Die dunklen Seiten ...
des Alltags
Wie schmeckt eigentlich Oligofructose ? Wird der linksdrehenden Milchsäure auf Daue...
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Die dunklen Seiten ...
des Alltags
Wie schmeckt eigentlich Oligofructose ? Wird der linksdrehenden Milchsäure auf Dauer nicht speiübel ? Wer garantiert mir, daß zwischen meinen lebendigen Bakterienkulturen nicht doch eine Leiche schimmelt ? Früher war der Joghurtkauf simpel. Sie kamen ans Kühlregal, schauten nach den gewünschten Geschmacksrichtungen wie Himbeere, Banane oder Sellerie, nahmen sich die Plastikbecher, tauschten deren Preisschilder mit denen einer billigeren Marke aus, bezahlten und gingen in dem Bewußtsein nach Hause: Juchhuu, jetzt habe ich Joghurt ! Heute sind die Kühlregale mit den Produkten verschiedener Anbieter länger als die Bremsspur eines getuneten Golf ohne ABS bei Tempo 170. Bei der Beschreibung der Inhaltsprodukte kann man sich nicht sicher sein ob man gerade eine Portion vergorene Milch oder nicht doch die Grundbausteine für einen Chemiekasten in den Kühlschrank einräumt. Saccharide, Fructoseeinheiten, Glucose- und pH-Werte - ich möchte meinen Joghurt aufessen und kein Naturwissenschaftliches Diplom mit ihm erwerben. Genaugenommen macht mir Joghurt Angst. Was passiert wenn die lebenden Bakterienkulturen sich für ihre Gefangenschaft im engen Kunststoffbehältnis bei Außentemperaturen wie im sibirischen Winter gerade an mir rächen wollen ? Außerdem widerstrebt es mir jemanden herunterzuschlucken, in dessen Lebensuhr der Quarz noch pulsiert.
Ich meine, wenn ich in die Frittenbude gehe erwarte ich doch auch, daß mein Hähnchen nicht mehr gackert oder der Hamburger zur Begrüßung "Muuhh !" sagt. Hingegen ist es mir völlig gleichgültig, ob die Milchsäure nun links- oder rechtsdrehend ist oder sich einfach nur lässig in der Nachtischschüssel herumlümmelt. Wenn ich in meiner Pizzeria bestellen würde: "Zwei Margharita, aber linksdrehend bitte !" würde sich der Kellner vermutlich überlegen, ob es für mich nicht an der Zeit für eine neue Jacke wäre. Eine, deren Arme von einem Pfleger auf dem Rücken verschlossen werden. Viele, viele Jahre habe ich gedacht, Joghurt sei einfach ein Naturprodukt, dessen Erzeuger auf Wiesen steht, Gras frißt und sich überdies vorzüglich für die Herstellung von Steaks eignet. Heute erinnert mich die Auflistung der Inhaltserzeugnisse auf den Bechern geradezu dramatisch an die freudlose Zeit der Jugend, in denen ich wie das personifizierte Fragezeichen vor meinen Chemieklausuren saß. Ich verstehe nicht, wieso, laut Reklameaufdruck, das leichtverdauliche Milchprodukt auch noch "arbeitet". Ja, Joghurt jobt just in meiner KühlGefrierkombination. Wer weiß, was er noch alles darin veranstaltet und was er nach Feierabend tut. Früher war es praktischer. Ich ging in den Supermarkt und nahm einfach ein Gläschen mit meinem Lieblingsgeschmack heraus. Erdbeere mag ich am liebsten, oder auch Rhabarber. Aber Rhabarberjoghurt mochte ich vor allem dann, wenn statt des Rhabarbers Erdbeeren drin waren.