Uta Rohrschneider Macht, Neugier, Team ...
Uta Rohrschneider
Macht, Neugier, Team ... Mitarbeiter individuell führen und motivieren mit dem Reiss Motivationsprofil
GABLER
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1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie A. Winter Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: STRAUSS GMBH, Mörlenbach Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2459-9
Vorwort Mitarbeiterführung ist für mich persönlich eine sehr wichtige Aufgabe. Aus eigener Erfahrung, aber auch aus der Zusammenarbeit mit vielen Hunderten Führungskräften weiß ich, dass es eine nicht immer ganz einfache Aufgabe ist. Bei der Mitarbeiterführung haben wir es nicht mit Maschinen, die einfach funktionieren und repariert werden können, sondern mit Menschen zu tun. Und diese Menschen haben alle ihre eigenen Erwartungen und Wünsche an ihre Arbeit und ihre Fiihrungskräfte. Diese zu erfüllen, ist anspruchsvoll, muss uns als Fiihrungskraft dennoch in gutem Umfang gelingen, wenn wir eine leistungsbereite Mannschaft aufbauen und etablieren wollen. Als Führungskräftetrainerin und Managementberaterin sind mir die verschiedensten Tools und Instrumente zur Mitarbeiterführung bekannt. All diese Tools werden etabliert, um die Fiihrungskräfte in Unternehmen in ihrer Führungsarbeit zu unterstützen. Dies tun sie auch in vielen Fragen der Mitarbeiterführung. Aber sie haben auch ihre Grenzen. Diese Grenzen spüren Sie immer dann, wenn es darum geht, dass Sie als Fiihrungskraft gefordert sind, sich auf einen individuellen Mitarbeiter einzustellen und ihn als individuelle Persönlichkeit zu führen. So ist es gut, wenn Unternehmen ihren Fiihrungskräften z. B. Zielvereinbarungsinstrumente zur Verfügung stellen. Das Instrument allein beantwortet aber nicht die Frage, die für den Führungserfolg viel wichtiger ist als der Einsatz des Instruments: "Wie finde ich für Mitarbeiter A die Ziele, die ihn motivieren, wie kommuniziere ich sie an ihn, damit er mit Spaß an die Aufgaben herangeht, wie begleite ich ihn bei der Umsetzung so, dass er bis zum Ende mit Freude bei der Sache ist, wie gebe ich ihm richtig Feedback zu seinem Arbeitsfortschritt?" uvm. Um diese Fragen zu beantworten, brauchen Sie als Führungskraft ein Verständnis, ein Modell, für die Individualität und Persönlichkeit Ihrer Mitarbeiter. Erst dies ermöglicht ihnen, die oben gestellten Fragen zielfiihIend zu beantworten. Ein Modell, welches eine sehr gute Unterstützung für das tägliche Fiihrungshandeln bietet, ist die "Theorie der 16 LebensmotiveIl von Steven Reiss. Der Ansatz von Steven Reiss, Persönlichkeit über 16 Motive zu beschreiben, ermöglicht nicht nur ein umfassendes Verständnis für das eigene Handeln als Fiihrungskraft und das Verhalten und Reagieren meiner Mitarbeiter. Es erlaubt, wie keine andere Theorie, die ich kenne, direkte Ableitungen zu der Frage"Was tue ich denn jetzt mit dem Mitarbeiter, wie führe ich ihn, wie kommuniziere ich mit ihm und was braucht wer, um leistungsfähig zu sein?". Dieses Buch soll ihnen als Fiihrungskraft das Rüstzeug für einen an der "Individualität" Ihrer Mitarbeiter orientierten Fiihrungsstil bieten. Ich habe versucht, theoretisches Wissen so gering wie möglich zu halten und stattdessen anhand von vielen Beispielen aus der Praxis konkrete Tipps für Ihr tägliches, auf die Motivation Ihrer Mitarbeiter im beruflichen Kontext ausgerichtetes Fiihrungshandeln zusammenzutragen. Aus meiner Arbeit mit Führungskräften weiß ich, dass Theorien zwar ein schönes Fundament bilden können, sie aber nur bedingt bei der Umsetzung im Alltag helfen. Das Buch soll ihnen einen handlungsorientierten und schnell umsetzbaren Leitfaden für Ihren Fiihrungsalltag bieten und genau die Frage" Was tue ich jetzt?" beantworten.
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Vorwort
Mein besonderer Dank gilt meinen Kolleginnen Dr. Susanne EckeI, Andrea Osthoff, Sarah Friedrichs, Hanna Haarhaus und Natalie Lutschinski, die mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung als Reiss Profile Master und mit ihrer Unterstützung zum Gelingen des Buches beigetragen haben.
Was bietet Ihnen das Buch: Kapitell bietet nmen eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Mitarbeiterführung und zeigt auf, wie und warum nmen die Kenntnis der 16 Lebensmotive Ihre Führungsarbeit deutlich erleichtert.
In Kapitel 2 erlangen Sie ein tieferes Verständnis zu der Frage "Warum leisten Menschen etwas?". Sie gewinnen wichtiges Wissen zur Mitarbeitermotivation und lernen die Grundgedanken der Theorie der 16 Lebensmotive kennen.
In Kapitel 3 erfahren Sie, welchen Einfluss ihre eigene Persönlichkeit und Motivationsstruktur auf Ihr Führungshandeln hat. Sie lernen anhand von vielen Beispielen, Ihre eigene Motivationsstruktur einzuschätzen und erfahren, wie Sie Ihr persönliches Führungahandein weiterentwickeln können. Nach der Lektüre von Kapitel 4 werden Sie die Motivationsstruktur Ihrer Mitarbeiter einschätzen und das richtige Vorgehen für ein individualisiertes und erfolgsführendes Führungshandeln ableiten können. Im Zusammenhang mit Kapitel 3 werden Sie verstehen, warum Mitarbeiterführung bei dem einen Mitarbeiter für Sie sehr leicht ist, Sie bei einem anderen Mitarbeiter aber inuner wieder vor neuen Herausforderungen stehen. Für diese Herausforderungen gewinnen Sie für die Zukunft konkrete Lösungsstrategien. Kapitel 5 macht Sie mit den drei grundlegenden Wegen der Mitarbeiterführung vertraut und gibt nmen ganz konkrete Handlungshinweise für die verschiedenen Motivausprägungen. Sie wissen, wie Sie Mitarbeiter entsprechend ihrer Motivausprägung richtig steuern, sie richtig ansprechen, die Kommunikation mit ihnen gestalten und welche Aufgaben und Rahmenbedingungen für diese Mitarbeiter motivierend und leistungsfördernd sind. Mit Kapitel 6 können Sie Ihre Kompetenzen anhand von konkreten Mitarbeiterprofilen weiter ausbauen und vertiefen. Ich beschreibe die Motivationsprofile von unterschiedlichen Mitarbeitern und verdeutliche, was in der Führung dieser Mitarbeiterpersönlichkeiten wichtig ist. Mit Blick auf die Mitarbeitermotivation geht Kapitel 7 explizit auf bestimmte Führungssituationen ein. Beantwortet wird die Frage, was Sie bei der Gestaltung von Rahmenbedingungen alles beachten können, was bei der Aufgabendelegierung und beim Feedback besonders wichtig ist und wie Sie Konflikte im Team vermeiden und lösen können. Da der Umfang eines Buches inuner begrenzt ist, es mir aber wichtig ist, Ihnen umfangreiches Wissen und Handlungskompetenz zu bieten, habe ich die Ausführungen zur Beschreibung einzelner Motive und deren Bedeutung für die Mitarbeiterführung in diesem Buch auf die im beruflichen Arbeitskontext besonders wichtigen Motive begrenzt. Da aber
Vorwort
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letztlich alle Motive Ihr Führungshandeln und die Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter beeinflussen, finden Sie die Beschreibungen, die ich im Buch nicht aufnehmen konnte, in einem besonderen Kundenbereich auf unseren Internetseiten. Loggen Sie sich einfach auf unseren Internetseiten www.grow-up.deim Kundenbereich mit dem Benutzernamen "Führen_mit_RP# und dem Kennwort l1Leserll ein und profitieren Sie von den dort ergänzten Inhalten und Arbeitsmaterialien.
Gummersbach, Mai 2011
Uta Rohrschneider
Inhaltsverzeichnis Vorwort
........................................................................................................................................... 5
Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................... 11 1 1.1
Herausforderung Mitarbeiterführung ....................................................................... 13 Führungskraft sein heißt hohen Erwartungen entsprechen .................................. 14
1.2
Die persönliche Führung am Mitarbeiter ausrichten .............................................. 15
2
Warum wollen Menschen etwas leisten? Warum gehen sie jeden Tag zur Arbeit? ................................................................... 19 Mitarbeitermotivation und was sie beeinflusst ........................................................ 19
2.1 2.2
Bedeutet Aufwandserhöhung Unzufriedenheit? .................................................... 22
2.3 2.3.1
Die 16 Lebensmotive nach Professor Steven Reiss .................................................. 25 Die 16 Lebensmotive - oder warum Menschen bereit sind, sich anzustrengen und Leistung zu erbringen ......................................................... 25 Ein Motiv - drei Ausprägungen ................................................................................. 28 Der Zusammenhang zwischen Lebensmotiven und Persönlichkeit .................... 33
2.3.2 2.3.3 3 3.1
Führungskräfte sind auch nur Menschen - oder: Der Einfluss unserer Motive auf unser Führungsverhalten................................... 41 Selbstreflexion und Selbstkenntnis als Basis guter Führungsarbeit..................... .41
3.2
Warum Feedback für die Selbstreflexion notwendig ist......................................... 42
3.3
Sich selbst besser kennenIernen - Ihr persönliches Motivationsprofil ................ .46
3.4
Die Motive und ihr Einfluss auf unser Führungsverhalten .................................. .49
3.5
Das eigene Führungshandein professionalisieren ................................................... 67
3.6
Fiihren heißt steuern und unterstützen..................................................................... 75
4 4.1
Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich? .................................... 81 Wie können Sie Ihre Mitarbeiter dauerhaft motivieren? ........................................ 81
4.2
Die Motivation der eigenen Mitarbeiter einschätzen .............................................. 85
5 5.1
Von der Kommunikation bis zur Motivation die richtigen Maßnahmen finden ............................................................................. 115 Die drei grundsätzlichen Wege der Führung ......................................................... 115
5.2
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen ................................... 117
6
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen .............................. l43
10
Inhaltsverzeichnis
7 7.1
7.1.2 7.1.3 7.2
Besondere Führungssituationen gestalten .............................................................. 155 Die richtigen Rahmenbedingungen für mehr Leistungsbereitschaft schaffen .................................................................................. 155 Ein gutes Miteinander ................................................................................................ 156 Das Arbeitsumfeld und die Arbeitsplatzausstattung ........................................... 157 Arbeitszeiten................................................................................................................ 158 Delegieren - die Kunst, Aufgaben motivierend zu verteilen .............................. 159
7.3
Feedback als Basis des Erfolgs .................................................................................. 165
7.3.1 7.3.2 7.4
Mitarbeiter mit griinem Anerkennungsmotiv ....................................................... 167 Mitarbeiter mit rotem Anerkennungsmotiv ........................................................... 169 Missverständnisse vermeiden, Konflikte erkennen und klären .......................... 170
Anhang
....................................................................................................................................... 181
7.1.1
Literaturverzeichnis ...................................................................................................................... 213 Erstellen Sie Ihr persönliches Reiss-Motivationsprofil ............................................................ 215 Die Autorin ..................................................................................................................................... 216
Abbildungsverzeichnis Abbildung 2.1
Das Aufwands-Ertrags-Modell .................................................................. 21
Abbildung 2.2
Phasen der Unzufriedenheit! Demotivation bei Aufwands-Ertrags-Differenzen .................................. 24
Abbildung 2.3
Exemplarisches Reiss Motivationsprofil ................................................... 27
Abbildung 2.4
Skalierung der Motive am Beispiel des Beziehungsmotivs ................... 29
Abbildung 2.5
Die qualitative Bedeutung der Motivausprägungen .............................. 31
Abbildung 2.6
Der Anteil bewusster und unbewusster Verhaltenssteuerung ............. 34
Abbildung 2.7
Die Kompetenzpyramide ............................................................................ 38
Abbildung 3.1
Das Johari-Fenster ........................................................................................ 43
Abbildung 3.2
Profilblatt zur Selbsteinschätzung ............................................................. 48
Abbildung 3.3
Profil Herr A ................................................................................................. 60
Abbildung 3.4
Profil Frau B .................................................................................................. 62
Abbildung 3.5
Profil Frau C .................................................................................................. 64
Abbildung 3.6
Profil Herr D ................................................................................................. 66
Abbildung 3.7
Führungsstile ................................................................................................ 75
Abbildung 5.1
Die 3 Wege der Führung nach Krumbach-Mollenhauer & Lehment ....................................................... 115
Abbildung 5.2
Verteilung der quantitativen Motivausprägungen ............................... 118
Abbildung 6.1
Mitarbeiterprofil A ..................................................................................... 144
Abbildung 6.2
Mitarbeiterprofil B...................................................................................... 148
Abbildung 6.3
Mitarbeiterprofil C ..................................................................................... 151
Abbildung 6.4
Mitarbeiterprofil D ..................................................................................... 153
Abbildung 7.1
Wichtige Fragen im Rahmen des Delegierens ....................................... 162
Abbildung 7.2
Zonen der Mitarbeiterförderung sowie dazugehörige Emotionen .... 164
Abbildung 7.3
Das Sandwichmodell des Feedbacks ....................................................... 166
Abbildung 7.4
Die neun Eskalationsstufen nach Glasl... ................................................ I71
Abbildung 7.5
Die Ebenen des Konflikts .......................................................................... 172
Abbildung 7.6
Die Regeln der Konfliktmoderation ........................................................ 176
Abbildung 7.7
Motivvergleich einer Führungskraft (FK) und ihrem Mitarbeiter (MA) ..................................................................... I79
1
Herausforderung Mitarbeiterfü hru ng
Um deutlich ZU machen, warum Mitarbeiterführung in meiner Wahmelunung eine herausfordernde Aufgabe ist und sich die Auseinandersetzung mit diesem Thema immer wieder lohnt, beginne ich mit einem kurzen Rückblick auf meine eigenen ersten Führungserfahrungen. Im Jahre 1993 habe ich zum ersten Mal Führungsaufgaben übernommen. Nicht in großem Umfang - aber immerhin war ich verantwortlich für einige Trainees und andere Mitarbeiter im Bereich Personalentwicklung. Theoretisch war ich auf diese Aufgabe gut vorbereitet. AIs Personalentwicklerin hatte ich das nötige fachliche Wissen über Mitarbeiterführung. Auch Mitarbeitergespräche sollten "theoretisch" keine allzu große Herausforderung darstellen, hatte ich doch kurz zuvor im Unternehmen im Ralunen meiner Aufgaben Mitarbeitergespräche und ein Mitarbeiterbeurteilungssystem eingeführt. Dazu gehörte auch die Erstellung von Unterlagen für Führungskräfte zum "Wie" der Gesprächsführung. So weit, so gut - das Fundament war damit gesichert, nalun ich an. Wie für jede Führungskraft kam auch für mich der Tag, an dem ich mein erstes Mitarbeitergespräch führen sollte. Ich saß an meinem Schreibtisch. um mich auf das Gespräch vorzubereiten. Und da waren sie plötzlich. die Gedanken und Fragen: "Wie soll ich es dem Mitarbeiter sagen?" und "Wie vermittle ich ihm positive und kritische Aspekte richtig?". Schnell wurde mir klar, dass das theoretische Wissen um die reine Methodik eines Mitarbeitergesprächs noch lange kein ausreichendes Rüstzeug darstellte, solche Gespräche auch wirklich gut zu führen. Die Schwierigkeit bestand darin, die richtigen Worte für den Mitarbeiter zu finden, um das, was ich erreichen wollte, auch wirklich zu bewirken. Wie sollte ich den Mitarbeiter motivieren, anstatt ihn womöglich durch die falschen Worte zu verunsichern, zu verärgern oder zu demotivieren? Dies ist nun bald 20 Jahre her und immer noch erlebe ich Mitarbeiterführung durchaus als ein Feld, in dem ich stetig Neues lernen kann und muss, weil Mitarbeiter mich einfach immer wieder vor neue Lemaufgaben stellen. Auch aus den vielen Führungskräftetrainings, Coachings und Gesprächen mit Führungskräften der unterschiedlichsten Ebenen weiß ich. dass die reine Methodik etwas ist, was leicht lernbar ist, dass damit jedoch nicht alle Herausforderungen im Umgang mit Mitarbeitern und in der richtigen Führung von Mitarbeitern ZU lösen sind. Um die Anforderung, die Mitarbeiterführung an uns stellt, zu beschreiben, gefällt mir ein Zitat von Henry Ford am besten, der sagte: "Ich wollte immer nur Hände, bekommen habe ich einen ganzen Menschen." Die Menschen, die wir führen wollen, sind unsere Herausforderung. Es geht nicht um die reine Anwendung von Methodent sondern darum, "sich einzusteIlenu auf unterschiedlichste Menschen mit all ihren Wünschen, Bedürfnissen, Anliegen, mit ihren Ecken und Kanten. Und an dieser Stelle stehen wir vor einer doppelten Herausforderung. Die erste besteht in Ihrer eigenen Persönlichkeit als Führungskraft: Als Mensch und in Ihrer Rolle als Führungskraft agieren Sie nicht als eine neutrale oder objektive Person. Vielmehr brin-
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Herausforderung Mitarbeiterführung
gen Sie in all Threm Handeln Ihre eigene Persönlichkeit, Due eigenen Werte, Thre eigene Geschichte und Ihr eigenes Streben nach etwas ein. Nicht anders ist es bei Duem Gegenüber, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch diese begegnen Thnen mit ihrer eigenen Persönlichkeit, ihren Stinunungen, ihrer Geschichte, ihrem Privatleben, ihren Egoismen, ihren Bedürfnissen und allem, was zu einem Menschen dazugehört. Manchmal fällt uns das Führungshandeln ganz leicht, nämlich dann, wenn Führungskraft und Mitarbeiter aufgrund ihrer Persönlichkeit sehr gut miteinander harmonieren und sich gut verstehen. Ernüchternd ist, dass das, was bei der Führung dieser Mitarbeiter so gut und einfach wirkt, bei anderen Mitarbeitern nicht greift. Gleichbehandlung heißt eben nicht "gleiche Behandlung". Im Gegenteil: Bei der Mitarbeiterführung geht es nicht nur um die Anwendung von Methoden, sondern um eine viel komplexere Aufgabe, nämlich das Führen, Steuern und Motivieren von Menschen in ihrer ganzen Vielfalt. Und auch ich gerate heute inuner noch in Situationen, in denen ich denke: "Okay, dieses Verhalten ist mir neu, das kannte ich noch nicht ... was ist jetzt der richtige Weg?".
1.1
Führungskraft sein heißt hohen Erwartungen entsprechen
Wenn eine junge Führungskraft Führungsaufgaben übeminunt, ist dies meist besonders herausfordernd. In Unternehmen besteht oft noch die Haltung, dass sie "die Führungsaufgaben dann mal ebenso nebenbei macht". Gerade auf der untersten Führungsebene sind die Anforderungen aber besonders groß! Es wird erwartet, dass weiterhin Fachaufgaben bearbeitet werden und "nebenher" auch noch bis zu 20 Mitarbeiter geführt werden. Was jedoch jede Führungskraft relativ schnell lernen wird: Führung nebenbei - das geht nicht. Eine häufige Reaktion, besonders von jungen Führungskräften, ist, dass sie ihre Fachaufgaben abends bearbeiten, wenn die Mitarbeiter schon nach Hause gegangen sind, denn den Tag über sind sie mit Mitarbeiterführung voll ausgelastet und haben keine Zeit fiir ihre Fachaufgaben. Eine andere Reaktion ist, dass sich die Führungskräfte hinter ihren Fachaufgaben "verstecken" und nicht oder kaum fiihren. Beide Phänomene finden wir auf allen Ebenen. Viel zu wenig werden Führungskräfte darauf vorbereitet, dass ab dem Tag, ab dem sie den Titel "Führungskraft" tragen, neue Anforderungen an sie gestellt werden, die mit den bisherigen Aufgaben einer "Fachkraft" nur in geringem Umfang oder gar nichts zu tun haben. War es bisher wichtig, dass sie mit ihrem Fachwissen überzeugten, dass sie über bestimmte Methoden- und Projektmanagementkompetenzen oder Verkaufsfähigkeiten verfügten, werden jetzt von ihoen vornehmlich zwischenmenschliche Kompetenz und Führungsfähigkeit gefordert. Beides hat viel mit emotionaler Intelligenz zu tun - meinem Verständnis nach gekennzeichnet durch die Fähigkeit, sich auf andere Menschen einzustellen, den richtigen Kommunikationssti! zu finden, um sie adäquat anzusprechen sowie die Fähigkeit, Menschen zu motivieren oder das eigene Handeln zu hinterfragen usw.
Die persönliche Führung am Mitarbeiter ausrichten
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Auf diese Anforderungen werden junge Führungskräfte in vielen Unternehmen noch immer unzureichend vorbereitet. Und mit Recht fragen sie sich, wie sie die neuen Anforderungen bewältigen sollen. Am Ende eines Führongstrainings sagte mir eine Führungskraft: "Ich hatte schon die Vorstellung. dass Führung etwas mit Psychologie zu tun hat, dass es aber so viel ist, hätte ich nicht gedacht." Diese Aussage spiegelt das Erleben vieler Führongskräfte, die ich in Seminaren kennenleme, wider. Häufig übernehmen sie bunte Teams, mit verschiedenen Persönlichkeiten, mit Mitarbeitern, die engagiert und motiviert ihre Aufgaben erfüllen, aber auch mit solchen, die sich nur mit Mühe zu einer ausreichenden Leistung motivieren lassen. Dass dabei immer wieder die Fragen auftauchen: "Wie soll ich das denn machen?", "Woher soll ich das können?" oder "Wie kann ich allen gerecht werden?", ist kein Wunder. Schnell lernen Führungskräfte in diesem Zusammenhang auch, dass das Lesen über Führung, das Nachdenken über Führung oder sich methodische Kompetenzen im Seminar anzueignen, etwas deutlich anderes ist als das reale Führen im Alltag. Denn bei der Führungsarbeit haben wir es mit Menschen und nicht mit neutralen Wesen, objektiven Dingen oder gar Maschinen zu tun. Richtige Mitarbeiterführung ist jedoch nicht nur am Anfang einer Führungskarriere ein wichtiges Thema. Sicherlich sind dort die Gefahren, viele Fehler aus Unwissenheit und mangelnder Erfahrung zu machen, am größten. Und trotzdem weiß ich aus all den Seminaren und Coachings, dass auch sehr erfahrene Führungskräfte - durchaus in hohen Positionen als Geschäftsführer oder Vorstand - noch immer und bisweilen immer wieder vor den gleichen Schwierigkeiten bei der Mitarbeiterführong stehen wie ihre jungen Kollegen. Sie bestätigen meine Erfahrung: Führungskompetenz aufzubauen und zu erweitern, erfordert kontinuierliches Lernen. Und darüber hinaus die Bereitschaft zur Auswertung und Reflexion der verschiedenen Führungssituationen, mit denen man konfrontiert wird, um das eigene Denk- und Verhaltensspektrum fortwährend zu erweitern. Ein breites Verhaltensspektrum und Professionalität in unterschiedlichsten Anforderungssituationen zu erreichen, sind also wesentliche Lemaufgaben, die Führungskräfte zu bewältigen haben. Dabei bedeutet Professionalität, die eigenen Interessen und Emotionen im Sinne der Sache zurückstellen zu können: Ziele zu erreichen und Mitarbeiter ergebnisorientiert zu führen, gleichzeitig aber auch zu motivieren, so dass sie ihre Fähigkeiten gern und auf einem beständigen Leistungsniveau für das Unternehmen einbringen - das beschreibt das Spannungsfeld, in dem wir als Führungskräfte agieren.
1.2
Die persönliche Führung am Mitarbeiter ausrichten
Um dies zu erreichen, ist es hilfreich, über Modelle zu verfügen, die menschliches Verhalten verständlicher machen. Wenn wir verstehen, warum sich ein Mitarbeiter auf eine bestimmte Art und Weise und ein anderer Mitarbeiter genau gegenteilig verhält, haben wir mehr Möglichkeiten, unterschiedliche Verhaltensstrategien aufzubauen, um auf Mitarbeiter einzugehen. Ohne Modelle bleiben uns im Alltag letztendlich nur "Versuch und irrtum" und ein Handeln, das deutlich mehr durch die Persönlichkeit und Emotionalität der
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Herausforderung Mitarbeiterführung
Führongskraft geprägt ist als durch die sachlichen Anforderungen oder die Anliegen und Bedürfnisse der Mitarbeiter. Ein solches Führungshandeln kann erfolgreich sein, wenn die Führungskraft intuitiv das Richtige tut. Fehlt diese Intuition, dann entstehen durch das Verhalten aus dem Bauch heraus schnell Führungsfehler und daraus im Extremfall sehr hohe Kosten: Demotivation, innere Kündigung, Leistungsrückgang, viele Krankheitstage und hohe Fluktuation, sind nur einige der bekannten Beispiele. Sie werden in diesem Buch noch viel über Motive lernen, hier sei nur erwähnt, dass es ein Statusmotiv gibt. Für manche Menschen ist Status unglaublich wichtig und sie tun viel, um ihn zu bekommen, anderen ist er egal, manche finden das Streben nach Status ganz schrecklich. Da mir Status eher egal ist, dachte ich bei der Mitarbeiterführung auch nicht so oft daran, dieses Motiv zu beachten. Dass dies ein Fehler war, zeigt folgendes Erlebnis: Ich hatte vor einigen Jahren eine Mitarbeiterin mit einem sehr hohen Statusmotiv, ihr war Status sehr wichtig. Im Rahmen der Verhandlungen mit einem Kunden bot ich an, dass diese junge Mitarbeiterin, nennen wir sie Ulla, das Projekt übernehmen könne und ich für sie auch einen geringeren Tagessatz kalkulieren könne. Der Kunde war einverstanden. Als ich im Mitarbeiterteam von der erfolgreichen Akquise berichtete, formulierte ich die Aussage: "Da habe ich ein Ulla-Projekt draus gemacht, das kann ich anders kalkulieren." Obwohl ich mich sehr über das Projekt freute, entglitten der Mitarbeiterin unerwarteterweise die Gesichtszüge und sie wollte das Projekt nicht machen. Was war passiert? Vielleicht haben Sie schon eine Idee: Ich hatte Ulla mit meiner Aussage klein gemacht, degradiert, ihren Status zerstört. Entsprechend sagte sie zu mir: "Du verkaufst mich als mindere Ware, wie soll ich dem Kunden in die Augen sehen? Da gehe ich nicht hin!" Drei Wochen musste ich har1 an ihr arbeiten, um ihre Motivation, die ich mit einem Satz zerstört hatte, wieder aufzubauen. Modelle zur Erklärung der Persönlichkeit und des Verhaltens und Erlebens von Menschen gibt es in der psychologischen Wissenschaft und auch in der Business-Psychologie in großer Zahl. Die meisten Modelle, die ich kenne, beinhalten viel Wahres und immer etwas Hilfreiches für die handelnden Personen. Hinsichtlich dessen, was die Modelle Führungskräften an konkreter Unterstützung und Erklärung für erlebtes Verhalten und geeignete Führungsstrategien bieten, sind sie sehr unterschiedlich. Hier muss jeder für sich prüfen, welches ModelL welcher theoretische Ansatz ihm den größten Erkenntnisgewinn bringt. Vor dem Hintergrund meiner über 20-jährigen Erfahrung im Bereich des Human Resources Managements, der Führungskräfteausbildung und in der eigenen Führungsarbeit hat mir das "Modell der 16 Lebensmotive" von Professor Steven Reiss den größten Nutzen gebracht. Kein anderes, mir bekanntes Persönlichkeitsmodell erlaubt ein vergleichbar tiefes Verständnis für das eigene Erleben und Verhalten sowie das von Mitarbeitern. Viel wichtiger aber ist noch, dass kein anderes Modell in meiner Wahrnehmung so leicht und direkt Ableitungen für die "richtige" Mitarbeiterführung erlaubt. Ganz sicher löst auch die Mitarbeiterführung nach dem Modell der 16 Lebensmotive nicht alle Führungsprobleme und man wird es auch nicht schaffen, jeden Mitarbeiter damit zu Höchstleistung zu bewegen. Wenn ich aber auf unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter schaue, freue ich mich immer über die bunte Mischung sehr prägnanter und verschiedener Persönlichkeiten. Noch mehr freue ich mich, wie gut es diesen zum Teil sehr unterschiedlichen Charakteren
Die persönliche Führung am Mitarbeiter ausrichten
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gelingt, durch das Wissen aus der Theorie der 16 Lebensmotive miteinander zu arbeiten und dabei zu harmonieren. Dies ist deshalb möglich, weil ein großes Verständnis und viel Respekt für die einzelnen Persönlichkeiten unter den Mitarbeitern herrschen. Ich bin sicher, dass die Zusammenarbeit und Führung nicht so gut funktionieren würden, wenn dieses Verständnis und diese Achtung nicht gegeben wären. Wäre ich persönlich nur meiner Intuition, meiner Wahmehmung und meiner Vorstellung, wie etwas "richtig" ist, gefolgt, hätte ich wahrscheinlich schon so viele Führungsfehler gemacht, dass die Leistungsbereitschaft nicht in ihrem aktuellen Maße vorhanden wäre. Und vielleicht hätten auch einzelne Mitarbeiter das Unternehmen schon verlassen, weil wir einfach nicht miteinander klargekommen wären. Die nachlolgenden Kapitel sollen Ihnen das Wissen vermitteln, Führungsfehler wie im oben beschriebenen Beispiel zu vermeiden. Noch mehr sollen sie Ihnen ein praktikables Modell an die Hand geben, um sich selber besser kennenzulernen, Ihr Führungsverhalten gezielt zu erweitern und zu professionalisieren, Ihre Mitarbeiter einschätzen und individuell führen zu können.
2
Warum wollen Menschen etwas leisten? Warum gehen sie jeden Tag zur Arbeit?
Zu den in der Überschrift aufgeworfenen Fragen möchte ich vorweg klarstellen, dass völlig unbestritten ist, dass wir täglich arbeiten gehen "müssen", um Geld für unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Wir sind in der Regel keine Selbstversorger mehr, die einen Acker hinter dem Haus und ein Schwein im Stall haben. Wir kaufen unsere Lebensmittel im Supermarkt und alles andere, was wir zum Leben brauchen, ebenfalls. Hierfür brauchen wir Geld und um dieses zu bekommen, gehen wir arbeiten. Ich bin mir sicher, dass, wenn ich Ihnen als Leser heute Ihr Gehalt streichen würde (und mir geht es da nicht viel anders), Sie morgen nicht mehr mit dem gleichen Engagement zur Arbeit gehen würdenvielleicht auch gar nicht mehr - weil Ihnen viele andere, tolle Dinge einfallen würden, die Sie mit Ihrer Zeit anfangen könnten und die an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch mehr Spaß machen würden. Geld ist in diesem Sinne also kein Motivator, sondern vielmehr Mittel zum Zweck, das eigene Leben gut zu gestalten. Dass Menschen nicht (nur) wegen des Geldes arbeiten, zeigt uns auch das Ehrenamt. In Deutschland bringen sich 36 Prozent der Bürger über 14 Jahren intensiv in Ehrenämtern und unbezahlten Tätigkeiten ein (Gensicke, Picot & Geiss, 2(06). Sei es, dass sie Menschen in Krankenhäusern besuchen, in der freiwilligen Feuerwehr, in der Jugendarbeit, in der Politik oder in ökologischen Bereichen engagiert sind - viele Menschen investieren einen großen Anteil ihrer Zeit für ehrenamtliche Tätigkeiten. D. h., obwohl sie für ihre Arbeit kein Geld erhalten, scheint sie für sie trotzdem einen Gewinn zu beinhalten und es damit einen Grund zu geben, warum sie ehrenamtlich tätig sind. Ich wage die Hypothese aufzustellen, dass ein Großteil der Menschen nicht nur des Gehalts wegen arbeiten geht. Warum Menschen bereit sind, etwas zu leisten - ganz gleich, was es ist - darüber haben sich Wissenschaftler, Persönlichkeits- und Motivationspsychologen Gedanken gemacht. Viele Ansätze haben für den untemehmerischen Kontext und für den Umgang mit Menschen in Unternehmen wichtige Erkenntnisse erbracht. Ansätze, die sich mit der Frage befassen, was Menschen bewegt, sie antreibt und anspornt, werden als Motivationstheorien oder -modelle bezeichnet.
2.1
Mitarbeitermotivation und was sie beeinflusst
Modeme Motivationstheorien beruhen z. T. auf einem sogenannten "mathematischen Erwartungswert" und werden unter dem Begriff Erwartung-mal-Wert-Modelle (z. B. Atkinson. 1964) zusammengefasst. Hierbei wird davon ausgegangen, dass das Produkt von Erwartung und Wert die Höhe der Motivation darstellt, die z. B. ein Mitarbeiter bei der
U. Rohrschneider, Macht, Neugier, Team ...,DOI 10.1007/978-3-8349-6738-1_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Warum wollen Menschen etwas Leisten? Warum gehen sie jeden Tag zur Arbeit?
Bearbeitung einer Tätigkeit verspürt. Unter Erwartung versteht man die subjektive Erwartung, dass das eigene Verhalten ein bestimmtes Ereignis als Konsequenz hat. Der Wert gibt den subjektiven Wert an, den das Ereignis für die Person hat. Motivation lässt sich somit als eine Form der Kosten-Nutzen-Rechnung verstehen, bei der der Mitarbeiter den zu leistenden Input (seine Arbeitsleistung oder seinen Aufwand) zu dem zu erwartenden Outcome (den Konsequenzen oder dem Ertrag) ins Verhältnis setzt. Fällt der Abgleich zu seinen subjektiv empfundenen Gunsten aus, ist er motiviert, zeigt Leistung und ist produktiv. Umgekehrt führt ein negativer Abgleich zu Demotivation und Unzufriedenheit. Um sowohl die Bedeutung der Mitarbeitermotivation für die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zu verdeutlichen als auch zu zeigen. wie schnell sich Motivation in Demotivation verwandeln kann, hat sich ein einfaches Modell - das Aufwands-Ertrags-Modell bewährt. Das im Folgenden vorgestellte Modell ist an die Arbeiten von Siegrist (1996) angelehnt. Das Aufwands-Ertrags-Modell geht davon aus, dass wir alle, wenn wir arbeiten, einen gewissen Aufwand verspüren. Aufwand ist all das, was Sie in Ihren Job investieren - vom Training on-the-job über die investierte Zeit bis hin zu geleisteten Überstunden. Aufwand ist auch das friihe Aufstehen, eine lange Anreise, das Einhalten der Kleiderordnung oder der Organisationsaufwand, den Sie haben, um Ihre Kinder unterzubringen. Was genau als Aufwand erlebt wird, ist sehr individuell und somit von Mitarbeiter zu Mitarbeiter verschieden. Das Modell vertritt die Annahme, dass diesem erlebten Aufwand - den Investitionen, die ein Mitarbeiter bei der Leistungserbringung für das Unternehrnen tätigt - ein sogenannter Ertrag gegenübersteht. Der Ertrag setzt sich aus allem zusammen, was Sie für Ihren getätigten Aufwand erhalten, was jedoch nicht direkt monetär ist - also nicht Ihr Gehalt. AIs Ertrag benennen Menschen z. B. Spaß an der Tätigkeit, eine gute Beziehung zu Kollegen, die Möglichkeit der Selbstverwirklichung, Anerkennung, Erfolg, Status, Einflussmöglichkeiten und vieles mehr. Es handelt sich, salopp formuliert, um das, was der Mitarbeiter für seine Arbeit subjektiv bekommt. In der nachfolgenden Abbildung sind Aufwand und Ertrag als zwei Säulen dargestellt.
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Mitarbeitermotivation und was sie beeinflusst
Abbildung 2.1
Das Aufwands·Ertrags·Modell
Idealzustand
Ertrag
'"'-.I Kompensation I Aufwand
Ertrag
Normalzustand
Aufwand
Ertrag
• Motivation ist bei ausge'Nogenem Verhältnis von "Aufwand" und "Ertrag" gegeben. • Ertrag ist: persönliche "Befriedigung", "Ge'Ninn", intrinsische Motivation • Kompensation (Gehalt) kann Differenzen zwischen Aufwand und Ertrag z. T. ausgleichen und Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft erzeugen.
Bei Betrachtung von Abbildung 2.1 fällt auf, dass sich Aufwand und Ertrag im Idealzustand exakt entsprechen. Dies wäre z. B. der Fall, wenn ein Mitarbeiter subjektiv das Empfinden hätte, dass seine Aufwendungen zu seinem Ertrag völlig äquivalent sind, dass eine perfekte Balance herrscht zwischen dem, was er investiert und dem, was er dafür im Gegenzug erhält. Die Folge sind eine hohe Zufriedenheit, vielleicht sogar Begeisterung für die Tätigkeit und der Wille, sie morgen wieder auszuführen.
In der Realität finden wir häufiger einen leicht veränderten Normalzustand vor, in dem der Ertrag als etwas geringer als der Aufwand wahrgenommen wird - dies ist anband der etwas kürzeren Ertragssäule bildlich dargestellt. Aus dem Vergleich von Aufwand und Ertrag (in der Abbildung durch die Unie zwischen den beiden Säulen dargestellt) resultiert die Zufriedenheit des Mitarbeiters mit seiner Arbeitssituation. Ist die Differenz zwischen erlebtem Aufwand und Ertrag gering, resultiert daraus Zufriedenheit. Wird sie zu groß, resultiert aufaeiten des Mitarbeiters Unzufriedenheit. Bei der Untersuchung von Mitarbeiterzufriedenheit kommen viele Studien zu dem Ergebnis, dass nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Mitarbeiter wirklich zufrieden mit seiner Tätigkeit und dem Unternehmen loyal verbunden ist sowie mit hohem Engagement seiner täglichen Arbeit nachgeht. Eine Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (psychonomics AG, 2006) belegt, dass nur ungefähr ein Drittel der Befragten über eine stark ausgeprägte Arbeitszufriedenheit verfügt. Dagegen sind 37 Prozent in die Kategorie der "passiv-Zufriedenen" einzuordnen - sie sind mehrheitlich desinteressiert und ihr Engagement ist höchstens durchschnittlich ausgeprägt. 14 Prozent der Befragten gaben an,
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Warum wollen Menschen etwas Leisten? Warum gehen sie jeden Tag zur Arbeit?
dass sie mit ihrer Arbeit akut und stark unzufrieden sind und sich sogar wünschen, den Arbeitgeber zu wechseln. Abgesehen davon, dass es ein bedenkliches licht auf die Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft von Mitarbeitern in Unternehmen wirft, bestätigen diese und vergleichbare Studien die Annahme des oben angeführten Modells, dass der erlebte Aufwand für viele Arbeitnehmer höher ist als der erlebte Ertrag. Solange das vom Unternehmen gezahlte Gehalt, in der Abbildung 2.1 als "Kompensation" gekennzeichnet, diese Differenz subjektiv ausgleichen kann, wird der Arbeitnehmer trotzdem mit relativer Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft an seinen Arbeitsplatz gehen. Halten sich also, wie in Abbildung 2.1 unten links dargestellt, Aufwand und Ertrag plus Kompensation ungefähr die Waage, gehen wir von einer angemessenen Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer aus. Wichtig ist festzuhalten, dass der Grad der wirklichen Zufriedenheit eines Arbeitnehmers an der Differenz zwischen Aufwand und Ertrag gemessen wird. Würde die erlebte Differenz zwischen Aufwand und Ertrag auf einem als angemessen erlebten Niveau konstant bleiben, hätten wir in Unternehmen wahrscheinlich weniger Motivationsprobleme. Leider führen die unterschiedlichsten Ereignisse in Unternehmen dazu. dass der erlebte Aufwand der Arbeitnehmer steigt. Es werden z. B. Abteilungen umstrokturiert, man bekommt neue Vertriebsgebiete mit neuen Kunden, Ziele werden ständig angehoben, es wird rationalisiert, so dass für den Einzelnen mehr Arbeit entsteht, Gruppen werden neu zusammengewürfelt usw. Welche Maßnalunen von Mitarbeitern als Aufwandserhöhung erlebt werden, wissen Sie als Führungskraft aus ihrem Alltag wahrscheinlich sehr genau.
2.2
Bedeutet Aufwandserhöhung Unzufriedenheit?
Eine vorübergehende Aufwandserhöhung, wie in der nachfolgenden Abbildung dargestellt, würde der Mitarbeiter für eine gewisse Zeit durchaus motiviert mittragen. Erst wenn dieser Zustand zu lange andauert (vielleicht sechs bis neun Monate), wird der Mitarbeiter irgendwann Unzufriedenheit verspüren. Um die Entwicklung von einer ersten Unzufriedenheit bis hin zur inneren Kündigung nachvollziehen zu können, stellen Sie sich bitte einen sehr jungen Mitarbeiter vor, der nach seiner Ausbildung bzw. seinem Studium in Ihr Unternehmen gekommen ist und voller Elan und Tatendrang an die Arbeit geht. Stellen Sie sich weiterhin vor, dass dieser Mitarbeiter nach einer vielleicht zweijährigen Tätigkeit in ihrem Unternehmen das erste Mal erlebt, dass sich sein Aufwand erhöht. Das kann z. B. dadurch entstehen, dass eine gravierende Umstrukturierung dazu geführt hat, dass liebgewonnene Kollegen verloren gingen, er nun andere Aufgaben ausführen muss und vielleicht sogar den Unternehmensstandort wechseln musste. Da es für den jungen Mitarbeiter das erste Mal ist, dass er so etwas erlebt, nehmen wir an, dass er den erhöhten Aufwand zunächst einmal mit Fassung trägt und versucht, die neue Situation für sich positiv zu gestalten. Nun kann es aber passieren, dass die neue Situation für Um tatsächlich deutlich weniger positive Aspekte aufweist als seine vorherige Situation. Ist dies der Fall, wird er nach einer gewissen Zeit das erste Mal in seinem Arbeitsleben wirkliche Unzufriedenheit
Bedeutet Aufwandserhöhung Unzufriedenheit?
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verspüren. Diese entsteht dadurch, dass die Differenz zwischen seinem subjektiv erlebtem Aufwand und empfundenen Ertrag dauerhaft zu groß ist. Wenn der junge Mitarbeiter ein gutes Verhältnis zu ihnen als Führungskraft hat, wird er zu Thnen kommen und ihnen von seiner Unzufriedenheit berichten. Er wird Sie bitten, gemeinsam mit ihm zu überlegen, was an der Situation veränderbar ist. Überlegen Sie an dieser Stelle kurz, was Sie glauben, was sich Thr junger Mitarbeiter von ihnen wiinscht. An welcher Variablen sollen Sie etwas verändern - am Ertrag, an der Kompensation oder am Aufwand? Frage ich in Seminaren Führungskräfte danach, was der junge Mitarbeiter in dieser Situation wohl von ihnen erwartet, ist die Antwort häufig: "eine Gehaltserhöhung". Betrachten wir, was Menschen in der ersten Phase einer beruflichen Unzufriedenheit tatsächlich wollen, stellen wir fest, dass sie nach einer Ertragserhöhung fragen. In der Phase 1 der Demotivation wollen sie wieder mehr Spaß, sie wollen neue Herausforderungen, sie wollen mehr mit Kollegen zusammenarbeiten, sie wollen Prestige gewinnen o.Ä., je nachdem, was für den Einzelnen als Ertrag wahrgenommen wird. Dieses Phänomen, dass Mitarbeiter in der ersten Phase einer beruflichen Unzufriedenheit nach einer Ertragserhöhung fragen, ist vielen Führungskräften häufig nicht bewusst. Ein korrigierendes Handeln über eine Gehaltserhöhung - was gern als Ausgleich genutzt wird - kann das Problem nicht lösen. Die Unzufriedenheit des Mitarbeiters wird weiterbestehen, denn die Differenz zwischen Aufwand und Ertrag wird durch die Gehaltserhöhung nicht verändert. Gehen wir davon aus, dass unser junger Mitarbeiter von seinem Vorgesetzten keine Ertragserhöhung bekommen hat. Er wird wieder an seinen Arbeitsplatz gehen und, so gut es geht, seinen Job machen. Vielleicht hat sein Vorgesetzter ihm auch erklärt, dass es für alle schwer sei. Seine Unzufriedenheit besteht aber weiter und bald wird er einen neuen Versuch unternehmen, diesen Zustand zu verbessern. Jetzt, in Phase 2 der Demotivation, wird der Mitarbeiter zu seinem Vorgesetzten gehen und ihn selbst direkt nach einer Gehaltserhöhung fragen. Die Begründung könnte sein: "Chef, für die viele Arbeit, die ich hier zu leisten habe, brauche ich mehr Schmerzensgeld!" Handelt es sich um einen guten Mitarbeiter, wird der Vorgesetzte bereit sein, soweit es in seiner Macht steht, ihm die Gehaltserhöhung zu geben. Das Mehr an Geld wird ggf. zu einer vorübergehenden Steigerung der Arbeitszufriedenheit beim Mitarbeiter fiihren. Das Dumme ist nur: Geld wird schnell zur Gewohnheit und gewöhnliche Dinge haben auf uns keine motivierende Wirkung mehr. D. h., nach relativ kurzer Zeit (nehmen wir einmal an, nach ca. drei Monaten) wird der Mitarbeiter seine Unzufriedenheit wieder spüren, da das eigentliche Problem - der zu geringe Ertrag im Verhältnis zum Aufwand - nach wie vor besteht. Der finale Schritt in einer Situation anhaltender Unzufriedenheit ist die Aufwandsreduktion. Sie erfolgt in Phase 3 der Demotivation. Abbildung 2.2 macht die angesprochenen Zusammenhänge deutlich.
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Warum wollen Menschen etwas Leisten? Warum gehen sie jeden Tag zur Arbeit?
Abbildung 2.2
Phasen der Unzufriedenheit/Demotivation bei Aufwands-Ertrags· Differenzen
Ertrag Ertrag Phase 1
Phase 2 • Stehen Aufwand und Ertrag nicht mehr in einem ausgewogenen VerhäLtnis, strebt der Mitarbeiter in Phase 1 der Unzufriedenheit danach, wieder mehr Ertrag zu bekommen. • GeLingt dies nicht, sucht der Mitarbeiter nach
Ertrag Phase 3
Ersatzbefriedigung (extrinsische Motivation). Ln Phase 2
ist dies die GehaLtserhöhung (oder "gebt mir Schmerzensgeld").
• In Phase 3 ist dies die Reduktion der Leistung bis hin zur inneren Kündigung.
Die Aufwandsreduktion ist leicht zu realisieren, Mitarbeiter sind dabei durchaus kreativ. Wenn Sie seIber einmal darüber nachdenken, werden Thnen schnell verschiedene Möglichkeiten der Aufwandsreduktion einfallen. Angefangen damit, langsamer zu arbeiten, über qualitativ weniger hochwertiges Arbeiten, verlängerte Gesprächspausen mit Kollegen, die Bearbeitung privater E-Mails oder Intennetinteressen, Dienst nach Vorschrift bis hin zu erhöhten Fehl- und Krankenzeiten u.v.m. haben Mitarbeiter viele Alternativen. Aus zahlreichen Coachingsitzungen kann ich berichten, dass es meist eine Weile dauert, bis die Führungskräfte diese Hinweise tatsächlich wahr- und angemessen ernst nehmen. Dies liegt z. T. auch daran, dass sich Mitarbeiter sehr geschickt verhalten, wenn sie aktiv Aufwandsreduktion betreiben. Dabei gilt: Je größer ein Unternehmen oder ein Bereich ist, desto leichter ist Aufwandsreduktion durch Mitarbeiter möglich, da der einzelne Mitarbeiter weniger stark im Fokus der Aufmerksamkeit steht. Die Mitarbeiter machen weiterhin einen geschäftigen Eindruck und äußern zeitgleich aktiv ihre Unzufriedenheit und die empfundene Überlastung. Vor diesem Hintergrund ist es teilweise schwer zu differenzieren zwischen dem Mitarbeiter, der wirklich überlastet ist und viel zu tun hat und dem Mitarbeiter, der nur einen geschickten Weg gefunden hat, seinen Aufwand zu reduzieren. Stellt der Mitarbeiter sich clever an, geht es ihm vielleicht sogar ganz gut in der Situation und er würde sagen: "Für das bisschen Arbeit, das ich hier leiste, werde ich ziemlich gut bezahlt."
Die 16 Lebensmotive nach Professor Steven Reiss
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Ich schildere Ihnen meine zwei Lieblingsbeispiele der aktiven Aufwandsreduktion: Zum einen hatte ich es einmal mit einem Mitarbeiter
ZU
tunl der von seinem regulären Arbeits-
platz aus nebenher einen privaten Anhängerverleih betrieb. Er nutzte seine Arbeitszeit also sehr kreativ für einen Nebenjob. Das zweite Beispiel ist ein Mitarbeiter, der während seiner Arbeitszeit seine Promotion geschrieben hat und später einen großen Anteil seiner Arbeitszeit genutzt hat, um einen alten Bauernhof zu sanieren. Mit der Aussage "Ich bin dann mal beim Kunden" machte er sich aus dem Staub und ging anderen Dingen nach. Vielleicht denken Sie: "Mir würde das nicht passieren." Aber unterschätzen Sie dabei Ihre Mitarbeiter nicht; auch Sie können nicht immer alles genau im Blick haben. Selbst wenn es recht unterhaltsame Lösungen von Mitarbeitern für ihr Aufwands-Ertrags-Problem gibt, ist es doch wichtig zu wissen, dass es sehr vielen Mitarbeitern in solchen Sitoationen schlecht geht und sie sich eine Veränderung und Verbesserung ihrer Sitoation wiinschen. Und als Führungskraft ist es Ihre Verantwortong, für die Zufriedenheit, Motivation und Leistongsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter zu sorgen und diese zu erhalten. Entscheidend hierfür ist nun die Frage: Was ist für meinen Mitarbeiter Ertrag und wie kann ich ihn beeinflussen? Die Theorie der 16 Lebensmotive nach Professor Steven Reiss kann bei der Beantwortong dieser Frage helfen.
2.3
Die 16 Lebensmotive nach Professor Steven Reiss
2.3.1
Die 16 Lebensmotive - oder warum Menschen bereit sind, sich anzustrengen und Leistung zu erbringen
Für die Beantwortong der Frage, warum Menschen bereit sind, etwas zu leisten, sich für bestimmte Ziele und Werte besonders einzusetzen, ja regelrecht dafür zu kämpfen, liefert die Theorie der 16 Lebensmotive nach Professor Steven Reiss wichtige Erkenntnisse. Professor Reiss, Motivations- und Persönlichkeitspsychologe an der Ohio State University in den USA, geht seit den 90er Jahren der Frage nach, was dem Leben von Menschen eigentlich Sinn gibt, was sie bewegt, bestimmte Dinge immer wieder zu ton - manchmal sogar wider besseren Wissens - und warum sie sich für bestimmte Dinge mehr einsetzen als andere Menschen. Sie werden von sich selbst wissen, dass Sie bestimmte Dinge besonders gern machen, dass Sie am Ende des Tages zufrieden sind, weil Sie etwas Bestimmtes für sich erreicht haben. Dagegen werden Sie auch schon erlebt haben, dass bestimmte AufgabensteIlungen und Alltagsanforderungen, sei es privat oder beruflich, Ihnen nur wenig Freude bereiten, Sie sie unter Zwang und vielleicht auch nicht besonders gut erledigen und sie sich dabei angestrengt fühlen. Worauf basiert dieses sehr individuelle Erleben? Um diese Fragen beantworten zu können, begann Professor Steven Reiss umfassende Forschungsarbeiten, wobei er rein empirisch vorging. Sein Ansatz war nicht theoriegeleitet. Ein empirisches Vorgehen beinhaltet das Sammeln von Daten, in diesem Fall Angaben von Menschen zu dem, was sie antreibt und motiviert. Um die Daten zu erfassen, wurde
Warum wollen Menschen etwas Leisten? Warum gehen sie jeden Tag zur Arbeit?
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eine repräsentative Stichprobe von Menschen direkt nach ihrer persönlichen Meinung gefragt. Hierfür hatte er zunächst alle Begriffe, die etwas mit dem Thema Motivation zu tun haben (mehrere hundert Begriffe), zugrunde gelegt und begonnen, Menschen zu fragen, was für sie motivierend sei. im Laufe seiner Forschungsarbeiten, die sowohl in den USA als auch in Europa und Asien erfolgten, konnte er diese Liste sukzessive reduzieren. Entsprechend der Aussagen der Befragten wurden Begriffe zusammengefasst oder herausgenommen. Am Ende der empirischen Untersuchungen blieben 16 sogenannte Motive übrig. Steven Reiss bezeichnet diese als Lebens11Wtive und Endzweck des Handelns. Anders ausgedrückt: Mit meinem Handeln will ich immer mindestens eines meiner stärker ausgeprägten Motive befriedigen. Motive beschreiben, was mir in meinem Leben besonders wichtig ist, welche Dinge mich motivieren, etwas zu tun oder mich besonders anzustrengen. Mit Motiven sind Bedürfnisse gemeint, die ich für mich befriedigen will. Es geht um Dinge/Aspekte, die ich erreichen oder auch vermeiden will und damit sind Motive auch Ziele und Werte in meinem Leben, die ich verwirklichen möchte. Diese Lebensmotive, die statistisch betrachtet voneinander unabhängig sind, sind im Einzelnen:
• • • • • • • •
Macht Teamorientierung Neugier Anerkennung Ordnung Ziel- & Zweckorientierung Idea1ismus Sparen/Sammeln
• • • • • • • •
Beziehungen Familie Status Rache/Kampf Schönheit Essen Körperliche Aktivität Emotionale Ruhe
Die 16 Lebensmotive sind in einem Motivationsprofil abgebildet (dem Reiss ProfileTM), das für jede Person einzigartig ist und durch die Beantwortung eines Fragebogens generiert wird. In Abbildung 2.3 ist exemplarisch ein solches Profil abgebildet, es gibt die Businessversion des Reiss Profiles wieder. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es neben der Businessversion, die Grundlage aller Erläuterungen in diesem Buch ist, eine Originalversion des Reiss Profile™ gibt. Die inhaltlichen Aussagen heider Versionen sind gleich, ausgenommen davon ist das (wissenschaftlich nicht abgesicherte) Motiv Schönheit, das in der Businessversion das Motiv Eros ersetzt. Hintergrund für die Gestaltung der Businessversion war die Verwirrung, die die Fragen nach Sexualität (in der Originalversion zur Bestimmung des Motivs Eros) im Businesskontext verursachten. Alle anderen Unterschiede zwischen den Versionen sind lediglich formaler Art.
Die 16 Lebensmotive nach Professor Steven Reiss
Abbildung 2.3
Exemplarisches Reiss Motivationsprofil •
--"'00
bensmotive von Steven Reiss beschreiben die intrinsische Motivation von Menschen. Kennen Sie die Motivation ihrer Mitarbeiter, fällt es Dmen viel leichter, sie so zu führen, dass sie quasi wie von selbst, bereitwillig mit der Aufgabenerledigung ihre inneren Motive befriedigen können. Selbstverständlich bin ich mir bei dieser Aussage darüber im Klaren, dass ein Unternehmen kein "Wunschkonzert" ist und nicht alle Bedürfnisse von Mitarbeitern vollumfänglich befriedigt werden können. Das muss auch nicht sein. Wesentlich ist, dass Sie als Führungskraft ein erweitertes Bewusstsein dafür haben, wie wichtig die Kenntnis der inneren Motivation ihrer Mitarbeiter für Sie ist und dass Sie, im unternehmerischen Ralunen, einige für ihre Mitarbeiter wichtige Motive in ihrer Führungsarbeit be-
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Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
rücksichtigen, um Mitarbeiterzufrjedenheit bei der Arbeitsausführong zu gewährleisten und für sich seIbst und das Unternehmen eine dauerhaft hohe Leistungsbereitschaft zu sichern. D. h., vor dem Führungshandeln steht die Einschätzung der Motive Ihrer Mitarbeiter. Teilnehmer in meinen Seminaren machen durchaus deutlich, dass dies keine ganz einfache Aufgabe ist. Aber wenn Sie nicht gerade ganz neu in Ihrer Führungsaufgabe sind und Ihre Mitarbeiter schon eine Weile kennen. können Sie ganz sicher bestimmte, deutlich ausgeprägte Persönlichkeitsmerkmale und damit Motive Ihrer Mitarbeiter einschätzen. Bitte haben Sie nicht den Anspruch, alle Motive bei Ihren Mitarbeitern korrekt einschätzen zu können. Schätzen Sie nur die ein. bei denen Sie sich recht sicher sind. denn raten bringt in diesem Fall nur wenig. Versuchen Sie anhand des "Leerprofils" aus Kapitel 3, Motivprofile für Ihre Mitarbeiter zu erstellen. Bei den Motiven, bei denen Sie keine Idee haben, wie sie bei Ihren Mitarbeitern ausgeprägt sein könnten, tragen Sie einfach nichts oder den Wert NulL als neutrales Motiv, ein. Selbst wenn Sie auf diese Art und Weise nur zwei stark ausgeprägte Motive, seien sie rot oder grün, für einzelne Mitarbeiter beschreiben können. haben Sie für Ihre Führungsarbeit schon viel gewonnen. Sie sind damit in der Lage, zukiinftig besser auf den Mitarbeiter einzugehen und ihn gezielter zu führen. Das erhöht die Arbeitszufriedenheit des Mitarbeiters und bedeutet für Sie mittelfristig weniger Arbeit. Für Ihre Fremdeinschätzung ist es wichtig, den Mitarbeiter zu beobachten, um zu erfahren. wie er sich verhält und was er gerne tut. Genauso wichtig ist es hinzuhören, welche Worte der Mitarbeiter benutzt und über weiche Themen er gerne spricht und wie er dies tut. Gut hinzuhören, worüber Mitarbeiter wie reden, ist wichtig, da Menschen sich nur über die Dinge austauschen können. die emotional eine Bedeutung für sie haben. Unser Erleben und Empfinden spiegelt unsere Motivationsstruktur wider und diese beeinflusst auch die Worte, die wir benutzen bzw. die Aussagen, die wir treffen. Ein Beispiel kann dies verdeutlichen.
In einem Auswertungsgespräch mit einer Führungskraft führte diese beim ersten Blick auf ihr Motivationsprofil an, dass sie das Profil als sehr stimmig erlebe, lediglich die grüne Rache/Kampf-Motivation könne sie nicht nachvollziehen. Sie bezeichnete sich selbst als überhaupt nicht kämpferisch, sondern sehr friedliebend. Wir stellten diesen Punkt zur Klärung zurück, um zu schauen, ob wir im Verlauf des Auswertungsgesprächs einen Hinweis darauf finden würden. ob die grüne Rache/Kampf-Motivation, so wie im Profil dargestellt, tatsächlich zutreffend war oder ob es sich gegebenenfalls um einen Fehler (eventuell aus dem AntwortverhaIten der Führungskraft) handeln könnte. Im Verlauf des Gesprächs sprachen wir über Mitarbeiterführung und darüber, dass Mitarbeiter manchmal das tun, was sie tun sollen. manchmal aber auch nicht. An diesen Punkt führte die Führungskraft, die sich selbst als harmonisch und friedlich wahrnalun, an, dass man situativ auch mal den Druck auf Mitarbeiter erhöhen müsse. Wörtlich sagte sie: " ... und manchmal muss man den Pfahl einfach reinrammen." Diese Aussage lässt sich als durchaus aggressiv bezeichnen. Eine solche Aussage würde ein Mensch mit einer roten Rache/Kampf-Motivation nicht formulieren. IIun würden die genannten Worte gar nicht einfallen, da ihm eine vergleichbare Aggression völlig fremd ist. Mit den ge-
Die Motivation der eigenen Mitarbeiter einschätzen
I
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wählten Worten hatte die FührongsIcraft deutlich gemacht, dass sie sehr wohl eine grüne Rache/Kampf-Motivation hatte.
Der einfachste Weg, um zu Motivationsprofilen für Ihre Mitarbeiter zu kommen, ist natiirlich, alle Mitarbeiter einen Fragebogen bearbeiten zu lassen und für alle Mitarbeiter Motivationsprofile erstellen zu lassen. Dass dies in der täglichen Führongsarbeit, aber auch in der Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander sehr hilfreich ist, kann ich in unserem Unternehmen täglich erleben. Als Führongskraft fällt es mir deutlich leichter, Aufgaben so zu verteilen, dass sie den Mitarbeitern leichtfallen, weil sie sie gerne machen. Auch fällt es mir viel leichter, in der Ansprache, der Steuerung und Gestaltung von Ralunenbedingungen für die Mitarbeiter gezielt auf deren intrinsische Motivation einzugehen. Gut zu beobachten ist auch, wie hilfreich die Kenntnis des Motivationsprofils der Kollegen untereinander ist. Konflikte und Missverständnisse werden auf diese Art und Weise von vornherein vermieden. Es gibt vielleicht den ein oder anderen frechen Kommentar zu einer "typischen" Verhaltensweise, aber jeder weiß, warum sich der andere gerade so verhält und kann diesem Verhalten, aufgrund der Kenntnis des Motivationsprofils, Akzeptanz entgegenbringen. Selbstverständlich ist mir klar, dass es nicht in jedem Unternehmen möglich sein wird, ein komplettes Team einen Fragebogen bearbeiten zu lassen. Viele Führungskräfte wählen diesen Weg dennoch und gestalten mit ihren Mitarbeitern eine Teamentwicklung mithilfe des Reiss Profiles. Wenn Sie dies nicht tun können, sind Sie auf Ihre Beobachtungen und Einsrhätzungen angewiesen. Bei Ihrer Fremdeinschätzung können Thnen nachfolgende Fragen helfen: •
Was fällt Thnen spontan zu dem Mitarbeiter ein?
•
Was macht der Mitarbeiter gern, was macht er nicht so gern?
•
Wofür interessiert er sich?
•
Was will der Mitarbeiter für sich erreichen? Was sind seine beruflichen und privaten Ziele?
•
Wann können Sie wirkliche Begeisterung bei ilun wahrnehmen?
•
Wann bzw. wobei haben Sie das Gefühl, dass sich der Mitarbeiter mit einer Aufgabe quält?
•
Was kann der Mitarbeiter gut, weil er es gern macht, was kann er nicht so gut, weil er es nicht mag?
•
Wann bzw. bei welchen Aufgaben steigt die Leistung oder die Einsatzbereitschaft des Mitarbeiters, wann lässt sie nach?
•
Was erlebt der Mitarbeiter als Erfolg für sich, worauf ist er stolz?
•
Wie agiert der Mitarbeiter im Kontakt mit anderen?
•
Wie intensiv (HäufigkeitNertrautheit/Nähe) gestaltet er den Kontakt zu anderen?
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Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
•
Wann (wie schnell) sucht er den Austausch mit anderen, bittet sie um Hilie?
•
Worüber spricht er viel und gerne?
•
Welche Worte benutzt er oft?
•
Was macht er in seiner Freizeit? Wie intensiv gestaltet er diese Tätigkeiten?
•
Was schätzen Sie an ihm, was macht die Zusammenarbeit mit ihm für Sie angenehm leicht?
•
Was macht die Zusammenarbeit mit ihm für Sie eher schwierig?
•
Gibt es Verhaltensweisen, die Sie häufiger beobachten können? Was tut er regelmäßig?
•
Was kennzeichnet den Mitarbeiter in ihrer Wahrnehmung als Menschen? Was sind seine hervorstechenden Merkmale?
•
Wie wird er von Kollegen wahrgenommen?
Mit diesen Fragen, können Sie Ihre Beobachtungen und Eindrücke schon deutlich konkretisieren. Auch wenn Sie sehr sorgfältig arbeiten, wird Ihre Einschätzung einer gewissen Fehlerwahrscheinlichkeit unterliegen. Diese ist schon allein darin begriindet, dass Menschen etwas inuner nur subjektiv, durch "ihre individuelle Brille" wahrnehmen können. Die menschliche Wahrnehmung ist immer geprägt durch die eigenen Werte, Ziele, Motive ele. Und das macht sie anfällig für Fehler. Sie sollten ihre Einschätzung also nicht als etwas Festes und Endgültiges betrachten, sondern immer wieder überprüfen. Trotz dieser möglichen Fehler habe ich die Erfahrung gemacht, dass Führungskräfte schon im Prozess der Einschätzung ihrer Mitarbeiter einen hohen Erkenntnisgewinn und auch wirkliche "Aha"Erlebnisse haben. Plötzlich werden bestimmte Schwierigkeiten nachvollziehbar und wahrgenommene Eigenheiten verständlich. Schon allein dadurch wird oft eine Veränderung im Führungshandeln möglich oder ausgelöst, welche zu einer Stabilisierung oder Verbesserung der Situation führt. Im Coaching spreche ich mit den Führungskräften oft über einzelne Mitarbeiter. Wir erstellen dann gemeinsam ein Profil für den einen oder anderen Mitarbeiter und erarbeiten eine konkrete Führungsstrategie für ihn. In der Regel berichten die Führungskräfte bereits beim nächsten Treffen von ersten Erfolgen. Besonders vorsichtig bzw. selbstkritisch sollten Sie mit ihrer Fremdeinschätzung bei den Mitarbeitern sein, mit denen Sie besonders gerne zusammenarbeiten und ebenfalls bei Mitarbeitern, mit denen Sie nicht so gerne zusammenarbeiten, die Omen inuner wieder Schwierigkeiten bereiten. Gerade bei Letzteren kann der Bewertungsfehler darin bestehen, dass man ihnen Persönlichkeitsmerkrnale zuschreibt, die man selbst als negativ wahrnimmt. Menschen, die man nicht gerne mag, bewertet man in der Regel strenger, kritischer und negativer als Menschen, die man gerne mag. Überprüfen Sie Ihre Einschätzung hier besonders kritisch. Dabei mag es durchaus sein, dass ein Mitarbeiter, mit dem Sie sehr gut zusammenarbeiten und mit dem Sie sich sehr gut verstehen, ähnliche Motivausprägungen hat wie Sie selbst. Ein Mitarbeiter, mit dem Sie immer wieder Schwierigkeiten haben und
Die Motivation der eigenen Mitarbeiter einschätzen
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dessen Vorgehen und Handlungsweisen Sie oft nicht verstehen oder falsch finden, hat vielleicht in einigen Motiven eine entgegengesetzte Ausprägung zu Thnen, was die Schwierigkeiten und das gegenseitige Unverständnis bedingt. Bei den Motivausprägungen gilt grundsätzlich: "Gleich und gleich gesellt sich gern". Steven Reiss geht in seinem Buch "Wer bin ich und was will ich wirklich?" so weit, zu sagen, dass junge Paare vor der Eheschließung ein Reiss Profile machen sollten. Dann könnten sie erkennen, ob sie sich auch langfristig verstehen werden und ggf. viel Geld für eine Scheidung sparen. Menschen mit gleichen oder ähnlichen Motivausprägungen "sprechen die gleiche Sprache", mögen die gleichen Dinge, verfolgen die gleichen Werte. Thr Zusammenarbeiten oder auch Zusammenleben verläuft reibungslos. Menschen mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen verstehen einander häufig weniger gut. Ein Mensch mit einem roten Ordnungsmotiv kann nicht verstehen, wie der Kollege mit dem griinen Ordnungsmotiv so viel Zeit mit der Beschriftung und Sortierung seiner Ordner verbringen kann und er glaubt, schier verrückt zu werden, wenn der Kollege die Sachen auf seinem Schreibtisch allmorgendlich in eine feste Aufstellung bringt. Dem griin ordnungsmotivierten Kollegen geht es nicht viel anders. Er kann seinen rot ordnungsmotivierten Kollegen nicht verstehen. Er findet es furchtbar, dass sich auf seinem Schreibtisch alles stapelt, und kann überhaupt nicht nachvollziehen, wie der Kollege ohne vernünftige Planung in einem Zeitmanagement-System überhaupt irgendetwas zustande bringt. Aus diesem "Nicht-Verstehen" oder auch Missverstehen entstehen leider allzu schnell Ablehnung und Konflikte. Bedenken Sie bei der Fremdeinschätzung Threr Mitarbeiter immer wieder, dass weder die eine noch die andere Motivausprägung gut oder schlecht ist. Sie ist anders und beide Ausprägungen bringen Vor- und Nachteile im Arbeitsleben. Vor dem Hintergrund der beschriebenen möglichen Fehler und Verzerrungen in Ihrer Fremdeinschätzung empfehle ich Thnen, nach einer ersten Einschätzung mit Thren Mitarbeitern zu sprechen, sie nach ihren Einschätzungen zu fragen. Fragen Sie z. B.: • Was macht Thnen Spaß, was nicht? • Was genau macht daran Spaß (bzw. nicht), warum tun Sie es gern (bzw. nicht gern)? • Was ist Thnen wichtig? Was sind wichtige Werte für Sie? • Welche Aufgaben mögen Sie, welche nicht und warum ist das so? • Wann geht es Thnen richtig gut, wobei haben Sie sehr viel Spaß? • Zu was müssen Sie sich zwingen, was quält Sie? • Was nervt/ärgert Sie an anderen und warum? • Was sagen Thre Freunde über Sie, was schätzen Sie an Thnen, was nicht? • Was brauchen Sie, um zufrieden arbeiten zu können? Wie sollten Aufgaben oder die Ralunenbedingungen idealerweise sein?
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Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
Fragen Sie nicht nach dem "Können", sondern nach Spaß und "Gutgehen" und dem Warum, dann kommen Sie auch zu Aussagen über Motivationen und nicht nur zu solchen über Fähigkeiten. Sie können Thre Mitarbeiter auch um eine Selbsteinschätzung bitten und dann Thre und deren Einschätzung nebeneinander legen und sich über die gemeinsamen Einschätzungen und die Differenzen austauschen. Sie werden viel dabei lernen und wahrscheinlich wichtige Eindrücke von Threm Mitarbeiter und er von Thnen gewinnen. Dies berührt einen Aspekt, der mir persönlich in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist. Wenn Sie ihre Mitarbeiter um eine Selbsteinschätzung bitten oder sie einen Fragebogen bearbeiten lassen. dann gehören immer alle Profile auf den Tisch. ihres als Führungskraft und das der Mitarbeiter. Nur wer sein eigenes Profil auf den Tisch legt und offen und transparent agiert, darf und kann erwarten. dass auch die anderen ihre Profile vorstellen und etwas von sich erzählen.
Selbstverständlich setzt ein solches Vorgehen ein gewisses Maß an Vertrauen und Offenheit voraus. Wenn Sie aber überlegen, wie viel Zeit Sie jeden Tag mit ihren Mitarbeitern verbringen. lohnt es sich, viel dafür zu ton, dass diese Zeit für alle möglichst "gewinnbringend" und mit viel Freude verbunden ist. Ich kann mir sogar folgendes Vorgehen vorstellen: Erzählen Sie Thren Mitarbeitern von dem Motivationsprofil und fragen Sie sie, ob sie nicht Lust haben. dass alle im Team ein Motivationsprofil erstellen. gehen Sie offen damit um. Wenn Sie im Team Profile erstellen. kann jeder eine Selbsteinschätzung erstellen und Einschätzungen für andere abgeben (für Sie als Führungskraft und für die Kollegen sowie Sie für ihre Mitarbeiter). Wie bereits erläutert, Einschätzungen ZU den Motiven. bei denen der Einzelne in seiner Fremdwahrnehmung einen guten Eindruck hat, sind ausreichend, es müssen nicht von allen alle Motive eingeschätzt werden. Der Austausch zu den Einschätzungen und zu den Begründungen wird Thnen und ihrem Team bereits einen großen Erkenntnisgewinn bringen, Sie werden staunen.
Motivbeschreibungen
Um Sie in der Einschlitzung Ihrer Mitarbeiter zu unterstützen, finden Sie auf den nachfolgenden Seiten exemplarische Beschreibungen zu Verhalten und Aussagen oder gern genutzten Worten für die verschiedenen Motive. Daraus können Sie Rückschlüsse auf die Tendenzen in der Motivausprligung Ihrer Mitarbeiter ziehen. Beschreibungen zu den Motiven, die ich nachfolgend aus Platzgründen nicht aufgenommen habe, finden Sie auf unseren Internetseiten im Kundenbereich' •
6
Benutzemame: Führen_miCRP, Kennwort: Leser
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Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
Macht - rote Ausprägung Aussagen: Die Kommunikation bei einer roten Ausprägung des Motivs Macht ist häufig durch viele Fragen gekennzeichnet. • "Wie soll ich das machen?"
• "Was genau muss ich machen?" • "Wie kann ich helfen?" • "Was wollen wir tun?" •
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Was muss getan werden?"
• "Wie sollen wir entscheiden?" • "Was meint ihr/meinen Sie dazu?/I • "Was haltet ihr von deridee, ... " • "Ich finde es gut. wenn jemand anderes die Entscheidung trifft/wir sie zusammen treffen. 1I
• "Da kann man nichts machen, das ist halt so." • "Dafür übernehme ich aber nicht die Verantwortung."
• "Ich will anderen nicht sagen, was sie tun sollen." • "Jeder soll selbst entscheiden." • "Ich moderiere, aber ich entscheide doch nicht für die."
Worte: Helfen; unterstützen; wir; gemeinsam; abstimmen; Konsens; demokratisch vorgehen; fragen.
Verhaltensweisen: Fragt nach; rückversichernd; überlässt die Entscheidung anderen; erfragt Entscheidungen; ordnet sich unter; passt sich an Entscheidungen an; hilfsbereit; unterstützend; lässt andere es so machen, wie sie selbst es für richtig halten, auch wenn er anderer Meinung ist; möchte anderen nichts vorschreiben; moderiert.
Die Motivation der eigenen Mitarbeiter einschätzen
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Macht - grUne Ausprägung Aussagen: • "Ich will das noch schnell fertig machen." • "Also, wir machen das so .. ./das wird so gemacht."
• IILass mich das machen/' • "Am Ende des Tages zählt nur die Leistung/das Ergebnis." • "Ich will etwas erreichen." • "Nur die Harten kommen in den Garten." • "Mich regt es auf, wenn keiner mitzieht." • "Ich werde wütend, wenn ich alles x-mal erklären muss." • "Menschen ohne Biss/ohne Power kann ich nicht ernst nehmen." •
IIWir müssen mal zu Potte kommen."'I,Mach mal voran."
• "Ich will selbst die Fäden in der Hand/die Kontrolle haben." • "Nur wenn ich es selbst mache, entspricht es meinem Anspruch" • "Je mehr ich am Tag wegschaffe, desto besser geht es mir am Abend." • "Ich will selbst entscheiden, wie ich was mache." • "Andere sollen einfach das tun, was ich ihnen sage." • "Das ist doch noch gar nichts."
Worte: Machen; tun; entscheiden; schaffen; leisten; anstrengen; etwas erreichen; Arbeit; Verantwortung; Erfolg; Ergebnisse; Kontrolle; sich beeilen; fleißig sein; sich quälen; Leistung. Verhaltensweisen: Arbeitet viel; möchte die Dinge selbst machen; kniet sich in seine Aufgaben rein; entscheidet schnell (auch ohne Rücksprache); sagt anderen, was getan werden soll; kontrolliert andere; übernimmt in Situationen;Diskussionen die Führung; will etwas schaffen; will keine Zeit verlieren; kann sich schwer unterordnen; übernimmt Verantwortung; möchte, dass andere es so machen, wie er es sagt; reagiert schnell ungeduldig.
Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
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Teamorfentterung - rote Ausprägung Aussagen: •
"Ich kriege das allein hin, kein Problem."
•
"Lass mal, brauchst mir nicht zu helfen."
•
"Beruf ist Beruf - Privat ist Privat."
•
"Ich rede nicht so gern über PrivateslPersönliches."
•
"Das geht keinen etwas an."
• "Das muss nicht jeder wissen." •
"Nur wirklich engen Freunden erzähl ich Sachen von mir."
•
"Das ist meine Sache."
•
"Ich will auf niemanden angewiesen sein."
•
"Ich will das frei entscheiden können."
•
"Ich hasse es, wenn Leute mir auf die Pelle rücken."
• "Ich leihe mir ungern was von anderen." •
"Misch Dich nicht in meine Planung/Sachen ein."
•
"Es ist unangenehm, wenn einem die Leute so auf die Pelle rücken."
Worte: Allein; unabhängig; Nein danke; geht schon; Distanz; privat; Selbstständigkeit; Selbsterfüllung; frei sein; ich alleine; kann ich schon alleine.
Verhaltensweisen: Kühl; distanziertes Auftreten; unpersönlich; allein, für sich arbeiten; verschlossene Mimik; sachlich; wenig Blickkontakt; unterstützt andere, fragt andere aber nicht um Hi1fe/Unterstützung (oder erst zu spät); lehnt Hilfe ab; versucht, Aufgaben erst einmal alleine zu erledigen; zieht sich bei Problemen zurück; redet erst darüber, wenn sie bewältigt sind.
Die Motivation der eigenen Mitarbeiter einschätzen
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Teamorientlerung- grUne Ausprägung Aussagen: • Generell: Viele Fragen nach persönlichen Vorlieben, Meinungen, Gefühlen, um den Anderen kennenzulernen • "Lass uns mal zusammen nachdenken." • "Wollen wir zusammen fahren/kochen/sitzen ... ?" • "Eine gute Stimmung im Team ist mir das Wichtigste." • "Kannst Du mir kurz helfen/mir das abnehmen?" • "Würdest Du mir etwas mitbringen/kann ich Dir etwas mitbringen?" • "Ich hab kein Problem damit, wenn Menschen viel von mir wissen." • "Im Team/zusammen mach!'s viel mehr Spaß/geh!'s besser." •
"Warum ist denn der/die so distanziert? Da ist doch nichts dabeil"
• "Oh, bin ich Dir zu nahe getreten?" • "Was ich schon immer mal von dir wissen wollte: ... " • "Jetzt haben wir so viel gearbeitet und uns gar nicht privat ausgetauschl."
Worte: Wir; zusammen; gemeinsam; Vertrauen; jemanden mögen; für mich persönlich; Team; Nähe; Synergie; Gruppendynamik; reden; Gruppe; Zugehörigkeit. Verhaltensweisen: Sucht die Nähe zu anderen Menschen; herzliche Mimik; zeigt sich interessiert und offen für andere; will Teil eines Ganzen sein; schließt sich Gruppen an; redet über sich/seine Vorlieben; gibt Dinge von sich preis; vertraut schnell; arbeitet gerne und intensiv mit anderen zusammen; sucht bei Problemen sofort Unterstützung bei anderen; blüht in der Gruppe auf.
Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
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Neugier - rote Ausprägung Aussagen: •
"Was soll ich jetzt mit der Information anfangen?"
•
"Wie geht das?"
•
"Was muss ich da machen?"
•
"Wenn ich weiß, wo es steht, dann muss ich es nicht im Kopf haben."
•
"Das reicht jetzt, mehr Mate1'ial/Informationen brauchen wir nicht."
•
"Man kann sich auch zu Tode analysieren."
•
"Ich hab das überflogen, nix Brauchbares dabei."
•
"Wenn ich was Neues gelemt hab, möchte ich das am liebsten erst 20-mal anwenden, bevor ich das Nächste neu lernen muss."
•
"Bitte verschone mich mit Details."
•
"Ich ziehe Pragmatismus Innovation vor."
•
"Routineaufgaben mag ich gern."
•
"Ich will machen und handeln, nicht ewig drüber nachdenken."
•
"Da kriegt man ja einen Knoten im Hirn."
•
"Mir tut schon der Kopf weh von den vielen Informationen."
•
"Warum muss ich das wissen, ich kann es doch gar nicht gebrauchen."
Worte: Anwenden; pragmatisch; "was" statt "warum"; umsetzen; handeln; Routine; anpacken; Zusammenfassung; das Wichtigste; abarbeiten; greifbar machen; handhaben; praktikabel; fertigstelIen.
Verhaltensweisen: Will schnell ans Handeln/Umsetzen kommen; nicht strategisch planen; packt an; will machen; informiert sich oberflächlich; liest nur dann etwas tiefgehender nach, wenn er es wirklich braucht; wirkt angestrengt, wenn er sich längere Zeit intellektuell auseinandersetzen muss; zeigt keinen Anspruch, Wissenslücken ZU fii11en; übernimmt geme Routineaufgaben; erledigt Denkaufgaben eher lustlos; geht bekannte Wege; sucht wenig nach innovativen, neuen Wegen.
Die Motivation der eigenen Mitarbeiter einschätzen
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Neugier - grUne Ausprägung Aussagen: • "Oh, das schau ich mir mal genauer an" • "Weißt Du mehr dazu?", "Wo finde ich weiterführende Informationen?" • "Ich fühle mich so leer im Hirn." • "Die Aufgabe habe ich doch schon zweimal gemacht, das ist langweilig." • "Wissen finde ich tolL ich lese total viel, fast alles." • "Hast du schon mal darüber nachgedacht, warum ... ?" (philosophische/wissenschaftliche Fragen) •
"Ich habe bei meiner Suche/meinen Überlegungen auch noch Folgendes entdeckt, was wichtig/interessant sein könnte."
• "Wenn, dann will ich Sachen machen, bei denen ich etwas lerne." • "Was ist das Innovative an dieser Information/diesem Produkt etc.7" • "Ich könnte den ganzen Tag Dokumentationen gucken." • "Ich habe im letzten Jahr ... gelernt/gemacht, weil es mir Spaß macht/weil ich das schon immer mal wissen wollte. 11
• "Ich will abwechslungsreiche und anspruchsvolle Aufgaben." • "Banalitäten, die jeder weiß, gebe ich nicht weiter, das ist mir peinlich."
Worte: Interessant; anregend; wissenschaftlich erwiesen; komplex; wissen; lernen; auseinandersetzen; neugierig; vertiefen; auf den Grund gehen; durchdringen; begreifen; verstehen; neue Wege; Vielfalt; Überraschung; Abwechslung; Anspruch; was Neues; hinterfragen; erfassen; durchdenken.
Verhaltensweisen: Sucht Hintergrundinformationen in Büchem/!nternet; liest viel (Anspruchsvolles); zeigt Interesse an vielen Themen; kennt sich in vielen Themenfeldern aus/kann etwas dazu erzählen; verzettelt sich bei Themenrecherchen; kommt vom Hölzchen auf's Stöckchen; setzt sich intellektuell auseinander; will neue Aufgaben; Abwechslung.
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Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
Anerkennung - rote Ausprägung Aussagen: • "Mein Vorgehen war richtig. Davon bin ich überzeugt." • "Mir doch egal, was die davon halten. Ich finde das gut so." • "Mich muss nicht jeder mögen. Ich mag ja auch nicht jeden!" • "Lob ist ganz nett, aber ich fin
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"Designerware ist ihr Geld auch wert, die Schnitte, die Stoffe ... "
• "Am meisten hat mich motiviert, dass mein Name am Ende der Präsentation genannt wurde." • "An welcher Hochschule hat der denn seinen Abschluss gemacht?" •
"Ich finde es schlinun, dass unsere Dienstwagen Japaner sind! Wie wirkt das denn beim Kunden?"
•
"Wir spielen am liebsten Golf, herrlich entspannend."
•
"Mir ist es wichtig, etwas darzustellen."
Worte: Zeigen; darstellen; repräsentieren; Ansehen; Ruf; Geld; Status; exklusiv; Respekt; ich; beeindruckend; Image; bekannt sein; wichtige Leute; hervorheben; betonen.
Verhaltensweisen: Steht gern im Mittelpunkt; möchte etwas Besonderes sein, z. B. durch Verhalten, Attitüden, Statussymbole; ihm sind die anerkennenden/neidischen Blicke anderer wichtig; zeigt gern, was er hat oder ist; legt Wert auf Sonderbehandlung, etwas zu bekommen, was nicht jeder hat; spricht viel von sich.
Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
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Rache/Kampf - rote Ausprägung Aussagen: • "Ach, lass uns nicht streiten."
• "Na gut dann machen wir es 501 wie du möchtest." l
• "Der Klügere gibt nach." • "Ich hasse Streit. Hoffentlich gibt es nicht wieder Streit." • "Nun vertragt Euch doch wieder." • "Ich habe ihm das schon längst verziehen." • "Frieden und Harmonie sind mir sehr wichtig." • "Dabei sein ist alles. Man kann nicht immer gewinnen." • "Kinder, kein Streit bitte." • "Vergeben und vergessen." • "Man muss auf den anderen zugehen und Angebote machen, dann wird es schon." • "Ich muss mich auf keinen Fall immer durchsetzen." • "Wenn jeder jedem ein Stück entgegenkommt, kann man Auseinandersetzungen von vornherein vermeiden." • "Warum soll ich streiten, das lohnt doch nicht."
Worte: Harmonie; Frieden; gut auskommen; verzeihen/vergeben; sich aussprechen; kein Streit; Ausgleich; Nettigkeit; entgegenkommen; nachgeben; Kompromiss; friedlich.
Verhaltensweisen: Ist freundlich/zuvorkommend/kooperativ; gibt nach, um Streit zu vermeiden; geht Streit aus dem Weg/vermeidet Auseinandersetzungen; möchte schlichten/moderieren; sorgt für Harmonie; ist von Streitigkeiten emotional mitgenommen; gibt schnell nach; lenkt ein; stellt keine Forderungen.
Die Motivation der eigenen Mitarbeiter einschätzen
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Rache/Kampf - grUne Ausprägung Aussagen: •
"Das sehe ich aber anders: ... "
•
"Wie kommen Sie darauf, dass ... "
•
"Das werden wir ja noch sehen."
•
"Das lasse ich nicht auf mir sitzen."
•
"Die werden mich noch kennenlernen, wart's ab."
•
"Mal sehen, wer hier der Stärkere ist/das letzte Wort hat."
•
"Also, ich gebe nicht nach."
•
,,2. Gewinner ist 1. Verlierer."
•
"Verlieren kommt nicht in Frage."
•
"Wenn ich doch mal verloren habe, warte ich auf die nächste Gelegenheit und dann
" •
"Das ist total ungerecht mir gegenüber, das lasse ich mir nicht gefallen."
•
"Man muss sich durchsetzen können, das ist ein ganz wesentlicher Charakterzug."
Worte: Kämpfen; gewinnen; ausfechten; ausdiskutieren; nein; klären; herausfordern; prüfen; ungerecht; was unternehmen; ja, aber ... ; nicht mit mir; durchsetzen; heimzahlen; Angriff; ungerecht mir gegenüber; sich wehren. Verhaltensweisen: Grundsätzlich wird alles diskutiert und infrage gestellt; ein Nein wird nicht einfach akzeptiert; kann aufbrausend werden; stellt sein Gegenüber provokant auf die Probe; diskutiert gern und lang; kann nicht verlieren; will sich durchsetzen; bleibt in Konflikten standhaft; provoziert/stichelt/macht ironische Bemerkungen/teilt aus; Streit um des Streites willen; Verhandelt gerne (z. B. bei jedem Einkauf).
Kennen Sie Ihre Mitarbeiter - was motiviert sie wirklich?
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Emotionale Ruhe - rote Ausprägung Aussagen: • "Ach, keine Panik. Wird schon werden. Cool bleiben." • "Mal sehen, wie wir das Vorstandsprojekt nächstes Jahr stemmen. Mach ich mir erst Gedanken drum, wenn's soweit ist/' • "Immer das Gleiche - wie langweilig." • "Endlich mal ein bisschen Action." • "Keine Veränderung bedeutet Stillstand."
• "Nur wer wagt, gewinnt." •
"No risk, no fun."
• "Stress? Höchstens wenn mir langweilig wird." • "Der kleine Kratzer, war doch nix." (auch bei größeren Verletzungen) • "Alles wird gut, mach Dir keine Sorgen." • "Was soll denn schon passieren?" • "Da darf man sich nicht so anstellen, ich verstehe das Theater wirklich nicht!" •
"Der macht sich gleich vor Angst in die Hose, gib!'s ja nicht!"
Worte: Mut; Risiko; verändern; etwas wagen; sicher; ruhig; keine Panik; Schicksal; Power; Action; Langeweile; unter Strom; Abenteuer; mutig sein; sich etwas trauen. Worte für ängstliche Personen: Feigling; Angsthase; Weichei etc. Verhaltensweisen: Stressrobust; sucht die AbwechslunglVeränderunglHerausforderung; bleibt cooVruhig in riskantenlherausfordernden Situationen; geht gern ein Risiko ein (finanziell, schnelles Fahren, Sport, Abenteuerurlaub); macht sich keine Sorgen/hat viel Urvertrauen; überfrachtet sein Leben; gestaltet vieles "Spitz auf Knopf", z. B. zu spät losfahren; missachtet/ignoriert Krankheitssignale; kümmert sich wenig um Vorsorge!Absicherung für sich oder Versicherung.
Die Motivation der eigenen Mitarbeiter einschätzen
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Emotionale Ruhe - grUne Ausprägung Aussagen: •
"Aber hast Du bedacht ... /Wir müssen daran denken ... "
•
"Wie genau wird das denn dann ausgehen?"
•
IIIch mach' mir Sorgen um ... "
•
I' Wie sollen wir das nur schaffen?"
•
"Das Ziehen im Rücken - das ist doch nicht normal!"
•
"Wir sollten da vorsichtig sein."
•
I,Man weiß ja nie ... "
•
I,Die ganze Situation stresst mich momentan sehr."
•
"Hoffentlich geht alles gut."
•
"Wie, du hast keine Zusatzversicherung? Und was machst du, wenn ... ?"
•
"Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste."
•
I'So, wie es ist, ist es gut, wir müssen nichts ändern. 11
•
"Wir sollten absichern, dass ... "
•
"Eigentlich ist das kein Problem. Es ist aber schon mal passiert, dass ... "
•
"Das Problem/die Gefahr dabei ist ... "
Worte: Vorsichti vorausschauendi planen; absicherni prüfen; abwägen; zu unsicheri zu risikoreich; Sorgen; Angst; Unsicherheit; Zukunft; Stress; Entspannung; Sicherheit; beständig; bewährt; Konsequenzen; Folgen/Problem; Gefahr; Risiko; nicht vorhersehbar.
Verhaltensweisen: Macht sich viele Gedanken um Risiken, Konsequenzen/Folgen von Ereignissen/Entscheidungen; grübelt; malt z. T. den Teufel an die Wand; äußert Sorgen! Bedenken; empfindet Veränderungen als Stress; möchte keine Risiken eingehen; versucht, die Zukunft detailliert vorherzusehen und zu planen, um Überraschungen zu vermeiden; hat eine hohe Sensibilität für Krankheitssignale; hat ein umfangreiches Vorsorgepaket.
5
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
5.1
Die drei grundsätzlichen Wege der Führung
Ziel allen Führungshandelns ist, gemeinsam mit Thren Mitarbeitern ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Thre Führungsarbeit soll letztendlich dazu beitragen, dass sich Thr Team von dem heutigen Punld A über das Erbringen von Leistung ZU einem Punld B bewegt. Hierfür muss es Omen als Führungskraft gelingen, Thre Mitarbeiter dazu zu motivieren, die notwendige und gewünschte Leistung und Arbeit zu erbringen. Um zu erreichen, dass Thre Mitarbeiter in diesem Sinne hande1n, beschreiben Krumbach-Mollenhauer und Lehment (2007) drei grundsätzliche Wege der Führung (vgl. Abbildung 5.1).
Abbildung 5.1
Die 3 Wege der Führung nach Krumbach·Mollenhauer Ii Lehment
Ansprache der intrinsischen Motivation 1. Motivation
Der Deal, arbeiten über extrinsische Motivation Bewegen über die gemeinsame Beziehung und gemeinsame Erfolge
2. Appell an Vereinbarungen, Einsicht und Pflicht 3. Nutzen der Positionsmachtlarbeiten mit Sanktionen
Der Königsweg der Führung ist die Motivation der Mitarbeiter. Bei der Motivation können Sie verschiedene Ansätze bzw. Möglichkeiten voneinander unterscheiden: •
Der erste Ansatz bezieht sich auf das Ansprechen der intrinsischen Motivation Threr Mitarbeiter, d. h., es gelingt Omen, Thre Mitarbeiter so zu führen, dass sie ihre intrinsischen Motive und Bedürfnisse befriedigen können.
U. Rohrschneider, Macht, Neugier, Team ...,DOI 10.1007/978-3-8349-6738-1_,5 , © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
116
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
•
Der zweite Weg der Motivation ist das Arbeiten über die extrinsische Motivation. Ich könnte auch sagen, Sie machen einen "Deal" mit Thren Mitarbeitern. Sie bewegen Thre Mitarbeiter dazu. die gewünschte Leistung zu erbringen. indem Sie ihnen etwas für sie Nützliches oder eine VergönstigunglBelohnung anbieten. Eine Vergiinstigung kann in Form von Geld, Zeit oder anderen Extras, die für den Mitarbeiter einen Nutzen haben, bestehen. Erlebt der Mitarbeiter den für die extrinsische Belohnung zu leistenden Aufwand als passend, wird er die Leistung erbringen. Es handelt sich in diesem Fall um eine simple Kosten-Nutzen-Rechnung. Das Problem ist, wie bereits in Kapitel 4 beschrieben, dass Sie für die nächste erwünschte Leistung wieder einen extrinsischen Motivationsreiz setzen müssen, damit der Mitarbeiter bereit ist, die Leistung zu erbringen. Sie erfolgt ja nicht intrinsisch, aus einem eigenen Drang und Interesse heraus, sondern lediglich aufgrund eines extrinsischen Anreizes. Dabei ist natiirlich zu beachten, wie in Kapitel 4 beschrieben, dass ein externer Anreiz als Mittel zum Zweck für die Befriedigung der intrinsischen Motivation erlebt werden kann. Es lohnt sich also durchaus als Führungskraft zu überlegen. ob Sie mit einem extrinsischen Reiz nicht auch gezielt die intrinsische Motivation Ihrer Mitarbeiter ansprechen können.
•
Der dritte Weg der Motivation ergibt sich aus der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Der Mitarbeiter bringt die gewünschte Leistung, z. B. weil er seine Führungskraft sehr schätzt, oder aufgrund der guten Beziehung zueinander oder der bisher erreichten gemeinsamen Erfolge, auch wenn er damit keine intrinsischen Motive erfüllt.
Dass Motivation insgesamt als Königsweg der Mitarbeiterführung beschrieben wird, ist gerechtfertigt. Gelingt es Ihnen, auf diesem positiven Weg die gewünschte Leistung von Thren Mitarbeitern zu bekommen, werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Team mit wenig Konflikten, Reibungspunkten und einer positiven Grundstimmung aufbauen können. Allerdings wird auch jede Führungskraft schon erlebt haben, dass es trotz aller Versuche, Mitarbeiter über deren Motivation zu bewegen, nicht immer erfolgreich ist. Es gibt durchaus Aufgaben, für die Motivation allein nicht ausreichend ist, z. B. bei Tätigkeiten, die niemand gerne übernimmt. Hier müssen Sie auf andere Wege der Führung zurückgreifen. Der zweite Weg der Führung beschreibt die Erinnerung an gemeinsame Vereinbarungen, an bestehende Pflichten und Regeln. Die oberste Vereinbarung ist der Arbeitsvertrag. Der Arbeitsvertrag gibt, sehr einfach formuliert, wieder, dass der Mitarbeiter für seine Leistung im Gegenzug Geld, ein Gehalt vom Unternehmen erhält. Aber es gibt natörlich auch andere Regeln, Pflichten und Absprachen, von denen wir erwarten, dass sie von Mitarbeitern eingehalten werden. Bei bestimmten Themen, wie z. B. einer gewissen Ordnung in der gemeinsamen Teeküche, geht es nicht um die Frage, ob dies den Mitarbeitern aufgrund des eigenen Ordnungsmotivs Freude macht oder nicht, sondern darum, dass für das reibungslose Funktionieren einer Gemeinschaft jeder auch ein Stöck weit von seinen persönlichen Bedürfnissen abrücken muss. D. h., auch wenn wir einen Mitarbeiter haben, dem es aufgrund seiner roten Ordnungsmotivation nicht wichtig ist, ob das Geschirr in der gemeinsamen Teeküche immer gleich in die Spülmaschine geräumt wird oder ob es auch mal zwei Tage herumsteht, müssen wir auch diesen Mitarbeiter dazu bringen, sich an eine
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
117
gemeinsame Ordnungsregel zu halten. Hierfür treffen wir Vereinbarungen und stellen Regeln auf in der Erwartung, dass sie eingehalten werden. Frage ich im Seminar: "Wie sieht es denn in ihrer Teeküche aus?", finden sich in der Regel einige Teilnehmer, die bei dieser Frage deutlich schmunzeln und ausführen, dass es ein fortwährendes Problem ist, Ordnung in der gemeinsamen Teeküche zu halten. Was Führungskräfte in einem solchen Fall häufig machen, ist, Regeln festzulegen und diese zur Erinnerung auf Zettel zu schreiben, die sie aufhängen. Ähnliche Zettel finden Sie auf Toiletten, z. B. in Form einer Anleitung zur Benutzung der Toilettenbürste. Trotz der ausgesprochenen und zum Teil schriftlich festgehaltenen Regeln und Vereinbarungen werden Sie feststellen, dass Sie Kollegen und Mitarbeiter an diese Regeln immer wieder erinnern müssen. Hier geht es, wie beschrieben, nicht um Motivation oder ein Verhalten, das aus sich selbst heraus für die Mitarbeiter nützlich ist, sondern darum, Dinge zu tun, die für die Gemeinschaft oder die Leistungserbringung im Unternehmen unerlässlich sind. Leider erleben wir es in der Unternehmensrealität immer wieder, dass wir auch mit Regeln oder einem Appell an das Pflichtbewusstsein der Mitarbeiter nicht bei jedem Mitarbeiter das gewiinschte Verhalten und die gewiinschte Leistung bewirken können. In diesem Fall greifen wir dann zum dritten Weg der Führung, der dadurch gekennzeichnet ist, dass wir unsere Positionsmacht nutzen und mit Sanktionen arbeiten. Wie in Kapitel 2 angeführt, sind bestimmte Mitarbeiter aufgrund ihrer Geschichte und Erlebnisse in Unternehmen nicht mehr bereit, die erwartete Leistung für das Unternehmen zu erbringen (Aufwandsreduktion/innere Kündigung). Sie kündigen zwar auch nicht, weil sie ja Geld für ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, aber sie "sitzen ihre Zeit mehr ab", anstalt sie produktiv zu nutzen. Selbstverständlich können Sie bei diesen Mitarbeitern über klärende Gespräche, neue Vereinbarungen und gezielte Maßnahmen versuchen, sie wieder zu motivieren, aber häufig sitzen die Demotivation und innere Kündigung der Mitarbeiter so tief, dass Sie das als Führungskraft nicht mehr "heilen" können. An dieser Stelle bleibt Thnen nichts anderes übrig, als ihre Autorität zu nutzen und den Mitarbeiter über Druck und Zwang zur Leistungserbringung zu bewegen. Im Grunde genommen arbeiten Sie in diesen Fällen mit negativer extrinsischer Motivation und hoffen, dass der Mitarbeiter, um negative Konsequenzen für sich ZU vermeiden, doch die gewiinschte Leistung erbringt.
5.2
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
ihr Führungshandeln sollte natiirlich darauf abzielen, dass Mitarbeiter gar nicht erst an den Punkt einer inneren Kündigung kommen und ihre Leistungsbereitschaft für das Unternehmen reduzieren. Die bisherigen Ausfiihrungen haben deutlich gemacht, dass der zentrale Handlungspunkt hier die intrinsische Motivation der Mitarbeiter ist. Sie werden in ihrem Führungsalltag erlebt haben, dass Sie nicht alle Mitarbeiter auf die gleiche Art und Weise fiihren können. Während der eine Mitarbeiter wunderbar damit klarkommt, dass Sie i1un lediglich das grobe Ziel für eine Aufgabe beschreiben und ihn den Rest alleine machen lassen, kommt der zweite Mitarbeiter mit derselben Anweisung vielleicht
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
118
überhaupt nicht zurecht. Bei der groben Zielbeschreibung könnte es passieren, dass dieser Mitarbeiter erst einmal einen Tag grübelnd, aber hilflos an seinem Schreibtisch verbringt und dann zu Thnen kommt, um die Aufgaben mit ihrer Hilfe weiter zu konkretisieren. da er mit dem gewährten Gestaltungsspielraum bei der Bearbeitung der Aufgabe nicht umgehen kann. Er braucht eine deutlich detaiIliertere Anleitung und mehr Informationen. Die 16 Lebensmotive mit ihren unterschiedlichen qualitativen und quantitativen Ausprägungsmöglichkeiten machen deutlich, dass ein einziges, gleiches Verhalten gegenüber allen Mitarbeitern gar nicht zum Erfolg führen kann. Was für den einen zu echter Begeisterung führt, bewegt den anderen vielleicht gerade noch zu einem gequälten Lächeln. D. h., der Weg zum Erfolg für Sie als Führungskraft liegt in der individuellen Vielfalt und Breite nrres Führungshandelns und den von Thnen abgeleiteten Maßnalunen. Warum dies so wichtig ist, macht die Normalver1eilung in Abbildung 5.2 deutlich.
Abbildung 5.2
Verteilung der quantitativen Motivausprägungen
0,13%·
0,13%*
-21J. -1,7.6
-0,86
• Prozentualer Anteil der Menschen, die eine solche Motivausprägung für sich beschreiben t SD = Standardabweichung vom Mittelwert (Nonmal Null)
• numerischer Wert im Reiss Profile
Wie schon in Kapitel 2 beschrieben, unterscheiden sich Menschen hinsichtlich der qualitativen und der quantitativen Motivausprägungen. Wie viele Menschen ein Motiv für sich als neutral, rot oder grün ausgeprägt beschreiben, spiegelt die Normalver1eilungskurve. Entsprechend ihrer Motivausprägung reagieren ihre Mitarbeiter unterschiedlich - zustimmend/motiviert oder ablehnend/demotiviert auf nrr Führungsverhalten. Aus der Normalverteilung in obiger Abbildung lässt sich ablesen. dass die Mehrheit von etwa 70 Prozent der Mitarbeiter neutral gegenüber einem bestimmten Führungshandeln oder einer Maßnalune eingestellt ist. Wir können auch sagen, es ist für sie okay, nicht besonders mo-
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
119
tivierend, aber auch nicht besonders demotivierend. Etwa 15 Prozent der Mitarbeiter werden mit dieser gleichen Art der Führung kaum etwas oder gar nichts anfangen können. Sie erleben das Führungshandeln als negativ für sich. Wiederum ca. 15 Prozent der Mitarbeiter werden dagegen sehr positiv auf das gleiche Führungshandeln reagieren. Für sie schafft es motivierende Bedingungen, es spricht ihre intrinsische Motivation an. Welcher Mitarbeiter zu den 15 "negativ", den 70 "neutral" oder den 15 "positiv" reagierenden Prozent gehört, das ist je nach gezeigtem Führungsverhalten und intrinsischer Motivation des Mitarbeiters völlig unterschiedlich. Daraus lässt sich die inunense Wichtigkeit eines breiten Verhaltensspektrums in der Führung ableiten: Wenn ich als Führungskraft alle Mitarbeiter bestmöglich führen will, muss ich mein Führungsverhalten individuell auf die unterschiedlichen Mitarbeiter abstimmen. Nehmen wir hierfür einige Beispiele: In vielen Unternehmen sind Zielvereinbarungen als Führungsinstrument etabliert. Ganz unabhängig von der betrieblichen Realität der Gestaltung der Zielvereinbarungssysteme, verstehe ich Zielvereinbarungen so, dass dem Mitarbeiter eine herausfordernde Aufgabe zur selbstständigen Bearbeitung übertragen wird. Das "Wie" der Zielerreichung liegt in der Hand des Mitarbeiters. Schauen wir uns die unterschiedlichen Motivationen an. dann sind Zielvereinbarungssysteme für Mitarbeiter mit einem grünen Machtmotiv ein gutes Führungsinstrument. Mitarbeiter mit einem grünen Machtmotiv bevorzugen es, wenn sie viel Handlungsspielraum und Entscheidungsfreiheit haben. Sie kommen mit einer offenen Situation, der "Nur-Zielbeschreibung" ohne Angabe, wie das Ziel erreicht werden solL gut klar, sind motiviert, seIbst zu gestalten. Als Führungskraft können Sie diese Mitarbeiter über Zielvereinbarungen motivieren. Ganz anders sieht es bei Mitarbeitern mit einem roten Machtmotiv aus. Hier laufen Sie als Führungskraft bei Zielvereinbarungen schnell Gefahr, die Mitarbeiter zu überfordern. Die mit der Zielvereinbarung verbundene Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit wollen diese Mitarbeiter nicht vollständig ausfüllen. Sie fühlen sich überfordert, alleingelassen und demotiviert. Nehmen wir noch ein anderes Beispiel: Ein Unternehmen spricht zum Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter ein Überstundenverbot aus. Hinter diesem Überstundenverbot steht eigentlich eine positive und m()tivierende Absicht den Mitarbeitern gegenüber. Für einen Mitarbeiter mit grünem Machtmotiv, aber durchaus auch für Mitarbeiter mit grünem Rache/Kampf-Motiv oder rotem Motiv Emotionale Ruhe, kann ein solches Überstundenverbot demotivierend sein. Diese Mitarbeiter wollen etwas leisten, wollen sich einsetzen, wollen sich durchaus belasten und dürfen es nicht. Hierfür werden sie wenig Verständnis haben. Vielleicht ist es Ihnen als Führungskraft, wenn Sie eine grüne Teamorientierung und/oder Beziehungsmotivation haben, wichtig. dass Thre Mitarbeiter einen sehr guten Kontakt untereinander haben, sich viel austauschen und durchaus auch eine private Verbundenheit aufbauen. Dafür ist es Ihnen wichtig. in regelmäßigen Abständen, z. B. alle vier Wochen, auch einmal abends privat etwas mit Thren Mitarbeitern zu unternehmen. Mit diesen Aktivitäten werden Sie die grün beziehungsmotivierten und die grün teamorientierten Mitarbeiter tatsächlich positiv ansprechen und motivieren können. Sie finden den Austausch und die gemeinsamen Aktivitäten schön und nehmen gerne daran teil. Mitarbeiter
120
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
mit einer roten Beziehungsmotivation oder einer roten Teamorientierung werden jedoch häufig Gründe vorbringen, warum sie an diesen Treffen nicht teilnehmen können, oder sie werden es nur sehr ungern tun. Sie sehen eigentlich nicht ein, warum sie, nachdem sie schon den ganzen Tag mit den Kollegen verbracht haben und viel mit ihnen geredet haben, auch noch ihren Feierabend und ihre Freizeit mit den Kollegen verbringen sollen. Für diese Mitarbeiter sind die von ihnen gut gemeinten privaten Aktivitäten belastend. Neben Zielvereinbarungssystemen verfügen viele Unternehmen über Beurteilungssysterne. Grundsätzlich finde ich auch in der z. B. jährlich durchgefiihrten Mitarbeiterbeurteilung ein wirkungsvolles Führungsinstrument, um dem Mitarbeiter Feedback zu seiner aktuellen Leistung zu geben. Für einen Mitarbeiter mit rotem Anerkennungsmotiv ist die jährliche Beurteilung völlig unproblematisch und er wird auch kritisches Feedback annehmen und als einen für ihn hilfreichen und nützlichen Hinweis sowie als Möglichkeit zur Leistungsverbesserung sehen. Ganz anders wird es einem Mitarbeiter mit grünem Anerkennungsmotiv gehen. Sie können davon ausgehen, dass ein Mitarbeiter mit grünem Anerkennungsmotiv sich schon Tage vor dem Beurtei1ungsgespräch Sorgen macht, ob Sie als Führungskraft seine Leistung positiv einschätzen und befürchtet, dass er eine schlechte Beurteilung von Ihnen bekommt. Hat der Mitarbeiter dann auch noch ein grünes Motiv Emotionale Ruhe, wird er sich zusätzliche Sorgen darüber machen, was passiert, wenn ihre Leistungseinschätzung für ihn nicht den Erwartungen entspricht. Dies kann sogar so weit gehen, dass der Mitarbeiter sich Sorgen darüber macht, ob ilun gekündigt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Sorgen realistisch begründet sind. D. h., auch in diesem Fall kann ein vom Grundsatz her sehr positives Führungsinstrument zu Demotivation auf Seiten der Mitarbeiter führen. Dies soll natürlich nicht heißen, dass Sie Zielvereinbarungssysteme und Beurteilungsverfahren abschaffen sollten, sondern vielmehr, dass Sie sich darüber Gedanken machen, wie Sie z. B. Zielvereinbarungen mit einzelnen Mitarbeitern gestalten oder auch Beurteilungsgespräche führen, um für alle Mitarbeiter einen positiven Nutzen damit zu verbinden. Zentral für den Führungserfolg ist demnach die Frage: "Wie führe ich welchen Mitarbeiter mit welcher Motivausprägung?" Mit Führung meine ich in diesem Fall die Gesamtheit meiner Maßnahmen. Führung bedeutet: • Wie viel Unterstützung braucht der Mitarbeiter und in welchen Bereichen, bei welchen Themen braucht er diese? • Wie viel Steuerung und Anleitung oder auch Vorgabe braucht welcher Mitarbeiter in welchen Themen? Wann muss dem aus der intrinsischen Motivation folgenden Verhalten auch entgegengesteuert werden? • Wie viel Ansprache braucht welcher Mitarbeiter? Worüber kann oder sollte ich mit ilun reden? Wie viel sollte ich überhaupt mit ilun reden? (Welche Worte Sie in der Kommunikation mit dem Mitarbeiter nutzen können, finden Sie in Kapitel 4. Dort ist beschrieben, welche Worte Menschen mit einer entsprechenden Motivausprägung selber nutzen.)
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
121
• Wie muss ich die Rahmenbedingungen, z. B. das ArbeitsumfeId, die Zeiteinteilung e!c. gestalten, um wen zu motivieren?
• Welche Aufgaben sind für wen motivierend? Auch an dieser Stelle habe ich wiederum auf Ausführungen zu den Motiven Sparen! Sammeln. Idealismus, Familie, Schönheit, Essen und Körperliche Aktivität verzichtet. Hinweise zu diesen Motiven finden Sie auf unseren Internetseiten im Kundenbereich'.
7
Benutzemame: Führen_miCRP, Kennwort: Leser
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
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Macht - rote Ausprägung Steuerung: •
Diese Mitarbeiter wollen geführt werden. D. h., sie wollen von Thnen Ziel, Richtung und Weg vorgegeben bekommen. Erklären Sie ihnen das"Was", aber auch das "Wie" im Vorgehen. Treffen Sie für den Mitarbeiter, oder mit ihm zusammen, die notwendigen Entscheidungen.
•
Keine finale Gesamtverantwortung übertragen. Der Mitarbeiter fühlt sich mit zu offenen AufgabensteIlungen mit vielen Entscheidungspunkten überfordert.
•
Entscheidungen mit ausreichend Informationen unterfüttern. Für Entscheidungssituationen Zeit, Entscheidungshilfenl-kriterien, z. B. Otecklisten, Handbuch etc. Austausch über verschiedene Optionen und/oder zuverlässige/entscheidungsfreudige Ansprechpartner bieten.
•
Unterstützendes Feedback zur Entlastung von Verantwortung. Ihr Handeln aus einer klaren Hierarchie ist für den Mitarbeiter entlastend.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Beachten Sie die Menschenorientierung in der Ziel- und Aufgabenbeschreibung ("Für wen ... ").
•
Nicht Ergebnisse, sondern die beteiligten Menschen betonen.
•
hnmer für Fragen zur Verfügung stehen und als Ratgeber dienen.
•
Antreiben wird als Druck empfunden. Besser um Unterstützung bitten, denn die bietet der Mitarbeiter gern.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Klare Rahmenbedingungen vorgeben; Ausweitung des Rahmens nach Erfahrung und Willen des Mitarbeiters.
•
Aufgaben übergeben, bei denen deutlich ist, dass sie zur Unterstützung Dritter (Kunden, andere Abteilung, eigene Kollegen) dienen.
• Schrittweises Vorgehen im Arbeitsverlauf ermöglichen und zeitlichen Vorlauf geben.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
123
Macht - grUne Ausprägung Steuerung:
• Verantwortung für Aufgaben!Aufgabenbereiche/Projekte übertragen. • Konkrete und klare Ziele vorgeben; Weg seIber finden lassen; Entscheidungsfreiräume geben. Führen an der "langen Leine". • Bei unerfahrenen Mitarbeitern Entscheidungen und Ergebnisse kontrollieren. • Wenig Kontrolle und Einschränkungen ausüben, nicht "ausbremsen", außer bei fehlender Erfahrung oder wenn sie zu schnell entscheiden. • Dominanz- oder Führungsverhalten gegenüber Kollegen unterbinden. • Klar in der eigenen Führungsrolle positionieren; Feedback bei Kompetenzüberschrei!ung geben; Grenzen/Leitplanken verdeutlichen. Ansprache/Beziehungsgestaltung:
• Anerkennung der Leistung, der Anstrengungsbereitschaft und des Ehrgeizes. • Ziele, Erfolge, Ergebnisse, eigene Verantwortung und Gestaltungsspielraum benennen und betonen. • Fachliche Inhalte diskutieren; "auf den Punkt" kommen; auf Unwichtiges eher verzichten. • Bei Fragen klare Ratschläge geben. Aufgaben/Rahmenbedingungen:
• Wichtigkeit und Wertigkeit der Aufgaben betonen. • Aufgaben mit hohem Grad an Verantwortung, Selbststiindigkeit und Entscheidungsspielräumen übertragen. Vertreterfunktionen, Gesarntverantwortung, z. B. für ein Projekt, Führung, z. B. eines Projekttearns, übertragen. • Für den Mitarbeiter herausfordernde Aufgaben übertragen. • Mitarbeiter miteinbeziehen, die WirkungIFolgen des Projektes/der Aufgabe mit nachvollziehen lassen. • Perspektiven bieten, Karriereplanung ermöglichen.
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Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
Teamorfentterung - rote Ausprägung Steuerung:
• Wunsch nach Selbstbestimmung; eigener Steuerung berücksichtigen; Freiraum für eigene Planung; Gestaltung geben; Rückzug zulassen und Rückzugsräume schaffen; allein arbeiten lassen; Unabhängigkeit ermöglichen. • Einzelzieie und Verantwortung für das eigene Arbeitsergebnis übertragen.
• In Aufgaben des Gesamtteams integrieren, ohne Vertrautheit zu erzwingen. • Beobachten, ob der Mitarbeiter dazu neigt, zu lange alleine zu "probieren", weil er nicht um Hilfe fragen will. Verhalten offen ansprechen und mit Bezug auf die Risiken für die Zielerreichung auf Nutzung der Kompetenzen der Kollegen hinwirken; auf Informationsfluss in alle Richtungen achten. Ansprache/Beziehungsgestaltung:
• Sachlich orientierte Ansprache; klare Kommunikation; ohne "Schnörkel"; direkt zur Sache kommen; kein "kümmerndes" Führungsverhalten. • Auf Fragen nach Gefühlen, nach Persönlichem oder Privatem verzichten (wird als unangenehm und zu nah erlebt); Zugestehen von Distanz (körperlich und persönlich, keine Nähe oktroyieren; sondern selbst steuern lassen). • Selbstständiges/eigenständiges Handeln betonen, "Du/Sie" statt"wir". Aufgaben/Rahmenbedingungen:
• Abgegrenzte Teilaufgaben für das Tearnziel bearbeiten lassen. • Vermeidung von unaufgeIorderter Hilfe oder Einmischung in die Aufgaben. • Aufgaben mit eigener, von anderen unabhängiger Ergebnisverantwortung; Aufgaben ohne viele Schnittstellen bieten. • Aufgaben mit Freiraum, das "eigene Ding machen dürfen", Wahlfreiheit für den eigenen Weg; "Herr" über den eigenen Terminkalender sein lassen. • Personenunabhängigen Informationszugang ermöglichen.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
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Teamorientlerung- grUne Ausprägung Steuerung: •
Eng zusammenarbeiten; Rücksprachen; regelmäßige Statusmeetings.
• Gemeinsame Entscheidungen, Beschlüsse und Abstimmungen ermöglichen. • Gemeinsam Ziele vereinbaren; Teamziele. • Bedeutung und Einbindung im Unternehmen verdeutlichen ("wir"). • Gegenseitige Unterstützung/HiIfe ermöglichen. • Austauschbedürfnis im Blick behalten und ggf. wieder auf die Aufgabe fokussieren.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Eine persönliche Beziehung aufbauen; Interesse am Mitarbeiter als Person zeigen; Betonung von "wir" und "gemeinsam".
• Herausstellen, welche Bedeutung ein bestimmtes Handeln für den Teamerfolg hat/das "Wir"-Gefühl ansprechen. • Honorierung der Teamerfolge und -leistung. • Raum für Austausch!Diskussion/Rücksprache mit anderen geben. • Teamaktivitäten anstoßen/organisieren und selbst teilnehmen -+ gemeinsames Erleben ermöglichen.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: • Zugehörigkeit und Kontakt zu einem Team sollten gewährleistet sein, dabei muss nicht zwingend jede Aufgabe im Team bearbeitet werden. Es zählen der Teamkontext und das Zusammengehörigkeitsgefühl. • Aufgaben übertragen, die aktive Kontaktpflege und Networking erfordern. • Zusammenarbeit mit Kollegen ermöglichen; gemeinsame Aufteilung der Aufgaben ermöglichen. • Teamunterstützende Tätigkeiten!" Teamsprecher-Funktion" übertragen.
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
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Neugier - rote Ausprägung Steuerung: • Klarer Auftrag; klare Terminierung; wenig inhaltliche Diskussion. • Vermittlung des Sinnes und Zwecks einer Aufgabe ("Wozu ...")/pragrnatischer Nutzen. • Komplexität, Informationsvielfalt und Menge auf das Notwendige begrenzen. • Bei deutlicher Neigung zu schnellen, handlungsorientierten Entscheidungen beobachten, ob die Aufgabenbearbeitung die erforderliche inhaltliche Qualität und Tiefe hat.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Um Rat fragen, wenn es um die operative Umsetzung eines Themas geht.
• Gespräche über operative/handlungsorientierte Themen, intellektuelle Diskussionen hingegen aussparen. • Informationsnotwendigkeit von Themen betonen; erklären, warum und wozu bei einer Aufgabe welches Wissen/welche Information notwendig ist. • Praktische Erfahrungen betonen (die der Mitarbeiter hat oder erwerben kann).
Aufgaben/Rahmenbedingungen: • Aufgaben mit einem klaren operativen Kontext, Routinetätigkeiten oder Tätigkeitswiederholungen und praktisches Handeln ermöglichen. • Wenn möglich, notwendiges Hintergrundwissen in komprimierter Form bereitstellen. • Wissenserwerb und Qualifikation durch learning by doing ermöglichen. • Analytische/theoretische/konzeptionelle Aufgaben vermeiden. • Anwendungsbezug bei notwendigem Wissensbezug betonen.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
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Neugier - grUne Ausprägung Steuerung: •
Einbeziehen in inhaltliche Diskussionen und Planung, um Wissen des Mitarbeiters zu nutzen.
•
Als "Sparringspartner" für Grundsatzdiskussionen und Wissensaustausch nutzen und auch im Team etablieren (ermöglichen, das eigene Wissen weiterzugeben).
•
Häufiger Aufgabenwechsel; neue Themen; intellektuell fordern.
•
Meilensteine als zeitliche Orientierungspunkte vereinbaren; rege1mäßiges Feedback zum Arbeitsfortschritt, damit der Mitarbeiter nicht abschweift und sich in Themen verIiert.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Zeit nehmen für Fragen/intellektuellen Austausch; gemeinsam "im Kopf spazieren gehen"; lnformationsfluss aufrechterhalten.
•
Gespräche auf Wissensthemen lenken, ohne direkte Nutzenorientierung.
•
Das "Neue", Spannende, inhaltlich Komplexe ansprechen und betonen.
•
Zuhören. dabei Komplexität und Abschweifungen zulassen.
•
Großes Wissen und Interesse des Mitarbeiters anerkennen.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Vielseitige Aufgaben; komplexe, inhaltlich weite Themen; Aufgaben mit intellektuellem Anspruch (Strategie, Analyse, Konzeption. Erarbeitung eines neuen Themas); Abwechslung; viele neue Aufgaben bieten.
•
Aufgaben, bei denen der Mitarbeiter der "Spezialist" für ein Thema wird, beratende Funktion; Wissensverrnittlung - er kann sich einlesen.
•
Lemen/Wissenserwerb ermöglichen; entsprechende Medien bereitstellen; Zeit für intellektuelle Auseinandersetzung geben.
128
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
Anerkennung - rote Ausprägung Steuerung: •
Hohe, aber realistische Anforderungen formulieren.
•
Anspruchsvolle, herausfordernde Aufgaben; Ziele setzen; klare Erwartungen; Qualitätsstandards formulieren, die messbar sind.
•
Insbesondere bei unerfahrenen Mitarbeitern klare Steuerung: "Das kannst du schon, das noch nicht."
•
Ermöglichen, aus Fehlern zu lernen; Optimierung einfordern.
•
Klare Feedbacks zur Sache und zur Person: "Das war okay, das war nicht okay", um mögliche Selbstüberschätzung zu vermeiden.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Offene, ehrliche und direkte Ansprache.
•
Anerkennung des Selbstvertrauens, der Leistung und des Erreichten.
•
Klare Kommunikation und Worte ohne" Weichmacher" und Konjunktive (hätte, wördei könnte, vielleicht), sondern: So ist es!
•
Kritik offen und direkt formulieren; benannte Konsequenzen auch einhalten.
•
Gezielt Einblicke in andere Denk- und Geföhlswelten schaffen.
•
Beobachten, ob und inwieweit der Mitarbeiter mit seinem direkten Kommunikationsverhalten andere verletzt bzw. bei anderen "aneckt". Verhalten offen ansprechen, Wirkung und Folgen aufzeigen. Aufzeigen, wie ein verändertes Verhalten aussehen kann.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Raum geben, Neues auszuprobieren; herausfordernde Aufgaben geben.
• In kritische Umfelder oder Situationen schicken, wo "Standing" gebraucht wird. •
Das SchwierigeIBesondere an einer Aufgabe betonen.
•
Freiraum zum Handeln geben.
•
Bei Selbstüberschätzung Grenzen setzen.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
129
Anerkennung - grUne Ausprägung Steuerung: •
Erreichbare, aber für den Mitarbeiter nicht unterfordernde Ziele setzen; Erfo1gserlebnisse ermöglichen.
•
Dem Mitarbeiter Selbstkontrolle ennöglichen (Wo stehe ich? Wie gut sind meine Ergebnisse?).
•
Feedbackschleifen mit dem Mitarbeiter gemeinsam vereinbaren.
•
Den Blick auf Erreichtes, Erfolge, Kompetenzen und Fähigkeiten lenken.
•
Perfektionsstreben durch klare Vorgabe "wie viel ist nötig" und Feedback eingrenzen.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Wertschätzender Umgang; positive Sprache; ermutigende Aussagen; Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und in das Können des Mitarbeiters betonen.
•
Leistungen, Einsatzbereitschaft, Anstrengungsbereitschaft, QuaIitätsanspruch anerkennen; durch Lob Leistungsbereitschaft fördern.
•
Bei kritischem Feedback Mitarbeiter nach seiner Selbsteinschätzung fragen; eigenes kurzes Feedback darauf aufbauen und erarbeiten, wie Erfolge erreicht werden können. Möglichkeiten zur Verbesserung aufzeigen.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Aufgaben übertragen, die eine (hohe) Erfolgswahrscheinlichkeit haben.
•
Aufgaben übertragen, die positives Feedback auch durch Dritte möglich machen.
•
Aufgaben venneiden, bei denen andere kritisiert oder konfrontiert werden müssen oder etwas von ihnen gefordert werden muss.
•
Bei neuen Aufgaben Vorlagen/Beispiele geben.
•
Kritik auf keinen Fall vor anderen äußern.
130
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
Ordnung - rote Ausprägung Steuerung: • Freiraum für eigene Wege, Abläufe und Vorgehensweisen geben. • Aufgabenwechsel und "springen" zwischen mehreren Aufgaben ermöglichen. • Kreative und unkonventionelle Lösungswege abfragen. • Hinsichtlich der persönlichen Büro-/Schreibtischordnung den kleinsten, für alle tragbaren uNenner" vereinbaren. • Steuern über termin1iche, inhaltliche und qualitative Vereinbarungen und Meilensteine; Freiraum zwischen den Meilensteinen geben; unterstützend steuern hinsichtlich Prioritätensetzung. • Wenn erforderlich: Einhaltung von Qualitätsstandards/Absprachen hart kontrollieren.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: • Flexible Gesprächssteuerung: Mitgehen bei den kreativen Gedankenspielen des Mitarbeiters. • GestaItungsfreiheit betonen; Flexibilität hervorheben. • Kreativität ansprechen/fordern.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: • Aufgaben übertragen, die Kreativität und Flexibilität erlauben/benötigen. • Aufgaben, die in einem ungeordneten, strukturfreien, dynamischen und veränderungsanfälligen Umfeld liegen, übertragen und Aufgaben, die neue Wege und Ansätze benötigen. • Eigene Planung und Strukturierung ermöglichen; nur Mindeststandards einfordern. • Ermöglichung flexibler Arbeitszeiten.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
131
Ordnung - grUne Ausprägung Steuerung: •
Strukturierte Vorgehensweise bei der Vermittlung von Aufgaben oder in Gesprächen; roten Faden aufzeigen.
•
Konzentriertes Arbeiten an einer Aufgabe nach der anderen bzw. entsprechend der Planung ermöglichen; bei Änderungen: Zeit för neue Planung geben.
•
Vorbereitung ermöglichen; weniger "Ad-hoc"-Aufträge.
•
Tendenz zur Überstrukturierung beobachten und ggf. entgegenwirken, z. B. durch klare Beschreibung des Ziels und des Weges dorthin (Wie viele Prozesse sind notwendig? Wie differenziert müssen sie sein?).
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Strukturierte Kommunikation mit rotem Faden; sich selbst an Agenda und Zeitabläufe halten, auch bei Besprechungen.
•
Veränderungen in der Planung, Terrninierung und den Abläufen rechtzeitig ankündigen.
•
Anerkennen der strukturierenden/ordnenden Fähigkeiten.
•
Als Führungskraft auf eigene Ordnung und Sauberkeit achten.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Übertragen von Aufgaben der Planung, Strukturierung und Organisation (bis ins Detail), z. B. Projektsteuerungl-control1ing, Aktionslisten.
•
Sich selbst oder dem Team durch diesen Mitarbeiter Struktur geben lassen, z. B. in Rücksprachen und Meetings, oder Ordnung vorgeben lassen, z. B. in einer bestimmten Ablage.
•
Bereitstellen von Ordnungssystemen/Medien/Techniken.
•
Ermöglichung von "sauberen" und "ordentlichen", übersichtlichen Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Zuständigkeiten) und Abläufen.
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
132
Ziel-
a ZweckorIentierung - rote Ausprägung
Steuerung: •
Führen über klare Absprachen/Vereinbarungen/Regeln. Hohe Selbstverpflichtung des Mitarbeiters führt dazu, dass kaum Kontrolle notwendig ist.
•
Vorgehen/Anweisungen werteorientiert begriinden.
•
Wertewelt des Mitarbeiters beachten; prinzipiengeleitetes Arbeiten unterstützen.
•
AIs Führungskraft Vorbild sein.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Ehrliche, offene und wertschätzende Kommunikation; Anstand berücksichtigen.
•
Veränderungen hinsichtlich Inhalt und Vorgehen erklären und begriinden.
•
Walk the talk - das, was man als Führungskraft erzählt, auch praktizieren.
•
Prinzipien/gemeinsame Werte betonen.
•
Hohe Verbindlichkeit/Zuverlässigkeit im eigenen Verhalten zeigen.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Verantwortung für die Einhaltung von Werten, Regeln und Absprachen im Team übertragen.
•
Aufgaben, die gegen die Werte und Prinzipien des Mitarbeiters verstoßen, möglichst vermeiden.
•
Keine Aufgaben übertragen, die mit einer Verletzung oder "freieren" Interpretation übergeordneter Rege1n, Vorschriften, Werte etc. verbunden sind.
•
Absprachen und Termine unbedingt einhalten.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
133
Ziel- 8: Zweckorfentierung - grUne Ausprägung Steuerung:
• Ziele vereinbaren und positive Konsequenzen der Zielerreichung benennen. •
Nutzen und Vorteile für den Mitarbeiter in den Vordergrund stellen; Nutzenargumente aufzeigen.
• Freiraum bei der Suche nach dem für den Mitarbeiter besten Lösungsweg geben. • Bei Ideen des Mitarbeiters eine mittel- und langfristige Perspektive einfordern: "Wozu führt diese Vorgehensweise mittel- und langfristig?" •
EinhaItung notwendiger Regeln und Vereinbarungen einfordern; Nutzen deutlich
machen. • Ggf. den Mitarbeiter bremsen, wenn dieser zu zweckorientierte Lösungen aufzeigt (im Sinne einer übergeordneten VerantwortungIMoral). Ansprache/Beziehungsgestaltung:
• Keine Grundsatzdiskussionen über Werte, Prinzipien oder Moral führen. • Flexibilität und Veränderungsbereitschaft anerkennen. • Pragmatische, lösungsorientierte Kommunikation mit dem Mitarbeiter. Aufgaben/Rahmenbedingungen:
• Sinn, Zweck und Nutzen der zu bearbeitenden Aufgaben, z. B. für die Abteilung/das Unternehmen erklären. • Aufgaben übertragen, die pragmatisches, rasches und zielorientiertes Arbeiten verlangen. • Aufgaben übertragen, die unkonventionelle, neue Lösungen, Interpretationen und Vorgehensweisen erfordern.
134
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
Beziehungen - rote Ausprägung Steuerung: • Steuerung über die fachliche Aufgabe. • •
Klare Zielabsprache und Feedbacktermine mit größeren Abständen. Delegierungs- und Feedbackgespräche kurz, konkret und auf das Wesentliche be-
grenzt.
•
Aufgaben zur alleinigen Bearbeitung delegieren.
•
Auf Informationsfluss achten: Erhält der Mitarbeiter alle Informationen und gibt er alle Informationen weiter?
•
Wenn im Team gearbeitet wird, gezielt für Auszeiten!Pausen sorgen.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Mitarbeiter mindestens einmal täglich aktiv ansprechen, um einen aktuellen Stand bei ihm abzuholen.
•
Direkten Kontakt kurz und fachlich/sachlich/auf das Wesentliche reduziert gestalten; kein Small Talk.
•
Kommunikationsbereitschaft signa1isieren, die Menge und Intensität des Kontaktes aber vom Mitarbeiter selber bestimmen lassen.
•
Meinung und Haltung des Mitarbeiters durch offene Fragen erfahren.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Bereitstellen eines Einzelbüros, soweit möglich.
•
Fachlich-inhaltliche Einzelaufgaben stellen.
•
Wahlfreiheit hinsichtlich der Teilnahme an informellen Begegnungen, privaten Treffen und Gruppenveranstaltungen; Akzeptanz der Privatsphäre.
•
Auszeiten bei Aufgaben mit viel Kontakt und Kommunikation ermöglichen.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
135
Beziehungen - grUne Ausprägung Steuerung: •
Klare Ziel- und Terminvorgaben.
•
Häufige Feedbackgespräche.
•
Möglichkeiten zum Austausch schaffen; gemeinsame Büros/Kaffeeecke/gemeinsame Pause etc. schaffen; Austausch erlauben.
•
Definierte zeitfenster für Meetings/Gespräche/Pausen benennen und einfordern.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Häufige Ansprache durch die Führungskraft; Interesse zeigen an aktuellen Aktivitäten! Ereignissen - auch privat.
•
Häufige, auch spontane Kontakte ermöglichen; Raum geben zum Small Talk.
•
Lockerer Umgang; Spaß erlauben/fördern; Lachen ermöglichen.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Aufgaben stellen, die viel Kontakt zu anderen beinhalten (Kunden, intern, extern! Schnittstellen/Geschäftspartner etc.).
•
Aufgaben stellen, die Kontaktstärke erfordern und dem breiten Beziehungsaufbau und der Netzwerkbildung dienen.
•
Regelmäßige und möglichst vielfältige Kontakte zu anderen Menschen; Mitarbeitern Auszeit für Kommunikation und Spaß zugestehen.
•
Vermeidung von einem "Einsam-vor-sich-hin-Arbeiten".
•
Regelmäßige informelle Treffen ermöglichen (private Aktivitäten, Geburtstage, Weihnachtsfeier etc.).
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
136
Status - rote Ausprägung Steuerung: •
Sachlich-aufgabenorientierte Führung.
•
Nicht durch besondere Rollen, Verantwortlichkeiten o. Ä. in den Vordergrund bringen.
•
Vermeiden, ihn mit Statussymbolen "bezahlen" oder "ködern" zu wollen.
•
Auch positives Feedback nur unter vier Augen; öffentliche Benennungen/Hervorhebungen vermeiden.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Inhaltlich fundierte Kommunikation und Gespräche; keine Oberflächlichkeiten.
•
Gefühl vermitteln, dass alle Mitarbeiter gleich sind; das Gleiche wert sind.
• In Meetings nicht als Ersten ansprechen; nicht in den Mittelpunkt stellen. •
Komplimente auf persönlicher Ebene, nicht Status bezogen.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: • •
Inhaltlich fokussierte Aufgaben verteilen. Aufgaben stellen ohne öffentliche (unternehmensinternefuntemehmensexterne) Bedeu-
tung!Auftritte!besondere Aufmerksamkeit. •
Vertrauliche Aufgaben geben.
•
Solide Positionierung im Hintergrund ermöglichen.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
137
Status - grUne Ausprägung Steuerung: • Statusgewinn bei Zielerreichung in Aussicht stellen. •
Besondere Anerkennung der Leistungen auch vor anderen Mitarbeitern/Kollegenl Vorgesetzten/Kunden oder anderen wichtigen Ansprechpartnem.
•
Die Bedeutung und Wirkung seiner Ziele und Aufgaben für das Team/den Bereich/das Unternelunen etc. hervorheben.
•
Verdeutlichen, dass möglicherweise auch unwichtige Aufgaben zum Spektrum gehören und diese mit gleicher Gewissenhaftigkeit ZU erledigen sind.
•
Einem Verhalten von "ich bin etwas Besseres als die anderen" im Team entgegenwirken.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Vorhandene Wichtigkeit und Bedeutung für das Team betonen.
•
Glaubwürdige Anerkennung dessen, wodurch die eigene Besonderheit vermittelt werden solL z. B.: "Mir gefällt die Jacke, die Sie heute tragen." - im Zweiergespräch und auch vor anderen!
•
Mit dem Namen (Titel) anreden.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Raum, Möglichkeiten und Aufgaben bieten, die Selbstpräsentation!Außendarstellung und öffentliches "Gesehen-werden" erlauben.
•
Teilnahme an wichtigen Sitzungen und Veranstaltungen ermöglichen; Beteiligung an Arbeitstreffen mit "wichtigen" Persönlichkeiten.
•
Errnöglichung der Repräsentation des Unternehmens nach außen; vorgestellt und bekannt gemacht werden.
• Soweit möglich Statussymbole geben: Visitenkarten, Namensschild, Büroschild, Firmenparkplatz, Firmenwagen etc.
138
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
Rache/Kampf - rote Ausprägung Steuerung: • Jnhaltliche Individualziele/-aufgaben ohne Wettbewerb zu anderen. • Gemeinsame Zieleffeamziele; Abstimmung über Vorgehen • Vermeiden von Wettbewerbssituationen oder Situationen des Messens und Vergleichens. • Schaffen von" Win-Win"-Situationen (ggf. auch "Lose-Lose"). •
Unterstützende Kontrolle, wenn Mitarbeiter konfliktäre Situationen vermeidet.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: • Freundlicher, wertschätzender, nicht-konfrontierender Umgangssti! und -ton. • Meinung und Haltung erfragen; viel nachfragen. •
VerbaleVergleiche vermeiden.
• Ein harmonisches Miteinander im Team unterstützenj Konsensorientierung z. B. in Meetings fördern; Unterstützung in Streitsituationen (schlichten).
Aufgaben/Rahmenbedingungen: • Aufgaben übertragen, bei denen Kompromisse erzielt werden sollen. • Verhandlungen, die strikte Kontliktvermeidung zum Ziel haben. • Prüfen, ob der Mitarbeiter die Rolle eines Moderators/Schlichters übemelunen kann. • Harmonisches und kontliktfreies Umfeld und Teamklirna. • Demotivation durch lautes, ungerechtes, launisches, unberechenbares und provokantes Führungs- oder Zusarnmenarbeitsverhalten.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
139
Rache/Kampf - grUne Ausprägung Steuerung: •
Ziele und Aufgaben, die einen Leistungsvergleich bzw. Wettbewerb zu anderen ermöglichen.
•
Ambitionierte Ziele vorgeben; Messlatte hoch legen.
•
Erzeugen von Wettbewerbs- und Rankingsituationen.
•
Klarstellen: "Das geht hier, das geht nicht!"
•
Beobachten, inwieweit der Mitarbeiter gegenüber Kollegen stichelnd, provozierend etc. agiert. Ggf. klare Grenzen aufzeigen. Bei strittigen Diskussionen auf passende Konfliktpartner achten!
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Direkte, klare Ansprache und Kommunikation.
•
Gute Leistungen betonen!hervorheben; Karnpfgeist und Durchsetzungsbereitschaft
•
Raum geben zum argumentativen Kämpfen - nicht vorschnell klein beigeben; in kontroversen Diskossionen selbst verbal standhalten.
•
Ausufernde Diskussionen abbrechen/vertagen, auch "Ja-aber"-Diskussionen.
•
Verbesserungspotenziale klar benennen.
anerkennen.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Aufgaben übertragen, die Verhandlungsbereitschaft erfordern und darüber Wettbewerb ermöglichen (z. B. Vertrieb, Einkauf, Restrukturierung).
•
Aufgaben übertragen, die Durchsetzungsvermögen, "Kampfbereitschaft" und Konfliktbereitschaft erfordern.
•
Aufgaben übertragen, die persönlichen Einsatz und viel Energie verlangen.
Von der Kommunikation bis zur Motivation - die richtigen Maßnahmen finden
140
Emotionale Ruhe - rote Ausprägung Steuerung: •
Herausfordernde, neue Aufgaben; AbwechslunglVeränderung bieten.
•
Klare Grenzen für die untemehmensbezogene Risikobereitschaft bei Entscheidungen abstecken und deren Einhaltung kontrollieren.
•
Mitarbeiter bei der Aufgabenplanungl-durchführung neben realistischen Chancen auch Risiken aufzeigen lassen.
•
Direktes Feedback an Mitarbeiter, wenn sein Verhalten zu riskant wird.
•
Vor Überlastung schützen (Überstunden begrenzen).
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Persönliche Belastbarkeit und Slressresistenz anerkennen.
• Sicherheit ausstrahlen. • Sichere, starke, partnerschaftIiche Führung mit Mut zum Risiko.
• In der Kommunikation Neues, Herausforderndes, das Risiko und das Unvorhersehbare bei einer Aufgabe benennen.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Hohe Anforderungen/Herausforderungen schaffen.
•
Veränderungen und Abwechslung ermöglichen, z. B. auch durch Reisetätigkeit/Auslandsaufenthalte.
•
Risikoträchtige (schwierige) Aufgaben (zeitlich oder inhaltlich herausfordernd); Aufgaben mit hohem "Slressfaktor" übertragen.
•
Neues ausprobieren lassen.
• "Untemehmerisches" Handeln (im Gegensatz zu "betriebswirtschaftIichem" Handeln) ermöglichen. • Spannung erzeugen und erhalten.
Effizient und nachhaltig - Mitarbeiter individuell führen
141
Emotionale Ruhe - grUne Ausprägung Steuerung: •
Ziele formulieren und Aufgaben delegieren, die dem Mitarbeiter ein vorausschauendes Agieren mit Einschätzung möglicher Konsequenzen/Risiken erlauben.
• Soweit möglich, Mitarbeiter bewährte und vertraute Vorgehensweisen und Aufgaben wählen lassen. •
Bei Veränderung Sicherheit vermitteln; deutlich machen, was die nächsten Schritte sind; verdeutlichen, dass die Situation unter Kontrolle ist. Zeit für Gespräche einräumen; Mitarbeiter realistische Folgen definieren lassen.
•
Veränderungen durchdenken lassen; immer zwei Gespräche führen: Im ersten informieren, im zweiten die Entscheidung treffen.
• "Milestones" und Feedback vereinbaren zur Absicherung.
Ansprache/Beziehungsgestaltung: •
Gespräche in ruhiger, vertrauter Umgebung; Entscheidungen erklären.
• Sorgen und Ängste zulassen; Sorgen ernst nehmen; Klärung von Bedenken. •
Auf Widerstand gefasst sein: Warum? Wieso? Wie soll das gehen?
• An Erreichtes und zurückliegende Situationen erinnern, die scheinbar aussichtslos waren; Zuversicht/Optimismus aussprechen; Unterstützung zusichern.
Aufgaben/Rahmenbedingungen: •
Aufgaben stellen, die einschätzbar und überblickbar sind.
•
Zeit für Einarbeitung geben.
•
Aufgabenvermittlung in TeiIschritten, um Unsicherheiten direkt aufzulösen.
•
Dosierte, schrittweise Veränderungen der Aufgabe, des Arbeitsplatzes und auch des Kollegenkreises.
•
Kontinuität und Absicherung (plan B) ermöglichen.
6
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
Im vorherigen Kapitel wurde deutlich, dass Ihnen vielfältige Wege zur Verfügung stehen, um Thre Mitarbeiter entsprechend ihrer Motivausprägungen zu führen. Manchmal ist es ganz einfach ("Überstunden-Frei" am Tag des Kindergeburtstags, grünes Familienmotiv), manchmal stellt es höhere Anforderungen an Sie als Führungskraft (Motivation eines, aufgrund der internen Reorganisation, sehr verunsicherten Mitarbeiters, grüne Motivation Emotionale Ruhe). Die Vielfalt im Führungshandeln, die sich aus den 16 Motiven ergibt, macht deutlich, dass Thr Ziel darin besteht, für jeden Mitarbeiter das individuell passende Führungshandeln zu finden. Den "einen", für alle richtigen, Führungsstil gibt es, wie gesagt, nicht. Hätte jeder Mitarbeiter nur ein stark ausgeprägtes Motiv (rot oder grün), würde Ihnen diese Aufgabe relativ leicht von der Hand gehen. Sie werden aber auch Mitarbeiter mit einer vielseitig ausgeprägten Persönlichkeit in Threm Team haben und das heißt, diese Mitarbeiter haben mehrere stark rot oder grün ausgeprägte Motive. Daraus ergibt sich eine größere Herausforderung für Thr Führungshandeln. Nachfolgend stelle ich Ihnen verschiedene Mitarbeiterprofile vor und führe an, was es im Ralunen der Führung dieser Mitarbeiter zu beachten gilt. Selbstverständlich sind alle Motive wichtig und wirksamer TeU der Gesamtpersönlichkeit eines Menschen. Dennoch kann ich auch an dieser Stelle nicht auf alle Motive eingehen. Weitere Mitarbeiterprofile finden Sie auf unseren Internetseiten im Kundenbereich'. Um Thren aktuellen Wissensstand zu überprüfen, können Sie sich erst die nachfolgenden Profile ansehen, ohne den zugehörigen Text zu lesen. Überlegen Sie dann für sich: Wie würde ich diesen Mitarbeiter führen? Was ist bei der Führung dieses Mitarbeiters zu beachten?
8 Benutzemame:
Führen_miCRP; Kennwort: Leser
U. Rohrschneider, Macht, Neugier, Team ...,DOI 10.1007/978-3-8349-6738-1_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
144
MItarbeiterprofIl A
Abbildung 6.1
Mitarbeiterprofil A
Macht Teamorientlerong Neugier
Anerkennung Ordnung
Macht -1,51
Teamor1entierung Neugier
Anerkennung Ordnung
Sparen/Sammeln
Sparen/SammeLn
ZieL- &. Zweckor1entlerung
Ziel- &. Zweckor1entlerung
Idealismus Beziehungen Familie
Status Rache/Kampf
Schönheit
Körperli::he
Aktivität
Emotionale Ruhe
Idealismus Beziehungen FamiLie
Status Rache/Kampf
Schönheit
KörperLiche
Aktivität
EmotioollLe Ruhe
In der Führung von Mitarbeiter A sind die folgenden Motive zu beachten: •
rote Tearnorientierong
• griine Anerkennung • griine Ordnung • griine Beziehungen • griine Emotionale Ruhe
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
145
Die Motivausprägungen des Mitarbeiters machen ihn zu einem sehr kontaktorientierten Menschen, der viel Austausch und Spaß mit anderen sucht (grüne Beziehungsmotivation), sich dabei aber nicht tiefergehend auf andere Menschen einlassen will (rote Teamorientierung). Das Verhalten des Mitarbeiters ist zudem dadurch gekennzeichnet, dass er in vielen Situationen unsicher agiert bzw. Unsicherheit kommuniziert und ihm Anerkennung sehr wichtig ist (grüne Anerkennungsmotivation). Auch äußert er Sorgen und sogar Ängste beziiglich möglicher Konsequenzen eines Handlungsausgangs (Motiv griine Emotionale Ruhe). In seinem Arbeitsverhalten bevorzugt der Mitarbeiter ein strukturiertes Vorgehen (grüne Ordnungsmotivation). Er zeigt eine hohe Einsatzbereitschaft hinsichtlich der ihm übertragenen Aufgaben und will möglichst gute Arbeitsergebnisse abgeben (griine Anerkennungsmotivation). Welehe Aufgaben sind für diesen Mitarbeiter motivierend? Aufgaben. die Sie diesem Mitarbeiter übertragen, sollten Sie im Vorfeld dahingehend priifen. ob der Mitarbeiter diese, vor seinem Kompetenz- und Erfahrungshintergrund, erfolgreieh lösen kann. Die erfolgreiche Erledigung der übertragenen Aufgaben ist aufgrund seines grün ausgeprägten Anerkennungsmotivs für diesen Mitarbeiter sehr wiehtig. Daröber hinaus sollten die Aufgaben entweder in sich eine gewisse Struktur aufweisen oder dem Mitarbeiter sollte die Freiheit eingeräumt werden. seine eigene Struktur bei der Aufgabenbearbeitung zu etablieren. Bei der Aufgabenübertragung sollten Sie des Weiteren darauf achten. dass der Mitarbeiter Aufgaben einzeln und nacheinander bearbeiten kann. Dies trägt seiner grünen Ordnungsmotivation Rechnung. Insgesamt wird der Mitarbeiter Aufgaben. bei denen er in den Kontakt und Austausch mit anderen Menschen gehen kann. bevorzugen. Dabei sollten die Aufgaben allerdings so gestaltet sein, dass ihr Erfolg nicht von der Arbeit anderer abhängig ist. Dies ergibt sieh aus der Kombination grüne Beziehungsmotivation und rote Teamorientierung. Für den Mitarbeiter sollten Spaß und Austausch in der Zusammenarbeit mit anderen im Vordergrund stehen, nicht eine wirkliche, tiefe Teamarbeit. Der Mitarbeiter kann sowohl handlungsorientiert als aueh strategisch, konzeptionell und intellektuell arbeiten. Dies ergibt sieh aus seinem neutralen (gelben) Neugiermotiv. Trotzdem ist bei der Auswahl der Aufgaben für den Mitarbeiter darauf zu achten. dass nicht zu viele wechselnde und neue Aufgaben übergeben werden, die ungewohnte Anforderungen stellen und in ihrem Ergebnis unklar sind. Die Aufgaben sollten nicht zu risikobehaftet sein. Darüber hinaus ist darauf zu aehten, dass der Mitarbeiter nicht mit zu vielen Aufgaben gleichzeitig betraut wird. Zu schnell maeht sich der Mitarbeiter Sorgen, fühlt sich überlastet und reagiert ggf. mit Demotivation: "Das schaffe ieh nie" (Motiv grüne Emotionale Ruhe). Wie steuern Sie den Mitarbeiter? Wie gestalten Sie Anleitung, Unterstützung, Vorgaben und Kontrolle? Hinsiehtlieh der Steuerung des Mitarbeiters ist es für die Führungskraft wiehtig, darauf zu achten. dass der Mitarbeiter sieh selbst nicht überlastet. Vor dem Hintergrund der grünen Anerkennung wird es dem Mitarbeiter sehr schwerfallen. "Nein" zu sagen. Um die gewiinsehte Anerkennung zu bekommen, wird er sieh vielleieht aueh bereit erklären. viele Aufgaben von Kollegen zu übernehmen und aueh seiner Führungskraft gegenüber keine klaren Grenzen ziehen. Dies wird noch einmal bedeutender, wenn es um neue und im
146
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
Ergebnis unsichere Aufgaben geht (Motive grüne Emotionale Ruhe, grüne Anerkennungsmotivation). Ein weiterer Aspekt, der ebenfalls zu Selbstüberlastung führen kann, ist, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner roten Teamorientierung dazu neigt, Dinge zunächst selbstständlig zu bearbeiten und andere nicht oder zu spät um Unterstützung bittet. Die Gedanken "Das will ich alleine schaffen" und "Ich will den anderen nicht zur Last fallen" verhindern. dass er Hilfe einfordert. Solange der Mitarbeiter erfolgreich ist, ist das kein Problem. Merkt er jedoch, dass er nicht erfolgreich ist, folgt der Gedanke "Ich muss das alleine schaffen" und eine erhöhte Anstrengungsbereitschaft. Bei kontinuierlich ausbleibendem Erfolg folgen Selbstzweifel und Sorgen "Ich bin nicht gut genug, was wird das für Konsequenzen haben?" (Motive grüne Emotionale Ruhe, grüne Anerkennung). Dazu gehört auch, dass der Mitarbeiter Probleme ggf. gar nicht aufzeigt, sondern versucht, alleine eine Lösung zu finden. Hier sind Sie als Führungskraft gefragt, Schwierigkeiten frühzeitig wahrzunehmen und Unterstützung anzubieten. Durchaus möglich ist, dass der Mitarbeiter nicht nur nicht fragt, weil er meint, er muss es alleine schaffen, sondern auch, weil er meint, dass er dann in den Augen der Führungskraft weniger gut bewertet wird und dlies für ihn negative Konsequenzen haben könnte. Ein weiterer Steuerongsaspekt bei diesem Mitarbeiter ist dlie Kombination grüne Anerkennungs- und grüne Ordnungsmotivation. Aus der grünen Ordnungsmotivation ergibt sich ein hoher Anspruch an dlie Struktur und Qualität bei der Aufbereitung der Aufgaben. Dieser wird verstärkt durch das Streben nach Fehlerfreiheit und Perfektion aus der grünen Anerkennungsmotivation. Der Mitarbeiter läuft Gefahr, zu viel Zeit in ein perfektes Ergebnis zu investieren. Wichtig kann es für diesen Mitarbeiter sein, ihm deutlich zu machen, dass ,,80 Prozent" auch ausreichen und in Ihren Augen eine sehr gute Leistung sind. Dafür müssen Sie diese, in der Wahrnehmung des Mitarbeiters nicht perfekte Leistung aber auch entsprechend honorieren.
In der Kommunikation mit dem Mitarbeiter sollten Sie häufiger den Kontakt und den Austausch suchen. Dabei muss dlie Kommunikation nicht tiefgehend und persönlich sein. Der Mitarbeiter mag zwar häufigen Kontakt mit anderen Menschen, will dabei aber nicht unbedlingt über sein Privatleben kommunizieren. Für formale Gespräche mit diesem Mitarbeiter ist es gut, wenn Sie sich eine Struktur zurechtlegen und das Gespräch strukturiert führen. Insgesamt sollten Sie in Ihrem Kommunikationsverhalten so viel Wertschätzung und Anerkennung wie möglich gegenüber dem Mitarbeiter ausdrücken. Erkennen Sie auch seine Anstrengungsbereitschaft an. In kritischen Zeiten oder in Zeiten der Veränderung ist es für ihn wichtig, dass Sie ihm Sicherheit vermitteln. Lassen Sie ihn wissen, dass Sie alle Veränderungen im Griff haben und für ihn keine unvorhersehbaren Konsequenzen zU befiirchten sind. Nehmen Sie dlie geäußerten Ängste und Sorgen ernst. Wie können Sie gezielt motivieren? Für dliesen Mitarbeiter ist ein wesentliches Motivationsmittel dlie Anerkennung für dlie geleistete Arbeit. Nicht weniger wichtig ist es, dem Mitarbeiter zu ermöglichen. mit anderen Kontakt ZU haben. Die Kommunikation und der lockere Austausch mit anderen Menschen sind für ihn eine Energiequelle. Geben Sie dem Mitarbeiter den Freiraum, sich seine eigene Struktur und Ordnung zu schaffen. Gleichzeitig sollten Sie nicht zu viel Flexibilität und schnelle Wechsel bei der Aufgabenbearbeitung verlangen. Insgesamt ist es wichtig, ihm zu vermitteln, dass er Ihnen vertrauen kann, dass er jederzeit mit seinen Fragen, Sor-
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
147
gen oder Bedenken zu llmen kommen kann und dass es für Sie keine "falschen" oder "unnötigen" Sorgen gibt. In diesem Punkt kann es sein, dass es sehr lange dauert, bis der Mitarbeiter wirklich Vertrauen zu llmen gefasst hat.
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
148
Mltarbelterproftl B
Abbildung 6.2
Mitarbeiterprofil B
Macht
Macht
Teamorientierung
Teamorientierung
Neug1er
-1,36
Neugier
Anerkennung
-1,32
Anerkennung
Ordnung
Ordnung
Sparen/Sammeln
Sparen/Sammeln
Ziel- Ii
ZieI.- &.
Zweckorientierung
Zweckorientierung
Idealismus
Idealismus
Beziehungen
Beziehungen
Familie
Famllie
Status
StabJs
Radle/Kampf
Rache/Kampf
Schönheit
Schönheit
Essen
Essen
Körperliche Aktivitä. t
Körperliche Aktivitä. t
Emotionale Ruhe
Emotionale Ruhe
Wichtig in der Führung bei Mitarbeiterin B sind die folgenden Motive: • grüneMacht
•
grüner Status
•
rote Neugier
•
grüne Rache/Kampf
•
rote Anerkennung
•
rote Emotionale Ruhe
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
149
In der abgebildeten Kombination führen die Motive dazu, dass Sie eine sehr selbstbewusste, selbstsichere, leistungsorientierte und auch dominante Mitarbeiterin haben. Die Mitarbeiterin neigt dazu. sich selbst zu überschätzen (rote Anerkennungsmotivation) und sich seIbst als sehr wichtig wahrzunehmen (grüne Statusmotivation). Sicherlich besteht bei dieser Mitarbeiterin die Gefahr, dass sie anderen - auch Kollegen - gegenüber dominant, rechthaberisch und auch kämpferisch auftritt. Diese Komponente ergibt sich aus ihrem grünen Macht- und dem grünen Rache/Kampf-Motiv. Dazu kommt, dass der Mitarbeiterin aufgrund ihrer roten Anerkennungsmotivation und ihres roten Motivs Emotionale Ruhe die Konsequenzen ihres Verhaltens relativ egal sind. Zum einen ist es ihr egal. was andere von ihr denken (rote Anerkennungsmotivation), und zum anderen kommt sie erst zu einem sehr späten Zeitpunkt auf die Idee, dass etwas negative Konsequenzen für sie haben könnte (Motiv rote Emotionale Ruhe). Welche Aufgaben sind für die Mitarbeiterin motivierend? Hinsichtlich der Aufgaben für diese Mitarbeiterin ist es wichtig, Aufgaben entsprechend ihres Kompetenz- und Erfahrungsspektrums auszuwählen, bei denen sie einen ihrem Entwicklungsstand angemessenen Verantwortungs- und Entscheidungsspielraum hat (griine Machtmotivation). Darüber hinaus sollten die Aufgaben herausfordernd sein und können auch gewisse Risiken umfassen (Motiv rote Emotionale Ruhe). Die Mitarbeiterin kommt gut mit Aufgaben klar, bei denen der Ausgang und die Aussicht auf Erfolg ungewiss sind. Das heißt, ihr dürfen Sie inuner wieder neue und veränderte Aufgaben geben. Aufgrund der roten Neugiermotivation ist es für diese Mitarbeiterin befriedigender, Aufgaben zu bearbeiten. die eine hohe Handlungsorientierung und weniger eine intellektuelle Auseinandersetzung erfordern. Durchaus geeignet sind für diese Mitarbeiterin Aufgaben, die viele Verhandlungen, wie z. B. im Bereich Vertrieb, Einkauf etc. erforderlich machen. Für diese Handlungsfelder kann sie aufgrund ihrer grünen Rache/Kampf-Motivation sehr gut geeignet sein. Wie sleoern Sie die Mitarbeiterin? Wie gestalten Sie Anleitung, Unlerstiilzung, Vorgaben und Kontrolle? Hinsichtlich der Steuerung der Mitarbeiterin gilt, die Mitarbeiterin an der "langen Leine" zu führen. Bei der Aufgabendelegierung sollten Sie ihr das Ziel erklären und sie den Weg dorthin selbst bestimmen lassen. Dabei sollten Sie jedoch inuner mit einem Auge hinschauen, da die Mitarbeiterin dazu tendiert, sich selbst und ihre Arbeitsergebnisse zu überschätzen. Eine offene Kontrolle wird die Mitarbeiterin eher als demotivierend erleben. Vereinbaren Sie lieber Feedbackschleifen mil angemessenen Zeitspannen, zu denen Sie sich über den aktuellen Stand der Aufgabenbearbeitung informieren lassen. interventionen, die die Zusammenarbeit mit anderen betreffen, können sich für Sie daraus ergeben, dass die Mitarbeiterin gegenüber Kollegen zu dominant auftritt. Hier sollten Sie ihr vermitte1n, dass sie für ihren eigenen Aufgabenbereich gerne Entscheidungen treffen kann, dies aber nicht für die Aufgabengebiete ihrer Kollegen gilt. Es kann passieren, dass die Mitarbeiterin gegenüber Kollegen kämpferisch und provozierend auftritt. Die Gefahr, dass sie ihre Meinung unverblümt äußert und andere damit erschreckt und vor den Kopf stößt, ist durchaus groß (rote Anerkennungs-, grüne Rache/Kampf-Motivation). Passiert dies, ist es für Sie wichtig, der Mitarbeiterin Feedback zu der Wirkung ihres Verhaltens auf andere
150
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
zu geben und ihr so dlie Möglichkeit zur Selbstkontrolle ihres Verhaltens zu bieten. Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass sich dlie Mitarbeiterin ggf. zu sehr in den Vordergrund stellt und ihre eigenen Leistungen gegenüber denen der anderen zu sehr hervorhebt und betont (rotes Anerkennungs-, grünes Slatusmotiv). Ein solches Verhalten stößt nicht unbedingt auf Gegenliebe bei den Kollegen. Auch hier sollten Sie über Feedback eine Selbslreflexion und Selbstkontrolle des Verhaltens ermöglichen. Bei Thren Feedbacks gilt es zu beachten, zeitnah beobachtete Beispiele zu benennen und dlie Auswirkungen auf andere klar und deutlich aufzuzeigen. Wie können Sie gezielt motivieren? Motivieren können Sie dlie Mitarbeiterin. indem Sie ihr gegenüber die Herausforderungen. Besonderheiten, Einzigartigkeit, aber auch dlie Schwierigkeiten der übertragenen Aufgaben betonen. Darüber hinaus sind Situationen, in denen sie mit anderen in den Wettbewerb gehen kann. z. B. um dlie besten Vertragsabschlüsse, schnellsten Bearbeitungen. höchsten Rabatte etc. sehr anspornend für sie. Gezielte Motivation erreichen Sie bei der Mitarbeiterin auch über ihr Bedürfnis nach Status. Soweit es in llmen möglich ist, sollten Sie ihr Statussymbole zukommen lassen. Wenn Sie hier nur eingeschränkte Möglichkeiten haben. ist es wichtig, dass Sie ihr immateriellen Status zukommen lassen, indern Sie ihr z. B. ermöglichen, ihre Arbeitsergebnisse an höherer Stelle zu präsentieren, sie im Unternehmen sichtbar machen und auch durchaus öffentlich loben. Entsprechend ihrer fachlichen Kompetenz sollten Sie mit der Mitarbeiterin eine Entwicklungs- und Karriereplanung durchführen.
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
151
Mttarbetterprofll C
Abbildung 6.3
Mitarbeiterprofil C
Macht
Macht
Teamorientierung Neugier
Teamorientierung
-1,36
Neugier
Anerkennung
Anerkennung
Ordnung
Ordnung
Sparen/Sammeln
Sparen/Sammeln
Ziel- a ZweckorientSerung
Ziel- a Zweckor1entferung
Idealismus
Idealismus
BezIehungen
BezIehungen
Familie
Faml1e
Status
Status
Rache/Kampf
Rache/Kampf
Schönheit
Schönheft
Essen
Essen KörpertidJe
Körperliche
Aktivitä. t
Aktivität
Emotionale Ruhe
Emotionale Ruhe
Wichtig bei dieaer Mitarbeiterin sind die folgenden Motive: •
grüne Beziehungen
• grüne Tearnorientierong
•
rote Rache/Karnpf
•
•
Tendenz zu grünem Idealismus
•
Tendenz zu grüner Familie
•
rote Macht
rote Neugier
• grüne Anerkennung
152
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
Diese Motivkonstellation macht die Mitarbeiterin zu einer sehr menschenorientierten, an Unterstützung, Zusammenarbeit, Kooperation und gutem Miteinander interessierten Mitarbeiterin. Die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterin kommt aus der Zusammenarbeit mit anderen. Mit anderen zusammen und für andere zeigt sie eine hohe Leistung. Welche Aufgaben sind für die Mitarbeiterin motivierend? Hinsichtlich der Aufgaben, die Sie dieser Mitarbeiterin geben, spielen alle Aufgaben eine Rolle, bei denen die Mitarbeiterin mit anderen Menschen in Kontakt ist und mit diesen intensiv und gut zusammenarbeiten kann. D. h., die ausgewählten Aufgaben sollten nicht konfliktär oder wettbewerbsorientiert sein und einen hohen Anteil an Unterstützungsleistung für andere bieten. Darüber hinaus sollten die Aufgaben der Mitarbeiterin die benötigte Anerkennung ermöglichen. D. h., für die Mitarbeiterin geht es um Aufgaben, mit denen sie anderen "etwas Gutes" tun kann, aber nichts Unangenehmes von anderen verlangen muss. Dies können betreuende, lehrende, ausbildende Tätigkeiten sein. Wichtig bei den ausgewählten Aufgaben ist auch, dass diese stärker handlungsorientiert und weniger konzeptionell, strategisch oder intellektuell ausgerichtet sind. Das ergibt sich aus dem roten Neugiermotiv der Mitarbeiterin. Z. B. ist es für die Mitarbeiterin motivierend, einen Auszubildenden direkt anzuleiten. Weniger motivierend ist es für sie, ein Konzept zur Anleitung von Auszubildenden zu erstellen. Wie steuern Sie die Mitarbeiterin? Wie gestalten Sie Anleitung, Unterstützung, Vorgaben und Kontrolle? Hinsichtlich der Steuerung der Mitarbeiterin ist es wichtig, dass Sie ihr ermöglichen, mit den Aufgaben, die sie übernimmt, Erfolge zu generieren, um die für sie notwendige Anerkennung zu bekommen. Das bedeutet für Sie, es ist viel und häufiges positives Feedback notwendig. Bei neuen, bisher unbekannten Aufgaben sollten Sie die Mitarbeiterin anleiten, betreuen und ihr Entscheidungshilfen anbieten. Sie sollten ihr als "Sparringspartner" zur Verfügung stehen oder ihr einen solchen zur Seite stellen. Gerät die Mitarbeiterin in konflik!äre oder wettbewerbsgeprägte Situationen, ist Ihre Unterstützung notwendig. Hier sollten Sie mit ihr gemeinsam Möglichkeiten erarbeiten, wie Sie die Situation für sich lösen kann, ohne das Gefühl zu haben, sich anderen gegenüber schlecht oder unkorrekt zu verhalten. Wie können Sie gezielt motivieren? Motivation erfährt die Mitarbeiterin aus dem Kontakt und der Zusammenarbeit mit anderen. D. h., dieser Mitarbeiterin sollten Sie auf jeden Fall die Zusammenarbeit in einem Team ermöglichen. In Ihrem persönlichen Kontaktverhalten zur Mitarbeiterin sind die persönliche und häufige Ansprache - auch über private Themen und Belange - sowie ein sehr wertschätzendes Verhalten motivierend. Insgesamt benötigt die Mitarbeiterin ein vertrauensvolles und konfliktfreies Umfeld, um sich wohlzufühlen.
153
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
Mttarbetterprofll D
Abbildung 6.4
Mitarbeiterprofil D
. ~/Rot Macht
Durchschnfttlk:h/Gelb
I
-0,50
Macht
ill
Teamorientierung
Neugier
Anerkennung
0,00
Ordnung
0,62
Sparen/Sammeln
I
Anerkennung
I
Ordnung Sparen/Sammeln
-0,53
Ziel- 8: Zweckorientierung
ldealfsmus
Teamorientierung
-0,01
Neugier
Hodl/GIÜ'I
0,55
I
@
Ziel- 8: Zweckorientierung Idealismus
Beziehungen
~
Beziehungen
Famllie
~
Farnte
Status
-O~
Status
Rache/Kampf
-~
Radle/Kampf
I
Schönheit
0,55
Schönheit
Essen
~
Essen
Körperliche Aktivität
p,OS
Körperliche Aktivität
Emotionale Ruhe
~
Emotionale Ruhe
Mitarbeiter D hat ein sehr ausgewogenes Motivationsprofil mit ausschließlich neutral ausgeprägten, gelben Motiven. Dies macht ihn zu einem ausgewogenen und breit einsetzbaren Mitarbeiter. Sie werden bei diesem Mitarbeiter weniger konfliktbehaftetes Verhalten im Umgang mit anderen oder Unwillen, bestimmte Aufgaben zu übernehmen, finden. Er verfügt über ein breites Verhaltensspektrum und kann die Motive und Emotionen einer Vielzahl von Kollegen gut nachvollziehen. Diesen Mitarbeiter führen Sie am besten, indem Sie ihm unterschiedliche, häufig wechselnde Aufgaben übertragen. Für ihn liegt die Moti-
154
Unterschiedliche Mitarbeiter individuell und gezielt führen
vation aufgrund seiner gelben Motivausprägungen im Wechsel zwischen unterschiedlichen Anforderungssituationen. Er ist in der Lage, sich auf unterschiedliche Aufgaben und Menschen einzustellen. Aufgrund seiner hohen inneren Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ist dieser Mitarbeiter auch geeignet, zu vermitteln. Im Gegensatz zu Mitarbeitern mit starken Motivausprägungen - ganz gleich ob rot oder grün - ist dieser Mitarbeiter in der Lage, tatsächlich einen neutralen Standpunkt einzunehmen. Aufgrund seiner hohen Flexibilität werden die Führungsherausforderungen im Umgang mit diesen Mitarbeitern weniger groß sein. Die Herausforderung liegt eher darin, die stärkeren Tendenzen in den Motivausprägungen zu erkennen und daraus ableitend entsprechende Akzente zu setzen. Sie sollten als Führongskraft darauf achten, den Mitarbeiter nicht kontinuierlich mit gleichbleibenden Aufgaben zu betrauen. Unterschiedliche Aufgaben, die den Fähigkeiten des Mitarbeiters entsprechen. werden eine gute Motivationsgrundlage sein.
Die vorgestellten Profile sind zum Teil komplex und vielschichtig. Ich habe sie bewusst ausgewählt, um llmen ein paar interessante Beispiele zu geben. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass nicht alle Ihre Mitarbeiter über vergleichbar vielfältige Motivausprägungen verfügen. Wenn Sie Ihre eigenen Mitarbeiter einschätzen wollen. lassen Sie sich Zeit dabei und gehen Sie schrittweise vor. Vielleicht haben Sie zu einzelnen Mitarbeitern für ein oder zwei Motive einen klaren Eindruck. Dann schätzen sie erst einmal diese ein. Sie sollten, wie gesagt, nicht den Anspruch haben, alle Motive in der Fremdeinschätzung erfassen zu können. Das würde ich mir selber nicht zutrauen. Vielleicht gewinnen Sie mit der Zeit mehr Eindrücke durch Beobachtungen und aus Gesprächen mit den Mitarbeitern. Dann ergänzen Sie diese in Ihren Profilen. In der Führung können Sie sich erst einmal auf einzelne ausgeprägte Motive beschränken. Wenn Sie damit erfolgreich sind, fragen Sie sich, welche Ableitungen Sie aus bestimmten Kombinationen für Ihr Führongshandeln treffen können.
7
Besondere Führungssituationen gestalten
In Kapitel 5 und 6 haben Sie viele Hinweise erhalten, wie Sie die Rahmenbedingungen und Führungssituation für Ihre Mitarbeiter entsprechend deren Motivausprägungen oder Motivkonstellationen so gestalten können, dass diese ihre intrinsische Motivation einbringen können. Durch die Ausprägung der individuellen Profile ist das vielleicht nicht inuner ganz leicht. Vielleicht werden Sie feststellen, dass Dmen die Führung von Mitarbeitern, die ähnliche Motivausprägungen haben wie Sie selbst, eher leichtfällt. Häufig müssen Sie bei ihnen gar nicht lange nachdenken und treffen fast immer automatisch die richtigen Entscheidungen, den richtigen Ton und finden die richtigen Maßnahmen für diese Mitarbeiter. Das, was für Sie richtig und wichtig ist, ist auch für Ihre Mitarbeiter mit vergleichbaren Motivausprägungen richtig. Anders gestaltet sich die Situation, wenn ein Mitarbeiter im Vergleich zu ihnen deutlich unterschiedliche oder entgegengesetzte Motivausprägungen hat. Für diese Mitarbeiter fällt es ihnen schwer, sich vorzustellen, wie Sie den Mitarbeiter optimal ansprechen und führen können, um seine Motive und Bedürfnisse zu befriedigen. Bei Ausprägungen, die wir selber nicht haben, fehlt uns das Gespür dafür, was diese Mitarbeiter gut und was sie nicht gut finden. Wir können es selbst ja nicht erleben. Für diese Mitarbeiter können wir das richtige Führungshandeln nur aus unserem Wissen ableiten. Dabei helfen Dmen die Ausführungen in den vorherigen Kapiteln. In diesem Kapitel gehe ich auf einige besondere Führungssituationen bzw. -herausforderungen ein. Es geht um: •
die Gestaltung von Rahmenbedingungen,
•
das Delegieren von Aufgaben,
•
den Umgang mit Feedback und
•
den Umgang mit Konflikten.
Jedes Thema für sich ist sehr umiassend und könnte jeweils ein halbes Buch füllen. Vor diesem Hintergrund gehe ich in diesem Kapitel nur auf die im Hinblick auf die Motivation besonders relevanten Aspekte ein.
7.1
Die richtigen Rahmenbedingungen für mehr Leistungsbereitschaft schaffen
Die Gestaltung der Rahmenbedingungen bezieht sich auf das berufliche Umfeld der Mitarbeiter. Das können Kleinigkeiten sein, die häufig kaum Aufwand erfordern, aber dennoch eine große Wirkung erzielen können. Einige Umfeldfakturen können Sie als Führungskraft leicht beeinflussen, andere werden ihnen vielleicht vom Unternehmen vorge-
U. Rohrschneider, Macht, Neugier, Team ...,DOI 10.1007/978-3-8349-6738-1_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Besondere Führungssituationen gestalten
156
geben und sind für Sie nur in begrenztem Umfang oder gar nicht beeinflussbar. Das Ziel sollte immer sein, an den für Sie möglichen "Stellschrauben" zu drehen, um für Thre Mitarbeiter möglichst optimale Bedingungen zu schaffen. Da, wo Thr Einfluss an Grenzen stößt, müssen Sie und Thre Mitarbeiter die Situation akzeptieren und das Beste daraus machen.
7.1.1
Ein gutes Miteinander
Rahmenbedingungen betreffen auch das "gute Miteinander". Auch wenn Mitarbeitern mit bestimmten Motivkonstellationen, wie rote Teamorientierung oder rote Beziehungsmotivation, dies weniger wichtig ist, kommt doch jeder Mensch gerne an einen Arbeitsplatz, an dem eine positive Stimmung herrscht, man die Zusammenarbeit mit anderen schätzt und die Möglichkeit hat, sich auszutauschen. Hierzu können Sie einen wichtigen Beitrag leisten. Zum einen ist es natürlich wichtig, dass Sie als Vorbild agieren. D. h., Sie sollten einen freundlichen Umgangston pflegen, ein vertrauensvolles, offenes Verhältnis zu Thren Mitarbeitern etablieren, wertschätzend mit ihnen umgehen und sie auch in schwierigen Situationen fair und respektvoll behandeln. Hinsichtlich einer aktiven Gestaltung von Ralunenbedingungen ist es z. B. wichtig, Thren Mitarbeitern Raum und Zeit für den gemeinsamen Austausch zu geben. Dies betrifft sicherlich in erster Linie die Mitarbeiter mit einer griinen Teamorientierung und einem griinen Beziehungsmotiv. Aber auch rot machtmotivierte Mitarbeiter sind an Menschen orientiert und Mitarbeiter mit einer roten Rache/KampfMotivation schätzen einen respektvollen Umgang mit anderen. Im Umgang miteinander bedeutet die Gestaltung der Rahmenbedingungen, dass die Mitarbeiter auch untereinander einen anständigen Umgangston pflegen. Können Sie beobachten, dass dies nicht der Fall ist, gilt es, dieses Verhalten anzusprechen und auf eine Veränderung hinzuwirken. Ein gutes Miteinander gestalten, beinhaltet nicht, dass Sie andauernd private Aktivitäten miteinander initüeren müssen. Wenn Thre Mitarbeiter hierfür offen sind, geben Sie ihnen den Raum und beteiligen Sie sich. soweit Sie selbst möchten, gerne daran. Am besten ist es hier, sich im Team offen darüber auszutauschen, welches Bedürfnis nach gemeinsamen Aktivitäten, die über die Arbeitszeit hinausgehen, bei den Einzelnen besteht. Kann jeder seine Bedürfnisse formulieren, wird sich im Kollegenkreis schnell eine Akzeptanz für einen unterschiedlichen Umgang mit dieser Frage etablieren. Wissen die Kollegen, was jedem Einzelnen wichtig ist und warum, werden sie das Verhalten akzeptieren können. Viel Zeit zum Austausch wird bei uns im Unternehmen z. B. in der Mittagszeit genutzt. Aber auch hier kann es passieren, dass Kollegen, die weniger team- und beziehungsmotiviert sind, sich nur für die tatsächliche Essenszeit am gemeinsamen Mittagessen beteiligen und sich dann wieder ihren Aufgaben zuwenden. Andere Mitarbeiter nutzen das Mittagessen ausgiebig für den gemeinsamen Austausch. Dass dies dem ein oder anderen wichtiger ist, ist im Kollegenkreis akzeptiert.
Die richtigen Rahmenbedingungen für mehr Leistungsbereitschaft schaffen
7.1.2
157
Das Arbeitsumfeld und die Arbeitsplatzausstattung
Zur Gestaltung der Rahmenbedingungen zählt auch das Arbeitsumfeld, d. h. z. B. die Büroeinrichtung oder das Firrnengebäude mit seiner Ausstattung. Sicherlich gibt es Menschen, denen das Umfeld für die Leistungserbringung egal ist. Vielen anderen, z. B. denen mit einem grünen Statusmotiv, ist ein ansprechendes und gut gestaltetes Umfeld jedoch wichtig. Am einfachsten zu handhaben ist dieser Aspekt für Sie, wenn die Mitarbeiter ihr Umfeld (Büroeinrichtung, Schreibtischorganisation, Dekoration des Raumes etc.) selbst gestalten können. Während der eine Pflanzen aufstellt und Bilder an die Wand hängt, um sich wohlzufühlen, verzichtet der andere vielleicht völlig darauf. Lassen Sie hier Spielraum, kann sich jeder Mitarbeiter das Umfeld schaffen, in dem er sich wohlföhlt und prduktiv und zufrieden arbeiten kann. Kontraproduktiv ist es, wenn in Unternehmen an oberster Stelle die Entscheidung getroffen wird, dass alle Büros exakt gleich eingerichtet und ausgestattet und alle privaten Gegenstände der Mitarbeiter entfernt werden müssen. In einem Unternelunen, mit dem ich zusammengearbeitet habe, führte diese Entscheidung ZU deutlicher Missstimmung unter den Mitarbeitern. Vorher hatten die Mitarbeiter ihre
privaten kleinen Dekorationsstücke, seien es Bilder, Pflanzen, Blumensträuße oder anderes in ihre Büros stellen können. Plötzlich kam die Anordnung, all diese Dinge wegzuräumen und nur noch vom Unternelunen ausgegebene Dekorationsgegenstände zu verwenden. Dass manchen Mitarbeitern der Werbekalender des Unternehmens als Dekoration nicht ausreicht, ist leicht nachvollziehbar. Dass ein sehr familienmotivierter Mitarbeiter gerne im Laufe des Tages ein Bild seiner Kinder betrachtet und traurig oder ärgerlich ist, wenn er dies nicht mehr kann, ebenfalls. In meinen Augen gibt es auch keinen Grund, Mitarbeitern diese kleinen Freuden zu verbieten. Im Gegenteil: Sie zerstören damit nur die Motivation ihrer Mitarbeiter. Zu Rahmenbedingungen kann man auch weitere Aspekte der Arbeitsplatzgestaltung bzw. der Arbeitsbedingungen zählen. Hier geht es z. B. um die Möglichkeit eines schnellen Informationszugriffs. Wie breit, wie vielfältig sind die Möglichkeiten der Mitarbeiter, auf Informationen, die sie för ihre Arbeit brauchen, zurückzugreifen? Zeitschriften, Bibliotheken aber auch ein freier Internetzugriff bieten Gestaltungsspielraum. Eine weitere Arbeitsbedingung ist, einfach ein wenig Platz zu haben, um die Dinge, die man zum Arbeiten benötigt, auch unterzubringen. D. h., Büros, die nicht zu klein sind, bieten den einzelnen Mitarbeitern mehr Spielraum und insbesondere für grün ordnungsmotivierte Mitarbeiter die Möglichkeit, all ihre Dinge in der gewiinschten Struktur unterzubringen. Vielen Mitarbeitern ist auch die technische Ausstattung ihres Arbeitsplatzes wichtig. Mit einer modemen, technischen Ausstattung motivieren Sie sicherlich Mitarbeiter mit einem grünen Neugier-, einem grünen Ordnungs- oder auch einem grünen Statusmotiv. Ein jeder bevorzugt sie aus unterschiedlichen Gründen, aber Sie werden mit einer guten Ausstattung in EDV und Kommunikationstechnik vielen Mitarbeitern Bedingungen schaffen, die sie positiv ansprechen und in denen sie ihre Leistung gerne erbringen.
Besondere Führungssituationen gestalten
158
Arbeitsbedingungen betreffen auch so etwas Banales wie Parkmöglichkeiten. Dass ein Parkplatz an der richtigen Stelle, z. B. nah am Eingang, für bestimmte Mitarbeiter ein Statussymbol ist, konnten wir bereits in der Fernsehserie Stromberg lernen. Stromberg macht mit seinem nicht ganz fairen Kampf um einen besonders guten und überdachten Parkplatz nahe dem Eingang deutlich, dass auch Parkplätze etwas Besonderes sein können. Neben diesem Statussymbol geht es bei Parkmöglichkeiten aber natürlich auch um Zeiterspamis, um Struktur, um Erleichterung und einfach um die Aufmerksamkeit des Unternehmens seinen Mitarbeitern gegenüber.
7.1.3
Arbeitszeiten
Eine weitere Rahmenbedingung, auf die ich kurz eingehen möchte, sind die Arbeitszeiten. Die motivierende oder auch demotivierende Wirkung, die sich aus der Gestaltung der Arbeitszeiten ergeben ksnn, kann aus den unterschiedlichsten Motiven resultieren. Zum Teil geht es um die direkt erlebte Gestaltungsfreiheit (rote Teamorientierung, rote Ordnungsmotivation), zum Teil darum, dass die Arbeitszeitgestaltung Mittel zum Zweck für bestimmte Motive ist (griines Familien- oder Beziehungsmotiv oder Motiv griine Körperliche Aktivität - ich kann morgens vor der Arbeit Sport machen, weil ich erst um 9.00 Uhr anfangen muss). Den größten Gestaltungsfreiraum bieten Sie lliren Mitarbeitern. wenn im Unternehmen eine großzügige Gleitzeitregelung oder Vertrauensarbeitszeit, die wirklich auf Vertrauen basiert, etabliert ist. Im Rahmen von Gleitzeitregelungen können Mitarbeiter die für sie passenden Arbeitszeiten innerhalb eines relativ breiten Rahmens selbst gestalten. Während es manche bevorzugen, von morgens um 7:00 Uhr bis nachmittags um 16:00 oder 17:00 Uhr zu arbeiten, möchten andere dann anfangen, wann es ihnen gerade passt. Das ksnn an einem Tag vielleicht morgens um 7:30 Uhr sein, weil die Kinder den Familienvater schon früh aus dem Bett geholt haben, am nächsten Tag aber vielleicht erst um 9:30 Uhr, weil an diesem Tag das Kind morgens nicht im Kindergarten bleiben wollte. Wenn eine solche Regelung wirklich ohne Ärger möglich ist, ist sie sehr motivierend. Gleiches betrifft die Gestaltung der Mittagspause. Solange Ihre Mitarbeiter eine qualitativ hochwertige Leistung erbringen, gibt es keinen Grund, warum definiert werden muss, ob eine Mittagspause eine halbe oder eine ganze Stunde dauert. Wie am Aniang des Kapitels schon angeführt, ksnn die Mittagspause eine von den Mitarbeitern geschätzte Zeit zum privaten Austausch sein. Andere Mitarbeiter erledigen vielleicht private Dinge in der Mittagspause. Für viele Mitarbeiter ksnn es demotivierend wirken, wenn solche Freiheiten abgeschafft werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie das Anliegen, welches der Mitarbeiter während seiner Mittagspause realisieren möchte, wichtig oder richtig finden, sondern es geht um die Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter. Hierfür ein Beispiel:
1n einem Unternehmen gab es die feste Regel, dass die Mittagspause eine halbe Stunde dauert und dass bei längerer Mittagspause (maximal bis zu einer Stunde) die Gleitzeitkarte gezogen wurde. Ein Mitarbeiter wollte für einen abgegrenzten Zeitraum von vier Monaten die Mittagspause gerne auf eineinhalb Stunden verlängern. Sein Cltef erklärte diese Frage zur Geschäftsführungsangelegenheit. Dort wurde das Anliegen des Mitar-
Delegieren - die Kunst, Aufgaben motivierend zu verteilen
159
beiters verneint. Es muss an dieser SteIle beachtet werden, dass es sich um einen Mitarbeiter handelte, der immer viele Überstunden leistete, die vom Unternehmen nicht abgegolten wurden. Das Nein war für den Mitarbeiter schon frustrierend genug. Als er dann noch erfuhr, dass in anderen Abteilungen Mitarbeiter eineinhalb Stunden weg waren, weil sie mit ihrem Hund spazieren gehen mussten, ging seine Motivation in den Keller. Er reduzierte daraufhin seine Überstunden deutlich. Derartig unnötige Demotivation können Sie leicht vermeiden, wenn Sie sich vor Augen halten, dass ihre Mitarbeiter sehr unterschiedlich und individuell sind. Sicherlich gibt es Rahrnenbedingungen, die von Mitarbeitern eingehalten und akzeptiert werden müssen, in der Regel ist das aber auch nichts, was zur Diskussion steht. Es sind eher die kleinen Freiheiten, die es Mitarbeitern erlauben, ihre Bedürfnisse zu befriedigen oder ihre Arbeitszeit so zu gestalten, dass sie für sie optimal passt.
7.2
Delegieren - die Kunst, Aufgaben motivierend zu verteilen
Das Delegieren von Aufgaben erfolgt immer mit dem Ziel der Entlastung des Vorgesetzten, der Motivationssteigerung der Mitarbeiter und des Lernens bzw. der Entwicklung der Mitarbeiter. Beim Delegieren geht es nicht um alltägliche Aufgaben, die der Mitarbeiter ohnehin ausführt, oder die Aussage "Schreiben Sie bitte mal diese Notiz an Herrn Mustermann". Es geht um Aufgaben, die Sie aus Ihrem eigenen Tätigkeitsbereich an Mitarbeiter abgeben, um diesen neue Herausforderungen zu bieten, sie zu fördern und sich selbst gleichzeitig für andere, wichtige oder übergreifende Aufgaben zu entlasten. Die größte Hürde beim Delegieren liegt meiner Erfahrung nach in der Persönlichkeit der Führungskraft. Es gibt Führungskräfte, denen es aufgrund ihrer Motivstruktur leichtfällt, Aufgaben zu delegieren. Eine Motivausprägung, welche das Delegieren aus meiner Erfahrung erleichtert, ist die grüne Teamorientierung. Grün teammotivierte Führungskräfte sind in ihrem Inneren davon überzeugt, dass man Aufgaben gemeinsam lösen und andere Menschen selbstverständlich um Hilfe bitten kann. Vor diesem Hintergrund fällt es ihnen leichter, Aufgaben abzugeben. Sehr oft erlebe ich jedoch in meiner Zusammenarbeit mit Führungskräften viele innere Hürden, die das Delegieren von Aufgaben erschweren. Da ist z. B. der Gedanke "Die anderen machen es sowieso nicht gut genug, ich mache es lieber selber". Dieser Gedanke wird Führungskräften mit einem grünen Machtmotiv, aber ggf. auch mit einer grünen Ordnungsmotivation durchaus vertraut sein. "Nur wenn ich die Aufgabe selbst bearbeite, hat sie die Struktur und die Aufbereitungsqualität, die ich für richtig erachte" (grüne Ordnungsmotivation). Bei solchen Gedanken kann das Delegieren von Aufgaben von der Führungskraft leicht als Mehrbelastung anstatt als Entlastung erlebt werden. Delegieren heißt für diese Führungskräfte, dass sie unglaublich viel Arbeit und Aufwand mit der Anleitung und Kontrolle haben, bis die Aufgabe von einem Mitarbeiter so bearbeitet wird, wie sie es selbst gemacht hätten.
160
Besondere Führungssituationen gestalten
Durchaus richtig ist, dass Sie als Führungskraft beim Delegieren Abstriche an Thren eigenen Ansprüchen machen müssen. Jeder Mitarbeiter wird die Aufgabe zumindest ein bisschen anders erledigen als Sie selbst. Das Dilemma. in dem Sie sich befinden. ist, dass alle Aufgaben für alle Zeiten auf Threm Schreibtisch liegen bleiben, wenn Sie nicht delegieren. Nehme ich mein eigenes Unternehmen und unser Aufgabenspektrum als BeispieL ist bei uns das Schreiben von Angeboten eine besondere Herausforderung. Angebote müssen die Leistungen für den Kunden in vollem Umfang widerspiegeln und einzelne Schritte detailliert beschreiben. Schnell kommen 30 bis 40 Seiten zusammen. Ein solches inhaltliches Angebot zu schreiben, muss gelernt werden. Junge Berater benötigen sicherlich 20 Angebote, bis diese in guter Qualität erstellt werden können. Für mich bedeutet das 20-mal mehr Arbeit hinsichtlich der Anleitung und Kontrolle dieser Angebote. Am Anfang braucht es z.T. drei bis vier Korrekturschleifen, bis das Angebot dem QuaIitätsstandard unseres Unternehmens entspricht. Wichtig ist aber: Nach dieser mühsamen Übungsphase können die Mitarbeiter selbstständig sehr gute Angebote erstellen und ich werde entlastet. Würde ich die Aufgabe nicht delegieren, müsste ich wahrscheinlich jedes Wochenende Angebote schreiben. Diese Aussicht ist für keine Führungskraft besonders verlockend. Weitere Gedanken, die Führungskräfte daran hindern, Aufgaben zu delegieren, sind "Das schaffe ich alleine" bzw. "Das schaffe ich auch noch". Diese Gedanken können sowohl aus einem grünen Machtmotiv, einer roten Teamorientierung, einem roten Anerkennungsmotiv als auch einem roten Motiv Emotionale Ruhe resultieren. Auch wenn Sie die Aufgaben real selbst bearbeiten können, bedenken Sie, dass Delegieren auch der Mitarbeiterentwicklung und -motivation dient. Bieten Sie Thren Mitarbeitern Aufgaben. an denen sie wachsen und mit denen sie neue Erfolgserlebnisse haben können. Ein anderer Gedanke, der Führungskräfte am Delegieren von Aufgaben hindern kann, ist der Gedanke "Ich will meine Mitarbeiter damit nicht belasten". Diesen Gedanken werden Führungskräfte mit einer roten Teamorientierung ("Ich will nicht in die Freiheit anderer Menschen eingreifen") aber auch Führungskräfte mit einer grünen Anerkennungsmotivation ("Ich will nicht riskieren, dass meine Mitarbeiter wegen der Aufgabendelegierung verärgert sind") kennen. Hier geht es eher darum, vermeiden zu wollen. dass sich der Mitarbeiter unkomfortabel fühlt und vielleicht negative Gedanken und Gefühle entwickelt. Diese Gefahr können Sie reduzieren, wenn Sie sich beim Delegieren einer Aufgabe genau überlegen, für welchen Mitarbeiter eine Aufgabe eine positive Herausforderung und motivierend ist. Ein weiterer hindernder Aspekt beim Delegieren ist der von verschiedenen Führungskräften erlebte Kontrollverlust. Denn Delegieren ist die Abgabe der Aufgabe aber auch die der Verantwortung und Entscheidungskompetenz. D. h., ich muss meinem Mitarbeiter einen entsprechenden Freiraum gewähren und meine eigenen Kontrollbedürfnisse einschränken. Das Gefühl des Kontrollverlustes kann aus grüner Macht- aber auch aus grüner Ordnungs-, roter Anerkennungs-, grüner Rache/Kampf-Motivation sowie einem grünen Motiv Emotionale Ruhe resultieren.
Delegieren - die Kunst, Aufgaben motivierend zu verteilen
161
Ein weiterer Grund, warum Führungskräfte Aufgaben aus ihrem Verantwortungsbereich nicht oder nur schwer an Mitarbeiter delegieren, ist ihr Festhalten an fachlichen, inbaltlichen Aufgaben. Aufgrund ihrer eigenen Persönlichkeitsstruktur finden sie viele Aspekte an der eigentlichen Führungsaufgabe, nämlich die Auseinandersetzung, Kommunikation, Anleitung und Kontrolle von Mitarbeitern, eher belastend. Dies kann z. B. aus einer roten Machtmotivation, einer roten Teamorientierung, einer roten Beziehungsmotivation, einer grünen Anerkennungsmotivation oder auch einem griinen Neugiermotiv resultieren. Vor dem Hintergrund der eigenen Motivation halten Führungskräfte dann gerne an ihren "alten" fachlichen Aufgaben fest. Man kann durchaus formulieren, dass sich diese Führungskräfte ein Stück weit hinter ihren Fachaufgaben verstecken und sich vor ihrer eigentlichen Aufgabe - der Mitarbeiterführung - "drücken". Sie bleiben lieber in ihrem Büro sitzen und beschäftigen sich mit inbaltlichen Fragen, als zu ihren Mitarbeitern zu gehen und zu führen. Prüfen Sie für sich selbst Ihre Gedanken, wenn es um das Thema Delegieren von Aufgaben geht. Welche der aufgeführten Gedanken sind Urnen vertraut? Wenn Sie verstehen, warum es Urnen schwerfällt, Aufgaben zu delegieren, können Sie leichter ihren "inneren Schweinehund" überwinden und diesbezüglich zu einem erfolgreichen Verhalten gelangen. Vergegenwärtigen Sie sich vor dem Hintergrund Ihrer Motivationsstruktur, warum das Delegieren von Aufgaben sinnvoll und nützlich für ihre Mitarbeiter ist und auch, wo Ihr Gewinn ist. Fällt Urnen das Delegieren z. B. aufgrund ihrer griinen Machtmotivation und Ihrer roten Teamorientierung schwer, machen Sie sich klar, dass Sie über das Delegieren mehr Freiraum für ihre persönliche Aufgabengestaltung gewinnen und selbst neue Aufgaben, die neue Herausforderungen und Erfolge versprechen, in Angriff nehmen können. Neben der Entlastung der Führungskraft hat das Delegieren das Ziel der Mitarbeitermotivation. Sollen delegierte Aufgaben den Mitarbeiter motivieren, ist es natürlich von entscheidender Bedeutung, dass die ausgewählte Aufgabe auch zur Motivationsstruktur des Mitarbeiters passt. Wenn Sie an einen rot neugiermotivierten Mitarbeiter die Aufgabe übertragen, ein völlig neues Konzept von 30-seitigem Umfang ZU erstellen, werden Sie bei ihm sicherlich keine Motivation hervorrufen. Er wird eher gequält an die Aufgabe herangehen und davon träumen, wieder zu seinen Aufgaben zurückzukommen, bei denen die Umsetzung im Vordergrund steht. D. h., neben den Fragen zur Zielsetzung, zum Zeitraum und zur Art der Aufgabeneriedigung ist es von entscheidender Bedeutung, zu fragen, welche Aufgabe am besten zu welchem Mitarbeiter passt. Die Fragen, die Urnen beim Delegieren grundsätzlich helfen, sind in nachfolgender Abbildung aufgeführt.
Besondere Führungssituationen gestalten
162
AbbIlduns 7.1
WAS? WARUM? WOMlT1
WANN?
Wichtige Fragen im Rahmen des Delegierens
was ist genau zu tun?
Welches Ergebnis/Ziel wird angestrebt? Welche Schwierigkeiten sind zu erwarten? Welchem Sinn fI: Zweck dient die Aufgabe?
was passiert, wenn die Aufgabe nicht oder unvollständig erledigt wird? Womft muss der Mitarbeiter ausgerüstet sefn? Welche Hflfsmlttel werden benötigt? Wen kann der Mitarbeiter um Hilfe bitten/Wer ist sein Ansprechpartner?
wann soll die Aufgabe berlnnen, bis wann abgeschlossen sein? wann muss Ich kontrollieren, um ggf. elngreffen zu können (Meflenstelne/Feedbackschlelfen)1
Welcher Mitarbeiter braucht wann wie vieL Feedback und Austausch in welcher Form zur Motivation? An welcher Stelle muss ich dem Mitarbeiter ggt. hilfreich zur Seite stehen?
Wer ist fur die Aufgabe am besten geefgnet? Wer hat die notwendigen freien Ressourcen/Kapazttäten?
WER?
WIE?
Wer besitzt die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten?
Wer wird was und wie vieL dabei lernen? Für wen ist die Aufgaben ein positiver Anreiz/motivierend? Wer macht sie gem/ungern? Was muss ich bei der Aufgabengestaltung zur Motivation des Mitarbeiters beachten? Wer passt in einem Team zusammen, um das Projekt/die Aufgabe zu bearbeiten? Wie soll bei der Ausführung vorgegangen werden? Welche Vorschriften sind zu beachten? Welche Verfahren sollen angewendet werden? Welche Freiheiten oder welche Anleitung/ Vorgaben muss Ich welchem Mitarbeiter geben, um seine Motivation zu sichern? Wie kann ich die Rahmenbedingungen für den Mitarbeiter optimal motivierend gestalten? Wie detailliert muss für welchen Mitarbeiter das Ziel und der Weg dorthin vorgegeben werden? Wieviel Handlungsspielraum und Entscheidungsmäglichkeiten braucht welcher Mitarbeiter?
Insbesondere bei den Fragen "Wer?", "Wie?" und "Wann?" sind wichtige Motivationsas-
pekte auf Seiten des Mitarbeiters zu beachten. "Wer?" umfasst selbstverständlich auch die Frage nach den Kompetenzen, aber vielmehr die Frage danach, für welchen Mitarbeiter diese Aufgabe einen positiven Anreiz bietet: Ein positiver Anreiz, weil er die Aufgabe gerne macht, weil sie seiner intrinsischen Motivation entspricht. So kann beispielsweise die Neuorganisation der Ablage für einen Mitarbeiter mit grünem Ordnungsmotiv sehr motivierend sein, weil er hier sein Bedürfnis nach einem klaren Ordnungssystem, nach Struktur und einem aufgeräumten Arbeitsplatz befriedigt. Die gleiche Aufgabe kann aber auch deshalb motivieren, weil sie für den Mitarbeiter eine neue Herausforderung darstellt. Neue Herausforderungen können in der Schwierigkeit der Aufgabe bestehen (grüne Macht-, rote Anerkennungsmotivation, Motiv rote Emotionale Ruhe), aber auch einfach im Neuigkeitsgehalt (grünes Neugiermotiv). Bei der Frage, wen die Aufgabe motiviert, fragen Sie "Wem macht sie Spaß?", "Für wen ist es eine positive Herausforderung?", "Wer kann etwas dabei für sich lernen?" und "Erfüllt die Aufgabe für diesen Mitarbeiter motiva-
torische Aspekte?". Motivation ist auch beim "Wie?" der Aufgabenerledigung zu beachten. Hier geht es um den Aspekt, dass Mitarbeiter für ein motiviertes Arbeiten unterschiedlich viel Freiraum bzw. Anleitung benötigen. Mitarbeiter mit grüner Machtmotivation, roter Teamorientie-
Delegieren - die Kunst, Aufgaben motivierend zu verteilen
163
rung, roter Anerkennungsmotivation, einem roten Motiv Emotionale Ruhe, einem grünen Motiv Ziel- & Zweckorientierung sowie roter Ordnungsmotivation bevorzugen größere eigene Gestaltungsspielräume. Die Art des Freiraums und die Begriindung hierfür sind unterschiedlich und ergeben sich aus ihren Motiven. Ist es bei der grünen Machtmotivation z. B. die Entscheidungsfreiheit, so mag es bei der roten Ordnungsmotivation die Kreativität oder freie Wahl der Vorgehensweise sein. die im Vordergrund steht. Andere Mitarbeiter bevorzugen dagegen mehr Austausch und Anleitung von Ihnen. Dies trifft z. B. für Mitarbeiter mit roter Machtmotivation oder einem griinen Motiv Teamorientierung zu. Ein höheres Maß an Vorgaben und Struktur werden Mitarbeiter mit einer grünen Ordnungsmotivation bevorzugen. Auch für das Maß an Kontrolle und Feedbackschleifen liefern die Motivausprägungen wertvolle Hinweise. Ihre Mitarbeiter werden sich deutlich darin unterscheiden, wann sie Feedbacktermine als Kontrolle oder als hilfreiche Unterstützung durch Sie als Führungskraft erleben. Es gilt wiederum, dass Mitarbeiter mit einer griinen Machtmotivation, einem roten Motiv Teamorientierung, einer roten Anerkennungsmotivation, einer roten Ordnungsmotivation und einem roten Motiv Emotionale Ruhe weniger Kontrolle wiinschen. Für Mitarbeiter mit roter Machtmotivation, einem grünen Motiv Teamorientierung, griiner Anerkennungsmotivation, griinem Beziehungsmotiv, griiner Ordnungsmotivation und einem griinen Motiv Emotionale Ruhe sind häufigere Feedbackschleifen mit einem konstruktiven, inhaltlichen und wertachätzenden Feedback motivierend. Für den Mitarbeiter mit griiner Anerkennungsmotivation geht es darum, dass er Fehler vermeiden will und von Ihnen hören möchte, dass er auf dem richtigen Weg ist. Für den Mitarbeiter mit roter Machtmotivation geht es darum, mit Ihnen Entscheidungen ZU besprechen, um Klarheit für sein Vorgehen zu gewinnen. Wenn Sie neben der Aufgabenauswahl auch die Gestaltung der Ralunenbedingungen vor dem Delegieren prüfen, werden Ihre Mitarbeiter in der Lage sein. die Aufgaben in der gewünschten Qualität und Zeit zu bearbeiten und zwar mit Spaß und intrinsisch motiviert. Vielleicht werden Sie jetzt denken "Wenn das so einfach wäre ... ", weil es in der Realität Ihres Arbeitsumieldes natürlich auch Aufgaben gibt, die niemand gerne macht, die aber dennoch delegiert werden müssen. Im giinstigen Falle haben sie vielleicht noch den positiven Nebeneffekt, dass der Mitarbeiter, der sie übernimmt, dabei etwas lernt. Anderenfalls gilt es, Klarheit darüber zu schaffen, dass auch unbeliebte Aufgaben zum Gesamterfolg des Teams und des Unternehmens beitragen und schlicht und ergreifend erledigt werden müssen. Hierbei geht es dann nicht um die explizite Motivation des Einzelnen, sondern um die Erfolgssicherung für das Team und das Unternehmen. Wichtig bei unbeliebten Aufgaben ist, diese gleichmäßig auf die Mitglieder des Teams zu verteilen und zu erklären, warum diese wichtig sind. Werfen wir abschließend zum Thema Delegieren noch einen Blick auf den dritten wichtigen Aspekt des Delegierens: Das Lernen für Mitarbeiter bzw. die Entwicklung von Mitarbeitern. Mitarbeiter reagieren auf die Übernalune neuer oder zusätzlicher Aufgaben nicht immer mit spontaner Freude. Lernen und sich entwickeln heißt ja auch, ich übernehme Aufgaben, die ich bisher noch nicht bearbeitet habe. Aufgaben, von denen ich nicht weiß, ob ich sie erfolgreich ausführen kann. Für bestimmte Mitarbeiter ist dies kein Problem (grüne Machtmotivation, rote Anerkennungsmotivation, griine Rache/Kampf-Motivation,
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Besondere Führungssituationen gestalten
rotes Motiv Emotionale Ruhe). Für andere kann aber genau dieser Aspekt schon eine große Hürde darstellen (grüne Anerkennungsmotivafum.. grünes Motiv Emotionale Ruhe). Trotzdem können Sie in diesen Fällen natiirlich nicht sagen "Ich bewahre dich vor frem· den. neue:n" herausfordernden Aufgaben" und dabei in Kauf nehme:n. dass clieser Mitarbeiter sich nicht entwickeln und nichts Neues mehr 1.emen wird. Vielmehr geht es an dieser Stelle dartJm.. den Mitarbeiter bei der Aufgabenbearbeitung so anzuleiten und zu begleiten.. dass zu große Unsicherheiten und Ängste vor Misserfolgen undIoder deren Konsequenzen erst gar nicht entstehen. Lernen heiSt,. den Mitarbeiter aus seiner Komjr:ntzlJne herauszuföhren und ihm neue Otancen zu ermöglichen. Hat ein unsicherer Mitarbeiter die Aufgabe darm erfolgreich bearbeitet werden der Stolz und die Freude umso größer sem. Dies ist in der nachfolgenden Abbildung noch einmal grafisch dargestellt. Es ist Aufgabe der Führungskräfte, die Mitarbeiter (auch gegen deren eventuelle Einwände) immer wieder aus der Komfortzone in die Lernzone zu bewegen. Nur in der LernzJme ist die aktive Weiterentwicklung des Mitarbeiters möglich. Eine Bewegung in die Zone der Überforderung sollte jedoch auf keinen Fall erzwungen, sondern aktiv verhlndert werden. um Demotivation zu vermeiden.
AbbildunJ 7.2
Zonen der MitarbeiterförderunI sowie dazugehörige Emotionen
..-.
Feedback als Basis des Erfolgs
7.3
165
Feedback als Basis des Erfolgs
Feedback ist em weiterer wichtiger Bestandteil eines motivierenden Führungshandelns. Im Grunde genommen geben Sie mit vielen kiemen Rückmeldungen Feedback an ihre Mitarbeiter. Allein die Aussage "In dieses Schreiben müssen wir noch einen weiteren Absatz einfügen" ist schon eme Rückmeldung, dass bei diesem Schreiben noch etwas fehlt. Im Tagesgeschäft machen wir uns häufig wenig Gedanken darüber, was wir mit diesen vielen kleinen Aussagen bewirken oder auslösen. Das ist gut, birgt aber auch Gefahren, denn wir können dabei ganz unbemerkt motivierend wirken, aber auch demotivierend. Das macht Feedback alles andere als trivial. Grundsätzlich hat Feedback viele positive Aspekte. Oberste Zielsetzung ist, dem Mitarbeiter zu vermitteln, was richtig und falsch ist hinsichtlich seiner Vorgehensweise, seiner Arbeitsqualität, seiner Quantität und der benötigten Zeit und wie er seine Leistung weiter optimieren kann. Damit dient Feedback der fortwährenden Ausbildung der Mitarbeiter, da sie nur so erfahren können, wann sie ihre Aufgaben gut erledigen. Mit Feedback vermitteln Sie immer auch eigene Wertvorstellungen und Erwartungen an die Aufgabenerfüllung. Nur auf diese Weise bekommen Mitarbeiter eine Richtschnur, an der sie sich orientieren können. Feedback hilft uns dabei, Probleme zu lösen und Missverständnisse zu klären. Wenn über Dinge, die vom Mitarbeiter anders als erwartet ausgeführt wurden, geredet wird, kann geklärt werden, ob es sich hierbei um Unkenntnis und Nichtkönnen eines Mitarbeiters handelt, ob Führungskraft und Mitarbeiter einfach anemander vorbei geredet haben oder ob es aufgrund unterschiedlicher Motive um unterschiedliche Werte und Vorstellungen geht. All diese Aspekte tragen natiirlich auch dazu bei, dass em Abgleich zwischen Selbsteinschätzung und Fremdcinschätzung (gleichzusetzen mit Selbstbild und Fremdbild) erfolgt. Der Mitarbeiter weiß, wo er in den Augen seiner Führungskraft steht und wie diese seine Leistung einschätzt. Dies kann er mit seiner Selbsteinschätzung abgleichen. Besonders wichtig ist hier, wie in Kapitel 3 bereits angeführt, dass der Mitarbeiter auch Feedback zu Verhaltensweisen bekommt, die er selber gar nicht wahrnimmt (blinde Flecken), für die er kein Bewusstsein, vor allen Dingen hinsichtlich ihrer Wirkung
auf andere, hat. Das Gleiche gilt natiirlich auch umgekehrt, wenn der Mitarbeiter seiner Führungskraft Feedback gibt. Sollten Thre Mitarbeiter llmen Feedback geben, freuen Sie sich darüber und nutzen Sie es intensiv zur Verbesserung und Weiterentwicklung ihres eigenen Führungshandelns. Zu guter Letzt trägt Feedback natiirlich auch zur Intensivierung der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter bei. Ohne an dieser Stelle tiefergehend auf die grundlegende Frage, wie man richtig Feedback gibt, einzugehen, ist es selbstverständlich, dass Sie bei Ihrem Feedback immer darauf achten sollten, dass dieses konkret auf ein Verhalten oder emen Sachverhalt bzw. eine inhaltliche Leistung bezogen, fair und sachlich ist und konstruktiv erfolgt. Konstruktiv bedeutet hier nichts anderes, als dass Sie dem Mitarbeiter - vor allen Dingen bei kritischem Feedback - aufzeigen, wie er seine Leistung verbessern oder weiterentwickeln kann. Sehr vorteilhaft für Feedback an ihre Mitarbeiter ist die Verwendung von Ich-Botschaften. Ich-
166
Besondere Führungssituationen gestalten
Botschaften beinhalten, dass Sie Thr Feedback in der Form formulieren: "In meiner Wahrnehmung können Sie diese Leistung noch qualitativ höherwertig ausführen." Aussagen in der Ich-Form sind weniger angreifend und darüber hinaus ist Thre Wahrnehmung unstrittig. Selbstverständlich kann der Mitarbeiter der Meinung sein, dass die Qualität seiner Leistung ausreicht, deswegen ist Thre Wahrnehmung aber nicht falsch und Sie können sie dem Mitarbeiter für seinen persönlichen Lernerfolg vermitteln. Ich-Botschaften wirken darüber hinaus auf den Feedbackempfänger weniger vorwurfsvoll. D. h., die Gefahr, dass sich ein Mitarbeiter verschließt - vor allem bei kritischer Rückmeldung - ist geringer. Wenn Sie literatur zur Mitarbeiterführung lesen, wird dort häufig beschrieben, dass man erst die guten Leistungen des Mitarbeiters benennen und im Anschluss daran die kritischen Aspekte anführen soll. Ich persönlich halte dieses Vorgehen für nicht zielführend, da die zuletzt genannte, schlechte Leistung besser im Gedächtnis des Mitarbeiters bleibt. Darüber hinaus treffen Sie bei diesem Vorgehen immer eine "Ja, aber ... "-Aussage und das "Aber" stellt Thr Lob infrage. Sicherlich werden Mitarbeiter entsprechend ihrer Persönlichkeit unterschiedlich damit umgehen, die Gefahr ist aber sehr hoch, dass die gute Leistung in den Hintergrund rückt und der Mitarbeiter mit dem Eindruck "Oh man, habe ich wieder viel falsch gemacht" Thr Büro verlässt. Dies ist nicht besonders motivierend. ZieIfiihrender ist es, Feedback in Form des sogenannten Sandwichmodells zu geben. Nachfolgende Abbildung macht dies deutlich. Abbildung 7.3
Das Sandwichmodell des Feedbacks
Damit Feedback angenommen wird und wirksam ist:
Mir gefällt sehr gut, dass ...
Mir gefällt sehr gut, dass ...
Feedback als Basis des Erfolgs
167
Betrachten wir Feedback unter motivatorischen Gesichtspunkten, ist es wichtig, sich vor dem Feedback zu fragen, wie die Motivstruktur Thres Mitarbeiters aussieht. Bei stark ausgeprägten Motiven gilt es, deren positiven Einfluss auf Leistung und Zusammenarbeit entsprechend zu honorieren. Gleichzeitig sind mit starken Motivausprägungen oft auch Lemfelder für den Mitarbeiter verbunden. So führt eine stark ausgeprägte rote Beziehungsmotivation für einen Mitarbeiter z. B. zu der Fähigkeit, dass er Aufgaben gut alleine und konzentriert bearbeiten kann. Auf der anderen Seite fällt ihm aber vielleicht der Small Talk zum Gesprächseinstieg mit einem Dienstleister, mit dem er zusammenarbeiten muss, sehr schwer. Hier ist es wichtig, ihm deutlich zu machen, dass er, wenn er Small Talk lernt, zusammen mit den Kompetenzen und Eigenschaften, die sich aus der stark roten Beziehungsmotivation für ihn ergeben, eine deutliche Erweiterung seines persönlichen Handlungs- und Verhaltensspektrums gewinnt, die ihm in vielen Situationen helfen wird. Nicht nur Sie als Führongskraft sollen durch den Erwerb zusätzlicher Kompetenzen in Feldern, in denen Sie entsprechend Threr persönlichen Motivausprägung inuner bevorzugt in eine beslimmte Richtung handeln. lernen, sondern auch Thre Mitarbeiter. Es geht dabei also immer darum, zu überlegen "Welches Motiv spreche ich mit meinem Lob, mit meiner Kritik bei meinem Mitarbeiter an und was sollte ich vor diesem Hintergrund bei der Formulierung besonders beachten?". Zwei Motivausprägungen erfordern bei der Auseinandersetzung mit Feedback besondere Aufmerksamkeit. Hierbei handelt es sich um die grüne und die rote Anerkennungsmotivation. Mitarbeiter mit einer griinen Anerkennungsmotivation gehen mit Feedback komplett anders um als Mitarbeiter mit einer roten Anerkennungsmotivation. Beide Mitarbeitertypen werden vielleicht formulieren, dass sie Feedback gut und wertvoll finden, "Mit der Hand auf dem Herzen" gilt dies allerdings nur für die Mitarbeiter mit roter Anerkennungsmotivation. Positives Feedback finden auch Mitarbeiter mit griiner Anerkennungsmotivation gut. Für sie stellt es ihre Leistungsgrundlage dar. Wenn aber Gefahr besteht, dass sie negatives Feedback erhalten könnten, wird ein griin anerkennungsmotivierter Mitarbeiter, wenn er ehrlich ist, wahrscheinlich inuner sagen "Ich kann auf dieses Feedback gut verzichten". Er hat Angst davor, denn die Kritik würde ihn verletzen und verunsichern. Nachfolgend eine genauere Betrachtung der Feedback-Problematik.
7.3.1
Mitarbeiter mit grünem Anerkennungsmotiv
Mitarbeiter mit griinem Anerkennungsmotiv streben danach, fehlerfrei zu arbeiten und ihre Leistung perfekt abzugeben, um für diese Leistung anerkannt und gelobt zu werden. Sie prüfen ständig, ob das, was sie tun, von ihrer Umwelt honoriert wird oder nicht. D. h., sie haben feine Antennen für Rückmeldungen von außen und für das, was sie gut und das, was sie schlecht gemacht haben. In der Regel können Sie davon ausgehen, dass Mitarbeiter mit grüner Anerkennungsmotivation sehr genau wissen, was sie gut und was sie nicht gut gemacht haben. Sie sind sich selbst gegenüber sehr kritisch und werten ihre eigene Leistung lieber ab als auf. Zum Teil neigen sie allerdings auch dazu. eigene Fehler zu verbergen, weil sie die Kritik vermeiden wollen. Mitarbeiter mit griiner Anerkennungsmotivation fühlen sich schnell kritisiert, auch wenn dies in einer bestimmten Situation gar nicht
168
Besondere Führungssituationen gestalten
Due Intention war. Die einfache Frage "Ist der Brief an die Bank schon raus?" führt bei dem Mitarbeiter mit griiner Anerkennungsmotivation zum Erleben von Kritik, wenn er den Brief noch nicht verschickt hat. Er hört Kritik, weil er weiß, dass er die Leistung noch nicht erbracht hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie Ihre Frage kritisch oder nur interessiert gesteilt haben. Vor diesem Hintergrund sollte es Sie in Zukunft nicht mehr wundem, wenn ein Mitarbeiter auf eine von Ihnen neotral gemeinte Aussage plötzlich emotional reagiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass er in Ihre neutrale Aussage Kritik hineininterpretiert, ist hoch, weil er für sich selbst der Meinung ist, dass er die Leistung schon längst hätte erbringen müssen. Anerkennung und Wertschätzung sind für griin anerkennungsmotivierte Mitarbeiter ihre intrinsische Leistungsgrundlage. Ist sie vorhanden, leisten sie aus sich selbst heraus. Darum werden Sie bei diesen Mitarbeitern eine Leistungssteigerung erleben, wenn sie Wertschätzung und positives Feedback von Ihnen bekommen. Dabei muss dieses positive Feedback nicht immer in einem Vier-Augen-Gespräch erfolgen. Es ist oft schon das kleine "Danke#, "Gut gemacht'l, "Schön", "Gefällt mir gut'l im Alltag. Ein explizites, positives Feedback motiviert und erfreot den Mitarbeiter umso mehr. Geht es bei einem Mitarbeiter mit griiner Anerkennungsmotivation darum, dass Sie zu seiner Leistung Kritik äußern müssen, gibt es einige Tipps, um zu vermeiden, dass der Mitarbeiter aufgrund der Kritik demotiviert reagiert: • Formulieren Sie Due Kritik vorsichtig und nicht zu direkt. Bei Mitarbeitern mit griiner Anerkennungsmotivation ist es durchaus zielführend, dass Sie Due kritischen Äußerungen mit ein paar "Schleifen" verpacken. Seien Sie sicher: Der Mitarbeiter hört Ihre Kritik trotzdem sehr gut. Die "Schleifen" werden Ihnen insbesondere dann schwerfallen, wenn Sie selbst eine rote Anerkennungsmotivation haben. Dann haben Sie die Überzeogung, dass man Dinge klar benennen kann, wie sie sind. Das kann für den Mitarbeiter mit griiner Anerkennungsmotivation aber schnell zu hart sein. • Fragen Sie den Mitarbeiter nach seiner Selbsteinschätzung zu der erbrachten Leistung. Griin anerkennungsmotivierte Mitarbeiter haben eine kritische Selbsteinschätzung. Meistens sind sie der Überzeogung, dass sie inuner noch etwas hätten besser machen können. Vor diesem Hintergrund wird der Mitarbeiter eher eine realistische Selbsteinschätzung abgeben. Dadurch wird es Ihnen erleichtert, Ihre eigene Kritik zu formulieren. Z. T. wird es reichen, wenn Sie auf der kritischen Selbsteinschätzung des Mitarbeiters aufbauend formulieren, dass Sie die Situation genauso einschätzen wie er. • Bei Mitarbeitern mit griiner Anerkennungsmotivation müssen Sie den Fehler oft nicht explizit benennen. Wenn doch, benennen Sie ihn einmalig und kurz und wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit dann auf die Aspekte, die es dem Mitarbeiter ermöglichen, in Zukunft eine erfolgreiche Leistung zu bringen. Dafür wird er sich entsprechend anstrengen. "Hacken" Sie hingegen nur auf der Fehlleistung herum und geben dem Mitarbeiter keine Verbesserungshinweise, wird Ihr Kritikgespräch ZU einem Demotivationsgespräch.
Feedback als Basis des Erfolgs
169
• Wenn Sie die Leistung des Mitarbeiters kritisieren müssen, stellen Sie zu Beginn Ihrer Kritik gegenüber dem Mitarbeiter klar, dass Sie ihn in seiner Gesamtleistung und als Person sehr schätzen. Grün anerkennungsmotivierte Mitarbeiter können eine sachliche Kritik nicht inuner von einer persönlichen Kritik trennen. Sie vermischen beides und gehen mit der inneren Überzeugung aus Ihrem Büro: "Ich bin schlecht." • Bei grün anerkennungsmotivierten Mitarbeitern müssen Sie damit rechnen, dass diese bei Kritik eventuell sehr emotional reagieren. Es kann durchaus passieren, dass diese Mitarbeiter plötzlich zu weinen beginnen. Sprechen Sie Verständnis für die emotionale Reaktion aus und betonen Sie noch einmal die Bereiche, in denen sie gute Leistungen erbringen. Eine emotionale Reaktion kann sich auch in einer Abwehrhaltung des Mitarbeiters ausdrücken. Diese Abwehr äußert sich häufig in Rechtfertigungen und Aussagen dazu, warum er für die Fehler eigentlich gar nichts kann. In der Zusammenarbeit mit grün anerkennungsmotivierten Mitarbeitern hat es sich für mich sehr bewährt, ihnen viel Zutrauen und Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit zu geben. Gerade wenn neue Aufgaben in Angriff genommen werden müssen, ist es für den Mitarbeiter gut, wenn Sie ihm vermitteln, dass Sie davon überzeugt sind, dass er das gut machen wird und dass er alle notwendigen Kompetenzen für die Aufgaben besitzt. Machen Sie Ihrem Mitarbeiter Mut, damit er mit Selbstbewusstsein an die Aufgabe herangehenkann.
7.3.2
Mitarbeiter mit rotem Anerkennungsmotiv
Deutlich anders stellt sich der Umgang mit Kritik bei Mitarbeitern mit roter Anerkennungsmotivation dar. Mitarbeiter mit roter Anerkennungsmotivation sind von ihrer eigenen Leistung und Leistungsfähigkeit überzeugt. Vor dem Hintergrund ihres hohen Selbstbewusstseins Ge nach Ausprägungsgrad des Motivs) sind sie davon überzeugt, dass sie gut sind und ihre Aufgaben erfolgreich bearbeiten. Dies führt auch dazu, dass Sie bei einem Mitarbeiter mit roter Anerkennungsmotivation - auch bei einer Aufgabe, die er noch nie gemacht hat - kein großes Zögern erleben werden. Bei der Frage "Hast Du das schon einmal gemacht und kannst Du das?" kommt ggf. ein trockenes "Nein, aber ich mache das dann mal" zurück. Häufig sind sie auch zutiefst davon überzeugt, dass sie mit ihrer Meinung Recht haben und die anderen im Umecht sind. Mitarbeiter mit rotem Anerkennungsmotiv brauchen kein explizites Lob zum Aufbau ihres Selbstbewusstseins. Halten Sie sich auch bei diesen Mitarbeitern trotzdem an die Regel "Lob schadet niemandem". Eine meiner Mitarbeiterinnen mit roter Anerkennungsmotivation bekommt aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen viel Lob von mir. Eimnal sagte sie zu mir: "Ich brauche das zwar nicht, aber mach trotzdem weiter, es ist schön zu hören." Auch bei Mitarbeitern mit rotem Anerkennungsmotiv sollten Sie auf Lob, Anerkennung und Wertschätzung nicht verzichten. Im Gegensatz zu den Mitarbeitern mit grünem Anerkennungsmotiv brauchen Mitarbeiter mit rotem Anerkennungsmotiv sehr klare, konkrete und sachliche Kritik. Bei diesen Mitarbeitern kann es schon einmal notwendig sein, dass Sie Ihre kritischen Amoerkungen deutlich formulieren müssen. Dies ist insbe-
170
Besondere Führungssituationen gestalten
sondere dann wichtig, wenn Sie als Führongskraft selbst eine grüne Anerkennungsmotivation haben. Dann fällt es Urnen schwer, Kritik in der notwendigen Klarheit und Direktheit zu formulieren. Sie selbst würde eine so deutliche Kritik verletzen. Gegenüber lliren rot anerkennungsmotivierten Mitarbeitern brauchen Sie diese Klarheit aber, damit sie die Kritik überhaupt als solche verstehen. Ist Ihre Kritik berechtigt und sachlich, hat der Mitarbeiter in der Regel keine Schwierigkeiten damit, sie anzunehmen. zu akzeptieren und sich vielleicht sogar dafür zu bedanken. Sie sollten durch Nachfragen auf jeden Fall absichern. ob der Mitarbeiter die kritischen Anmerkungen richtig verstanden hat und in korrekte Handlungsimpulse umsetzt. Fehlt die Klarheit in Ihren Aussagen. werden rot anerkennungsmotivierte Mitarbeiter Ihre kritisch gemeinten Aussagen als gar nicht so kritisch wahrnehmen und deswegen auch eine Veränderung ihres Verhaltens nicht für notwendig erachten. Schwieriger wird die Vermittlung von Kritik an rot anerkennungsmotivierte Mitarbeiter dann. wenn diese Ihre Kritik als unsachlich oder unberechtigt empfinden. Sie neigen dann dazu, Ihre Worte schlichtweg abzulehnen. nicht anzunehmen und Sie als Kritiker gleichsam abzuwerten. Auch hier habe ich schon sehr emotionale, abwehrende Reaktionen von Mitarbeitern mit roter Anerkennungsmotivation erlebt. Ein Problem entsteht auch dann. wenn der Mitarbeiter Sie als Kritikgebenden nicht akzeptiert. Rot anerkennungsmotivierte Menschen nehmen nicht von jedem Kritik an. Ein Nichtakzeptieren der Kritik kann in einem grundsätzlichen Akzeptanzproblem begriindet sein. So haben wir es bei uns im Unternehmen bereits erlebt, dass stark rot anerkennungsmotivierte Praktikanten von jungen Beratern keine Kritik annehmen wollten und einiach bei ihrer Meinung und ihrem Vorgehen geblieben sind. Die gleiche Kritik durch die Geschäftsführung wurde sofort akzeptiert. Ein Nichtannehmen der Kritik kann auch vor dem Hintergrund erfolgen. dass der Mitarbeiter der Meinung ist, Sie als Chef machen es selbst auch nicht besser.
Ein Mitarbeiter erlebte seine Führungskraft aufgrund des grünen Neugiermotivs als sehr sprunghaft und chaotisch. Der Mitarbeiter hatte eine rote Ordnungsmotivation und agierte entsprechend unsystematisch und z. T. konzeptlos. Das wurde von der Führungskraft kritisiert. Die Antwort des Mitarbeiters war: "Die Führungskraft muss erst einmal selber ihr Verhalten ändern. sie ist ja selbst völlig chaotisch."
7.4
Missverständnisse vermeiden, Konflikte erkennen und klären
Wenn wir mehrere Menschen versammeln und sie zusammenarbeiten lassen, entstehen im Alltag häufig schnell und sehr leicht Unstimmigkeiten und Konflikte. Es geht um unterschiedliche Sichtweisen. Meinungen. Interessen, Herangehensweisen usw. Können diese Themen untereinander zeitnah geklärt werden. sind kleinere Konflikte in der Zusammenarbeit auch nicht weiter tragisch. Sie dienen vielmehr dazu, Unterschiede in der Sichtweise und Herangehensweise offenzulegen und ermöglichen Absprachen oder ein "Sich-Einstellen" darauf. Schwierig wird es dann. wenn die Kontrahenten untereinander oder auch
Missverständnisse vermeiden, Konflikte erkennen und klären
171
Sie als Führungskraft es, aus welchen Gründen auch immer, versäumen, einen Konflikt frühzeitig anzusprechen und eine Klärung in dem Stadium herbeizuführen, in dem dies noch leicht möglich ist. Solche nicht angesprochenen Konflikte haben die Tendenz, vor sich hin ZU schwelen und sich zu verschlimmern bzw. zu vertiefen. In der nachfolgenden Abbildung werden die Stufen der Konflikteskalation nach F. Glasl dargestellt (2009). Sie machen deutlich, wie es aus einer leichten Verstimmung relativ schnell auch zu einem wirklichen "Krieg" unter den Beteiligten kommen kann. Abbildung 7.4
Die neun Eskalationsstufen nach Glasl
Die Stufen der Konflikteskalation nach Glasl beschreiben den Konfliktverlauf in seiner Intensität. Bei der Betrachtung von Konflikten kann man darüber hinaus grundsätzlich vier unterschiedliche Ebenen, auf denen Konflikte stattfinden können, unterscheiden. Die vier Ebenen - Sachebene, Prozessebene, Beziehungs-IRollenebene, Sinnebene - beschreiben zum einen, worum es in einem Konflikt geht, zum anderen machen sie aber auch deutlich, dass eine Lösung umso schwieriger wird, je tiefer die Ebene ist, auf der der Konflikt liegt. Nachfolgende Abbildung verdeutlicht die unterschiedlichen Konfliktebenen.
1n
Besondere Führungssituationen gestalten
AbbIlduns 7.5
Die Ebenen des Konflikts
• Konflikte können alle Ebenen durchlaufen. Eine nachhaltige Lösung ist nur auf der Ebene möglich, auf der der Konflikt sich tatsächlich befindet • • Ungelöste Konflikte auf der Beziehungsebene machen z.B. die Lösung auf einer der darüber liegenden Ebenen unmöglich.
Rollellebene (wie wird miteinander umgegangen?)
Stnnebene (wird das gleiche Ziel I der gleiche Zweck verfolgt?)
Um die Schwierigkeiten. die wir bei der Konfliktlösung häufig haben. zu verstehen. ist es wichtig, zu wissen, dass es für jede Konfliktklärung notwendig ist, im ersten Schritt zu klären. auf weicher Ebene ein Konflikt liegt. liegt ein Konflikt z. B. auf der Beziehungs/Rollenebene und eine Konfliktlösung wird auf der Sachebene herbeigeführt, wird diese nicht tragfähig sein. Der tatsächliche Konflikt auf der Beziehungs-/Rollenebene ist nicht gek1ärt und wird immer wieder dazu führen. dass neue Konflikte auf der Prozess- oder Sachebene entstehen. Das heißt, eine wirkliche Konfliktlösung ist nur möglich, wenn die Konflikte auf der "richtigen" Ebene angegangen werden. Auf der Sachebene geht es um sachlich-inhaltliche Fragen. In der Regel können wir diese Fragen relativ leicht durch ein vernünftiges, klärendes Gespräch und das Sammeln von Fakten klären. Zum Teil geht es hier eher um Verhandlungssituationen als um wirkliche Konflikte. Diese Unterscheidung "Verhandlung versus Konflikt" ist dort erlaubt, wo auf der Sachebene noch keine Emotionen im Spiel sind. Von einem wirklichen Konflikt reden wir erst dann. wenn die betroffenen Personen auch emotional involviert sind. Nach der Theorie der 16 Lebensmotive entstehen Konflikte im ersten Schritt aus Missverständnissen. Mit Missverständnis ist gemeint, dass eine Person A eine Person B bei ihrem Handeln beobachtet und deren Handeln in keiner Weise nachvollziehen kann. Es geht hier also um ein wirkliches "Ich verstehe Dich nicht". Nehmen wir als Beispiel das Ordnungsmotiv. Beobachtet eine rot ordnungsmotivierte Person eine griin ordnungsmotivierte bei der Gestaltung ihrer Ablage, wird sie dieser wahrscheinlich verständnislos zusehen, sich über die an den Tag gelegte Akribie wundern und sich vielleicht denken: "Man kann es
Missverständnisse vermeiden, Konflikte erkennen und klären
173
auch übertreiben." Nicht viel anders wird es der grün ordnungsmotivierten Person gehen, wenn sie die Ablage des rot ordnungsmotivierten Kollegen betrachtet. Bei der Betrachtung der auf dem Schreibtisch aufgehäuften und vielleicht auch noch auf dem Fußboden vorhandenen Ablagestapel wird ihr nicht mehr einiallen als: "Was für ein Saustall, wie kann man in diesem Umfeld nur arbeiten?" Beide können das gegenseitige Vorgehen nicht verstehen. weil es nicht in ihr persönliches Werte- und Motivationsprofil passt, nicht ihrer Vorstellung von "richtig" und "falsch" entspricht. Jeder ist durch seine Motive geprägt: Die grün ordnungsmotivierte Person durch ihr Streben nach Struktur, Ordnung etc. und die rot ordnungsmotivierte durch das Streben nach Spontaneität, Flexibilität und Freiheit von Strukturen. Schauen die beiden sich nur kopfschüttelnd zu und gehen sich in der weiteren Zusammenarbeit aus dem Weg, wird außer einigen spitzen Bemerkungen im Alltag nicht viel passieren. Ein Konflikt nimmt seinen weiteren Verlauf, wenn eine der beiden Personen der sogenannten Selbstillusion oder auch Selbstüberschätzung unterliegt, die sie glauben lässt, dass ihr eigenes Vorgehen das einzig richtige ist. Wenn dieser Gedanke handlungsrelevant wird, beginnt der sogenannte Prozess der Wertetyrannei. Mit Wertetyrannei ist gemeint, dass Person A beginnt, Person B davon überzeugen zu wollen, dass ihr Vorgehen und ihre Sichtweise die einzig richtige ist und Person B jetzt unbedingt ihr Handeln ändern muss. Zurück zu unserem Beispiel könnte Person A als grün ordnungsmotivierter Mensch z. B. anfangen, Person B beibringen zu wollen. wie man eine Ablage richtig organisiert, wie man aufräumt, wie man Ordner beschriftet usw. Person B wird dies sehr schnell als Eingriff in ihre persönliche Gestaltungsfreiheit und in ihr eigenes Wertesystem erleben. Entsprechend wird sie anfangen, sich dagegen zu wehren und ihrerseits Person A zeigen wollen. dass deren "Ordnungswahn" die reinste Zeitverschwendung ist. Dieser Prozess, geprägt durch Missverständnis, Selbstillusion und Wertetyrannei, führt schnell zu einem handfesten Konflikt. Vermieden werden könnte dies nur, wenn beide Personen die innere Reife haben. zu sagen: "Du bist halt anders als ich. Mach es, wie Du willst. Ich dränge dir meine Überzeugung nicht auf." Übertragen wir diese drei Schritte der Konfliktentstehung auf die vier Konfliktebenen. dann können wir diesen Ablauf bereits auf der Sach- und auf der Prozessebene beobachten. Immer dort, wo die Persönlichkeit ins Spiel kommt und damit auch eine emotionale Beteiligung, verschärfen sich Konflikte. Auf der Sachebene kann es z. B. um die Frage " Was machen wir?" gehen. Unterschiedliche Haltungen in dieser Frage können sich zum einen aus einem "Gegeneinander welches in unterschiedlichen Motiven begründet ist, ergeben. Der Mitarbeiter mit grünem Machtmotiv will das Konzept noch fertig machen. während der Mitarbeiter mit grünem Familienmotiv wie versprochen zu seinen Kindern will. Der Mitarbeiter mit einem grünen Neugiermotiv will unbedingt noch Informationen recherchieren. während der Mitarbeiter mit grünem Essensmotiv Mittagspause machen will. Konflikte auf der Sachebene können aber auch in den unterschiedlichen Vorlieben. die sich aus unterschiedlichen Ausprägungen in einem Motiv ergeben. resultieren. So will der Mitarbeiter mit einem roten Motiv Emotionale Ruhe beim jährlichen Teamevent eine Klettertour machen, während der Kollegen mit grünem Motiv Emotionale Ruhe ein Wellness-Wochenende bevorzugt. ll ,
174
Besondere Führungssituationen gestalten
Auf der Prozessebene befinden wir uns noch auf einer Ebene, auf der das Für und Wider einer bestimmten Vorgehensweise sachlich diskutiert werden könnte. Trotzdem stellen wir bei einer genaueren Betrachtung fest, dass es auch auf dieser Ebene bereits stark um persönliche Vorlieben geht - und damit auch um Motive. Bei der Frage" Wie machen wir es?" kann es sowohl zu Missverständnissen als auch zu Selbsti11usion und Wertetyrannei kommen. Es geht dann um die Frage: "Warum siehst du nicht ein, dass mein Vorgehen das richtige ist und wir es unbedingt so und auf keinen Fall anders machen müssen?" Verschiedene Vorgehensweisen können sich aus den unterschiedlichsten Motiven ergeben. Beim Motiv Teamorientierung geht es z. B. um die Frage "Wie viel machen wir zusam-
men?" (grünes Motiv Teamorientierung) bzw. "Ist zu viel Zusammenarbeit nicht einfach Zeitverschwendung und jeder macht seinen Teil alleine?" (roteS Motiv Teamorientierung). Beim Motiv Ordnung kann es z. B. um die Frage gehen "Stellen wir zuerst einen Prozess auf (griine Ordnungsmotivation) oder fangen wir einfach mal irgendwie an?" (rote Ord-
nungsmotivation). Unterschiedliche Vorgehensweisen ergeben sich z. B. auch aus dem Motiv Ziel- & Zweckorientierung. Hier geht es um die Frage "Orientieren wir uns in unserem Vorgehen an bestimmten Regeln. Absprachen und Werten (rotes Motiv Ziel- & Zweckorientierung) oder suchen wir den pragmatischen und am schnellsten realisierbaren Weg?" (griines Motiv Ziel- & Zweckorientierung). Die Rache/Kampf-Motivation stellt ein weiteres Beispiel dar. Hierbei geht es um die Frage "Gehen wir harmonisch/harmonisierend vor (rote Rache/Kampf-Motivation) oder zeigen wir dem anderen, dass wir die Stärkeren sind?" (griine Rache/Kampf-Motivation). Stellen Sie sich vor, bei der Projektorbeit hat eine andere Abteilung die notwendigen Vorarbeiten für Thre Mitarbeiter nicht geleistet. Da dadurch Thre Mitarbeiter mit einer bestimmten Arbeit nicht rechtzeitig fertig werden konnten, haben Sie Ärger mit dem Bereichsleiter bekommen. Von Thren beiden Mitarbeitern hat einer eine rote und der andere eine griine Rache/Kampf-Motivation. Beide ärgern sich über den Vorfall, gehen aber dennoch völlig unterschiedlich damit um. Während Thr Mitarbeiter mit der griinen Rache/Kampf-Motivation wie folgt argumentiert: "Das können wir uns nicht gefallen lassen. wir müssen uns unbedingt wehren. dagegen müssen wir angehen. hier müssen wir uns unbedingt durchsetzen", wird ihr Mitarbeiter mit der roten Rache/Kampf-Motivation eher argumentieren: "Streiten bringt doch nichts, das macht doch alles nUl' noch schlimmer, wir müssen miteinander reden und einen Konsens
finden. wir müssen auch auf die aoderen zugehen." Die Situation kann durchaus eskalieren, SO dass Thre beiden Mitarbeiter miteinander in Konflik1 geraten. weil sie sich nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise im Umgang mit der Nachbarabteilung einigen können. Erfolgt nicht rechtzeitig eine Klärung, durch die für beide die unterschiedlichen Sichtweisen verständlich werden, durchlaufen sie den Prozess "Missverständnis", "Selbstüberschätzung" und "Wertetyrannei" und werden miteinander streiten.
Missverständnisse vermeiden, Konflikte erkennen und klären
175
Wenn Sie unter Thren Mitarbeitern vergleichbare Kontroversen beobachten, ist es gut, möglichst schnell einzugreifen. Nachdem Sie mit jedem einzeln gesprochen haben, sollten Sie beide an einen Tisch holen. um eine gemeinsame Konfliktlösung zu erarbeiten. Hierbei geht es darum, • die unterschiedlichen Sichtweisen aufzudecken, • zu verdeutlichen. dass es in dem Konflikt nicht um ein "Gegeneinander", sondern um unterschiedliche Werte und Bedürfnisse geht, •
die Vor- und Nachteile der einzelnen SichtweisenNorgehensweisen darzustellen.
• Synergien zwischen beiden Vorgehensweisen zu verdeutlichen und • eine Einigung für das Vorgehen in der aktuellen Situation herbeizuführen. Eine Lösung dieser Situation ist nur möglich, wenn den Beteiligten klar ist, dass ihre unterschiedlichen Haltungen aus ihren jeweiligen, gegensätzlichen Motivausprägungen resultieren. Erst dann wird es möglich, für das Gegenüber und seine Vorgehensweise Verständnis aufzubringen. Insgesamt ist es vor diesem Hintergrund wichtig, im eigenen Führungshandeln darauf zu achten, dass unterschiedliche Vorgehensweisen im Team akzeptiert werden und dass ein Verständnis bei den Mitarbeitern dafür vorhanden ist, warum der Einzelne so handelt, wie er es tut. Darüber hinaus können Sie für unterschiedliche Aufgaben unterschiedliche Vorgehensweisen vereinbaren und darauf hinwirken, dass die bevorzugte Vorgehensweise von jedem Einzelnen genutzt wird. Nur so können Sie auf Dauer immer wieder aufkeimende Konflikte vermeiden. Haben die Mitarbeiter verstanden, dass sich aus ihren Motivausprägungen unterschiedliche Vorlieben in der Sachentscheidung, der Prozessgestaltung und im Vorgehen ergeben, können sie das als "falsch" und "fremd" wahrgenommene Vorgehen der Kollegen besser verstehen, sich darauf einlassen und Synergien erkennen. Schwieriger wird die Konflik1klärong, wenn der Konflik1 bereits die Beziehungs-/Rollenebene erreicht hat. Konflikte auf der Beziehungs-/Rollenebene können in jedem Motiv begründet sein. Sie ergeben sich aus dem Prozess "Missverstehen", "Selbstüberschätzungll und "Wertetyrannei". Auf dieser Ebene geht es darum, dass jemand als Person oder in seiner Rolle nicht akzeptiert wird. Eine mangelnde Akzeptanz in der Rolle kann llmen auch als Führungskraft passieren, wenn einer Ihrer Mitarbeiter Sie als seine Führungskraft und als Weisungsbefugten nicht akzeptiert. Auf der Beziehungsebene sind die Beteiligten in der Regel persönlich und emotional sehr involviert. Der Konflikt kann durchaus noch unterschwellig laufen. er kann sich aber auch schon in einem offenen und feindlichen "Gegeneinander" äußern. Auf jeden Fall führt ein solcher Konflik1 zu einer deutlichen Leistungsbeeinträchtigung. Konilikte können direkt auf dieser Ebene beginnen oder sich dort verfestigen, wenn sie auf der Prozessebene nicht geklärt wurden. Die Wertetyrannei kommt jetzt deutlich zum Tragen, die Personen erleben die Aussagen und das Handeln des anderen als persönlichen Angriff. Es besteht die Überzeugung, dass der eine absichtlich die Werte und Bedürfnisse des anderen verletzen will. Ist dieses Stadium erreicht, wird auch auf Kleinigkeiten sehr emotional reagiert. Die beiden Kontrahenten sehen sich ausschließlich negativ und können sich einander kaum noch oder nicht mehr verständlich machen.
Besondere Führungssituationen gestalten
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Ist ein Konflikt so weit fortgeschritten, hilft nur noch eine Konfliktmoderation oder -mediation. Hierbei ist es wichtig, dass Sie als Führungskraft kritisch hinterfragen, ob Sie selbst aufgrund Threr Persönlichkeit als Konfliktmoderator fungieren wollen und können. Zentral ist hierbei die Frage, ob Sie gegenüber beiden Personen und den vorgebrachten Inhalten vollkommen neutral sein können. Die Regeln der Konfliktmoderation gibt Abbildung 7.6 wider.
Abbildung 7.6
Die Regeln der Konfliktmoderation
• Konfliktparteien an einen Tisch bringen • wirklichen Willen zur Konfliktlösung klären • Zeitrahmen des Gesprächs definieren (ausreichend aber auch nicht zu lang) • ruhige und ungestörte Atmosphäre herstellen • Regeln für die Gesprächsführungvereinbaren • Nicht·konfrontativeSitzposition (kein TIsch zwischen den Kontrahenten bzw. nicht gegenüber am TIsch sitzen lassen) einnehmen • eigene Position als ,,Moderator" und die damit verbundene inhaltliche und personelle Neutralität (keine eigene Meinung äußern) sowie die "Funktionsmacht" zur Einhaltung des Prozesses verdeutlichen • Konfliktverbalisieren und damit offen legen: Von beiden Parteien den Konflikt, das Thema formulieren lassen. Klären "Wo liegt der wahre Konflikt", vorgeschobene Konflikte auf einer höheren Ebenen führen nicht zur Lösung • eigene Position und Grundhaltung als Moderator immer wieder überprüfen: Beide Kontrahenten werden gleich gesehen, beide sind "Okay" • Lösungssuche immer wieder forcieren
• Vereinbarung zur Konfliktlösung treffen, und festhalten. Definieren was bei einem erneuten Konfliktfall passiert
Wenn Sie selbst das Gefühl haben, dass Sie einer der beiden Sichtweisen oder Personen näherstehen, sollten Sie auf einen neutralen Konfliktmoderator zurückgreifen. Wichtig ist an dieser Stelle auch die Frage, wie Thr eigener Umgang mit Konflikten aussieht. Sind Konflikte für Sie eher unangenehme Situationen, die Sie in Threm persönlichen Alltag meiden? Dann ist es sicherlich besser einen externen Moderator hinzuzuziehen. Zur Konfliktlösung geht es wieder darum zu klären, wie die unterschiedlichen Sichtweisen, Wahrnehmungen und Befindlichkeiten sind. Es muss geklärt werden, wo Missverständnisse aufgetreten sind, die zu dem Erleben führen: "Der andere handelt gegen mich." Geklärt werden muss auch, was das Handeln beim Gegenüber verursacht und was der Handelnde damit eigentlich erreichen will. J
Missverständnisse vermeiden, Konflikte erkennen und klären
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Das Ziel einer Konfliktmoderation besteht im Aufbau eines gegenseitigen Verständnisses auf der Ebene der persönlichen Motive. Die beiden Kontrahenten müssen verstehen, warum der jeweils andere so handelt, wie er es tut und dass dieses Handeln nicht gegen seine Person gerichtet ist. Doch selbst wenn diese Erkenntnis im Rahmen einer Konfliktmoderation gewonnen wird, bleibt die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kontrahenten schwierig und leicht störbar. Bis sich eine tiefere Einsicht gefestigt hat dass der andere nicht gegen mich arbeitet und eine auf der Sachebene verankerte Akzeptanz der anderen Werte, Vorgehensweisen und Bedürfnisse besteht dauert es eine Weile. Zunächst muss inuner wieder gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden. Für Sie als Führungskraft bedeutet das eine sorgfältige Beobachtung der Mitarbeiter und ein schnelles Ansprechen von Störungen. Es heißt auch immer wieder, daran zu erinnern, woraus sich unterschiedliche Wahrnehmungen ergeben. Ebenfalls gut ist es, Absprachen und Regeln zur Zusammenarbeit zu vereinbaren. Falls die Kontrahenten trotz all Duer Bemühungen nicht zueinander finden, müssen Sie den Kontakt zwischen beiden reduzieren oder die Beteiligten sogar trennen.
Im Rahmen einer Teamentwicklung mit dem Reiss Profile erkannten zwei der Teilnehmer, worin ihre ständig wiederkehrenden Konflikte begriindet waren. Sie waren primär verursacht durch eine unterschiedliche Werthaltung und Motivausprägung in den Mtiven Ordnung und Ziel- & Zweckorientierung. Durch die neu gewonnenen Einsichten in der Teamentwicklung fanden die beiden einen neuen Weg der Zusammenarbeit. Im zweiten Modul der Teamentwicklung berichteten sie von einer deutlich verbesserten und konstruktiveren Zusammenarbeit. Leider fehlte nach Abschluss der Teamentwicklung die Aufmerksamkeit für die Verletzlichkeit der eben neu etablierten Beziehung. So kam es wieder zu Handlungen, die die Beteiligten als gegen die eigene Person gerichtet erlebten. In einem ein Jahr später erfolgenden Strategieworkshop machten sie sich gegenseitig den Vorwurf, sich nicht genügend bemüht zu haben, sich auf den anderen einzustellen. Dieser Verlauf macht deutlich, dass Konflikte, die sich aus unterschiedlichen Motivausprägungen ergeben, schnell wieder aufbrechen können, da die persönliche Verletzlichkeit und Emotionalität bei stark ausgeprägten Motiven sehr hoch sind. Die tiefste Ebene eines Konfliktes ist die Ebene des Sinns. Hier geht es um die Frage, ob eine Zusammenarbeit überhaupt noch sinnvoll ist. Konflikte auf der Sinnebene können sich aufgrund eines sehr unterschiedlichen Erlebens aus deutlich gegensätzlichen Motivausprägungen ergeben. Auf beiden Seiten entsteht das Gefühl, dass man sich einander kaum noch annähern kann. Solche Konflikte können sich auch aus der "Nichtpassung" zwischen der eigenen Persönlichkeit und einer Unternehmenskultur bzw. -struktur ergeben. Übertragen auf eine private Beziehung ist ein Konflikt auf der Sinnebene häufig der Punkt, an dem sich Partner voneinander trennen. Auch im betrieblichen Kontext führen Konflikte auf der Sinnebene zu Trennungen in Form von Kündigungen. Ein Konflikt verfestigt sich auf der Sinnebene, wenn in den früheren Konfliktstadien - auf der Sach-, Przess- oder Beziehungsebene - keine Lösungen herbeigeführt wurden. Hier werden Sie nur über einen erfahrenen Mediator eine Lösung erarbeiten können. Auch in diesem Fall geht es erneut darum, Ursachen und Hintergriinde der Verletzungen aufzudecken und als ersten Schritt den Willen zur Zusammenarbeit zu (re-)etablieren. Alle Beteiligten müssen
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Besondere Führungssituationen gestalten
ehrlich eine Konfliktlösung und eine Verbesserung der gemeinsamen Situation anstreben. Nach Offenlegung der Konfliktursachen müssen klare Absprachen und Maßnahmen vereinbar1 werden. die den Beteiligten helfen. die emotionalen Verletzungen zu verarbeiten und die entstandenen "Gräben" zu überwinden. Auch an dieser SteIle kann es notwendig sein, den Kontakt zwischen beiden zu reduzieren oder Mitarbeiter
ZU
versetzen. Für die
Stabilisierung der Situation sollte ein Zeitraum zur Beobachtung definiert werden. in dem Sie aufmerksam das Miteinander Duer Mitarbeiter beobachten. Intervenieren Sie rechtzeitig, wenn Sie Störungen feststellen. Nur so besteht eine Chance, die Situation tatsächlich nachhaltig zu klären. Die beschriebenen Konfliktdynamiken können selbstverständlich auch auf Sie selbst und die Zusammenarbeit mit einem Duer Mitarbeiter zutreffen. Auch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter besteht die Gefahr, dass sie mit ihren persönlichen Motivausprägungen, Werten und Bedürfnissen sehr weit auseinanderliegen. Als Führungskraft werden Sie dann wahrscheinIich sagen: "Ich verstehe diesen Mitarbeiter einfach nicht, ich komme nicht an ihn heran. Ich weiß nicht, wie ich ihn führen soll. Mir ist unklar, was er eigentlich will." Du Führungshandeln wird auf Seiten des Mitarbeiters zu Widerstand, Ablehnung und auch zu Verletzungen führen - auch wenn Sie dies nicht bewusst intendieren. Der Konflikt resultiert aus dem Missverstehen, der Selbstillusion und der Wertetyrannei inuner da, wo Sie Ihrem Mitarbeiter aufzeigen wollen. dass Ihr Vorgehen das richtige ist, und er vielleicht das Bedürfnis hat, Ihnen durch ein anderes Handeln zu beweisen. dass es auch anders geht. Abbildung 7.7 veranschaulicht mit einem PaarprofiI von einer Führungskraft und einem Mitarbeiter, welche Konfliktfelder sich zwischen diesen beiden Partnern ergeben.
Missverständnisse vermeiden, Konflikte erkennen und klären
Abbildung 7.7
179
Motivvergleich einer Führungskraft (FK) und ihrem Mitarbeiter (MA)
,
I I
.. h/O_Ih
--
MA
Macht
rm
Teamorientierung
Iilm
Neugier
H!!I
Anerkennung:
lIllüJ
Ordnung
lilID
-1,66
Sparen/Sammeln
11m
-0,76
Zlel- &. Zweckorientierung
mI
Idealismus
11m
Beziehungen
Da
-1,24
Famflle
l!lIll
1,15
Status
DDI
-0,68
Rache/Kampf
I'im
-0,84
Schönheit
Im)
Essen
Im)
Körperliche AktMtät
m:iI
Emotionale Ruhe
lImJ
-1,50
r------' r-------'
-0,17 -0,39
'--
-p
~
0,42 2,00
c:: ~
~
0,40
-0,31 0,29 0,6'" -0,38
Die Führungskraft und der Mitarbeiter haben ein hohes Konfliktpotenzial in den Motiven Macht, Anerkennung, Ordnung, Familie, Rache!Kampf und durchaus auch im Statusmotiv. Die Differenzen in den Motivausprägungen machen grundlegend unterschiedliche Werthaltungen in der Frage der Leistungserbringung und Arbeitsgestaltung deutlich. Die Führungskraft ist sehr leistungsmotiviert (grüne Macht-, grüne Rache!Kampf-Motivation), karriereorientiert (grüne Statusmotivation) und relativ selbstbewusst (rote Anerkennungsmotivation). Vor diesem Hintergrund wird sie eher die Überzeugung haben, dass man viel leisten und sich anstrengen muss und dass man dann auch alles schaffen kann. Der Mitarbeiter ist geprägt durch eine rote Machtmotivation und eine grüne Anerken-
180
Besondere Führungssituationen gestalten
nungsmotivation sowie eine rote Rache/Kampf-Motivation und eine grüne Familienmotivation. D. h., für diesen Mitarbeiter steht das Thema Leistungserbringung nicht im Vordergrund seines HandeIns. Wichtig sind für ihn ein gutes Miteinander und die Fürsorge für die Familie. Von wesentlicher Bedeutung ist für ihn darüber hinaus, viel Anerkennung, Wertschätzung und Lob zu bekommen. In der Zusammenarbeit wird es der Führungskraft eher schwerfallen. dem Mitarbeiter bei Beobachtung seines Arbeitsverhaltens ausreichend Wertschätzung entgegenzubringen. Die Führungskraft wird immer wieder das Gefühl haben. dass der Mitarbeiter nicht fleißig genug ist, sich nicht anstrengt und sich nicht wirklich engagiert, sondern nur andere Interessen. wie z. B. seine Familie, im Kopf hat. Dass bei einer solchen Interpretation die notwendige Anerkennung ausbleibt, ist leicht nachvollziehbar. Differenzen werden beide auch in dem Punld haben. wie qualitativ hochwertig unter dem Gesichtspunkt der Ordnung eine Leistung zu erfolgen hat. Um eine gute Zusammenarbeit zu ermöglichen. ist es wichtig, dass sich Mitarbeiter und Führungskraft mit ihren Profilen an einen Tisch setzen und die Differenzen in ihren Wahmehmungen und Werten klären. Für beide ist es notwendig, zu erkennen. wo der jeweils andere eine Synergie im eigenen Verhaltens- und Leistungsspektrum bieten kann. Darüber hinaus werden klare Absprachen die Zusammenarbeit verbessern. Z. B. ist die Führungskraft gefordert, dem Mitarbeiter die notwendige Anleitung und Entscheidungsunterstützung, die er für eine gute Leistungserbringung braucht, zu geben. Darüber hinaus muss die Führungskraft sehr bewusst darauf achten, dem Mitarbeiter für erbrachte Leistungen auch eine positive Rückmeldung zu geben. Hinsichtlich der Ordnung müssen beide eine Vereinbarung treffen, um einen für beide akzeptablen gemeinsamen Nenner zu finden. Auch hinsichtlich des Bedürfnisses, sich um die Familie zu kiimmern, müssen beide absprechen, weiche Freiheiten der Mitarbeiter benötigt, um seinem Familienmotiv Rechnung zu tragen. Hierbei muss aber genauso geprüft werden. was für einen reibungslosen Ablauf in der Abteilung für die Führungskraft tragbar ist. Hinsichtlich der Rache/Kampf-Motivation der Führungskraft muss der Mitarbeiter lernen. sich nicht zu schnell von der Führungskraft angegriffen zu fühlen. Auch muss er lernen, und dies ist insbesondere aufgrund seiner griinen Anerkennungsmotivation schwer für ihn, Verletzungen zu benennen und klare Grenzen gegenüber seiner Führungskraft zu formulieren. Wenn beide verstehen. wo sie sich gegenseitig ergänzen, und sich klarmachen. dass der eine den anderen nicht bewusst verletzen will, und in diesem Sinne eine offene Feedbackkultur etablieren, wird die Zusammenarbeit gut funktionieren können. Die Ausführungen zur Konfliktentstehung und -lösung veranschaulichen, wie hilfreich die Kenntnis und Arbeit mit den 16 Lebensmotiven auch in diesem Bereich ist. Neben der deutlichen Vereiniachung ihres Führungshandelns hinsichtlich der Steuerung, Motivation, Kommunikation und Delegierung bietet ihnen die Theorie der 16 Lebensmotive auch für die Konfliktprävention und -lösung und damit auch für die Teamentwicklung handfestes Wissen und Handlungskompetenz. Sie werden schnell merken, dass Sie mit einem individuellen. an den Motiven ihrer Mitarbeiter orientierten Führungshandeln ihre Ziele leichter, effizienter und für alle zufriedensteIlend erreichen. Leistung erfolgt, weil sie Spaß macht und der Mitarbeiter sie von sich aus erbringt.
Anhang Beschreibung der 16 Lebensmotive Nachfolgend finden Sie eine Beschreibung der 16 Lebensmotive. Aufgeführt ist, welche Bedürfnisse Menschen mit einer entsprechenden Motivausprägung haben und wie sich diese Bedürfnisse auf ihr Erleben, Denken und Verhalten auswirken können. Beschrieben ist dies immer für eine stark rote und eine stark grüne Motivausprägung. Nicht alles trifft auf alle Menschen mit einer entsprechenden Motivausprägung zu und die Beschreibungen sind auch nicht als abschließend zu betrachten. Es ist im Rahmen dieses Buches nur möglich, einen Auszug aus dem emotionalen Erleben und Verhalten von Menschen mit einer entsprechenden Motivausprägung zu beschreiben. Darüber hinaus habe ich wichtige Emotionen, die bei Motivbefriedigung oder aber Nichtbefriedigung erlebt werden. aufgenommen sowie wichtige Selbstaussagen oder sogenannte Glaubenssätze von Menschen mit einer entsprechenden Motivausprägung. Auf eine Beschreibung des Motivs Schönheit, welches Bestandteil der diesem Buch zugrunde gelegten Businessversion des Reiss Motivationsprofils ist, habe ich verzichtet. Schönheit ist ein Ersatzmotiv für das eigentliche Lebensmotiv Eros, welches in der Originalversion des Reiss Profiles erfasst wird. Das Motiv Schönheit ist nicht wissenschaftlich abgesichert und hat damit auch nur eine bedingt gültige Aussagekraft. Es wurde in die Businessversion aufgenommen, da alle Fragen zu Eros sich auf die Sexualität eines Menschen beziehen und Menschen im beruflichen Kontext diese Fragen berechtigterweise nicht unbedingt beantworten wollen.
U. Rohrschneider, Macht, Neugier, Team ...,DOI 10.1007/978-3-8349-6738-1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Anhang
182
Das Motiv Macht - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einer roten Machtrnotivation streben danach, andere Menschen mit ihrem Handeln zu unterstützen. Sie wollen andere nicht dominieren und ihnen sagen, was sie tun sollen. Geführt zu werden, erleben sie als hilfreich. Gesagt zu bekommen, was sie wie tun sollen, gibt ihnen Orientierung und richtet ihr Handeln in eine klare Richtung aus. Das erleben sie als entlastend und angenehm. Sie fühlen sich von der Verantwortung befreit. Sie akzeptieren gegebene Strukturen und Vorgaben, wenn diese nicht sehr starken anderen persönlichen Werten widersprechen und fügen sich ein "das ist halt so, da kann man nichts machen". Sie orientieren sich an den Wünschen und Bedürfnissen anderer. Führungskräfte mit roter Machtrnotivation verstehen sich nicht als vorgebende Kraft, sondern als Dienstleister und Förderer ihrer Mitarbeiter. Sie wirken über Fragen darauf hin, dass diese ihre eigenen Entscheidungen treffen. Wenn sie selber Entscheidungen treffen müssen, fragen sie andere danach, wie sie entscheiden würden, oder treffen ihre Entscheidungen mit anderen zusammen. Wenn rot machtrnotivierte Menschen gezwungen sind, zu entscheiden, Anweisungen zu geben und aktiv zu steuern, verlangt ihnen das viel Energie ab. Nicht dominieren zu wollen kann zu einem Macht- oder Entscheidungsvakuum führen.
Starke Emotionen: Menschen mit rotem Machtrnotiv empfinden Freude, wenn sie andere unterstützen können. Entscheidungen zu treffen, erleben sie als belastend.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich bin freundlich und an Menschen orientiert. Ich will andere unterstützen" .
•
"Ich überlasse gern den anderen die Entscheidung.", "Meine Vorgesetzten geben mir Orientierung."
Anhang
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Das Motiv Macht - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen:
Menschen mit einem grün ausgeprägten Machtmotiv streben danach, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. In diesem Sinne wollen sie Dinge selber gestalten ("ich sage, wie wir es machen") und anderen sagen, wie sie was zu machen haben (führen und steuern). Sie treten nicht selten dominant auf und üben Einfluss auf Menschen und Situationen aus. Dies kann sowohl durch ihre hohe Entscheidungsfreude, das bereitwillige und schnelle Erteilen von Ratschlägen als auch durch direkte Anweisungen geschehen. Machtmotivierte Menschen sind in der Regel sehr zielstrebig, es geht ihnen darum, dass sie Erfolge generieren, das Ergebnis ist ihnen oft wichtiger als der Mensch. Dafür sind sie bereit, sich anzustrengen und viel zu leisten, um Leistung zu generieren. Sie sind oft ehrgeizig und bereit, ihre privaten Bedürfnisse hinter ihr Erfolgsstreben zurückzustellen. Durch ihren inneren Leistungsdruck erzeugen sie Druck auf andere, agieren schnell, wollen Schnelligkeit, treiben andere an und wirken oft ungeduldig und tough. Starke Emotionen:
Machtmotivierte Menschen genießen es, das Sagen zu haben. Die Macht, Prozesse und Menschen zu steuern, motiviert sie, sie fühlen sich stolz und wirksam. Wenn diesen Menschen keine Möglichkeit zur Einflussnahme gegeben wird, fühlen sie sich schnell ohnmächtig und frustriert und erleben Kontrollverlust. Selbstbeschreibung/Überzeugungen:
• "Ich will sagen, wie wir es machen. Ich will wenigstens mitreden/mitbestimmen und gefragt werden, Einfluss haben." • "Ich will die Kontrolle haben." • "Ich will was leisten und mich dafür anstrengen, dann ist es gut." • "Wenn ich mich nicht anstrenge, ist der Erfolg nichts wert."
184
Anhang
Das Motiv TeamorIentierung - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einer rot ausgeprägten Teamorientierung streben danach, selbstbestimmt, unabhängig und autark zu sein. Sie erledigen ihre Aufgaben lieber allein und ohne die Hilfe anderer. Abhängigkeiten von anderen Menschen oder auch die Notwendigkeit, sich einzufügen, erleben sie als belastend, sie fühlen sich eingeengt und unfrei. Sie verlassen sich lieber auf sich selbst. Vor diesem Hintergrund suchen sie nur sehr selten die Unterstützung ihrer Mitmenschen und bitten ungern andere um einen Gefallen. Sie streben danach, anderen nicht zu Dank verpflichtet zu sein. Geschieht dies doch, fühlen sie sich abhängig, verpflichtet und schuldig und streben nach Ausgleich bzw. Wiedergutmachung. Im Gegensatz dazu geben sie anderen aber durchaus gern Hilfe. Zu den Mitmenschen, die sie nicht als enge Freunde betrachten, wahren sie stets eine gewisse emotionale Distanz. Daher bewegen sie sich nur selten auf einer persönlichen Beziehungsebene mit ihren Kollegen. Bei einem sehr großen Bedürfnis nach Unabhängigkeit können sie unsensibel für die Bedürfnisse anderer Menschen sein.
Starke Emotionen: Ist es Menschen mit roter Teamorientierung möglich, autark und allein zu agieren, fühlen sie sich frei und selbstbestimmt. Sie sind stolz, Dinge allein zu schaffen, und fühlen sich effizient. Erleben sie Abhängigkeiten von anderen, fühlen sie sich eingeengt, gefangen, fremdbestimmt und gedemütigt.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will frei und selbstbestimmt sein." • "Ich will unabhängig und niemandem etwas schuldig sein." • "Ich kann für mich selbst sorgen, trage für mich selbst die Verantwortung und brauche keine Hilfe."
Anhang
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Das Motiv TeamorIentierung - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Personen mit einer grün ausgeprägten Teamorientierung streben nach emotionaler Verbundenheit mit anderen Menschen. Sie möchten vertrauensvolle und persönliche Beziehungen mit echter Bindung. Dmen ist es wichtig, mit ihren Mitmenschen im Einklang zu leben und Konsens zu erzielen. Sie bevorzugen die enge/intensive Zusammenarbeit und den Austausch mit anderen. Gegenseitige Unterstützung ist für sie bedeutsam und sie streben nach Hilfe durch andere. Sie interessieren sich sehr für die Ansichten anderer Menschen und sind ungern allein und nur auf sich selbst gestellt. Sie vertrauen schnell und teilen anderen viel über sich mit, weil sie Verbundenheit spüren oder erreichen wollen. Dabei ist die Interaktion nicht Mittel zum Zweck, sondern das eigentliche Ziel. Menschen mit griiner Teamorientierung haben oft einen hohen Gemeinsinn und wollen Teil eines Teams, eines Ganzen sein. Ihr Streben nach Verbundenheit kann schnell dazu führen, dass sie die Distanzzonen und Wünsche anderer Menschen missachten.
Starke Emotionen: Der tiefe und intensive Austausch mit anderen bewirkt bei Menschen mit roter Teamorientierung ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit, des Zusammenhalts, der Geborgenheit und Zufriedenheit. Sind sie allein und auf sich gestellt, fühlen sie sich schnell verlassen, verl-
ren und einsam. Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will mit anderen eng und emotional verbunden sein."
•
"Ich will Dinge zusammen mit anderen machen, Unterstützung bekommen und geben."
•
"Ich will eins sein mit anderen."
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Anhang
Das Motiv Neugier - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem rot ausgeprägten Neugiermotiv streben danach, praktisch zu handeln. Anstatt über Dinge nachzudenken, wollen sie sie lieber tun, etwas umsetzen, handeln, etwas schaffen oder erschaffen. Sie ziehen das Handeln der intellektuellen Auseinandersetzung vor. Sie fragen, was sie mit Wissen und Informationen machen können, wozu sie ihnen nutzen und wie sie sie umsetzen können. In Bezug auf Wissen reicht es ihnen, zu wissen, wo sie etwas nachlesen können oder wen sie fragen können. Anstatt sich mit komplexen Gedankenspielen zu beschäftigen, suchen sie eher die Vereinfachung. Sie mögen Aufgaben, bei denen sie nicht viel nachdenken müssen, die einfach abgearbeitet werden können. Intellektuelle, konzeptionelle, analytische Arbeit kann sie schnell ermüden und anstrengen. Wissen ist für sie Mittel zum Zweck. Dabei sind sie keineswegs weniger intelligent als Menschen mit griinem Neugiermotiv. Sie empfinden lediglich keine Freude an der bloßen intellektuellen Beschäftigung und am Wissenserwerb. Ihre hohe Handlungsorientierung führt zu schnell dazu, umzusetzen und nur die Machbarkeit zu prüfen. Analyse, Jnformationssuche sowie Auswertung und das genaue Durchdenken kommen leicht zu kurz.
Starke Emotionen: Arbeiten mit direktem praktischen Nutzen motiviert Menschen mit roter Neugiermotivation, weil sie sehen können, wie sie sich ihrem Ziel nähern. Sie erleben Freude am direkten Tun bzw. praktischen Handeln. Die rein theoretische, intellektuelle Auseinandersetzung ist für sie mühsam und trocken, sie langweilt sie, sie fühlen sich gequält und voller Unlust durch zu viel Denkarbeit.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich möchte etwas Konkretes schaffen und erschaffen." • "Ich will praktisch handeln, Dinge tun und umgesetzte Ergebnisse sehen."
Anhang
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Das Motiv Neugier - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einer grünen Neugiermotivation streben danach, sich viel mit intellektuellen Fragen, Themen und Aufgaben auseinanderzusetzen. Sie sind "Forscher" und lieben das Hinterfragen, Verstehen, Wissen, Denken und den Erkenntnisgewinn. In ihrer Grundhaltung kann man solche Menschen als Wahrheits- oder Verständnissuchend beschreiben. Sie wollen im Prinzip alles wissen. Dabei ist der praktische Nutzen des Wissens nicht relevant. Menschen mit einem grünen Neugiermotiv lernen aus reiner Freude am Wissenserwerb. Wissen ist für sie kein Mittel zum Zweck. Es ist der Zweck selbst. Dabei nutzen sie jede Gelegenheit, um sich neues Wissen anzueignen. Sie tun dies z. B. über Lesen, über Fragen, intellektuelle Diskussionen oder über Reisen usw. Sie fragen viel und denken ständig nach. Es reizt sie, ihre Wissenslücken zu schließen. Solche Menschen werden von Routinetätigkeiten sehr schnell gelangweilt und sogar demotiviert. Es kann ihnen leicht passieren, dass sie Themen komplex oder komplexer als nötig gestalten. Sie neigen dazu, andere mit zu vielen Informationen und Wissen und langen Ausführungen zu ihren Gedanken zu überfrachten und zu überfordern.
Starke Emotionen: Die intellektuelle Auseinandersetzung, das Denken und der Wissenserwerb erfüllen die Menschen mit tiefer Freude über den Erkenntnisgewinn. Sie mögen das Gefühl. zu staunen und sich zu wundem. Routineaufgaben föhren zu Frustration, dem GefühI der Langeweile und unerträglicher gedanklicher Leere.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will alles wissen und verstehen."
•
"Ich will meine Neugier befriedigen, Fragen stellen, hinterfragen, Wissen gewinnen."
•
"Ich will viel Neues lernen."
188
Anhang
Das Motiv Anerkennung - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem roten Anerkennungsmotiv streben danach, anhand von Herausforderungen oder neuen und unbekannten Aufgaben zu beweisen, was sie können. Sie agieren selbstbewusst und kennen kaum Versagensängste. Vor diesem Hintergrund haben sie kein oder nur ein geringes Bedürfnis nach Lob und Anerkennung durch andere, die Meinung anderer ist ihnen nicht wirklich wichtig. Sie verlassen sich auf ihre eigene Einschätzung und wissen auch ohne direkte Rückmeldung, was sie können. Sie sehen eher Otancen auf Erfolg, als die Gefahr, zu scheitern. Sie haben kaum Angst vor Bewertung oder Situationen, in denen sie bewerlet werden könnten (Auftritte, Präsentationen, Auswahlverfahren). Sie fühlen sich durch die Kritik ihrer Mitmenschen nicht verletzt, sondern setzen berechtigte Verbesserungsvorschläge konstruktiv um, lernen daraus. Weil sie nicht motiviert sind, gelobt zu werden, ist es ihnen auch nicht wichtig, andere zu loben oder ihnen Anerkennung zukommen zu lassen. Sie benennen die Dinge so, wie sie sie erleben, ohne Umwege und Schnörkel. Dadurch können sie auf andere leicht hart und arrogant wirken. Ihr hohes Selbstbewusstsein kann dazu führen, dass sie sich selbst und ihre Leistung überschätzen.
Starke Emotionen: Menschen mit einem roten Anerkennungsmotiv fühlen sich selbstsicher. Sie erleben Stolz auf sich selbst, wenn sie demonstrieren können, was sie können. Dann sind sie unbekümmert, unbeschwert und optimistisch. Gelingen ihnen Dinge nicht wie erwartet, erleben sie Selbstzweifel.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich kann alles schaffen." • "Dinge, die ich anpacke, gelingen mir." • "Es ist mir egal, was andere von mir denken."
Anhang
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Das Motiv Anerkennung - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit grün ausgeprägtem Anerkennungsmotiv streben nach Bestätigung durch Dritte. Sie sind sich bezüglich ihrer Leistung und ihres Könnens unsicher und sich selbst gegenüber sehr kritisch. Selbstsicher und selbstbewusst fühlen sie sich, wenn andere ihnen sagen, dass sie eine gute Arbeit gemacht und eine tolle Leistung erbracht haben. In Bewertungssituationen oder Situationen, in denen sie meinen, bewertet zu werden (Auftritte, Präsentationen, Auswahlverfahren etc.) haben sie Angst, zu versagen und sind nervös. Sie wollen möglichst alles richtig machen und ihren Mitmenschen gefallen. Auch sachliche Kritik nehmen sie schnell sehr persönlich und fühlen sich dadurch verletzt. Diese Personen reagieren sensibel auf die Wünsche, Ansichten und Meinungsbekundungen ihrer Mitmenschen. Ein starkes Bedürfnis nach Anerkennung führt nicht selten zu einem starken Ehrgeiz und zu einem Streben nach Perfektion. Um diese Perfektion zu erreichen, kann es auch vorkommen, dass eine Person mit grün ausgeprägtem Anerkennungsmotiv die eigenen Ziele nach außen niedriger steckt, um in den Augen ihrer Mitmenschen nicht zu versagen. Um Ablehnung durch andere zu vermeiden, fällt es ihnen schwer, widersprechende Meinungen klar zu formulieren, Nein zu sagen und andere zu kritisieren. Starke Emotionen: Bekommen Menschen mit grünem Anerkennungsmotiv Wertschätzung und Bestätigung von außen, fühlen sie sich selbstsicher, selbstbewusst und bei deutlicher Anerkennung auch euphorisch. Bleibt die Anerkennung aus, fühlen sie sich unsicher. Bei Kritik spüren sie deutliche SelbstzweifeL die oft nicht nur die konkrete Leistung, sondern ihre ganze Person betreffen. Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich dar! keine Fehler machen, will alles richtig und gut machen." • "Ich will akzeptiert werden."
190
Anhang
Das Motiv Ordnung - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Rot ordnungsmotivierte Menschen streben nach Flexibilität, Spontaneität und Veränderung. Sie binden sich nicht gern an Zeitpläne, Regeln oder feste Prozesse. Sie wollen frei sein von Strukturen und Systematik, die sie als einengend empfinden. Ein vermeintliches Chaos erleben sie nicht als solches und fühlen sich darin wohl. Rot ordnungsmotivierte Menschen sind nicht selten kreativ und improvisieren gerne. Sie verlassen sich auf ihren Instinkt und lassen sich gern von ihm leiten. Selten bereiten sie sich vor. Sie beginnen Aufgaben einfach, ohne vorher den Prozess zu klären. ihr Streben nach Flexibilität leben sie durch ein hohes Maß an Spontaneität aus, z. B. darin, dass sie gerne mehrere Aufgaben gleichzeitig bearbeiten und zwischen den Aufgaben hin und her springen. Dabei haben sie oft wenig Sinn für Details und legen sich ungern fest. Sie lieben die Abwechslung und verfügen über eine hohe Ambiguitätstoleranz, weshalb sie sich auch in unübersichtlichen Situationen, wie Veränderungsprozessen, wohlfühlen. Von anderen Menschen werden sie häufig als unstrukturiert, chaotisch und unpünktlich wahrgenommen.
Starke Emotionen: Menschen mit rotem Ordnungsmotiv erleben ein intensives Gefühl von Freiheit, wenn sie aus dem Bauch heraus und spontan handeln können. Müssen sie sich an Vorgaben, Regeln, Strukturen etc. halten, fühlen sie sich eingeengt und gefangen im Detail.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will frei sein von Prozessen und Strukturen." • "Ich will flexibel und spontan handeln." • "Ich will meine eigene Ordnung selbst gestalten." • "Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zum Suchen."
Anhang
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Das Motiv Ordnung - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grün ausgeprägten Ordnungsmotiv streben nach Ordnung und Sauberkeit im eigentlichen Sinne, aber auch nach Struktur und Planung. Sie bereiten sich gerne gründlich vor, planen zukünftige Aktivitäten und arbeiten mit To-Do-Listen. Pläne werden dann gewissenhaft abgearbeitet. Sie arbeiten gerne genau und detailorientiert und wirken dadurch schon mal penibel. Sie schätzen Piinktlichkeit und die Einhaltung von Regeln und Vorgaben. Sie mögen Routine und weichen nicht gern von bewährten Vorgehensweisen ab. Sie bevorzugen Stabilität und Vorhersehbarkeit und mögen es vor diesem Hintergrund nicht, Dinge spontan und unvorbereitet ZU tun. Auch spontane Entscheidungen mögen sie nicht. Sie haben Freude an organisatorischen Tätigkeiten und Prozessplanungen, auch wenn sie diese nicht selbst umsetzen. Dabei sind sie zum Teil sehr detailverliebt. Menschen mit grünem Ordnungsmotiv arbeiten auch ohne konkret formulierten Ablaufplan sehr strukturiert und machen gewissenhaft einen Schritt nach dem anderen. Werden sie in diesem Ablauf gestör!, kann sie das verunsichern und ihnen sogar die Orientierung nehmen. In solchen Situationen versuchen sie, sich durch das Erstellen von neuen Plänen ein Gefühl von Sicherheit zu verschaffen. Griin ordnungsmotivierte Menschen schätzen Rituale. Sie erleben dadurch Kontinuität und Sicherheit. Starke Emotionen: Menschen mit grünem Ordnungsmotiv erleben ein positives Gefühl von Stabilität und Sicherheit, wenn sie ihren Strokturen, Routinen und ihren Vorstellungen von Ordnung folgen können. Geht dies nicht, erleben sie Orientierungslosigkeit. Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will Struktur und Ordnung." • "Ordnung und Planung ist eine Charakterfrage. " • "Wer Ordnung hält, schafft mehr im Leben."
192
Anhang
Das Motiv Sparen/Sammeln - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einer roten Ausprägung im Motiv Sparen/Sammeln streben danach, frei von materiellen Dingen zu sein. Zu viele Dinge zu besitzen, empfinden sie als Einengung, Überfluss und Qual. Sie haben eine funktions- und nutzenorientierte Beziehung zu Dingen. Brauchen sie etwas und funktioniert es, behalten sie es, wenn nicht, werfen sie es weg. Das Gefühl, etwas wegwerfen zu können, das keine alltägliche Notwendigkeit hat, ist für sie sehr befreiend. Diese Menschen fühlen sich wohl, wenn sie regelmäßig ausmisten und ihren Besitz auf ein notwendiges Minimum reduzieren können. Sie sparen ihr Geld nicht, sondern geben es für persönlichen Spaß aus. Großzügig verleihen sie Dinge und vergessen dann auch schon mal, dass sie sie verliehen haben und an wen. Sind Dinge defekt, ist das nicht schlimm für sie, oft gehen sie auch nicht so pfleglich und bewahrend mit ihren Sachenum.
Starke Emotionen: Kann aus ihrer Sichtweise Überflüssiges weggeworfen werden, fühlen sie sich frei, entlas-
tet und unbeschwert. Bei viel Besitz und der Sorge um materielle oder finanzielle Angelegenheiten fühlen sie sich eingeengt, gefangen und verpflichtet.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will frei sein von materiellen Dingen." • "Besitz verpflichtet und macht abhängig." • "Ich will ausmisten und mich befreien."
Anhang
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Das Motiv Sparen/Sammeln - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grünen Motiv Sparen/Sammeln streben danach, viele materielle Dinge zu besitzen. Sie wollen sammeln oder Dinge anhäufen. Dabei geht es nicht darum, dass sie diese Dinge brauchen oder dass diese funktionieren, sie wollen die Dinge haben. Es fühlt sich für sie gut an, zu wissen, dass die Sachen da sind. Gerne sagen sie "das kann man bestimmt noch mal gebrauchen". Manche Menschen sammeln spezifische Dinge, andere fast alles. Menschen mit einem griinen Motiv Sparen/Sammeln gehen sehr sorgfältig mit ihrem Eigentum um. Sie achten darauf, dass nichts kaputtgeht und reparieren defekte Dinge. Derart motivierte Menschen sind sehr empfänglich für Bonus- oder Sammelprogramme. Dabei befriedigt sie sowohl die Möglichkeit, zu sparen als auch das bloße Anhäufen von Punkten auf ihrem Konto. Personen mit grünem Motiv Sparen/Sammeln sind sehr kostenbewusst und geben nicht leichtfertig Geld aus. Sie achten auf Sonderangebote. Dabei können sie auf ihre Mitmenschen geizig wirken. Für die Dinge, die sie sammeln, geben sie aber gerne auch sehr viel Geld aus. Das Bedürfnis zu sammeln kann sich im beruflichen Kontext auf Dokumente, Informationen, Mai1s ete. beziehen.
Starke Emotionen: Das Bewahren und Besitzen von Dingen erföllt spar- und sammelmotivierte Menschen mit hoher innerer Zufriedenheit. Müssen sie sich von Dingen trennen, erleben sie große Unzufriedenheit aus dem Gefühl der Verschwendung heraus und Schmerz durch die Trennung von Dingen.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will meinen Besitz bewahren."
•
"Ich will Sachen aufbewahren und ansammeln."
194
Anhang
Das Motiv Ziel- 8: ZweckorIentierung - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen:
Menschen mit rotem Motiv Ziel- & Zweckorientierung streben danach, ihre persönlichen Werte oder ihren persönlichen Elrrenkodex in ihrem Handeln einzuhalten. TImen ist es wichtig, sich moralisch korrekt zu verhalten, ihren Prinzipien und Pflichten nachzukommen, standhaft, ehrlich und ehrbar zu sein. Sie haben eine klare Vorstellung von richtig und falsch und verhalten sich auch dann richtig, wenn es für sie keinen persönlichen Nutzen hat. Sie haben klare Vorstellungen davon, was "man" tut und was nicht. Sie ehren und wahren Traditionen und familiäre Riten und Bräuche. Versprechen und Zusagen halten sie unbedingt ein. Sie verhalten sich loyal gegenüber z. B. Eltern, Familie, ihrer Gemeinschaft oder auch dem Arbeitgeber. Sie sind oft um jeden Preis ehrlich und schummeln nicht, auch wenn sie dadurch Vorteile hätten oder es niemand bemerkt. Sie zeigen eine hohe Selbstdisziplin. Diese Menschen bezeichne ich auch als "Ehremotivierl". Starke Emotionen:
Menschen mit rotem Motiv Ziel- & Zweckorientierung empfinden Stolz und Ehrgefühl, wenn sie ihren Prinzipien treu sind. Sie erleben dann moralische Überlegenheit. Können Sie ihren Werten, Pflichten und Prinzipien nicht nachkommen, fühlen sie sich schuldig, schwach, verantwortungslos und schämen sich. Selbstbeschreibung/Überzeugungen:
• "Ich will Werte und Prinzipien einhalten." • "Ich will ein ehrbarer Mensch sein." •
I' Versprochen ist versprochen!"
• "Ich möchte Traditionen bewahren und ehren."
Anhang
Das Motiv Ziel-
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a ZweckorIentierung - grüne Ausprägung
Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grün ausgeprägten Motiv Ziel- & Zweckorientierung streben danach, die Dinge zu tun und so zu tun, dass sie für sie selbst einen hohen Nutzen haben und sie ihre persönlichen Ziele damit erreichen können. Sie fragen "was habe ich davon", "was dient meinem Ziel am meisten". Dabei orientieren sie sich nicht an allgemeinen Wertvorstellungen, sondern sind bereit, eigene Werte, Regeln und Absprachen situativ zu interpretieren oder zu verändern. Sie haben eine deutlich wahrnehmbare Fähigkeit, ihr Handeln schnell und fortwährend an die jeweilige Situation anzupassen, da sie sich Regeln oder Moral nicht verpflichtet fühlen. Dadurch verfügen sie oft über eine hohe interkulturelle Kompetenz. Ändern sich die Grundlagen für ein bestimmtes Vorgehen oder eine bestimmte Entscheidung, verwerfen sie diese und treffen neue Entscheidungen. Sie suchen nach dem Machbaren und Pragmatischen, nicht nach dem moralischen oder "richtigen" Weg. Menschen mit grün ausgeprägter Ziel- & Zweckorientierung werden von anderen Menschen zum reil als Opportunisten und als unzuverlässig wahrgenommen.
Starke Emotionen: Können sich Menschen mit einem griinen Motiv Ziel- & Zweckorientierung flexibel und uneingeschränkt von Werten und Moral verhalten, fühlen sie sich frei und handlungsfähig, sie sind stolz, dass sie ihre Ziele so pragmatisch erreichen. Müssen sie sich z. B. an gesellschaftliche Wertesysteme halten, fühlen sie sich eingeengt von "unsinnigen" Prinzipien und gefangen.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will frei sein von Moral und Prinzipien." •
"Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern."
• "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied."
Anhang
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Das Motiv Idealismus - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem rot ausgeprägten Motiv Idealismus streben danach, in sozialen Fragen "realistisch" zu sein bzw. zu handeln. Auch wenn sie die Welt oder Dinge, die passieren, als ungerecht und unfair einschätzen, haben sie eher die Überzeugung, dass sie selbst nichts daran ändern können und sich ein Engagement nicht lohnt. Lieber investieren sie ihre Kraft und Aufmerksamkeit in Fairness und Gerechtigkeit für sich selbst, ihre Familie und ihre Freunde, aber nicht für weit weg lebende Menschen, die sie nicht kennen. Für soziale, humanitäre, geselischaftIiche und oft auch politische Anlässe und Vorgänge haben sie oft ein geringes Interesse. Sie halten Ungerechtigkeiten zum Teil für unvermeidbar und bekämpfen diese nur, wenn es sie selbst oder ihnen nahestehende Personen betrifft. Sie sind oft der Meinung, dass jeder für sich selbst und sein eigenes Fortkommen verantwortlich ist und betonen die Eigen- und Selbstverantwortung von Menschen. Von anderen Menschen werden sie möglicherweise als Egoisten wahrgenommen.
Starke Emotionen: Ein rot ausgeprägtes Idea1ismusmotiv lässt Menschen starke Freude erleben, wenn sie aus einem Umstand einen persönlichen Vorteil ziehen können. Wenn sie gezwungen sind, für das Fortkommen fremder Menschen aufzukommen oder Entbehrungen hinzunehmen, kann sie das sehr frustrieren. Sie fühlen sich vieIIeicht genötigt und unfrei.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will Gerechtigkeit für mich."
•
"Jeder ist sich selbst der Nächste."
•
"Ich will sozial realistisch sein."
•
"Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott."
Anhang
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Das Motiv Idealismus - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grün ausgeprägten Idealismusmotiv streben danach, sich altruistisch zu verhalten, sie streben nach sozialer Gerechtigkeit für alle. Sie interessieren sich sehr für die aktuellen menschenbezogenen Ereignisse in der Welt. Das Schicksal anderer Menschen ist ihnen sehr wichtig und sie verspüren echtes Mitleid mit anderen. Menschen mit grünem Idealismusmotiv engagieren sich häufig sozial, gesellschaftlich, gemeinnützig, politisch oder auch ökologisch, weil sie einen inneren Drang verspüren, anderen zu helfen. Auf diese Weise wollen sie die WeIt verbessern. Um diesem inneren Drang nachzukommen, neIunen sie für sich selbst Entbehrungen in Kauf. Sie verhalten sich selbstlos, human und sozial. Sie spenden häufiger als andere Menschen und zeigen direktes Engagement ohne Eigennutz. Sie engagieren sich für Ältere, Schwächere und Kranke, in Vereinen und gemeinnützigen Organisationen, aber auch in der Politik oder in Unternehmen im Betriebsrat. Auch berücksichtigen sie die Auswirkongen ihres Handelns auf die Gesellschaft insgesamt.
Starke Emotionen: Menschen mit grünem Idealismusmotiv verschafft das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, geholfen zu haben, eine tiefe Beruhigung. Sie fühlen sich schlecht und hilflos, wenn sie Ungerechtigkeit beobachten und das Gefühl haben, nichts tun zu können.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will Gerechtigkeit und Fairness für die ganze WeIt."
•
"Jeder kann einen Beitrag zur Verbesserung der Welt leisten."
•
"Ich will mich für andere engagieren und anderen helfen."
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Anhang
Das Motiv Beziehungen - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem roten Beziehungsmotiv streben nach sozialer Ruhe und Zurückgezogenheit. Viele Kontakte zu anderen Menschen und viele Gespräche empfinden diese Menschen als anstrengend. Geht es in Kontakten nicht um einen "echten" inhaltlichen Austausch zu einem interessanten Thema, erleben Menschen mit einem roten Beziehungsmotiv diese Kontakte als nicht bereichernd für sich. Dann ziehen sie die Ruhe, die Einsamkeit und das "Mit-sich-allein-Sein" dem Kontakt vor. Sie genügen sich selbst und müssen ihre Zeit nicht mit anderen verbringen - nur um Kontakt zu haben. Small Talk erleben sie als sinnlos und unnütz, Partys und größere Menschenansammlungen meiden sie geme. Auch Groppen von Menschen erleben sie schnell als anstrengend. Im Kontakt sind sie oft ruhig und zurückhaltend, der Kontaktaufbau zu fremden Menschen fällt ihnen meist schwer. Es kann sein, dass sie im Kontakt ungeduldig wirken, weil sie das Gespräch, wenn es nicht inhaltlich relevant ist, schnell beenden wollen. Sie sind, mehr als andere, auf ihre Privatsphäre bedacht und erzählen nicht gern Privates und Persönliches. Sie brauchen viel Zeit für sich alleine. Sie pflegen nur sehr gute Freundschaften, bauen aber keine Netzwerkeauf.
Starke Emotionen: Menschen mit rotem Beziehungsmotiv empfinden ein tiefes Gefühl der Ruhe, Zufriedenheit und Gelassenheit, wenn sie allein sind. Im Kontakt mit anderen föhlen sie sich bei Small Talk gelangweilt, von anderen föhlen sie sich bedrängt, gestresst oder entnervt.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will Zeit für mich, für das Alleinsein." • "Ich will frei sein von der Notwendigkeit, sinnlose Worte mit anderen auszutauschen."
Anhang
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Das Motiv Beziehungen - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einer grünen Ausprägung des Beziehungsmotivs streben nach viel Kontakt und Austausch mit anderen Menschen. Sie sind sehr kontaktfreudig und haben ein großes Interesse, sich mit anderen Menschen gemeinsam zu amüsieren. Ein Mensch mit einer solchen Ausprägung ist anderen Menschen gegenüber aufgeschlossen, strebt persönliche Beziehungen zu seinen Kollegen an und es fällt ihm leicht, ein persönliches Netzwerk aufzubauen und zu pflegen. Mit Menschen bleibt er gerne in Kontakt, auch wenn diese wegziehen. Im Kontakt mit anderen blühen diese Menschen auf und können Kraft aus dem Austausch ziehen. Sie unternehmen gerne etwas auch in größeren Gruppen und treten Gruppen oder Vereinen bei, um viel Kontakt zu haben. Sie reden gern über "dies und das" und genießen auch Gespräche, in denen es um "nichts" geht. Sie gehören zu Netzwerken und freuen sich auch über viele, weniger intensive Kontakte. Gerne haben sie Spaß mit anderen und mögen Feiern und Partys. Thre Freizeit verbringen sie bevorzugt mit anderen. Wenn sie andere nicht treffen können, telefonieren sie mit Freunden und Bekannten. Oft sind sie im Kontakt freundlich, offen zugewandt, interessiert und charmant.
Starke Emotionen: Menschen mit grüner Beziehungsmotivation erleben ein intensives Gefühl der Zugehörigkeit und der Freude im Kontakt mit anderen Menschen. Haben sie keinen ausreichenden Kontakt und Austausch mit anderen, fühlen sie sich isoliert, einsam und sozial depriviert.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Kontakte sind nicht Mittel zum Zweck. Sie sind der Zweck selbst." • "Ich möchte als Freund gesehen werden." • "Ich will viel Kontakt und Austausch mit anderen." • "Alleinsein geht gar nicht."
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Das Motiv Familie - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem rot ausgeprägten Familienmotiv streben danach, frei von der Verpflichtung durch Kinder zu sein. Sie sagen vielleicht bewusst "ich will keine Kinder, sie engen meine Freiheit ein, mein Leben lässt sich nicht mit Kindern vereinbaren". Wenn sie dennoch eine Familie gründen, sind sie sehr wohl in der Lage, ihre Kinder zu lieben und sich gut um sie zu kümmern. Sie erziehen ihre Kinder aber eher so, dass sie schnell selbstständig werden und gestalten das Eltern-Kind-Verhältnis eher freundschaftlich, "kumpelhaft" und partnerschaftlich. Sie sind der Überzeugung, dass sie wegen der Kinder nicht alle anderen Interessen aufgeben müssen und pflegen diese weiter. Sie nutzen die Möglichkeit der Kinderbetreuung, um ihre berufliche Karriere weiterzuverfolgen oder andere für sie wichtige Dinge zu tun. Sie reisen gerne auch ohne Kinder in den Urlaub oder unternehmen auch gern etwas ohne ihre Familie. Sie brauchen zeit für sich. Vieles arn ElternDasein erleben sie als Pflicht. Die familiären Pflichten sind für diese Menschen zum Teil eine Last.
Starke Emotionen: Menschen mit rot ausgeprägtem Familienmotiv genießen die Freiheit, ohne Kinder zu leben oder freie Zeit ohne ihre Kinder zu haben. Sie fühlen sich dann frei, ungebunden und ohne Pflichten. Eine intensive Kinderbetreuung ohne Zeit für sich selbst empfinden sie als anstrengend und einengend.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will keine Kinder." • "Kinder engen mich in meiner Freiheit ein." • "Ich will eine partnerschaftliche Beziehung zu meinen Kindern."
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Das Motiv Familie - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grün ausgeprägten Familienmotiv streben danach, eigene Kinder zu haben und eine behütende, liebevolle und fürsorgliche Beziehung zu ihnen zu leben. Sie hegen den starken Wunsch, eine eigene Familie zu gründen. Sie können sich oft sogar vorstellen, Kinder zu adoptieren. Es macht ihnen Spaß, ihre Kinder großzuziehen und für die Familie da zu sein. Dabei steht die Möglichkeit, Zeit mit der Familie zu verbringen, für sie oft vor der eigenen Karriere und den eigenen Bedürfnissen. Sie versuchen, ihre Zeit so zu planen, dass sie viel gemeinsame Zeit mit den Kindern haben. Diese Menschen kümmern sich zum Teil regelrecht aufopferungs- und hingebungsvoll um ihre Familie. Sie mögen es, vermittelt zu bekommen, dass sie von den Kindern gebraucht werden. Wenn sie nicht bei ihrer Familie sein können, vermissen sie sie schnell. Etwas ohne Familie zu tun, ist für sie nicht erstrebenswert. Wenn sie das Gefühl haben, zu wenig Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, entwickelt sich bei ihnen sehr schnell ein starkes schlechtes Gewissen. Wenn die Kinder erwachsen werden und das Haus verlassen, bedeutet dies oft eine schwierige Umstellung für diese Menschen.
Starke Emotionen: Menschen mit einern grün ausgeprägten Familienmotiv erleben ein tiefes Glücksgefühl, inneren Reichtum und Erfüllung, wenn sie genug Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Wenn sie keine Kinder haben können, fühlen sie sich unausgeglichen und leer. Lässt ihnen die Arbeit nur unzureichend Zeit für ihre Kinder, haben sie ein schlechtes Gewissen, fühlen sich verantwortungslos gegenüber ihren Kindern und machen sich Vorwürle.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will unbedingt Kinder haben."
•
"Meine Familie ist das Wichtigste in meinem Leben."
202
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Das Motiv Status - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem rot ausgeprägten Statusmotiv streben danach, gleich und auf einer "Ebene" mit anderen Menschen zu sein, nach gesellschaftlicher Gleichberechtigung und wollen nichts Besonderes oder Hervorgehobenes gegenüber anderen sein. Zum Teil gehen sie gern in der Masse unter. Sie legen im Allgemeinen wenig bzw. keinen Wert darauf, ihren gesellschaftlichen Status zu demonstrieren und verhalten sich bescheiden. Sie sehen Bescheidenheit und Unauffälligkeit als Tugenden an und fühlen sich unwohl, wenn sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Daher streben sie nicht ausdrücklich nach hohem Ansehen und verzichten in der Regel auf Statussymbole. Menschen, die sehr gerne die Aufmerksamkeit anderer auf sich ziehen, treten sie eher skeptisch gegenüber. Sie lassen sich von der Demonstration von Status und Reichtum anderer nicht beeindrucken. Der Meinung anderer über sie selbst stehen sie relativ gleichgültig gegenüber. Es ist ihnen wichtiger, die Gemeinsamkeiten bzw. die Gleichheit mit anderen zu betonen als sich von anderen abzuheben. Sie würden sich selbst eher als bodenständig, informell und ungezwungen bezeichnen. Sie legen Wert darauf, dass Menschen für ihre Taten und nicht für ihren Schein honoriert werden.
Starke Emotionen: Menschen mit rotem Statusmotiv fühlen sich wohl und erleben innere Zufriedenheit, wenn sie gesellschaftliche Gleichheit empfinden. Werden sie ins Rampenlicht gestellt, schämen sie sich und erleben ihr eigenes Verhalten als peinlich.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will gleich sein mit anderen." • "Ich will nicht hervorgehoben werden oder etwas Besseres/Besonderes sein."
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Das Motiv Status - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grün ausgeprägten Statusmotiv streben danach, sich elitär von anderen Menschen zu unterscheiden. Sie wollen zeigen und deutlich machen, dass sie etwas Besonderes sind. Sie legen in der Regel sehr hohen Wert auf gesellschaftliches Ansehen und wollen öffentlich wahrgenommen werden. Sie lassen sich wahrscheinlich leichter als andere von Statussymbolen wie Luxusgütern, Titeln, Namen oder Mitgliedschaften in elitären Vereinigungen, Prominenten etc. beeindrucken. Ist für sie Geld ein Indikator für Wichtigkeit, streben sie selbst den Besitz von Statussymbolen an und schmücken sich gerne damit. Ihr Streben nach Prestige zeigt sich auch darin, dass sie sehr auf ihren Ruf bedacht sind und Wert darauf legen, Respekt zu erwerben und zu erhalten. Sie unterstützen Hierarchien und behandeln Menschen mit hohem gesellschaftlichem Status stets mit der angemessenen Achtung. Ihr Ziel ist es, ihren Status aufzuwerten und in der gesellschaftlichen Ordnung aufzusteigen. Was die Menschen für sich als Status, als etwas Besonderes, erleben, ist abhängig von der sozialen Stellung, in der sie leben. Bei den bevorzugten Statussymbolen oder Statusverhalten muss es nicht um viel Geld oder Reichtum gehen, aber es muss sie etwas Besonderes kennzeichnen. Wichtig ist die öffentliche Wahrnehmung als etwas Besonderes, Wichtiges, Einzigartiges oder Originelles.
Starke Emotionen: Wenn Menschen mit grünem Statusmotiv von anderen Ansehen, Respekt und Achtung entgegengebracht wird, spüren sie das gute Gefühl der Überlegenheit und des "Privilegiertseins" . Wird ihnen diese Achtung verwehrt, fühlen sie sich ungerecht behandelt und spüren Unterlegenheit.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will was Besonderes in der Wahrnehmung anderer sein" • "Ich will gesehen und geachtet werden."
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Das Motiv Rache/Kampf - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem rot ausgeprägten Rache/Kampf-Motiv streben nach Harmonie zwischen den Menschen. Sie schätzen die Kooperation höher ein als den Wettbewerb. Sie suchen nach Lösungen, die Win-Win-Situationen bieten, alle zu ihrem Recht kommen lassen und einen Ausgleich bedeuten. Bahnen sich Konflikte an, versuchen sie, diese zu vermeiden und suchen nach Kompromissen. Sie sind schneller als andere bereit, nachzugeben, auf den anderen zuzugehen und selbst zu verzichten, um einen Konflikt zu vermeiden. Anderen Menschen gegenüber verhalten sich rot Rache!Kampf-Motivierte eher kooperativ. Provokationen und auch Beleidigungen können sie ignorieren. Wenn sie angegriffen werden, sind sie nicht besonders nachtragend, sondern vergeben ihren Konfliktgegnern schnell. Sie sind schwer in einen Streit zu verwickeln, da sie meinen, die beste KonfIiktlösung ist die Konfliktvermeidung. Sie stellen sich nicht gern dem Wettbewerb und der Konkurrenz, auch verhandeln sie nicht gern, wenn sie eigene Vorteile durchsetzen müssen. Gewinnen ist für sie nichts Motivierendes. Sie stellen nicht gern Forderungen gegenüber anderen und wollen niemanden zu etwas zwingen. Sie können gute Fähigkeiten in der Konfliktvermittlung, als Streitschlichter oder generell als Moderator entwickeln. Häufig haben sie das Gefühl, kämpfen lohne sich nicht.
Starke Emotionen: Menschen mit einem roten Rache!Kampf-Motiv erleben Sicherheit und innere Harmonie, wenn sie mit anderen im Konsens sind. Konfliktsituationen sind für sie belastend, sie fühlen sich ängstlich und hilflos.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Gewalt erzeugt nur Gegengewalt. " • "Ich will Harmonie, Konsens und Kooperation." • "Die beste Konfliktklärung ist die Konfliktverrneidung."
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Anhang
Das Motiv Rache/Kampf - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grün ausgeprägten Rache/Kampf-Motiv streben nach Wettbewerb und Vergleich mit anderen. Sie haben oft ein starkes Bedürfnis, sich mit anderen zu messen und zu gewinnen. Sie scheuen Konflikte nicht und wollen anderen beweisen, dass sie besser sind. Dadurch lassen sie sich leicht provozieren, wenn jemand sagt, dass sie etwas nicht können oder niemals schaffen werden. Dann werden sie versuchen, durch mehr Einsatz oder Anstrengung zu beweisen, dass sie es doch schaffen. Es kann sein, dass sie auch selber gern andere provozieren und ärgern. Hierfür machen sie gerne spitze oder ironische Bemerkungen oder sagen einfach "nein" und "ja, aber". Sie können nach einer Auseinandersetzung oft schlecht verzeihen und sie wollen auch im Spiel eine Revanche. Das starke Bestreben, besser zu sein als andere, macht diese Menschen zu hartnäckigen Kämpfernaturen. Sie reagieren auch kämpferisch auf erlebte Ungerechtigkeiten ("das lasse ich mir nicht gefallen"). Sie wollen sich durchsetzen und Recht haben. Dafür setzen sie sich ein und können auch sehr unnachgiebig sein. Manche Menschen mit grünem Rache/Kampf-Motiv haben ihr Temperament nicht immer unter Kontrolle und agieren öfter
aggressiv.
Starke Emotionen: Wenn Menschen mit grünem Rache/Kampf-Motiv gewonnen haben (Spie~ Sport, Verhandlung, Diskussion), erleben sie das gute Gefühl des Triumphs, sie fühlen sich bestätigt und als Sieger. Verlieren sie oder können sie nicht kämpfen, sind sie sehr frustriert, erleben Unterlegenheit und spüren leicht Aggressionen, für die sie ein Ventil benötigen.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will immer gewinnen."
• "Ich genieße es, mich mit anderen zu messen.
II
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Anhang
Das Motiv Essen - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem roten Essensmotiv sehen die Nahrungsaufnahme lediglich als Mittel zum Zweck. Sie genießen das Essen an sich kaum. Primär dient ihnen Essen dazu, ihren Hunger zu stillen und satt zu werden. Häufig haben diese Menschen auch weniger Hunger oder Appetit, sie können Essen, wenn sie in andere Dinge z. B. ihre Arbeit vertieft sind, auch vergessen. Wenn sie essen, ist es ihnen meist egal, was sie essen. Für rot essensmotivierte Menschen sind andere Dinge meist viel wichtiger als die Nahrungsaufnahme, so dass es ihnen zu aufwändig erscheinen kann, sich etwas zu kochen. Sie wollen nicht viel zeit und Aufwand in Essen investieren, es soll am besten nebenbei passieren. Einkaufen, Essen planen und zeitintensiv zuzubereiten macht ihnen keinen Spaß. Sie sitzen auch nicht gerne lange am gedeckten Tisch. Menschen mit rotem Essensmotiv können dem Essen dann etwas abgewinnen, wenn sie es als Mittel zum Zweck für andere Motive nutzen können. Es kann z. B. dazu dienen, ein Beziehungsmotiv zu befriedigen, oder es dient als Statussymbol, indem man in ein teures Restaurant geht.
Starke Emotionen: Menschen mit rotem Essensmotiv fühlen sich wohl und effizient, wenn sie schnell essen können und keine Zeit damit verschwenden müssen. Müssen sie sich viel und lange mit Essen beschäftigen, sind sie gelangweilt und frustriert.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will nur schnell satt werden."
•
"Ich will keine Zeit mit Essen verschwenden."
•
"Viel essen ist eine Charakterschwäche."
Anhang
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Das Motiv Essen - grüne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grünen Essensmotiv streben danach, Essen zu genießen. Für sie ist Essen Genuss an und für sich und Sinnlichkeit. Sie essen viel und gerne. Dabei haben sie nicht selten einen sehr hohen Anspruch an die Qualität der Zutaten und der Zubereitung. In erster Linie muss ihnen das Essen aber schmecken, dabei steht nicht der gesundheitliche Wert des Essens im Vordergrund. Diese Menschen verbringen oft sehr viel zeit damit, an Essen zu denken und Mahlzeiten zu planen. Sie kaufen gerne Lebensmittel ein und freuen sich dabei schon auf das Essen. Sie haben eine hohe Aufmerksamkeit für alles, was mit Essen ZU tun hat. Grün essensmotivierte Personen probieren gerne neue Gerichte aus und sind oft auf der Suche nach neuen Geschmackserlebnissen. Sie lesen Kochrezepte und schauen eventuell Kochsendungen an. Sie fühlen sich häufig hungrig, haben einen großen Appetit und essen oft große Portionen. Häufiger haben sie deshalb Gewichtsprobleme und große Schwierigkeiten abzunehmen. Nur wenige Menschen können viel essen, ohne übergewichtig zu werden.
Starke Emotionen: Grün essensmotivierte Menschen fühlen sich befriedigt und genießen es, wenn sie etwas essen können, was ihnen gut schmeckt. Sie sind zufrieden, wenn sie oft und viel essen können. Wenn sie nicht das essen können oder die Menge, die sie sich wiinschen, sind sie unzufrieden und schlecht gelaunt. Sie empfinden Frust und Ärger.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: • "Ich will Essen genießen." • "Essen ist purer Genuss.#
Anhang
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Das Motiv Körperliche Aktivität - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem rot ausgeprägten Motiv Körperliche Aktivität streben nach körperlicher Ruhe. Sie lehnen körperliche Anstrengung im Allgemeinen ab. Sehr schnell wird sie sogar als Belastung empfunden. Stattdessen genießen sie es, körperlich zu ruhen und sich auszuruhen. Im Berufsleben bevorzugen sie daher eine sitzende Tätigkeit und auch privat bevorzugen sie ihr Sofa. Sie erleben kein Wohlbefinden oder Glücksgefühl, wenn sie sich körperlich anstrengen. Sie wollen Gemütlichkeit und Entspannung. Wenn diese Menschen sportlichen Aktivitäten nachgehen, dann ist die Bewegung Mittel zum Zweck. Vielleicht treiben sie z. B. Sport aus gesundheitlichen Griinden oder um die Gesellschaft bestimmter Menschen zu genießen und ihr Beziehungsmotiv zu befriedigen. Auf das Gefühl körperlicher Fitness an sich legen sie weniger Wert.
Starke Emotionen: Menschen mit einem roten Motiv Körperliche Aktivität erleben Genuss, Entspannung und Wohlbefinden, wenn sie z. B. auf dem Sofa liegen und lesen oder fernsehen können. Werden sie zu einem hohen Maß an Bewegung gezwungen, empfinden sie das als starke Belastung. Sie fühlen sich genötigt, gezwungen und ggf. körperlich unwohl.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Sport ist Mord."
•
"Ich will körperlich faul sein und das genießen."
Anhang
209
Das Motiv Körperliche Aktivität - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grün ausgeprägten Motiv Körperliche Aktivität streben danach, sich zu bewegen und sich fit und gesund zu fühlen. Sie haben das Bedürfnis, ihren Körper zu spüren und wollen ihn stärken. Sie wollen physische Leistungsfähigkeit und Beanspruchung verspüren. Nach der körperlichen Bewegung verspüren sie ein Glücksgefühl und fühlen sich aktiv und kräftig. Sie wählen vielleicht Berufe, in denen sie sich viel körperlich betätigen und anstrengen können. Zum Teil machen sie Sport zum Beruf. Sitzende Tätigkeiten lehnen sie oft ab. Haben sie eine Tätigkeit ohne viel körperliche Aktivität, suchen sie den Ausgleich im Sport. Zum Teil wird Sport dann ein essenzieller Bestandteil des Lebens dieser Menschen. Viel ihrer Freizeit investieren sie in körperliche Bewegung. Dabei ist es weniger wichtig, ob man der oder die Beste in der jeweiligen Sportart ist. Es geht einfach um das Gefühl, sich zu bewegen und die eigene Leistungsfähigkeit zu trainieren. Nicht selten betreiben derart motivierte Menschen mehrere Sportarten.
Starke Emotionen: Durch Körperliche Aktivität motivierte Menschen erleben während und nach dem Sport eine tiefe Zufriedenheit, ein Glücksgefühl und teilweise fast euphorische Momente. Wenn sie aus irgendeinem Grund keine Gelegenheit dazu haben, fühlen sie sich schnell unfit, unterfordert und rast- und ruhelos.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will mich bewegen."
•
"Ich will fit und gesund sein."
•
"Ich will meinen Körper spüren und stärken."
Anhang
210
Das Motiv Emotionale Ruhe - rote Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen:
Menschen mit einer roten Motivation Emotionale Ruhe streben danach, Herausforderungen zu erleben, Risiken zu spüren, sich Veränderungen zu stellen und Abenteuer zu bestehen. Sie kennen in ihrem Leben nur wenige Ängste und Sorgen und sind eher mutig und risikofreudig. Einige wählen tatsächlich Abenteuer, z. B. in ihren Reisen oder auch in den von ihnen bevorzugten Sportarten. Andere gehen eher risikoreich bei wen Finanzgeschäften vor. Wieder andere gestalten w Leben so, dass es eine dauerhafte Herausforderung ist. Sie wählen für sich vielleicht hektische, s!ressige Umgebungen oder gestalten die Situationen entsprechend. Diese Menschen vermitteln den Eindruck, dass sie mit einem erhöhten AdrenalinspiegeI leistungsfähiger sind. Die Angst beflügelt sie zu Höchstleistung. Sie sind stressrobuster und belastbarer als andere Menschen. Sie folgen dem Motto"was soll schon passieren". Dabei neigen sie dazu, Risiken auch zu unterschätzen. Sie machen sich keine Sorgen um das, was kommen könnte, sondern gehen davon aus, dass "es schon gut gehen wird, wie bisher ja auch". Sie haben weniger Angst vor Krankheiten und halten auch Schmerz besser aus als andere. Starke Emotionen:
Diese Menschen fühlen sich, wenn sie schwierige, gefährliche oder unwägbare Situationen bewältigen können, stark und mutig, sie genießen es, "es" geschafft zu haben. Gibt es keine Veränderungen, Abenteuer oder Herausforderungen in ihrem Leben, langweilen sie sich und werden danach suchen oder sie selbst initiieren. SeLbstbeschreibung/Überzeugungen: •
I,Es kommt, wie es kommt."
• "Ich will Spannung und Herausforderung." •
I,Wer nichts riskiert, verpasst was im Leben."
Anhang
211
Das Motiv Emotionale Ruhe - grUne Ausprägung Wesentliche Merkmale/Kennzeichen: Menschen mit einem grün ausgeprägten Motiv Emotionale Ruhe streben nach emotionaler Sicherheit. Sie wollen Dinge und Konsequenzen vorhersehen können und Ängste und Sorgen vor Unvorhersehbarem vermeiden. Dafür versuchen sie, ihr Leben so zu gestalten, dass Gefahren vermieden werden. Dazu gehört auch ihr Bedürfnis nach Stabilität und Konsistenz in ihrem Umfeld. Zum Teil sichern sie sich mit Vorsorgemaßnalunen und Versicherungen gut ab. Sie planen oft sorgfältig, damit nichts schiefgeht. Insgesamt sind sie prüfend, abwägend und vorsichtig bei den Dingen, die sie tun, z. B. auch wenn sie etwas kaufen. Sicherheit spielt in ihrem Leben eine große Rolle und sie bezeichnen sich selbst gern als vorausschauend handelnd. Sie neigen dazu, Risiken zu überschätzen und die Dinge, die schiefgehen können, in den Vordergrund ihrer Aufmerksamkeit zu stellen. Sie mögen keinen Nervenkitzel und meiden entsprechende Situationen. In unsicheren Situationen oder bei Veränderungen mit unklaren Konsequenzen empfinden sie Stress, Belastung und Angst. Die Sorgen darüber, was ggf. passieren kann, begleiten sie häufiger in den Schlaf. Manche Menschen machen sich viele Sorgen um ihre Gesundheit und haben ein höheres Schmerzempfinden. Andere kennen Panikattacken in unsicheren, belastenden Situationen.
Starke Emotionen: Erleben Menschen mit einem grün ausgeprägten Motiv Emotionale Ruhe Sicherheit, Vorhersehbarkeit und Stressfreiheit, genießen sie das Gefühl der inneren Ruhe und Gelassenheit. Können sie ihrem Bedürfnis nach Sicherheit nicht nachkommen, fühlen sie sich ängstlich, nicht handlungsfähig und sorgenvoll.
Selbstbeschreibung/Überzeugungen: •
"Ich will vorsichtig und vorausschauend sein."
•
"Ich will Risiken und Gefahren vermeiden."
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U. Rohrschneider, Macht, Neugier, Team ...,DOI 10.1007/978-3-8349-6738-1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Die Autorin Uta Rohrschneider ist Geschäftsführerin der grow.up. Managementberatung GmbH, Gummersbach. Auf Grundlage ihrer langjährigen Erfahrung als Leiterin der Personal- und Führungskräfteentwicklung eines mittelständischen Unternehmens berät sie seit 1997 Kunden in Fragen des Human Ressource Management und der Konzeption, Implementierung und Umsetzung von Personalentwicklungsprozessen sowie der Management-Diagnostik. In der Qualifizierung von Mitarbeitern und Führungskräften liegen ihre Schwerpunkte in den Bereichen Führung, Team- und Persönlichkeitsentwicklung sowie Kommunikation. Als Coach unterstützt Uta Rohrschneider Führungskräfte bei der Übernahme herausfordernder Aufgaben sowie in beruflichen und persönlichen Veränderungsprozessen. Uta Rohrschneider ist zudem Reiss Profile Instructor und leitet regeImäßig Ausbildungsseminare zum Reiss Profile Master.
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