Inhalten. Medien erfüllen ganz bestimmte Funktionen, sie helfen mit, den Alltag zu strukturieren. Sie sind somit Teil der Lebenswelt, in der sich Menschen in ganz bestimmten Sozial- und Ökonomiestrukturen bewegen. Dabei stellt die Lebenswelt keine stati-
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sche, objektiv fassbare Größe dar, sondern wird über ein System von Bedeutungszuschreibungen und sozialen Absprachen konstruiert. Eine solche Alltagsstrukturierung mag bei der Rezeption von Mädchen- und Jugendzeitschriften zwar im Vergleich beispielsweise zum täglichen, fest ritualisierten Ansehen von Daily Soaps zu festen Sendezeiten eher wirkungsschwach erscheinen, sicherlich aber ist sie gegeben. Beispielsweise schon allein dann, wenn die Käuferinnen sich auf den jeweiligen festen Erscheinungstag „ihrer“ Zeitschriften freuen, die BRAVO GIRL am besten „druckfrisch“ gleich nach der Schule kaufen und an diesem Tag eben auch sofort lesen. Zu fragen wäre an dieser Stelle, ob nicht gerade dieser Aspekt der Medienökologie ein ganz entscheidender für den Kauf und die Rezeption dieser Zeitschriften darstellt, insofern nämlich, als das Lesen eben notwendigerweise nicht an den öffentlichen Raum gebunden ist, sondern man eben gerade die Möglichkeit hat, sich mit den dargebotenen intimen Problemen und Scheinwelten in den Privatbereich zurückzuziehen, mit niemandem kommunizieren zu müssen, niemandem Rechenschaft über das gewählte „Programm“ ablegen zu müssen. Gerade dieses Verorten intimer Themen in individuell wählbare intime Orte und auch Zeiten (eben bevorzugt dann zu lesen, wenn man sich ungestört fühlen kann, für sich allein ist) mag durchaus eine wichtige Rolle spielen. All dies würde Strukturen beschreiben, die ganz unmittelbar mit diesen Medien verbunden sind. Dass auch den Mädchen- und Jugendzeitschriften eine Funktion im Gesamtkontext der jugendlichen Lebenswelten der Leserinnen und Leser zukommt, wurde in der vorliegenden Arbeit hinlänglich nachgewiesen. Inwieweit eine weiterführende Forschung zum Beispiel der Kaufmotivationen, der inhaltlichen Medienpräferenzen und zentralen Mediennutzungsmotive der Leserinnen und Leser hier weitere Klärungen bringen kann, sei dahingestellt. Ob aus Langeweile, Einfachheit der Handhabe der Zeitschriften oder aus dem Interesse heraus, damit immer genau zu wissen, was für Jugendliche gerade up-to-date oder „in“ und „out“ ist, ändert letztlich nichts an der Tatsache, dass diese Medienangebote eben von vielen Jugendlichen als – wenn auch vielleicht kleiner – Baustein in deren Lebenswelten fungieren und diese – in welcher Form auch immer – wechselseitig beeinflussen, und zwar zeitgleich zu den zentralen Sozialisationsinstanzen Familie und Schule, vor allem aber auch anderen Medien. Dies alles läuft parallel. Nicht übersehen werden darf an dieser Stelle auch die Frage, welche Funktion das (latente) Wissen der Rezipierenden hat, dass sie in ihrer Rezeption, in ihrem Konsum der Zeitschriften nicht alleine sind, sondern sich der Vergewisserung innerhalb ihrer Peer-Groups sicher sein können, eben weil auch Freundinnen und Freunde die Hefte lesen, das Lesen der Hefte also eine soziale Orientierungsressource bedeuten kann.
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Bohnsack (seinerseits sich mit dem Habitus-Begriff Bourdieus auseinandersetzend) sieht den „kollektiven Habitus weniger distinktiv, sondern primär ‚konjunktiv‘, d. h. durch Gemeinsamkeiten des Erlebens geprägt […]“ (zit. nach Michel 2006: 109), also nicht ausschließlich oder nicht so sehr durch „objektive“ Ressourcen. Er sieht gerade in der sukzessiven Erlebnisaufschichtung eine zentrale Dimension der Entwicklung einer Basis des Habitus. „Die den Habitus formenden Erlebnisse sind aber keine Erfahrungen, die einem Akteur individuell in einzigartiger Weise zukommen würden, sondern kollektive Erlebnisse. […] Statt Habitus wie Bourdieu im Wesentlichen durch die Unterschiede der Existenzbedingungen geprägt zu sehen, also distinktiv, hält Bohnsack Gemeinsamkeiten des Schicksals für habituskonstituierend und geht wie Bourdieu davon aus, dass die Dispositionen des Habitus mimetisch vermittelt werden […] und den jeweiligen Akteuren reflexiv kaum verfügbar sind. Sie sind daher zum Bereich des ‚atheoretischen‘ Wissens zu rechnen“ (zit. nach Michel 2006: 114f.). Dies macht eine Untersuchung der für Jugendliche bestimmten Printmedien für deren Mediensozialisation und damit für die Medienpädagogik umso relevanter. Die qualitativen Variablen des Medienalltags, also die Entscheidung, wann präferieren Jugendliche was und mit welchem Medium, sind von vielfältigen Faktoren abhängig. Sowohl Süss als auch Berg/Kiefer beschreiben, dass die Entwicklung und Ausbildung neuer Medien in der Regel durchaus nicht zum Untergang der bisherigen oder traditionellen Medien führen, sondern tendenziell zu einer Verlagerung deren Funktion (Süss 2004; Berg/Kiefer 1997). Als durchaus spannend erweist sich hier die Frage, ob bestimmte Entwicklungsmuster im Umgang mit Medien angesichts der zunehmenden Globalisierung und Annäherung der Gesellschaften kulturübergreifend ähnlich ablaufen, oder – so die Thesen neuerer Sozialisationstheorien – sich je nach Gesellschaft doch eher ausdifferenzieren. Wie in der Studie von Göttlich/PausHase nachgewiesen werden konnte, werden Medien von den Mitgliedern verschiedener Milieus unterschiedlich genutzt, damit geprägt und prägen damit wiederum reziprok ihre jeweiligen Milieus. Wie aber gerade der vorliegende Diskurs über das Medium Mädchen- und Jugendzeitschriften deutlich gemacht hat, sind es nicht nur die Veränderungen, die in der Medienaneignung und –nutzung eine Rolle spielen, sondern auch die Konstanten. Dass die Aufgliederung des Medienzeitbudgets auf bestimmte Medientypen auch mit dem Geschlecht der Heranwachsenden zusammenhängt, dass Mädchen Medien weniger lang nutzen als Jungen, dafür gerade die Printmedien wiederum länger nutzen als die Jungen, konnte Süss eindrucksvoll aufzeigen (Süss 2004).
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So scheint trotz aller Akzeleration des Medienzugangs, der zunehmenden Medialisierung der Kinderzimmer und einem erhöhten Stellenwert der Medien im Alltag Jugendlicher dennoch eine ungebrochene Konstanz der Klüfte der gesellschaftlichen Schichten im Hinblick auf Präferenzen, Zugangsmöglichkeiten und auch Kompetenzzuschreibungen gegeben. Es ist nicht anzunehmen, dass die Rezeption der Zeitschriften eine 1:1-Umsetzung aller vorgegebenen Modelle bei den Leserinnen nach sich zieht. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass die Lektüre (möglicherweise auch noch alternativlos) durchaus Bilder und Vorstellungen im Kopf bewegt, Wünsche, Sehnsüchte, Lebensmodelle kreiert, die zumindest in Form unmittelbarer Befriedigungsmuster (Kauf von Modeartikeln, Kosmetika, Musikgeschmack) durchaus zum Tragen kommen. Es ist gerade ein wesentliches Charakteristikum der Inhalte der Mädchen- und Jugendzeitschriften, dass sie spezifische Bedeutungsangebote zur Verfügung stellen, die die Jugendlichen so auch in der Wirklichkeit ihrer gelebten Lebenswelten vorfinden. Es ist gerade die „Stärke“ dieser Zeitschriften, hier durch äußerst vielfältige Strategien permanent solche Identifikationsangebote für die sie Rezipierenden zu schaffen, dass diese an allen möglichen Stellen (sei es in den Fotogeschichten, sei es in bestimmten Problemberatungsfällen u. a.) mühelos „andocken“ können, sich in den inszenierten Offerten wieder finden können. In diesem Sinn ist es von entscheidender Bedeutung, dass Medien „nicht direkt durch ihre Inhalte, sondern durch die Passung ihrer Bedeutungsangebote für die jeweiligen Medienbenutzer [wirken.]“ (Vollbrecht 2001: 132). Gemäß dem kulturtheoretischen Ansatz der Cultural Studies formuliert der französische Linguist Ducrot: „Entscheidend ist also nicht, dass etwa Bilder direkt zur Identifikation angeboten werden, sondern ob und wie diese Bilder zu unserer psychischen Realität passen und dann entsprechend dieser Realität gedeutet werden“ (zit. nach Vollbrecht 2001: 133). Durch das Aufgreifen und Imitieren der Lebenswelten Jugendlicher in den Heften ist für diese die Möglichkeit leicht gegeben, quasi selbst „mittendrin im Heft“ zu sein, sich wieder zu finden, wieder zu erkennen. Die in der vorliegenden Arbeit im Kapitel „nicht-kommerzielle Zeitschriften“ erzielten Untersuchungsergebnisse zeigen, dass es sich bei diesen selbst gemachten, „alternativ“ und „gegenmedial“ konzipierten Formaten durchaus um Schritte in Richtung Erwerb einer Medienkompetenz handelt. Unabhängig von Bildungsforen wie Schule oder Elternhaus werden hier Schlüsselqualifikationen in Bezug auf kritische Auseinandersetzung mit Medien erworben. Auch wenn es sich hierbei in der Gesamtmedienlandschaft vielleicht um vergleichsweise geringe Quantitäten handelt, so steht doch jedes einzelne dieser in die Tat umgesetzten Projekte für einen
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klaren Ausdruck von praktizierter Demokratie, die es um so dringlicher in eine öffentliche Wahrnehmung aufzunehmen und erst recht in das Bewusstsein der Medienwissenschaften zu bringen gilt. Aufbauend auf vorliegende Modelle der Medienpädagogik (zum Beispiel „Fotodidaktik“; vgl. Holzbrecher 2006a, 2006b) wäre eine weitere Sensibilisierung für die Potentiale von „alternativen“ Medien und erst recht deren didaktische Verwertbarkeit in konstruktiven medienpädagogischen Arbeiten wünschenswert. Entscheidend für die Frage nach einer Medienwirkung der untersuchten Mädchenund Jugendzeitschriften ist der Aspekt, dass dies keinesfalls ausschließlich durch die Untersuchung der Medieninhalte und der Medien selbst ausreichend geklärt werden kann. Diese sind ein ganz zentraler, aber eben ein Indikator. Ebenso wenig kann die Medienwirkung unmittelbar aus einer direkten Befragung der Rezipierenden abgeleitet werden, denn hier muss davon ausgegangen werden, dass Entscheidungsprozesse nur zu einem bestimmten Teil bewusst getragen sind, ein anderer Teil, möglicherweise der überwiegende, bleiben in nicht bewussten Handlungsentscheidungen verborgen. Die in der vorliegenden Forschungsarbeit beschriebenen Ergebnisse zeigen, dass gerade die Untersuchung der Medieninhalte nicht losgelöst betrachtet werden kann von den lebensweltlichen Kontexten der Leserinnen und der in den Zeitschriften vorgeführten Lebensweltmodelle. Sie sind im Gegenteil sogar ein ganz entscheidendes Kriterium. Somit ist die Frage des Einflusses von Mädchen- und Jugendzeitschriften auf die mediale Sozialisation der Leserinnen und Leser nicht losgelöst von einer Analyse des Zusammenspiels127 der Produktion der Medien und Medieninhalte, deren Rezeption und schließlich eines lebensweltlichen und gesamtgesellschaftlichen Kontextes sinnvoll zu klären. Erst die Analyse dieser komplexen Zusammenhänge ermöglicht – ganz im Sinne einer von bewahrpädagogischen Ansätzen, Kontrolle und Verboten losgelösten, stattdessen auf die Befähigung zu selbstreflexiver Mediennutzung ausgerichteten Medienpädagogik – ein nachhaltiges Forschungsbild. Ein wichtiger Schritt hierzu wurde mit der vorliegenden Arbeit zu leisten versucht, Rezeptionsanalysen müssen folgen. 127
Vgl. hierzu den Begriff der „Triangulation“: „Triangulation zielt also darauf ab, verschiedene Forschungsperspektiven und Methoden gezielt so miteinander zu kombinieren, dass sie sich gegenseitig kontrollieren, ergänzen, unterstützen, relativieren oder auch widerlegen können“ (vgl. Ingrid Paus-Haase/Bernd Schorb 2000: 21). – Dabei geht es nach Paus-Haase/Schorb aber auch darum, dass Triangulation „tatsächlich mehr sein kann als die bloße Addition verschiedener Methoden“ (a. a. O.).
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Zusammenfassende Betrachtung
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Mädchenbilder – ihre lebensweltlichen Kontextbezüge und diskursiven Einschreibungen
Das leitende Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit orientierte sich an der Hauptuntersuchungskategorie Mädchenbild, das als mit einer Fülle von Zeichen besetztem Codier-Leitbild auf biologisch konstituierte Geschlechterzugehörigkeit, gesellschaftliche Vorgaben und die subjektive Seite des Erlebens des weiblichen Hineinwachsens in eine kulturell-sozial konstituierte Geschlechterrolle verweist. Dabei galt das Forschungsinteresse einem möglichst umfassend angelegten Spektrum von Mädchenbildern, das sowohl die in kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften massenhaft vorgegebenen Modelle, als auch der sich von diesen wesentlich unterscheidenden Angebote nicht-kommerzieller Präsentationsformate umfasste. Mit der Kategorie Mädchenbilder verbunden sind die jeweiligen bildhaften, sich häufig ähnelnden Formen einer „virtuellen“ Sozialisation mit ihren symbolischen Handlungen und Ausdrucksweisen, die auf fiktiver Ebene eine problemtranszendierende Wirkung entfalten, Möglichkeiten der Identifikation bieten und somit Teil der lebensgeschichtlichen Mediensozialisation werden. Dabei ist die Einbettung der vermittelten Mädchenbilder in konkrete lebensweltliche Kontextbezüge sinnfällig, die ihrerseits sowohl Ausgangsbasen für die entwickelten Medienangebote darstellen als sich auch gleichzeitig mit diesen zusammen weiterentwickeln. Dies kann einerseits durch übergeordnete Makrostrukturen, wie zum Beispiel marktwirtschaftliche und politische Rahmen, verursacht sein, andererseits auch durch eine stetige Responsivität des einander wechselseitig bedingenden Austausches von Mikrostrukturen, also eines permanenten Wechselspiels zwischen den Zeitschriften und deren Leserinnen und Leser mit der Konsequenz eines sich „miteinander Veränderns“ beider Pole, was zum Beispiel in den Beratungsangeboten der kommerziellen Magazine ganz besonders sinnfällig wird. Kommerzielle Medienprodukte wie BRAVO GIRL! sind Erscheinungsformen des Massenkonsums im Rahmen eines medienökonomischen, wettbewerbsorientierten Gesamtzusammenhangs. Sie tragen mit ihren intertextuellen Diskursoffensiven für Schönheitsideale, Erfolgsreligionen und Scheinlösungen vorhandener Konflikte dazu bei, dass relevante, massenhaft-alltägliche Lebenslagen und Verhältnisse sowie deren Hierarchisierungs- und Konkurrenzmechanismen im Alltagsbewusstsein permanent schicksalhaft gedeutet, naturalisiert, harmonisiert und in das Unbewusste verschoben werden sowie jeder Gedanke an Kritik und Widerstand ausgelöscht wird beziehungsweise erst gar nicht aufkommt. Vor diesem Hintergrund lässt sich die
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Rezeption der Mädchenzeitschriften kultursemiotisch als Reflex von Symbol-, Diskurs- und Interpretationsgemeinschaften beschreiben und begreifen. Denn diese eint, ungeachtet mancher verbaler Distanzierungen, ein „Dazugehören“, ein gemeinsames mimetisches Zeichenverhalten, das auf dem dominierenden massenhaften Bedürfnis nach Symbolen beruht, in denen die Alltagsrealität bis zur Unkenntlichkeit verdichtet und selektiert wird. Die Mädchenbilder der kommerziellen Magazine sind gekennzeichnet durch eine medienpopulistische Identitätsbildung, sind Vorgaben für das Kopieren von Stilen und Moden und dienen kaum der Wahrnehmungs- und Erkenntniserweiterung. Sie bieten keine kritische „,mimetische‘ Aneignung von sozialen Szenarien, von Gebärden, Gesten und Mimik“ (Bohnsack 2006: 19), keine kritische „mimetische Nachschöpfung sozialer Handlungen und Situationen“ (ebd.: 119). Sie verbreiten vielmehr „Anpassungswissen“ (Mayring 2002: 11), das dann in einem lebensweltlichen „Selbstintegrationsmechanismus“ (Lindner 2005: 69) wirksam werden kann. Die Gestalt- und Symbolbildung der kommerziellen Magazine mit Hilfe zum Beispiel der Felder „Natur“, „Körper“, „Romantik“, „Schönheit“, „Kommunikation“ und „Freiheit“ widerspiegelt Modelle des bestehenden kulturellen Systems. Allerdings sind diese Einflüsse nicht immer unmittelbar fasslich, sondern mit anderen Einflüssen vermischt, teilweise durch diese sogar verdeckt. Sie erfordern das abduktive Schlussfolgern von bekannten, sichtbaren Größen des Bildinhalts auf unbekannte beziehungsweise unsichtbare. Die der modernen Bildproduktion innewohnende Fähigkeit, mit Hilfe überlieferter mythologischer als auch unmittelbar aktueller Vorstellungsgehalte kulturelle Ideale zu vermitteln, Modelle der Lebensweise und Persönlichkeitsprofilierung affirmativ zu präsentieren, ein Individualisierungs- und Prestigeversprechen zu geben, trägt stets auch die Gefahr der Ausgrenzung und Verniedlichung gesellschaftlich bedeutsamer Themenbereiche in sich. Die in den kommerziellen Zeitschriften gezeichneten Mädchenbilder belegen daher – und keineswegs nur in den Werbestrecken – auch, dass die Gesellschaft „zum Anhängsel des Marktes“ geworden ist, und dass die „Erfahrbarkeit der Gesellschaft“ abnimmt (Negt 2002: 32, 34). Eines der wichtigsten durchgängigen Versprechen in allen textuellen und visuellen Angeboten der kommerziellen Mädchenzeitschriften und der damit vorgestellten Mädchenbilder ist das der unbegrenzten Erreichbarkeit und individualitätsfördernden Effektivität von körperlicher Schönheit. Es ist umso eindringlicher, je weniger das Begehren nach ihr sich in der Realität erfüllen kann. Dieses Versprechen verfügt über eine besondere Anziehungskraft – und kultursemiotische wie medienpädagogische Relevanz –, weil mit Schönheit immer auch andere wichtige Lebensgüter be-
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gehrt werden: Glück, Erfolg, Sexualität, Gesundheit, Fruchtbarkeit. Der von den Zeitschriften propagierte Schönheitsbegriff ist jedoch ästhetizistisch: Schönheit ist in ihm einerseits inhaltlich nie mit sozialen Qualitäten wie Lebenserfahrung und – klugheit verbunden. Er verspricht andererseits aber Sozialprestige, indem er nahezu ausschließlich bestimmte Körpereigenschaften betont und sie direkt oder indirekt zum Maß sozialer und moralischer Anerkennung erhebt. Die Mädchenbilder der kommerziellen Zeitschriften sind reduktionistische symbolische Interpretationen von gegenwärtigen Geschlechterverhältnissen: aber auch mit dem, was sie verschweigen, verweisen sie sowohl auf die subjektive als auch auf die gesellschaftliche Seite des weiblichen Aufwachsens. Die vermittelten Mädchenbilder haben überwiegend konfliktverdeckenden Charakter: Gelingen und Scheitern werden in den persönlichen Verantwortungsbereich gestellt, Bewältigungsprobleme ausgeblendet. Die sich rapide entwickelnde Differenzierung der Lebensgestaltung weiblicher Jugendlicher in unzähligen strategischen Selbstcollagen der „Individualisierung“ verschärft für weibliche Jugendliche die – pädagogisch besonders relevante – Ambivalenz zwischen Selbstbestimmung und Anpassung. Und so bleiben die Gefahren durch nur imaginäre, problemtranszendendierende Lösungen und der Selbstüberforderung durch nur vordergründige Beseitigung von Verunsicherungen, Irritationen und Ängsten bestehen. Die Inhalte und Gestaltungsweisen der meisten kommerziellen Mädchenzeitschriften wenden sich nicht primär an die lektüregewohnte und -interessierte Leserin. Sie orientieren sich vor allem an audio-visuellen Entwicklungen und Gewohnheiten, an modernen medialen Konventionen, machen sich in ihrem Streben nach Beherrschung von Zeichen und Bedeutungen (Semiokratie) die Eigenschaften der latenten Präsenz bildhafter Medien und der semantischen Mehrschichtigkeit von Bildern zunutze. Das belegt, wie sehr nicht nur das mediale Anschwellen von Stoffen und Formen, die wachsenden Einflüsse der audio-visuellen Produktions- und Präsentationsformen die Gestaltung der Mädchenmagazine durchdringen, sondern – durch die Gestaltung vermittelt – ebenso technische Rationalisierung, Zeitverdichtung und Verminderung der kritischen Reflexion von Welt-, Menschen- und Gesellschaftsbildern. Dieses Zeichenverhalten weist im Hinblick auf die gezeichneten Mädchenbilder der kommerziellen Magazine unter anderem eine quasi-religiöse, besonders von den Fotoromanzen und der Werbung bediente Bedürfniskomponente auf: Die eigene beschränkte Wirklichkeit wird durch neo-romantische Phantasie überblendet. Es wird der Versuch unternommen, die durch die Rationalisierung des Alltagslebens verlorene oder für verloren gehaltene Möglichkeit, die „Doppelexistenz“ zwischen Diesseitsbefangenheit und Jenseitsbedürftigkeit parallel zu leben, dadurch zu ersetzen,
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dass man in imaginäre Räume der Phantasie ausschweift (Transzendentalbedürfnisse). Da der Exotismus dieser Räume nicht authentisch ist, sondern medial konstruiert wird, ergibt sich eine trügerische Allgegenwart des Exotischen. Sie ruft im Bunde mit der latenten Gefahr und der Erfahrung sozialer Desintegration immer wieder die Sehnsucht nach Scheinintegration hervor. Das Gesamtspektrum der deutschen kommerziellen Mädchenzeitschriften wird von BRAVO GIRL! einerseits, von BRIGITTE YOUNG MISS andererseits begrenzt. Also von Mädchenzeitschriften, in denen weiterhin die heterosexuelle Attraktivität des Mädchens und romantische Liebesphantasien dominieren, und solchen, in denen das „Jungenthema“ nur noch eine periphere Rolle spielt, stattdessen der Entwurf eines autonomen, ich-bezogenen, aufstiegsorientierten Mädchens gehandelt wird, das keiner männlichen Bestätigung mehr bedarf. BRAVO GIRL! propagiert demnach eine stärker sexualisierte und romantisierte Variante eines modernen Mädchenbildes, BRIGITTE YOUNG MISS eine individualistische, die Attraktivität als Konsumartikel, Mittel sozialer Abgrenzung und Konkurrenz auch in Geschlechterbeziehungen repräsentiert. Die von Magazinen wie BRAVO GIRL! einerseits, von BRIGITTE YOUNG MISS andererseits repräsentierten Mädchenbilder-Varianten bieten überwiegend nur imaginäre Lösungen für die Problemlagen weiblicher Lebensrealitäten: nämlich symbolische Handlungen und Ausdrucksweisen, welche die jeweilige Problematik, die zum Beispiel hinter Rollenkonflikten steht, nicht wirklich lösen können, aber auf symbolischer Ebene eine problemtranszendendierende Wirkung entfalten. Darum sind die kommerziellen Mädchenzeitschriften und die von ihnen propagierten, affektiv untersetzten Rollenbilder, Wahrnehmungsschemata und Lebensstile – vor dem Hintergrund der herrschenden Geschlechterverhältnisse gesehen – Ausdruck kommunikativer Ungleichheit, formulieren und etablieren Geschlechter-Ungleichheiten. Das wesentliche Problem der mit den kommerziellen Präsentationsformaten vorgestellten Mädchenbilder besteht nicht darin, dass hier für Taschengelder Idole und Träume verkauft werden, auch nicht darin, dass sich in den Magazinen tendenziell wenig pädagogisch nützliche Elemente finden. Das Problem besteht vielmehr im für Jugendliche schwer durchschaubaren Nebeneinander von Realitäten und Scheinwelten, von Wahrheit, Halbwahrheit, von Verdrehung und Ausklammerung, das – der Studie von Göttlich/Krotz/Paus-Haase zufolge (Göttlich/Krotz/Paus-Haase 2001) – zumindest für bestimmte, bildungsferne Zielgruppen durchaus erschreckende Ausmaße der Realitätsverzerrung und der Entwicklung fehlgeleiteter Lebensentwürfe annehmen kann. So scheint eine „Mimesis zweiten Grades“ (siehe unten) immer wieder notwendig.
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Diese reduzierten und reduzierenden Kennzeichen der in den kommerziellen Magazinen gezeichneten Mädchenbilder werden umso sinnfälliger, kontrastiert man sie mit den Gegenentwürfen nicht-kommerzieller Angebote. Alle untersuchten alternativen Formate betonten eine insgesamt kritische Grundhaltung, das Hinterfragen traditioneller Wertvorstellungen, das Aufbrechen „alter Muster“ und die Erweiterung des Blicks über den kleinkosmischen Horizont hin zu einer Öffnung für das Wahrnehmen von Gesamtzusammenhängen, seien diese politisch, ökologisch, geschlechterspezifisch oder die Gestaltungsmöglichkeiten der eigenen Lebensentwürfe im Gesamtgefüge einer gesellschaftlich weit gefassten Öffentlichkeit. Mit Strategien der Selbstwahrnehmung auch jenseits von Dogmen wie Schönheit, Schlankheit und dem schnellstmöglichen Erreichen einer glücklichen, heterosexuellen Paarbeziehung, mit Schärfung eines kritischen Bewusstseins und Stärkung eigenverantwortlicher Handlungskompetenzen tragen diese alternativen Mädchenbilder als Gegenentwürfe somit zu einer Demokratisierung und tatsächlichen Aufklärung bei, leiten durch Bewusstseins- und Wissenserweiterung zu persönlichem Engagement innerhalb des gesamtgesellschaftlichen Systems an und fördern so eine aktive Mitgestaltung der eigenen lebensweltlichen Kontexte für Mädchen und junge Frauen. Mit den kommerziellen Mädchen- und Jugendzeitschriften und ihren „alternativen“ Gegenstücken ist ‚medienkompetent‘ – kritisch-reflexiv, aufgeschlossen für Kontexte und Wirkungsstrategien, sozial verantwortlich – umzugehen. Denn diese Zeitschriften belegen zunächst, wie in wachsendem Maße die medienindustrielle Konturenbildung von Jugendkultur realisiert wird. Sie greifen bestimmte Grundbedürfnisse auf: die nach harmonischen, herrschaftsfreien Beziehungen zwischen Natur, Gesellschaft und Individuum; nach fiktiver Beseitigung sozialer Differenzen bei gleichzeitigem Streben nach Individualität, Selbsterfüllung, materiellem Überfluss und ästhetischer Differenz; nach imaginärer Überschreitung alltäglicher Erfahrungskontexte (Ausbildung, Arbeit; Ökonomie, Politik); nach Stilisierung des Körpers zum Hort von Natürlichkeit, Authentizität und Attraktivität. Daher üben sie wichtige individuelle und gesellschaftliche Funktionen aus, die nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, zumal ihre Publikationsträger millionenfach produziert und gelesen werden. 2.2
Die Fotogeschichten und ihre Sinngebungen
Die dominierenden textuellen und visuellen Angebote der Fotogeschichten in den kommerziellen Mädchenzeitschriften mit ihrer Konzentration auf symbolträchtige Körperkultivierung, Paarromantik, Kleinfamilie, eskapistische Reiseabenteuer und
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anderes belegen insgesamt die Gefahr einer Realitätsverschleierung. Oberflächlicher Inhalt, Konzentration auf den Augenblick, Vermeidung von Widerstand, Furcht vor Veränderung und Selbstveränderung, Ablenkung von Konflikten, Emotionalisierung und Personifizierung von Problemlagen, wie sie den romantisierten Glücksbegriff kennzeichnen sind zentrale Momente in ihnen und können jugendliche Identitätssuche beeinflussen. Als zentrales Angebot größtmöglicher Identifikation in den kommerziellen Heften konstruieren sie romantisch-fiktive Scheinwelten und die Schaffung eines überschaubaren, beherrschbaren Raumes. Die Fotogeschichten lassen sich darum auch definieren durch einen spezifischen Zusammenhang von Bedeutungen, die sich in den Elementen verkörpern. Diese prägen ein vorgeschriebenes, homogenes Weltbild und einen vorgeschriebenen Gedankengehalt mit dem Zentrum heterosexueller Geschlechterbeziehungen. Keiner seiner Bestandteile ist innerhalb dieser „Präsentationsformate“ und „Rahmungsangebote“ (Günther 1992: 200) verzichtbar. Dieses Weltbild weist ausschnitthaft einen bündigen Weltentwurf auf, eine konstitutive Idee. Es bietet ein Bild der Welt im Kleinformat und antwortet der Sehnsucht nach Geordnetheit und Überschaubarkeit. Geordnete Welten entstehen in ihm, indem die ästhetische Phantasie den einzelnen Elementen den Schein eines notwendigen, weil visuell und ideell attraktiven Zusammenhangs vermittelt. Die Provinzialisierung, Romantisierung und Infantilisierung insbesondere der weiblichen Figuren und ihrer Lebensverhältnisse, die Reduktion des Weltbildes entsteht, indem die Menge wirklicher und möglicher Phänomene auf jene beschränkt wird, welche sich auf bestimmte (heterosexuelle, zum Teil semi-pornographische) Bedeutungen ausrichten lassen und die Leserinnenphantasie okkupieren, die bereit ist, „jederzeit von der Beschäftigung mit der realen Welt auf die Beteiligung an Scheinwelten überzugehen“ (Goffman 1981: 94)128. Die Fotogeschichten liefern so dem Publikum Weltmodelle, die auf bestimmte Ideen hin angelegt sind: auf Geschlechterrollen als Manifestationen von Geschlechter- und Sozialverhältnissen, des ihnen innewohnenden Ordnungsbestrebens. Sie 128
William Simon und John H. Gagnon sprechen in ihrer Untersuchung „sexueller Skripte“ vom „metaphorischen Charakter, den sexuelle Aktivität für viele Menschen hat“ (Simon/ Gagnon 2000: 84), vom „essentiell symbolischen“ (ebd.: 75), Bedeutungen des sozialen Lebens einschließenden Charakters dieser Aktivität. Sie sprechen daher auch von einem Prozess der „metaphorischen Transformation“ in zwei Richtungen, der auf Rezeptionsgrundlagen der Fotogeschichten verweist: dem Ausdruck unerfüllter sexueller Wünsche in nichtsexuellen Bildern und – umgekehrt – dem Ausdruck nicht-sexueller Probleme in sexuellen Bildern, z. B. der Verschiebung von „Problemen hierarchischer Beziehungen aus der Berufswelt in die sexuelle Vorstellungswelt von Dominanz und Unterwerfung“ (ebd.: 93).
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Schlussteil
belegen mit ihrer Stereotypie das enge Verhältnis der Leserinnen – als „Rahmensurfer[innen]“ (Reichertz 1992: 158) und „Erregungssucher[innen]“ (Schmidt 2000: 275) – zu diesen ihren Stoffen. Deshalb ist die „Moral“ der Fotogeschichte auch immer an die Romantik, die romantische Sexualisierung des Weltverständnisses gebunden. Diese Romantik – als Lebenshaltung und -entwurf – sieht sich im Sieg der Liebe über die zerstückelte Gegenwart, ihre Missverständnisse, ihre Irrtümer und Auswüchse bestätigt. Die Leserinnen sollen romantische Ideale mit der Medienindustrie teilen und sich – ein wichtiges Produktionsgesetz der sich stets im „Zirkel von Manipulation und rückwirkendem Bedürfnis“ (Horkheimer/Adorno 1989: 140) bewegenden „Massenkunst“ - beim Genuss der Probleme der innerhalb des „kulturindustriellen Symptomgefüges“ agierenden Figuren nie unterlegen fühlen. Letztendlich geht es in ihnen um die Gegenwartsrechtfertigung durch ihre Miniaturreproduktion, um eine Zukunft, die nur aus Gegenwartsverlängerung besteht. 2.3
Skripte und Dialogizität der Beratungsrubriken
Die „Bodyfixierung“ und Fetischisierung des schönen Körpers liefern zusammen mit den Bereichen der sexuellen Intimität die Hauptansatzpunkte der Beratung. Die Beratungstexte antworten dem Bedürfnis, das Leben durch rationalen Umgang mit (Intim-)Beziehungen und perfekte Schwangerschaftsverhütung, mit Liebeskummer und anderen Leidenssituationen unter Kontrolle zu behalten. Dadurch aber werden jugendliche Erfahrungen, welche die Rationalisierung und überlieferte Ordnungsschranken übersteigen, schwerer erfassbar – während das Verlangen nach ihnen stärker wird und sich in der romantischen Emotionalisierung und Sexualisierung des Weltverständnisses, in der Fiktion (dem Symbolkomplex) der reibungslosen, allmächtigen, ewigen romantischen Liebe neu manifestiert (re-romantisiert). Das wiederum führt tendenziell zu einer weiteren romantischen Überfrachtung von Paarbeziehungen. Zwar greifen die Beratungsrubriken sehr viele der bei den Jugendlichen vorhandenen oder subjektiv empfundenen Schwächen auf und bemühen sich in einer dialogisch ausgerichteten Responsivität um ernsthaft scheinende Hilfsangebote. Dennoch liegt es gleichzeitig im Bestreben der Hefte, typische Zweifel, Unsicherheiten und wahrgenommene Defizite der Jugendlichen zu pflegen, zu etablieren und nur bis zu einem gewissen Grad zu dekonstruieren, um damit die Beratungsofferten wiederum zu legitimieren. Das heißt: Die Zeitschriften profitieren mit ihrer – verschiedene Diskurse wie die um Sexualität und Individualisierung miteinander verknüpfenden – Beratung genau vor jenen Fehlentwicklungen, an denen sie selbst
2 Zusammenfassende Betrachtung
303
beteiligt sind. Daher ist diese „Beratung“ zumindest zu einem nicht unerheblichen Teil pseudo-aufklärerisch. 2.4
Werbung
Die jugendkulturelle Semiotisierung des Konsums durch die Werbung in den Mädchenzeitschriften ist real in ihren marktstrategischen Wirkungen, fiktiv in ihren Botschaften. Immer aber sind Real-zeichenkomplexe notwendige Träger der Fiktion. So werden über die – in ihren Merkmalskombinationen häufig wirklichen Vorbildern anverwandelten – Prototypen und Marketingcharaktere der Werbung die kommunikativen Strategien realisiert. Diese spielen a) mit individualistischen verbalen und non-verbalen sowie interaktiven Signalen der Dauererotisierung vor allem in Gestik, Kleidung und Kosmetik. Sie spielen b) mit der Suggestion, durch Konsum eine hedonistische Grenzüberschreitung vornehmen zu können. Diese verweist darauf, dass heute Momente einer Liebesbeziehung vielfach mit symbolisch aufgeladenen Massen-Konsumartikeln verbunden sind, Liebesgeschichten sich auch als massenkulturelle (medien-, moden- und tourismusindustrielle, gastronomische) Markengeschichten entwickeln. Die inhaltlichen und formalen Beziehungen zwischen den redaktionellen und den Anzeigen-Seiten der Zeitschriften tragen osmotischen Charakter. Dieser ist ablesbar an Themen-, Motiv- und Symbolwanderungen. Übernahmen visuell-rhetorischer Gestaltungsprinzipien der Werbegrafik (Graphic Design), kryptischer Werbung, Koppelungen von Produktwerbung und Leserinnenberatung. Diese osmotischen Beziehungen belegen nicht nur die ökonomischen Sachzwänge, unter denen heutzutage die journalistische Produktion stattfinden muss. Sie belegen auch, dass aufgrund der modernen Entwicklungen in Wirtschaft, Sozialstruktur und Kultur enge Wechselwirkungen zwischen den wesentlichen symbolischen Assoziationsfeldern der Werbung und der anderen Teile der Zeitschriften bestehen. Die Hauptmotivfelder der Werbung sind eng gekoppelt an die jugendlichen Lebenswelten und beeinflussen mit ihrer Tendenz zu Modernität (z. B. durch mobile Kommunikation) und scheinhafter Exklusivität (z. B. durch Mode und Kosmetik) diese wechselseitig mit. 2.5
Interne und externe Wechselbeziehungen der Genres
Die Untersuchung von Mädchenbildern offenbart zunächst ein internes Wechselspiel der Genres: Die Fotogeschichte nimmt die Romantisierung, Provinzialisierung
304
Schlussteil
und Infantilisierung der Lebenswelten und des Alltagshandelns vor. Die Beratung (inkl. Lebenshilfe, Modekunde u. a.) rationalisiert und re-romantisiert diese zugleich. Die Werbung bedient sich all dieser Strategien, hebt sie in der Kommerzialisierung auf, so dass Werbung und redaktionelle Teile gemeinsame Hintergründe haben – Grundlage ihrer Osmose. Dieses interne Wechselspiel ist zu betrachten im Kontext eines externen, nämlich desjenigen zwischen den Diskurselementen, Phantasien und Leitfiguren der Leserinnenmassen sowie denen der Medienmacherelite. Beide Potentiale stehen immer auch im Kontext eines Weltbildes, das durch politische und ökonomische Veränderungsprozesse gekennzeichnet ist, die sich in ihren Hauptkomponenten unter den Topoi „Individualisierung“ und „Eigenverantwortung“ auch in den propagierten Mädchenbildern wieder finden lassen. Die internen Wechselbeziehungen der Genres haben, in den Kontexten ihres externen Austauschverhältnisses mit dem Medienverbund- und Sozialsystem betrachtet, einen signifikanten Effekt: Die trügerische Romantisierung von Körper, Schönheit und Liebe, für welche die Fotogeschichten stehen, und ihre vordergründig-kommerzielle Erotisierung, wie sie in der Werbung stattfindet, schaffen massenhaft falsche Erwartungen, Defizite und vielfältige „Funktionsstörungen“ mit – auf die dann in der „Beratung“ durch eine dem „Zeitgeist“ folgende Popularpsychologie individuell, rationalisierend, perfektionierend und korrigierend reagiert wird. (Diese Rationalisierung kann bis hin zur Kritik des mimetischen Verhältnisses der Leserinnen zu dieser Propaganda selbst reichen.) 2.6
Nicht-kommerzielle Magazine und ihre Diskurs- und Symbolgemeinschaften, Chancen und Grenzen
In dem visuell attraktiven, massenorientierten und vielfältigen Magazin-Charakter, wie er von den kommerziellen Zeitschriften entwickelt wurde, liegt, wenn er mit kritischer Artikulation weiblicher Lebensrealitäten verbunden wird, ein besonderes aufklärerisch-emanzipatorisches Potential. Dasselbe trifft sinngemäß zu auf die globale Perspektive, die Kombination von Text, Bild, Ton und Interaktivität, die Schnelligkeit und redaktionelle Unabgeschlossenheit, die das Internet ermöglicht. Die sich aus diesen Entwicklungen ergebenden Chancen werden teilweise schon wahrgenommen von nicht-kommerziellen Zeitschriften (GÖRLS) und Magazinen im Rahmen der „Frauen-Mädchen-Girlie-Webkultur“) (wie MÄDCHENANDERMAUS). Diese versuchen eine Synthese von a) traditionellen Wertvorstellungen wie Demokratie, Rechtsbewusstsein, Toleranz und Konfliktfähigkeit sowie b) Problem-
2 Zusammenfassende Betrachtung
305
bewusstsein für feministisch beeinflusste Mädchenkultur, Schule, Berufsausbildung und Umweltschutz. Sie wollen aufklären, landläufiger „Politikverdrossenheit“ entgegenwirken, zur Stärkung des weiblichen Selbstbewusstseins, der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für jugendkulturelle Probleme beitragen. Aber sie neigen in ihrem Bemühen um soziale Authentizität, kommunikative Emanzipation und Verbindung von Aufklärung und Aktion dazu, konventionelle „Mädchenthemen“ zu verdrängen beziehungsweise durch politische, soziale und ökologische Themen zu ersetzen. Zudem führen sie teilweise einen nahezu aussichtslosen Kampf gegen kommerzielle Zeitschriften wie BRAVO GIRL! und den Druck der von ihnen propagierten Schönheitsideale, auch gegen deren Leserinnen – die aber für das eigene Anliegen zu gewinnen wären. Dadurch bestehen für diese „alternativen“ Magazine permanent die Gefahren der Isolation und eines noch größeren Illusionismus der Ersatzlösungen, der bloß „virtuellen“ Gemeinschaftlichkeit. 2.7
Für eine „Mimesis zweiten Grades“
Wie auch immer die Qualität der vermittelten Informationen und Darstellungen im Gesamtzusammenhang von weiblicher Adoleszenz und Sozialisation beurteilt werden muss: Die Mädchenmagazine und ihre Internetversionen geben – im Sagen wie im Verschweigen – gesellschaftliche Realitäten, Erwartungen und Lebensentwürfe, deren Wandlungen wieder. Sie gestalten und strukturieren Kommunikation mit, indem sie alltägliche Realitäten jugend- und geschlechtsspezifisch deuten – beziehungsweise dies zu tun vorgeben. Die gerade von den kommerziellen Magazinen massenhaft betriebene Marginalisierung und Ausklammerung von für junge Frauen wichtigen gesellschaftlichen Lebensbereichen und Themen sowie die romantische Emotionalisierung, Harmonisierung und Personifizierung des Weltverständnisses dienen jedoch kaum einer Annäherung der Geschlechter im Sinne echter Gleichberechtigung (die ohnehin nur auf der Basis konsequenter ökonomisch-sozialer Gleichstellung möglich ist), sondern oft der Befestigung tradierter, teilweise patriarchalischer Machtstrukturen, Geschlechterverhältnisse und Rollenklischees. Das stellt Anforderungen auch an die Medienkompetenz von Müttern und Vätern, Pädagoginnen und Pädagogen, deren erzieherische Tätigkeit sich unter anderem mit der Widersprüchlichkeit jugendlicher Sozialisation im Spannungsfeld zwischen moderner Familie und konservativen, pseudo-modernen Medienbotschaften auseinandersetzen muss. Kommerzielle Mädchen- und Jugendmagazine wie BRAVO GIRL!, SUGAR und YAM! gehören zu den massenhaft verbreiteten „Publikumszeitschriften“. Sie sind
306
Schlussteil
„ökonomisch gesehen vor allem Werbeträger“. Die Redaktionen müssen daher stets die „Werbeträgereigenschaften“ ihres Mediums und die Notwendigkeit der „Verbundproduktion“ für den Leser- und Werbemarkt beachten (Heinrich 2001: 42–43; 310–312; 168).129 Das bedeutet aber nicht, dass hinter dem „Erlebniswert“, den der Gebrauchswert des kommerziellen Produkts Mädchenzeitschrift vermitteln soll, ausschließlich der Tauschwert steckt. Deterministische Kurzschlüsse sind fehl am Platz: Sowenig die Zeitschriften nur der Durchsetzung kommerzieller Interessen dienen, sowenig geht ihre Lektüre ausschließlich im Nachvollzug von vorgegebenen Lebensbildern und -entwürfen auf. Wie in der jugendlichen Lebenswelt zeigen sich auch in der Medienrezeption norm-, nutzen-, emotions- oder identitätsorientierte Verhaltensweisen (Brüsemeister 2000: 46, 52). In der Lektüre offenbaren sich daher mannigfaltige Bedürfnisse: nach Unterhaltung und Information, nach Identität, ästhetischer Differenz und Gesprächsstoff, auch nach Vereinfachungen – simplen Konfliktlösungen, garantierter symbolischer Endharmonisierung – und nach Verdrängung weit verbreiteter Ängste, zum Beispiel vor einer als immer unbestimmter erscheinenden Zukunft. Die Analyse der unterschiedlichen publizistischen Genres und Inszenierungsformen sowie ihrer osmotischen Beziehungen als Ausdruck von gezielter „Verbundproduktion“ kann zwar nicht ohne Berücksichtigung der Einflüsse des ökonomischen, wettbewerbsorientierten Kontextes vorgenommen werden; hinzukommen müssen aber die vorherrschenden sozio-kulturellen Modelle und die Entwicklungen innerhalb des gesamten Mediensystems. Diese Prozesse bilden in ihrer Gesamtheit den dynamischen Kontext für die Medienprodukte und die Interaktion der Aufmerksamkeiten. „Denn die kulturelle Funktion des Systems der Massenmedien besteht darin, durch unendlichen Selbstrückzug ein kommunikatives Hintergrund-Kontinuum zu produzieren, auf das wir uns in den Kommunikationen unseres Alltags beziehen können […]“ (Schweppenhäuser 2004: 35). Die beschriebenen sozialen und mentalen Veränderungen um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert belegen, dass zum Beispiel Körperbewusstsein, Liebe und Sexualität für kulturelle Codes mit pragmatischen und semantischen Komponenten, mit besonderen Kommunikationsformen und Denkfiguren in Kultur, Bildungswesen, sozialer Organisation und Wirtschaft stehen. Mit der Vielfalt des printmedialen Materials und seinem medienkulturellen und sozialen Systemzusammenhang ist das Prinzip der radikalen Kontexualität vor129
Auf übergreifende thematische und kommerzielle Parallelitäten innerhalb des modernen „Medienverbundsystems“ weisen aus medienpädagogischer Sicht Charlton/Neumann-Braun 1992 hin: siehe bes. S. 101–107.
2 Zusammenfassende Betrachtung
307
gegeben, das die Logik der Selektion von markanten Inhalten und Gestaltungsweisen bestimmt. Die Vieldeutigkeit massenkultureller Produkte – als symbolische Vermittler gesellschaftlicher Praxis – wird in den Forschungen der Cultural Studies hervorgehoben, und die Systemtheorie (systemtheoretische Soziologie) akzentuiert den Zusammenhang zwischen kulturindustrieller Verwertungslogik und der Entfaltung vielfältiger kommunikativer Produktivkräfte (ebd.: 28f, 95f. – Siehe auch Hipfl 2002 und 2004; Moser 2004; Winter 2005). Die Aufgabe einer medienpädagogisch-kritischen Analyse dieser Printmedien besteht letztlich darin, beschreibend und verallgemeinernd jene sozialen Absichten, die sich oft sehr verborgen in ihnen geltend machen, aus ihnen zu destillieren und in das aufklärerische – kritisch-reflexive, auf kommunikativen Austausch zielende, sozial verantwortungsbewusste – Licht zu ziehen. Mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit konnte ein Beitrag zu einer weiteren Etablierung des in Bezug auf Digitalmedien in den Hintergrund gerückten Forschungsfeldes der kommerziellen Jugendprintmedien und seiner Bedeutung für die Medienpädagogik geleistet werden. Sowohl eine Untersuchung der inneren Wirkungszusammenhänge der einzelnen Genres als auch deren externe Wechselbeziehungen und Vernetzungen mit jugendkulturellen Lebens- und Erlebenswelten sowie der gesamtgesellschaftlichen Hintergründe wurde bisher wissenschaftlich nicht hergestellt. Auch im Hinblick auf eine dezidierte Analyse komplexer BildTextzusammenhänge und der Bedeutung der Fotografie und Bildwissenschaft im Bereich der Jugendprintmedien konnte ein Forschungsdesiderat diminuiert werden. Darüber hinaus will die vorliegende Arbeit einen wesentlichen Beitrag zu einer Etablierung der nicht-kommerziellen Jugendmedien, deren medienpädagogische Wahrnehmung und dokumentarische Erfassung im Gesamtspektrum der Jugendmedienlandschaft liefern und dadurch wertvolle Hinweise auf beachtliche Möglichkeiten gelebten demokratischen Handelns geben.
D
Anhang A
1
Redaktionelle Profile einiger Jugend- und Mädchenzeitschriften in Selbstdarstellungen der Verlage (Quelle: www.pz-online.de [09. 07. 2004])
310
Anhang
1.1
Redaktionelles Profil„BRA r VO“
BRAVO A ist Deutschlands jüngstes und erfolgreichstes People-Magazin! Mit BRAVO A setzen Sie auf den unangefochtenen Marktführer im Jugendmarkt und auf das Original unter den Jugendzeitschriften.
BRAVO: A Heinrich Bauer Verlag KG (Hamburg) Erscheinen: wöchentlich
BRAVO A zeichnet sich besonders durch den hohen Entertainment-Faktor aus: Keine andere Zeitschrift bietet diese einzigartige Kombination aus Emotionen und Stars. Egal ob Homestory, Exklusiv-Reportage oder Interview – BRAVO A steht für Spannung, Spaß und Sehnsucht. BRAVO A ist die große Bühne der nationalen und internationalen Stars! Mehr noch: BRAVO A macht Stars. Ob Schülerband, wie z. B. Tokio Hotel, oder talentierte Jung-Stars, BRAVO A ist das Sprungbrett für große, erfolgreiche Musikkarrieren.
Die Reportage-Themen gehen unter die Haut. Denn hierr schafft f BRAVO A seine eigeneWelt W und nimmt seine Leser ernst. Als „Anwalt der Generation Schule“ setzt BRAVO A die Themen, die die Jugendlichen wirklich bewegen. Die AntiGewalt-Aktion „Schau nicht weg!“, die 2006 mit der Unterstützung von 100 Stars gestartet wurde, kümmert sich BRAVO A um die Sorgen und Probleme der jungen Leser. BRAVO A mischt sich ein! Als wichtigste Aufklärungsmarke führt das Dr. Sommer-Team T kompetent durch das wilde Fahrwasser der Pubertät. Keine andere Jugend-Beratung hat in Deutschland eine derartige Akzeptanz und genießt größeres Vertrauen. Die drei wichtigen Kernbereiche des Hefts – Stars, Real Life und Dr. Sommer – werden durch umfangreiche Service-Themen in den Bereichen Styling, Beauty, Technik, Movie & TV komplettiert und schaffen f so das unverwechselbare, umfassende Heftkonzept. BRAVO A entwickelt sich permanent weiter und ist für die Kernleserschaft zwischen 12 und 17 Jahren jede Woche wichtigstes Entertainment- und Informationsmagazin. Durch regelmäßige Marktforschung sowie den intensiven, direkten Kontakt zum Leserr werden die Wünsche und Bedürfnisse der Jugendlichen detailliert erhoben. Dadurch kann BRAVO A schneller als andere auf sich verändernde Gegebenheiten reagieren und sich um die Themen kümmern, die die Jugendlichen wirklich interessieren. Die lesernahe Arbeit der Redaktion spiegelt sich in den hohen Auflagen und Reichweiten wider. Profitieren Sie auch mit Ihrer Marke von dieser Power im Jugendmarkt! BRAVO A – Europas größte Jugendzeitschrift!
1 Redaktionelle Profile einiger Jugend- und Mädchenzeitschriften
1.2
311
Redaktionelles Profil r „BRAVO GIRL!“
BRAVO A GiRL! ist das erfolgreichste Magazin für Mädchen und junge Frauen auf dem Deutschen Markt. Mit den Kernbereichen Stars, Mode, Beauty und Jungs sowie Liebe & Sex, Report und nicht zuletzt Fun bietet BRAVO A GiRL! alles, was Mädchen interessiert. Sie hat die Nähe einer besten Freundin und dasWissen W einer großen Schwester. STARS: T BRAVO A GiRL! hat den Star-Faktor! Der Star-Appeal beginnt bereits auf dem Cover. Stars spielen für BRAVO A GiRL! nicht nur Model, sie sind auch Trendguides und öfff nen exklusiv ihre Kleiderschränke. Sie verraten BRAVO A GiRL! ihre Schwächen und zeigen den Leserinnen das GiRL! im Star.
BRAVO A GIRL! : Heinrich Bauer Verlag KG (Hamburg) Erscheinen: 14-täglich
MODE: BRAVO A GiRL! überzeugt mit der Ästhetik erwachsener Frauenmagazine: Was günstig ist, muss nicht günstig aussehen. Unsere Modevorbilder sind die Stars. Deshalb sind die Modestrecken hochwertig produziert und bieten genau das, was die Girls wollen und brauchen. BEAUTY: Opulent und unverwechselbar präsentiert BRAVO A GiRL! die schönsten Beauty-Looks und bietet gleichzeitig einen besonderen Service-Charakter: In jedem Heft gibt es detaillierte Schmink-Anleitungen, News und Trends. Dabei arbeiten Mode und Beauty eng zusammen: Bei BRAVO A GiRL! gibt es das Rundum-Schön-Komplett-Paket. JUNGS: Nur bei BRAVO A GiRL! bekommen die Leserinnen Infos ungefiltert und aus erster Hand! Hier ommen die Jungs selbst regelmäßig und offen f zuWort: W In BRAVO A GiRL! schreiben Jungs über Jungs und erklären, was in ihnen vorgeht, was Jungs wollen, wie sie fühlen und denken und wie sie Mädchen wahrnehmen. LIEBE & SEX: BRAVO A GiRL! thematisiert Sex, Liebe, Flirts, Freundschaft, Selbstwahrnehmung und vieles mehr – nur bei uns bekommen die Girls die Antworten, die ihnen sonst keiner gibt. BRAVO A GiRL! bringt alles rund ums Thema Sex, um die körperlichen Veränderungen und auch um vermeintliche Tabuthemen. Offen, f natürlich und hochwertig aufbereitet macht die GiRL!-Aufklärung keine Angst, sondern Spaß. BRAVO A GiRL! IST HAUTNAH DRAN: Egal ob Wünsche, Interessen oder Kritik: „Deine Seite“ bietet den Leserinnen ein Forum zum Mitreden. Sie alle sind „Bravo GiRLs!“ und Teil einer sympathischen MädchenGruppe. BRAVO A GiRL! verfügt über eine Anzahl junger Schüler-Autoren, die über ihr Leben schreiben und die Redaktion in der Themenauswahlberaten. Andere Mädchen-Zeitschriften schreiben über Mädchen. Bei BRAVO A GiRL! kommen die Mädchen selbst zu Wort!
312
Anhang
1.3
Redaktionelles Profil r „MÄDCHEN“ Ä
Als Teenager hat man den Kopf voller Träume. Man träumt von der großen Liebe und vielleicht davon, mal berühmt zu werden. Aber fast alle Mädchen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren träumen vor allem davon, endlich erwachsen zu sein. Alles zu dürfen und so cool gestylt rumzulaufen wie die große Schwester, von der man sich auch gern heimlich die Hochglanz-Magazine ausleiht, um fasziniert die teuren Klamotten und hübschen Models zu bewundern. Wenn es aber darum geht, Jungsgeschichten, Schulprobleme oderr den neuesten Klatsch & Tratsch zu bequatschen, hält man sich lieber an seine beste Freundin. MÄDCHEN: Ä Axel Springer Mediahouse GmbH (München) Erscheinen: 14-täglich
MÄDCHEN ist beides: So wichtig, wie die beste Freundin – und so cool wie die große Schwester.
Optisch ist MÄDCHEN erwachsen. Einmalig im Jugendsegment folgt die Heftstruktur einer Blockbildung, wie man sie nur von Frauenmagazinen kennt. Das Layout strahlt Leichtigkeit aus, ist übersichtlich und großzügig. Kurz: einfach cool & stylish. Inhaltlich allerdings besinnt sich MÄDCHEN auf den Slogan: „So wichtig wie deine beste Freundin“. MÄDCHEN ist und bleibt das Ratgeber-Heft. Egal, ob es um Stylingprobleme, Liebeskummer oder Figursorgen geht – bei MÄDCHEN fühlen sich die Leserinnen ernst genommen und bekommen Hilfestellung, wann immer sie welche brauchen. Auf diesem Grundgedanken baut auch das in 2006 geschaffene f Ressort „Feel Good“ auf, in dem es um die Wohlfühl-Themen Ernährung, Pflege, Figur, Fitness und Serivce-Mode geht. Sprich: Um alles, was man braucht, um sich wohl in seinem Körper zu fühlen. MÄDCHEN vermittelt den Leserinnen, dass es nicht darum geht, den angeblich so perfekten Stars nachzueifern, sondern dass es viel wichtiger ist, selbst eine Persönlichkeit zu sein. Darin bestärkt MÄDCHEN die Leserinnen und setzt mehr auf „echte Mädchen“ als auff Models. Hochwertig produzierte Mode- und Beauty-Strecken sowie spannende Reportagen runden das Heftkonzept ab. Außergewöhnlich hohen Reiz haben auch die Extras (Gimmicks, Beilagen, Sticker) aus den Bereichen Kosmetik, Liebe, Unterhaltung sowie Gewinnspiele, die an redaktionelle Seiten gekoppelt sind. MÄDCHEN ist so wie seine Leserinnen: natürlich, selbstbewusst, neugierig, aktiv, frech und offen f für alle neuen Dinge, die das Leben eines Mädchens so spannend machen. MÄDCHEN erscheint unter den Namen DZIEWCZYNA in Polen, 100XSZÉPYOUT in Ungarn sowie TOP DíVKY in Tschechien. Nina Maurischat, Chefredakteurin
1 Redaktionelle Profile einiger Jugend- und Mädchenzeitschriften
1.4
313
Redaktionelles Profil r „SUGAR“
Sugar – stark, smart & sexy! Sugar macht Mädchen und junge Frauen stark. Unsere Botschaft: Du kannst alles erreichen, was du willst in der Liebe und im Leben. Wir unterstützen dich dabei! Die Redaktion hat sich in fast zehn Jahren Sugar History fundierte Kompetenzen erarbeitet: im bereich Liebe und Emotions. In der Mode und Beauty sowie im Lifestyle und Entertainment. Darum Vertrauen uns unsere Leserinnen. Dieses Vertrauen macht Sugar zu einer außergewöhnlich starken Marke, die sich ständig weiterentwickelt – so wie das Leben unserer Zielgruppe. SUGAR: Die Sugar Leserin schätzt ihre Unabhängigkeit. Sie hat eine Egmont Cultfish Media genaue Vorstellung von dem, was gut für sie ist, und will GmbH (München) ihre Träume verwirklichen. Sugar übernimmt dabei die Erscheinen: monatlich Rolle des Coaches, der die Leserin ermuntert, unterstützt, fördert und sachlich informiert. Wir helfen unserer Leserin, sich selbst, ihr Leben und Jungs besser zu verstehen. Dabei pflegen wir eine deutliche, aberr nie oberflächliche Sprache und liefern auch das nötige Hintergrundwissen. Mode und Beauty in Sugar entführen die Leserin in aufwändig produzierte Bilderwelten. Ob London, New York oder Berlin – Sugar kennt die Catwalktrends und weiß, was sich wirklich durchsetzt. Selbstbewusst und cool werden die besten Looks und Sreetstyles präsentiert. Aber vor allem geben wir konkrete Tipps und Empfehlungen, mit denen unsere Leserin noch besser aussieht. Abgerundet wird das redaktionelle Angebot mit den Bereichen Lifestyle und Stars. Sugarr bietet exklusive Interviews mit Superstars, einen eigenen Entertainment-guide mit dem neusten aus Musik, Kino und TV. V Dazu gehören auch die bereiche Multimedia, Literatur, Wellness und Reisen. Genau diese Themenvielfalt begeistert unsere Leserin. Sugar ist wie eine gute Freundin, die motiviert, inspiriert und der man vertrauen kann. Sugar – alles, was du willst!
314
Anhang
1.5
Redaktionelles Profil r „CHICA“
0CHICA – stylish & selbstbewusst CHICA – das schrille Trendmagazin rund um Mode, Beauty, Stars, Jungs & Sex CHICA entsteht in einem kleinen, jungen Team, das weiß, was die jungen Frauen von heute wollen. die Nähe zur Zielgruppe, die Beobachtung neuer Trends, aber auch ein reicher Erfahrungsschatz machen ChiCa zu dem, was sie ist.
CHICA: Egmont Cultfish Media GmbH (München) Erscheinen: monatlich
CHICA ist wie die ältere, beste Freundin, mit der man lachen und lästern kann, von deren Erfahrungsschatz man profitiert und die einem nichts vorschreibt, sondern hilft, den eigenen Stil zu entwickeln. Individualität ist Trumpf! CHICA ist eine Trendsetterin. Egal, welcher Look gerade angesagt ist: Sie kennt und trägt ihn aber ohne dabei ihren eigenen Stil aus den Augen zu verlieren.
CHICA zeigt der Leserin, wie sie die Top-Trends T von morgen und die besten Looks für ihr persönliches Styling umsetzen kann. CHICA setzt das Leben und den Lifestyle der Stars in Szene. Sie ist dabei, wenn die Stars ihren Style präsentieren und erzählt es: spannend, anschaulich und inspirierend. Sie lässt sich gerne von den Celebrities unterhalten und inspirieren, von ihren Beziehungen und Eskapaden genauso wie von ihrem Lifestyle. CHICA interessiert sich natürlich auch für das Thema Nummer 1: Jungs. sie hatte bereits mehrere Beziehungen und ist auf der suche nach Mr. Right. Doch wie hält sie ihn? Wie meistert sie die Tücken einer Beziehung? Die Antworten gibt CHICA – ohne ein Blatt vorr den Mund zu nehmen und immer mit einem Augenzwinkern. CHICA ist offen, f ehrlich und impulsiv. aber vor allem macht CHICA Spaß. CHICA ist das monatliche Must-have für Mädchen und junge Frauen, die keine Themen ausklammern wollen! CHICA – einfach in!
3155
1 Redaktionelle Profile einiger Jugend- und Mädchenzeitschriften
1.66
Redaktionelles Profil r „POPCORN“
POPCORN hat sich im Markt als eine optisch und inhaltlich wertvolle Jugendzeitschrift profiliert. Durch konsequente Konzentration auf die positiven jugendlichen Reizthemen konnte POPCORN als „Premium-Produkt“ im Jugendmarkt etabliert werden. POPCORN ist ein Star-Magazin, das den Nerv der Kids trifft f und ihr Lebensgefühl widerspiegelt. POPCORN informiert, unterhält und bietet eine Menge Service. POPCORN gliedert sich inhaltlich in vier Schwerpunkte: Popmusik, Kino und TV, V Jugendberatung und Service-Themen. Popmusik Alle aktuellen Stars werden ausführlich in Porträts, Interviews, Homestories, Konzertberichten etc. vorgestellt, neue, angesagte Musik-Trends T zielgruppengerecht dargestellt.
POPCORN: Axel Springer Mediahouse (München) Erscheinen: monatlich
Kino und TV Die wichtigsten Filme des jeweiligen Monats werden auf sechs Seiten optisch herausragend präsentiert. Zusätzlich gibt’s große Stories zu den angesagtesten Stars der Film- und TVSzene. Monatsübersichten über Kinofilme und Serien geben dem Leser Orientierung. Jugendberatung Hier profiliert sich POPCORN durch Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit. Der sensible Bereich der Jugendberatung (Sexualaufklärung, Hilfe bei Problemen mit Schule, Eltern, Umwelt etc.) wird nicht voyeuristisch behandelt, sondern die Jugendlichen und ihre Probleme werden ernst genommen. Service-Themen Einen hohen Nutzungswert nehmen die Service-Themen ein. Neben Rätseln, PsychoTests, Trend-Reports sind vor allem die 16 Poster pro Heft (zwei davon im Mega-Format) ein attraktives Angebot. Darüber hinaus überrascht POPCORN die Leser jeden Monat mitt einem spannenden Extra (z. B. Tattoos, Schlüsselanhänger, Sticker etc). Auch optisch geht POPCORN einen konsequenten Weg. Ausschließlich hochwertiges, aktuelles Fotomaterial, ein großzügiges und modernes Layout mit dem hochwertigen Titel sorgen für ein kompaktes, buntes und modernes Magazin für Jugendliche. POPCORN erscheint auch in Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien und in Lettland. Norbert Lalla, Chefredakteur
316
Anhang
1.7
Redaktionelles Profil r „YAM“ Y
YAM! ist das Nachrichtenmagazin unter den deutschen Jugendzeitschriften. Egal, ob frische Liebe oder tränenreiche Trennung. Egal, ob Ausstiegsgedanken oder neue Pläne. Egal, ob lautstarkes Dementi oder selbstbewusstes Eingeständnis durch YAM! erfahren die Teenager zwischen Kiel und Konstanz zuerst, was im Leben ihrer Stars aus Musikszene, Filmbusiness und Sport wirklich passiert und was dahinter steckt. Aktuell, authentisch, exklusiv.
YAM!: Axel Springer Mediahouse (München) Erscheinen: wöchentlich
YAM! liefert frechen People-Journalismus mit Niveau. Wir sprechen mit den Leuten, über die wir berichten – und zwar Klartext. Denn YAM! ist kritisch und nimmt kein Blatt vor den Mund. Verlautbarungsjournalismus und Schönwetterstorys überlassen wir den anderen. Wir recherchieren die Fakten, die aus Gerüchten Wahrheit werden lassen – oder eben nicht. Das ist echter Fanservice und beste Unterhaltung.
Doch YAM! liefert mehr als Stars und Sternchen. YAM! ist eine Wundertüte, die den Young Adults des 21. Jahrhunderts durch ihren Alltagsdschungel aus Schule und Familie, der ersten Liebe und dem ersten Mal, Freunden und ersten gesellschaftlichen Verpflichtungen, 30 Fernsehprogrammen, 20 Radiosendern und dem World Wide Web hilft. Der Personalausweis für Haustiere? Spam-Mails, Internethits und Spartricks fürs Handy? Urlaub ohne Eltern? YAM! weiß, was wichtig und richtig ist. So machen wir unsere Leser zu den Opinion-Leadern der Schulhöfe. Wer in der Pause mitreden kann, liest YAM!. Die Aufreger und Anreger der Woche, die coolsten Fotos, die neuesten Trends, die besten Witze und Comics – wir haben sie, kennen sie und geben sie in Wochendosen an unsere Leser weiter. In YAM!, auf yam.de und yamradio.de kommen aber auch die Leser bzw. Hörer selbst zum Zug – sei es als Leser-Reporter mit heißen News und exklusiven Fotos oder als Autor angesagter Fanfiction – kunstvoll erfundener Geschichten aus der Welt der Stars wie sie nurr in YAM! zu finden sind. Nicht fehlen dürfen überdies natürlich redaktionelle Standards wie coole Extras, Aufklärung mit Fingerspitzengefühl, interessante Reportagen, viele Poster, Fotoromane mit Herz, Mode, Musik- und Filmtipps – sowie das mit Abstand modernste Layout im Jugendmarkt. Cool statt bieder, frech statt verstaubt, überraschend statt verschnarcht und emotional stattt anbiedernd – das ist YAM!. Mit YAM! macht es Fun, informiert zu sein! Simon Peter, Chefredakteur
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1 Redaktionelle Profile einiger Jugend- und Mädchenzeitschriften
1.8
Redaktionelles Profil r „TOP T OF THE POPS“
Mit mehr Interviews, mehr Postern, mehr News, mehr Stickern: im Top Of The Pops Magazin. Coole Musiker sind top, coole Fans sind Top Of The Pops! Die heißesten Themen aus der Welt der Musik gemischt mit Serviceseiten zu Love, Beauty und Mode. Die Zielgruppe will immer mehr Interaktivität – hier bekommt sie sie: mit Votings, Starwahlen und Interview-Aktionen. Mit unschlagbar vielen Postern plus einem Mega-Extra bietet das Top Of The Pops Magazin genau die Kaufargumente, die Teenager verlangen. TOP OF THE POPS: Egmont Cultfisk Media GmbH (München) Erscheinen: monatlich
318 2
Anhang
Q Quellen und Literatur i
Bibliographische Abkürzungen (für mehrfach genannte Print- und Internet-Publikationsträger) AUF BDI BFTHP
– – –
FG
–
FR FT JBMP KK LI M MDGV MP MPFVS NZZ PSFG TA UK WF ZKTH
– – – – – – – – – – – – – – –
AUF. Eine Frauenzeitschrift (Wien). W Berliner Debatte Initial (Berlin). Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis. Hrsg.: Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis für Frauen e. V. ( Köln). Feminism & Gender. Beilage der Tageszeitung „Junge Welt“ (Berlin), Nr. 163, 16. Juli 2003. Frankfurter Rundschau (Frankfurt a. M.) Freitag. Die Ost-West-W W Wochenzeitung (Berlin). Jahrbuch Medienpädagogik (Wiesbaden) W Kunst & Kultur. Kulturpolitische Zeitschrift (ver.di, Tübingen). Lettre International. Dt. Ausg. (Berlin) M. Menschen Machen Medien (ver.di, Berlin). Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes (Bielefeld). MedienPädagogik (www.medienpaed.com) Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest (Baden-Baden) Neue Zürcher Zeitung (Zürich). Potsdamer Studien zur Frauen- und Geschlechterforschung. T Tages-Anzeiger (Zürich). Utopie kreativ. Hrsg. von der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Berlin). Wir W Frauen. Das feministische Blatt (Düsseldorf). Zeitschrift für kritische Theorie. Hrsg. von Wolfgang Bock und Gerhard Schweppenhäuser (Lüneburg).
Gedruckte Primärquellen r BR BRG BRTF R
– – –
BRFLS BYM ELLE GZSZ
– – – –
MÄD
–
POP SIX SUG YAM
– – – –
GÖRLS
–
Bravo. München: Heinrich Bauer Zeitschriften. Jahrgänge 2000 bis 2005. Bravo Girl! – Ebd. Jahrgänge 2000 bis 2005. Bravo Special True Feelings. Marne: Conpart Verl. GmbH & Co. Jahrgänge 2000 bis 2005. Bravo Foto-Love Story Extra. – Ebd. Jahrgänge 2000 bis 2005. Brigitte Young Miss. – Hamburg: Gruner + Jahr. Jahrgänge 2000 bis 2005. ELLE Girl – Elle Verlag GmbH (München). Jahrgänge 2004 bis 2005 Gute Zeiten – Schlechte Zeiten. – Stuttgart: Dino Entertainment. Jahrgänge 2003/2004. Mädchen. – München: AS (Axel Springer) Young Mediahouse. Jahrgänge 2000 bis 2005. Popcorn. Das Teen People Magazin! – Ebd. Jahrgänge 2000 bis 2005. 16 (Sixteen). – München: Attic Futura. Jahrgänge 2000 bis 2003. Sugar. Das Magazin für Girls! – Ebd. Jahrgänge 2000 bis 2005. Yam! – München: AS (Axel Springer) Young Mediahouse. Jahrgänge 2000 bis 2005. Görls. Die neue Mädchenzeitung. Hrsg.: Jugendbildungswerk Darmstadt-Dieburg. Jahrgänge 1996 bis 2006.
2 Quellen und Literatur
MHZ 2003
–
QUEER 2001 –
319
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3 Quellennachweise der Abbildungen
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Quellennachweise i der Abbildungen A i
Fotogeschichten Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15 Abb. 16 Abb. 17 Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22 Abb. 23 Abb. 24 Abb. 25 Abb. 26 Abb. 27 Abb. 28 Abb. 29 Abb. 30 Abb. 31 Abb. 32 Abb. 33 Abb. 34 Abb. 35 Abb. 36 Abb. 37 Abb. 38 Abb. 39 Abb. 40 Abb. 41 Abb. 42
BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe. S. 46. MÄDCHEN 25/2002; Der DJ-Contest. S. 44. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe. S. 47. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe. S. 56. BRAVO A GIRL!, 09/2003, Hunger nach Liebe S. 55. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe S. 55. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe, S. 56. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe, S. 57. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe S. 53. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe. S. 59. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe. S. 57. BRAVO A GIRL! 09/2003, Hunger nach Liebe. S. 58. MÄDCHEN 07/2005, Die große Liebe. S. 49. BRAVO A GIRL! 12/2003, Liebe auf Abwegen. S. 57. BRAVO A GIRL! 10/2003, Der große Irrtum. S. 54. BRAVO A GIRL! 21/2003, Böse Täuschung. S. 47. BRAVO A GIRL! 24/2003, Besessen. S.49. BRAVO A GIRL! 03/2003, Ein Herz für zwei. S. 37. BRAVO A GIRL! 03/2003, Ein Herz für zwei. S. 37. BRAVO A GIRL! 03/2003, Ein Herz für zwei. S. 38. BRAVO A GIRL! 03/2003, Ein Herz für zwei. S. 38. BRAVO A GIRL! 03/2003, Ein Herz für zwei. S. 48. MÄDCHEN 06/2003, Der Urlaubsflirt. S. 42. BRAVO A GIRL! 17/2003, Vom Unheil verfolgt. S. 39.. BRAVO A TRUE FEELINGS 02/2003, Gefesselte Herzen. S. 35. BRAVO A GIRL! 02/2003, Liebe auf Abwegen. S. 56. YAM! 47/2005. Das Liebesgeheimnis. S. 55. MÄDCHEN 08/2003, Trip ins Glück. S. 42. BRAVO A GIRL! 19/2003, Liebe mit Hindernissen. S. 40. BRAVO A FOTO LOVE STORY R 01/02–2003. Eine verhängnisvolle Affäre. f o.S. MÄDCHEN 09/2003. Die Rosen-Romanze. S. 46. MÄDCHEN 06/2003. Der Urlaubsflirt. S. 46. BRAVO A GIRL! 15/2003. Verhängnisvolle Lüge. S. 48. BRAVO A FOTO LOVE STORY R 01/02–2003. Eine verhängnisvolle Affäre. f o.S. BRAVO A GIRL! 02/2003. Der Held meiner Träume. S. 47. BRAVO A GIRL! 03/2003. Ein Herz für zwei. S. 36. BRAVO A GIRL! 19/2003. Liebe mit Hindernissen. S. 49. BRAVO A GIRL! 13/2003. Geheime Liebesbotschaft. S. 40. BRAVO A FOTO LOVE STORY R EXTRA 08/2003. Reich & Arm. o.S. BRAVO A TRUE FEELINGS 02/2003. Gefesselte Herzen. S. 37 BRAVO A GIRL! 01/2003, Traumboy gesucht. S. 40. BRAVO A GIRL! 01/2003. Traumboy gesucht. S. 42.
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Anhang
Abb. 43 BRAVO A GIRL! 23/2003. Gefährliche Party. S. 50. Abb. 44 BRAVO A GIRL! 16/2003. Gefährliche Gefühle. S. 50.
Beratung Abb. 45 Abb. 46 Abb. 47 Abb. 48 Abb. 49 Abb. 50 Abb. 51 Abb. 52 Abb. 53 Abb. 54 Abb. 55 Abb. 56 Abb. 57 Abb. 58 Abb. 59 Abb. 60 Abb. 61 Abb. 62 Abb. 63 Abb. 64 Abb. 65 Abb. 66
BRAVO A GIRL 07/2003. S. 3. BRAVO A GIRL 07/2003. S. 60. BRAVO A GIRL 07/2003, S. 62. BRAVO A GIRL 07/2003. S. 60. BRAVO A GIRL! 07/2003. S. 60. MÄDCHEN 21/2005. S.3. MÄDCHEN 21/2005. S. 50. MÄDCHEN 21/2005. S. 54. BRAVO A GIRL! 07/2003. S. 64. BRAVO A GIRL 07/2003. S. 64. BRAVO A GIRL! 07/2003. S. 38–40. BRAVO A GIRL! 07/2003. S. 42 u. 43. BRAVO A GIRL! 07/2003. S. 42. BRAVO A GIRL! 07/2003. S. 85. BRAVO A GIRL 07/2003. S. 76 u. 77. MÄDCHEN 05/2005. S. 28 u. 29. BRAVO A GIRL! 08/2003. S. 80 u. 82. MÄDCHEN 02/2005. S. 12f. MÄDCHEN 24/2004. S. 8f. SIXTEEN 09/2001. S. 14f. BRAVO A GIRL! 04/2005. S. 32f. YAM! 38/2002. S. 78f.
Werbung Abb. 67 Abb. 68 Abb. 69 Abb. 70 Abb. 71 Abb. 72 Abb. 73 Abb. 74 Abb. 75
BRAVO A GIRL! 09/2003, S. 53. MÄDCHEN 19/2004, S. 22. BRAVO A GIRL! 20/2003, S. 69. BRAVO A GIRL! 05/2004, S. 57. SUGAR 04/2005, S. 39. BRAVO A GIRL! 25/2003, S. 17. MÄDCHEN 07/2005, 4. U.-S.// BRAVO A GIRL! 06/2005, 2. U.-S. BRAVO A GIRL! 05/2005, S. 34–36. MÄDCHEN 10/2002, S. 55.
Nicht-kommerzielle Zeitschriften THINGS ARE QUEER (2000/2001 – Berlin) Abb. 76 THINGS ARE QUEER Titelseite. Abb. 77 THINGS ARE QUEER 25./26. S.
3 Quellennachweise der Abbildungen
Abb. 78 THINGS ARE QUEER 28./29. S. Abb. 79 THINGS ARE QUEER 30./31. S.
GÖRLS. Die neue Mädchenzeitung Hrsg.: Jugendbildungswerk Darmstadt-Dieburg Abb. 80 Abb. 81 Abb. 82 Abb. 83 Abb. 84 Abb. 85 Abb. 86 Abb. 87
GÖRLS 1996/1 GÖRLS 2001/1 GÖRLS 2002/1 GÖRLS 1996/2 GÖRLS 2000/1 GÖRLS 2001/1 GÖRLS 2004/1 GÖRLS 2004/1
MAEDCHENANDERMAUS Von Mädchen für Mädchen von der Ostalb. (www.maedchenandermaus.de) (Erscheinen 2004/2005 eingestellt). Abb. 88 Abb. 89 Abb. 90 Abb. 91
(maed./de/Kontakt/Impressum.htm) [24. 07. 2002] (maed./de/girls & love) [24. 07. 2002] (maed./de/girls & love) [24. 07. 2002] (maed./de/Mädchen & Gesellschaft) [24. 07. 2002]
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