Handbuch Fabrikprojektierung
K. W. Helbing
Handbuch Fabrikprojektierung Mitwirkende Autoren Horst Mund Martin Reichel
Teil I Grundlagen und Methodik Teil II Ausgewählte Teilgebiete und Systeme Mit 952 Abbildungen und 331 Tabellen
1C
Prof. em. Dr.-Ing. habil. Kurt W. Helbing Universität Rostock Lehrstuhl Fabriksysteme und Materialflusstechnik Albert-Einstein-Straße 2 18059 Rostock Deutschland
[email protected] Mitwirkende Autoren Dr.-Ing. Horst Mund, Dr.-Ing. Martin Reichel,
Universität Rostock Universität Rostock
ISBN 978-3-642-01617-2 e-ISBN 978-3-642-01618-9 DOI 10.1007/978-3-642-01618-9 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort
Die industrielle Produktion von Produkten wird in der Fabrik durch Technologie, menschliche Arbeit, Erfahrung und Bildung vollzogen. Eine Fabrik ist die örtliche Stätte der Produktion und Quelle einer Volkswirtschaft, die zur Gestaltung des sozialen Fortschrittes für die Menschen eines Landes beiträgt. In der Fabrik durchgeführte Produktionen unterliegen den wechselnden Bedingungen der zumeist freien Beschaffungs-, Absatz- und Energiemärkte, aus denen sich zeitabhängig ganz bestimmte Fabrikeigenschaften ableiten, die bei der Entwicklung, Planung und Projektierung der Fabrik und beim Fabrikbetrieb zu berücksichtigen sind. Durch die Fabrikplanung wird auf das Investitionsobjekt Fabrik durch Produkt-, Technologie- und Wirtschaftlichkeitsforderungen eingewirkt. Das Ergebnis der Fabrikprojektierung ist das immaterielle und noch durch Produktion herzustellende Produkt Fabrik. Durch den Fabrikbetrieb wird das Wirtschaftsobjekt Fabrik betrieben, gelenkt und erhalten. Diese drei Säulen der Fabrikwissenschaft stehen in einem wechselvollen Beziehungsgefüge, so dass die Fabrikprojektierung Erkenntnisse und Einflüsse der Fabrikplanung und des Fabrikbetriebes berücksichtigen muss. Gegenstand des als Handbuch vorliegenden Fach- und Lehrbuches ist die methodische und systematische Projektierung der Fabrik, ihrer Fabrikstätten, Fabriksysteme und Fabrikelemente, wobei ein besonderer Bezug zur be- und verarbeitenden Industrie, speziell zur Metall verarbeitenden Industrie (MVI), und zum Maschinenbau hergestellt wird. Diese Anwendungsbreite wird durch die Darstellungen zur Produktions- und Fabriksystematik, zur Projektierungsmethodik und zu den Projektierungsmethoden und -aktivitäten ermöglicht. Die konzentrierte Wissensdarstellung unterstützt besonders die praktische Fabrikprojektierung. Der Umfang des vorliegenden Wissens zur Fabrikprojektierung führte zu einer Teilung des Handbuches, um besonders auch Praxiswünsche zu berücksichtigen. Während Teil I die Systematik zu den Grundlagen, zur Methodik und zu den Zusammenhängen der Fabrikprojektierung umfasst, entspricht Teil II einer lexikalischen Wissensdarstellung für ausgewählte Teilgebiete und Systeme mit Erläuterungen, Projektierungsvorschriften und Übersichten. Für wissenschaftlich und praktisch tätige Projektanten sowie für Studierende wird damit ein konzentriert formuliertes Standardwerk zur Fabrikprojektierung vorgelegt, das von jedem Nutzer persönlich erweitert und ergänzt werden kann. v
vi
Vorwort
Mit dem Handbuch werden besonders projektierende, konstruierende und gestaltende Ingenieure, die als System- oder Anlagen- und Bauwerksprojektanten tätig sind, angesprochen. Aber auch Studierenden und Personen, die auf solchen Gebieten wie Technologie, Projektierung, Rationalisierung, Modernisierung, Planung, Betreibung, Instandhaltung und Lenkung von Fabriken, Vorbereitung, Bewertung und Organisation von Investitionsobjekten und technischen Dienstleistungen wirken und Verantwortung tragen, wird das Arbeiten durch das Handbuch erleichtert. Es enthält den neuesten Wissensstand, umfangreiche praktische Erfahrungen, Projektierungs- und Praxishinweise (P + P – Hinweise) zu bestimmten Gebieten, Hinweise (↑) auf ausgewählte Gebiete und Systeme in Teil II und eine ausschließliche Orientierung auf die deutsche Sprache. Für Unterstützungen, Hinweise und Mitwirkungen bedanke ich mich. Meiner Frau UTA danke ich für das Verständnis, Frau REGINA KARSTÄDT, Universität Rostock, für ihren Fleiß und ihre Sorgfalt bei den Schreib- und Zeichenarbeiten, meinen mitwirkenden Autoren, Dr.-Ing. HORST MUND und Dr.-Ing. MARTIN REICHEL, Universität Rostock, danke ich für ihre fachliche und zeitaufwendige Unterstützung. Den Herren Dr.-Ing. N. LINDENLAUB, BAYER Leverkusen, Dipl.-Ing. V. PUTZAR, Kirchdorf, Prof. Dr.-Ing. habil. W. ROCKSTROH, Dresden, Prof. Dr.-Ing. habil. H. SCHMIGALLA, Rudolstadt, und Prof. Dr.-Ing. Dr. sc. techn. S. WIRTH, Chemnitz, danke ich für die unterstützenden fachlichen Hinweise, Anregungen und Beratungen. Bedanken möchte ich mich auch für die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den Praxispartnern, bei den Gutachtern sowie bei Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau Cornelia Schwanke vom Verlag für ihre Unterstützung zu diesem Handbuch. All jenen danke ich im Voraus, die Hinweise zu Fehlern, Erweiterungen, Ergänzungen und zu praktischen Erfahrungen geben werden. Wismar, Rostock, Herbst 2009
Kurt W. Helbing
Inhalt
Teil I
Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1
Einführende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2
Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Zusammenhang von Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung . . . 2.2 Produkte als Gegenstand der Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Bereiche, Stufen und Komponenten der Produktion . . . . . . . . . . . . . 2.4 Flusscharakter der Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Technologie und Projektierung der Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Projektierungsbasis und Projektierungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
4
Fabrikbereiche und Fabriksysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Funktionelle Bereiche der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Systeme der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Komponenten zur systematischen Entwicklung und Bewertung der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Fabrik als Gegenstand der Planung, Projektierung und Betreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 15 19 24 33 41 46 48 49 49 54 61 82 85 86
Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4.1 Gegenstand und Grundfälle der Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . 88 4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten . . . . . . . . . . . . 91 4.3 Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung . . . . 109 4.4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 vii
viii
Inhalt
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Projektierungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Projektierungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Projektierungsmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
135 160 180 182 182
Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Projektierungsaufgaben der Projektanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung . . . . . . . . . . . . . 5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung . . . . . . . . . . . . 5.4 Strukturelle Systemprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Systemformgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Systemversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Systementsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Systembetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9 Systembauwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183 185 196 227 261 279 289 307 319 333 335 352
6
Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Fabrikwirkungsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Integration von Fabriksystem und Fabrikgebäude . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Fabrikgebäuderaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Raumversorgung und Raumentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Gestaltende Projektierung des Fabriksystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Beziehungsgestaltung von Fabriksystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
355 356 359 364 377 380 381
7
Projektierung der Gesamtfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Gesamtfabrikbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Fabrikstandort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Fabrikausführungsprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Gesamtfabrikgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
383 385 394 423 429 433 450 471
5
Teil II Ausgewählte Teilgebiete und Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 Nutzungshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 8 Abführungsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 8.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497
ix
Inhalt
8.2 8.3
Entstehungsquellen und Zustandsformen der Abführungsmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 Entsorgungsmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501
9 Absaugsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Luftschadstoff-Absaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Pneumatische Feststoffabsaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Hydraulische Absaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
505 505 506 510 511 512
10 Arbeitsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 11 Arbeitsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Notwendigkeit, Gebiete und Aufgaben der Arbeitsgestaltung . . . . 11.2 Einbeziehung der Arbeitsgestaltung in die Fabrikprojektierung . . . 11.3 Projektierungsbeeinflussungen durch Arbeitsgestaltung . . . . . . . . 11.4 Lärm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Mechanische Schwingungen (Vibration) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Weitere Gebiete der ergonomischen Arbeitsgestaltung . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
517 517 520 521 524 535 540 544
12 Arbeitsplatzf lächendimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Grundlagen der Arbeitsplatzflächendimensionierung . . . . . . . . . . 12.3 Arbeitsplatzflächenelemente und Flächenbegriffsinhalte . . . . . . . . 12.4 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächenvorausbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächengenaubestimmung . . . 12.6 Flächenelementeüberlagerung und Flächenoptimierung . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
545 546 547 550
13 Arbeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Raumarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Verfahrensarbeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Elementearbeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4 Arbeitssystemraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Arbeitsräume in Fabriksystemen und Arbeitsstätten . . . . . . . . . . . 13.6 Raumbewertungen von Arbeitssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
571 572 573 574 574 584 587 590
14 Arbeitssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Arbeitssystemarten in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Grundfunktionen und Relationen von Arbeitssystemen . . . . . . . . .
591 591 594 597
554 557 566 569
x
Inhalt
14.4 Autonomie von Arbeitssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . 14.6 Arbeitsgestaltung und Typung von Arbeitssystemen . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
600 601 623 625
15
Bedarfsermittlung, Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1 Bedarfsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Bedarfsarten der Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Bezüge und Bedarfszeiträume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.4 Bedarfsdeckungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5 Einfluss der Akzeleration auf die Bedarfsermittlung . . . . . . . . . . .
627 627 628 639 642 643
16
Betriebsmitteldimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1 Betriebsmittelgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2 Ermittlungsunterscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3 Grundlagen der Betriebsmitteldimensionierung . . . . . . . . . . . . . . 16.4 Funktionelle Dimensionierung von technologischen Hauptausrüstungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
645 645 647 647
17
Betriebsmittelfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1 Betriebsmittelflussgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2 Betriebsmittelflussarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.3 Betriebsmittelflusssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
659 659 661 664
18
Betriebsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.1 Begriffseinengungen für die Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2 Betriebsstoffverbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.3 Bedarfsermittlung für Verbraucher einer Verbrauchergruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
669 669 669
Bewegungsbedarfsmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.1 Bewegungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für Stückgutprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3 Ermittlung der stündlichen Stückgutbewegungen als Fördervorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für flüssiges Fließgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.5 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für gasförmige Fließgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für Schüttgut . . . . .
673 674
Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.2 Rangfolge-Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.3 Expertenschätz-Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
693 693 695 696
19
20
650
670
677 679 689 691 692
xi
Inhalt
20.4 Bewertungsmethoden mit Wichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.5 Heuristische und mathematische Bewertungsmethoden . . . . . . . . 20.6 Kennzahlen-Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
696 700 700 707
21
Brandschutzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1 Brennbarkeit, Brandursachen und Brandschutz . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Brandlastberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3 Baulicher Brandschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4 Branderkennungs-, Brandwarn- und Brandmeldesysteme . . . . . . 21.5 Brandlöschsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.6 Gesamtfabrikliche Löschversorgungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
709 709 711 714 718 719 721 721
22
Druckluftversorgungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.1 Probleme und Bedarfsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Grundlagen der Drucklufttechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.3 Druckluftprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.4 Grundaufbau von Druckluftversorgungssystemen . . . . . . . . . . . . . 22.5 Drucklufterzeugungsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
723 723 724 724 728 734 739
23 Durchsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.1 Bedeutung und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2 Darstellungsformen des Durchsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3 Durchsatzniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.4 Maßnahmen zur Erreichung einer Durchsatzausgewogenheit . . . . 23.5 Durchsatzermittlung bei eingelaufener Produktion . . . . . . . . . . . . 23.6 Durchsatzermittlung beim Produktions- und Systemanlauf . . . . .
741 742 742 745 748 749 750
24
Fabrikgebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.1 Gebäudeanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2 Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden . . . . . . . . . . . 24.3 Typisierung der Fabrikgebäudedimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.4 Gebäuderaumformen und Gebäudeintegration . . . . . . . . . . . . . . . 24.5 Gebäudeeinbauten und Einhausungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.6 Projektierungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
753 753 755 767 771 776 778
25
Fabriklagersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.1 Lagerbegriff und Lagerarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.2 Grundaufbau von Lagersystemen der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.3 Projektierungsbeeinflussende Lagerfaktoren und Grundsätze . . . . 25.4 Lagerungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.5 Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.6 Fabriklagersysteme und Fabriklagerstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
779 780 784 790 792 827 830 839
xii
Inhalt
26
Fabrikstandortbebauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.1 Bebauungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2 Bebauungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.3 Projektierungsbeeinflussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
841 841 841 844
27
Fabrikverkehrssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.1 Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.2 Systeme, Teilsysteme und Elemente des Fabrikverkehrs . . . . . . 27.3 Ruhender Fabrikstraßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
847 847 848 853 858
28
Fertigungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.1 Fertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.2 Charakteristische Merkmale von Fertigungsformen . . . . . . . . . . 28.3 Punktfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.4 Linienfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.5 Fließfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.6 Ein-Richtungsvernetzte Fertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.7 Mehr-Richtungsvernetzte Fertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.8 Verteilfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.9 Erweiterung der Fertigungsgrundformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.10 Zusammenhang von Fertigungsform und Fertigungssystem . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
859 859 860 865 867 870 881 884 884 888 890 892
29
Feststoffentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.1 Notwendigkeit und Gruppierung der Feststoffentsorgung . . . . . . 29.2 Verwendung von ALT- und AB-Produkten und von AB-Fallfeststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.3 Verwertung von ALT- und AB-Produkten sowie von AB-Fallfeststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.4 Feststoffentsorgung durch die dualen, speziellen und kommunalen Entsorgungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.5 Späneentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.6 Entsorgungsbesonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
893 893
899 903 914 915
30
Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1 Systemgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.2 Flexibilitätsgebiete von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.3 Merkmalsflexibilitäten des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.4 Prozessflexibilität des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.5 Systemsyntheseflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.6 Projektierung der Systemflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
917 917 919 920 923 934 940
31
Gefahrstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 945 31.1 Berücksichtigung bei der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 945
896 897
xiii
Inhalt
31.2 Gefährdung und Gefahr, Schädigung und Schaden . . . . . . . . . . . 31.3 Gefahrstoffeinordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.4 Gefahrgutlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.5 Besonderheit Aerosol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.6 Pflichtaufgaben des Fabrikprojektanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
945 948 950 950 953 955
32
Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1 Gesetzliche Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.2 Genehmigungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.3 Baugenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.4 Betriebsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
957 957 958 958 960
33
Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.1 Bereichsgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.2 Projektierungsvoraussetzungen und Projektierungsbasis . . . . . . 33.3 Projektierungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.4 Besonderheit Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
965 965 965 969 973
34
Gleichzeitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.1 Gleichzeitigkeitsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.2 Systemgleichzeitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.3 Ermittlung der Projektierungswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.4 Beispiel zur Ermittlung des Verbrauchsgleichzeitigkeitsgrades . . .
975 975 977 978 981
35 Instandhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.1 Gegenstand, Aufgaben und Gebiete der Instandhaltung . . . . . . . 35.2 Technologiebezug, Stufigkeit und Aufbauorganisationsformen der Instandhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.3 Instandhaltungsflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
983 983 985 987
36
Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991 36.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991 36.2 Ganzheit und Gefüge von Betrachtungsfeldern und Systemen . . . 993 36.3 Integrationsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999 36.4 Integrationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1000 36.5 Integrationsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1005 36.6 Art und Weise der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007
37
Kapitalbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.1 Bedarfsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.2 Investitionskalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.3 Kapitalbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
Kennzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017 38.1 Merkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017
1013 1013 1013 1016
xiv
Inhalt
38.2 Kennzahlengebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38.3 Kennzahlenarten und Kennzahlenbegriffsinhalte . . . . . . . . . . . . 38.4 Kennzahlendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38.5 Kennzahlenübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38.6 Kennzahlenmethode für die Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1018 1018 1023 1024 1024 1026
39
Kombinatorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.1 Mathematische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.2 Kombinatorik in der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.3 Projektieren und Entwickeln durch Kombinieren . . . . . . . . . . . . 39.4 Methodische Lösungssuche durch Kombinationsmatrizen . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1027 1027 1029 1030 1031 1034
40
Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.1 Arten und Zweck der Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2 Quantifizierung der Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.3 Grundfälle der Funktionskooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.4 Hinweise zur ökonomischen Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.5 Realisierung von Kooperationsleistungen durch Füllproduktion . . . 40.6 Kooperationen von Fabriksystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1035 1035 1036 1039 1040 1040 1040 1041
41
Layoutprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2 Layoutarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.3 Layoutdarstellungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.4 Projektierungsraster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1043 1043 1043 1046 1049 1054
42
Lichtversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.1 Lichtversorgungsgebiete in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 Grundlagen der Lichtversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 Tageslicht-Beleuchtungssysteme für Innenräume . . . . . . . . . . . . 42.4 Künstliche Beleuchtungssysteme für Innenräume . . . . . . . . . . . . 42.5 Sicherheitsbeleuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.6 Fabrikaußenbeleuchtung mit künstlichem Licht . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1055 1055 1056 1066 1069 1075 1075 1076
43
Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.1 Luftversorgungsgebiete in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.2 Lufttechnikgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.3 Luftversorgungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.4 Projektierungsgrundlagen für freie Lüftungssysteme . . . . . . . . . 43.5 Projektierungsgrundlagen für einfache maschinelle Lüftungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1077 1077 1077 1079 1092 1095
xv
Inhalt
43.6 Raumklimasysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1103 44
Maschinenaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.1 Notwendigkeit und Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.2 Maschinenbeeinflusste Aufstellkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.3 Grundfälle und Maßnahmen der Maschinenaufstellung . . . . . . . 44.4 Arten und Verfahren zur Maschinenbefestigung . . . . . . . . . . . . . 44.5 Schwingungsisolierte Maschinenaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1105 1105 1105 1110 1113 1115 1119
45
Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.1 Begriffseinengung für die Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.2 Charakteristische Merkmale des Materials . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.3 Materialbedarfsermittlung für die Herstellung von Stückgütern . . .
1121 1121 1123 1127
46
Materialflusstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.1 Notwendigkeit und Bedeutung für die Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . 46.2 Materialflussgrundfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.3 Materialflusstechnikgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.4 Grundcharakterisierung und Projektierungseinfluss der Materialflusstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.5 Material-Flusssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.6 Komplexe Materialflusssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1131 1131 1132 1133 1136 1145 1148 1150
47
Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47.1 Optimierung in der Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47.2 Optimierungsgrundlagen für die Fabrikprojektierung . . . . . . . . . 47.3 Objekt-Platz-Zuordnungsoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47.4 Allgemeine Optimierungsziele bei der Systemprojektierung . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1151 1151 1151 1153 1163 1165
48
Personalbedarfsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48.1 Personalbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48.2 Allgemeine Personalbedarfsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48.3 Berechnung der Personenanzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48.4 Personennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48.5 Hinweise zu den beeinflussenden Faktoren der Personalkosten . . .
1167 1167 1168 1171 1174 1175
49
Personenfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1179 49.1 Personenfluss-Projektierungsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1179 49.2 Hinweise zur Personenflussprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1180
50
Produktflusssystemfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1187 50.1 Flächenanteile und Flächenintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1188
xvi
Inhalt
50.2 Produktflussspeicherfläche für Stückgüter . . . . . . . . . . . . . . . . 50.3 Produktfluss-Übergabefläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.4 Produktfluss-Bewegungs- und Transportfläche . . . . . . . . . . . . . 50.5 Produktfluss-Betriebsmittelfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.6 Produktfluss-Erhaltungsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.7 Produktfluss- Versorgungsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.8 Produktfluss-Entsorgungsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.9 Produktfluss-Zusatzflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.10 Produktfluss-Betreibungsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.11 Freie Produktflussfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.12 Produktfluss-Gesamtfläche und Flächenkennzahlen . . . . . . . . .
1189 1200 1202 1209 1210 1210 1211 1211 1211 1212 1212
51
Produktflusssystemraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.1 Teilsystemräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.2 Raumarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.3 Geometrische Raumbildung durch Gegenstandsbewegungen . . . 51.4 Raumhöhenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1215 1215 1216 1222 1222
52
Projektierungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1227 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1235
53
Projektierungsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.1 Technologische Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.2 Produktprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.3 Erfassung und Aufbereitung von Produktionsprogrammen . . . . 53.4 Arten und Aufbereitung von Projektierungsprogrammen . . . . . 53.5 Hinweise für andere Projektierungsprogramme . . . . . . . . . . . . 53.6 Programmvervollständigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1237 1237 1237 1239 1241 1242 1249
54
Projektierungssinnbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.1 Ausgangsbasis und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.2 Allgemeine Projektierungssinnbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.3 Merkmalssinnbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.4 Funktionssinnbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.5 Elementesinnbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1251 1251 1252 1253 1255 1256 1261
55
Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.2 Aufgabenrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.3 Einfache räumliche Prozessrelationen als Strukturbasis . . . . . . 55.4 Relationsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.5 Prozesse mit Mehrfachrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.6 Der räumliche Aspekt von Systemrelationen . . . . . . . . . . . . . . . 55.7 Der technische Aspekt von Systemrelationen . . . . . . . . . . . . . .
1263 1263 1267 1268 1271 1273 1274 1276
xvii
Inhalt
55.8 55.9 55.10 56
Zeitlicher Aspekt von Systemrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1276 Energetischer Aspekt von Systemrelationen . . . . . . . . . . . . . . . 1278 Besonderheiten der Ein- und Ausgangsrelationen . . . . . . . . . . . 1279
Rohrleitungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.2 Projektierungsbeeinflussende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.3 Durchsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.4 Rohrinnendurchmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.5 Druckverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.6 Rohrleitungskennlinien und Projektierungshinweise . . . . . . . . 56.7 Pumpen und Verdichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.8 Abscheider und Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.9 Vervollständigung und Anlagenentwicklung von Rohrleitungssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1310 1312
57
Schutzgüte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.1 Gegenstand und Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.2 Gefahrenkategorien und Einzelgefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.3 Schutzgebiete und Schutzaufgabenkomplexe . . . . . . . . . . . . . . 57.4 Projektierungsansatz für den Schutzgütenachweis . . . . . . . . . . 57.5 Schutzgütebewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1313 1313 1314 1320 1321 1325
58
Speicherbedarfsmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.1 Speicheraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.2 Gegenstandsabhängige Speicherausführungsarten . . . . . . . . . . 58.3 Technologischer Systemspeicherbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.4 Zentralspeicherbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.5 Übergabespeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.6 Technologischer Produktspeicherbedarf bei der Montage und Kommissionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1329 1329 1331 1332 1344 1346
59
60
Speicherdimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.2 Stückgutspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.3 Schüttgutspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.4 Flüssigkeitsspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.5 Gasdruckspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.6 Hinweise für Aufgabenstellungen der Speicherdimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1283 1284 1285 1286 1289 1290 1295 1295 1305
1348 1351 1353 1354 1355 1366 1367 1368 1368
System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1373 60.1 Allgemeine Systembeschreibung und Systemgliederung . . . . . 1373
xviii
Inhalt
60.2 Systemhierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60.3 Systemkomplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60.4 Systemstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1374 1376 1376 1377
61 Technologische Vereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.1 Notwendigkeit und Zielstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.2 Grundsätze zur technologischen Konstruktionsvereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.3 Produkttechnologievereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.4 Systemtechnologievereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.5 Systemtechnologiebildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1379 1379
62 Technologische Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.1 Zeitgliederung nach REFA für Arbeitsvorgänge . . . . . . . . . . . . . 62.2 Nominelle technologische Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.3 Effektive technologische Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.4 Technologische Zykluszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.5 Rüstzeit und Taktzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.6 Durchlaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1391 1391 1391 1393 1395 1397 1398
63 Typenvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.1 Sachgruppenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.2 Typenvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.3 Merkmalsintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.4 Umrechnungen der Gruppenelementemerkmale auf den Typenvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.5 Beispiele für die Typenvertreterbestimmung von Produktgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1401 1401 1401 1402
64 Variabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.2 Variabilitätsarten von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.3 Systembetreibungsvariabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.4 Variabilitätsniveau von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.5 Variabilität der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.6 Variabilität und Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1407 1407 1407 1410 1411 1411 1412
65 Wärmeenergieversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.1 Wärmeversorgungsgebiete in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.2 Grundlagen der Wärmeenergieversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.3 Technologische Verfahrenswärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.4 Wärmeenergie für das Betreiben von Systemen und Räumen . . . 65.5 Raumwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1413 1413 1413 1416 1420 1421
1380 1383 1387 1387 1389
1403 1405
Inhalt
xix
65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems . . . 1431 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1444 66
Zeitfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1445
Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1449
Verwendete Abkürzungen (Teil I und Teil II)
Abkürzung
Erläuterung
A
Fläche (SI-Einheit: m2; Projektierung: m2/Bezug) Systemausgang, Ausgangsbereich Abführen, Abführung (Bewegungsfunktion für Gegenstände, …) Elementeanordnung (Strukturkomponente) Aggregatefertigung (Aggregate als Erzeugnis) Allgemeine infrastrukturelle Fabriksysteme der Ver- und Entsorgung von Systemen und Räumen Arbeitsgang Arbeitsgegenstand (Produkt, zu verändernder Gegenstand) Arbeits-(system-)grenzwert durch Emissions- oder Immissionsbelastungen als maximale Konzentrationswerte (MAK, MEK, MIK) Arbeitskraft (Arbeitsperson mit technischer Unterstützung) Arbeitsmittel (Betriebsmittel zur Durchführung von Arbeitstätigkeiten) Merkmalsanordnung Arbeitsplatz des Arbeitssystems Arbeitssystem Arbeitsstättenrichtlinie Arbeitsstelle (Wirkstelle, Bedienstelle) Ausgangsteil, zu veränderndes Produkt Ausgang, Ausgleich, Ausfall Technologische Arbeitsvorbereitung
AB AE AF AFS Ag AG AGW AK AM AM AP AS ASR AST AT AUS AV B, b B BAT BDE BE BFS BHKW BImSch BM BO
Breite (SI-Einheit: m; Projektierung: m/Bezug) Bewegung Betriebsunterstützungsmittel (Kurzzeichen für BM) Biologischer Arbeitstoleranzwert Betriebsdatenerfassung (-ssystem) Bezugseinheit (System, Element, Gegenstand, …) Betrachtungseinheit, Berechnungseinheit Bauliche Fabriksysteme Blockheizkraftwerk BundesImmissionsSchutz (G – Gesetz, V – Verordnung) Betriebsmittel (Maschinen, Anlagen, Unterstützungsmittel, …) Bezugsobjekt (Betriebsmittel, Gegenstand, System, …) xxi
xxii
Verwendete Abkürzungen
Abkürzung
Erläuterung
BS BST BT
Bezugssystem (Wirk-, Erzeugungs-, …, Arbeitssystem) Bedienstelle (Haupt- oder Nebenbedienstelle) Betriebstechnik (technische, organisatorische) Bezugsteil Betriebsverlust, Betriebsmittelverlust (Mengeneinheit: kg/Bezug) Bezugszeitraum Betrachtungszeitraum
BV BZ
CIM
Computer Integrated Manufacturing (Rechnerunterstützte Fertigung)
D
Dimension, Dimensionierung, dimensional Durchsatz (Einheit: kg/h·Bezug, Stück/h·Bezug, …) Tag Duales System Deutschland GmbH
d DSD E
EDV EIN ENT ERP ET EV F
FB FBS FE F+E FES FK FlS FLS FO Fö FÖT FP FS FT
Energie (Elektrizität, Licht, …, Wärme), Energiefluss Erweiterung, Erweiterungsrichtung (→ E) Erzeugung Systemeingang, Eingangsbereich Elektronische Datenverarbeitung Eingang, Eingangsbereich Entsorgen, Entsorgung (Sammel-, Aufbereitungs-, Verwertungsfunktionen) ENTsorgungstechnologie oder -verfahren Enterprise Ressources Planning (Unternehmensressourcenplanungs- und -steuerungssystem mit Einbeziehung der PPS) Einzelteil, Eingangsteil Energieverlust (Mengenangabe: Watt W) Kraft (SI-Einheit: Newton N) Einflussfaktor, Faktor Fabrik; Ausnahme: Funktion Fabrikbereich (funktionell, strukturell) Fabrikbetreibungssysteme Flussgegenstandseinheit Forschung und Entwicklung Fabrikerhaltungssysteme Funktionskomplex Flusssystem Fabriklenkungssysteme FOrtführung (nicht erfassbare Gegenstände, Energien, Stoffe, …) Fördern, Förderung (Bewegungsvorgang als Funktion) Fördertechnik Fabrikprojektierung Fabriksystem (allgemein); Fertigungssystem (speziell) Fertigteil Flusstechnik (Bewegungstechnik)
Verwendete Abkürzungen Abkürzung
Erläuterung
GABUSS GE Gl.
Gesundheit-, Arbeits-, Brand-, Umwelt-, Sicherheitsschutz Geldeinheit Gleichung
H, h h HH HHE HHS HWR
Höhe (SI-Einheit: m; Projektierung: m/Bezug) Stunde Handhaben, Handhabung (Lageänderungsvorgang als Funktion) Handhabungseinheit Handhabungssystem Hauptwindrichtung
I i i. A. IV
Information (Text, Sprache, Zahlen, speziell: Daten), Informationsfluss Laufindex für Gegenstandsarten (Produkte, Betriebsstoffe, …) in Anlehnung Informationsverlust (Mengenangabe: Daten, Belege)
j
Laufindex für Bereiche, Objekte, Systeme, Vorgänge
K
Katalog, Projektierungskatalog Kombination Kosten (Mengenangabe: Geldwert GE) Schadstoffkonzentration (Einheit: kg/m³) Kommissioniereinheit Kommissionierung Konstruktion
KE KO Ko L, l L
LAM LE LVS M
MAE ME ME MDE MF MFT MM
xxiii
Länge (SI-Einheitl: m; Projektierung: m/Bezug) Lagern, Lagerung (Aufbewahrungsfunktion), Lager (A – Ausgangs-, E – Eingangs-, Z – Zwischen-); Lagerungssystem Lenkung Licht Lastaufnahme- und Lastsicherungsmittel (Betriebsunterstützungsmittel) Lagerungseinheit Lagerverwaltungssystem Maschine Material, Materialart Menge (allgemein; spezifisch: Menge/Bezug) Merkmal (B – Bedarfs-, G – Gegenstands-, P – Planungs-, T – Technologie-) Maschinenaufstellebene Mengeneinheit (Beispiele: kg, m³, Stück, Person, …) Elementemenge eines Systems (Strukturkomponente) Mobile oder Maschinen-Datenerfassung Materialfluss (MF-SVS – Materialfluss – Sammel- und -Verteilsystem) Materialflusstechnik Merkmalmenge einer Aufgabenstruktur
xxiv
Verwendete Abkürzungen
Abkürzung
Erläuterung
MO MP MSR MV MVI
Montageobjekt, zu montierendes Produkt (Erzeugnis, Baugruppe, …) Modellprojektierung Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (technische Betriebstechnik) Materialverlust Metallverarbeitende Industrie
N
NC
Niveau (Potentialgröße), Niveaustufe Norden, Nordrichtung Exponent, Anlaufexponent Anzahl, Mengen (Stückzahl, Anzahl, …) Numerical Control (Numerische Maschinensteuerung)
O OFF
Objekt (allgemein; Maschine, Wirksystem, …) Oberfläche Fußboden (Bezugsniveauebene zur Höhenbestimmung)
P
Produkt, Produktmaterial Leistung (SI-Einheit: Watt W, in – installierte) Planung; Produktion; Prozess Produktart (Gegenstandsart, Einzelteil-, Teilprodukt-, Erzeugnis-, …) Projektbaustein Projektdokumentation (schriftlich dargelegtes Projekt) Produktfluss Projektierungskomplex Produktionsplanungs- und Produktionssteuerungs-System Projektierung Spezielle Projektierung, Spezialprojektant Produktspeicher Personenweg
n
PA PB PD PF PK PPS PRO PS PSP PW Q
Quelle (Startort, Ausgangspunkt) Wärmemenge (SI-Einheit: Joule J)
R
Relation (Beziehung, Verbindung, Verknüpfung, Verflechtung, A – Ausgangs-, E – Eingangs-, V – Verbindungs-, V,V – Vorlauf, V,R – Rücklauf ) Reichsfachausschuss (alt) Relationen über die Elementemenge und Elementeanordnung (Strukturkomponente) Räumliches Prinzip (System – oder Prozess – Strukturprinzip) Rauch – Wärme – Abzug (-Anlage oder – System)
REFA RM, A RP RWA S s SE SI SIEB
Betriebsstoff (Flüssigkeiten, Gase, Feststoffe); Betriebsstofffluss Senke (Zielort, Anlaufpunkt) Sekunde (SI-Einheit) Systemelement Stückeinheit als zu bewegende Stückmenge Système International d'Unités (international verbindliche Einheiten) Betriebsstoffe, Betriebsinformationen, Betriebsenergie, Betriebsmittel
Verwendete Abkürzungen
xxv
Abkürzung
Erläuterung
SP SPE ST SV Sy
Speichern, Speicherung, (Kompensationsfunktion), Speicher Speicherungseinheit Stück Betriebsstoffverlust (Mengenangabe: kg, m³, Stück, …) System (allgemein; Sy-PRO – Systemprojektierung)
T TA TBHF TE TF TFS TN TP TRGS TRK TW
Transport, Transportieren (Bewegungsfunktion der Ortsveränderung) Technische Anleitung (Durchführungsvorschrift nach BImSchG) Transportbahnhof (Transport-Haltestation, -Haltebucht, …) Transporteinheit (zu bewegende, zu speichernde oder zu lagernde Einheit der Flusssysteme) (Einzel-) Teilefertigung (Produktionsgrundstufe) Technologisches Fabriksystem (System der Produktherstellung) Technologieniveau Technisches Prinzip (System- oder Prozess – Strukturprinzip) Technische Richtlinie Gefahrstoff Technische Richtkonzentration Transportweg
U Ü UM ÜS UT
Umschlagen (Technikwechselfunktion im Materialfluss) Übergeben (Bewegungsfunktion der Weitergabe durch Flusskopplung) Umlauf (im System umlaufende Gegenstände, Informationen, …) Übergabesystem (koppelndes Materialflussteilsystem) Umschlagtechnik
V
VSS VT VWP
Verkehr, Verkehren (Bewegungsfunktion der Ortsveränderung) Verbraucher Verminderungszahl Volumen (SI-Einheit: m³; Projektierung: m³/Bezug) Vollbeschäftigteneinheit (tarifliche Ganztagsarbeitskraft) Versorgen, Versorgung (Erzeugungs-, Aufbereitungs- und Verteilungsfunktion; Versorgungsprozess, Versorgungssystem) Verwenden, Verwendung Verwerten, Verwertung Verteil- und Sammelsystem (Gegenstandsflusssystem) Verkehrstechnik; Verfahrenstechnik Vorrichtungen, Werkzeuge, Prüf- und Messmittel
WS WT WZ WZM
Wirksystem („Verfahrenssystem“; Maschine, Anlage, Werktisch, …) Werktisch (Verfahrensunterstützendes Betriebsmittel mit Arbeitsbezug) Werkzeug Werkzeugmaschine
z ZÄ ZE
Anzahl Zustandsänderung (-svorgang, Verfahrenswirkung auf einen Gegenstand) Zeiteinheit (s, min, h, Tag, Woche, Dekade, Monat, Jahr)
VBE VER
Verwendete Abkürzungen
xxvi Abkürzung
Erläuterung
ZP ZSP ZU
Zeitliches Prinzip (System- oder Prozessstrukturprinzip) Zentralspeicher Zuführen, Zuführung (Bewegungsfunktion für Gegenstände, …)
ǻ Ș
Differenz (Mengenangaben mit Bezug) Niveaukennzahl (als Nutzungs-, Wirkungs-, …, Bewertungsgrad)
Vereinheitlichte und mehrfach verwendete Kurzzeichen (Teil I und Teil II)
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
A
ME, ZE m²/BO
a AAP
m (mm) m²/AP
AGW Aj
ME/BO m²/Sy
ASy
m²/Sy
Aufwand (allgemein) Fläche (Bezugsobjekt BO: AP – Arbeitsplatz, AS – Arbeitssystem, FS – Fabriksystem, S – Standort, TS – Teilsystem) Abstandsmaß von Elementen Fläche des Arbeitsplatzes AP eines Arbeitssystems AS (Flächenelemente: G – Grundriss-, B – Bedien- = Arbeits-, BM – Betriebsmittelspeicher- und -handhabungs-, E – Entsorgungs-, Er – Erweiterungs-, fr – freie, IH – Instandhaltungs-, SP – Produktspeicher-, ST – Steuerungs-, V – Versorgungs-Fläche) Arbeitsplatzgrenzwert Flächenanteile der Art j oder Flächenelemente der Art j eines Flächenanteils Systemfläche
B
m/BO
b
ME/Bezug m (mm)/Bezug
bAP BMZF BSy BZ
m (mm) m/Sy h/BM · BZ m ZE
Hüllbreite eines Bezugsobjektes BO Aufstellbreite für Arbeitssysteme Bedarf Breite (Spezifik: AP – Arbeitsplatz, AS – Arbeitssystem, TE – Transporteinheit) Bedienabstandsmaß für Arbeitstätigkeiten der Arbeitskräfte Anordnungs- oder Aufstellbreite von Arbeitsplätzen Verfügbarer Betriebsmittelzeitfonds (n – nominell) Hüllbreite eines Fabriksystems Bezugszeitraum (Jahr, Monat, …)
C
ZE/Sy
Anlaufkonstante eines Systemanlaufs
D
ME/ZE · BO
Durchsatz (Bezugsobjekte BO: BM – Betriebsmittel, Sy – System; Spezifik: h – stündlicher, max – maximaler, min – minimaler; m – Masse-D, ST – Stück-D, TE – Transporteinheiten-D, V – Volumen-D)
xxvii
xxviii
Vereinheitlichte und mehrfach verwendete Kurzzeichen
Kurzzeichen
Einheit
d
m (mm) ME/Bezug
Erläuterung
dTE dWS
Durchgangsmaß für Personen, Durchfahrmaß Dichte (Bezug: E – Element-, R – Raum-, Sy – System-, … Mengenspezifik: Betriebsmittel, Volumen, Masse, Belastung, technische Elemente, Relationen, Funktionen, …) ME/AS Arbeitsdichte (ME: Arbeitstätigkeiten, Arbeitsinhalte AI, …) AK/Sy Arbeitskräftedichte eines Systems (AS – Arbeits-, WS – Wirksystem, …) BM/Sy Betriebsmitteldichte eines Systems Stück/Bezug Bewegungsdichte, Förderdichte (Bezug: TE – Transporteinheit, Flussgegenstand) Fu/Bezug Funktionsdichte (Bezug: tE – technisches Element, Sy – System, …) Fu/Element Funktionelle Integrationsdichte Merkmal/Fu Merkmalsdichte Gegenstand/Rel. Relationsdichte (Bezug: VON – NACH – Verbindung, Betriebsmittel, …) Stück/BE Stückdurchlaufdichte je Bewegungseinheit BE Elemente/Takt Taktdichte (Elemente des Taktes: AK – Arbeitskräfte, Betriebsmittel mit der Spezifik: Wirksysteme, Vorrichtungen, Werkzeuge, …) Stück/TE Transporteinheitsdurchlaufdichte WS/AK · AS Wirksystemdichte eines Arbeitssystems
EV e
ME/Bezug m (mm)
FG fA
N/Bezug – m²/Bezug
dA dAK dBM dFö dFu dI, Fu dM dR dSE dT
Energieverlust (Bezug: Betriebsmittel, Raum, System, …) Schwerpunktabstand
fZu
Gewichtskraft (Bezug: Betriebsmittel, Gegenstand, …) Flächenfaktor Flächenbedarfsfaktor (Bezug: AK – Arbeitskraft, Sy – System, …) – Entwicklungsbedarfsfaktor, Erweiterungsbedarfsfaktor Fö/TE · Vorgang Förderfaktor, Bewegungsfaktor – Korrekturfaktor – Projektierungsfaktor – Reservebedarfsfaktor Rundungsfaktor – Sicherheitsbedarfsfaktor, Sicherheitsfaktor – Sonderbedarfsfaktor, sonstiger Bedarfsfaktor – Stochastikfaktor (Unsicherheitsfaktor) – Überlagerungsfaktor (A – Flächen-, R – RaumfÜ = 1 − ηÜ) – Zuschlagfaktor, Zusatzfaktor (Zusätze, Ausschuss, …)
GE g
– m (mm)
Geldeinheit Grenzabstandsmaß
H
m/BO Anzahl J/kg
Hüllhöhe eines Bezugsobjektes BO Häufigkeit (Spezifik: Transport-, Förder-, …) Heizwert von Energieträgern (o – oberer, u – unterer)
fE fFö fK fP fR fSi fSo fSt fÜ
Vereinheitlichte und mehrfach verwendete Kurzzeichen
xxix
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
HF HSy h
m m m (mm)/Bezug
Fronthöhe (Zentralspeicher, Regalspeicher) Hüllhöhe eines Fabriksystems Höhe (Bezug: AS – Arbeitssystem, BH – Brüstungs-, Bh – Behaglichkeits-, BM – Betriebsmittel-, …)
IV i
ME/Bezug –
Informationsverlust Laufindex für Produkt-, Gegenstandsart, …, i = 1 (1) e
j
–
Laufindex für Betriebsmittel, Element, System, Raum j = 1 (1) m
K KE KZF k
mg/m³ – h/BZ – –
Schadstoffkonzentration (-dichte) in einem Raum Kommissioniereinheit (Spezifik: ME/KE) Kalenderzeitfonds (Bezugszeitraum BZ: Jahr, Monat, Tag) Laufindex Koeffizient (AP – Arbeitsproduktivität, AU – Ausschuss, NE – Normerfüllung)
L LE LF LSy l
m/BO ME m m m (mm)/Bezug
lÜ
m/Bezug
Hülllänge eines Bezugsobjektes BO Lagerungseinheit (vereinheitlichte Bezugsgröße) Frontlänge (Zentralspeicher, Regalspeicher) Hülllänge eines Fabriksystems Länge (Bezug: AP – Arbeitsplatz, AS – Arbeitssystem, BM – Betriebsmittel) Überlauflänge (Bezug: Regalbedienung eines Lagerungssystems) Überlagerungslänge von Systemen (Bezug: Element, Arbeitssystem, …)
m/Bezug
M
– –
M
ME
MAK ME
ME/Bezug m³, kg, Stück
MEK MIK MSi MV m m ˙
ME/Bezug ME/Bezug mm ME/Bezug kg/BO kg/ZE
Material, Materialart Merkmale (G – Gegenstands-, P – Planungs-, B – Bedarfs-, T – Technologie-) Menge (Bezug: Fu – Funktions-, M – Merkmals-, tE – technische Elemente-, …) Maximale Arbeitsplatzkonzentration (Bezug: m³, System, BO) Mengeneinheit (Spezifik: Personen, Elemente, Transporteinheiten, …) Maximale Emissionskonzentration (Bezug: m³, System, BO) Maximale Immissionskonzentration (Bezug: m³, System, BO) Sicherheitsabstands-Modulmaß Materialverlust (Bezug: Gegenstand, Produkt, Stoff, …) Masse eines Bezugsobjektes Massestrom (Äquivalent: Massefluss, Massedurchsatz Dm)
N n
– – ST/BZ · Bezug
Niveau (Spezifik: absolutes, relatives) Anlaufexponent; Anzahl; Häufigkeitszahl Stückzahl (Bezug: P – Produktart, eff – effektive)
xxx
Vereinheitlichte und mehrfach verwendete Kurzzeichen
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
na nL
Stück/a · Bezug Stück/Los · P
nTE
Stück/TE · P
Jahresstückzahl (Bezug: Produkt P, Gegenstand) Losgröße (allgemein Losmenge, auch Auftragsgröße eines Produktes P) Transporteinheitsgröße (auch Teillosgröße TL = TE)
o
–
Laufindex für Flusssystem oder Teilsystem
P PZF
W, kW, MW h/BZ · Pers
p
Pa N/m²
Leistung (SI-Einheit; in – installierte, eff – effektive) Verfügbarer Personalzeitfonds (n – nomineller; m – männliche, w – weibliche Person) Druck (SI-Einheit; mögliche Einheit: N/m², bar) „Flächenpressung“ (Druck auf die Fläche)
Q ˙ Q
J, kJ, MJ W, kW, MW
q q˙
N/m² J/m²
R
Relation
Relationsmenge, Verbindungsbeziehung (Spezifik: A – Ausgangs-, E – Eingangs-, V – Verflechtungs-, V,V – Vorlauf-, V,R – Rücklauf)
SB SBS
m m (mm)
SH SHS
m m (mm)
SL SLS
m m (mm)
SPE s
ME/Bezug m/Bezug
Systembreite (Bezug: Gebäude, Bauwerk) Systembreite eines Segmentes (Spezifik: Speicher, Lagerungsregal, …) Systemhöhe (Bezug: Gebäude, Bauwerk) Systemhöhe eines Segmentes (Spezifik: Speicher, Lagerungsregal, …) Systemlänge (Bezug: Gebäude, Bauwerk) Systemlänge eines Segmentes (Spezifik: Speicher, Lagerungsregal, …) Speichereinheit (spezifisch: Transporteinheit TE) Weglänge (Bezug: P – Personen-, T – Treppen-)
t tAB tAUS
ZE Zeit (mit Bezug) ZE/Vorgang · G Abführungszeit von Gegenständen G ZE/Vorgang · BO Ausfallzeit (Spezifik: a – arbeitsphysiologische, o – organisationsbedingte, t – technische; Bezugsobjekt BO: Betriebsmittlel, Arbeitskraft, System, …) ZE/BZ · Bezug Effektive Betriebszeit (Bezug: Betriebsmittel, System) ZE/BZ Bezugszeitraum ZE/Ag · BO Technologische Einzelzeit eines Arbeitsganges Ag (Bezugsobjekt BO: Produkt, Gegenstand; Unterscheidung: Arbeitskraft und Wirksystem)
tB tBZ te
teff
ZE/Ag · BO
Wärmemenge (SI-Einheit; Projektierung: J/Bezug) Wärmeleistung (SI-Einheit; Projektierung: Wärmestrom, -fluss, -durchsatz; Spezifik: L – Lüftungs-, T – Transmissions-, AB – Abwärme-) Flächenlast Flächenbezogene Brandlast
Effektive technologische Zeit (Ag – Arbeitsgang; Bezugsobjekt BO: L – Los, TE – Transporteinheit, ST – Stück)
Vereinheitlichte und mehrfach verwendete Kurzzeichen
xxxi
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
tFö
ZE/Fö · BO
tP
ZE/BZ
tr tRü
Förderzeit eines Fördervorganges (Bezugsobjekt BO: P – Produkt, G – Gegenstand, TE – Transporteinheit) Projektierter Zeitaufwand (Bezug: Produkt, Gegenstand, Arbeitskraft, Element, System) Rüstzeit nach REFA Rüstzeit (V – Vorbereitungs-, A – Abschlusszeit für ein Los)
tZU
ZE/Ag · Los ZE/Ag · Los ZE/Ag · Auftrag ZE/Vorgang · G Zuführungszeit von Gegenständen G
V
m³/Bezug
VBE
AK
VG VG, Sy
m³/Gebäude m³/Gebäude
VR VSy
m³/Bezug m³/System
VSy, Hüll
m³/System
w
m (mm)
Abstandsmaß für Wartungsmaßnahmen (Instandhaltung; Spezifik: IS – Instandsetzung, i – Inspektion)
x
m (mm)
Ausbau- bzw. Erweiterungsmaß von Wirksystemen und Betriebsmitteln (Spezifik: B – Breite, H – Höhe, L – Länge)
ZE
s, min, h
ZU
ME/Bezug
z zAg zAK
Anzahl Ag/BO VBE/Bezug
zAS zBM zE zFö
AS/Sy BM/Sy Anzahl Fö/h · Bezug
zFö, h
Fö/h · Bezug
Zeiteinheit (SI-Einheit: s; auch Schicht, Tag, Woche, Dekade Monat, Jahr) Zusatzbedarfsmenge, Zusatz, Zuschlag (Bezug: Bedarfsgruppe) Anzahl, Menge Arbeitsganganzahl (Bezugsobjekt BO: Produkt, Gegenstand) Arbeitskraftanzahl (Bezug: Arbeitssystem, System, Bereich, Qualifikationsgruppe; Spezifik: err – errechnet = VBE, gew – gewählt = Arbeitsperson) Arbeitssystemanzahl (Bezug: Fabrik-, Flusssystem) Betriebsmittelanzahl (Bezug: Arbeits-, Fabrik-, Flusssystem) Aufstellebenen für Arbeitssysteme Anzahl Förderungen (Bezugsobjekt BO: Gegenstand, Produkt, Transporteinheit, Bezug: Betriebsmittel, System, … Unterscheidung: Bedarf bzw. Anforderung, realisiert oder realisierbar) Stündliche Förderungsanzahl (Äquivalent: Förderspiele je h; Bezug: BM – Betriebsmittel, WS – Wirksystem, AS – Arbeitssystem, FlS – Flusssystem, FS – Fabriksystem, FST – Fabrikstätte, F – Gesamtfabrik, KOOP – Kooperationen)
Volumen (SI-Einheit: m³; Projektierung: R – Raum-, L,R – Raumluft-) Vollbeschäftigteneinheit (tariflich definierte Vollzeitarbeitskraft) Gebäuderaumvolumen (Unterscheidung: Brutto-, Netto-) Für technologische Zwecke nutzbares Gebäudesystemraumvolumen Raumvolumen (Bezug: Raum der Art j) Systemraumvolumen (Bezug: AS – Arbeitssystem, FS – Fabriksystem) Systemhüllraumvolumen
xxxii
Vereinheitlichte und mehrfach verwendete Kurzzeichen
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
zFu
Fu/Bezug
zL zP
Lose/BZ · P Pers/Bezug
zPGA
AK/Bezug
zT zTE
Anzahl TE/Bezug
zWS
WS/Sy
Funktionsanzahl (Bezug: Betriebsmittel, Prozess, System, Produkt, Gegenstand; Spezifik: B – Bewegungs-, Fö – Förderungs-, O – Operations- (Arbeitsgänge), Sp – Speicherungs-, L – Lagerungs-, …) Losanzahl einer Produktart P (auch Auftragsanzahl) Personenanzahl (Bezug: System, Bereich, Schicht; Spezifik: m – männlich, w – weiblich, Berufsgruppe) Anzahl Produktionsgrundarbeiter (Personen mit einem Bezug zum Wirksystem) Teilmenge Anzahl Transporteinheiten (Bezug: System, Durchlauf, … Spezifik: h – stündlich, L – Los; Anzahl der flächenbelegenden Transporteinheiten) Wirksystemanzahl (System Sy: Arbeits-, Fluss-, Fabriksystem)
ǻ Ȇ Ȉ įzul ȗ
ME/Bezug – ME, ZE N/m² · Bezug
Ș ȘG ȘN,T ȘR ȘS ȘT
– – – – – –
ȘV
– –
ȘV(t) ȘV, Ü ȘÜ
– – –
ȘZ
–
ȘZF ij ϑ
– – Grad
ȡ
kg/m³
Differenz (Bezug: Bedarfsmenge, Menge, Zustand, Niveau, …) Produkt von Einzelwerten Summe von Einzelwerten Zulässige Festigkeit (Bezug: Element, Material, Verbindung, …) Widerstandsbeiwert für Einbauten (ζλ – Rohrbezug, ζkV – Armaturenbezug) Niveaukennzahl als Grad (Allgemein: 0 ≤ η ≤ 1) Gleichzeitigkeitsgrad (Spezifik: Bedienung, Fluss, Verbrauch, …) Technischer Nutzungsgrad von Stoffen Raumnutzungsgrad Struktureller Ausstattungsgrad von Arbeitssystemen Techniknutzungsgrad (technische Nutzung installierter Betriebsmittelwerte) Verlustgrad Vereinheitlichungsgrad (Spezifik: k – konstruktiv, t – technologisch) Verfügbarkeit zum Zeitpunkt t Übertragungsverlustgrad Überlagerungsgrad (Spezifik: A – Fläche, R – Raum, B – Bewegung) Zeitnutzungsgrad (zeitlicher Auslastungsgrad; Spezifik: BM – Betriebsmittel, Betriebsmittelgruppe, Sy – System) Zeitfondsnutzungsgrad Stoßfaktor Temperatur (SI-Einheit: T in K; ϑ in Celsiusgrad °C, mit Bezug) Dichte (SI-Einheit; Bezug: Werkstoff-, Material-, S – Schütt-)
Physikalisch-technische Einheiten
Physikalisch-technische Einheiten: Grundeinheiten, Vorsatzeinheiten, Größenarten und Umrechnungseinheiten, die international als SI-Einheiten (Système International d’ Unités, seit 1960) festgelegt wurden und international anzuwenden sind. Aufgeführt werden die für die Fabrikprojektierung notwendigen und anzuwendenden Größenarten und ihre SI-Einheiten, Tabelle 1 und 2. Es besteht eine Anwendungspflicht der festgelegten SI-Einheiten und Kurzzeichen.
Tabelle 1 Festgelegte Grundeinheiten und SI-Vorsätze
xxxiii
xxxiv
Physikalisch-technische Einheiten
Tabelle 2 Gebräuchliche physikalische Größenarten und ihre SI-Einheiten
Physikalisch-technische Einheiten Tabelle 2 (Forsetzung)
xxxv
Teil I
Grundlagen und Methodik
Inhalt
1 Einführende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 P roduktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .1 Zusammenhang von Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung . . . . 2 .2 Produkte als Gegenstand der Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .2 .1 Produktgliederung, Produktstufung und Produktprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .2 .2 Produktstufenabhängige Fabrikgrundarten . . . . . . . . . . . . . . . 2 .2 . Fabrik als Gegenstand der Produktion und der Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Bereiche, Stufen und Komponenten der Produktion . . . . . . . . . . . . . . 2 . .1 Bereiche der Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . .2 Produktionsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . . Stufigkeit und Gebiete der industriellen Produktion . . . . . . . . 2 . .4 Verfahren, Wirksysteme und Wirkkomponenten der Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .4 Flusscharakter der Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .4 .1 Produktions- und Produktfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .4 .2 Materielle Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .4 . Materielle Entsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .5 Technologie und Projektierung der Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .5 .1 Grundlagen und Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .5 .2 Komponenten der Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .5 . Einflussfaktoren auf die Produktionsentwicklung durch Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 .6 Projektierungsbasis und Projektierungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9 15 15 19 19 22 22 24 24 26 28 0 6 8 40 41 41 42 4 46 48
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 .1 Funktionelle Bereiche der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4
Inhalt
.2
Systeme der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 .1 Grundfunktionen und Systembildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 .2 Fabrikaufbau mit dominanten Fabriksystemgruppen . . . . . . . . Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1 Produktionsstufigkeit der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 Aufbauhierarchie der Fabriksysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technologische Fabrikgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4 Komplexität der Fabriksysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 Fabrikbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6 Gesamtfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7 Fabrikarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4 Komponenten zur systematischen Entwicklung und Bewertung der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 Fabrik als Gegenstand der Planung, Projektierung und Betreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 G rundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .1 Gegenstand und Grundfälle der Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . 4 .2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten . . . . . . . . . . . . 4 .2 .1 Gebiete der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .2 .2 Projektierungsteilgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .2 . Tätigkeitsgebiete der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .2 .4 Komplexität und Stufung der Projektierung . . . . . . . . . . . . . 4 . Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung . . . . . 4 . .1 Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 . .2 Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 . . Planungsmodelle zur Fabrikentstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 .1 Projektvorleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 .2 Projektierungsvorleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 . Projektaufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 .4 Projektgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 .5 Projektplanungsstufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 .6 Zusammenhang von Projektplanung, Projektierung und Projektsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 .7 Projekt- und Projektierungsstufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .4 .8 Stufung der Steuerung von Projekten und Objekten . . . . . . . 4 .4 .9 Projektorganisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .5 Grundlagen der Projektierungsmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .5 .1 Projektierungsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .5 .2 Projektierungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .5 . Projektierungsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .5 .4 Modelle und Modellierung in der Projektierung . . . . . . . . . . 4 .5 .5 Projektierungsaktivitäten und Projektierungsrelationen . . . .
54 56 59 61 6 6 68 68 76 79 79 82 85 86 87 88 91 9 96 98 104 109 110 111 115 120 120 122 12 124 125 127 128 11 1 15 15 18 141 14 145
Inhalt
5
4 .5 .6
Projektierungsprozess, Projektierungsfolge und Projektierungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .5 .7 Grundsätze, Grundregeln und Vereinfachungen der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .5 .8 Qualitätssicherung der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .6 Projektierungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .6 .1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .6 .2 Kennzahlenprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .6 . Modellprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .6 .4 Baustein- und Katalogprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .6 .5 Multimediale Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .6 .6 Mathematische und heuristische Methoden in der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .7 Projektierungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .8 Projektierungsmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 G rundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .1 Projektierungsaufgaben der Projektanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .1 .1 Ist-Zustandsanalyse und Erkenntnisgewinnung . . . . . . . . . . . 5 .1 .2 Gliederung und Erfassung des Fabrikprogramms . . . . . . . . . 5 .1 . Merkmalsgruppen, Arten und Aufbereitung von Projektierungsprogrammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .1 .4 Ermittlung, Analyse und Planung von Programmmerkmalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .1 .5 Gesamtprojektkonzipierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .1 .6 Projektanalyse für die konstruktive und gestalterische Systemprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung . . . . . . . . . . . . . 5 .2 .1 Basis für die funktionelle Systemprojektierung . . . . . . . . . . . 5 .2 .2 Bestimmung von Grundfunktionen und Grundrelationen . . . 5 .2 . Grundprozesse und räumliche Grundprozessstrukturen . . . . 5 .2 .4 Prozessdimensionierung durch einfache Prozesskopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .2 .5 Mehrfach gekoppelte Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .2 .6 Feinheit von Prozess und räumlicher Prozessstruktur . . . . . . 5 .2 .7 Prozesse und Prozessstrukturierung mit mehreren Produktflüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .2 .8 Prozessstrukturbeeinflussungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .2 .9 Zeitliche Prozessstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .2 .10 Produktionsorganisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .2 .11 Übergang von der Prozessfunktion zur Systemfunktion . . . . 5 . Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung . . . . . . . . . . . . 5 . .1 Dimensionierung technologischer Wirksysteme . . . . . . . . . . 5 . .2 Dimensionierung von technologischen Arbeitssystemen . . .
149 154 156 160 160 16 166 174 177 178 180 182 182 18 185 186 186 190 192 194 195 196 197 200 20 208 210 214 216 219 221 22 225 227 229 21
6
Inhalt
5 . . Arbeitsplatz und Arbeitsraum von Arbeitssystemen . . . . . . . 5 . .4 Grundlagen der Flusssystemdimensionierung . . . . . . . . . . . . 5 . .5 Produktflusssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 . .6 Flächen und Räume von Produktflusssystemen . . . . . . . . . . . 5 .4 Strukturelle Systemprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .4 .1 Systemstrukturierungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .4 .2 Räumliche Grundstrukturen von Flusssystemen . . . . . . . . . . 5 .4 . Technische Grundstrukturen von Produktflusssystemen . . . . 5 .4 .4 Entwicklung von Systemstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .5 Systemformgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .5 .1 Geometrische Systemgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .5 .2 Systemgeometrieentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .5 . Systemlayout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .6 Systemversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .6 .1 Beeinflussungen der Versorgungsprojektierung . . . . . . . . . . 5 .6 .2 Grundaufbau der Systemversorgungssysteme . . . . . . . . . . . . 5 .6 . Versorgungsbedarfsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .6 .4 Systemversorgungsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .7 Systementsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .7 .1 Beeinflussungen der Entsorgungsprojektierung . . . . . . . . . . 5 .7 .2 Grundaufbau der Systementsorgungssysteme . . . . . . . . . . . . 5 .7 . Entsorgungsbedarfsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .7 .4 Systementsorgungsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .8 Systembetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .8 .1 Systembetreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .8 .2 Systemerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .8 . Systemlenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .9 Systembauwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .10 Systemergänzung und Systemoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .10 .1 Systemintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .10 .2 Systemvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .10 . Systemoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .10 .4 Systemgesamtfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .10 .5 Systemgesamtraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .10 .6 Schutzsysteme und Schutzgüte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 24 248 254 261 262 268 271 272 279 279 282 288 289 290 295 0 04 07 07 1 1 19 19 21 26 2 5 5 7 7 41 44 52 52
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 .1 Fabrikwirkungsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 .2 Integration von Fabriksystem und Fabrikgebäude . . . . . . . . . . . . . . . 6 . Fabrikgebäuderaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 . .1 Systembedingte Flächen und Räume des Fabrikgebäudes . . . 6 . .2 Flächen und Räume des Fabrikgebäudes . . . . . . . . . . . . . . . . 6 . . Fabrikgebäudewahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 .4 Raumversorgung und Raumentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55 56 59 64 64 65 71 77
Inhalt
6 .5 6 .6
7
Gestaltende Projektierung des Fabriksystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Beziehungsgestaltung von Fabriksystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
7 Projektierung der Gesamtfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .1 Gesamtfabrikbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .1 .1 Fabrikintegration und Fabrikkooperation . . . . . . . . . . . . . . . 7 .1 .2 Fabrikgesamtheit und Gesamtfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .1 . Fabrikfunktionalitätsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .2 .1 Fabrikmodellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .2 .2 Fabrikfluss und Fabrikstrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .2 . Fabrikbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .2 .4 Fabriklogistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .2 .5 Versorgung und Entsorgung der Gesamtfabrik . . . . . . . . . . . 7 .2 .6 Fabrikstandortfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 . Fabrikstandort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 . .1 Standortzuordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 . .2 Standortfaktoren und Standortanforderungsprogramm . . . . . 7 . . Standortuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .4 Fabrikausführungsprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .5 Gesamtfabrikgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .5 .1 Fabrikgestaltungsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .5 .2 Fabrikausführungsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .5 . Fabrikrealisierbarkeitsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .5 .4 Gesamtfabriklayout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .5 .5 Schutzgüte der Gesamtfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .5 .6 Fabrikprojektdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . 7 .6 .1 Voraussetzungsprüfung der Fabrikrealisierung . . . . . . . . . . . 7 .6 .2 Vorbereitung der Fabrikrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .6 . Durchführung der Fabrikrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .6 .4 Nachbereitungen zur Fabrikrealisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .6 .5 Gesamtfabrikanlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .6 .6 Abschließende und weiterführende Projektierungstätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8 85 85 86 9 94 95 97 409 414 416 419 42 42 426 427 429 4 4 46 46 48 447 448 450 45 454 460 462 465 469 471
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Einführende Bemerkungen
Fabrikbegriff Der Begriff FABRIK wurde von fabrica (lat.) und fabrique (frz.) abgeleitet. Hierunter wurden die örtlich begrenzten Flächen zur Herstellung von Bauelementen für den Kirchen- bzw. Kathedralbau in Frankreich und etwas später in den deutschen Ländern verstanden. Jeder Kathedral- oder Kirchenbauplatz hatte eine fabrica als räumliche Stätte des produktiven Wirkens unterschiedlicher Berufsgruppen (Steinmetze, Schnitzer, Zimmerer, Steinformer, Gießer (bereits vor 1332 als Fabriker bezeichnet)). Seit dem 17. Jahrhundert wurde in den deutschen Ländern schon der Begriff FABRIK als gewerbliche Produktionsstätte oder Werkstatt und die Begriffe fabricare (lat.) und fabriquer (frz.) für das Herstellen, Fertigen, Bauen oder Zusammenbauen (Montieren) verwendet. Das Wort FABRIK ist ein Begriffsvertreter für gewerbliche oder industrielle Produktionsstätte, Handwerkbetrieb, Industriebetrieb, Werft (Schiffbaufabrik), Molkerei (Milchverarbeitungsfabrik), Raffinerie (Petrolchemische Fabrik) und andere mit der Produktion in Verbindung zu bringende Stätten (Ziegelei, Schmiede, Stätten der heterogenen oder arbeitsteiligen Manufaktur als Werkstatt, Stadtwerke, Mühle, …). Begrifflich nicht zutreffend sind Denkfabrik, Wissenschafts- oder Bildungsfabrik. Fabriken sind die örtlich fixierten, funktionellen, technischen und räumlichen Wirkungsstätten der Produktion, in denen Produkte unterschiedlicher oder gleicher Größe, Art und Menge mit naturwissenschaftlichen Wirkprinzipien, technologischen Verfahren und Methoden durch wertschöpfende technische und menschliche Arbeit sowie durch Material-, Betriebsmittel-, Energie- und Informationseinsatz hergestellt, wiederhergestellt oder verwertet werden. Durch die örtliche Fixierung haben Fabriken grundsätzlich eine Standortbindung, die fest oder veränderbar sein kann, so dass ortsfeste und ortsbewegliche Fabriken zu unterscheiden sind, die Anforderungen an den jeweiligen Standort stellen. Alle Betrachtungen zur Fabrik müssen deshalb die große Breite vom Produkt bis zum Standort partiell und ganzheitlich einbeziehen. Die Fabrik als Produktionswirkungsstätte enthält mindestens zwei Produktionen gleichzeitig. Es sind die ursächliche Produktproduktion und die, die Produktproduktion unterstützende, Versorgungsproduktion zu unterscheiden. Damit ist eine
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
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1 Einführende Bemerkungen
Vielfalt an naturwissenschaftlichen Verfahren, technischen und organisatorischen Wirkungen sowie von menschlichen Fähigkeits-, Erfahrungs- und Bildungseinflüssen als technologische Wirkungen erforderlich, die gleichzeitig oder ungleichzeitig auftreten. Dafür werden Material, Betriebsmittel, Energie und Informationen sowie Räume, Bewegungen und materielle Flüsse unterschiedlicher Dimension benötigt. Produkt- und produktionsabhängig sind deshalb alle naturwissenschaftlichen, ingenieurwissenschaftlichen und arbeitswissenschaftlichen Wissenschafts- und Fachgebiete als Technologiegebiete in die Entstehung und Wirkung der Fabrik durch die Fabrikprojektierung einzubeziehen. Zur Bewertung des Fabriknutzens für die Menschen ist das Gebiet der Technologie durch wirtschaftswissenschaftliche, sozialwissenschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Fachgebiete zu erweitern. Ihr Einfluss auf die Projektierung von Fabriken ist jedoch relativ gering. Eine Fabrik entsteht als materielles Produkt, wird wirtschaftlich genutzt und endet durch Schließung oder Abbruch, so dass drei Lebensphasen zu unterscheiden sind: die FABRIKENTSTEHUNG, die FABRIKNUTZUNG und die FABRIKREVERSION. Eine allgemeine Vergleichbarkeit der Fabriken ist hierdurch gegeben. Das Fabrikspezifische kommt durch die PLANUNG, ENTWICKLUNG, PROJEKTIERUNG, REALISIERUNG, BETREIBUNG, LENKUNG, ERHALTUNG, RATIONALISIERUNG, VERWENDUNG und VERWERTUNG zur Umsetzung der Fabriklebensphasen, durch den Fabrikinhalt und durch die Ausprägung des Produktes Fabrik als Systemkomplex (größtes Produkt) zum Ausdruck. Besonders Letzteres führt dazu, dass die Fabrik als Produkt nicht zu konstruieren, sondern wegen der Systemorientierung zu projektieren ist. Dabei entstehen Unikate, die sich erstrangig durch die Systeme der Produktproduktion, durch die den Fabrikaufbau tragenden Fabriksysteme und durch den Fabrikstandort unterscheiden. Fabrikplanung Im Allgemeinen wird jeder Tätigkeit vor ihrer Durchführung eine Planung als Vorbereitung vorangestellt, um die Tätigkeit folgerichtig und mit dem gewünschten Ergebnis realisieren zu können. Planungshauptaufgabe ist dabei die Erarbeitung von Vorgaben, ihre Dokumentation in einem Plan (Bedarfsplan, Projektplan, Investitionsplan, Entwicklungsplan usw.) und die Kontrolle auf Einhaltung der Vorgaben während und nach der Tätigkeitsdurchführung. Aus dieser Betrachtungssicht erfordert jedes der o. g. Tätigkeitsgebiete eine entsprechende Planung, woraus sich die Fabrikplanungsgebiete (Fabrikentwicklungsplanung, -projektierungsplanung, -realisierungsplanung, -betreibungsplanung, -rationalisierungsplanung, -verwertungsplanung usw.) mit den Orientierungen Technologie (technologische Fabrikplanung), Betreibung (Fabrikbetreibungsplanung) und Wirtschaft (Fabrikgeschäftsplanung) ableiten. Diese vorbereitenden Planungen ersetzen die Inhalte und Durchführung der Tätigkeitsgebiete nicht. Mit Bezug zur Fabrikprojektierung werden durch die Fabrikplanung Projektierungsvorgaben als Aufgabenstellung erarbeitet, die durch die Fabrikprojektierung in Projekte umgesetzt und so kontrollierbar gemacht werden. Projektlösungen sind durch die Methoden der Fabrikplanung nicht erarbeitbar. Das ist nur durch ein integratives Arbeiten von Fabrikprojektierung und Fabrikplanung möglich. Technologische Fabrikplanung und Technologische Fabrikprojektierung müssen bei der Entstehung und Veränderung einer Fabrik zur Erreichung eines
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hohen technologischen Fabrikniveaus eng zusammenarbeiten. Die Fabrikplanung erarbeitet die Vorgaben und die Fabrikprojektierung die Lösungen. Fabrikentwicklung Eine Fabrikentwicklung wird inhaltlich überwiegend durch die Fabrikprojektierung vollzogen. Dabei sind drei Grundrichtungen zu beachten: 1. die Fabrikentwicklung durch eine Fabrikprojektierung, 2. die Weiterentwicklung bestehender Fabriken durch Projektierung, 3. die Fabrikentwicklung als Wirkungsstätte der Produktion durch Forschung. Jede Neuprojektierung stellt eine Fabrikentwicklung dar, die deshalb den neuesten Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt der angelaufenen Fabrik und umfangreiche Innovationen über alle Systeme der Fabrik enthalten muss. Die zweite Richtung zielt auf eine ständige Verbesserung und auf eine auf hohem Niveau stehende Bestands- und Technologiesicherung durch Rationalisierung der Fabrik hin. Schwerpunktziele dieser Fabrikprojektierung sind Durchsatzerhöhung, Aufwandssenkung, Potentialnutzung, Rekonstruktion und Technologieniveauerhöhung. Die projektierte Fabrikflexibilität muss diese Ziele erfüllen können. Ohne Bestandsbezug ist die dritte Entwicklungsrichtung, die auf die Zukunft der Fabrik ausgerichtet ist und durch Forschungen realisiert werden, deren Ergebnisse in die zwei anderen Grundrichtungen durch eine Projektierung zum jeweiligen Zeitpunkt einfließen. Fabrikprojektierung Die Fabrikprojektierung ist eine auf die Zukunft der Fabrik ausgerichtete technologische Wissenschafts- und Ingenieurdisziplin mit kreativen, entwerfenden, konstruktiven und gestaltenden Anteilen, durch die die Fabrik in ihrer Funktion, Dimension, Struktur und Gestalt und die zukünftige Produktion durch den Fabrikaufbau bestimmt wird. Das Ergebnis der Fabrikprojektierung ist das Fabrikprojekt als immaterielles Produkt, in dem, ausgehend von den geplanten Vorgaben, die Fabrik als zu realisierender Lösungsvorschlag in ihrer Gesamtheit dargestellt ist. Die Projektgüte ist abhängig von der Fähigkeit und Kreativität der Fabrikprojektanten, die wegen der Aufgabenbreite als Projektierungsingenieure in Gemeinschaften wirken. Fabrikrealisierung Eine materielle Realisierung des Fabrikprojektes ist wirtschaftlich nur sinnvoll, wenn die Fabrikprojektierung abgeschlossen, das Projekt als mindestens gut bewertet und als Lösung einer vorgabengeprägten Aufgabenstellung anerkannt wurde. Die materielle Fabrikrealisierung ist einer Produktion (Baustellenproduktion) gleichzusetzen, die eine technologische Vorbereitung, organisationsgesteuerte Durchführung und eine Nachbereitung enthält. Dem Fabrikprojektanten obliegt eine Pflicht zur Mitwirkung und Verantwortungsübernahme. Die Besonderheit der Fabrikrealisierung liegt in dem Bezug zu den monetären Investitionsmitteln, zur gütegerechten Abnahme der Übereinstimmung von Projekt und realisierter Fabrik sowie zum Fabrikanlauf.
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Fabrikbetrieb Fachliche Hauptgebiete des Fabrikbetriebes sind die Betreibung (Produktionsplanung, -steuerung und -kontrolle), Lenkung (Vorbereitung, Führung, Kontrolle), und Erhaltung (Instandhaltung, Modernisierung, Stabilisierung, Sicherung) der Fabrik. Haupttätigkeiten sind die Planung, Steuerung und Kontrolle der gesamtfabriklichen Ablauf- und Tätigkeitsorganisation. Die projektierungsrelevanten Tätigkeiten sind gering und auf Ersatz- und Veränderungsprojektierungen sowie informationstechnische Projektierungen von Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystemen ausgerichtet. Fabrikrationalisierung Nach Beendigung der Anlaufphase der Fabrik beginnt die mit umfangreichen Projektierungen verbundene Fabriklebensphase der Rationalisierung. Hauptaufgabe ist die Anpassungsprojektierung durch Ersatz, Einengung, Erweiterung, Umstellung, Modernisierung und Rekonstruktion. Die Projekte sind gegenüber einer Fabrikneuprojektierung deutlich kleiner, aber häufiger. Sie enthalten auch Fachberatungen durch den Fabrikprojektanten zum Wissenszuwachs, zu Bewertungen oder zu notwendigen Veränderungen durch Investitionen und Innovationen. Fabrikverwendung und Fabrikverwertung Fehlende Fabrikzukunft durch Alterung, Insolvenz oder fehlende Produktnachfrage führen zu Überlegungen nach dem Weiterbestand oder der Weiterverwendung der Fabrik. Hieraus leiten sich Projektierungsaufgaben durch • Wiederverwendung der Fabrik für andere Fabrikaufgaben (Rekonstruktion), • Verwendung der Systeme und Elemente der Fabrik für andere Aufgaben, • Verwertung der Systeme und Elemente als Stoffe oder Materialien im Rahmen einer Produkt-, Stoff- oder energetischen Verwertung ab. In diesem Fall ist die Existenz der Fabrik beendet. Fabrikprojektant Bei vorausgesetztem guten Ingenieurwissen und Kenntnissen über Produktion und Technologie muss der Fabrikprojektant als Projektierungsingenieur fähig und in der Lage sein, mit einem methodischen und systematischen Wirken unterschiedliche Projektierungsaufgaben kreativ, schöpferisch und fachlich überzeugend selbstständig zu lösen. In der praktischen Arbeit muss er einerseits ein Generalist für die ganzheitliche Technologische Fabrikprojektierung und andererseits ein Spezialist als Systemprojektant für ausgewählte Fabriksysteme (Materialflüsse, Flusssysteme) sein. Technologiekenntnisse, Innovationsfreude, kreatives System- und Zukunftsdenken sowie motivierendes Arbeiten mit anderen Projektanten sind wichtige Voraussetzungen zur Erfüllung der vielfältigen und sich nicht in gleichem Maße wiederholenden Aufgaben. Fabrikbegriffe Die historische Entwicklung der Fabrik und die für sie wirkenden Wissenschaftsund Ingenieurgebiete haben eine kaum noch verständliche Begriffswelt zur Fabrik geprägt. Dieser Sachverhalt wurde durch die Internationalisierungen der Wirtschaft
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und den damit verbundenen Internationalismen so erweitert, dass fachliche Verständigungen erschwert werden. Da Begriffe in kürzester Form die Begriffsinhalte verdeutlichen sollen, wurde in diesem Handbuch durchgängig versucht, den Inhalt verkörpernde deutschsprachige Begriffe zu verwenden, die in allgemeiner Form auf alle Industriezweige übertragbar sind. Der Begriff System wurde wegen der systemtheoretischen eindeutigen Beschreibbarkeit gewählt, da der sonst übliche und weiterverwendbare Begriff Anlage (Versorgungsanlage, Geldanlage) nicht eineindeutig ist. Fabrikprojektierung als Fachgebiet der Ingenieurwissenschaft Eine Wissenschaft wird durch einen eigenen Untersuchungsgegenstand, eigene Methoden und Erfahrungen sowie eigenes Wissen gekennzeichnet. Die Fabrikprojektierung erfüllt diese Anforderungen als interdisziplinäres technologisches Wissenschaftsgebiet. Ihr Gegenstand ist die Fabrik als Wirkungsstätte der Produktion mit den Fabriksystemen, Fabrikelementen und den darüber vorliegenden technologischen und logischen Zusammenhängen. Sie hat eigene Projektierungsmethoden und Projektierungsmethodiken für die Gesamtfabrik, für die Fabriksysteme und deren Zusammenwirkung durch Organisation. Erfahrungswissen, Innovationswissen und Wissenszuwachs durch Forschung und Entwicklung sind unerlässlich für die Projektierung einer Fabrik, wobei diese nach ihrer Realisierung noch mindestens 10 Jahre technologisch Niveau bestimmend sein sollte. Fabrikprojektierung bedeutet auch immer, in Kategorien und logischen Zusammenhängen zu denken, um Probleme zu erkennen und geeignete Lösungen zu finden. Sind die Lösungen nicht bekannt, aber technisch erfüllbar, müssen sie entwickelt werden, um keinen Rückstand zuzulassen. Dadurch entsteht laufend Neues und der Fabrikprojektant wird zum Technologieträger und Innovationsingenieur mit Zukunft. Projektierungswissen Der Projektant ist zur Berufsausübung auf ein umfangreiches Wissen angewiesen. Dieses Wissen kann in Gruppen eingeteilt werden, in ein • • • • •
ingenieurtechnisches Grundwissen, das durch ein Studium erworben wird, Allgemeinwissen, das für Auftraggebergespräche erforderlich ist, Methoden- und Methodikwissen der Projektierung, Wissen zu den gesetzlichen Vorgaben und Vorschriften, Erfahrungswissen zur Projektierung, das durch die permanente Berufsausübung erworben wird.
Das vorliegende Handbuch ist ein Fach- und Lehrbuch. Es enthält das Methodik- und das methodische Projektierungswissen in grundsätzlicher und praktisch anwendbarer Form für die Neuentstehung und Rationalisierung von Fabriken, speziell für die Projektierungsgrundfälle. Trotz des notwendigen Inhaltsumfanges können nicht alle Details zur Projektierung, auch nicht in der komprimierten Form des Buchteiles 2 (Kurzbenennung: Projektierungswissensspeicher), dargestellt werden. Das trifft insbesondere für staatliche und andere Vorschriften zu. Diese Unterlagen und das erworbene Erfahrungswissen werden als eine persönliche Ergänzung zu diesem Handbuch empfohlen. Hierzu gehören auch die vom Projektanten persönlich
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festgestellten Abweichungen in dem hier Dargestellten, das nach bestem Projektantenwissen gewissenhaft in sachlicher Form für praktisch tätige und studierende Projektanten erarbeitet und dokumentiert wurde. Die im Handbuch enthaltenen Darstellungen in erläuternder, bildlicher und berechnender Form sollen Anregungen für die praktische Projektierung geben. Es ist ein Unterstützungsmittel, um Projekte in hoher Güte erarbeiten zu können und die Zusammenarbeit der Projektanten als Berufsgruppe zu fördern.
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
2.1
Zusammenhang von Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung
Produktion: Gesamtheit von Technik, Organisation und Tätigkeit zur Neuherstellung, Wiederherstellung und Verwertung von nutzbaren Produkten. Produktion wird auf vielfältige Weise, in natürlicher und technisch-organisatorischer Form, in Gebäuden und im Freien, mit direktem oder indirektem menschlichen Einfluss, aber immer in Verbindung mit der Nutzung von Naturgesetzen, Naturressourcen und natürlicher Umwelt durch Technologie zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse durchgeführt, Abb. 2.1. Produktion setzt einen Produktbedarf voraus.
Abb. 2.1 Wesentliche Inhalte der Produktion
Die Hauptaufgaben der Produktion bestehen in der • Neuherstellung und Wiederherstellung von Produkten, K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
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2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
• Sicherung der Produktnutzung und der Produktion selbst durch eine Versorgungsproduktion, • Verwendung und Verwertung von gebrauchten Produkten. Das Produkt ist somit der Gegenstand der Produktion, von der immateriellen Produktentstehung, über alle Phasen der materiellen Produktion bis zur Produktverwertung, Abb. 2.2.
Abb. 2.2 Zusammenhang von Produkt-Lebensphasen und Produktionsphasen
Die natürliche Form der Produktion basiert auf der Nutzung von Naturgesetzen und erfordert keinen oder nur einen geringen technischen und menschlichen Einsatz für die Vorbereitung und Durchführung (Agrar-, Forst-, Aqua-Bereiche). Die technisch-organisatorische Form der Produktion erfordert technische Einrichtungen als Produktionsmittel, Produktionssysteme und Produktionsbewegungen sowie den Menschen als aktive Produktionskraft. Diese Form der Produktion wird als industrielle Produktion bezeichnet. Sie wird überwiegend in Fabriken realisiert. Fabrik: Materiell-technisches, technologisch-organisatorisches und örtlich-räumliches Systemgebilde der – industriellen – Produktion mit bestimmter Aufgabe (Produktionsaufgabe), Dimension, Struktur und Gestalt, in der die zur Neuherstellung, Wiederherstellung oder Verwertung von Produkten erforderlichen Prozesse in Systemen realisiert, durch ausgebildete Menschen organisiert und durch energieinanspruchnehmende Technik unterstützt werden. Eine Fabrik als Systemgebilde der Produktion hat vielfältige Wirkkomponenten, Wirksysteme und Wirkungsgebiete, die auf den Produktfortschritt durch Zustandsänderungen, Bewegungen und Potentialeinflüsse auszurichten sind. Die wirkungs-
2.1 Zusammenhang von Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung
17
Abb. 2.3 Zusammenhang von Fabrik und Technologischer Fabrikprojektierung
volle Herstellung dieser Zusammenhänge und das Wirken der Menschen in der Fabrik ist die Hauptaufgabe der Technologischen Fabrikprojektierung, Abb. 2.3. Fabrikprojektierung: Ingenieurtechnische Tätigkeitsgesamtheit des entwickelnden, entwerfenden und gestaltenden Vorausdenkens der Funktionalität, Dimension, Struktur und Gestalt der Produktion in Fabriken. Eine Fabrik kann als komplexes und kompliziertes Systemgebilde nur ergebniswirksam funktionieren, wenn alle objektiven Wirkungen in ihrer Ganzheit projektiert werden und wurden. Das setzt umfangreiche Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besonders auf den Gebieten Technologie, Technik, Organisation, Umwelt, Logistik, zur Projektierung selbst, zum zu projektierenden Sachgegenstand und zum logischen und methodischen Denken des Projektierenden voraus. Eine Fabrik ist in ihren Einzelwirkungen und in ihrer Gesamtwirkung immer nur so gut, wie sie technologisch projektiert wurde. Nachbesserungen, nicht projektierte Inhalte und Erweiterungen führen zu wirtschaftlichen Nachteilen bei gleichen Aufwendungen. Jede Fabrik ist ein Produktunikat, gleich ob gut oder nicht gut projektiert. Mit der Fabrikprojektierung verbundene Qualitätsprädikate bleiben über die Jahrzehnte andauernde Fabriklebenszeit erhalten. Projektierungsfehler und qualitätsgeminderte Projekte können vermieden werden, wenn • der technologische Fabrikinhalt das Hauptziel der Fabrikprojektierung ist, • Vergleiche durch Vergleichsobjekte, Vergleichsfabriken kontrollierend erfolgen,
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2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
• das Gebäude als bauliche Hülle, Funktionsträger und Gestaltungsgebilde, und nicht als die fabrikdominante Komponente betrachtet wird, • Erkenntnisse der Vergangenheit und Gegenwart beachtet, die Zukunftsentwicklungen richtig bewertet und in die Fabrik durch kreative Lösungen „hineinprojektiert“ werden, Abb. 2.4, und • der Projektierende die breit gefächerte Sach- und Fachkunde besitzt.
Abb. 2.4 Bedeutung der Fabrikprojektierung für die Entstehung der Produktion in der Fabrik
Fabrikprojektant: Fachkraft der Ingenieurwissenschaften mit einem bestimmten Berufsbild, die Kenntnisse und Erfahrungen zur Produktion, Technologie und Projektierung logisch und methodisch-kreativ anwenden kann. Die Technologische Fabrikprojektierung wirkt zukunftsorientiert, erarbeitet das immaterielle Produkt FABRIK und löst Aufgabenstellungen der Produktion systematisch-methodisch und kreativ. Richtiges Projektieren bedeutet, die Erfahrungen von gestern beachten, die Erkenntnisse von heute nutzen und die Produktion von morgen visionär entwickeln und real gestalten. Über die Fabrikprojektierung wird eine eigene Technologie in die Fabrik eingeführt. Im Regelfall sind das zugeschnittene, unikate Lösungen, die auf eine rationelle Produktion eines definierten Produktionsprogramms hinzielen. In Abhängigkeit vom Projektanten entstand und entsteht eine große Streubreite von projektiertem Technologieniveau. Der Projektant ist Technologieträger, Innovationsumsetzender, Abb. 2.4, und Erstgestalter der Produktion („Architekt“ der Produktion) für die Fabrik.
2.2 Produkte als Gegenstand der Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung
2.2
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Produkte als Gegenstand der Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung
Produktionsgegenstand ist das materielle Produkt. Produkte sind materieller Gegenstand der Konstruktion und der Projektierung, die für den Abnehmer einen Gebrauchswert darstellen und durch die Produktion neu hergestellt, wieder hergestellt, verwendet oder verwertet werden. Produkte sind in immaterieller Form Gegenstand der Fabrikprojektierung und werden für die Projektierung in ↑ Projektierungsprogrammen aufbereitet. Sie sind in materieller Form Gegenstand der Fabrik und werden für die Produktion in der Fabrik durch den Fabrikbetrieb im Produktionsprogramm der Fabrik aufgeführt und durch Dokumente charakterisiert. Dokumente sind Informationsträger von Produktkonstruktionen, Produktprojekten und Produkttechnologien.
• Produkte werden konstruiert oder als System projektiert. Sie sind die wichtigste Ausgangsbasis für die Fabrikprojektierung und werden in einem Produktprogramm der Fabrik dokumentiert. Sind die Produkte nicht bekannt, ist die Projektierung einer Fabrik auszuschließen. • Die konstruktiven Unterlagen müssen als Konstruktionsdokumente in den Formen Werkstückzeichnungen (Einzelteile), Montageschema (mehrstufige Produkte) und Stückliste vor der Fabrikprojektierung vorliegen. • Der Fabrikprojektant erarbeitet keine Konstruktionsunterlagen als Projektierungsbasis. Als Ausnahme ist nur die Erarbeitung fehlender Produkttechnologien (Arbeitspläne) möglich. • Für die Systeme der Fabrik ist der Fabrikprojektant die fachkompetente Person. Die projektierten Systeme müssen als immaterielles Produkt in einem Projekt konstruktiv dokumentiert werden und eine Realisierung durch Produktion (Realisierungsunterlagen) ermöglichen.
2.2.1
Produktgliederung, Produktstufung und Produktprogramm
Die materiellen Produkte weisen einen Gebrauchszustand für die Nutzer auf und können stofflicher, energetischer oder informationeller Art in Form von Material-, Energie- oder Informationsprodukten sein. Die Vielfalt der Produkte und Produktbegriffe ist sehr groß und kann nicht systematisierend vereinfacht werden. Verallgemeinert sind die in der Abb. 2.5 enthaltenen Produktartgruppen begrifflich verwendbar. Für die Technologische Fabrikprojektierung müssen die konkreten Begriffe der zugrunde liegenden Produkte verwendet werden.
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2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Abb. 2.5 Allgemeine Grundgliederung und Stufung materieller Produkte der Produktion mit der möglichen Produktionszuordnung
2.2 Produkte als Gegenstand der Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung
21
Stoffliche Produkte sind nach Art und Menge die umfangreichsten und erfordern eine breit gefächerte Produktion in Fabriken mit einer ausgeprägten technischen Produktionsvorbereitung. Abnehmer und Nutzer sind die Konsumenten und die Produktion selbst. Energetische Produkte sind alle durch eine gewollte Energieumwandlung und Energieumformung in der Produktion erzeugten Energieformen, insbesondere Elektro- und Wärmeenergie. Informationelle Produkte sind die durch eine gewollte Informationsumwandlung und Informationsumformung erzeugten Produkte, z. B. Druckerzeugnisse, elektronisch lesbare Erzeugnisse u. a. Für die Fabrik sind die Produkte Produktionsgegenstand oder verallgemeinert Gegenstand des Arbeitens (Arbeitsgegenstand). Sie können einteilig oder mehrteilig, einstufig und mehrstufig usw. sein. Das wird besonders bei den zu konstruierenden oder zu projektierenden Produkten deutlich. Die in ihrer Anzahl häufigsten Produkte sind die einteiligen und mehrteiligen Produkte, die als Endprodukte oder weiterzuverarbeitende Produkte in Erscheinung treten, Tabelle 2.1 und Abb. 2.5. Tabelle 2.1 Produktcharakterisierung mit Produktionswirkungen (Stückgut-Produkte)
Erzeugnis: Begriffsvertreter für montierte Endprodukte unterschiedlicher Produktstufung.
22
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Produktsystemkomplex: Produkt mit der maximal möglichen Produktstufung, das andere Produkte in komplexer Weise zur Erfüllung der Produktaufgaben einbezieht und durch Produktion herzustellen ist. Die Produktion ist Erzeuger und Verbraucher von Produkten der Produktion. Das deutet auf hohe Aufwendungen der Produktion insgesamt hin.
2.2.2
Produktstufenabhängige Fabrikgrundarten
Fabrikgrundart: Systemgebilde der Produktion, das den wesentlichen Fabrikinhalt aus der Kombination von Produktstufung und Produktionsstufung charakterisiert. Es ist möglich und für die Fabrikprojektierung auch sinnvoll, die Fabriken in Abhängigkeit von der Produktstufung zu gliedern. Aus einer solchen Gliederung ergeben sich produktstufenabhängige Fabrikgrundarten, für die dann zugeschnittene Projektierungsvorschriften gelten. Hierzu enthält Abb. 2.6 ein Beispiel.
Abb. 2.6 Beispiel für eine Fabrikgrundart (einstufige Normteilefabrik; Kombination aus Abb. 2.5 und 2.13)
2.2.3
Fabrik als Gegenstand der Produktion und der Fabrikprojektierung
Die Fabrik ist nach Abb. 2.5 ein Produktsystemkomplex, der durch eine Fabrikprojektierung immateriell für eine Realisierung vorzubereiten, nach der Herstellung eine Stätte der Produktion und als solche für die Produktion eines Produktprogramms zu betreiben und zu erhalten ist, Abb. 2.7. Die Fabrik wird als Objekt für bestimmte Aufgaben geplant und als Systemgebilde oder Produktsystemkomplex mit Planungsvorgaben projektiert. Sie sind im Regelfall kapitalintensiv und hinsichtlich des Standortes gebunden, wechselnd oder ungebunden. Mobile Fabriken sind in der Anzahl noch sehr gering. Bekannt
2.2 Produkte als Gegenstand der Produktion, Fabrik und Fabrikprojektierung
23
Abb. 2.7 Fabrik als Produktionsstätte mit den zu projektierenden technischem Eigenschaften
geworden sind Fabrikschiffe, Baustofffabriken (Bitumen- und Betonwerke) und rudimentäre mobile Werkstätten. Diese geringe Anzahl muss in der Zukunft nicht so bleiben, da die Mobilität einer Fabrik aus dem Verhältnis von Material- und Energieaufwand der Produkte zur Fabrik abzuleiten ist. Im Verlaufe der relativ langen Fabriklebenszeit (≥40 Jahre) treten die materielle Fabrikentstehungsphase und -beendigungsphase jeweils einmal und die Fabriknutzung- und -erhaltungsphase, besonders die Anpassung und Rekonstruktion, mehrfach auf, Abb. 2.8. Das ist wiederum mit Projektierungen und einer Produktion verbunden. Ursache ist die Tatsache, dass die Fabrik immer den Stand der Technik widerspiegeln soll, um keinen Funktions-, Leistungs- und wirtschaftlichen Verlust
24
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Abb. 2.8 Produktlebenszeitmodell von Fabriken und Produkten (vereinfacht) mit der Einordnung von Produktionsaufgaben
zuzulassen. Dieser Sachverhalt führt zu den Grundfällen der Planung und Projektierung von Fabriken, Abschnitt 4.1.
2.3 2.3.1
Bereiche, Stufen und Komponenten der Produktion Bereiche der Produktion
Produktionsbereich: Abgrenzbarer Teil der Produktion mit bestimmten Aufgaben und funktionellen Wirkungen. Die Produktion hat mehrere unterscheidbare Bereiche, die in abgestimmter Weise zusammenwirken müssen, um Produktionswirkungen zu erzielen. Dieses Zusammenwirken ist durch die Fabrikprojektierung herzustellen. Zu unterscheiden sind die produkt- und die produktionsorientierte Betrachtung und Gliederung. Eine zunächst grobe Einteilung enthält Abb. 2.9. Die Bereiche der ganzheitlichen Produktion nach Abb. 2.9 und die Produktionsbereiche einer Fabrik sind häufig namentlich nicht übereinstimmend. Die Praxis verwendet für die Kennzeichnung der Produktionsbereiche im Regelfall Produktbenennungen (Beispiel: Produktionsbereich „Bohrungseinbauventile“) und Verfahrensbenennungen (Beispiel: Mechanische Fertigung ≡ Teilefertigung). Es sind zu unterscheiden: Produktionsganzheit: Gesamtspektrum der Neuherstellung, Wiederherstellung und Verwertung materieller Produkte über alle Bereiche der Produktion, von der primären Ressourcennutzung bis zur sekundären Ressourcenbildung.
2.3 Bereiche, Stufen und Komponenten der Produktion
25
Abb. 2.9 Vereinfachte und grobe Übersicht über Bereiche der Produktion
Produktionsgesamtheit: Realer Bereich der Produktion, der aus der Differenz von Produktionsganzheit und Produktionskooperation abgeleitet wird, für die eine Produktion materieller Produkte notwendig ist und in der Produktion einer Fabrik enthalten sein muss, Abb. 2.10.
Abb. 2.10 Zusammenhang der Wirkung von Fabrik und Produktion (regional, global)
26
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Abb. 2.11 Gliederung der wirkenden Bereiche einer Fabrik zur Erreichung einer Produktionsgesamtheit
Die Produktion kann in ihrer Gesamtheit in einer Fabrik nur wirken, wenn die in den Abb. 2.10 und 2.11 dargestellten Zusammenhänge auch ganzheitlich in der Fabrik wirken. Eine Gruppierung in Haupt- und Hilfsbereiche ist möglich, bringt aber den objektiven Beitrag zur Produktion nicht zum Ausdruck. Entfällt ein Bereich, ist die Produktion insgesamt nicht oder nur zeitverzögert durchführbar. Eine Gruppierung in direkte und indirekte Bereiche, Abb. 2.11, bringt lediglich zum Ausdruck, dass die direkt wirkenden Bereiche den unmittelbaren Beitrag, und die indirekten Bereiche eine unterstützende Wirkung zur gewünschten Zustandsänderung am Produktionsgegenstand, dem Produkt, leisten. Die direkten Bereiche wirken nur in der Fabrik, die indirekten Bereiche wirken auch außerhalb der Fabrik, zwischen den Fabriken, zum Abnehmer und volkswirtschaftlich. Sie führen zu den Fabrikeinund -ausgängen, Abb. 2.10.
2.3.2
Produktionsgebiete
Produktionsgebiet: Nach einheitlichen Gesichtspunkten gegliederter Teil der Produktion (Produktionsganzheit oder Produktionsgesamtheit) mit spezialisierten Aufgaben und funktionellen Wirkungen. Die Produktionsteilung in Produktionsgebiete hat immer eine Zweckorientierung (Produktionsumfang) und eine Spezialisierung (Verfahren, Können). Die Fabrikprojektierung muss die Produktion für die Produkte des Produktprogramms insgesamt erfassen und in Produktionsprogramme und ↑ Projektie-
2.3 Bereiche, Stufen und Komponenten der Produktion
27
rungsprogramme überleiten. Der Inhalt der Produktion einer Fabrik wird somit wesentlich vom Auftraggeber und vom Fabrikprojektanten bestimmt. Eine grobe Zuordnung erfolgt dabei durch die Produktionsgebiete nach Abb. 2.12. Gleichzeitig sind dabei Aufgabenstellungen für die ↑ Kooperation abzuleiten. Es entstehen Produktionsflüsse der Produktion mit verschiedenen Richtungsorientierungen, Abschnitt 2.4.
Abb. 2.12 Gruppierte Produktionsgebiete und Flusscharakter der Produktion
28
2.3.3
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Stufigkeit und Gebiete der industriellen Produktion
Grundzusammenhang Der Produktionsgegenstand und die Produktion stehen in einem ganz bestimmten Verhältnis von Produktstufigkeit (Abb. 2.5) und Produktionsstufigkeit (Abb. 2.13). Das Produkt und insbesondere die Produktstufigkeit bestimmen • die Art und Anzahl der Produktionsstufen, • die Technologie, Produktflussarten, Materialfluss- und Energieflussarten sowie • den Ressourcenverbrauch.
Abb. 2.13 Grundstufen der ganzheitlichen Produktion
2.3 Bereiche, Stufen und Komponenten der Produktion
29
Das führt zu einer Differenzierung der Fabrik in Fabrikgrundarten, Abb. 2.6, und unter Einbindung der Produktdifferenzierung nach Abb. 2.5 zu den Fabrikarten sowie zur Differenzierung der Technologischen Fabrikprojektierung. Unterscheidbare Produktionsgrundstufen enthält Abb. 2.13. Produktionsstufe: Produktionsgebiet mit bestimmter Aufgabe, das einen definitiven Beitrag zum Produktfortschritt leistet. Das Produkt durchläuft in der Produktion mindestens eine (Rohstoff-Produktion), und im Regelfall mehrere Produktionsgrundstufen und Produktionsstufen. Die generierende Produktion kann in eine Rohstoff-, Material- und Energieproduktion (Grundproduktion), Abb. 2.13, als eine bedeutende voraussetzende Produktion, in eine Versorgungsproduktion sowie in eine Produktfertigung untergliedert werden. Voraussetzende Bedingung sind Ressourcen, Produkte und Produktabnehmer. Die Produktfertigung kann einstufig oder maximal sechsstufig sein. Die Einzelteilefertigung hat die größte Produktionsparallelität, von der Materialproduktion bis zur Produktsystemkomplex-Produktion. Alle weiteren Produktfertigungen erfolgen durch Montage und benötigen eine Kommissionierung. Dieser Bereich kann vereinfacht als Erzeugnisfertigung (Montage) bezeichnet werden.
Die regenerierende Produktion ergibt sich aus der Lebenserhaltung der Produkte nach der Neuproduktion, Abb. 2.2 und 2.8. Die regenerierende unterscheidet sich von der generierenden Produktion durch eine zusätzliche Demontage, Reinigung, Befundung und Aufarbeitung (Regenerierung). Die reverse oder reversive Produktion ist auf die Produktverwertung nach dem Produktgebrauch ausgerichtet. Hier einzuschließen ist auch die Nichtverwertung durch Deponierung und die Verwertung von AB-Produkten der Neuproduktion.
30
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Jede Produktionsgrundstufe kann als ein Produktionsgebiet aufgefasst werden, dass sich durch den Produktionsgegenstand, die Produktionstechnologie, den Energieeintrag und den Produktionszweck unterscheidet und eigene Fabrikarten erfordert, die eigene spezifische Projektierungsvorschriften verlangen. Diese Projektierungsbreite kann durch die Nutzung von technologischen Ähnlichkeiten eingeengt werden. Folgende technologische Ähnlichkeiten liegen vor, Abb. 2.13: • • • •
Grundstufen 2.1 und 6.1, Grundstufen 2.2 und 6.2, Grundstufen 3 und 5.3 sowie Grundstufen 4, 5.1 (Instandsetzung) und 5.2 (Rekonstruktion).
Vereinfachend ergeben sich die Produktionskomplexe nach Abb. 2.14: 1. Produktionskomplex I:
I/1:
I/2:
2. Produktionskomplex II:
3. Produktionskomplex III:
Produktion 1. Grades, generierende Energie- und Materialproduktion, Grundproduktion; Rohstoffproduktion als „Urproduktion“ nach SPUR (2000), überwiegend Versorgungsproduktion • Rohstoff-Produktion (1), • generierende Energieproduktion (2.1), • generierende Materialproduktion (2.2), • reversiv-generierende Energieproduktion (6.1), • reversiv-generierende Materialproduktion (6.2), Besonderheit: Sekundärressourcenbildung (ALTProdukte, AB-Produkte, ABfall-Stoffe, kommunale ABfall-Stoffe) mit nachfolgender industrieller Produktion, HELBING et al. (1994), Produktion 2. Grades, generierende Produktfertigung, Primärproduktion als Stückgutproduktion, • Produktionsgrundstufe 3: Teilefertigung, • Produktionsgrundstufe 4: Erzeugnisfertigung. Produktion 3. Grades, regenerierende Produktion, Sekundärproduktion.
Verfeinerungen sind industriezweigspezifisch notwendig und für technologische Vorbereitungen und Projektierungen erforderlich. Die Versorgungsproduktion in der Fabrik unterliegt der gleichen Komplexbildung wie die Produktproduktion. Besonderheiten ergeben sich aus den Gegenstandsumläufen: Versorgung (1) Nutzung (1) Entsorgung (1) Versorgung (2) Nutzung (2) Entsorgung (2) … ↑ Abführungsmaterialien. Hauptinhalt dieses Handbuches ist der Produktionskomplex II mit einer möglichen Übertragung auf die anderen Produktionskomplexe.
2.3.4
Verfahren, Wirksysteme und Wirkkomponenten der Produktion
Das Herstellen, Wiederherstellen und Verwerten von Produkten bedeutet, den Zustand des Produktes in der geometrischen Form, im Zusammenhalt und in der
2.3 Bereiche, Stufen und Komponenten der Produktion
31
Abb. 2.14 Produktionskomplexe, Materialkreislauf und Fabrikgrundaufgaben
Eigenschaft so zu verändern, dass ein gewollter Produktzustand durch die Produktion erreicht wird. Dieser Sachverhalt, der als Einzelvorgang oder als Vorgangsfolge (technologischer Prozess) in Erscheinung treten kann, wird verallgemeinert Zustandsänderung genannt. Zustandsänderungen sind technologische Grundvorgänge, die in natürlicher oder in chemisch-physikalischer Form als Verfahren auftreten. Sie leisten den direkten Beitrag zum Zustandsfortschritt des Produktes, werden in der Produkttechnologie im Rahmen von Arbeitsgängen dokumentiert und erfordern Wirksysteme in Form von Maschinen (Werkzeugmaschine), Anlagen (Wärmebehandlungsanlage), Technikmitteln (Werktisch, Anreißtisch, Messtisch) oder Wirkautomaten (Montageautomat, Webautomat). Wirksystem: Technisches Mittel als ↑ System, das ein oder mehrere, lückenlos folgende Verfahren zur Erreichung von Zustandsänderungen an materiellen
32
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Gegenständen (Produkte, Betriebsstoffe, …) realisiert und eine Betriebstechnik (Steuerung) und Flusstechnik (Bewegung) enthält. Der Zusammenhang wird in Abb. 2.15 mit einem Beispiel erläutert.
Abb. 2.15 Gebiete der Teilefertigungstechnik mit Wirksystembildung
Ein Verfahren am Produkt erfordert Technik, Produktbewegungen, Energie, Informationen, Betriebsstoffe als Verfahrensbetreibungsstoffe und unterstützende Betriebsmittel, Abb. 2.16. Sie sind die Bezugselemente für die Projektierung.
Abb. 2.16 Aufgabe, Wirk- und Flusskomponenten eines technologischen Wirksystems
2.4 Flusscharakter der Produktion
33
Die Wirkungen des Verfahrens sind • die gewollten Produktzustandsänderungen, • die AB-Führung der zugeführten Gegenstände nach der Zustandsänderung (↑ Abführungsmaterial), Abb. 2.16, • die Raumausbreitung einzelner Gegenstände während der Verfahrensdurchführung und ihre Wirkung auf die Umwelt, Abb. 2.17.
Abb. 2.17 Wirkkomponenten der Produktion
Die Verfahrenswirkungen am Produkt und die Wirkungen des Verfahrens müssen ermittelt werden. Sie sind Grundinformationen für die Fabrikprojektierung.
2.4
Flusscharakter der Produktion
Der materielle Flusscharakter der Produktion entsteht durch das technologische Verfahren im technologischen Wirksystem, Abb. 2.16, und vollzieht sich dann durch die Produktionsverflechtung in Folge der Produktherstellung über die gesamte Produktion, Abb. 2.18. Es entsteht ein verflochtenes Netz von Gegenstandsflüssen und von Flusssystemen der Produktion durch • • • •
die ursächlichen technologischen Prozesse, die versorgenden Prozesse, die entsorgenden Prozesse, die erhaltenden Prozesse,
34
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
• die betreibenden und lenkenden Prozesse, • die beschaffenden, kooperativen und distributiven Prozesse, Abb. 2.18.
Abb. 2.18 Allgemeiner Flusscharakter der Produktion (ohne Personen- und Betriebsmittelfluss)
Es entstehen dominante und weniger dominante Flusssysteme materieller Art, die differenziert zu projektieren sind und vereinfachend unter den Begriffen • ↑ Material ⇒ Materialflüsse mit der Besonderheit Produktflüsse, • Energie ⇒ Energieflüsse, • Informationen ⇒ Informationsflüsse, zusammengefasst werden können. Am breitgefächertsten ist die Gruppe der Materialflüsse, für die die Begriffe ↑ Material, ↑ Abführungsmaterial und ↑ Materialflusstechnik sowie Tabelle 2.2 Übersichten enthalten. Materialflussdifferenzierung Jedes System der Fabrik, der Produktion insgesamt, hat eine versorgende Komponente als Bereitstellung und eine entsorgende Komponente als AB-führung oder Abnahme. Eine benötigte Materialart leistet einen Beitrag zur Produktion und zum Produktfortschritt. Dabei ist auf die Besonderheit der Materialart mit Wirkung auf den
2.4 Flusscharakter der Produktion
35
Tabelle 2.2 Hauptgebiete der Flusstechnik
Materialfluss durch ↑ Materialflusstechnik zu achten, Tabelle 2.2, beispielsweise durch • Geometrieänderung (Form-, Geometrie-, Abmessungsänderung), • Eigenschaftsänderung (Dichte-, Aggregatzustandsänderung), • Nutzungsänderung. Ein typisches Beispiel der Nutzungsänderung ist die Materialart Energieträger (Kohle, Koks). Wird die energetische Sicherung der Fabrik durch Eigenerzeugung angestrebt, ist ein Energieträgerfluss zu projektieren. Erfolgt eine energetische Sicherung durch bezogene Energieflüsse, entfällt der Energieträgerfluss als Materialfluss und Projektierungsgegenstand. Deshalb sind alle Materialarten und deren Materialflüsse auf ihre Existenz oder Notwendigkeit zu prüfen. Fehlt eine Materialart oder der zugehörige Materialfluss, ist das Fabrikziel nicht erreichbar! Das wäre ein schwerer Projektierungsfehler. Materialressourcen und Materialversorgungsfluss Es gehört zur Aufgabe der Fabrikprojektierung, für die projektierte Fabrik eine Materialressourcensicherung und eine Energiesicherung anzustreben. Dadurch entstehen außerfabrikliche Materialflüsse größeren Umfangs, die zu projektieren sind. Wichtige Aufgabenklärungen vor den Fabrikanbindungen sind deshalb: • Ressourcenbindung und ihre Langzeitsicherung, • Materialflussbilanzen und ihr Preiseinfluss, • Materialverbrauchsnormierung und -minimierung,
36
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
• Logistik-, insbesondere Beschaffungslogistikbindung, • Materialflussmengen- und Materialmengenbereitstellung, • Materialfluss-Emissions-Minderung. Materialverlustminderung Im Regelfall führt jeder technologische Vorgang infolge der Zustandsänderung zu Material- (MV) und Energieverlusten (EV). Die Bewegungsvorgänge der Materialund Energieflüsse führen zu energetischen Verlusten. Diese Verluste gilt es durch die Verfahrensauswahl, die Bewegungsbestimmung und die Projektierung zu minimieren. So genannte „Verlustströme“ können im Regelfall nicht in projektierbare Flusssysteme übergeleitet werden. Verlustmengen können im besten Fall entsorgt werden.
• Jeder Gegenstand (Einzelteil, Werkzeug, Energie, Information) in der Produktion erfordert einen Gegenstandsfluss. • Jeder einzelne Gegenstandsfluss hat eine eigene Aufgabe und ist einzeln und in Abstimmung mit seinen Wirkstellen und Bewegungen zu projektieren. • Gegenstandsgruppenflüsse sind als Gruppe zu projektieren, wenn die Gegenstandsarten durch technische Unterstützungsmittel (Paletten) vereinheitlicht wurden. • Die Anzahl der Gegenstandsarten muss aus Aufwandsgründen klein gehalten werden. Es ist eine ↑ technologische Vereinheitlichung vorzunehmen. • Materialverluste erfordern auch einen Gegenstandsfluss. Verluste mehrerer Materialarten führen jeweils durch die Gemengebildung zu einem Gegenstandsfluss. • Die Menge zugeführter Materialarten muss nicht mit der Menge abzuführender Materialarten übereinstimmen. Sie kann größer (Schaumbildung), gleich oder kleiner (Verdichtung, Trennung) sein.
2.4.1
Produktions- und Produktfluss
Produktionsfluss: Gesamtheit der Bewegungsänderungen von Gegenständen, die in und zwischen den Fabriken zur Produktion von Produkten erforderlich sind. Es sind Fabrikflüsse und Kooperationsflüsse sowie Versorgungs- und Entsorgungsflüsse für jeden Gegenstand der Produktion in der Fabrik und zwischen Fabriken zu unterscheiden. Dominanter Fluss der Produktion und für die Fabrikprojektierung ist der Produktfluss, Abb. 2.19. Produktfluss: Fortschreitende Bewegungsfolge des Produktes von der Produktentstehung über alle Produktionsstufen bis zur Produktübergabe an den Produktnutzer.
2.4 Flusscharakter der Produktion
37
Abb. 2.19 Darstellung des Produktflusses sowie der Ver- und Entsorgungsflüsse als Produktionsfluss in einem technologischen Prozess mit einem Bewegungsverbindungsvorgang (Relation) zwischen zwei Arbeitsgängen
• Der Produktionsfluss ist kein Einzelfluss. Er beinhaltet alle Gegenstandsflüsse, die über die Produktionsstufen für die Produktion von Produkten erforderlich sind und mit einer bestimmten ↑ Gleichzeitigkeit in der Produktionsdurchführung wirken. In Abhängigkeit von der angestrebten Gleichzeitigkeit werden die einzelnen relationsorientierten Flüsse als Flusssysteme projektiert. • Der Produktfluss ist ein Materialfluss, der durch ↑ Materialflusstechnik und ihre Betreibung (Logistik) real in den Systemen der Fabrik, Kapitel 3 und 5, zwischen den Systemen der Fabrik und zwischen den Fabriken (↑ Kooperation, Fabriklogistik), Abb. 2.20, als Produkt-Durchlauf mit einem von den projektierten Wirksystemen bestimmten Durchsatz vollzogen wird. • Der Fabrikprojektant bestimmt durch seine Systemlösungen in den Projekten den Materialfluss-, Logistik- und Betreibungsaufwand für den Produktfluss und für die anderen Gegenstandsflüsse. Ein Bewertungskriterium der
38
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Abb. 2.20 Produktionsfluss mit zustandsbedingten Materialflüssen durch Produktionsgrundstufen der metallverarbeitenden Industrie (Darstellung ohne Speicherfunktionen)
Effizienz von Projekten ist deshalb der Materialflussaufwand des Produktes insgesamt. • Bei Energieprodukten ist der Produktfluss ein Energieproduktfluss und bei Informationsflussprodukten überwiegend ein Informationsproduktfluss.
2.4.2
Materielle Versorgung
Mit der materiellen Versorgung der Produktion sind das bedarfsgerechte Bereitstellen und Zuführen sowie der Fluss von Produkt, Material, Betriebsstoff, Betriebsmittel, Energie und Information im Gebrauchs- oder Nutzzustand für einen
2.4 Flusscharakter der Produktion
39
Abnehmer der Produktion verbunden. Abnehmer sind die Elemente und Systeme der Fabrik. Dabei kann die Versorgung selbst eine Fabrik, mehrere Fabrikstätten oder Fabriksysteme erfordern, Abb. 2.21.
Abb. 2.21 Materielle Produktionsversorgung
Die notwendigen Versorgungsflüsse sind immer gegenstandsabhängig (Betriebsstoffe, Betriebsenergie, Betriebsmittel) und erreichen eine sehr hohe Anzahl. Diese hohe Anzahl wird aus der Charakteristik der Wirksysteme und der Produkttechnologie abgeleitet. Ihre Projektierung ist Gegenstand der Kapitel 5, 6 und 7 sowie von Teil 2.
Für die Projektierung der Versorgung sind folgende Sachverhalte beachtenswert: • Die materielle Versorgung kann ohne oder mit einer gewollten Zustandsänderung erfolgen, je nach Aufgabe der Versorgung und des Anlieferungszustandes, Abb. 3.16. • Das Ausfallen der materiellen Versorgung führt zum Stillstand der Produktion. • Die materielle Versorgung der Produktion erfordert selber eine Versorgung für die Versorgungssysteme und Versorgungsräume. • Die Versorgungssysteme und die Räume der Versorgungssysteme erfordern eine materielle Entsorgung, die wie eine fabrikliche Projektierung zu behandeln ist. • Der Versorgungszweck kann eine Zustandsänderung der zu versorgenden Gegenstände wie bei der Produktproduktion erfordern. Eine Material- oder Energieart kann somit in eine andere Material- oder Energieart umgewandelt oder umgeformt werden, z. B. Material zu Energie, Flüssigkeit zu Gas. • Eine materielle Produktionsversorgung ist auch für das Betreiben, Erhalten und Verwerten von Produkten notwendig. • Die materielle Produktionsversorgung ist in eine systemorientierte und in eine raumorientierte Versorgung zu gliedern. • Die Versorgungsgegenstände (außer Produkte) können neu oder im UM-Lauf nach der Entsorgung zugeführt werden.
40
2.4.3
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Materielle Entsorgung
Die materielle Entsorgung ist auf das bedarfsgerechte ABführen der Materialien, Energien usw. nach ihrem Gebrauch bei der Zustandsänderung ausgerichtet, Abb. 2.22. Wird nicht entsorgt, entsteht ein Produktionsstau und eine Zustandsänderung ist nicht mehr möglich.
Abb. 2.22 Materielle Produktionsentsorgung
Die Elemente und Systeme der Fabrik sind die Quellen und zugleich Lieferer der abzuführenden und der zu entsorgenden • Produkte, • ↑ Abführungsmaterialien und • AB-Energien. Das Abführen der Produkte hat eigene Prozesse und wird nicht als Entsorgen, sondern als Versand, Vertrieb, Distribution usw. bezeichnet. Die hier in Erscheinung tretenden Produktflüsse benötigen auch andere Materialflussprozesse und -systeme sowie eine andere ↑ Materialflusstechnik, Kapitel 5. Das Entsorgen der ↑ ABführungsmaterialien ist wegen der Materialartenvielfalt, der Materialartenflussprozesse usw. eine äußerst komplizierte Projektierungsaufgabe. Nicht nur die AB-Materialartenmenge, sondern die getrennte Entsorgung von Systemen und Räumen erhöhen die Kompliziertheit weiter deutlich. Die Systementsorgung selbst kann ein fabrikadäquates Gebilde, eine Fabrik sein oder nur auf Materialflüsse für einen Abnehmer reduziert werden. Ähnliches ermöglicht die Raumentsorgung nicht. Ursache ist die Raumausbreitung der ABführungsmaterialien und das teilweise Fehlen von definierbaren Materialflüssen. Die Entsorgung stellt den höchsten Anspruch an die Projektierung bei gleichzeitigen hohen Ansprüchen an die Umweltqualität oder nur einen geringen Anspruch ohne Berücksichtigung der Umweltqualität. Letzteres sollte ausgeschlossen werden.
2.5 Technologie und Projektierung der Produktion
41
Folgende Sachverhalte sind für die Projektierung der Entsorgung von Bedeutung: • Die materielle Entsorgung kann mit oder ohne eine gewollte Zustandsänderung der ↑ ABführungsmaterialien durchgeführt werden. • Die materielle Entsorgung der Produktion setzt selber eine Entsorgung der Entsorgungssysteme und der Entsorgungsräume voraus. • Die Entsorgungssysteme und die Räume der Entsorgungssysteme erfordern eine materielle Versorgung, die wie eine fabrikliche Projektierung durchzuführen ist. • Die ↑ ABführungsmaterialien werden durch den Energieeintrag bei der Zustandsänderung am Produkt selber im Zustand verändert. Häufig entstehen Materialgemenge oder -gemische, die Luft wird zum Trägergas der Aerosole. • Es sind die Systementsorgung der Produktion und die Systementsorgung der Entsorgung sowie die Raumentsorgung der Produktion und die Raumentsorgung der Entsorgung zu unterscheiden. • Mit der materiellen Entsorgung kann nur mittelbar durch Wirkungsminderung auf das ökologische Niveau der Fabrik Einfluss genommen werden. Die ursächliche oder unmittelbare ökologische Niveauauswirkung kann nur durch die Verfahren geleistet werden. Ökologischer Wirkungsschutz ist bei den Verfahren ohne die Entsorgung nicht möglich. Letzteres ist durch die so genannten ENTTechnologien (ENTstauben, ENTschwefeln, …) sehr aufwendig. • Die materielle Entsorgung der Produktion kann einen Beitrag zur materiellen Produktionsversorgung durch UM-Lauf-Material und UM-Lauf-Energie, Abb. 2.22, und zur Ressourcenbildung leisten. Das erreichbare Maß wird durch den Stand der Technik und den Projektanten bestimmt. • Für die wieder verwendbaren UM-Lauf-Materialien nach Abb. 2.22 ist eine zielorientierte Materialaufbereitung notwendig, die je nach Abnehmer in die materielle Entsorgung oder Versorgung zu integrieren ist. • Die System- und die Raumentsorgung haben relativ viele eigene Funktionen, die durch die Projektierung in technische Elemente und Systeme umgesetzt werden. Die Entsorgungstechnik muss deshalb – wie die Versorgungstechnik – als eigenständiges Technikgebiet angesehen werden.
2.5 2.5.1
Technologie und Projektierung der Produktion Grundlagen und Zusammenhänge
Jede Fabrik ist nicht nur eine Wirkungsstätte, sondern der konkrete Technologiestandort für die Produktion. In ihr vollziehen sich die gewollten Produktveränderungen durch die Technologie.
42
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Vereinfachend kann unter Technologie die methodisch organisierte Anwendung von Naturwissenschaft und Technik zur Herstellung von Produkten durch Menschen verstanden werden. Sie hat objektiv betrachtet • eine naturwissenschaftlich-technische Komponente (Gesetzmäßigkeiten, Wirkprinzipien), • eine organisatorische Komponente (Organisationsprinzipien, Grundsätze, Relationen), • eine menschliche Erfahrungskomponente (Bildung, Können, Fertigkeiten) und erfordert einen materiellen Gegenstand, der verändert werden soll, Abb. 2.23 und 2.24.
Abb. 2.23 Komponenten der Technologie und Technologieunterscheidungen
Die Systeme der Produktion in der Fabrik ermöglichen es, konkret von einer Fabriktechnologie oder einer Technologie der Produktion in der Fabrik zu sprechen und nicht allgemein von einer Produktionstechnologie. Das heißt, die Technologie in der Fabrik ist immer konkret, Ergebnis einer Fabrikprojektierung und nachweislich bewertbar. Durch die Fabrikprojektierung kann die Fabriktechnologie bei gleicher Aufgabenstellung von Fabrik zu Fabrik unterschiedlich sein. Die Hauptursache liegt im subjektiven Faktor des technologischen Projektanten (Technologieträger) und des Auftraggebers (Aufgabenstellung) begründet. Das Projektieren von Fabriken muss deshalb nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten und anerkannten Regeln, unter Einschluss aller beeinflussenden Faktoren, aber immer unter dem Technologieaspekt erfolgen. Die zu integrierenden technischen und organisatorischen Komponenten sowie das Wirken des Menschen müssen eindeutig sein. Dieser Sachverhalt wird für die Produktion in der Fabrik ursächlich durch die Technologische Fabrikprojektierung hergestellt.
2.5.2
Komponenten der Technologie
Komponenten der Technologie beeinflussen die Produktion bezüglich der grundsätzlichen Form (Gestaltung) sowie der Art und Weise (Methode). Als Grundkomponenten sind zu beachten, MÜLLER: • die technische Komponente als Produktionstechnik, • die organisatorische Komponente als Produktionsorganisation,
2.5 Technologie und Projektierung der Produktion
43
Abb. 2.24 Beachtung der Technologiekomponenten bei der Technologischen Fabrikprojektierung
• die menschliche Erfahrungskomponente als Arbeitswirkung mit einer Tätigkeitsorganisation, SCHMIGALLA. Mit der Abb. 2.24 werden Hinweise zu den Untersetzungen und Zusammenhängen sowie zur Technologischen Projektierung gegeben. Jede einzelne Komponente kann Zielstellung einer technologischen Entwicklung sein.
2.5.3
Einflussfaktoren auf die Produktionsentwicklung durch Technologie
Auf die Entwicklung der Produktion in der Fabrik wirken neben den Bedarfsplanungsgrößen (Menge, Durchsatz) alle bisher genannten Faktoren (Produkt, Produktionsstufen, Produktionsfluss, Technologie usw.) sowie Entwicklungen der Vergangenheit und Gegenwart. In den Tabellen 2.3 und 2.4 sind solche Einflussfaktoren
44
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Tabelle 2.3 Fabrikbeeinflussende produktionstechnische Entwicklungen und Faktoren (Auswahl)
2.5 Technologie und Projektierung der Produktion
45
Tabelle 2.3 (Fortsetzung)
Tabelle 2.4 Fabrikbeeinflussende produktionsorganisatorische Entwicklungen und Faktoren (Auswahl)
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2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Tabelle 2.4 (Fortsetzung)
enthalten, die durch die Technologische Fabrikprojektierung in die Entwicklung der Fabrik einzubeziehen sind.
2.6
Projektierungsbasis und Projektierungsaufgaben
Eine Fabrik kann nur projektiert werden, wenn eine Projektierungsbasis zur Produktion vorliegt oder erarbeitet werden kann, Abb. 2.25. Eine Projektierungsbasis liegt • in einfacher Form vor, wenn die zu produzierenden Produkte bekannt sind (Konstruktionsunterlagen mit Produktzeichnungen, Stücklisten, Schemata, …), • in erweiterter Form vor, wenn für die zu produzierenden Produkte auch die möglichen Produkttechnologien (Arbeitspläne, Prüfpläne, Grobtechnologien, …) vorliegen, • in ganzheitlicher Form vor, wenn zusätzlich die, die Produktionsausprägung bestimmenden Planungsgrößen (Stückzahlen, Durchsätze, …) bekannt sind.
2.6 Projektierungsbasis und Projektierungsaufgaben
47
Abb. 2.25 Zusammenhang von Produktionsanforderung, Fabrikprojektierung und Fabriktechnologie (vereinfachte Übersicht als Projektinformationsblatt)
48
2 Produktionsgrundlagen für die Technologische Fabrikprojektierung
Abbildung 2.25 enthält in gestraffter Aufbereitung eine grobe Gesamtübersicht, die den Inhalt des Kapitel 2 kurz widerspiegelt und die Aufgaben der Technologischen Fabrikprojektierung sichtbar macht, die in den folgenden Abschnitten behandelt werden. Die Darstellung zeigt ein Projektblatt, das eine Übersicht zur Einordnung der Projekte gibt und den Einstieg in die Fabrikprojektierung, Kapitel 5, erleichtert.
Literatur DAIFUKU (1984) Flexible manufacturing system, Prospektmaterial von DAIFUKU & Co. Ltd, Tokio DOLEZALEK CM, ROPOHL G (1970) Flexible Fertigungssysteme – die Zukunft der Fertigungstechnik. Werkstattfertigung 60(8):446–451 GOTTSCHALK E et al (1989) Rechnergestützte Produktionsplanung und -steuerung. Technik, Berlin HELBING KW, RÜSCH A, JARASCH H (1984) Erfahrungen bei der Projektierung und Realisierung komplexer Fertigungssysteme, Fertigungstechnik und Betrieb 34(10):606–610 HELBING KW et al (1994) Industrieansiedlung auf der Basis kommunaler Abfälle, Projektbericht zum BMWi-Projekt 139/93, Wismar: Ingenieurgesellschaft HELBING & PARTNER MÄCKBACH F, KIENZLE O (1926) Fließarbeit. VDI, Berlin MÜLLER G (Hrsg.) (1975) Technologische Fertigungsvorbereitung – Maschinenbau, 1 Auflage 1964, 6 Auflage. Technik, Berlin MÜLLER G (Hrsg.) (1992) Lexikon Technologie – Metallverarbeitende Industrie, 2 Auflage. HAAN-GRUITEN, Europa – Lehrmittel REUTER H-K (1981) Fertigungsformen im Maschinenbau. Dissertation B., Technische Universität, Dresden REUTER H-K, HELBING KW (1978) Blockfertigung (Verteilfertigung) – Grundsätze und Richtlinien zur Projektierung, Wismar: Technische Hochschule (Ingenieurhochschule) Manuskriptdruck SCHMIGALLA H (1995) Fabrikplanung – Begriffe und Zusammenhänge, REFA – Fachbuchreihe Betriebsorganisation. Hanser, München SCHWABE M (1971) Maschinensystem für rotationssymmetrische Futterteile 125 mm Werkstückdurchmesser mit NC-gesteuerten Werkzeugmaschinen, Chemnitz (Karl-MarxStadt). Technische Information Werkzeugmaschinen 1:7–21 SILBERKUHL WJ (1960) Die ganzheitliche Ordnung der technischen Elemente des Lagerwesens und die Zuordnung von Lager und Fertigung, Fördern und Heben 10:S403–413 SPUR G (2000) Produktionstechnik. In: HÜTTE – Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften, 31 Auflage. Springer, Berlin WARNECKE H-J (1992) Die fraktale Fabrik. Springer, Berlin WECK W et al (1984) Aachener Werkzeugmaschinen – Kolloquium 84, Themenkreis 3: Fertigungs- und Montageanlagen im Umbruch, Industrieanzeiger 106(56):68–79 WENZEL R (1973) Förder- und Lagertechnische Ausführungen von Arbeitsverteilsystemen, WTZ. industrielle Fertigung 63(12):745–751 WILDEMANN H (1988) Die modulare Fabrik. Gfmt, München WILLIAMSON DTN (1967/1968) Ein neues Fertigungsverfahren. TZ für praktische Metallbearbeitung 61(9):429–439 und 62(11):39–43 WIRTH S (2000) Kompetenznetze wandeln Produktions- und Fabrikstrukturen, Stuttgart: Schäffer – Poeschel WIRTH S, FÖRSTER A et al (1973) Rationalisierung der Fertigung im Maschinenbaubetrieben durch Integration der Lager- und Transportprozesse, Hebezeuge und Fördermittel 13(4): 106–110
3
Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Die Produktion wird durch die Fabrik in eine reale und sichtbare Form gebracht, Forderungen der Produktionsaufgabe werden in konkrete technische, räumliche und zeitliche Kategorien, Verhältnisse, Merkmale und Größen umgesetzt, die Produktion wird durch die Fabrik menschlich beherrschbar. Der methodische Weg von der Produktionsaufgabe bis zur produzierenden Fabrik erfolgt über die Planungsvorgaben zur Fabrik als Objekt und die Projektierung der Fabrikinhalte als Stätte der Produktion. Die Fabrikprojektierung ist systematisch und methodisch. Eine Systematisierung der Fabrik mit den Fabriksystemen ist für die Fabrikprojektierung eine unerlässliche Grundlage.
3.1
Funktionelle Bereiche der Fabrik
Fabrikbereich: Funktionsgebiet der Produktion in der Fabrik, das Aufgaben erfüllende Prozesse und Systeme enthält und räumlich-technisch abgrenzbar ist. Fabriken sind die materiellen Realisierungsstätten der Produktion mit untergliederten Funktionsbereichen. Dazu ist die Fabrikaufgabe als Produktionsprogramm der Fabrik aus dem Produktprogramm und den notwendigen Produktionsgrundstufen abzuleiten. Es erfolgt eine frühzeitige inhaltliche und funktionelle Produktionsausrichtung der Fabrik durch das Produktsortiment und die Fabrikgrundart. Die Produktion selbst erfordert zur ursächlichen Produktionsdurchführung unterstützende Bereiche, Abb. 3.1, als • funktionelle Bereiche der Produktionsvorbereitung und der Produktionsnachbereitung, • funktionelle Bereiche der Produktionsversorgung und -entsorgung, • funktionelle Bereiche für das Betreiben, Lenken und Erhalten der Produktion in der Fabrik (Fabrikbetrieb).
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
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50
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Abb. 3.1 Funktionsbereiche der ganzheitlichen Produktion in einer Fabrik
Abb. 3.2 Übersicht der gegliederten funktionellen Fabrikbereiche
3.1 Funktionelle Bereiche der Fabrik
51
Diese Grundaufgaben realisierenden Funktionsbereiche müssen in jeder Fabrik und im übertragenen Sinn in jedem System der Fabrik qualitativ und quantitativ vorhanden sein. Es entstehen die • technologischen Funktionsbereiche der Produktionsdurchführung, • infrastrukturellen Funktionsbereiche der Produktion und die • ultrastrukturellen Funktionsbereiche der Produktion in der Fabrik, wie sie im Kapitel 2 erläutert werden. Unter Beibehaltung der produktionsorientierten Funktionsbereiche erfordert die Fabrik, bedingt durch die tätigen Menschen, die räumlichen und technischen Ausstattungen, den Standort und die Außenbeziehungen. Infrastrukturelle und ultrastrukturelle Funktionsbereiche sind in Abb. 3.2 enthalten. Ableitend aus den Abb. 3.1 und 3.2 enthält Abb. 3.3 ein Fabrikmodell mit den Bereichszuordnungen und einer verfahrensorientierten Schwerpunktsetzung. Diese Schwerpunktsetzung weist auf technologieorientierte Systeme hin, die mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen und vielen Flusssystemen zu projektieren sind. Die Fabrikbereiche (FB) stehen funktionell in einem ganz bestimmten Verflechtungsverhältnis hinsichtlich der Produktmaterial- und Produktflüsse (P), Informationsflüsse (I), Energieflüsse (E), Betriebsstoffflüsse (S), Betriebsmittelflüsse (B) und der AB-Führungsflüsse (AB), die projektierungsrelevant sind, Tabelle 3.1. Das ganzheitliche Produktionssystem Fabrik ist ein vernetzter Systemkomplex mit dominanten funktionellen Fabrikbereichen: • Die infrastrukturellen Bereiche bewirken eine energetische und stoffliche Gesamtverflechtungsdominanz. • Die produktionsdurchführenden Bereiche haben eine Produktionsprogramm-, Technologie- und Produktflussdominanz. • Die ultrastrukturellen Bereiche haben eine innere und äußere Informationsflussdominanz. Die Fabriken unterscheiden sich demnach durch das Produktionsprogramm, das projektierte und genutzte Niveau der Fabrikbereiche und praktisch durch die Ausprägung der Material-, Energie- und Informationsflüsse und die damit verbundenen Leitungsstrukturen. Letztere unterliegen auch einer einfacheren Wandlungsfähigkeit und einer stärkeren personellen Beeinflussung. Die Fabrikprojektierung ermöglicht relativ objektive Lösungen durch eine flussorientierte Reihenfolge der Fabrikbereichsprojektierungen. Beginnend mit dem Produktionsprogramm und unter Beachtung der Schwerpunktsetzung Produktion ist die Projektierungsreihenfolge nach Abb. 3.4 zu empfehlen. Mit dem Fabrikprogramm wird eine Aussage über die in die Fabrik einzubeziehenden Teilbereiche, von der Forschung und Entwicklung bis zur Ausbildung, getroffen. Ausgliederungen führen direkt zur ↑ Kooperation, die in die Planung und Projektierung einzubeziehen ist. Im Fall einer angestrebten Ausgliederung ist zu beachten, dass die Kooperation fabrikliche Funktionen des Fabrikbetriebes und mindestens jeweils eine Produktflusseingangs- und eine -ausgangsfunktion zusätzlich erfordert. Die Abb. 3.4 und 3.5 weisen darauf hin, dass der Funktionsbereich Fabrikbetrieb größere Integrationsmöglichkeiten zu den informationell orientierten Fabrikberei-
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3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Abb. 3.3 Modell zur Darstellung der funktionellen Fabrikbereiche (ohne Betriebsmittel, Standort-, Umfeld- und Umweltbereiche)
3.1 Funktionelle Bereiche der Fabrik
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Tabelle 3.1 Verflechtungen der funktionellen Fabrikbereiche (FB) (ohne Personenfluss)
Abb. 3.4 Informationsverflechtungen und Projektierungsreihenfolge der funktionellen Fabrikbereiche (PRO – Projektierung)
chen aufweist, die zu Informationsreduzierungen und kürzeren Informationswegen führen sollten. Abbildung 3.5 verdeutlicht die parallele Wirkung der Fabrikbereiche, die so auch zu projektieren sind, das heißt, die fabrikliche Aufbauorganisation wird durch eine Projektierung iterativ erarbeitet.
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3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Abb. 3.5 Idealisierte Produktdurchlauf-Verhältnisdarstellung der funktionellen Fabrikbereiche einer Maschinenbaufabrik
3.2
Systeme der Fabrik
Fabriksystem: Technisch-räumliches Gebilde mit bestimmter Funktion, Dimension, Struktur und Gestalt, in dem aufgabenrealisierende Prozesse der Fabrik systemorientiert materiell-technisch realisiert werden. Die Fabrik muss als ein Gebilde von materiellen Systemen unterschiedlicher Art, Größe und Menge und selbst als ein ganzheitliches System der Produktion für eine definierte Produktions- bzw. Fabrikaufgabe verstanden werden. Diese Aussage ist aus den objektiven Abhängigkeiten der Kategorien Aufgabe, Prozess und System nach Abb. 3.6 abzuleiten.
Abb. 3.6 Zusammenhang von Aufgabe, Prozess und System als Komponenten der Produktion in der Fabrik
3.2 Systeme der Fabrik
55
Die Aufgabe der Fabrik entscheidet über den Inhalt der Fabrik sowie über die Menge und Ausprägung der Fabrikprozesse und Fabriksysteme. Sie entscheidet nicht über die Fabriksystemarten und deren Gruppierung, die Inhalt jeder Fabrik und dieses Abschnittes sind. In allgemeiner Form kann auf die Systematik der funktionell notwendigen Fabrikbereiche nach Abb. 3.2 Bezug genommen werden. Sie ermöglicht eine grobe Fabriksystemgruppierung in • produktherstellende, als Technologie realisierende Fabriksysteme, • infrastrukturelle Fabriksysteme und in • ultrastrukturelle Fabriksysteme. Die Wirksamkeit der Fabrik ist gegeben, wenn diese drei Fabriksystemgruppen gleichzeitig in der Fabrik wirken, Abb. 3.7.
Abb. 3.7 Allgemeingültige Fabriksystemartgruppen (mit den dominanten Flussgegenständen)
Als produktherstellende Fabriksysteme sind alle technologischen Systeme zu kennzeichnen, die am Produkt eine Zustandsänderung zur Erreichung des Produktfortschrittes leisten. Sie bilden mit dem Produktfluss den technologischen Kern der Fabrik und sind die dominanten fabrikstrukturbildenden Fabriksysteme. Die infrastrukturellen Fabriksysteme gewährleisten die Ver- und Entsorgung sowie den Schutz der produktherstellenden und aller weiterhin benötigten Systeme. Ihr Gegenstand sind die Energie- und alle Materialflüsse. Ultrastrukturelle Fabriksysteme sind Systeme, die den Informationsfluss beinhalten und die Ablauf- und Tätigkeitsorganisation der Fabrik ermöglichen, d. h., den Fabrikbetrieb mit einer technischen und organisatorischen Betriebstechnik praktisch durchführen. Alle Fabriksystemarten sind zu differenzieren und auf ihre Systembeschreibungsmöglichkeit entsprechend der Theorie von ↑ Systemen zu prüfen. Es gelten folgende Bedingungen:
56
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
1. Das Fabriksystem muss eine zu erfüllende Aufgabe, ein Ergebnis und einen dominanten Flussgegenstand haben, für den die Aufgabe und das Ergebnis zutreffend sind. 2. Das Fabriksystem FS muss nach Gl. (3.1) als System beschreibbar sein. FS = [MTS ; RTS ]
(3.1)
MTS – Teilsystemmenge (Bezugssysteme: Wirksysteme, ↑ Arbeitssysteme,…) RTS – Relationen über die Teilsystemmenge des Fabriksystems (Flusssysteme)
3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Mit den Relationen RTS über die Teilsystemmenge MTS wird sichergestellt, dass das Fabriksystem Flusssysteme besitzt, Flusscharakter hat und strukturierbar ist. Das Fabriksystem muss Aufgaben realisierende Prozesse besitzen, die mindestens Grundprozesscharakter und Systemein- und Systemausgänge haben. Das Fabriksystem muss über die Strukturierung raumbildend sein. Das Fabriksystem muss eine Technik enthalten, die auf der Basis von Naturgesetzen entstanden ist und eigene Methoden aufweist. Das Fabriksystem muss in einem bestimmten, berechenbaren Zeitraum ein angestrebtes messbares Systemergebnis erbringen. Das Fabriksystem muss zur Aufgabenerfüllung betreibbar, erhaltbar und lenkbar sein und dafür die Komponenten oder Teilsysteme enthalten. Das Fabriksystem muss zur Aufgabenerfüllung ver- und entsorgbar sein und dafür die Komponenten oder Teilsysteme enthalten. Das Fabriksystem muss systematisch aufbaubar sein und schutzsichernde Elemente oder Teilsysteme gegenüber Mensch, Technik und Umwelt enthalten. Das Fabriksystem muss projektierbar, realisierbar, abbaubar und verwertbar sein.
Mit der Erfüllung dieser Grundbedingungen entstehen betreibungsfähige Fabriksysteme mit einer beherrschbaren Komplexität, einer bestimmten Zweckbestimmung und einem einheitlichen systemtheoretischen Grundaufbau.
3.2.1
Grundfunktionen und Systembildung
Die Fabriksystemtheorie geht von einem systematischen, synthetisierbaren Grundaufbau der Fabrik mit einfachen und relativ eindeutigen Kennzeichnungen und Benennungen der Systeme aus. Aufgabe, Gegenstand und Funktion sind dabei wichtige Kriterien. Während die Aufgabe schnell formuliert und der Gegenstand bekannt ist, gibt es Uneinheitlichkeiten bei den Systemfunktionen, Systeminhalten und Systembenennungen, was häufig auf unterschiedliche fachliche Betrachtungen zurückzuführen ist. Ableitend aus den Erkenntnissen der Produktionsgrundlagen, Kapitel 2, muss ein funktionierendes System der Fabrik Funktionsinhalte der drei Komplexe enthalten:
3.2 Systeme der Fabrik
57
• Produktionsrealisierung (Produktherstellung) durch Technologie, • Produktionsunterstützung durch infrastrukturelle Bereiche (einschließlich Standort, Bauwerke, Schutzsysteme, …), • Produktionsführung durch ultrastrukturelle Bereiche. Jedes System enthält somit die Funktionen nach Abb. 3.8, eine Aufgaben-, Gegenstands- und Funktionsdifferenzierung und einen Funktionsbaum.
Abb. 3.8 Vereinfachter Systemfunktionsbaum
Durch weitere Verfeinerungen entstehen Grob-, Fein- und Feinst-Systemfunktionsbäume. Die feineren Funktionsbäume dienen der Projektierung, die gröberen sind für die Objektplanung und die Systematisierung geeignet, Abb. 3.9, 3.10 und Tabelle 3.2.
Abb. 3.9 Grob-Systemfunktionsbaum eines Fabriksystems
58
Abb. 3.10 Fein – Systemfunktionsbaum
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
3.2 Systeme der Fabrik
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Tabelle 3.2 Beispiele für die Fluss- und Fabriksystemgrobbildung (Basis nach Abb. 3.9)
Mit den Grundfunktionen in der Abb. 3.10 wird auf die Komplexität der Projektierung von Fabriksystemen hingewiesen, da mindestens jede Grundfunktionsart und die Funktionsmenge je Grundfunktionsart in einem Fabriksystem enthalten sein muss. Damit dient der Fein-Systemfunktionsbaum auch Kontrollzwecken. Tabelle 3.2 verdeutlicht, dass es bei den Fabriksystemen dominante Funktionen gibt, die auch zuerst zu projektieren sind und, abgesehen von der Besonderheit Energie, die Fabriksystembildung relativ einfach ist, wenn die Aufgabe und der Gegenstand des Systems bekannt sind. Eine Fabrik besitzt allein schon durch die ↑ Betriebsstoffe eine sehr hohe Zahl infrastruktureller Fabriksysteme. Fabriken unterscheiden sich deshalb auch durch die Menge der objektiv benötigten Flussund Fabriksysteme.
3.2.2 Fabrikaufbau mit dominanten Fabriksystemgruppen Fabrikaufbau: Zur Realisierung von Fabrikprogrammen notwendige Einbeziehung in Relation stehender Fabriksysteme, Fabrikräume und Organisationsformen der Produktion am Standort der Fabrik.
60
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Besonders Abschnitt 3.2.1 verdeutlicht, dass die ultrastrukturellen Funktionsbereiche durch ihre Informationsflussorientierung auf die Ablauf- und Tätigkeitsorganisation ausgerichtet sind. Ohne Verlust oder Vernachlässigung dieser Funktionskomplexe und einer Schwerpunktsetzung auf die Aufbauorganisation durch • Technologiedominanz und • Produktflussdominanz können die fabrikaufbauenden Fabriksystemgruppen durch die technologischen und infrastrukturellen Funktionsgruppen gebildet werden. Unter Beachtung des investiven und projektierenden Charakters des Fabrikaufbaus und der Allgemeingültigkeit für andere Systeme sind folgende, dominant aufbauende Systemgruppen möglich, Abb. 3.11 und 3.12:
Abb. 3.11 Fabrikaufbauende Systemgruppen
1. die technologischen Fabriksysteme als spezifische „Ziel“-Systeme, 2. die baulichen Fabriksysteme, 3. die infrastrukturellen Fabriksysteme der Ver- und Entsorgung als allgemeine Fabriksysteme für die Ver- und Entsorgung der Systeme und Räume unter Einschluss von ultrastrukturellen Funktionen. Mit den Darstellungen in der Abb. 3.12 wird ein Hinweis auf das Unterschiedliche und das Gleiche der Fabrikprojektierung durch die Verallgemeinerung gegeben. Relativ gleich in der Projektierung sind die baulichen und die allgemeinen raumbezogenen Fabriksysteme, Abb. 3.13. Das Wechselvolle der Fabrikprojektierung liegt besonders in den technologischen Fabriksystemen. Hier hat der Produktfluss eine Dominanz für den Fabrikgrundaufbau und für den Fabrikbetrieb, was Materialflusstechnik- und Fabrikbetriebskenntnisse der Projektanten voraussetzt.
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
61
Abb. 3.12 Aufgabenverteilung der dominanten Fabriksystemgruppen mit der Projektierungsfolge (Projekt als Dokumentation der Projektierungslösung). a Technologische Fabriksysteme (Systemtechnologie). b Bauliche Fabriksysteme (Raum). c Fabriksysteme der Ver- und Entsorgung (System und Raum)
Die Verallgemeinerung dieser Systemgruppierung ist hoch und trifft eigentlich für alle Gebilde mit Systemkomplexen, vom Haus bis zur Fabrik, zu. Es sind vor allem auch die optisch sichtbaren Systemgruppen mit eigenen Projektierungsmethodiken und fachlichen Zuordnungen. Der Fabrikprojektant muss in der Lage sein, das Gesamtgebiet insgesamt funktionell zu beherrschen, die Projekt- und Projektierungsverantwortung zu übernehmen und die technologischen Fabriksysteme eigenständig projektieren zu können.
3.3
Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
Das Fabrikprogramm bildet die Grundlage für die Ermittlung der technologischen Fabrikgröße, die • die integrierte Produktionsstufigkeit, • den Verfahrensumfang und • den Produktflussumfang zum Ausdruck bringt. Da dieser Zusammenhang projektierungsrelevant ist, sollen hier der allgemeine Grundbezug und in den späteren Abschnitten die methodischen Bezüge hergestellt werden.
62
Abb. 3.13 Gruppierte Fabrikaufbausysteme (Auswahl)
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
3.3.1
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Produktionsstufigkeit der Fabrik
Einstufige Fabriken werden als Fabrikgrundarten erläutert. Jede Fabrik ist demzufolge mindestens einstufig bzgl. der Produktion. Die integrierte Fabrikstufigkeit ergibt sich aus der Kombination angrenzender Produktionsstufen nach Kapitel 2 und Tabelle 3.3, die in die Fabrik einbezogen, projektiert und realisiert werden. Sinnvoll ist es, eine Trennung in generierende, regenerierende und in reversive Produktionsstufen vorzunehmen, Abb. 2.13, um daraus technologische Fabriksysteme zu bilden, Abb. 3.14. Mit der Produktionsstufigkeit wird praktisch, unter Beachtung der Kooperation, der Verfahrensinhalt als technologische Hauptkomponente der Fabrik festgelegt. Objektive Gründe zu einer Pflichtstufigkeit sind nicht bekannt. Bisher wurde alles aus wirtschaftlicher Rationalitätssicht betrachtet. Trotzdem gibt es Orientierungen: Orientierung 1:
Orientierung 2: Orientierung 3:
Orientierung 4: Orientierung 5: Orientierung 6:
Mit zunehmender Stufigkeit sollte die Versorgungsproduktion, mindestens aber die Wärmeenergieproduktion in die Fabrik integriert und Gesetzmäßigkeiten der technischen Integration genutzt werden. Die Einsparungen liegen in den Flusssystemen. Die Beherrschbarkeit der Produkthaftung ist günstiger bei mehrstufigen Fabriken. Hier gelten dann einheitliche Qualitätsregeln und es werden weniger Eingangskontrollen erforderlich. Die Fabriken für Produktkomplexe benötigen häufig für die letzte Produktionsgrundstufe eine Montage für die Erprobung, eine Demontage für den Transport und eine Endmontage am Aufstellungsort. Dieser Prozess wird am günstigsten „aus einer Hand“ realisiert. Vorteile sind die Minimierung der Vertragsbindungen und die Qualitätssicherung. Mit zunehmender Stufigkeit nehmen der vergleichbare Gesamtprojektierungsaufwand gegenüber der Einstufen-Fabrikprojektierung und die Vielzahl der in Frage kommenden Projektanten ab. Mehrstufige Fabriken sind im Regelfall wirtschaftlicher. Die Ursache liegt in der Minimierung der infrastrukturellen und ultrastrukturellen Systemaufwendungen. Im Zweifelsfall werden Variantenvergleiche über die Produktflussaufwendungen der Fabriksysteme und der Fabrik empfohlen.
3.3.2 Aufbauhierarchie der Fabriksysteme Aufbauhierarchie: Ranggliederung der Fabriksysteme untereinander, wobei das rangniedrigere das Bezugssystem für das ranghöhere Fabriksystem ist und eine geordnete Aufbauorganisation der Fabrik entsteht.
64
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Tabelle 3.3 Stufigkeit von Fabriken der generierenden Produktion
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
Abb. 3.14 Überblick zur Bestimmung der Fabrik- und Fabrikprojektierungsaufgabe
65
66
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Technologieorientierte Fabriksysteme unterliegen in Abhängigkeit von • der Arbeitssystemmenge und von • der Systembildung durch Geschlossenheitsforderungen einem hierarchischen, also geordneten, Aufbau. Als Hierarchiefolgewirkung nimmt der Produktfluss und als Technikgebiet die ↑ Materialflusstechnik an Mächtigkeit zu. Das kleinste technologieorientierte System der Produktion ist das ↑ Arbeitssystem, Tabelle 3.2. Es ist in der Lage, durch einen Arbeitsgang ein entsprechendes Produkt vollständig herzustellen oder wiederherzustellen und enthält dazu alle Funktionen und Elemente. Ort des Arbeitssystems ist der Arbeitsplatz. Aus der Menge von Arbeitssystemen für eine Produktionsaufgabe und den damit erforderlichen Produktflussverbindungen durch Verbindungsflussrelationen werden die technologischen Fabriksysteme hierarchisch aufgebaut, Tabelle 3.4, 3.5 und Abb. 3.15.
Abb. 3.15 Funktionelle Systemhierarchie der Fabrik und Projektierungsaufgaben
Die materialflusstechnische Umsetzung der hierarchischen Systemgliederung führt zu den in der Tabelle 3.4 dargestellten Materialflusshierarchieebenen. Damit wird der Materialfluss integraler Bestandteil der technologischen Fabriksysteme und der Fabrik.
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
67
Tabelle 3.4 Aufbauhierarchieebenen der technologischen Fabriksysteme und der Fabrik
Die Darstellungen in der Tabelle 3.4 verdeutlichen die zunehmende Produktflussausprägung durch die Systemhierarchien bei gleicher Arbeitssystemmenge. Die Zielorientierung bei der Projektierung muss deshalb in Richtung hierarchisch gering gekoppelter Systeme gehen. Wegen der Materialflussaufwandsbedeutung ist dieser Sachverhalt wichtig für die Projektierungsmethodik von Systemen.
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3.3.3
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Technologische Fabrikgröße
Für jede Fabrik kann eine technologische Fabrikgröße aus der Kombination • der Produktionsstufigkeit der Fabrik, Tabelle 3.3, und • der Systemaufbauhierarchie, Tabelle 3.4 (Ansatz von FÖRSTER 1983), ermittelt werden. Das ist allgemein produktanonym und konkret produktorientiert möglich. Fabrikgrundaufbau und Projektierungsaufwand können für alle Fabriksysteme genauer abgeschätzt werden. Die technologische Fabrikgröße kann in grober oder feinster Form dargestellt werden. Tabelle 3.5 enthält die vereinfachte gröbere Form als Übersicht. Die Fabrikaufbauarten beinhalten – ohne Nennung – immer auch die infra- und ultrastrukturellen Fabriksysteme, da sie integraler Bestandteil der Fabrik sind. Ein Produktionssystem, als von der Fabrik abgekoppeltes eigenständiges System, ist nur als Fabrik oder als ein Komplex von kooperierenden Fabriken existent. Die Fabrik ist das für eine Produktionsaufgabe existente System der Produktion. Tabelle 3.5 Grobübersicht zu den produktanonymen Fabrikaufbauarten (geschätzt)
3.3.4
Komplexität der Fabriksysteme
Systemkomplexität: Menge der in ein Fabriksystem einbezogenen Produktionsstufen und einzubeziehenden Teilsysteme (↑ Arbeitssysteme, Flusssysteme, Betriebssysteme, …) gleicher und ungleicher Art und Ausprägung, damit das Fabriksystem zur Erfüllung seiner Aufgabe als Gesamtheit wirken kann.
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
69
Jede gegenstandsbezogene Relation der Fabrik, Fabriksysteme und Fabrikelemente muss durch einen definierten Fluss funktionell-technisch, räumlich und zeitlich realisiert werden, um aufgabenerfüllend wirken zu können. Gegenstands- und relationsabhängig ergeben sich hieraus Flusssysteme und funktionelle Flussbereiche unterschiedlicher Zuordnung zu den Systemaufbauhierarchien der Fabrik, Abb. 3.15, die gesondert zu projektieren und zu betreiben sind. Zur Erläuterung dieser komplexen und komplizierten Projektierungsaufgabe enthält Abb. 3.16 eine
Abb. 3.16 Sinnbildliche und stark vereinfachte Systemdarstellung zur Ermittlung der Systemkomplexität von Materialfluss-, Ver- und Entsorgungsbereichen, -systemen und -flüssen in und von technologischen Fabriksystemen (Beispieldarstellung ohne Personenfluss und Anschlussstellen)
70
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
stark vereinfachte Darstellung mit nur einem technologischen Vorgang des technologischen Fabriksystems. Bei der Projektierung der Fabriksysteme und der Fabrik muss Folgendes berücksichtigt werden: 1. Jedes technologische Fabriksystem erfordert zur Aufgabenerfüllung die in Abb. 3.16 aufgeführten Flussgruppen mit den einzelnen Gegenstandsflusssystemen. Die Gegenstandsflusssysteme sind in die funktionellen Bereiche • Versorgungsflusssysteme (Zuführungssysteme ZU), • Entsorgungsflusssysteme (Abführungssysteme AB) und • Umlaufflusssysteme (Umlaufsysteme UM, Entsorgung → Versorgung) einzuteilen sowie als Einzelsysteme zu ermitteln und zu projektieren. Zu beachten sind dabei Grundfälle der Versorgung, der Entsorgung und des Umlaufs, Abb. 3.17. 2. Der aus den gegenstandsbezogenen Relationen abzuleitende Fluss wird als Gegenstandsfluss, und die materiell-technische Form als Gegenstandsflusssystem bezeichnet. Jedes Gegenstandsflusssystem hat eine Quelle (AB-Führung), mindestens einen Verbindungsfluss (Verbindungsrelation) und eine Senke (ZUFührung). Es ist eine ordnende Gruppierung erforderlich, die mit Beispielen in Tabelle 3.6 aufgeführt ist. Jedes technologische Fabriksystem, jedes infrastrukturelle und jedes ultrastrukturelle Fabriksystem enthält die in Tabelle 3.6 aufgeführten Flusssystemgruppen mit einer Artmenge und mit Ausprägungen. Beispiel Ein infrastrukturelles Fabriksystem als Fabrikversorgungssystem enthält einen Produktfluss (z. B. Wasser als Produkt), alle Flüsse der Gegenstandsgruppen nach Tabelle 3.6 und zusätzlich Versorgungs-, Entsorgungs- und Betriebssysteme. 3. Die Flusswege der Gegenstandsflüsse sind wegen der unterschiedlichen Relationen und Gegenstände (Beispiele: Produkt, ↑ Gefahrstoff, ↑ Abführungsmaterial, ↑ Material, …) nicht gleicher Art. Der Produktfluss hat einen Eingangsfluss zum und einen Ausgangsfluss vom technologischen Fabriksystem sowie einen Verbindungsfluss zwischen den technologischen Systemelementen (Wirksystem → technologische Zustandsänderungen, Arbeitssysteme → technologische Vorgänge als Arbeitsgänge) eines technologischen Fabriksystems, zwischen den technologischen Fabriksystemen der Fabrik und zwischen den Fabriken, was zu hohen Materialflussaufwendungen führt, Tabelle 3.7. Er erfordert häufig keine eigenen Versorgungssysteme zur Herstellung seines Versorgungszustandes in der Fabrik, außer Urform- und Umformvorgänge und Kommissionierungen. Die Versorgungszustände entstehen durch die technologischen Vorgänge in den Wirksystemen bis zum gewünschten
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
71
Abb. 3.17 Grundfälle und Wege der Flusssysteme (ausgewählte Beispiele, Abb. 3.16)
Tabelle 3.6 Flusssystemgruppierung von Fabriksystemen
Produktzustand. Der Produktfluss wird vorwiegend durch Wirksysteme (Quellen und Senken) und ↑ Materialflusstechnik mit unterschiedlichen Materialflusssystemen, Abb. 3.18, vollzogen. 4. Jedes Fabriksystem enthält für die Realisierung der vielfältigen Gegenstandsflüsse Gebiete der ↑ Materialflusstechnik, Tabelle 3.8. Sie ist damit das Hauptgebiet der Flusstechnik, der Systemstrukturierung (Kapitel 5) und für die Raumbildung. 5. Der Produktfluss und die anderen Gegenstandsflussgruppen, Tabelle 3.6 und Abb. 3.16, erfordern durch die Relationsverflechtungen in den Fabriksystemen und in der Fabrik zusätzlich Materialflusssysteme und materialflusstechnische
72
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Tabelle 3.7 Charakteristische Wirkungen durch den Materialfluss (Angaben für die MVI)
Abb. 3.18 Ausgewogenheit der Systemmengen einer Fabrik (mit Beispielzuordnungen)
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten Tabelle 3.8 Materialflusssysteme und materialflussintegrierte Fabriksysteme (Beispiele)
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3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Systemkomplexe (Lagersysteme) als Fabriksysteme. Die Ursache liegt im Ausgleich von Flussunterbrechungen und in der Herstellung einer Flussausgewogenheit der Fabriksysteme und der Fabrik. Zur Erläuterung enthält Abb. 3.18 eine beispielhafte Darstellung. Die Systeme der Fabrik können in so genannte statische und dynamische Systeme gruppiert werden. Statische Systeme sind die zu verflechtenden oder die zu bedienenden Systeme. Dynamische Systeme sind die verbindenden oder die bedienenden Systeme. Als statische Systeme gelten Arbeitssysteme, Fertigungsund Lagersysteme. Dynamische Systeme sind grundsätzlich flussorientierte Systeme, Abb. 3.19. Hier gilt es eine Ausgewogenheit von statischen und dynamischen Systemen nach Gl. (3.2) zu erreichen. MFabrik = Mdyn. Systeme − Mstat. Systeme ⇒ 1
(3.2)
Ist die Menge M der dynamischen Systeme der Fabrik kleiner als die Menge der statischen Systeme, kann die Fabrik nicht funktionieren. Im umgekehrten Fall liegt im Regelfall eine Überdimensionierung durch Flusstechnik vor. Ein
Abb. 3.19 Komplexität und Stufigkeit der Versorgungssysteme (Beispiel ohne Umlauffluss; E – Erzeugungsvorgang mit Stufung)
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
75
abweichendes Ergebnis liegt häufig an den Schnittstellendefinitionen (Ein- und Ausgänge). Zur Aufwandsreduzierung (Aufwand ohne Wertschöpfung) ist ein Hauptaugenmerk der Fabrikprojektierung auf die Notwendigkeit von • • • •
↑ Fabriklagersystemen (Eingangs-, Zwischen-, Ausgangslager), ↑ Kooperationen (außerfabriklich, zwischenfabriklich), Fabrikverflechtungen durch Flusssysteme ohne Wertschöpfung und des Zusammenwirkens von ↑ Materialflusstechnik, Fabriklogistik und Fabrikbetrieb (Fabrikorganisation)
zu legen. Hauptzielrichtung ist eine bewegungsarme Fabrik. 6. Fabriksysteme der Ver- und Entsorgung sowie des Materialflusses erreichen eine ähnliche Systemkomplexität wie die technologischen Fabriksysteme. Im Unterschied dazu können sie jedoch deutlicher als • zentrale Fabriksysteme (Wärmekraftwerke, Blockheizkraftwerke, …), • dezentrale Fabriksysteme (↑ Absaugsysteme, Systeme der ↑ Lichtversorgung), • zentrale oder dezentrale Fabriksysteme (↑ Druckluftversorgungssysteme, Kühlschmierstoffsysteme, ↑ Fabriklagersysteme, …) ausgeführt werden. Darüber entscheiden insbesondere der energetische Aufwand und die Zuordnung zu den technologischen Fabriksystemen oder Fabrikwirkungsstätten durch Integration. Durch die Ähnlichkeit der Systemkomplexität und der Projektierungsmethodik werden sie in Analogie zu den technologischen Fabriksystemen projektiert, Kapitel 5 und 6. 7. Zusätzlich zu den gesondert zu betrachtenden Fabriksystemen der Materialfluss-, Ver- und Entsorgungsbereiche sind für die Vollständigkeit der Systemkomplexität Schutz-, Sicherheits-, Erhaltungs- und Betreibungssysteme und u. U. Lenkungssysteme der technologischen Fabriksysteme erforderlich. In der Fabrik (Fabrikstätte, Gesamtfabrik) sind diese Systeme ein Zwang. Schutz- und Sicherheitssysteme (↑ Brandschutzsysteme, …) werden hier unter den Sammelbegriffen GABUSS (Gesundheits-, Arbeits-, Brand-, Umwelt- und Sicherheitsschutz) und ↑ Schutzgüte behandelt. Es geht um die Abwehr möglicher Schäden für die tätigen Menschen und möglicher Vernichtung von Gegenständen in der Fabrik. 8. Die in Tabelle 3.6 aufgeführten und in den Abb. 3.16 und 3.17 vereinfacht dargestellten Fluss-, Ver- und Entsorgungssysteme haben gleichfalls eine Systemkomplexität, die zu ermitteln und zu projektieren ist, Abb. 3.19. Durch Systemschnittstellen werden die Systeme begrenzt. Schnittstellen liegen in den Flusssystemen einer Ver- und Entsorgungsstufe, wodurch schnittstellenbelastete Flusssysteme und die Systemein- und -ausgänge entstehen. Die Systemgrenze wird fixiert, die Systemautonomie und Systemkomplexität werden begrenzt.
76
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Abb. 3.20 Projektierungsansatz
Mit der Ermittlung der Systemkomplexität, die für alle hierarchischen Systeme nach Tabelle 3.4 und Abb. 3.15 gesondert zutrifft, wird eine Aussage zum Umfang der Systemprojektierung und des Projektes getroffen. Es folgt eine zyklische Projektierung mit einer Grobfolge und dem Ansatz nach Abb. 3.20.
• Der Komplexitätsaspekt ermöglicht eine definitive Aussage zur Systemgesamtheit und unter Beachtung der Systemautonomiegrenze, Abb. 3.16, eine Bestimmung der Systemganzheit. • Eine vollständige Systemkomplexität ist möglich, wenn die hierarchisch geordneten Systeme der Fabrik, Abb. 3.15 und Tabelle 3.4, eine vollständige Flusssystemkomplexität, Abb. 3.16, (technisch: Steuerung, Sicherung, Regelung; organisatorisch: Betreibung, Erhaltung, Lenkung) erreichen. Diese Vollständigkeit führt zur vollständigen technologischen Systemautonomie. Wird sie durch ↑ Integration nicht erreicht, werden Leistungen durch ↑ Kooperation erforderlich.
3.3.5
Fabrikbetrieb
Eine Fabrik ist in ihrer technologischen und wirtschaftlichen Qualität und Quantität immer nur so gut, wie sie projektiert wurde und betrieben, erhalten und geleitet wird. Aus diesem sachlichen Anspruch ergeben sich unterscheidbare Bereiche, die
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
77
durch die ultrastrukturellen Fabriksysteme zum Fabrikbetrieb führen. Solche, auf die Ablauf- und Tätigkeitsorganisation ausgerichteten, ultrastrukturellen Fabriksysteme sind unter Beachtung der technischen Betriebstechnik, Abb. 3.21, • die Betreibungssysteme zum Betreiben der einzelnen Fabriksysteme und der Fabrik, • die Erhaltungssysteme zur Sicherung der materiell-technischen Produktionsbasis der Fabriksysteme und der Fabrik und • die Lenkungssysteme zur Realisierung der gesamtbetrieblichen Aufgaben (Regelung). Vereinfacht werden hierfür die Begriffe Fabrikbetrieb und Systembetrieb verwendet.
Abb. 3.21 Fabrik als Betriebsstätte der Produktion
Mit den Fabrikbetriebssystemen ist die Kennzeichnung BETRIEB verbunden. Die Fabrik wird zu einer ökonomisch wirkenden Betriebsstätte mit Leistungsergebnissen, Abb. 3.22, (SPUR (1994); WIENDAHL (1997)). Die Projektierung der Fabrikbetriebssysteme orientiert besonders auf die steuernden, sichernden, regelnden, logistischen, informationellen und erhaltenden Aufgabenstellungen. Eine weitere Spezialisierung der ganzheitlichen Fabrikprojektierung ist die Fabrikinformatik, Abb. 3.4, die den Zusammenhang von Informationsfluss, Informationsverarbeitung und menschlichen Erfahrungen durch Prinzipien und Regelungen der Ablauf- und Tätigkeitsorganisation simulativ und heuristisch-methodisch fabrikabhängig lösen muss. Diese Art der Projektierung ist auf Modelle und die mathematische Modellierung angewiesen, um mindestens objektivierte Lösungen präsentieren zu können.
78
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Abb. 3.22 Gruppierte Fabrikbetriebssysteme und -systemaufgaben
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten
3.3.6
79
Gesamtfabrik
Das Gesamtsystem Fabrik entsteht im Wesentlichen aus der notwendigen Menge der erläuterten Fabriksysteme als Systemgebilde in Abhängigkeit von den für ein Produktionsprogramm integrierten Produktionsgrundstufen. Es entsteht zunächst ein einfacher Zusammenhang, beispielsweise nach Abb. 3.23, wenn nur die Fabriksystemgruppen und ihre Relationen betrachtet werden. Die Komplexität der Fabrik entsteht dann durch die Differenzierung der Fabriksystemgruppen in gegenstandsabhängige Fabrikeinzelsysteme. Beherrschbar wird die Fabrik in der Projektierung und im Fabrikbetrieb durch eine systematische Vorgehensweise der Fabriksystemgliederung. Dieser Ansatz soll mit der Darstellung in Abb. 3.24 unterstützt werden.
Abb. 3.23 Die Fabrik als Systemgebilde von Fabriksystemgruppen und als Systemkomplex der Produktion
Die Gesamtheit der Fabrik besteht immer aus mehreren technologischen, infrastrukturellen und ultrastrukturellen Fabriksystemen und zusätzlich aus ↑ gesamtbetrieblichen Fabrikbereichen, die einer Zuordnung bedürfen. Durch die unterschiedlichen Systembezüge unterscheidet sich die Gesamtfabrikprojektierung, Kapitel 7, signifikant von der Fabriksystemprojektierung, Kapitel 5.
3.3.7
Fabrikarten
Fabrikarten ergeben sich aus der Kombination von Ordnungskriterien des Fabrikaufbaus und deren Ausprägungen. Eine für die Fabrikprojektierung geeignete allgemeingültige Systematik der Fabrikarten ist schwer zu erfassen. Die Haupt-
80
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Abb. 3.24 Systemabhängigkeit von Gesamtfabrik und Gesamtsystem
ursache ist in der Tatsache zu suchen, dass jeder Fabrik eine vom Auftraggeber gewünschte Fabrikaufgabe zugrunde liegt und jede Fabrik durch die Fabrikprojektierung ein zunächst immaterielles und nach der Realisierung ein materielles Unikat, teilweise mit Veränderungen gegenüber dem Projekt, darstellt. Unikate sind nicht zu klassifizieren, wenn sie millionenfach vorliegen. Möglich sind Orientierungen, etwa nach SCHENK u. WIRTH (2004), für die Fabrikplanung und für den Fabrikbetrieb oder nach Tabelle 3.9 und 3.10 für die Fabrikprojektierung. Fabrikarten sind für die Charakterisierung von Fabriken geeignet, nicht aber als Projektierungsgrundlage ohne Produktionsprogramm.
• Die Inhalte der Tabellen 3.9 und 3.10 ermöglichen eine Charakterisierung des Fabrikprojektes für die technologische Beschreibung im Rahmen von Genehmigungsunterlagen oder eine charakterisierende Darstellung im Rahmen von Aufgabenstellungen und Planungsvorgaben. • Das Erarbeiten von Projektierungsvorschriften erscheint nur für charakteristische Einzelmerkmale der Fabrikart möglich und sinnvoll zu sein. • Die charakteristischen Merkmale eignen sich für Bewertungsmethoden in Verbindung mit Variantenvergleichen.
3.3 Technologische Fabrikgröße und Fabrikarten Tabelle 3.9 Orientierungsübersicht zu den Fabrikarten (Grundarten, F – Fabrik)
81
82
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Tabelle 3.10 Orientierungsübersicht zu den Fabrikarten (Ergänzungsarten)
3.4
Komponenten zur systematischen Entwicklung und Bewertung der Fabrik
Die Fabrikentwicklung erfolgte in der Vergangenheit häufig durch sporadisch ermittelte Entwicklungskomponenten, etwa zur ↑ Flexibilität, Rechnerintegration, Automatisierung oder der ↑ Integration. Das ist auch weiterhin möglich, da bei-
3.4 Komponenten zur systematischen Entwicklung und Bewertung der Fabrik
83
spielsweise Erfindungen ebenso systematisch oder intuitiv gefunden bzw. entwickelt werden. Die Fabrikprojektierung jedoch muss systematisch und nach Maßgabe auch fehlerfrei sein. Eine Hilfestellung kann mit den Wirkungszusammenhängen nach Abb. 3.25 gegeben werden. Sie enthält zu beachtende Kategorien, Komponenten genannt, und
Abb. 3.25 Fabrikwirkungskomponenten (Auswahl)
84
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Komponententripel, die jahrelange Erfahrungen berücksichtigen, kombinierbar sind und weiterführend in ihrem Zusammenhang erläutert werden. Zum Verständnis soll zunächst ein Komponententripel beispielhaft erläutert werden. Beispiel Zusammenhang von Technik, Raum und Zeit, Abb. 3.26
Abb. 3.26 Komponententripel von Technik, Raum und Zeit. a Grundzusammenhang. b Wirkungsfolge mit Projektierungsfolge und Projektierungsinhalt
1. Grundaussagen:
• Technik benötigt Raum und erfordert Zeit. • Physikalischer Zusammenhang: Geschwindigkeit, Gl. (3.3) t = s/v
2. Voraussetzungen:
ZE
(3.3)
v – Geschwindigkeit durch Technik s – Weglänge im definierten Systemraum zwischen Quell- und Zielpunkten t – Zeitaufwand durch Technik im Systemraum • Ableitbarkeit und Einsatz von technischen, räumlichen und zeitlichen Einzelwirkprinzipien mit definierter Zuordnung. • Ermittlung von relationsabhängigen Organisationsprinzipien durch Einzelwirkprinzipienkombinationen. • Eindeutige Definition der technischen Elemente entsprechend der Technikaufgabe in verfahrenstechnische, materialflusstechnische Elemente usw.,
3.5 Fabrik als Gegenstand der Planung, Projektierung und Betreibung
3. Ergebnisse:
85
• Einordnung der technischen Elemente in statische (ruhende) und dynamische (bewegliche) Elemente, • Kenntnisse über ergonomische und sicherheitstechnische Abstandsmaße mit Personen-Raumluft-Mengen-Beziehungen. • Technische, räumliche und zeitliche Systemstrukturen. • ↑ Arbeitsraum-Projektierung. • Flächenbedarfsermittlungen. • Entwicklungs- und erfindungsmethodische Vorgehensweisen.
Dem Projektanten ist mit solchen Komponententripeln eine Möglichkeit des systematischen und kreativ-methodischen Wirkens gegeben, die projektabhängig flexibel gestaltbar ist. Mit zunehmender Entfernung der Projektierung von der Technikkomponente nehmen die projektierungsbeeinflussenden Wirkungen ab, obwohl die Relationen objektiv verbleiben. Komponententripel und Gesamtkomponentengefüge der Fabrik unterliegen einer systemtheoretischen Beschreibung durch die ↑ Relationen. Dadurch wird die Projektierung methodisch-kreativ, algorithmierbar, mathematisierbar und theorieentwicklungsfähig.
3.5
Fabrik als Gegenstand der Planung, Projektierung und Betreibung
Die Fabrik ist ein immaterielles Produkt der Fabrikprojektierung und ein materielles Produkt der Produktion und als solches Wirkungsstätte der Produktion, Abb. 3.27. Sie muss als • Investitionsobjekt der Produktion geplant, • als zukünftige Arbeits- und Wirkungsstätte der Produktion entwickelt, projektiert und realisiert sowie als • realisiertes Wirtschaftsobjekt der Produktion betrieben, erhalten, gelenkt und den zeitlich wechselnden Anforderungen angepasst werden. Aus diesem Zusammenhang leiten sich unterschiedliche, vornehmlich Ingenieurleistungsgebiete ab, die ständig weiterzuentwickeln sind. Die wenigen Schwerpunktzuordnungen in der Abb. 3.27 verdeutlichen die Unterschiedlichkeit der Fachgebiete Fabrikplanung, Fabrikprojektierung und Fabrikbetrieb für die Vorbereitung, Entstehung, Entwicklung, Projektierung und Gestaltung sowie für das Betreiben, Lenken und Erhalten von Fabriken. Deutlich wird die Unterschiedlichkeit besonders durch die Aufgaben- und Methodikverschiedenheit. In der Praxis werden die Aufgaben der Fabrikplanung häufig von der Fabrikprojektierung und als Ausnahme von Vertretern der zukünftigen Fabrik übernommen. Voraussetzung zur Aufgabenübernahme ist jedoch ein ausreichender Kenntnisstand des Aufgabenübernehmenden. Dazu gehören nach Abb. 3.27 Kenntnisse zu den
86
3 Fabrikbereiche und Fabriksysteme
Abb. 3.27 Fabrik als Gegenstand unterschiedlicher Zielrichtungen und Fachgebiete
Beeinflussungen der Fabrikprojektierung durch die Fabrikplanung und den Fabrikbetrieb, umfangreiches Fachwissen zur Fabrikprojektierung selbst sowie die Erkenntnis, dass eine Fabrik nicht allein durch eine Fabrikplanung entstehen kann.
Literatur FÖRSTER A (1983) Strukturierung von Teileflusssystemen der Fertigung in Maschinenbaubetrieben. Dissertation B, Technische Universität, Chemnitz SCHENK M, WIRTH S (2004) Fabrikplanung und Fabrikbetrieb. Springer, Berlin SPUR G (1994) Fabrikbetrieb. Hanser, München WARNECKE H-J (1992) Die fraktale Fabrik. Springer, Berlin WIENDAHL H-P (1997) Betriebsorganisation für Ingenieure. Hanser, München WILDEMANN H (1988) Die modulare Fabrik. Gfmt, München
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Produkte, die aufgrund ihrer Größe, ihres Umfanges und ihrer Besonderheiten nicht konstruiert werden können, sind zu projektieren. Das ist im Regelfall für komplexe und komplizierte Systeme als Anlagen bzw. Fabriken der Fall. Die Projektierung ist keine alleinige konstruierende, sondern eine entwicklungs- und konstruktionsorientierte, eigenständige Ingenieurdisziplin mit Technologiebezug. In Abhängigkeit des zu projektierenden Gegenstandes können die • Systemprojektierung (auch Anlagenprojektierung) für Einzelsysteme und die • Fabrikprojektierung für Systemkomplexe der Produktion unterschieden werden. Die Fabrikprojektierung als technologieorientierte Ingenieurwissenschaft hat die Aufgabe, aus Merkmalen der Produktkonstruktionen und Produkttechnologien die Produktionsstätte Fabrik so in ihrer Ganzheit von Technik, Raum und Zeit zu entwickeln, funktionell zu bestimmen, zu dimensionieren, zu strukturieren und zu gestalten, dass ein zukunftsorientiertes Höchstmaß an Produktionsniveau und Wirtschaftlichkeit erreicht wird. Das schließt das Schaffen von günstigen Bedingungen für die Arbeitenden, für die Ökologie und für die Zukunftsentwicklung sowie geringe Aufwendungen für den Verbrauch an Material-, Energie und Betriebsstoffen ein. Historisch betrachtet ist die methodische und systematische Fabrikprojektierung als eigenständige Ingenieurwissenschaft ein relativ junges Gebiet, obwohl mit der Entstehung einer Fabrik immer eine Projektierung verbunden ist. Ihr Ursprung liegt in der technisch-organisatorischen Projektierung (Beginn: Manufaktur), Anlagenprojektierung (Beginn: Industrielle Revolution) und Industriearchitektur (Beginn: 19. Jahrhundert). Betriebsingenieure und Industriearchitekten formierten sich als Berufsgruppen und übernahmen die Aufgaben der Fabrikprojektierung. Mit der Profilierung und Spezialisierung der technologischen, insbesondere der produktionstechnischen Wissenschaften in Deutschland durch • die Fertigungstechnik (SCHLESINGER 1904, Berlin; WALLICHS 1906, Aachen; SCHWERD 1911, Hannover), • die Betriebswissenschaft (SACHSENBERG 1921, Dresden)
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
87
88
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
entwickelte sich die Technologische Fabrikprojektierung (PALITZSCH 1937, Braunschweig; KOLOČ 1946, Dresden; DOLEZALEK 1955, Stuttgart; ROCKSTROH 1967, Dresden) unter den Begriffen Fabrikplanung, Fabrikanlagen, Betriebsgestaltung und Technologische Betriebsprojektierung, ROCKSTROH (1996). Eine frühe Entwicklung der Technologischen Betriebsprojektierung ist u. a. auch aus Russland (Projektierowanie Zawodow; CHRSCHANOWSKI 1952; JEGOROW 1952) und anderen hochentwickelten Industrieländern bekannt geworden. Die Fabrikprojektierung mit einem verfahrenstechnischen oder energietechnischen Technologiebezug wird gegenüber dem metallverarbeitenden Technologiebezug als älter angesehen. An der Fabrikentstehung sind mehrere Ingenieurberufsgruppen beteiligt, die in die Projektierung von Fabriken durch die Fabrikprojektanten einzubeziehen sind. Dazu gehören in der metallverarbeitenden Industrie Vertreter folgender Fachgebiete: • Fertigungs-, Verfahrens- und Energietechnik mit den Schwerpunkten Verfahrens- und Produkttechnologie, • Fabrikplanung, Fabrikbetrieb und Auftraggeber, • Bauwesen und Architektur mit dem Schwerpunkt Bauwerke, • Spezialprojektierung (Elektrotechnik, Informatik, Verkehrstechnik, Steuerungstechnik, Gebäudetechnik, Sicherheitstechnik, für ausgewählte Systemprojektierungen), • Fabrikprojektierung selbst mit dem Ziel der Fabrik als Ganzes in ihrer Einheit von Funktion, Dimension, Struktur und Gestalt der Produktion in der Fabrik, • Fachbehörden und -organisationen (Genehmigungs-, Prüf- und Abnahmegremien). Die Technologieganzheit und das Arbeiten als Kern der Produktion in der Fabrik werden von der Fabrikprojektierung als Gesamtaufgabe realisiert. Die Notwendigkeit dieser Aufgabenübernahme leitet sich aus dem Ziel nach Erreichung eines Gesamtfabrikoptimums ab, das nicht aus einer Gesamtheit von Spezialprojektierungen bestehen kann. Mit diesem Abschnitt wird auf die methodische Vorgehensweise und Komplexität der Fabrikprojektierung, auf das systematische Wirken des Fabrikprojektanten und sowie auf die Arbeit mit Projekten hingewiesen.
4.1
Gegenstand und Grundfälle der Fabrikprojektierung
Gegenstand der Fabrikprojektierung ist die Fabrik in ihrer Gesamtheit und Einheit der für ein Fabrikprogramm notwendigen Fabriktechnologie, Fabriksysteme und Fabrikorganisation einschließlich der ver- und entsorgenden Fabrikeinbindung in eine Standortinfrastruktur, Abb. 4.1. Der fabrikprogrammabhängige Fabrikproduktionsinhalt wurde in den Kapitel 2 und 3 in allgemeiner und grundsätzlicher Form erläutert und wird weiterführend projektierungsorientiert vertieft. Die Grundaufgabe der Fabrikprojektierung steht
4.1 Gegenstand und Grundfälle der Fabrikprojektierung
89
Abb. 4.1 Gegenstand und Grundfälle der Fabrikprojektierung (vereinfacht)
in einer direkten Abhängigkeit zur Zielaufgabe einer neu zu schaffenden, einer zu rationalisierenden, einer auf neuen Aufgaben umzuprojektierenden, einer zu rekonstruierenden sowie zu einer abzubauenden und zu verwendenden bzw. zu verwertenden Fabrik. Hieraus leiten sich Grundfälle der Fabrikneuentstehung, der Fabrikanpassung, der Fabrikrekonstruktion und der Fabrikaußerbetriebnahme ab, die zugleich auch Projektierungsgrundfälle und somit Aufgabenstellungen der Fabrikprojektierung sind. Die 10 Grundfälle charakterisieren den Projektierungsgegenstand wie einen ↑ Typenvertreter, Abb. 4.1. Ziel der Vereinfachungen durch die Grundfallbildung ist das Nutzen von Analogien, Synergien und wenigen Projektierungsgrundmethoden. Neuprojektierung (Grundfälle M und N) Die auftretenden Grundfälle der Fabrikneuentstehung erfordern • das Projektieren der Gesamtfabrik mit allen Teilen und Elementen, • umfangreiche Vorbereitungsleistungen, beispielsweise durch Projektstudien und Vorprojektierungen bis zum Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsnachweis, • erfahrene Projektanten, besonders um das Wissen zur Fabrik von heute in die Zukunft der Fabrikproduktion durch Akzeleration zu transformieren. Anpassungsprojektierung (Grundfälle O bis R) Als häufigste Grundfälle sind die Aufgaben durch Rationalisierung in Form von Erweiterungen, Einengungen, Umstellungen und Neuordnungen sowie Erneuerungen der Ausrüstungen einzuschätzen. Das kann für die gesamte Fabrik, als auch nur für einzelne Maschinen zutreffend sein. Die hier vorliegende Streubreite ist sehr groß. In solchen Fällen bleiben einzelne Fabriksysteme von der Fabrikprojektierung unberührt. Der Projektant darf eine solche, vom Auftraggeber geforderte
90
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
„Unberührtheit“ nicht als unveränderlich ansehen, da die Fabrik oder das betrachtete Fabriksystem wieder als Ganzes, wie ein optimiertes System mit Zukunftsgarantie, zu betrachten ist. Die Erfahrung beweist, dass selbst beim Ersatz nur einer Maschine, wegen der größeren Dimension der neuen Maschine, bis zu 20 Maschinen neu anzuordnen, aufzustellen und zu befestigen sind. Das kommt einer Neuprojektierung des betrachteten Systems nahe, was zu empfehlen ist! Rekonstruktionsprojektierung (Grundfälle S und T) Rekonstruktionen (REKO) sind äußerst interessante Aufgabenstellungen. Sie kommen einer Neuprojektierung mit Einengung (Grundfall N, Abb. 4.1) und Fabriksubstanzerhalt gleich. Die Grundfälle unterscheiden sich durch das Fabrikprogramm: • Fabrikprogrammerhalt mit Fabrikveränderungen bis zum Erreichen des Niveaus einer neuen Fabrik (REKO-Sanierung, Grundinstandsetzung) oder • Fabrikprogrammwandlung mit der Fabrikveränderung (REKO-Umwandlung). Beide Grundfälle sind mit umfangreichen baulichen Veränderungen und einer Fabrikneuausrüstung verbunden. Ursachen sind häufig Fabrikbesitzerwechsel und durchgreifende Modernisierungswünsche. Außerbetriebnahmeprojektierung (Grundfälle U und V) Der Projektierungsanteil für die Außerbetriebnahme und den Fabrikabbruch ist gemessen an der Gesamtprojektierung – von der Neu- bis zur Rekonstruktionsprojektierung – noch relativ gering, aber zunehmend. Durch die Globalisierungsansichten ist die Verlagerung von Fabrikausrüstungen – außer Bauwerken und baulichen Systemen – „modern“ geworden. Hierdurch und durch die zunehmende Möglichkeit mobiler, d. h. standortwechselnder Fabriken entsteht ein Projektierungsbedarf mit eigenen Gesetzmäßigkeiten. In diesen Projektierungsbereich einzuschließen sind Verwendungs- und Verwertungsprojekte, Stilllegungsprojekte, das so genannte „Schleifen“ von Fabriken und die Standortvorbereitung für neue Fabriken (am Stadtrand) oder für andere gewerbliche oder kommunale Zwecke (Innenstadtbereiche). Die erkennbare Zunahme wird durch Fabrikalterung und ungünstige Standorte beeinflusst. Die Grundfälle der Fabrikprojektierung sind auch zugleich die Grundfälle der Fabrikplanung, des Fabrikanlaufs und der Fabrikentwicklung. Unterschiedliche Grundfalldefinitionen – SCHENK u. WIRTH (2004); ROCKSTROH (1977); KETTNER (1998); WARNECKE (1996) – werden sich im Verlaufe der Zeit vereinheitlichen. Objekt- und Methodenbereiche Die Fabrikprojektierung ist eine technologieorientierte technische Wissenschaftsund Fachdisziplin. Sie hat – wissenschafts-philosophisch betrachtet – einen Gegenstand, eigene Gesetzmäßigkeiten und Methoden und erfordert besondere berufliche Erfahrungen sowie eine Aus- und Weiterbildung der in der Projektierung Tätigen. Mit Bezug zur Entwicklung der Fabrikprojektierung ist diese in zwei Bereiche mit deutlich unterschiedlichen Gegenständen gliederbar, in den Objektbereich und in den Methodenbereich, ROCKSTROH (1977), Abb. 4.2. Der Objektbereich der
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
91
Abb. 4.2 Objekt- und Methodenbereiche der Projektierung
Fabrikprojektierung umfasst als Gegenstand grundfallabhängig die Fabrik als materielles Ganzes, die Fabriksysteme und die Fabrikelemente. Der Gegenstand des Methodenbereiches der Fabrikprojektierung umfasst die Methoden, die Methodik und die Vorschriften des projektierenden Vorausdenkens zur Fabrik, einschließlich der Organisationsmethoden.
4.2
Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
Projektierung: Ingenieurtechnische Tätigkeitsgesamtheit des entwickelnden,entwerfenden und gestaltenden Vorausdenkens der Funktionalität, Dimension, Struktur und Gestalt von materiell-technischen Systemen, die aus Produktkonstruktionen zu einer Ganzheit gefügt und mit bestimmten Leistungspotentialen realisiert werden. Das Projektieren ist eine Tätigkeit bzw. ein Tätigkeitskomplex, und Projektierung ist das ingenieurtechnische Tätigkeitsgebiet. Es besteht ein enger Zusammenhang von Konstruktion und Projektierung. Wie die Konstruktion, erbringt die Projektierung immaterielle Produkte, die durch eine Produktion zu materiellen Produkten umgewandelt werden. Das Ergebnis der Projektierung in Form der immateriellen Produkte sind Projektunterlagen, die als Projekt, genauer als Projektdokumentation, bezeichnet werden. Während die Konstruktion auf das Entwerfen und Gestalten von Produktkonstruktionen vom Einzelteil bis zur Maschine fixiert ist, verwendet die Projektierung konstruierte und funktionsfähige Produkte – im Regelfall ab der funktionsfähigen Baugruppe als Aggregat – als Systemelemente oder Systemteile und entwirft und
92
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
gestaltet funktionierende Systeme und Systemkomplexe, die verschiedentlich auch noch Anlagen (Anlagenprojektierung) genannt werden. Hieraus ergeben sich zu beachtende Zusammenhänge und Unterschiede durch • die Informationstransformation der Projektierung, Abb. 4.3 und 4.4 • Anwendungsgebiete und damit verbundene Detaillierungen.
Abb. 4.3 Grundinhalte der Projektierung (vereinfacht; i. A. ROCKSTROH 1977)
Abb. 4.4 Grundkomponenten der Projektierung mit Beispiel
Eine Unterscheidung der Projektierung von Systemen erfolgt durch unterschiedliche Aufgabenstellungen, die zugleich Zielstellungen darstellen und zur • Systemkomplexprojektierung (Fabrikprojektierung) und zur • Systemeinzelprojektierung (System- oder Anlagenprojektierung) führen. Die Systemprojektierung ist durch die unterschiedlichen Systemaufgaben (Aufgabenunterschiedlichkeit) beispielsweise in Arbeitssystemprojektierung, Fertigungssystemprojektierung, Versorgungssystemprojektierung, Bauwerksprojektie-
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
93
rung (Gebäude und bauliche Anlagen bzw. Systeme), Verkehrssystemprojektierung usw. weiter zu differenzieren. Die Differenzierung der Fabrikprojektierung ergibt sich durch die Produktionsgrundstufen und die daraus abgeleiteten Fabrikgrundarten mit den Projektierungsaufgaben, Abb. 4.4.
• Die Unterscheidung zwischen der Fabrik- und Systemprojektierung liegt in der Systemkomplexität begründet. Gegenstand der Systemprojektierung sind Einzelsysteme mit definierter Aufgabe. Die Fabrik enthält immer Systemkomplexe und führt zu verbundenen Systemgebilden, in denen durch technische ↑ Integration Einzelsysteme nicht immer deutlich erkennbar sind. • Die Projektierung kann durch eindeutige Systembenennungen deutlich gemacht werden. Beispiel Lagersystemprojektierung statt Systemprojektierung. Die Lagerprojektierung ist eine Lagersystemprojektierung. Lagersysteme enthalten die lageraufgabenrealisierenden Lagerprozesse. • Bei der Fabrikprojektierung stehen die Arbeit, die Technologie, die Arbeitsbeziehungen, die Material-, Energie- und Informationsflüsse, die Flussbeziehungen sowie die technische, räumliche und zeitliche Organisation in Verbindung mit der Systemkomplexität und der Produktionsganzheit im Mittelpunkt der Betrachtungen. • Die Projektierung ist eine Aufgabe der technologischen Produktionsvorbereitung, wenn sie einen Technologiebezug hat. Sie kann auch einen Konstruktionsbezug haben, wenn die projektierten Systeme verkaufbare Produkte sind.
4.2.1
Gebiete der Projektierung
Im Verlaufe der Entwicklung haben sich drei unterscheidbare Gebiete der Projektierung herausgebildet, die teilweise eine Eigenständigkeit erreicht haben, jedoch in ihrem Zusammenhang bei der Fabrikprojektierung integrierend wirken müssen, Abb. 4.5. Durch ihre Beeinflussung ist die technologische Projektierung der konstruktiven und gestalterischen bei der Fabrikprojektierung voranzustellen. Der entwerfende Einfluss der technologischen Projektierung auf die konstruktive und gestalterische Projektierung ist besonders bei technischen und räumlichen Zusammenhängen von eminenter Wichtigkeit.
94
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.5 Gebiete der Projektierung i. A. ROCKSTROH (1977) und ihre Aufgabeninhalte
Technologische Projektierung Das Gebiet der Technologischen Projektierung ist in Präzisierung der Projektierungsdefinition auf das technologische Vorausdenken zur Schaffung von technologischen Leistungspotentialen der Systeme ausgerichtet. Ausgehend von den Produkttechnologien sind die Funktionen und Funktionsrelationen der Prozesse, insbesondere für die systemspeziellen Zustands-, Bewegungs- und Potentialänderungen aus den Aufgabenstellungen zu erarbeiten und die funktionellen Ausprägungen und Verflechtungen des Systems zu projektieren und in technische Elemente überzuleiten. Das Ergebnis sind Systemfunktionen, -dimensionen und -strukturen. Wegen des starken Funktionsbezuges wird dieses Gebiet auch als funktionelle Projektierung bezeichnet, was nicht eindeutig richtig ist, Abschnitt 4.2.2. Eine verallgemeinerte Anwendungsbreite ist dadurch allerdings auch für Systemprojektierungen objektiv gegeben, die nicht der Produktion zu gerechnet werden können. Abb. 4.5 enthält eine Auswahl der Hauptinhalte. Konstruktive Projektierung Mit der konstruktiven Projektierung erfolgt eine Systemprojektierung durch konstruktive Leistungen. Als konstruktive Leistungen sind zu verstehen: • das Entwerfen und Fügen von Systemen durch vorhandene (kaufbare) Technik zu einer ganzheitlichen Systemkonstruktion bzw. -konfiguration, • das Entwickeln und Konstruieren von Systemelementen, die zur Erreichung der Systemganzheit und -durchgängigkeit des betrachteten Systems erforderlich sind, • Gesamtkonstruktionen bei Systementwicklungen. Die konstruktive Projektierung ist technisch orientiert und löst Aufgabenstellungen der technologischen und der gestalterischen Projektierung. Wesentliche Aufgaben enthält Abb. 4.5.
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
95
Gestalterische Projektierung Die gestalterische Projektierung ist eine ergänzende Projektierung zur Vollendung durch die von der technologischen und konstruktiven Projektierung entworfenen Systeme. Im Regelfall erfolgt durch die gestalterische Projektierung keine grundlegende Veränderung der Systemstruktur. Die Orientierungen liegen auf • der Systemarchitektur durch geometrische Formen und Ästhetik, • den Mensch-System-Beziehungen (Ergonomie), • den schützenden Elementen des Systems (Schutz- und Sicherheitssysteme), wobei ein künstlerischer Einfluss und das Individuelle der Arbeitenden Berücksichtigung finden sollten, Abb. 4.5. Fabrikprojektierung Die Fabrikprojektierung enthält die komplexe Anwendung der technologischen, konstruktiven und gestalterischen Projektierungsgebiete. Sie ist auf das produktionsbezogene Vorausdenken zum Entwerfen und Gestalten der Funktionalität, Dimension und Struktur der • materiell-technischen Fabriksysteme, Kapitel 3 und 5, und der • Fabrik als Fabrikstätte, Kapitel 6, und als Gesamtheit, Kapitel 7, orientiert, damit die Fabrik durch ihr reales Wirken ganz bestimmte Leistungspotentiale optimierend erbringen kann. Insbesondere durch die Technologische Projektierung der Fabrik werden das für den Fortschritt so entscheidende technologische Niveau der Systeme projektiert und daraus Aufgabenstellungen für die vertiefende konstruktive und gestalterische Projektierung abgeleitet. In der Praxis hat sich eine teilweise Spezialisierung der Projektanten oder Projektierungsingenieure herausgebildet, den • • • •
technologischen Projektanten als Generalist für die Fabrikprojektierung, konstruktiven Projektanten mit dem Berufsbild eines Konstrukteurs, Architekten und den Arbeitsgestalter.
Der Architekt, auch der Industriearchitekt, ist bauwerksorientiert mit künstlerischen Fähigkeiten. Der Arbeitsgestalter ist auf ergonomische Gestaltungen ausgerichtet. Die gestalterische Projektierung wird noch nicht ganzheitlich durch eine Fachkraft realisiert, was verschiedentlich auch für die konstruktive Projektierung zutrifft. Aus diesem Grund sind Tätigkeitsorganisationsmodelle der Fabrikprojektierung, etwa nach Abb. 4.6, und eine Projektorganisation notwendig. Ein Projektant, der Fabriken projektieren oder durch Projektierung rationalisieren will, muss die Technologische Projektierung einschließlich der Systematik der Produktion und der Fabrik beherrschen und ausreichende Kenntnisse der konstruktiven und gestalterischen Projektierung besitzen. Eine Fabrik mit ihren Systemen nur aus der konstruktiven oder besonders der gestalterischen Sicht projektieren zu wollen, kann nicht zum Erfolg oder nicht zu einer leistungsfähigen Fabrik führen. In einem solchen Fall kommt der Auftraggeber in eine dauerhaft schwierige wirtschaftliche Lage, was unbedingt vermieden werden muss.
96
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.6 Tätigkeitsorganisationsmodell der ganzheitlichen Fabrikprojektierung
4.2.2
Projektierungsteilgebiete
Jedes Projektierungsgebiet nach Abb. 4.5 enthält Teilgebiete als eine Projektierungsstufung nach Abb. 4.7 und Elementarisierungen der Tätigkeiten. Die Teilgebiete führen weitgehend zu den Inhalten der Projektsynthese.
Abb. 4.7 Teilgebiete eines Projektierungsgebietes mit Hauptinhalten (Auswahl)
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
97
Funktionelle Projektierung Hauptinhalt der funktionalen oder funktionellen Projektierung ist das Erarbeiten von Funktionen und Prozessen. Funktionen sind aus den Aufgabenmerkmalen abzuleiten und in Prozesse zu überführen. Dadurch wird der funktionelle Aufwand des Systems bestimmt, Abb. 4.7. Dieses Projektierungsteilgebiet wird auch Funktionsbestimmung genannt. Dimensionelle Projektierung Durch die dimensionelle Projektierung werden die • Größe • Art und • Menge (Anzahl) von zu projektierenden Sachobjekten bestimmt, ermittelt und berechnet. Zu projektierende Sachobjekte sind Funktionen, Systemelemente, Flächen, Arbeitskräfte usw. Der häufig gebrauchte Begriff Dimensionierung entspricht der dimensionellen Projektierung. Dimensionierungsarten sind: • die funktionsgerechte Dimensionierung, • die beanspruchungsgerechte Dimensionierung, • die betreibungsgerechte Dimensionierung. Die funktionsgerechte Dimensionierung beinhaltet die Übertragung von Funktionen in die Größe, Art und Menge des technischen Systemelements (↑ Betriebsmitteldimensionierung), oder des Raumes (↑ Arbeitsraum). Mit der beanspruchungsgerechten Dimensionierung sind die Begriffe Auslegung und Bemessung verbunden, die auf statische und betriebsfestigkeitsorientierte Berechnungen, häufig mit Lastannahmen, hinweisen. Die betreibungsgerechte Dimensionierung berücksichtigt Verfügbarkeits-, Zuverlässigkeits- und Redundanzmodelle sowie Gleichheitsabstimmungen, Abb. 4.7. Strukturelle Projektierung Strukturelle oder strukturierende Projektierung beinhaltet die • Merkmalsstrukturierung von Projektierungs-, Fabrik- oder Produktionsprogrammen bzw. -aufgaben, • Prozessstrukturierung und die • Systemstrukturierung, wobei insbesondere Aufgaben zur Sachobjektanordnung und zu den Relationen gelöst werden müssen, Kapitel 5. Technik-, Raum- und Zeitbeziehungen sind in ihrer Komplexität, Abb. 3.16, einer Lösung zuzuführen. Ausgewählte Hauptaufgaben enthält Abb. 4.7. Mit den Teilgebieten der Projektierung und den Projektierungsgebieten wird die umfangreiche Komplexität der Fabriksystemprojektierung und der Fabrikprojektierung sichtbar. Deshalb erfolgt die ganzheitliche Fabrikprojektierung sinnvollerweise über die Fabriksystemprojektierung, die für die ganzheitliche Fabrik dann
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4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.8 Fabrikprojektierung mit ihren bestimmenden Teilgebieten (vereinfacht)
wie Systemelemente betrachtet werden, was zu einer deutlichen Vereinfachung, Abb. 4.8, und zu zyklischen Verbindungsrelationen der Projektierung führt.
4.2.3
Tätigkeitsgebiete der Projektierung
Die Projektierung setzt eine Aufgabenstellung voraus, die einen eindeutigen Bezug zum zu projektierenden Objekt mit den Zielstellungen haben muss, um zu erkennen, was projektiert werden soll. Mit der Aufgabenstellung liegen die ersten Informationen für die Projektierung vor, die dann weiter bis zur Vollständigkeit vom Projektanten zu ergänzen sind. Diese so genannten Eingangsinformationen müssen in • system- oder objektbezogene Informationen (Projektierungsgegenstand), • legalitätsbezogene Informationen (Projektierungsrestriktionen durch Gesetze usw.) und in • projektierungsbezogene Informationen (Projektierungsmethoden) gruppiert werden. Die beiden zuerst genannten Informationsgruppen enthalten die Vorgabeinformationen. Der zugehörige Aufgabenkomplex gehört zur Vorbereitung der Projektierung. Die Projektierung enthält weiterhin die Komponenten • Projektierungsvorbereitung, • Projektierungsdurchführung und • Projektierungsnachbereitung als allgemeine Projektierungsgrundstufen, Abb. 4.9. Jede dieser Projektierungsgrundstufen berücksichtigt die sachbezogenen Tätigkeitsgebiete • Analyse (Projekt-Analyse = Aufgaben-, Prozess-, Systemanalyse) • Synthese (Projekt-Synthese = Aufgaben-, Prozess-, Systemsynthese)
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
99
• Ausführung (Projekt-Ausführung = Systemausführung, Prozessausführung im System, definierte Aufgabe des zu betreibenden Systems) nach Abb. 4.11 als sachorientierte Projektierungsgrundstufen. Durch die Kombination von allgemeinen Projektierungsgrundstufen und sachorientierten Projektierungsstufen entsteht eine koordinierende Projektierung, die die Grundlage für die systematische Projektierung, Projektierungsalgorithmierung und für die Fehlervermeidung bildet, Abb. 4.9. Das Tätigkeitsfeld der Projektierung wird umrissen und muss durch die sachbezogenen Inhalte projektabhängig ergänzt werden. Es entstehen die methodischen Projektierungsstufen.
Abb. 4.9 Tätigkeitsgebiete als allgemeine Projektierungsgrundstufen
Vorbereitende Tätigkeiten der Projektierung Die vorbereitenden Projektierungstätigkeiten beginnen mit den wichtigen Auftraggebergesprächen, enthalten Zielfestlegungen und Informationsermittlungen und enden im Regelfall mit der eindeutigen Aufgabenstellung und vollständigen Informationsermittlung. Durch die zyklische Projektierung gibt es sehr oft keinen festen Beendigungszeitpunkt, sondern gleitende Übergänge zur Projektierungsdurchführung, Abb. 4.9. Durchführende Tätigkeiten der Projektierung Die Kerntätigkeiten der Projektierung liegen in ihrer Durchführung zur Erarbeitung von Projektlösungen. Alle Projektierungstätigkeiten beginnen mit der Projektanalyse und enden jeweils mit der Projektausführung. Dazwischen liegt die Projektsynthese als das kreative Tätigkeitsgebiet der Lösungssuche, Lösungsfindung und Lösungsfixierung, Abb. 4.9.
100
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Die Tätigkeitskomplexe der Projektierung sind relativ breit gefächert, für jeden zu projektierenden Sachverhalt unterschiedlich stark ausgeprägt und verschieden inhaltsreich. Eine Auswahl von Tätigkeitskomplexen enthält Abb. 4.10. Beachtenswert sind die Wiederholungen durch die mehrfach auftretenden Projektierungszyklen einer Projektierungsstufe, Abb. 4.8. Der Projektierungsbezug nach Abb. 4.10 wurde erstmals von ROCKSTROH (1977) hergestellt und kann für jede Projektierungsstufe detailliert werden. Sie sind Gegenstand der weiteren Projektierungsbetrachtungen.
Abb. 4.10 Projektierungstätigkeitskomplexe
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
101
Nachbereitende Tätigkeiten der Projektierung Die im Rahmen der Projektierungsdurchführung erarbeiteten Lösungen, speziell die Projektlösungen, müssen im Rahmen der Projektierungsnachbereitung verständlich und anwendungsgerecht und in geschlossener Form formuliert, dargestellt, verteidigt und notfalls geändert oder weiterbearbeitet werden, Abb. 4.9. Hierzu gehören auch Aufgaben, die leider häufig keine Beachtung erfahren. Solche Aufgaben sind das • Sammeln, Ordnen und Dokumentieren der gewonnenen Erkenntnisse, • Aufbereiten von Teilprojekten zu Wiederverwendungsprojekten und das • Anlegen und Vervollständigen eines Projektierungs-Wissensspeichers. Die Projektierung beinhaltet auch die in der Abb. 4.11 aufgeführten projektbezogenen Tätigkeitsgebiete, um eine systematisierende und methodische Basisvorgehensweise zu erreichen. Basisvorgehensweise bedeutet die verallgemeinerte Anwendung der Tätigkeitsgebiete für alle Projektvorhaben.
Abb. 4.11 Aufgaben der projektbezogenen Projektierungsstufung
Analyse Mit der Analyse wird eine fehlerfreie und gesicherte Informationsbasis für die Projektierung angestrebt, Abb. 4.12. Sie ist deshalb nicht einmalig zum Projektierungsbeginn, sondern laufend und mindestens einmal je Projektierungsstufe oder -vorgang durchzuführen. Der Analyseumfang hängt dabei vom Projektierungsfortschritt ab, das heißt, zu Beginn einer Projektierung ist die Analysetätigkeit am umfangreichsten.
102
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.12 Analyseverhältnisse. a Analysefolge und Analysegebiete. b Analyseausprägung (vereinfacht)
Zur Analyse gehören im Rahmen der Projektierung unterschiedliche Orientierungen • • • •
zum zu projektierenden Sachobjekt (Fluss-, Arbeits-, Fabriksystem, Gesamtfabrik), zum Umfeld des Sachobjektes (Standort, Anbindungen, …, Emissionen), zur Akzeleration des Wissens zum Sachobjekt oder zum Projektfortschritt.
Auch zum Methodenbereich, insbesondere zur Projektierungsmethodik sind Analysen notwendig und hilfreich. Handelt es sich um Projekte, wird der Begriff Projektanalyse übergreifend verwendet. Synthese Mit der Synthese ist bei der Projektierung von Systemen ein Entwerfen, Konfigurieren und „Zusammenfügen“ der Projektbestandteile als Projektierungsziel und -ergebnis verbunden. Das bedeutet zunächst, dass das Projekt in sachbezogene Bestandteile gegliedert werden muss, bevor es durch die Relationen über den Bestandteilen synthetisiert werden kann. Es liegt bei der Projektsynthese ein Systemcharakter der Projektierung vor, Gl. (4.1), der zum Kerninhalt der Projektierung führt. Projekt = [MPT ;RM ]
(4.1)
MPT sind die Projektbestandteile oder die Projektteile, Kapitel 5, und RM sind die Relationen über die Projektbestandteile. Die als übergreifend zu betrachtende Projektsynthese beinhaltet mindestens zwei Orientierungen: • die Projektierungssynthese und • die Projektsynthese des Systems. Die Projektierungssynthese gehört zum Methodenbereich und enthält den methodischen Zusammenhang von Projektierungsaktivität und Projektierungsrelation. Sie enthält die Lösungssuche und führt zur Projektierungsmethodik. Die Projektsynthe-
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
103
se selbst enthält die Elemente und Teilprojekte, die zum ganzheitlichen Projekt über die Teilprojektrelationen führt. Beide Orientierungen sind eng mit der Integration verbunden, die noch unterschiedlich gesehen wird, womit häufig divergierende Betrachtungen zur Synthese im Rahmen der Projektierung verbunden sind. Deshalb werden in den folgenden Abschnitten, beginnend mit der Abb. 4.13 sowie Gl. (4.2), klärende Aussagen vorgenommen.
Abb. 4.13 Hauptinhalte der Projektierungssynthese
Projektierung = [MP ;RP ]
(4.2)
MP sind die Aktivitäten der Projektierung, über denen ganz bestimmte Projektierungsrelationen RP (Zusammenhänge) bestehen, die zum Projektierungsprozess führen. Ausführung Wie bei der Synthese ist auch bei der Ausführung eine unterschiedliche Betrachtung zur • Projektierungsausführung und zur • Projektausführung bzw. zur Ausführung des bis zu diesem Fortschritt projektierten Systems erforderlich. Die Projektierungsausführung beinhaltet eine methodik- und methodenorientierte oder auch eine projektierungs-organisatorische Gestaltung bis zur Projektierungsausführung, auf die in Kapitel 5 näher eingegangen wird. Die Projekt-Ausführung enthält den Systembezug und ist auf die Gestaltung des • Projektes in der Projektdokumentation, • Systems als endgültige Lösung für die Realisierung und der • Systemrealisierung ausgerichtet, Abb. 4.11.
104
4.2.4
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Komplexität und Stufung der Projektierung
Komplexität Die Komplexität der Projektierung ergibt sich aus der Kombination von • Projektierungsgebiet (technologische, konstruktive und gestalterische Projektierung), • Projektierungsstufung (Analyse, Synthese, Ausführungsgestaltung), • Projektierungsteilgebiet (funktionelle, dimensionelle und strukturelle Projektierung), • Projektierungstätigkeitsgebiet: a) vorbereitende, durchführende und nachbereitende Tätigkeiten b) analytische, synthetische und ausführende (ausführungsgestaltende) Tätigkeiten im Objekt- und Methodenbereich, sowie durch die Menge der zu projektierenden Systeme mit ihren Relationen eines Systemkomplexes, Kapitel 3. Eine solche Gesamtkomplexität ist bildlich im Einzelnen kaum darstellbar, obwohl sie als Ganzes bei der Projektierung berücksichtigt werden muss. Der Projektant geht deshalb von Vereinfachungen aus. Eine erste Vereinfachung wird durch die gebietsweise Darstellung, etwa nach Abb. 4.14, und eine zweite durch die Projektierungsstufung angestrebt, so dass der Grundsatz der Projektstufung (Projektieren in Stufen und Schritten) zur Wirkung kommt.
Abb. 4.14 Gebietsweise Darstellung der Projektierungskomplexität (stark vereinfacht)
Die umfangreiche Komplexität der Projektierung kann in eine praktikable Form gebracht werden, indem durch Integration der Teilgebiete und Haupttätigkeiten eine Komplexbildung angestrebt wird, und die Tätigkeiten den Inhalten der Projektierungskomplexe in einer praktischen Form zugeordnet werden. Das erhöht die Übersichtlichkeit und die Anwendungsbreite deutlich. Auch die Projektierung von Systemkomplexen wird durch die entstehende Projektierungszyklizität vereinfacht.
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
105
Projektierungszyklizität Die Grundmethodik der Projektierung beinhaltet die geordnete Vorgehensweise durch Algorithmierung der Projektierungsgebiete, um mit den für die Projektierungsgebiete zutreffenden Methoden Projektierungsergebnisse systematisch erreichen zu können. Unter Berücksichtigung des Stufengrundsatzes (Stufen, Schritte, Tätigkeiten) entstehen Mehrfachzyklen und die zyklische Projektierung. Abbildung 4.15 enthält ein methodikgestuftes und vereinfachtes Projektierungsmodell.
Abb. 4.15 Projektierungsstufen der zyklischen Projektierung
Das gestufte zyklische Methodikmodell der Fabrikprojektierung lässt für die praktische Anwendung folgende Schlussfolgerungen zu: 1. Das Methodikmodell weist auf eine hohe Zyklizität der Projektierung hin. Die Zyklizität bildet die Grundlage für eine Projektierung mit Wiederholungsfolgen und kontrollierenden Abstimmungen, so dass objektiv ein Projektierungsprozess unter Beachtung einer Optimierung und Fehlervermeidung entsteht.
106
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
2. Die einzelnen Projektierungsgebiete können auch einzeln oder separat zur Anwendung gebracht werden, wenn die Aufgabenstellung so formuliert wurde. Es wird eine kooperative Projektierung durch unterschiedliche Projektierungseinrichtungen bis hin zu Projektierungsnetzwerken ermöglicht. 3. Jedes Projektierungsgebiet enthält die Komplexität von Analyse, Synthese und Ausführung und eine zielgerichtete Aufgabenstellung. Das Ergebnis eines Projektierungsgebietes kann Aufgabenstellungen für die anderen Projektierungsgebiete hervorbringen. Für die Erstprojektierung hat die Technologische Projektierung eine Dominanz auch für die konstruktive und gestalterische Projektierung. 4. Die Inhalte der Projektsynthese bedürfen einer Erweiterung durch Integration, Variation und Optimierung nach Abb. 4.16. Der Erweiterungskomplex ist auch auf die Projektanalyse und Projektausführung (-gestaltung) übertragbar. Er ist ein fester Projektierungskomplex für jede Projektierungsaktivität oder jede Projektierungsstufe.
Abb. 4.16 Projektsynthese
5. Die objektiv notwendige Projektierungsgleichzeitigkeit, die besonders bei der Projektierung von Systemkomplexen durch die Vielzahl der Flusssysteme in Erscheinung tritt, wird gewährleistet. Jedoch kann das Methodikmodell nicht die Reihenfolge des Projektierungsbeginns festlegen. Im Regelfall ist mit den Wirksystemen als Bezugssysteme für die technologischen ↑ Arbeitssysteme und den dominanten Produktflusssystemen zu beginnen. Die Reihenfolge der weiterhin benötigten Systeme ergibt sich aus der Systemverflechtung und -vollständigkeit. 6. Das in der Abb. 4.15 dargestellte Methodikmodell ist ein Grundmodell oder der „rote Faden“ der Projektierung. Es ist durch die Projektierungsaktivitäten bzw.
4.2 Projektierungsgebiete und Projektierungstätigkeiten
107
Abb. 4.17 Tätigkeitsgebiete mit der Integration von Entscheidungen
-tätigkeiten nicht weiter einengbar, sondern nur noch erweiterbar. Das ist auch systembezogen möglich, wobei eine wichtige Erweiterung durch die Einbeziehung von Entscheidungen erfolgen muss, wie das Beispiel in der Abb. 4.17 verdeutlicht. Projektierungsstufung Projektierungsstufen dienen der Vereinfachung der Gesamtprojektierung durch zusammengefasste Projektierungsschritte und Projektierungstätigkeiten als Projektierungsaktivitäten. Dadurch sind Projektierungsstufen nicht eindeutig, auch, weil häufig noch zusätzlich von Projektierungsphasen gesprochen wird. Erläuternd mit dem Inhalt der Abb. 4.15 könnte eine folgende Regelung gelten: 1. Projektierungsgebiet: Kennzeichnendes Sachgebiet der Projektierung • Technologische, konstruktive und gestalterische Projektierung jeweils in Kombination mit der • Elemente-, Teilsystem-, System- und Systemkomplexprojektierung, • Arbeitssystem-, Flusssystem-, Fabriksystem-, Fabrikstätten- und Gesamtfabrikprojektierung. Projektierungsfeld: Aufgabengesamtheit eines Projektierungsgebietes oder eines Teils davon. 2. Projektierungsphase: Komplexgebiet mit Kennzeichnung des Fortschrittstandes der Projektierung • • • •
Vorprojektierung (studienhafte Konzeptions- und Vorentwurfsprojektierung), Entwurfsprojektierung, Ausführungsprojektierung, Operative Realisierungsprojektierung,
108
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
jeweils in Kombination mit der Projektierungsvorbereitung, -durchführung und -nachbereitung. Projektierungsstadium: Kennzeichnet den Projektierungsfortschritt durch die Projektentwicklungsstufen (Abb. 4.26) und durch die Projektierungsstufen (Abb. 4.38). 3. Projektierungsstufe (Abb. 4.38): Sprunghafte Veränderung der Projektierungsinhalte und der Methodenanwendung • Stufen der Projektanalyse (Ist-Zustandsermittlung, Ist-Zustandsbewertung, Projektkonzipierung, ↑ Projektierungsprogramm, Projektierungabasis), • Stufen der Projektsynthese (Funktionsbestimmung, Dimensionierung, Strukturierung), • Stufen der Projektausführungsgestaltung (Systemausführungsgestaltung, Systemrealisierungsgestaltung, Projektausführungsgestaltung, Projektdokumentation), • Vorgangs- und Vorgangsfolgestufung. Projekt- und Projektierungsfeinheitsstufen: Feinheitsstufen charakterisieren die Genauigkeit und die Aussagefähigkeit von Projekt und Projektierung. Übereinstimmend gebräuchlich sind • Grobideal-, Grobreal-, Fein-, Feinst- und Detailprojekt, • Grobideal-, Grobreal-, Fein-, Feinst- und Detailprojektierung. Projektierungsstufenkomplex: Projektanalyse, Projektsynthese, Projektausführungsgestaltung. 4. Projektierungsschritt (Abb. 4.45): Vorgangskomplex innerhalb einer Projektierungsstufe Beispiel: Dimensionierung Funktionsgerechte Dimensionierung, beanspruchungsgerechte Dimensionierung, betreibungsgerechte Dimensionierung. Projektierungsvorgangskomplex: Projektierungstätigkeit innerhalb eines Projektierungsschrittes. 5. Projektierungsvorgang: Projektierungseinzeltätigkeit 6. Projektierungsaktivität: Aktive Verwirklichung (Durchführung) einer Tätigkeit, eines Vorganges, eines Schrittes, einer Entscheidung oder einer Stufe der Projektierung durch den Projektanten. Beispiel Berechnen der Arbeitsplatzfläche als Gesamtfläche des Arbeitssystems. Projekt- und Projektierungsbegriffe sollten weitgehend übereinstimmen (Beispiel: Entwurfsprojekt und Entwurfsprojektierung).
4.3 Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung
4.3
109
Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung
Jede praktische Projektierung beinhaltet eine Entwicklung und Planung. Um den hohen Ansprüchen einer investiven Fabrik gerecht zu werden, ist eine systematische und komplexe Vorgehensweise der Projektierung erforderlich. Dieser einfache Zusammenhang, der für den Objekt- und Methodenbereich zutreffend ist, hat in der Vergangenheit eine einseitige Orientierung auf die Fabrikplanung erfahren. Das ist objektiv betrachtet nicht möglich und wird international auch unterschiedlich gehandhabt. Eine Fabrik kann nicht alleine durch eine Planung entstehen, sondern nur durch den gesamten Entstehungsprozess von Entwicklung, Planung und Projektierung, Abb. 4.18 und Tabelle 4.1.
Abb. 4.18 Gebiete der Objektentstehung Tabelle 4.1 Kombinierte Tätigkeitsgebiete der Objekt- und Methodenentstehung
Dieser Zusammenhang soll in allgemeiner und spezieller Form mit dem Bezug zur Fabrik erläutert werden, wobei die Methodikorientierung im Abschnitt 4.4 und die Methodenorientierung im Abschnitt 4.5 Gegenstand der vertiefenden Betrachtung sind.
110
4.3.1
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Entwicklung
Entwicklung: Tätigkeitsgesamtheit des fortschrittsorientierten Vorausdenkens zur Schaffung neuer und zur Erhöhung vorhandener Zustandsniveaus von Objekten, Sachverhalten und Methoden. Das Entwickeln ist eine im Regelfall ingenieurtechnische und kreative Tätigkeit zur Erreichung eines neuen Zustandsniveaus. Die Entwicklung ist das zugehörige Tätigkeitsgebiet, wobei zwischen Neuentwicklung und Weiterentwicklung zu unterscheiden ist. Unter Ausschluss einer bewussten Negativentwicklung sind verschiedene Entwicklungsgrundfälle zu beachten, die zur Erreichung eines anzustrebenden Entwicklungszustandes möglich sind, Abb. 4.19.
Abb. 4.19 Entwicklungsgrundfälle
Entwicklungsgrundfall 1: Entwicklungsgrundfall 2:
Entwicklungsgrundfall 3:
Intuitiv-sporadische Entwicklung („Geistesblitz“) Progressiv-deterministische Entwicklung mit • kontinuierlich-steigender, • progressiv-steigender, • degressiv-steigender, • gestuft-steigender Niveauzunahme des Entwicklungsobjektes. Progressiv-stochastische Entwicklung
Relativ genau planbar ist der Grundfall 2, speziell der Grundfall 2.4 (Abb. 4.19). Der Grundfall 3 entspricht einer dauerhaften Suche nach neuen Lösungen. In der Fabrikentwicklungsphase und in der Fabrikprojektierung sind alle drei Grundfälle gängige Praxis. Mit der Entwicklung ist eine allgemeine Entwicklungsmethodik im Sinne einer Tätigkeitsstufung verbunden, die der Projektierungsmethodik sehr nahe kommt. Tabelle 4.2 enthält dazu eine Übersicht.
4.3 Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung
111
Tabelle 4.2 Entwicklungsstufen und Entwicklungsinhalte (i. A. VDI 2222)
Die Fabrikentwicklung beinhaltet mehrere Entwicklungsrichtungen: • die Fabrikgrundentwicklung durch Forschung und Entwicklung, • die Fabrikentwicklung durch die angewandte Fabrikprojektierungsmethodik, • die Fabrikfortschrittsentwicklung durch Projektierung (Rationalisierung). Das Projektieren von Fabriken muss Innovationen schaffen und wissenschaftliche Ergebnisse nach Maßgabe praktisch umsetzen.
4.3.2
Planung
Planung: Tätigkeitsgesamtheit des zielorientierten Vorausdenkens zur Ermittlung bedarfsgerechter Vorgaben von Soll-Zuständen und Zustandsfolgen als Vorbereitung und Aufgabenstellung zur Entwicklung, Lösungsfindung, Realisierung,
112
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Nutzung, Veränderung und Beendigung von materiellen Merkmalen, Objekten und Sachverhalten. Das Ergebnis der Planung ist ein Plan als Programm, Aufgabenstellung oder Vorgabedokument. Planen ist eine Tätigkeit zur Vorgabeermittlung, während Planung die Gesamtheit des Planens ist. Planungsgegenstand Gegenstand der Planung sind Merkmale, Objekte und Sachverhalte, die der Planung auch den Namen geben und durch Aktivitäten von einem Basiszustand (Ist-Zustand) in einen Vorgabezustand (Soll-Zustand) gebracht werden. Fabrikplanungsgebiete Fabrikplanungsgebiete ergeben sich aus den sachlichen Zusammenhängen der Fabrik, Abb. 4.20.
Abb. 4.20 Ausgewählte Planungsgebiete der Fabrik (ohne Verflechtungen)
Mit der Darstellung in der Abb. 4.20 wird verdeutlicht, dass die Fabrikplanung mehrere Planungsgebiete hat, die sich durch Merkmale, Objekte (Systeme) und Sachverhalte sowie durch Untergliederungen inhaltlich (funktionell) und durch ihre Vorgaben und Folgen in der Entwicklung, Realisierung, Nutzung und Beendigung deutlich unterscheiden. Ein Übertragen des Begriffs FABRIKPLANUNG nur auf den Bereich von der Fabrikentwicklung bis zur Fabrikrealisierung ist somit objektiv nicht möglich. Auch das Gleichsetzen von Fabrikprojektierung mit technischer oder technologischer Planung sowie Investitionsplanung muss ausgeschlossen werden. Hierzu enthält Abb. 4.21 den Zusammenhang von Fabrikplanung und Fabrikprojektierung.
4.3 Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung
113
Abb. 4.21 Aufgabengebiete und Zusammenhang von Fabrikplanung und Fabrikprojektierung (Planungsbeispiel i. A. AGGTELEKY)
114
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Planung und Fabrikprojektierung Die Fabrikprojektierung beinhaltet objektive Planungskomponenten, die im Rahmen der Projektierungsmethodik eine integrale, Abschnitt 4.4, und für die Projektierung selbst eine zustandsvorgebende und ablauforientierte Bedeutung haben, Abb. 4.21 und 4.22.
Abb. 4.22 Zusammenhang von Planung, Fabrikentstehung und Fabrikveränderung
Eine Planung wird einer Entstehung, Anpassung oder Veränderung vorangestellt, um deren Ziele, Aufgaben usw. zu definieren und vorzugeben. Ein Konstruieren oder Projektieren ist wegen der unterschiedlichen Methoden und Gesetzmäßigkeiten damit nicht gegeben, obwohl es um den gleichen Sachgegenstand geht. Das ist auch aus den unterschiedlichen Ablaufzyklen nicht ableitbar. Jedoch muss eine Initiative, ein auslösendes Moment zur Entstehung, zur Anpassung und Veränderung von Fabriken durch Planung in eine definierte Aufgabenstellung transformiert werden, womit der Kerninhalt der Planung, aber noch nicht die Tiefe des Eingriffs der Planung in den Entstehungs-, Anpassungs- und Veränderungsprozess deutlich wird. Als Schnittstelle gilt hier allgemein die Analyse des Sachgebietes (Entwicklung, Konstruktion, Projektierung), nicht die Planungsanalyse.
4.3 Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung
115
Die Sach- und Fachgebiete erfordern im Regelfall immer eine zyklische Vorgehensweise in Form einer • innerzyklischen Vorgehensweise innerhalb des Fachgebietes (Entwicklungs-, Konstruktions-, Projektierungszyklen), • zwischenzyklischen Vorgehensweise zwischen den Entstehungs-, Anpassungsund Veränderungsstufen (Zyklus 1 in Abb. 4.22), • außerzyklischen Vorgehensweise über alle Entstehungs-, Anpassungs- und Veränderungsstufen (Zyklus 2 in Abb. 4.22). Eine Planungsintegration kann im Zyklus 1 und muss im Zyklus 2 vorliegen. Diese Zyklen sind für die Entstehung, Anpassung und Veränderung von Fabriken erforderlich. Für die Fabrikbetriebsplanung (Fabrikbetreibungs-, Fabrikerhaltungs-, Fabriklenkungsplanung), die Fabrikgeschäftsplanung und die ökonomische Fabrikplanung können andere Zyklen vorliegen, da hier häufig zeitraumabhängige Planungen für vorhandene Systeme und andere Bezüge (Betriebsplanung, Unternehmensplanung) notwendig sind.
4.3.3
Planungsmodelle zur Fabrikentstehung
Die mit der Fabrikprojektierung korrelierende Fabrikentwicklungsplanung ist eine technologisch-orientierte Planung mit ökonomischen Inhalten zur Entstehung, Anpassung, Verwendung und Verwertung von Fabriken, Abb. 4.21. Sie kann, unabhängig von einer internen oder externen Durchführung, inhaltlich der technologischen Produktionsvorbereitung zugerechnet werden. Zur technologieorientierten Fabrikplanung gibt es gegenwärtig mehrere unterschiedliche Planungsmodelle ohne einen expliziten Projektierungsbezug. 1. Fabrikplanungsstufenmodell von KETTNER (1984) Das Fabrikplanungsstufenmodell geht vom Stufengrundsatz (↑ Projektierungsgrundsatz) aus und beinhaltet 6 Planungsstufen, Abb. 4.23, die in überlagerter und rückführender Form als gleitende Gesamtplanung über die Planungszeit betrachtet werden, unabhängig davon, ob es sich um eine Neuentstehung, Anpassung, Verwendung oder Verwertung der Fabrik handelt. 2. Planungsleistungsstufenmodell nach HOAI (1990) Die insbesondere für Architekten, Bauingenieure und Ingenieure der technischen Gebäudeausrüstung noch zutreffende Honorarordnung wird als Orientierung auch für die Planung – und Projektierung – von Fabriken herangezogen, Abb. 4.24, obwohl die technologische Seite der Fabrik und ihre Planung und Projektierung nicht explizit integriert oder ausgewiesen ist. Die Leistungsphasen für die Leistungsgebiete werden definitiv in der HOAI beschrieben. Die Honorarzonen HZ IV und HZ V entsprechen der Fabrikentstehung. Projektierungsrelevante Begriffe in der HOAI sind: Entwurf; Vorentwurf; Planungsvorgabe; Funktionsprogramm.
116
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.23 Planungsstufen von KETTNER (1984)
Abb. 4.24 Planungsleistungsstufen nach HOAI (Leistungsangaben in %)
4.3 Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung
117
3. Planungsphasen und Planungsstufenmodell von SCHENK u. WIRTH (2004) Mit dem Modell erfolgt erstmals eine fabrikplanerische Betrachtung über den Lebenszyklus von Fabriken, von der Entwicklung bis zur Beendigung. Die Planung des Fabrikbetriebes ist integraler Bestandteil, und auch die innere und äußere Zyklizität der Planung finden Beachtung. Die Projektierung wird dort als Haupt- und Detailplanung aufgeführt, Abb. 4.25.
Abb. 4.25 Planungsphasen und -stufen der Produktions- und Fabriksystemlebensgestaltung von SCHENK u. WIRTH (2004)
4. Projektorientiertes Fabrikentstehungsmodell Das Modell beschreibt die Vorgehensweise für größere Investitionsvorhaben und integriert deshalb wichtige Entscheidungen über die Projektqualität und die Fortführung. Es schließt die Fabrikentstehungsphasen als Grundstufen bis zur Fabrikbereitschaft ein, Abb. 4.26 und 4.27. Wegen der großen praktischen Bedeutung enthält Abb. 4.26 wichtige Aufgabenfelder der • Fabrikplanung mit der Fabrikentwicklungsplanung (Vorleistungen und Aufgabenstellung) und der Fabrikaufbauplanung sowie der • Fabrikprojektierung, die auf die einzelnen Fabriksysteme oder Fabrikteile übertragbar sind. Das 10-Stufen- und 3-Phasenmodell ist eine Ableitung aus praktischen Projekten für Fabrikneubauten und -komplettrekonstruktionen, bei denen das bauorientierte HOAI-Modell nach Abb. 4.24 in Parallelität für die baulichen Sachbereiche Berücksichtigung findet. Für Anpassungsprojektierungen ist das Modell nach Abb. 4.26 in den Teilgebieten zu reduzieren.
118
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.26 Stufen und Phasen der Projektentwicklung (10-Stufen- und 3-Phasen-Grundmodell der Projektentwicklung von Fabriken)
4.3 Zusammenhang von Entwicklung, Planung und Projektierung
119
--- Planungs- und ProAbb. 4.27 Vernetzte Stufen der Planung und Projektierung von Fabriken ({ jektierungsstufe)
120
4.4
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung
Jedes Projektvorhaben und Teilprojekt sowie jede Projektphase und Projektstufe erfordern Vorbereitungs-, Durchführungs- und Nachbereitungsarbeiten, um ein in allen Belangen ansprechendes Projektergebnis zu erzielen. Während sich die Nachbereitungsarbeiten auf Erfüllungen, Soll-Ist-Vergleiche und Abrechnungen zur Projektlösung konzentrieren und damit keinen Einfluss mehr auf die Projektqualität nehmen, besteht häufig eine Schwachstelle der Projektarbeit in den Projektvorleistungen. Das Übertragen der durch die Schwachstelle entstehenden Mehraufwendungen in die Projektdurchführung ist ein systematischer Fehler. Die Gründe liegen in • der vermeintlich Kosten sparenden Ansicht der Auftraggeber (hier an falscher Stelle), • dem gewollten schnellen Einstieg des Projektanten (Beschäftigungssicherung) in die Projektdurchführung. Projektarbeit bedeutet Objekt- und Tätigkeitsorientierung mit einer qualitativ hochwertigen und kreativen Arbeitsweise des Projektanten.
4.4.1
Projektvorleistungen
Unter Projektvorleistungen sind alle Tätigkeiten zu verstehen, die der umfassenden Erkenntnisgewinnung – von der Informationsermittlung über die Entscheidungsfindung bis zur definierbaren Erst-Aufgabenstellung und Projektkonzipierung – zum Projektvorhaben dienen, Abb. 4.28 bis 4.30.
Abb. 4.28 Zusammenhang und Inhalt der Projektvorleistungen
4.4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung
121
Projektstudie Projekten mit mittleren bis höheren Investitionsaufwendungen wird zur Vermeidung von Fehlentscheidungen und wirtschaftlichen Verlusten eine Projektstudie vorangestellt, die ein Projekt mit Studiencharakter und Erstaussagen darstellt. Wegen des Zeitrahmens sind die Erstaussagen nur grob und lediglich für ausgewählte Details in feiner Form möglich. Mit der Projektstudie bekommt das Projekt einen „ersten Rahmen“ mit einer realen Fassbarkeit durch eine Projektkonzeption. Von Wichtigkeit und Bedeutung sind Aussagen • • • • • •
zur Wirtschaftlichkeit und zum nur sehr grob schätzbaren Investitionsaufwand, zu den Wirkungen der Aufgaben nach Abb. 4.29, zur konstruktiven und technologischen Informationsbasis, zu Entscheidungsempfehlungen (Abbruch, Präzisierung, Weiterführung), zur Projektkonzeption mit Projektablaufplanung und Aufgabenzuordnung, zum Projektanten und zu den Rahmenbedingungen.
In die Aufgabenerfüllung der Projektstudie muss der Auftraggeber wegen seiner Kenntnisse zum Sachverhalt umfangreich einbezogen werden, Abb. 4.30. Kann die Projektstudie keine oder nur ungenaue Aussagen zur Wirtschaftlichkeit, zum Investitionsaufwand und Standort oder zur Projektkonzeption liefern,
Abb. 4.29 Übersicht über die Aufgabeninhalte der Projektvorleistungen
122
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.30 Einbeziehung des Auftraggebers (AG) in die Projektstudie und die Projektvorleistungen
muss eine vertiefende, präzisierende Projektstudie oder eine Vorprojektierung eingeleitet oder der Projektant gewechselt werden. Entscheidungsfindung Entscheidungen sind vor-, während und nach jeder Projektierung erforderlich. Mit den Projektphasen und so auch für die Projektvorleistungen sind der • Vorentscheid und der • Grundsatzentscheid von großer Bedeutung, Abb. 4.17. Dabei steht die Entscheidung über Projektabbruch oder Projektweiterführung im Vordergrund der Projektbetrachtung. Abbruch ist einer Projektbeendigung gleichzusetzen. Weiterführung ermöglicht eine Projektfortführung mit Auflagen zur Präzisierung oder zur Erarbeitung einer präzisierten Aufgabenstellung für die weiteren Projektphasen bzw. Projektstufen. Aus ökonomischen Erwägungen sind Abbruchentscheidungen so früh wie möglich zu treffen.
4.4.2
Projektierungsvorleistungen
Projektierungsvorleistung bedeutet eine Vorbereitung zur rationellen Durchführung von Projektierungstätigkeiten ohne Unterbrechungen infolge fehlender Daten oder Informationen. Projektierungsvorleistungen entstehen durch
4.4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung
123
• vorausgegangene und durch • Vorbereitung der nachfolgenden Projektierungstätigkeiten, -phasen, -stufen oder -schritte, Abb. 4.31. Sie enthalten Aufbereitungstätigkeiten, Daten- oder Informationsverdichtungen, Erkenntnisgewinnung, Planvorgaben u. ä. Es wird der Arbeitsstil des Projektanten erkennbar.
Abb. 4.31 Wirkung der Projektierungsvorleistungen
Die Projektierungsvorleistungen unterscheiden sich für die Projektstufen und Projektierungsstufen in Inhalt und Umfang, enthalten im Regelfall eine Analyse und können nicht in allgemeiner Form aufgeführt werden. Sie reichen von der einfachen Berechnungsvorbereitung über umfangreiche Informationsermittlungen bis hin zu Experimenten. Sie sind in etwa einer Arbeitsvorbereitung gleichzusetzen. Ein Verzicht führt zu einer chaotischen Projektierung mit Mehraufwendungen. Am günstigsten ist der Einsatz der erfahrensten Projektanten.
4.4.3
Projektaufgabenstellung
Aufgabenstellungen durchlaufen das gesamte Projekt und sind jedem Projektierungsvorgang vorgeschaltet, ohne dass eine solche Aufgabenstellung immer definitiv formuliert wird. Zu Beginn der Projektarbeit und insbesondere nach der Projektvorleistung bzw. der Projektstudie ist eine erste Projektaufgabenstellung zu formulieren, die spätestens nach der Vorprojektierung zu präzisieren ist. Deshalb wird eine Unterscheidung in Aufgabenstellung und präzisierte Aufgabenstellung gemacht, was auch so formuliert werden sollte. Die Aufgabenstellung ist wie ein Aufgabenprojekt zu betrachten, in der mindestens folgende Inhalte Berücksichtigung finden müssen: • Aussagen zum Fabrikprogramm, insbesondere zum Produktionsprogramm und zu Kooperationen, • Aussagen zum Fabrikniveau durch Zielformulierungen zur Technologie, zum Technikniveau (Automation, Integration, Aufwand, Verbrauch, …),
124
• • • •
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Fabrikkonzeption in Varianten und mit Aufgabeninhalten, Standortaufgaben (Standortsuche, örtliche Aufnahme, Standortuntersuchungen), Ökologieziele, soziale Ziele, Bildungsziele (Ausbildung, Einarbeitung), Verantwortungsaufgaben und -zuordnungen (Auftraggeber ↔ Auftragnehmer).
Die Projektaufgabenstellung ist adäquat zum Pflichtenheft und sollte relativ akribisch erarbeitet werden. Sie ist Gegenstand der Ausschreibungs- und Vertragsgestaltung zur Projektierung.
4.4.4
Projektgliederung
Eine Projektgliederung in Teilprojekte ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll und notwendig, Abb. 4.32. Besondere Gründe sind: • Projektgröße und Projektbedeutung, • Projektierungsübersichtlichkeit und -rationalität, • Wünsche, Fachlichkeit und Aufgabenstellung sowie Abrechnung.
Abb. 4.32 Projektgliederung mit Projektierungsgebieten (Beispiel)
Beachtenswert sind auch folgende Grundregeln: Grundregel 1: Grundregel 2: Grundregel 3:
Gliederung nach der Dominanz für die Fabrik, Gliederung nach Systemgruppen und der Flussdominanz, Gliederung nach Querschnitts-, Verflechtungs- und Vereinheitlichungsaufgaben.
Das Projektgliederungsmodell nach Abb. 4.32 ermöglicht eine Detaillierung des Gesamtprojektes in Teilprojekte und eine koordinierende Arbeitsweise mit der Klärung
4.4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung
125
von Grundsatzfragen in den Teilprojekten Fabrikprogramm, Kooperationen, Technologie und Querschnittsaufgaben. Hierbei sollte der Auftraggeber mitwirken.
4.4.5
Projektplanungsstufung
Durch den Technologiebezug der Produktion stehen die Fabrikprojektierung und die Fabrikplanung in einer bestimmten fachlichen Korrelation, Abb. 4.27. Diese Korrelation bedarf einer Koordinierung durch eine Projektsteuerung. Aufgaben der Projektplanung Entsprechend dem Inhalt der Planung muss die projektorientierte Fabrikplanung ganz bestimmte planungscharakteristische Aufgaben lösen, die zu phasenorientierten und gestuften Planungsgebieten bzw. Fabrikplanungsgebieten mit festumrissenen Aufgabeninhalten führen. Für die Entstehung, Anpassung und Rekonstruktion von Fabriken sind sechs Fabrikplanungsgebiete definierbar und objektiv notwendig, Abb. 4.33, die auf die Projekt- und Projektierungsstufung auszurichten sind.
Abb. 4.33 Gestufte Planungsgebiete der projektorientierten Fabrikplanung
126
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Projektentwicklungsplanung Die Projektentwicklungsplanung enthält alle planbaren und zu planenden Aufgaben eines Projektes, Abb. 4.26 und 4.27 sowie Abschnitt 4.4, die das Projekt in seiner Gesamtentwicklung beeinflussen. Das Ergebnis der Projektentwicklungsplanung ist eine Projektaufgabenstellung mit den Zielstellungen, Verläufen und Zusammenhängen des Projektes und der Projektierung, Abschnitte 4.4.1 und 4.4.3. Projektvorplanung Eine Projektvorplanung ergibt sich aus dem Investitionsumfang des Projektes und durch Voranfragen bei Behörden und Ausrüstungslieferern. Durch die Gliederung des Projektes in Teilprojekte entsteht eine Vielfalt von Planungsaufgaben für die einzelnen Teilprojekte. Einen Aufgabenschwerpunkt stellt die Projektaufwands- und -wirtschaftlichkeitsrechnung in grober (geschätzter) Form dar. Das zukünftige Fabrikprogramm ist zu definieren. Weitere Aufgaben sind in BRANKAMP (1999) und SCHENK/WIRTH (2004) enthalten. Ergebnisse der Projektvorplanung sind: • • • •
Projektkonzeptionsplan, Projektgliederungsplan, Fabrikprogrammplan, grobe Systemlösungsziele, grobe Gesamtlösungsziele, Investitionskostenschätzung, Wirtschaftlichkeitsnachweis, Finanzierungsplan, Vorentscheid über die Projektweiterführung oder -beendigung (Machbarkeitsnachweis), • Fabrikkonzeptionsplan (Absatzplan, Marketingplan, Unternehmenskonzeption), • Projektaufgabenpläne (Teilprojekte). Genehmigungsplanung Zusammenstellung, Einreichung und Verfolgung der Projektunterlagen für die behördliche Genehmigung und u. U. für die wirtschaftliche Genehmigung durch übergeordnete Unternehmenshierarchien oder Fördermittelvergabeinstitute (Wirtschaftsfördergesellschaften) unter Verwendung von Projektierungsergebnissen ist der Gegenstand der Genehmigungsplanung (↑ Genehmigungsverfahren).
Realisierungsplanung Grundlage der Realisierungsplanung sind ein Ausführungsprojekt und Ausführungsgenehmigungen. Zur Realisierungsplanung gehören: • Ausschreibungen:
• • • • •
• Fabrikausrüstungen (Lieferung und Leistung), • Ausführungsleistungen (Bauleistungen, Dienstleistungen), • Personaleinstellungen. Angebotsbewertung und Anbieterauswahl (in Abstimmung mit Projektant und Projektsteuerung), Realisierungsfolge- und Inbetriebnahmeplan (Ablauffolge mit Kontrolle, Terminen, Kosten), Projektleitungs- und -überwachungsplan (Objektleitung), Abnahme- und Übergabeplan; Notfall- und Havarieplan, Vertragsprüfungsplan (in Abstimmung mit Projektsteuerung).
4.4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung
127
Anlaufplanung Die Anlaufplanung kann parallel oder versetzt zur Realisierungsplanung erfolgen. Wesentliche Ergebnisse sind: • • • •
Erprobungspläne und Leistungsnachweispläne (Dauerbetriebnachweis), Serienanlaufplan, Abb. 4.34, und Probebetriebinhaltsplan (Einlaufplan), Tätigkeitspläne (Stellenpläne), Qualifizierungs- und Einarbeitungspläne, Qualitätssicherungspläne (Qualitätsmanagementsystem nach DIN ISO EN 9000 ff) • Fabrikbetriebspläne (Produktionsplanungs- und -steuerungssystem PPS, …) • Organisationspläne (Instandhaltung, Strukturen, Anlagenwirtschaft, …)
Abb. 4.34 Anlaufverhältnisse (tR – Realisierungszeitpunkt; yP – projektierter Anlaufwert). a Anlauf: Einarbeitungszeit und Zeitsenkung. b Anlauf: Durchsatz- und Potentialsteigerung
Die Verhältnisse in der Abb. 4.34 verdeutlichen, dass der Projektant bis zum Ende der Anlaufzeit in der Projektverantwortung bleiben muss. Die hier erforderlichen Projektierungsaufgaben der operativen Projektierung müssen Gegenstand der Projektkalkulation sein. Systembetriebserstplanung Unter Beachtung der Fabrikanlaufzeit (etwa 1 bis 3 Jahre) und der Investitionsbeendigung sind Zusatzleistungen erforderlich, die geplant werden müssen, da es sonst zu erheblichen Nutzungsverlusten kommt. Unabhängig von der Ausführung (selbst, fremd) ist das Gesamtzusammenspiel der Fabrik zu planen, zu üben und zu professionalisieren. Es entstehen die ersten Anpassungsaufgaben bei Fabrikneuentstehungen (Grundfall M und N, Abb. 4.1).
4.4.6
Zusammenhang von Projektplanung, Projektierung und Projektsteuerung
Es ist nahe liegend, dass bei investiven Technologievorhaben, wie es die Fabrik darstellt, geordnete Verhältnisse zwischen den Beteiligten vorliegen müssen. Ein
128
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.35 Beeinflussungen beim Projektieren
Projekt benötigt für die Vorbereitung, Durchführung und Steuerung das abgestimmte Zusammenarbeiten von Planung, Projektierung und Kontrolle, Abb. 4.35. Im Vordergrund steht nicht die Fabrikprojektierung durch Fabrikplanung, sondern das Investitionsobjekt Fabrik, wie es Abb. 4.27 und 4.35 zeigen.
4.4.7
Projekt- und Projektierungsstufung
Die Ergebnisse der Projektierung werden Projekt, Projektdokumentation oder Projektlösung genannt. Durch die Durchführungsstufung der Projektierung ergeben sich mehrere Projektierungsstufen, die sich nach Aufgabe, Inhalt und Ergebnis unterscheiden. Auf diese Stufen sind die Projektplanungsstufen und die Projektsteuerungsstufen auszurichten, nicht umgekehrt. Die Entstehung, Anpassung und Rekonstruktion von Fabriken oder anderen investiven Objekten erfordern drei Projektierungsphasen und sechs gestufte Projektierungsgebiete, die auch als Projektstadien bezeichnet werden können, Abb. 4.36. Studienhafte Projektierung Dieses Projektierungsgebiet ist einer vorangestellten Projektierung gleichzusetzen, in der durch Studien (nicht Studium) ein Projektgefüge als Projektstudie entsteht, Abschnitt 4.4.1. Es wird das Projektierungsfeld insgesamt untersucht und es werden Projektlösungen zusammengetragen bzw. erarbeitet, die einen Bezug zum zu projektierenden Gegenstand haben. Projektstudien können zum Abbruch der Projektierung führen, wenn die Zweckmäßigkeit des Projektes nicht gegeben ist. Studienhafte Projektierungen sind immer notwendig und besonders für sehr frühe
4.4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung
129
Abb. 4.36 Gestufte Projektierungsgebiete und Projektierungsphasen
Projektierungszeitphasen (>5 bis 20 Jahre) geeignet. Sie können einmalig oder mehrmalig und von verschiedenen Projektanten durchgeführt werden. Vorprojektierung Mit der Vorprojektierung ist das Konzipieren bzw. das Vorentwerfen des Gesamtsystems (Fabrik mit Standort) und der Teilsysteme (Fabriksysteme) in noch relativ grober Weise verbunden. Sie erfordert viel Erfahrung und dient insbesondere folgenden Zwecken: • durchgängige, aber noch sehr grobe Gesamtprojektierung der Fabrik in idealer und teilweise realer Projektausführung, • Grundlage für die Erstermittlung des Investitionsaufwandes, des Flächen- und des Personalbedarfs, • Grundlage für den Vorentscheid zur Weiterführung des Gesamtprojektes, • Ableitung des Planungs-, Projektierungs- und Steuerungsgesamtaufwandes (Zeit, Investitionskosten, Projektierungskosten) und des oder der Projektanten, • Standortfixierung nach Lage, Ort und Größe, • Ausschreibung zur Auswahl des Projektanten.
130
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Vorprojektierungen können mehrfach und von verschiedenen Projektanten durchgeführt werden. Die studienhafte und die Vorprojektierung dienen als Vorlage für eine konzeptionelle Projektierung. Der Begriff Konzeptionsprojektierung steht für eine Konzipierung innerhalb einer Projektierungsphase oder -stufe und für eine gesonderte Projektierungsstufe, wenn nur konzipiert werden soll. Entwurfsprojektierung Die Entwurfsprojektierung ist in erster Instanz eine kreative Grobprojektierung, die verfeinert werden muss. Sie wird als Ideal- und Realprojektierung durchgeführt. Idealprojektierung bedeutet eine Projektierung ohne Begrenzungen durch Kosten, Räume, Aufwendungen, Restriktionen und sonstigen Einengungen. Realprojektierung ist eine Anpassungsprojektierung der Ideallösungen an die realen Verhältnisse. Wichtige Ergebnisse der Entwurfsprojektierung sind: • • • • • • • •
Definition der ↑ Projektierungsprogramme, Funktionsbestimmung, Dimensionierung und Strukturierung der Systeme, Lösungsfindung für jedes Fabriksystem und für die Fabrik insgesamt, Durchgängigkeit und Abstimmung der Lösungen mit den besonderen Schwerpunkten Integrieren, Variieren und Optimieren (Varianten), Abb. 4.16, analysierte, synthetisierte und gestaltete Systemgroblösungen, Lösungsbewertungen, Erfindungen, Neuerungen, Vorlagen (Genehmigungen), Konkretisierung der Investitionskosten, Ableitung des konstruktiven und gestalterischen Entwicklungsbedarfs sowie der weiteren Systemverfeinerung.
Die Entwurfsprojektierung setzt eine kreative Wirkung des Projektanten voraus. Fein- und Detailprojektierung Die Unterscheidung zwischen einer Grob- und Feinprojektierung liegt bei technologischen Projektteilen nur in der Möglichkeit der genauen Aussagen, z. B. durch Bemaßungen oder Elementarisierungen. Das bedeutet eine Projektierung auf der Basis der Systemelemente, was wiederum eine Trennung von Fein- und Detailprojektierung schwer möglich macht. Die Detailprojektierung konzentriert sich deshalb auf ausgewählte Systemdetails, beispielsweise • Bewegungsvorgänge, Kollisionsvermeidungen, • ergonomische Gestaltungen usw. Die Fein- und Detailprojektierung konzentriert sich auf das Zusammenwirken der kleinsten Elemente eines Systems (z. B. ↑ Arbeitssystem), die keine oder nur geringe Strukturveränderungen bewirken. Ausführungsprojektierung Eine Ausführungsprojektierung erfolgt auf der Basis von Angeboten. Dadurch wird die Realisierbarkeit der Fabrik in kürzester Zeit ermöglicht. Deutliche Unterschiede liegen hier bei technischen Ausrüstungen und den baulichen Fabriksystemen, da der bauliche Teil verschiedentlich noch den Ausrüstungsteil kostenseitig übersteigt. Die große Bedeutung der Ausführungsprojektierung liegt in drei Sachverhalten:
4.4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung
131
• Es erfolgt ein Projektieren („Durchprojektieren“) aller Projektteile unter dem Realisierungsaspekt. • Die Gesamtinvestitionskosten sind definitiv bekannt. • Es darf nichts vergessen worden sein (Kontrolle der Projektvollständigkeit). Operative Realisierungsprojektierung Diese Projektierung ist trotz einer sehr genauen vorhergehenden Projektierung erforderlich und sollte nicht vergessen werden. Die Ursachen liegen im Folgenden begründet: • • • • • •
keine Übereinstimmung von Angebot und Projektlösung, vergessene Detailprojektierung, Ungenauigkeit der Systemelemente, Änderungen nach der Ausführungsprojektierung, Berechnungsfehler und Fehlerfortpflanzung, Nachbestellungen und Ergänzungen.
Jedes Projekt zur Fabrik, mit Ausnahme der Projektstudie und des Korrekturprojektes, muss eine Ganzheitlichkeit entsprechend der Abb. 4.4, 4.5, 4.11 und 4.15 sowie eine geordnete Projektgliederung, Abb. 4.32, enthalten, gleich ob es grob, fein oder ausführungsreif ist. Ein Übertragen der Ergebnisse eines Projektes in das andere erfolgt aus Aufwandsgründen nicht, so dass die Gesamtprojektdokumentation aus einer großen Menge („viele Meter“) nach Phasen und Teilprojekten gegliederten Projekten besteht. Es wird ein gutes Ordnungssystem empfohlen!
4.4.8
Stufung der Steuerung von Projekten und Objekten
Ein Projekt wird immer gesteuert. In Anlehnung an die Projektplanungsstufen, Abb. 4.33, an die Projektierungsstufen, Abb. 4.36, sowie an Abb. 4.35 ist eine vergleichbare Projektstufung sinnvoll, Abb. 4.37. Zu unterscheiden sind dabei zwei Richtungen, • die Projektsteuerung und • die Objektsteuerung. Projektsteuerung Die Projektsteuerung konzentriert sich auf alle Belange der Projektbearbeitung durch die Projektplanung, Projektierung und projektbeeinflussenden Einrichtungen (Auftraggeber, Behörden, Fachorgane, Überwachungsorgane, …). Sie entspricht einer Projektablaufsteuerung und -kontrolle. Wesentliche Arbeitsinhalte sind: • Projekt- und Objektkostensteuerung und -kontrolle, einschließlich der Rechnungsprüfung und Gesamtabrechnung sowie der kostenwirksamen Sonder- und Nachforderungswunschkoordination, • Steuerung und Kontrolle des Projektfortschritts und der Fortschrittstermine, • Steuerung und Kontrolle der Projektqualität und der Genehmigungsprojekte, • Bewertung der Projektinhalte und der Projektniveaugleichheit,
132
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.37 Gestufte Projekt- und Objektsteuerungsgebiete
• • • • •
Steuerung der Projektschnittstellen und Projektdetailkontrollen, Legalitätskontrolle und Legalitätskonformität; Übereinstimmungsprüfung, Einschätzung der Projektgüte und des Projektteams durch Fehlersuche, Führen eines Projekttagebuches über den Projektverlauf (Protokollierung), Berichte an den Auftraggeber und Entscheidungsfindungen; Einschätzungen und Einordnung des Projektes zum Stand der Technik, • strategische und operative Projektkoordinierungsfunktionen. Eine eigenständige Projektsteuerung ist für Projekte ab mittlerer Größe sehr notwendig und effizient, da hier besonders auf die Investitionskosten des zu realisierenden Objektes eingewirkt wird. Der Projektsteuerer muss ein sehr erfahrener technologischer Projektant sein, da die fachliche Bearbeitungsfähigkeit im Vordergrund stehen muss. Objektsteuerung Fabriken gehören zur Investitionskategorie: Großprojekte. Großprojekte sind durch ihre Vielfalt, Komplexität, Kompliziertheit, Investitionsaufwand und Fehlerhäufigkeitsmöglichkeit zu charakterisieren. Das erfordert ein kontrollierendes, koordinierendes und überwachendes Organ, um die Effizienz und Realität des Investitionsvorhabens sicher zu stellen, da sonst im praktischen Regelfall die Ist-Investitionskosten um bis zu 20% (es gibt höhere Ausnahmen) die Plan-Investitionskosten übersteigen
4.4 Projektarbeit durch die Fabrikprojektierung
133
Tabelle 4.3 Aufgaben der Objektsteuerung
bzw. das Investitionsvorhaben nicht vollständig ausgeführt oder teilabgebrochen wird. Wichtige Aufgaben enthält Tabelle 4.3. Für die Projektverantwortlichkeit sind besonders technologische Projektanten (Gesamtprojekt) und Bauingenieure (Bauleistungen) in Gemeinschaft geeignet.
4.4.9
Projektorganisationsformen
Projekte werden initiiert, vorbereitet, geplant, projektiert, realisiert und beendet. Sie sind zeitraumbegrenzt, umfangsverschieden, inhaltlich sehr unterschiedlich und durch die Beteiligten in die Vorbereitung, Durchführung, Projektorganisation und
134
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
bis zum Projektergebnis individuell gestaltbar. Das macht eindeutige Zuordnungen zu bestimmten Projektorganisationsformen äußerst schwierig und kann auch durch Gesetze und Vorschriften (DIN 69 901) oder Vorschläge (BURKHARDT (1993); NEDEß (1997); EVERSHEIM u. SCHUH (1996) u. a.) vorher nicht ausreichend eindeutig geregelt werden, so dass der Projektant seine eigene Projektorganisationsform finden muss, Tabelle 4.4. Tabelle 4.4 Ausgewählte Projektorganisationsformen
Eine Grundentscheidung für eine bestimmte Projektorganisationsform wird auch von • der Dominanz der Planung, Projektierung oder der Projektsteuerung, • der Dauerhaftigkeit an der Projektarbeit oder von der • Strategie und Integration (des Auftraggebers) bestimmt.
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
4.5
135
Grundlagen der Projektierungsmethodik
Projektierungsmethodik: Gesamtheit der systematisierenden theoretischen und praktischen Grundlagen, Vorgangsfolgen, Methoden und Mittel, um Projektierungsaufgaben in Projektierungsergebnisse geordnet transformieren zu können. Ableitend aus den Zusammenhängen der Projektierung selbst, Abschnitt 4.2, der Wechselwirkung von Entwicklung, Planung und Projektierung, Abschnitt 4.3 und der Projektarbeit, Abschnitt 4.4, kann zunächst die Projektierungsfolge in einem Grundmodell dargestellt, Abb. 4.38, und die Projektierung vertiefend erläutert werden. Ausgangsgrundlage ist der Zusammenhang von Analyse, Synthese und Ausführungsgestaltung nach Abb. 4.11. Das Grundmodell geht von einer geplanten Aufgabenstellung aus und enthält • eine vorgeschaltete Projektierungsvorbereitungsstufe zur Herstellung der Projektierungsbasis, • 9-Grundstufen der Projektierungsfolge und • einen begleitenden Komplex der Projektierungsweise und der Projektierungsart, um ein Projekt im vollständigen Umfang oder in Teilen (Teilprojekte) in systematisierender Folge erarbeiten zu können. Die Analyse, Synthese und Ausführungsgestaltung sind Projektierungsstufenkomplexe. Das Grundmodell hat allgemeingültigen Charakter für alle Projektierungsaufgabenstellungen, entweder in ganzheitlicher, teilweiser oder detaillierter sowie nur in technologischer, konstruktiver oder gestalterischer Projektform.
4.5.1
Projektierungsbasis
Projektierungsbasis: Gesamtheit der vorgegebenen und zu erarbeitenden Informationen und Sachverhalte, auf die laufend Bezug genommen wird, um definierte Projektierungsergebnisse im Projektierungsprozess erarbeiten zu können. Die Projektierung erfordert eine vorangestellte Basis, auf die sich die folgenden Projektierungsstufen beziehen müssen. Wird diese Projektierungsbasis nicht vorgegeben, muss sie im Rahmen der Projektierung erarbeitet werden. Mit Ausnahme der Erst-Projektierungsaufgabenstellung ist das der Regelfall. Das geordnete und aufbereitete Ergebnis einer Projektierungsstufe schafft die Grundlage für die weiterführende Projektierung. Die Projektierungserst- oder -eingangsbasis sollte im Regelfall durch eine Fabrikentstehungsplanung vorgegeben werden. Das ist die Projektierungsaufgabenstellung mit einem Sachprogramm und Vorgaben. Programme Im jeweils konkreten Einzelfall erfolgt die Aufgabendefinition durch eine Produktionsplanung mit der Vorgabe eines Produktionsprogramms, das durch die Projektierung in ↑ Projektierungsprogramme und im Ergebnis der Projektierung zu einem
136
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.38 Stufen und Phasen der Projektierung (10-Stufen- und 3-Phasen-Grundmodell der Projektierungsfolge)
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
137
Abb. 4.39 Programmorientierte Projektierungsmethodik
Abb. 4.40 Zusammenhang von Programm und Aufgabe
Fabrikbetriebsprogramm (Produktionsprogramm für die Betreibung der Fabrik) in eine reale Form überführt wird, Abb. 4.39 und 4.40. Das Programm integriert dadurch im Wesentlichen die Aufgabe, wodurch Unterschiede in Programmen und Aufgaben entstehen. Zu unterscheiden sind folgende Programme:
138
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
• Produktprogramm, Produktionsprogramm, Fabrikprogramm, Fabriksystemprogramme als Programmarten, • ↑ Projektierungsprogramm und Fabrikbetreibungsprogramm, Abb. 4.39 • vorgegebenes, abgeleitetes und präzisiertes Programm, Abb. 4.40. Projektierungsprogramm Durch den Systembezug der Projektierung ist es nahe liegend, dass auch das ↑ Projektierungsprogramm als Projektierungsbasis eine Systemorientierung haben muss und dass das vorgegebene Produktionsprogramm nicht für alle Systeme der Fabrik das Projektierungsprogramm sein kann. Deshalb sind die Unterschiedlichkeiten nach Abb. 4.40 zu berücksichtigen. Vorgegebene Programme und Aufgaben entstehen durch eine Planung. Abgeleitete Programme und Aufgaben sind schon ein Ergebnis der Projektierung. Sie entstehen durch die Programmaufbereitung und durch Entscheidungen im Verlaufe der Projektierung. Präzisierte Programme und Aufgaben geben den letzten Stand der Anforderungen wider. Sie stellen die jeweils konkrete Projektierungsbasis dar. Projektkonzipierung Mit der Projektkonzipierung wird eine Projektgliederung mit Projektinhalten und Projektvorstellungen erarbeitet und eine Projektdifferenzierung bis hin zur Vergabe vorgenommen. Die daraus abzuleitende Projektierungsbasis ist definitiv.
4.5.2
Projektierungsweise
Projektierungsweise: Methodische und systematische Arbeitsweise der Projektierung. Das bedeutet • konzeptionelles, entwerfendes und ausführendes, • experimentelles, detailliertes/partielles und summarisches, • integrierendes, variierendes und optimierendes Arbeiten für einen Projektierungsvorgang und -vorgangskomplex, innerhalb einer jeden Projektierungsstufe und während der Gesamtprojektierung. Aus der Kombinationsvielfalt ergibt sich die Wirkung der Projektierung, Abb. 4.41. Konzipierende Projektierung: Systematische Vorgehensweise der Projektierung, bei der mit gegliederten Projektteilen und konzipierten Lösungen das Projektierungsergebnis erarbeitet wird. Das Ergebnis der konzipierenden Projektierung ist eine Projektdokumentation mit konzipierten, häufig überschlägigen und skizzenhaften Inhalten in der Qualität, dass damit die weitere Projektierungsbasis oder die Realisierungsbasis ermöglicht wird. Überschlägliche und skizzenhafte Lösungen bedeuten keine ungenauen Lösungen. Sie stellen richtige Lösungen dar, werden nur nicht – bis ins Kleinste – verfeinert
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
139
Abb. 4.41 Projektierungsweise als Wechselwirkung von Lösungserarbeitung und Methodenorientierung. a Arten der Projektierungsweise. b Projektierungsergebnis als Projektierungslösung
dargestellt. Für Kleinstprojekte, besonders für die Anpassungsprojektierung eine geeignete Methodik und sehr rationell durch Intuition und Erfahrung. Entwerfende Projektierung: Systematisch – methodische Vorgehensweise der Projektierung, bei der die Projektierungsergebnisse durch Entwurfsentwicklungen und Entwurfsfolgen erzielt und dargestellt werden. Die entwerfende Projektierung ist die „klassische“ Projektierungsweise der Entwicklung, gleich ob zu berechnende oder bildhafte Aufgaben zu lösen sind. Ausführende Projektierung: Ohne wesentliche Berücksichtigung von Vor- und Zwischenfolgen werden die Projektierungsergebnisse ausführungsreif erarbeitet. Eine ausführende Projektierung entsteht beispielsweise durch die Modellprojektierung, in dem ein ausführungsreifes Modell (Ausführungsmodell) als maßstäbliches Realmodell angefertigt wird und von diesem Modell alle Maße und Zusammengehörigkeitsverhältnisse zur materiellen Realisierung entnommen werden (Anlagenbau, Rohrsysteme des Schiffbaus), Abb. 4.42. Diese Projektierungsweise ist bevorzugt bei häufigen Wiederholungen geeignet. Summarische Projektierung: Das Projektierungsergebnis entsteht unter Verwendung summarischer Kennzahlen oder Projektteile. Die Vorteile liegen in der Nutzung von Wiederverwendungsprojekten oder summarischen ↑ Kennzahlen, die eine praxisrelevante Stochastik enthalten. Der Nachteil liegt in der eventuellen Verwendung nicht auf die Zukunft orientierter Kennzahlen oder Projekte. Eine entsprechende Aktualisierung ist unbedingte Voraussetzung, um die Projektgüte bei gleichzeitig hoher Projektierungsgeschwindigkeit zu sichern. Partielle Projektierung: Das Projektierungsergebnis entsteht durch Detaillierung der Projektierung bis zur Arbeits- oder Tätigkeitsstufe der Projektierungsvorgänge.
140
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.42 Rohrleitungsmodell (Beispiel Schiffbau)
Die partielle Projektierung ist aufwendig, wenn eine durchgehende Detaillierung des Projektes und der Projektierung erfolgt, beispielsweise durch Digitalisierung. Eine Begrenzung auf die Entwicklung neuer Projektierungsvorgänge ist aus ökonomischen Gründen und der Forderung „so detailliert wie nötig“ zu empfehlen (ein „Festhalten am Projekt“ ist auszuschließen). Experimentelle Projektierung: Das Projektierungsergebnis wird unter Einbeziehung von Experimenten erarbeitet. Experimente können durch Modell-, Labor-, Praxisrealversuche, durch Hardwareoder Softwaresimulationen durchgeführt werden. Dem Experimentieren geht eine Modellierung zum Untersuchungskomplex voraus. Es sind die Modellprojektierung (Experimente mit Modellen) und die modellierte Projektierung (Experimente auf der Basis einer Modellierung und Simulation) zu unterscheiden. Integrierende Projektierung: Unter besonderer Berücksichtigung der funktionellen und technischen ↑ Integration werden die Projektierungsergebnisse für Projektierungskomplexe erarbeitet. Durch das Vereinen und Verschmelzen entstehen • neuartige Lösungen mit dem Gesamtziel eines Elementeartminimums und • im Projektierungsprozess eine simultane Projektierung. Variierende Projektierung: Das Projektierungsergebnis wird aus mehreren, alternativen und kombinierten Varianten für eine Projektierungsaufgabe abgeleitet. Das Arbeiten mit Varianten ist ein ↑ Projektierungsgrundsatz, um gegenüber der IstZustandsvariante durch neue Lösungen die Best-Variante als Projektierungsvariante zu ermitteln und zum Gegenstand des Projektes zu bestimmen. Fortschrittssicherung durch Akzeleration ist eine wichtige Zielstellung der variierenden Projektierung, genauso wie das Anstreben berechenbarer Kombinationen. Ein großer Vorteil der variierenden Projektierung liegt in der Erkenntnisgewinnung durch die Variantenbewertung.
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
141
Optimierende Projektierung: Durch das Maximieren oder Minimieren von beeinflussenden Faktoren wird das optimale Projektierungsergebnis erarbeitet. Das erreichbare Projektierungsoptimum liegt zwischen einem Maximum und Minimum. Entsprechend der quantifizierbaren Einflussfaktoren wird das Projektierungsoptimum berechnet und bei Vorliegen nur qualitativer Einflussfaktoren wird das Projektierungsoptimum durch eine ↑ Bewertung ermittelt. Beide Optimierungsformen sollten zur Anwendung kommen. Alle erläuterten Projektierungsweisen können bei der Projektierung eines Vorhabens einzeln oder in kombinierter Form auftreten, wobei den Mehrfachkombinationen besondere Bedeutung zukommt. Die Projektierungsweisen führen in Verbindung mit den Projektierungsarten zu der Art und Weise der Projektierung, speziell zu den Projektierungsmethoden.
4.5.3
Projektierungsart
Projektierungsart: Vorgehensart der Projektierungslösungsfindung zwischen einer Ausgangsbasis und dem Projektierungsergebnis. Die Projektierung muss sowohl systematisch, als auch methodisch erfolgen. Während die Projektierungsmethode die Art und Weise der Suche, Findung und Fixierung der Projektierungslösung als Projektlösung beinhaltet, orientiert die Projektierungsart auf die grundsätzliche Vorgehensart, Tabelle 4.5. Tabelle 4.5 Projektierungsgrundarten (PRO – Projektierung)
142
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Synthetische Projektierung Die synthetische Projektierung ist die ureigenste Art der Projektierung, insbesondere der Technologischen Projektierung. Zu ihr gehören auch • die synthetisch-analytisch-synthetische Projektierung, • die sporadisch-synthetische Projektierung und • die analytisch-synthetische Projektierung. Sie korreliert mit der prospektiven, der retro-prospektiven und der zyklischen Projektierung. Die Grundvorgehensweise ist vom Element zum System, vom Detail oder Teil zum Ganzen. Es wird eine Elementarisierung vorausgesetzt. Für die Fabrikprojektierung bedeutet das folgende Vorgehensweise:
Analytische Projektierung Eine analytische Projektierung geht vom Ganzen aus und gliedert es in Teile, Details oder Elemente. Es wird zuerst die Gesamtlösung gesucht und anschließend die Lösung analytisch detailliert. Diese Projektierungsart ist häufig bei Anpassungs-, Rekonstruktions-, Verwendungs- und Verwertungsprojektierungen gängige Praxis. Leider auch bei Neuprojektierungen durch Projektanten, die die Technologische Projektierung nicht in den Vordergrund stellen oder nicht beherrschen, weil das Gebäude oder der Standort mit den Gebäuden fälschlicher weise einseitig bevorzugt wird. Analysen gehören zur Projektierung, die analytische Projektierung für bestimmte Anwendungsfälle auch. Jedoch muss sie richtig angewendet und mit einer synthetischen Projektierung enden. Sporadische Projektierung Die sporadische Projektierung ist eine intuitive Projektierung, die Erfahrungen voraussetzt und richtig gehandhabt werden muss. Sie liegt in zwei Fällen vor: • die Elemente sind noch nicht alle bekannt und müssen gesucht oder entwickelt werden, es besteht aber eine Lösungsvorstellung, • die Lösung ist fertig vorhanden (Ideen, Einfälle) und muss in die synthetische Form gebracht werden. Diese Art hat Erfindungscharakter. Gleitende Projektierung Die gleitende Projektierung ist eine überlappte Durchführung von aufeinander folgenden Projektierungsvorgängen. Eine gleitende Projektierung entsteht besonders durch Parallelität (↑ Gleichzeitigkeit) der Ausführungsprojektierung und der Reali-
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
143
sierung. Eine zu sehr gewollte gleitende Projektierung kann zu chaotischen Projektierungsverhältnissen, zu hohem Zeitdruck und ungünstigen Lösungen führen. Parallele Projektierung Eine parallele oder geblockte Projektierung liegt durch eine Zusammenfassung mehrerer Projektierungsvorgänge (Projektierungsblock oder -komplex) in einem bestimmten Zeitraum vor. Die Gleichzeitigkeit der Bearbeitung ist sehr hoch und erfordert eine hohe Übersichtlichkeit. Serielle Projektierung Die serielle Projektierung ist eine Projektierungsfolge ohne Gleichzeitigkeit und Parallelität. Die konkrete Projektierungsart ergibt sich aus der Kombination der Projektierungsgrundarten. Eine Methodenbasis entsteht durch die Kombination von Projektierungsweise und Projektierungsart, wobei den (schraffierten) Kombinationen besondere Bedeutung zukommt, Abb. 4.43.
Abb. 4.43 Kombinierte Methodenbasis, Projektierungsweisen und Projektierungsarten
4.5.4
Modelle und Modellierung in der Projektierung
Modell: Vom Menschen bewusst entwickeltes, zweckmäßig vereinfachtes und wirklichkeitsnahes Abbild eines immateriellen oder materiellen Originals, das der Erkenntnisgewinnung, Aufgabenlösung oder Präsentation dient und mit dem
144
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Original bezüglich wesentlicher Elemente, Eigenschaften, Relationen oder Verhaltensweisen Übereinstimmungen und Analogien aufweist. Besonders die Projektierung ist auf die Arbeit mit Modellen angewiesen, da sie billiger, einfacher, leichter beschreibbar, abstrahierbarer, variierbarer und handhabbarer gegenüber dem Original sind. Ziele, Zwecke und Aufgaben von Modellen und der Arbeit mit Modellen sind beispielsweise: • Erkenntnisgewinnung: Ableitung der wesentlichen Erkenntnisse aus dem Modell für ein zu schaffendes Original, um das Original funktionsgerecht bestimmen, richtig dimensionieren und strukturieren zu können. • Aufgabenlösung: Erkennen der Aufgabengesamtheit, Ableitung von Gesetzmäßigkeiten, mathematische Modellierungen oder Berechnungen. Experimentieren (Simulieren) und Variieren zur Lösungssuche, Lösungsauswahl und Lösungsoptimierung (Modellmethoden). • Präsentation: Darstellung, Aussagefähigkeit und Erläuterung von Gesetzmäßigkeiten, Auswirkungen, Erkenntnissen, Beziehungen, Abhängigkeiten und Lösungen, um ein Verständnis über das Original zu vermitteln (Modelldarstellungsmethoden). • Modellprojektierung: Experimentelle Projektierungsmethode, um Projektierungslösungen durch eine Modellanwendung zu erzielen, Abschnitt 4.6.3. • Modellbasierte Projektierung: Methodengruppe der Projektierung, die Projektierungsergebnisse durch Modellierungen ermittelt. Basis sind die Projektierungsweisen, Abschnitt 4.5.2, die Projektierungsarten, Abschnitt 4.5.3, und die Modellarten, Abb. 4.44.
Abb. 4.44 Übersicht zu den Modellarten
Für die Modellanwendung sind Methoden und Verfahren notwendig, um geeignete Ergebnisse zu erreichen. Starke Einengungen des Modells führen zu ungenauen Lösungen.
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
145
Modellarten Modellarten unterscheiden sich durch ihren Gegenstandsbezug zum Original (Modellgegenstand: Arbeitssystem, Flusssystem, …), den Lösungszweck (Modellzweck: Berechnungsmodell, Grafikmodell, …) und die darstellende Aussage (Modelldarstellung: Erkenntnis-, Ergebnisdarstellung, …). Für die Fabrikprojektierung enthält Abb. 4.44 eine Modellartübersicht mit folgender Orientierung: • Modelle 1. Grades: • Modelle 2. Grades: • Modelle 3. Grades:
Einbeziehung nur einer Modellkomponente (Funktions-, Elemente-, Berechnungsmodell, …) Einbeziehung von zwei Modellkomponenten (Analoges System-Funktions-Modell, Analytisches System-Funktions-Modell, …) Modellbildung mit drei Modellkomponenten
Modellierung Das Tätigkeitsgebiet zur Erarbeitung oder Bildung (nicht zur Herstellung) eines Modells wird Modellierung genannt und nach den Darstellungsformen (z. B. grafische Modellierung, mathematische Modellierung oder mathematisch-grafische Modellierung) benannt. Durch die Einbeziehung der Modellformdarstellungen (Abb. 4.44) sind einstufige und mehrstufige (2-, 3-, 4-, 5-, 6-stufige) Modellierungen zu unterscheiden. Der Modellgegenstand, die Modellgegenstandskombinationen sowie der Modellzweck und die Modellzweckkombinationen bleiben erhalten. Diese Art und Weise der Modellierung führt zu den Modellierungsmethoden, deren Anzahl nur durch die ↑ Kombinatorik ermittelbar ist. Für die praktische Anwendung sollten die Modellgegenstandskombinationen und die Modellzweckkombinationen klein gehalten werden. Für die wissenschaftliche Arbeit mit Modellen bestehen dagegen keine Begrenzungen. Die Fabrikprojektierung als ein Hauptanwendungsgebiet der Modellierung benötigt vorwiegend Ein- und Zweifach-Kombinationen bei den Modellgegenständen und dem Modellzweck und Ein- bis Sechsfach-Kombinationen bei den Modellformen. Bei den Modellierungen für Simulationen spielen mathematische, mathematisch kombinierte, grafische und grafisch kombinierte, bildlich und bildlich kombinierte sowie heuristische und körperliche Modellierungen eine bedeutende Rolle. Es entwickelt sich mit der Rechnerunterstützung die modellierungsbasierte Projektierung als Einzelmethode für Einzelaktivitäten und als Projektierungsmethodik unter Einbeziehung verbundener Projektierungsvorgänge.
4.5.5
Projektierungsaktivitäten und Projektierungsrelationen
Projektierungsaktivität, Projektierungsvorgang und Projektierungstätigkeit stehen in einem Prozessverhältnis durch die Umsetzung in • Projektierungsvorgänge und -vorgangskomplexe, • Projektierungsschritte und -schrittkomplexe, • Projektierungsstufen und -stufenkomplexe
146
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.45 Hierarchien der Projektierungsaktivitäten und der Projektierungsprozesse mit der Bildung von Projektierungszyklen (Ebenenzyklen und Gesamtzyklus)
mit dem Ziel des systematischen, feingestuften Wirkens zur Lösungsfindung durch den Projektanten, Abb. 4.45. Dabei entstehen Relationen, Zyklen und Prozesse unterschiedlicher Art. Mit der Projektierungsstufung wird das Ziel der Vereinfachung, Übersichtlichkeit und der Fortschrittserkennung verfolgt. Basis bilden immer die Projektierungsvorgänge und die verbindenden Relationen. Damit sind die in der Abb. 4.45 dargestellten Ebenen auch zugleich Projektierungsprozess- und Projektierungsaktivitätsebenen. Projektierungsvorgang und Projektierungsaktivität Ein Projektierungsvorgang ist die Basis für eine Projektierungstätigkeit als Aktivität des Projektanten, mit der eine gewollte Zustandsänderung am Projekt durch Projektierung erreicht wird. Das kann in einfacher oder komplexer Weise erfolgen. Der Projektierungsvorgang entspricht einem Arbeitsgang (der Technologie) und enthält Arbeitsstufen, die vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden müssen. Die in der Abb. 4.10 aufgeführten Tätigkeitskomplexe stellen verfahrensorientierte Projektierungsvorgangskomplexe dar, die mit der konkreten Projektierungsvorgangsaufgabe in Verbindung zu bringen sind, um als Aktivität zu wirken. Abb. 4.46 enthält zur Erläuterung ausgewählte Beispiele für den Vorgangskomplex Berechnen, mit der Erkenntnis der Gegenstandsorientierung des Einzelvorganges.
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
147
Abb. 4.46 Beispiele für den Projektierungsvorgang: BERECHNEN
Berechnen bedeutet das Anwenden von mathematischen Gleichungen, die entsprechend der Anwendungsfälle vorliegen oder erarbeitet werden müssen, um ein Projektierungsergebnis durch einen Projektierungsberechnungsvorgang zu erzielen. Der Projektierungsvorgang wird durch Datenbereitstellung vorbereitet. Das Berechnungsergebnis der Vorgangsdurchführung muss vom Projektanten kommentiert oder bewertet werden. Dadurch entsteht eine Vorgangszwangsfolge als Vorgangsprozess und es treten Relationen in Erscheinung, die methodisch zu nutzen sind. Projektierungsrelationen Wie in der Technologie, stellen ↑ Relationen der Projektierung Verbindungen, Verknüpfungen, Beziehungen oder Kooperationen zwischen benachbarten und über den Projektierungsvorgängen, -schritten und -stufen dar. Durch die Relationen erhält die Projektierung einen Prozess- und Systemcharakter, so dass Vergleiche und Analogien zu anderen Prozessen und Systemen sowie zur Mathematik, Logik, Heuristik und Informatik möglich sind und durch Aufgabenverschiedenheit einer differenzierten Betrachtung unterliegen, Abb. 4.47.
Abb. 4.47 Vorgangskomplex der Projektierung mit Vorgangsarten und Vorgangsrelationsarten
148
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.48 Vereinfachte zyklische Relationsdarstellung von Projektierungsprozessen (Beispiel: Funktionelle Dimensionierung). a Zyklische Prozessdarstellung mit getrennten Vor- und Rücklaufrichtungen. b VON-NACH-Prozessverflechtungsdarstellung eines zyklisch vernetzten Projektierungsprozesses
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
149
Die Komplexität eines Projektierungsprozesses kann auch aus der Menge der Vorgänge und der Relationen abgeleitet werden. Hier steht Übersichtlichkeit vor Detailgenauigkeit, wie es die Darstellung in der Abb. 4.48 zeigt. Unter Einbeziehung von Zyklenrelationen kann der Projektierungsprozess vereinfachend, übersichtlich und verfolgbar derart dargestellt werden, dass die objektiv notwendigen Mehrfachwiederholungen (Mehrfachzyklen) der Projektierung ohne Inhaltsverluste realisierbar sind. Es sind folgende Zyklenrelationen zu unterscheiden, Abb. 4.47, 4.48: 1. Direktzyklen zwischen benachbarten Projektierungsaktivitäten in einmaliger und mehrmaliger Form, 2. Zwischenzyklen über mehrere Projektierungsaktivitäten in einmaliger und mehrmaliger Form, 3. Direkt- oder Zwischenzyklen mit mehreren Relationen (Mehrrelationszyklen mit Relationsgleichzeitigkeit und Relationsdichten dR). Bei gleicher Menge von Projektierungsaktivitäten ( MPA) kann die Prozessrelationsmenge ( RP) verschieden sein, Gl. (4.3). PP = [MPA ;RP ]
(Projektierungsprozess)
RP = [RPD · dRD + RPZ · dRZ ]
(Projektierungsrelationen)
(4.3.1) (4.3.2)
Die Relationsdichte muss in direkter ( dRD) und zyklischer ( dRZ) Form beachtet werden.
4.5.6
Projektierungsprozess, Projektierungsfolge und Projektierungssystem
Projektierungsprozess: Gesamtheit der Menge und Folgen von Projektierungsaktivitäten, um ein Projekt von der Projektaufgabe bis zum Projektergebnis durch Projektierung erstellen zu können. Projektierungsprozesse werden auch noch als Projektierungsabläufe (ROCKSTROH (1977)), Planungsabläufe (KETTNER (1984) u. a.) und als Projektierungsfolgen bezeichnet, da durch die Folge der Projektierung ein verknüpfender heuristischer, mathematischer, methodischer und zeitlich gedachter Ablauf entsteht. Planungsabläufe gehören jedoch zu der, der Projektierung vor-, zwischen oder nachgeschalteten Planung, Abb. 4.22, und erschweren bei gleichzeitiger Berücksichtigung das Verständnis zur Projektierung.
• Für die Gliederung der Projektierung gibt es eine Vielzahl von Projektierungsprozessen, die in Abhängigkeit von der Fabrikgrundart, den Fabrikprogrammen,
150
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
der Projektierungsart und -weise usw. stehen. Jede Prozessdarstellung ist deshalb nur ein Einzelfall, auch hinsichtlich der Menge und Relationen nach Gl. (4.3). • Projektierungsprozesse haben eine Ganzheit zwischen einem Prozesseingang und Prozessausgang, die relativ und zu definieren ist, Abb. 4.49.
Abb. 4.49 Relativität der Gesamtheit von Projektierungsprozessen
Der kleinste Projektierungsprozess wäre die Vorgangsganzheit, die sich aus der Vorgangsaufgabe, den Vorgangsstufen und dem Vorgangsergebnis ergibt. Das Ergebnis sollte endgültig sein. • Der Zusammenhang von Prozessganzheit (G), Prozesselement (E) und Prozesselementmerkmale (M) durch Prozesseinflüsse und Prozessforderungen erleichtert die Projektierungsdurchführung, da die Merkmale aus der Projektierungsbasis ableitbar sind. Häufig sind es Bedarfsforderungen (von außen) und Berechnungsvorschriften, Abb. 4.50. • Die jeweilige Ausprägung des Projektierungsprozesses wird von den integrierten Projektierungsvorschriften bestimmt, wie die Abb. 4.51 verdeutlicht. Zur Prozessvereinfachung, die relativ ist, dienen im Regelfall Vorgangsminimierungen
Abb. 4.50 Beispiel einer Projektierungsprozessganzheit zur Ermittlung von Arbeitssystemflächen mit integrierter Flächenberechnungsmethode (Kennzahlenprojektierung)
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
151
Abb. 4.51 Vereinfachtes Beispiel zur Prozesskomplexbildung und zur Darstellung der Prozessfolge (Betriebsmitteldimensionierung und Arbeitssystemprojektierung)
(„Weniger ist mehr“-Prinzip) mit umfangreicheren Inhalten und die Vorgangskomplexbildung. • Prozesskomplexbildungen führen durch Integration zu Prozesseinheiten mit einmaligen Merkmalsforderungen, verketteten Prozessvorgängen, vorgangsbezogenen Prozessinhalten, Projektierungsvorschriften sowie einmaligen und zyklischen Projektierungsfolgen, Abb. 4.52. • Projektierungsprozesse sind objektbezogen (Arbeitssystem, Fabriksystem, Standort, …), teilprojekt- und gesamtprojektbezogen und enthalten eine Methodik. Durch die dadurch entstehenden Unterschiede sind Verallgemeinerungen größtenteils für alle Projekte und Projektteile nicht gegeben und nur für ganz bestimmte Aufgaben (Betriebsmitteldimensionierung, Arbeitsplatzflächen-, Speicherberechnungen, …) sinnvoll. Für die Darstellung der Abhängigkeit von Systemen empfehlen sich eine VONNACH-Fabriksystemmatrix und eine VON-NACH-Systemelementematrix eines Fabriksystems, etwa nach Abb. 4.48. Die Verknüpfungen müssten dann jeweils listenmäßig die Relationsinhalte enthalten, Abb. 4.53. Nach relativ wenigen Projekten
152
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.52 Flexible Projektierungsfolge – Gesamtfabrik (stark vereinfacht und ohne Fabrikbetriebssysteme)
wird eine Routine erreicht, wenn die Ordnung nach technologischen, konstruktiven und gestalterischen Gesichtspunkten erfolgt. Mit der Abb. 4.53 wird auf eine partielle Projektierung aufmerksam gemacht, die sehr aufwendig, gründlich, genau und eine Grundlage für die rechnerunterstützte oder digitalisierte Projektierung ist.
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
153
Abb. 4.53 Projektierungsfolge mit Inhaltszuordnungen (vereinfachtes Beispiel: Betriebsmitteldimensionierung)
Projektierungssystem: Materielles System der Projektierung mit bestimmter Funktion, Dimension und Struktur, in dem die aufgabenrealisierenden Projektierungsprozesse durch Projektanten realisiert werden. Durch die informationsverarbeitende Orientierung der Projektierung werden die aufgabenabhängigen Projektierungssysteme durch den Projektanten und die Rechentechnik geprägt, insbesondere in alphanumerischen, 3-dimensional-grafischen und audiovisuellen Aufgabenstellungen, Abb. 4.54. Der Fortschritt der Projektierungssysteme liegt in der Nutzung der Rechentechnik, Rechnerprogramme und der ausgeprägten Projektierungswissensspeicherung sowie im Wirken sehr guter Projektanten als Ideengeber, Technologie- und Erfahrungsträger. Die Aufbauentwicklung von Projektierungssystemen ist wissenschaftlich und damit auch praktisch noch nicht vollendet und muss ständig ergänzt und erweitert werden. Auf eine tiefere Detaillierung wird deshalb verzichtet.
Abb. 4.54 Hauptinhalte eines Projektierungssystems
154
4.5.7
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Grundsätze, Grundregeln und Vereinfachungen der Projektierung
Die Projektierung als informationsverarbeitende Ingenieurdisziplin ermöglicht wegen der praktischen Breite des Objektbereiches mit den alphanumerischen, grafischen und audiovisuellen oder den semantischen Anforderungen keine durchgehende Mathematisierung. Um trotzdem eine geregelte Verständlichkeit zu erreichen, wird auf definierte ↑ Projektierungsgrundsätze, Grundregeln und Grundfälle, Tabelle 4.6, sowie auf Vereinfachungen, Tabelle 4.7, und ↑ Projektierungssinbilder als methodische Unterstützungen zurückgegriffen. Die methodischen Hilfen sind im Regelfall nicht algorithmierbar, aber als Vorschriften standardisierbar. Tabelle 4.6 Grundsätze, Grundregeln und Grundfälle der Projektierung
Projektierungsentscheide Die Projektierung erfolgt für eine definierte Projektierungsaufgabe durch einen Projektierungsprozess in einem Projektierungssystem mit dem Ziel, Projektbestlösungen zu erarbeiten. Dadurch werden • Vorgangsentscheide (Berechnungs-, Auswahl-, Analyseentscheide, …) und • Lösungsentscheide (Varianten-, Funktions-, Gestaltungsentscheide, …) objektiv erforderlich. Projektierungsentscheide sind auf den Projektierungsprozess (Methodenbereich), die Projektierungsfähigkeit (Projektant) und auf das Projektierungsergebnis (Objektbereich) zu orientieren. Die Projektierungsentscheide dürfen nicht subjektiv und unvollständig sein, Abb. 4.57. Projektierungsvereinfachungen Durch Unterstützungshilfen kann die Projektierung in der Systematisierung, Darstellung und Ordnung vereinfacht, in der Übersichtlichkeit und Kontrollmöglichkeit erhöht werden, ohne dass Qualitätseinschränkungen eintreten. Tabelle 4.7 und das Teilgebiet ↑ Projektierungssinnbild enthalten eine Übersicht.
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik Tabelle 4.7 Unterstützungshilfen der systematischen Projektierung
155
156
4.5.8
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Qualitätssicherung der Projektierung
Projektierungsqualität: Aussage zur Eignung, Fehlerwirkung und Güte des Projektierungsergebnisses sowie zum Prüfumfang der Projektierung. Eignungsprüfung des Projektes Die Eignungsprüfung enthält den Erfüllungsnachweis der gelösten Projektierungsaufgabe durch eine Einschätzung oder Bewertung, Tabelle 4.8. Die Quantifizierung kann real nur durch Niveau- ↑ Kennzahlen oder Methoden bzw. Verfahren der ↑ Bewertung erfolgen. Aus Einfachheitsgründen wird die Bedarfsgerechtheit zu Grunde gelegt. Jede Nichterfüllung muss untersucht, begründet und durch eine Projektierung verändert werden. Tabelle 4.8 Prüfung von Projektierungsergebnissen (Beispiel)
Eine Prüfung bzw. Ermittlung der Projektierungsqualität durch Zweckeignungsprüfung kann vom Auftraggeber, vom Projektanten oder von Drittpersonen durch • den einfachen Soll-Ist-Vergleich von Aufgabenstellung und Projektierungsergebnis, • die Prüfung mit Vergleichsnormalen (Gesetze, Vergleichsobjekte) oder • gutachterliche Fehlersuche erfolgen. Subjektive Beeinflussungen sind auszuschließen. Nach dem Beispiel in der Tabelle 4.8 kann auch das Gesamteigenschaftsniveau des Projektes unter Zuhilfenahme der Inhalte von Abb. 4.55 ergänzend oder gesondert herangezogen werden. Projektierungsfehler Projektierungsfehler sind überwiegend menschlicher (Logik, Aktion) und technischer Art. Eine Vermeidung ist durch
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
157
Abb. 4.55 Eigenschaften und Niveau- ↑ Bewertungen von Fabriken und Fabriksystemen
• • • •
Projektierungsgespräche, -verteidigungen und -selbstkontrolle, Fehlersuchprogramme oder Kontrolllisten, Analogievergleiche mit Vergleichsobjekten sowie, Gutachten, Expertisen oder Fachberatereinbeziehung
möglich. Projektierungsfehler nach Abb. 4.56 entstehen besonders durch Unerfahrenheit (Anfangsfehler) und durch kontrolllose Übernahme von Projektunterlagen. Letzteres führt zu Haftungsproblemen.
Abb. 4.56 Klassifizierung von Projektierungsfehlern nach ROCKSTROH (1977)
158
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Projektierungskontrollen Projektierungsfehler, gleich welcher Art, führen zur Verantwortungshaftung mit kleineren bis sehr schweren finanziellen oder strafrechtlichen Folgekonsequenzen. Fehlersuche, Fehlererkennung, Fehlerbehebung und Fehlerausschaltung sind wichtige Projektierungsaktivitäten. Projektierungsfehler können zu drei Folgewirkungen führen: • Fehleraufhebung, • Fehleraddition, • Fehlerfortpflanzung. Projektierungskontrollen zur Fehlervermeidung müssen methodischer Bestandteil der Projektierungsprozesse sein. Hauptwirkungen werden durch einfache Kontrollaktivitäten, Projektierungsentscheide und Qualitätssicherungsmaßnahmen erzielt. Projektierungsentscheide zur Fehlervermeidung 1. Entscheidungsgrundfälle Das systematische und methodische Projektieren ist im Verlaufe der Projektarbeit auf Entscheidungen unterschiedlicher Art, Bedeutung und Einflüsse angewiesen, um Fehler oder wirtschaftliche Verluste zu vermeiden, Abb. 4.57. 2. Fortschrittsentscheide Entscheide zum Fortschrittsstand des Projektes oder der Projektierung sind der Vorentscheid, Grundsatzentscheid und der Ausführungsentscheid. Mit dem Ausführungsentscheid gelten die Arbeiten in dem vorgelegten Zustand als beendet
Abb. 4.57 Entscheidungsgrundfälle zur Projektierung und zum Projekt
4.5 Grundlagen der Projektierungsmethodik
159
und werden dem Nachfolgenden übergeben. Der Vorentscheid ist immer an die so genannten frühen Projektierungsphasen oder Projektbearbeitungszustände gebunden. Er wirkt insbesondere auf die Wirtschaftlichkeit und Ausführbarkeit. Vorentscheide werden durch den Grundsatzentscheid beendet. 3. Projektentscheide Projektentscheide dienen der Nutzbarkeitsverfolgung des Projektes in allen Fortschrittszuständen. Nutzen bedeutet neben der Wirtschaftlichkeit auch • strategischer Nutzen (technologischer, wettbewerblicher Zukunftsnutzen) oder strategischer Verlust, • sozialer Nutzen, • existenzieller Nutzen (Marktsicherung; Kostenreduktion) oder existenzieller Verlust. Projektgüte Als Projektgüte ist das Maß der Einschätzungs- oder Bewertungsrangfolge von Qualität und Fehlerhaftigkeit des Projektes anzusehen, Tabelle 4.9, um eine fassbare Aussage zur Eignung der Projektdokumentation(en) für eine Realisierung, Veränderung oder Konsequenzeinleitung zu treffen. Tabelle 4.9 Niveaustufung von Projektgütegraden (Vorschlag)
Die Projektgüte ist direkt abhängig von der Objektgüte, die real erst nach der Realisierung eingeschätzt oder bewertet werden kann. Eine systematische Untergliederung der Einschätzung oder Bewertung vor der Realisierung des Projektes in o ηk • Gesamtprojekt ⇒ Gesamtfabrik; Gütegrad Ö η = k=1 m ηj,k • Teilprojekte ⇒ Fabriksysteme k; Gütegrade Ö ηk = j=1 n ηi,j • Detailprojekte ⇒ Fabriksystemelemente j; Gütegrade Ö ηj = i=1
ist unumgänglich. Durchschnittswerte werden nicht empfohlen, besser sind Gütegradgruppierungen nach Tabelle 4.9.
160
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Qualitätssicherungsmaßnahmen Die Sicherung der Projektierungsqualität gehört zur Berufsausübung der Projektanten. Folgende Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind geeignet: • • • • •
Projektierungskontrolle durch erfahrene Projektanten (oder Gutachter), Mehrfachzyklenprojektierung durch unterschiedliche Personen, Fehlerbaumanalyse, Qualitätsbewertung durch interne oder externe Audits (DIN ISO EN 9000 ff), FMEA-Methode (Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse; Failure Mode and Effect Analysis); PFEIFER (1996).
Bei der Projektierungsqualität gilt die Grundweisheit: „Durch einen Projektierungsfehler wird man bekannter, als mit 99 guten Projektierungslösungen.“
4.6 4.6.1
Projektierungsmethoden Grundlagen
Projektierungsmethode: Logisch begründete Art und Weise des Vorgehens bei der Lösung von Projektierungsaufgaben. Die Komplexität der Projektierung erfordert für die Lösungserarbeitung der vielfältigen Aufgabenstellungen eine Menge allgemeiner und spezifischer Methoden. Solche, die Projektierung kennzeichnenden Methoden sind aus • der Projektierungsweise (Abschnitt 4.5.2), • der Projektierungsart (Abschnitt 4.5.3) und • der Projektierungsmodellierung (Abschnitt 4.5.4) für die Projektierungsaktivitäten und den konkreten Projektierungsgegenstand sowie unter Berücksichtigung der ↑ Projektierungsgrundsätze abzuleiten und durch die sie beeinflussenden Faktoren anwendungsbereit zu gestalten. Deshalb gibt es nicht nur die eine Projektierungsmethode, sondern für fast jede Projektierungstätigkeit eine Methode oder Methodengruppe Abb. 4.58 und 4.59. Beispielsweise sind
Abb. 4.58 Projektierungsmethoden mit einer Anwendung für die Entwurfssynthese
4.6 Projektierungsmethoden
161
Abb. 4.59 Übersicht zur Entwicklung und Anwendung von Projektierungsmethoden
die Methoden für die Dimensionierung von Betriebsmitteln andere, als die für die Flächendimensionierung. In diesem Abschnitt wird deshalb nur auf die Projektierungsmethoden eingegangen, die auch eine große Verbreitung erreicht haben. Spezielle Methoden enthalten die Kapitel 5 bis 7 und die Teilgebiete und Systeme im Teil 2 des vorliegenden Buches. Methoden sind häufig Methodengruppen, die durch Verfahren und die damit verbundenen Unterstützungsmitteln ganz konkret untersetzt und anwendungsbereit aufbereitet werden, Abb. 4.59. 1. Entwickelnde Methoden Das Projektierungsergebnis wird im Projektierungsprozess durch zu entwickelnde bzw. durch zu erarbeitende Vorschriften erzielt. Die Vorschriften liegen nicht oder nicht anwendungsbereit vor. Das ist häufig bei neuen oder für den Projektanten noch unbekannte Aufgabenstellungen der Fall, Abb. 4.60. 2. Projektierende Methoden Das Projektierungsergebnis entsteht durch die Wiederverwendung von gezielt aufbereiteten Projektierungsunterlagen, die mehrfach genutzt werden können. Hierzu gehören: • Wiederverwendungsprojekte in einfacher, getypter oder standardisierter Form und ihre gezielte Anpassung an die Projektierungsaufgabe, • Projekt- und Projektierungsbausteine,
162
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.60 Vereinfachtes Beispiel zur entwickelnden Projektierung für ein Berechnungsverfahren der Methodengruppe Dimensionierungsmethoden
• wiederverwendbare Kennzahlen und Vorschriften, • aufbereitete Projektierungskataloge (Projektierungswissensspeicher), • wiederverwendbare Modelle und Objektbibliotheken. 3. Kombinierte Methoden Das Projektierungsergebnis entsteht durch die Wiederverwendung von aufbereiteten Projektierungsunterlagen und durch die Erarbeitung von Projektierungsvorschriften als Kombination von entwickelnder und projektierender Methode. Die projektierenden und die kombinierten Methoden sind die rationellen Projektierungsmethoden hinsichtlich Projektierungszeit, Projektierungszeitaufwand, Projektierungs- und Projektqualität, Einarbeitungszeit und Projektierungssicherheit. Projektierungsverfahren: Geordnete Menge festgelegter Vorgangsfolgen, um mit Vorgangsmitteln und Unterstützungsmitteln Projektierungsergebnisse innerhalb einer Projektierungsmethode zu erarbeiten, Abb. 4.61.
Abb. 4.61 Zusammenhang von Methode und Verfahren
4.6 Projektierungsmethoden
163
Vorgangsmittel sind technische Mittel im Sinne von Betriebsmitteln der Projektierung (Rechner, Projektierungstisch, Kamera, …). Sie entscheiden über das technische Niveau der Projektierung (manuell, rechnerunterstützt, automatisiert). Unterstützungsmittel sind Betriebsstoffe, Modelle, Sinnbilder, Rechenprogramme usw. Verfahren sind das Spezifische der Methoden und nur durch ihre konkrete Anwendung wird das konkrete Projektierungsergebnis erzielt, Abb. 4.61 und 4.62.
Abb. 4.62 Komponenten der Projektierungsverfahren mit Beispielzuordnungen
4.6.2
Kennzahlenprojektierung
Kennzahlenprojektierung: Projektierungsmethode, bei der die Projektierungsergebnisse unter weitgehender Nutzung von auf die Projektierung ausgerichteten Kennzahlen erarbeitet werden. Auch kennzahlenbasierte Projektierung genannt. Das Projektieren mit ↑ Kennzahlen ist eine sehr praktische und weit verbreitete Methode, insbesondere für die Dimensionierung von zu projektierenden Sachverhalten. Die Vorteile für die Technologische Projektierung und Arbeit sind bedeutend und können durch folgende Sachverhalte definiert werden: • schnelle und relativ genaue Aussagen bei Berechnungen und Vergleichen, • Berücksichtigung von stochastischen Inhalten in den Kennzahlenwerten,
164
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.63 Kennzahlenanwendungsgebiete (K – Kennzahlen)
• • • •
keine Einengungen für die Projektierungsgrundfälle, -phasen und -stufen, gute Eignung für Kontrollzwecke zur Fehlervermeidung, geringe Einarbeitungszeiten, große Anwendungsbreite, Abb. 4.63.
Methodengrundlage sind die zur Projektierung erforderlichen Vorschriften und Kennzahlenwerte für die verschiedenen Anwendungsgebiete, Abb. 4.64. Das setzt insbesondere voraus (Tabelle 4.10, Beispiel in Abb. 4.64): Tabelle 4.10 Summarische Kennzahlenprojektierung (Beispiel: Vorausbestimmung der Fertigungssystemfläche)
4.6 Projektierungsmethoden
165
Abb. 4.64 Kennzahlenprogramm als algorithmierte Kennzahlenmethode zur Dimensionierung von Zuschnittabteilungen (vereinfachtes Beispiel Gesenkschmiede)
166
• • • •
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
das Vorliegen von geeigneten Vorschriften und Kennzahlenwerten, die Kenntnis der Vorschriftenbeziehungen und Vorschrifteninhalte, die Bereitstellung von Daten für die Kennzahlenerarbeitung und die permanente Aktualisierung der Kennzahlenwerte.
Die Zielstellung der Kennzahlenprojektierung ist vom Anwendungszweck abhängig. Für die algorithmierte Kennzahlenprojektierung müssen Kennzahlenprogramme erarbeitet werden, die sowohl die Vorschriften, Kennzahlenwerte als auch die Vorschriftenbeziehungen enthalten. Das ist für bestimmte fabrikliche Bereiche sehr lohnenswert, wie es das Beispiel in der Abb. 4.64 verdeutlicht.
4.6.3
Modellprojektierung
Modellprojektierung: Projektierungsmethode, bei der die Projektierungsergebnisse unter weitgehender Nutzung von auf die Projektierung ausgerichteten zwei- und dreidimensionalen Modellen experimentell erarbeitet werden, auch modellbasierte Projektierung genannt. Die Modellprojektierung (Abb. 4.65) setzt die Kenntnis des Modells und die Fähigkeit zum logisch-abstrakten Denken voraus, da Modelle die Wirklichkeit nur vereinfacht in Abhängigkeit der logischen Modellabstraktion widerspiegeln können, Abschnitt 4.5.4. Hieraus ergibt sich ein zu lösender Gegensatz von Modellrealität und Modellaufwand, der abgewogen betrachtet werden muss. Zudem befindet sich die Modellprojektierung in der bisher gewohnten Form im Umbruch ihrer Realisierung durch die Rechentechnik.
Abb. 4.65 Hauptanwendungsgebiete der Modellprojektierung
4.6 Projektierungsmethoden
167
Die Modellprojektierung ist als eine Ersatzmethode für die sehr aufwendige zeichnerische Projektierung anzusehen. Es sind deshalb auch nur diese beiden Projektierungsmethoden miteinander vergleichbar. Dieser Vergleich fällt ausnahmslos sehr vorteilhaft für die Modellprojektierung aus. Die zeichnerische Projektierung mit ihrem hohen Aufwand wird durch die Nutzungsmöglichkeiten der Modellprojektierung auf das unbedingt noch nötige Maß an Zeichnungen für die jeweilige letzte Projektlösung begrenzt. Das ermöglicht Freiräume für die Variantenerarbeitung durch die Modellprojektierung, deren Anwendungsgebiete in der Abb. 4.65 aufgeführt sind. Das Ergebnis der Modellprojektierung sind modellhafte Lösungsdarstellungen mit Vereinfachungen, entsprechend der Modellelementevereinfachung. Modellarten sind zu unterscheiden, Tabelle 4.11 und 4.12. Tabelle 4.11 Bildhafte und körperliche Elementemodellarten
168
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Tabelle 4.12 Bildhafte und körperliche Systemmodelle (Beispiele)
4.6 Projektierungsmethoden
169
Elementemodelle, die in einem Modellspeicher des Projektanten vorhanden sein sollten, bilden die Basis für die Systemmodelle. Während bei der Variantenprojektierung die Elementemodelle mehrfach verwendet werden, gehen diese in die Ausführungsmodelle oder Präsentationsmodelle bleibend ein, was Kosten verursacht. Die Kosten der Modellprojektierung sind auch durch die Methoden und Verfahren, Abb. 4.66, beeinflussbar, wobei die Gesamtvorteile gegenüber der zeichnerischen Projektierung überwiegen.
Abb. 4.66 Methoden- und Verfahrenseignung der Modellprojektierung
Zeichnerische Modellprojektierung Die zeichnerische Darstellung von Projektlösungen ist eine Projektierungsaktivität, die durch den Stand der Technik (Rechentechnik) stark beeinflusst wird, beispielsweise durch CAD- Systeme. Es bleibt die Zeichnung als detaillierte, relativ genaue Widerspiegelung zur Lösungserkennung, -fixierung und als Realisierungsvorlage. Relativ unbedeutend geworden ist nur die manuell angefertigte Zeichnung. Das manuelle Skizzieren, insbesondere Entwurfsskizzen, muss der Projektierungsingenieur auch zukünftig bestens beherrschen, und zwar in zwei- und dreidimensionaler
170
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Abb. 4.67 Skizzierte Fertigungssystemmodelle als alternative Projektierungsvarianten (Beispiel)
Form und unter Einbeziehung von sinnbildlichen Darstellungen (↑ Projektierungssinnbild). Abbildung 4.67 enthält Entwurfsbeispiele zur räumlichen Entwicklung von Fertigungssystemen. Skizzierte zeichnerische Lösungsvorschläge sind auch für die Flächen- und Höhendimensionierungen als Berechnungsgrundlage häufig eine notwendige Voraussetzung. Zu diesem Zweck werden Berechnungslayouts in freier oder maßstäblicher Form erarbeitet und mit entwickelten Gleichungen die Flächen oder Höhen berechnet, Abb. 4.68.
Abb. 4.68 Idealisiertes und vereinfachtes Layout von Fertigungssystemen mit Zentralspeicher in Achslage als Berechnungslayout für die Flächendimensionierung
4.6 Projektierungsmethoden
171
Körperliche Modellprojektierung Die körperliche Modellprojektierung verwendet vorhandene oder anzufertigende 2D- und 3D-Modelle, beispielsweise nach Tabelle 4.11. Zusätzlich zu den 2D- und 3D-Modellen wird eine Modellprojektierungstafel (horizontal und vertikal verstellbar) für das Auslegen der Modelle erforderlich. Darüber hinaus sind • Haft- oder Heft-Mittel der Modelle auf der Projektierungstafel und • Lösungsfixiermittel durch Foto- oder Kopiertechnik notwendige Verfahrensmittel, Abb. 4.69. Die Vor- und Nachteile sollten beachtet werden.
Abb. 4.69 Haftverfahren für 2D- und 3D-Modelle von ROCKSTROH (1977). a Magnet Haftverfahren (Auslegetafel mit Magnetgummi). b Magnet-Haftverfahren (Auslegetafel mit Stahlblechauflage). c Klebe-Haftverfahren (Modelle auf Papier, Folie). d Elektrostatische und mechanische Haftverfahren
172
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Rechnerunterstützte Modellprojektierung Die Rechnerunterstützung führt zur visualisierten Modellprojektierung. Sie kann die zeichnerische und körperliche Modellprojektierung unterstützen, aber nicht vollständig ersetzen, da in der Projektierung immer Kreativität, Individualität und Lösungslangzeitspeicherung erforderlich sind. Tabelle 4.13 enthält einen Vergleich der Modellprojektierungsmethoden. Tabelle 4.13 Vergleich der Modellprojektierungsmethoden
Maßstäbe für die Modelle und Modellprojektierung Maßstäbe sind wichtige Vorschriften der Modellprojektierung. Es gelten: • • • • • •
M 1 : 50 ⇒ Vorzugsmaßstab der Systemlayoutprojektierung, M 1 : 100 ⇒ Maßstab für große Systemlayouts, M 1 : 10 ⇒ Maßstab für Detaillierungslayouts; Untersuchungslayouts, M 1 : 25 ⇒ Maßstab für Arbeitsplatzdetaillierungen; Layoutauszüge, M frei ⇒ Berechnungsvorlageskizzen, M 1 : 200; M 1 : 500, M 1 : 1000 ⇒ Standortlayouts bzw. Standortersatzlayouts.
Für dreidimensionale Darstellungen (Projektionen) sind Maßstabsverhältnisse zu berücksichtigen, Tabelle 4.14.
• Die Hauptanwendung der Modellprojektierung liegt im gesamten grafischen Bereich der Projektierung, besonders bei der • • • •
↑ Layoutprojektierung, einschließlich der sinnbildlichen Darstellung, grafischen Variantenarbeit, einschließlich der Erfindungsarbeit, grafischen Dimensionierungsvorlage (Berechnungslayout), Flächen- und Höhenberechnung und -darstellung,
4.6 Projektierungsmethoden
173
Tabelle 4.14 Maßstabsverhältnisse bei der axionometrischen Projektion (nach ROCKSTROH 1977)
Tabelle 4.15 Hauptanwender der Modellprojektierung MP (Auswahl der Ingenieurgebiete; - mögliche Anwendung) - bevorzugte Anwendung,
• räumlichen Strukturierung und Gestaltung sowie bei der • grafischen Lösungsdarstellung, einschließlich der axionometrischen Projektionsdarstellung. • Zu den Hauptanwendern der Modellprojektierung gehören alle projektierenden Ingenieurgebiete, Tabelle 4.15.
174
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
• Die Modellprojektierung verwendet körperliche und bildhafte Modelle, mit denen zur Lösungsfindung simulativ experimentiert werden kann. Sie entspricht einer Hardware-Simulation. Das simulierte Experimentieren durch modellierte Simulation (manuell oder rechentechnisch) gehört zur Software-Simulation und wird in der Projektierung als modellierte bzw. modellierungsbasierte Projektierung (hier nicht behandelt, Abschnitt 4.5.4) und nicht als Modellprojektierung bezeichnet. Beides sind experimentelle Projektierungsmethoden.
4.6.4
Baustein- und Katalogprojektierung
Fabriken als komplexe und komplizierte Systemgebilde der Produktion besitzen spezifische Technikentwicklungen, die aufgabengerecht zu den Fabriksystemen zu synthetisieren und zu gestalten sind. Durch die Projektierung und Realisierung dieser Sachverhalte entstehen wiederverwendbare Projekte oder Projektteile, die durch eine Klassifizierung, Gruppierung und Vereinheitlichung der Objektinhalte und der Projektierungsvorschriften zu wiederverwendbaren Lösungen aufbereitet und für die Wiederverwendung gespeichert werden können, Abb. 4.70. Es entstehen nach WIRTH u. ZEIDLER (1975): • Projektbausteine (PB) für den Objektbereich (Systeme), • Projektierungsbausteine (PgB) für den Methodenbereich (Vorschriften) und • Projektierungskataloge als Projektierungsspeicher (ROCKSTROH 1977). Die Art und Weise ihrer Nutzung zur Erarbeitung von Projektierungs- und Projektlösungen wird Bausteinprojektierung (oder bausteinbasierte Projektierung) und Katalogprojektierung (oder katalogbasierte Projektierung) genannt. Projektbausteine: Wiederverwendungsfähige Projektlösungen für definierte Systeme, Teilsysteme oder Systemelemente, die mit anderen Systemen, Teilsystemen oder Systemelementen hierarchiegleich nach einem Bauplan kopplungsfähig sind und Bestandteil eines Projektes werden können. Projektierungsbausteine: Wiederverwendungs- und standardisierungsfähige Projektierungslösungen für definierte Projektierungsaktivitäten (Vorgangskomplexe, Schritte, …), die Bestandteile des ganzheitlichen Projektierungsprozesses sind. Projektierungskatalog: „Systematisch geordnetes und nach einheitlichen Gesichtspunkten in alphanumerischer und grafischer Form aufgebautes Speichersystem zur Aufnahme, Aufbereitung und Entnahme von auf Projektierungsaufgaben ausgerichteten, ständig zu überprüfenden und zu ergänzenden Projektierungsinformationen, -lösungen und -vorschriften“, ROCKSTROH (1977). Projektierungskataloge stellen Wissensspeicher der Projektierung und die Wissensmächtigkeit des Projektanten sowie ein unverzichtbares Arbeitsmittel der Projektierungssysteme dar. Besondere Inhalte sind: • Projektierungsvorschriften, geordnet nach dem Projektierungsgegenstand (Flächen, …),
4.6 Projektierungsmethoden
175
Abb. 4.70 Grundprinzip der Baustein- und Katalogprojektierung nach WIRTH
• Projektierungsbausteine und Projektierungskennzahlen für Projektierungsprozesskomplexe, • Projekt- und Objektbausteine als wiederverwendbare Projektlösungen, • Modellkataloge und Objekttypenkataloge (Maschinen, Fördertechnik, …), • Arbeitssystemtypenkatalog (Teilefertigung, Montage, Büro, …), • Vergleichsprojekte und • in aufbereiteter Form Schadensfälle, Erfahrungen und Besonderheiten.
176
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Bausteinprojektierung Projektierungsmethode, bei der die Projektierungsergebnisse unter weitgehender Nutzung von auf die Projektierung ausgerichteten Projekt- und Projektierungsbausteinen erzielt werden, Abb. 4.70. Hauptanwendungen bestehen bei den Arbeitsund Flusssystemen. Katalogprojektierung Projektierungsmethode, bei der die Projektierungsergebnisse unter weitgehender Nutzung von auf die Projektierung ausgerichteten Projektierungskatalogen erzielt werden, ROCKSTROH (1977). Beiden Methoden liegt das Kombinieren von aufbereiteten Projektlösungen zu neuen Projektlösungen zugrunde. Über eine Typisierung und Standardisierung ist ihre Anwendungsbreite sehr groß, Abb. 4.71.
Abb. 4.71 Anwendungsgebiete der Baustein- und Katalogprojektierung (Auswahl)
• Die Rationalität der Bausteinprojektierung hängt von der Zahl der Wiederverwendungen ab. Schon bei einer geringen Wiederverwendungshäufigkeit von etwa 5 Mal ist die wirtschaftliche Anwendung gegeben. • Projektierungskataloge als Arbeitsmittel gehören in jede Projektierungseinrichtung. Der geringe Aufwand für das Ordnungssystem sollte in Kauf genommen werden. • Die Projektierungskataloge sollten auch Kennzahlen, Bewertungsverfahren, Optimierungsmethoden, Objektprospekte und Erfahrungswissen (in kurzgefasster
4.6 Projektierungsmethoden
177
Form) enthalten – praktisch alles Wissen, das der Projektant „irgendwann“ benötigt. Der Buchteil 2 ist als Projektierungswissensspeicher dafür eine Grundlage.
4.6.5
Multimediale Projektierung
Multimediale Projektierung: Projektierungsmethode, mit der unter weitgehender integrierter Nutzung multimedialer Projektierungssysteme die Projektierungsergebnisse alphanumerisch sowie in Bild und Ton ganzheitlich als Real-Präsentationsmodell und Ausführungsprojekt in statischer oder dynamischer Form erarbeitet werden. Im Zuge der Rechentechnikentwicklung entstehen besonders für die gestalterische Fabrikprojektierung neue Qualitäts- und Rationalisierungsmöglichkeiten, insbesondere durch die audiovisuelle Technikvervollkommnung der so genannten MULTI-MEDIA- oder multimedialen Technik. Diese Komponenten kommen zur elektronischen Datenverarbeitung als bisheriger Schwerpunkt der rechnerunterstützten Projektierung hinzu. Die Projekte erhalten eine neue Qualität, Abb. 4.72, werden inhaltsreicher und ihre Präsentation interessanter. Mit der multimedialen Rechentechnik werden auch die Methoden und Verfahren der Projektierung inhaltsreicher, aussagefähiger und multivalenter. Die dreidimensionale (bildliche) Projektierung mit einer hohen Übereinstimmung zur Realität
Abb. 4.72 Multimediale Technik in der Fabrikprojektierung
178
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
steht im Mittelpunkt der Betrachtungen, ohne das klassische Projektieren zu vernachlässigen. Es entsteht die multimediale Projektierungsmethode mit Bild, Bewegtbild und Ton. Die bevorzugten Anwendungsgebiete der wissensbasierten multimedialen Projektierung enthält Abb. 4.73.
Abb. 4.73 Hauptzielgebiete der multimedialen Projektierung (• – bevorzugt)
• Mit der multimedialen Projektierung müssen die Wissensbasierung und die Integration in der Projektierung zunehmen. Das hat Auswirkungen auf die Ausbildung des Projektierungsingenieurs als integrierende Fachkraft für technologische, infrastrukturelle, ultrastrukturelle und bauliche Fabriksysteme. • Ergebnisse der multimedialen Projektierung liegen technisch vor (TU Chemnitz; IPA Stuttgart; Universität Rostock u. a.). Ständige Erweiterungen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass alle Projektierungsmethoden in der Zukunft gleichermaßen erforderlich sind, weiterentwickelt werden müssen und durch die multimediale Projektierung, Digitalisierung und Audiovisualisierung der Fabrik im Vordergrund (digitalisierte Fabrik → audiovisualisierte Fabrik = multimediale Fabrik) stehen.
4.6.6
Mathematische und heuristische Methoden in der Projektierung
Die Projektierung benötigt für die vielfältigen Projektierungsvorgänge Einzelmethoden mathematischer oder heuristischer Art, die nicht der Projektierung
4.6 Projektierungsmethoden
179
selbst entstammen, sondern für sie nutzbar gemacht wurden oder werden müssen, Tabelle 4.16. Tabelle 4.16 Mathematische und heuristische Methoden in der Projektierung (Auswahl)
Die aus diesen Forderungen abzuleitenden primären und sekundären Projektierungsmethoden erfordern je nach Methodenbedingung • eine Modellierung in mathematischer oder heuristischer Art, • ein zu erarbeitendes Berechnungsmodell oder • nur variierende Annahmen. Auch wirtschaftliche Einflüsse, die besonders auch der Fabrikplanung eigen sind, können zu besonderen wirtschaftlichen Methoden führen, beispielsweise bei Ersatzberechnungen. In der Projektierung erfolgt im Regelfall keine Kostenbewertungsberechnung, sondern nur eine Kostensummation der Investitionen und das Rechnen und Bewerten mit den die Kosten beeinflussenden Faktoren, den so genannten stellvertretenden Größen (Transportweglänge anstatt Transportwegkosten). Das vereinfacht und objektiviert die Projektierung auf diesem Gebiet.
180
4.7
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Projektierungsvorschriften
Projektierungsvorschrift: Einzuhaltende Projektierungsanleitung mit der innerhalb eines Projektierungssachverhaltes das Projektierungsergebnis beeinflusst wird. Die Projektierungsvorschrift muss für die Projektierung als übergreifende und spezielle Anleitung verstanden werden. Sie wird mit unterschiedlichen Inhalten für folgende Projektierungssachverhalte angewendet und auf die Systemarten (Arbeits-, Fluss-, Fabriksysteme, Fabrikstätten und Gesamtfabrik) zugeschnitten: • • • •
Projektierungsmethodik: Methodikvorschriften (der Projektierung von …), Projektierungsmethoden: Methodenvorschriften, Projektierungsverfahren: Verfahrensvorschriften, Abb. 4.60, Projektierungstätigkeiten: Tätigkeitsvorschriften.
Dieses Handbuch enthält viele Projektierungsvorschriften mit dem jeweiligen Sachbezug. Eine verallgemeinerte Darstellung enthalten Abb. 4.74 und 4.75.
Abb. 4.74 Allgemeine Gliederung und Inhalte von Projektierungsvorschriften (V)
4.7 Projektierungsvorschriften
181
Abb. 4.75 Grundzusammenhang von Methodik, Methode, Verfahren und Vorschrift der Projektierung (Beispiel mit dem Schwerpunkt Betriebsmitteldimensionierung)
Vorgegebene Projektierungsvorschriften Diese Vorschriftengruppe verkörpert Anweisungen zur Übernahme, Beachtung oder Verwendung von Vorgaben, die nicht durch das Wirken des Projektanten entstanden sind, aber das Ergebnis der Projektierung beeinflussen und durch Genehmigungsgremien kontrolliert werden. Im Grunde sind sie als Rahmenvorschriften der Projektierung einzuordnen. Objektbezogene Projektierungsvorschriften Mit dieser Vorschriftengruppe wird auf das Projektergebnis durch den Projektanten im Rahmen einer Projektierung eingewirkt. Sie sind die ursächlichen Projektierungsvorschriften, die vom Projektanten für die Projektierungsgebiete entwickelt, dokumentiert und angewendet werden. Es sind Handlungsanleitungen mit allgemeinen und industriezweigspezifischen Inhalten, die die Projektierung im Niveau qualifizieren. Das vorliegende Handbuch ist besonders auf diese Vorschriftengruppe ausgerichtet.
182
4 Grundlagen der systematischen und methodischen Fabrikprojektierung
Kontrollbezogene Projektierungsvorschriften Selbst- und Fremdkontrolle sind Bestandteile der Projektierung, um qualitativ hochwertige Projektlösungen zu erreichen. Folglich muss der Projektant seine Leistungen selbst kontrollieren und von anderen bewerten lassen. Diese Kontrollen sind durch die Vorschriften zu regeln.
4.8
Projektierungsmethodik
Projektierungsmethodik bedeutet eine systematische Vorgehensweise bei der Projektierung bzw. des Projektanten, um mit Projektierungsmethoden, -verfahren, -tätigkeiten und -vorschriften sinnvolle Projektierungsergebnisse zu erreichen, Abschnitt 4.5 und Abb. 4.75. Die Fabrik, Kapitel 6 und 7, und die Systeme der Fabrik, Kapitel 5, erfordern jeweils eine eigene Projektierungsmethodik, um, ausgehend von einer Aufgabenstellung (Programm), realisierbare Endlösungen durch Projektierung zu erreichen. Die Projektierungsmethodik für die Fabrik und für die Fabriksysteme wird wissenschaftlich erarbeitet und auf die praktische Projektierung übertragen. Grundlagen sind Systematisierungen und geeignete Methoden mit ihren Untersetzungen in den Projektierungsverfahren, -tätigkeiten und -vorschriften. Projektierung muss deshalb immer systematisch, folgerichtig und methodisch sowie auf eine optimale Lösung durch Methodiken ausgerichtet sein.
Literatur AGGTELEKY B (1971) Fabrikplanung. Carl Hanser, München BRANKAMP K (1989) Zielplanung. In EVERSHEIM, SCHUH BURKHARDT M (1993) Projektmanagement – Leitfaden für die Planung, Überwachung und Steuerung von Entwicklungsprojekten, 2. Aufl. Siemens, München CHRSCHANOWSKI SN (1952) Projektierung von Großbetrieben. Technik, Berlin EVERSHEIM W, SCHUH G (1996) Betriebshütte – Produktion und Management, Teil 2, 7. Aufl. Springer, Berlin HOAI (1990) Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure), Bundesgesetzblatt I S. 2707, Fassung vom 13 Dezember 1990 (17 September 1976, BGBl. I 2805) JEGOROW NE (1954) Grundlagen der Projektierung von Maschinenbaubetrieben. Maschgis, Moskau KETTNER H (1984) Leitfaden der systematischen Fabrikplanung. Hanser, München NEDEß C (1997) Organisation des Produktionsprozesses. Teubner, Stuttgart PFEIFER T (1996) Qualitätsmanagement. Hanser, München ROCKSTROH W (1977) Die Technologische Betriebsprojektierung, Band 1: Grundlagen und Methoden der Projektierung, 1. Aufl. (1966). Technik, Berlin ROCKSTROH W (1996) Betriebswissenschaften Produktionstechnik. Technische Universität, Dresden SCHENK M, WIRTH S (2004) Fabrikplanung und Fabrikbetrieb. Springer, Berlin WARNECKE J et al (1996) Fabrikplanung. In EVERSHEIM W, SCHUH G WIRTH S, ZEIDLER H (1975) Bausteine in der Technologischen Betriebsprojektierung und ihre Schnittparameter. Dissertation B, Technische Universität, Dresden
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Technologische Fabriksystemprojektierung: Vorausschauendes, methodisches und systematisches Entwickeln, Entwerfen und Gestalten der Funktionen, Dimensionen und Strukturen der auf die Technologie der Produktion ausgerichteten Systeme der Fabrik. Die Technologische Fabriksystemprojektierung – auch vereinfacht Systemprojektierung genannt – ist das Hauptgebiet der Fabrikprojektierung. Sie beinhaltet die Spannbreite von der Produktionsaufgabe bis zur realisierungsfähigen Fabriksystemausführung und muss die damit verbundenen Projektierungsaufgaben vorgangsorientiert und ganzheitlich in Abhängigkeit von den Fabrikgrundarten, den Projektierungsgrundfällen und den ↑ Projektierungsgrundsätzen zu einer auf hohem Niveau stehenden realistischen Lösung führen. In diesem Prozess sind • die Systeme als Ganzheit mit ihren Bezugs- und Flusssystemen sowie mit ihren inneren Beziehungen zu betrachten und als Gesamtheit zu projektieren, • die äußeren Systembeziehungen (↑ Kooperationen, ↑ Integration) zu beachten und • die Fabrik als Ganzheit oder Gesamtheit der Produktion zu berücksichtigen, Abb. 3.14 und 5.1. Mit der Technologischen Systemprojektierung erfolgt eine eindeutige Hinwendung zur Produktion. Durch die konkrete Formulierung der Produktionsaufgabe auf die
Abb. 5.1 Vereinfachter Fabrikprojektierungszusammenhang K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
183
184
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung und Unterstützung der Produktion in der Fabrik wird die Systemprojektierung eingeengt. Die Produktionsaufgabe wird zur Fabrikaufgabe, weiterführend zur Fabriksystemaufgabe und auslösendes Moment der Systemprojektierung, die mit ihren Mitteln, Methoden und der Projektantenerfahrung realisierungsreife Wirkungsstätten als Fabrik mit hoher Wirtschaftsund Zukunftsfähigkeit schaffen muss. Eine gleichzeitige ganzheitliche Projektierung der Fabrik ist ohne Projektierungsgliederung in die objektiv notwendigen Fabriksysteme noch nicht beherrschbar und weitgehend auszuschließen. Deshalb wird die Fabrik aus pragmatischen Projektierungsgründen (Umfang, unterschiedliche Projektanten, Beherrschbarkeit) über die Fabriksysteme aufgelöst, ohne den Ganzheitsanspruch außer Acht zu lassen. Eine für die Technologische Fabriksystemprojektierung geeignete Fabriksystemgruppierung enthält für jede Produktionsgrundstufe Abb. 5.2.
Abb. 5.2 Orientierung zur Fabriksystemprojektierung
5.1 Projektierungsaufgaben der Projektanalyse
5.1
185
Projektierungsaufgaben der Projektanalyse
Der Einstieg in die Projektierung mit ihrem Schwerpunkt Projektsynthese setzt eine planerische, definierende, analytische, projektierende und zuordnende Aufgabenspezifikation voraus. Für die gesamte Fabrikprojektierung muss die Projektierungsbasis geschaffen werden. Das erfolgt insbesondere durch das Produktionsprogramm, Abschnitt 2.2, die notwendige Produktionsstufung, Abschnitt 2.3, und die Fabrikzuordnungen nach Abb. 2.25 und 3.14. Unvollständige Aufgabendefinitionen, Planungsvorgaben oder Programme beeinflussen nicht nur die Qualität des Projektierungsergebnisses, sondern sie führen nicht zur Wirtschaftlichkeit eines mit umfangreichen Investitionen verbundenen Fabrikvorhabens. Das ist durch die Projektierungsbasis, Abschnitt 4.5.1, und die Aufgabenrealisierung im Rahmen der Projektanalyse zu vermeiden. Unabhängig davon, ob die Arbeit eines Vorbereitenden (Planer, Auftraggeber oder Projektant) anerkannt wird oder nicht, ist das Vorgelegte vom Projektanten zu analysieren, zu ergänzen, im Zweifelsfall neu und als verwendbare Projektierungsbasis zu erarbeiten, Abb. 5.3.
Abb. 5.3 Bedeutung und Aufgaben der Projektanalyse
Mit der Projektanalyse werden wichtige Vorleistungen für das Gesamtvorhaben erbracht. Hier steht der Projektant in der Pflicht, insbesondere durch Informationsergänzungen die Aufgabenstellung zu vervollständigen, und das nicht nur für die technologierelevanten Informationen. Mit den präzisierten Aufgabenstellungen können Projektteile an Spezialprojektanten als Ausnahme vergeben werden. Das ist mit Vertragsabschlüssen und u. U. mit nachfolgenden Rechtsstreitigkeiten verbunden.
186
5.1.1
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Ist-Zustandsanalyse und Erkenntnisgewinnung
Zu Beginn einer Projektierung sind die vorhandenen Erkenntnisse zum zu projektierenden Objekt (System) relativ gering. Selbst bei einer hohen Ähnlichkeit und trotz Vertragsabschluss ist das der Fall. Zur Vertiefung der Erkenntnisse sind mindestens drei Aufgaben zu lösen, die der Projektant als Vorleistungen einordnen kann und die im zeitlichen Aufwand, wegen der geringen Kenntnisse, schwer einzuschätzen sind: Aufgabe 1: Aufgabe 2: Aufgabe 3:
Vorbereitung und Durchführung einer Ist-Zustandsanalyse zum Projektierungsobjekt Vorbereitung und Durchführung einer Erkenntnisgewinnungsanalyse zum Projektierungsobjekt Analyse der Aufgabenstellung – sofern vorhanden – und des Objektumfeldes.
Mit der Lösung dieser Aufgaben ist eine Art studienhafte Projektierung verbunden, die Aufschlüsse zum Projekt und zur Lösung der Projektierungsaufgabe gibt (Abb. 4.9 und 4.11). Eine Unterlassung dieser Lösungen führt immer zu weniger guten Projekten und zu Mehraufwendungen.
• Die Ist-Zustandsanalyse, die Erkenntnisgewinnung und die Objektanalyse sollten als ein Teilprojekt der Systemprojektierung betrachtet, mehrfach durchgeführt und so auch geordnet werden. • Die analytische Arbeit ist eine Projektierungsvorleistung, die gründlich (vom Groben zum Feinen) durchzuführen ist und viel Zeit in der Projektsynthese spart. Die Aussagekraft des Projektanten wird erhöht. • Der Zeitaufwand für die Projektanalysetätigkeit ist mit etwa 10% (±2%) des Gesamtprojektierungsaufwandes zu schätzen. Dieses Zeitvolumen sollte Gegenstand der Projektverhandlungen sein. Ein größerer Zeitaufwand für die Analyse wird in der Projektsynthese mehr als eingespart (ca. 5%).
5.1.2
Gliederung und Erfassung des Fabrikprogramms
Fabrikprogramm: Gesamtheit der Aufgaben und Aufgabenausprägungen, die die Fabrik durch Produktion, Organisation und Tätigkeiten erfüllen soll. Jede Fabrik muss ein Fabrikprogramm als Grundlage für den Fabrikbetrieb haben, das in ursächlicher Form das Programm für die Fabrikprojektierung war. Hier liegt ein Verhältnis von Projektierung, realer Fabrik und Fabrikbetrieb vor, das von einer hohen Übereinstimmung sein sollte, Abb. 5.4.
5.1 Projektierungsaufgaben der Projektanalyse
187
Abb. 5.4 Zusammenhang von Fabrikprogramm, Technologischer Fabrikprojektierung und Fabrikbetrieb
Das Fabrikprogramm muss Auskunft über den Produktinhalt, Technologieinhalt und Planungsinhalt sowie über den „Geschäftsprogramminhalt“ der Fabrik geben. Die erstgenannten Inhalte liefern die ursächliche Informationsbasis für die Fabrikprojektierung, der Gesamtinhalt bildet nach der Projektierung und Realisierung die Informationsbasis für den Fabrikbetrieb, Abb. 5.5. Jedes Programm unterliegt einer Differenzierung nach Merkmalsgruppen, Merkmalen und Merkmalsausprägungen sowie einer Zuordnung zu den zu projektierenden Systemen, Abb. 5.5 und 5.6. Dabei sind analytische Untersuchungen von Bedeutung. Hauptziele sind die Merkmalsqualität als Informationen (Daten), die Merkmalsquantität als Informationsmenge und die Merkmalsausprägungen als ↑ Kennzahlen. Durch die Zustandsart und die Aufgabe der Bezugsgegenstände (Produkte usw.) entsteht eine Spezifik, die zu den programmeigenen Fabriksystemen mit den Unterscheidungen in 1. vorgegebenes Produktprogramm, 2. vorgegebenes oder zu erarbeitendes Produktionsprogramm (Produkt-, Technologie-, Leistungs- oder Bedarfsprogramm) der Fabrik, 3. Fabrikprogramm (Produktions-, Geschäfts- und andere Programme), 4. Systemproduktionsprogramm (Ermittlung im Rahmen der Projektanalyse), 5. Systemprojektierungsprogramm (vom Projektanten erarbeitetes Programm zur Schaffung der Projektierungsbasis für die Entwurfsprojektierung), 6. Systembetriebsprogramm (Ergebnis der Systemprojektierung) und zur Beeinflussung anderer Systemprogramme (Erhaltungs-, Kooperations-, Schutzgüte-, Verwertungs-, …, Ausbildungsprogramme) führt, Abb. 5.7. Das Produktionsprogramm ist für die Fabrikprojektierung und den Fabrikbetrieb das dominante Fabrikprogramm, das die Fabrik und die Fabriksysteme ursächlich und das Zusammenwirken der Fabriksysteme in der Fabrik bewirkt. Alle anderen Programme sind abgeleitete Programme.
188
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.5 Erfassung, Gliederung und Aufbereitung von Fabrikprogrammen
5.1 Projektierungsaufgaben der Projektanalyse
189
Abb. 5.6 Vereinfachtes Projektierungsfolgemodell der Fabrikprogrammzuordnung (unvollständig)
190
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.7 Wirkzusammenhänge der Fabrikprogramme (ausgewählte Programme)
5.1.3
Merkmalsgruppen, Arten und Aufbereitung von Projektierungsprogrammen
Merkmal: Kennzeichnende Eigenschaft zur Charakterisierung und Unterscheidung von Objekten, Vorgängen und Vorgaben oder Sachverhalten. Die Fabrik- und Fabriksystemprogramme unterscheiden sich durch die Merkmale, die einem Programm zugrunde zu legen sind. Bestimmend für die Art und Menge der Fabriksysteme und Programme sind die aufgabenauslösenden Gegenstände (Produktart, Betriebsstoffart usw.). Dominanter Aufgabengegenstand der Fabrik ist das zu produzierende Produkt mit seinen Merkmalen. Die Produktmerkmale sind zunächst durch • die Produktkonstruktion oder den Versorgungsgegenstand gegenständlicher und • die erarbeiteten Produkttechnologiedokumentationen technologischer Art, Abschnitt 2. Die Produktion ist durch Planungs- und Bedarfsvorgaben geprägt, wodurch eine dritte Merkmalsgruppe entsteht, WOITHE (1965). Dadurch muss ein Programm folgende Merkmalsgruppen enthalten (↑ Projektierungsprogramm): 1. Gegenstandsmerkmale zur Beschreibung der Gegenstandszustände und -ausprägungen, 2. Technologiemerkmale zur Beschreibung der Veränderungen und Ausprägungen der Gegenstands- bzw. Produktzustände, 3. Planungsmerkmale zur Beschreibung der Produktionsausprägung.
5.1 Projektierungsaufgaben der Projektanalyse
191
Abb. 5.8 Arten und Aufbereitung von Projektierungsprogrammen (Beispiele)
Projektierungsprogramme können in drei Arten auftreten, Abb. 5.8. Der Projektant kann ein Fabriksystem aufgrund der bereitstellbaren Merkmale mit einem definitiven, eingeengten oder indifferenten Programm projektieren. Definitives Projektierungsprogramm Diese Programmart setzt die Bekanntheit aller Merkmale der Merkmalsgruppen und ihre Ausprägungen voraus. Beim Produktionsprogramm liegen die Daten durch Produktkonstruktion und Produkttechnologie sowie durch Planungsvorgaben vor. Die rechnerunterstützte Projektierung wird durch die Rechnerleistung begrenzt. Bei
192
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
der manuellen Projektierung kann die Programmbegrenzung bis etwa 100 Gegenstandsarten als sinnvoll angegeben werden. Eingeengte Projektierungsprogramme Mit eingeengten Projektierungsprogrammen erfolgt eine Projektierung unter Verwendung von ↑ Typenvertretern. Der Projektierungsvereinfachung steht ein Mehraufwand durch Typenvertreterbildung und Umrechnung entgegen. Für die Fertigung ist dieser Aufwand hoch, für Materialflusssysteme durch die Behälterstandardisierung gering. Die Genauigkeit der Projektierung ist abhängig von der Genauigkeit des Typenvertreters. Das Programm ist für alle Projektierungsphasen geeignet, wobei die Vor- und Entwurfsgrobprojektierung bevorzugt mit Typenvertretern durchgeführt werden. Indifferentes Projektierungsprogramm Die Notwendigkeit dieser Programmart ergibt sich aus den fehlenden Merkmalen, so dass diese im Rahmen der Programmaufbereitung erarbeitet werden müssen. Umfangreiche Erfahrungen und Sachkenntnisse des Projektanten sind eine notwendige Voraussetzung. Diese Programmart führt zur dimensionellen Kennzahlenprojektierung, beispielsweise nach Abb. 4.64.
5.1.4
Ermittlung, Analyse und Planung von Programmmerkmalen
Mit der Programmerarbeitung und -aufbereitung entstehen Programmunterscheidungen durch die Informationsqualität und -quantität. Informationslieferanten für das Produktionsprogramm sind, Abb. 4.20: • die konstruktiven Bereiche • die technologischen Bereiche • die planenden Bereiche
⇒ für die Gegenstandsmerkmale (Produktkonstruktionsmerkmale), ⇒ für die Technologiemerkmale (Produkttechnologiemerkmale), ⇒ für die Planungs-/Bedarfsmerkmale (Auftraggeber).
Alle fehlenden Programminformationen für die Fabriksystemprojektierung muss der Projektant erarbeiten. Abbildung 5.5 enthält die algorithmische Vorgehensweise. Andere Möglichkeiten sind in Tabelle 5.1 aufgezeigt (↑ Projektierungsprogramm, ↑ Typenvertreter, ↑ Technologische Vereinheitlichung).
• Das Ermitteln und Analysieren von Merkmalen für die Projektierung ist eine Planungstätigkeit, die vom Projektanten durchzuführen ist. • Die Merkmalsplanung als Planungsgebiet erstreckt sich auf die Merkmalsdefinition, die Bestimmung der Merkmalsausprägung und die Vorschrift zur Merkmalsnutzung.
5.1 Projektierungsaufgaben der Projektanalyse
193
Tabelle 5.1 Informationsermittlungsmethoden
• Die Planung der Merkmalsausprägung ist abhängig von mathematischen Methoden (Statistik, Wahrscheinlichkeitsrechnung, …). Das gilt bevorzugt für die Planungsmerkmale, da diese die Projektausprägung direkt beeinflussen. • Verschiedentlich kann eine Merkmalsausprägung nur durch eine Schätzung ermittelt werden. Die Schätzung ist nachweislich zu begründen und bekannt zu geben. • Mit der Merkmalsplanung ist eine Bedarfsforderungsvorgabe bei den Planungsmerkmalen verbunden, die direkt aus den Produktionsprogrammvorgaben für die technologischen Fabriksysteme zu übernehmen sind. Für die anderen Fabriksysteme sind die Merkmale von den projektierten technologischen Fabriksystemen abzuleiten, Abb. 5.6 (↑ Bedarfsermittlung).
194
5.1.5
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Gesamtprojektkonzipierung
Die Aufgabe der Projektkonzipierung besteht in der Gliederung des Projektvorhabens in Teilprojekte, insbesondere der Fabriksystemmenge und der so genannten übergreifenden Querschnittsprojekte. Die Projektkonzipierung entspricht einem differenzierten Projekt, selbst dann, wenn die baulichen oder die logistischen Fabriksysteme als Querschnittsprojekte betrachtet werden, Abb. 5.1. Von der Projektkonzipierung darf nicht das Projektergebnisniveau abhängen, unabhängig davon, wie das Projektkonzept erarbeitet und vorgeschlagen wird.
Mit der Abb. 5.9 werden die Komplexität der Fabrikprojektierung und die Notwendigkeit einer Projektkonzeption und Projektsteuerung verdeutlicht. Unter Beibehaltung des Modells können folgende Orientierungen zur Vereinfachung der Gesamtprojektierung führen: 1. Jede dargestellte Relation zwischen den Systemen weist auf eine mögliche Integration hin. Ist diese funktionell und technisch möglich, sollte sie auch vollzogen werden. Das führt zur Reduzierung der Anzahl zu projektierender Systeme bei
Abb. 5.9 Projektkonzeptionsmodell – Gesamtfabrik
5.1 Projektierungsaufgaben der Projektanalyse
2. 3.
4. 5. 6.
195
gleichzeitiger Erhöhung der Anzahl der Teilsysteme des integrationsrealisierenden Systems. Auch eine zentrale Projektierung kann nicht alle Teilprojekte detailliert beherrschen, so dass eine Verantwortungsteilung anzustreben ist. Durch eine Projektierungsreihenfolge, die mit den technologischen Fabriksystemen beginnt, kann der Projektant dem technologischen Ideal sehr nahe kommen, gleichzeitig die Anforderungen an die anderen Systemgruppen bzw. Teilprojekte deutlicher präzisieren und die Systeme genauer definieren. Schleifenprozesse (Bezugsbasis: Relationen) der Projektierung sind solange auszuführen, bis das Projekt bzw. Teilprojekt beendet ist. Für größere Fabrikprojekte wird der Einsatz von Projektverantwortlichen für die fachlich zu unterscheidenden Systemgruppen empfohlen, die dann als Projektgemeinschaft fungieren, Abschnitt 4.4.9. Beachtenswert ist die Tatsache, dass die endgültige Fabriksystemanzahl (etwa 60 bis 85) erst durch die technologische, konstruktive und gestalterische Systemanalyse (Systemkonzeption) und die Systemsynthese bestimmbar ist.
Im Rahmen der Fabrikprojektierung lässt der Begriff Konzipierung zwei Deutungen zu, die zu unterscheiden sind: • Projektkonzeption für die zu projektierenden Systeme und • Systemkonzeption für die in der Projektierung befindlichen Systeme (Lösungen). Im erstgenannten Fall werden die zu projektierenden Systeme und die damit verbundenen Projektierungsprogramme definiert. Im zweiten Fall werden Systemlösungen gesucht, Abschnitt 4.5.2.
5.1.6
Projektanalyse für die konstruktive und gestalterische Systemprojektierung
Eine sehr große Schwierigkeit der Fabrikprojektierung liegt in der Tatsache, dass die Fabrik als Ganzes zu projektieren ist, die Technologische Projektierung einen gewissen Vorlauf benötigt, die technologischen Fabriksysteme zuerst projektiert werden müssen, die Bauwerksprojektanten und Architekten auch schon projektieren wollen, weil sie zum Projektantenkreis gehören, und der Auftraggeber auf die Gebäude- und Standortklarheit Wert legt. Dieses Problem ist nur durch eine gute Vorprojektierung mit dem Schwerpunkt Projektanalyse und mit einer gesteuerten Projektierungsdichte lösbar, Abb. 5.10. Folgerichtig kann die konstruktive Projektierung, zu der die Bauwerksprojektierung und die Systemkonstruktion gehören, erst beginnen, wenn die Technologische Systemprojektierung Klarheit zur Projektsynthese hat, und die auf die konstruktive Projektierung wirkenden Merkmale und Merkmalsausprägungen eindeutig sind. Daraus folgt eine versetzte Projektierung, Abb. 5.11.
196
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.10 Auswirkungen der Vorprojektierung auf die Projektierungsdichte (Modelle). a Ohne Vorprojektierung ( t1 ≡ Δt1). b Mit Vorprojektierung (Δt2 MFu,ZÄ ; MFu,BÄ
Potential-Prozessfunktionsmenge
(5.9)
• Funktionsmengenverschiedenheit MFu,PÄ = MFu,BÄ ;
MFu,PÄ = MFu,ZÄ
(5.10)
MFu,PÄ – Potentialänderungsfunktionsmenge MFu,BÄ – Bewegungsänderungsfunktionsmenge MFu,ZÄ – Zustandsänderungsfunktionsmenge • Funktionsmengenabhängigkeit MFu,PÄ = f [[MFu,ZÄ , MFu,BÄ ], fPÄ , Stand der Technik] Funktionsmenge
(5.11)
Der Potentialänderungsfaktor fPÄ bedeutet eine Kopplungsrealisierung in Funktionen je Bezugsfunktion und zu realisierender Aufgabe der Prozesssteuerung. Hinzu kommen die Funktionen für die Elementesteuerung des Systems. Das Ziel der Projektierung muss es sein, einfach gekoppelte Prozesse zu projektieren. Das ist jedoch nur möglich, wenn die relationsrealisierenden Bewegungsfunktionen durch eine Funktionsintegration auch die Betriebsmittel bedienenden Handhabefunktionen integrieren. Eine Forderung, die bei punktförmigen und linienförmigen Grundprozessen eher zu realisieren ist, als bei vernetzten Prozessen. Es sind weitere Prozesskopplungen zu beachten.
5.2.5
Mehrfach gekoppelte Prozesse
Mehrfach gekoppelte Prozesse entstehen durch technische Bedingungen der Funktionsausführung von Grund- und Flussfunktionen und führen zu weiteren Prozessfunktionsmengen. Es entsteht die Möglichkeit, durch ein Ordnungssystem einen übersichtlichen Prozessaufbau zu projektieren. Die Prozessordnung basiert auf der Einführung von koppelnden Teilsystemen. Verteil- und Sammelsystem Das Verteil- und Sammelsystem ist für die technische Realisierung der Grundrelationen und der damit verbundenen Flussfunktionen auszulegen. Der Systemname
5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung
211
Abb. 5.22 Einfach gekoppelter Prozess mit Verteil- und Sammelsystem. a Grundprozess. b Prozessdimension. c Linienförmige Prozessrealisierung (Übereinstimmungsprinzip). d Prozesskopplungsverhältnisse. e Ersatz-Prozessstrukturdarstellung. f Mathematisch-formales Modell
leitet sich aus den Grundrelationen (Tabelle 5.3) für vernetzte Grundprozesse ab, die – geschätzt – etwa 80% und mehr aller Prozesse ausmachen, so dass er übergreifend als Vereinfachung verwendet werden kann. Abbildung 5.22 enthält den Ansatz des Prozessaufbaus. Praktische Beispiele für das Verteil- und Sammelsystem sind Transportsysteme (Stapler, Krane) mit einer Lager- oder Speicheranbindung, integrierte Hochregallager als Zentralspeicher usw. Verteil- und Sammelsysteme führen zu einer grundsätzlichen Strukturveränderung gegenüber den Grundstrukturen, Abb. 5.22 und Tabelle 5.5. Die Funktionsmenge des Verteil- und Sammelsystems entspricht immer der Funktionsmenge, die aus der Kopplungsrealisierung für die Grundrelationen nach Tabelle 5.6 abgeleitet wird. Hinzu kommen die Funktionen des Verteil- und Sammelsystems selbst. Handhabungssysteme Die technologische Prozessfunktion Handhaben ist eine Flussfunktion (↑ Materialflusstechnik), die auf die Realisierung des Wirksystems (Arbeitsgang in der Werkzeugmaschine; Bezugsfunktion) eingangs- und ausgangsseitig ausgerichtet sein muss. Abbildung 5.23 beinhaltet die Zusammenhänge und bringt die damit verbundene 2-fach-Kopplung zum Ausdruck. Die Funktionsmenge der Handhabungssysteme ist unterschiedlich und hängt von der Arbeitssystembildung ab, Tabelle 5.7. Übergabesysteme Übergabesysteme ergeben sich aus technischen Gründen als Materialflusssysteme (Umschlag) zwischen einem Verteil- und Sammelsystem und den Handhabesystemen. Sie realisieren Anpassfunktionen. Sofern technisch möglich, sollten Übergabesysteme vermieden werden. Abbildung 5.24 beschreibt die mit einer 3-fachKopplung verbundenen Prozessverhältnisse.
212
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.23 Zweifach gekoppelter Prozess mit Handhabungs- sowie Verteil- und Sammelsystem. a Grundprozess. b Prozessdimension. c linienförmige Prozessrealisierung. d Prozesskopplungsverhältnisse. e Ersatz-Prozessstrukturdarstellung
Tabelle 5.7 Funktionsverhältnisse bei Arbeitssystemen (Beispiele)
Die Prozessfunktionsmengen sind sowohl von den Arbeitssystemein- und -ausgangsrelationen als auch vom Kopplungsgrundfall abhängig, Tabelle 5.6. Weitere Materialflussprozesskopplungen Durch inner- und außerfabrikliche Kooperationen und wegen des hierarchischen Aufbaus von Fertigungs- bzw. technologischen Fabriksystemen, kommen objektiv weitere koppelnde Materialflusssysteme hinzu. Sie beschränken sich auf
5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung
213
Abb. 5.24 Dreifach gekoppelter Prozess mit Handhabe-, Übergabe- sowie Verteil- und Sammelsystem. a Grundprozess. b Prozessdimension. c linienförmige Prozessrealisierung. d Kopplungsverhältnisse. e Ersatz-Prozessstrukturdarstellung. f Mathematisch-formales Modell
• zusätzliche Verteil- und Sammelsysteme (VSS) 2., 3. bis m-ter Ordnung, • zusätzliche Übergabesysteme (ÜS) 2., 3. bis n-ter Ordnung. Das Verteil- und Sammelsystem 2. Ordnung dient der Kopplung von technologischen Systemen mit einer geringeren Hierarchie. Die Funktionsmenge ist aus den Grundrelationen der Systemverbindungen abzuleiten. Es gelten die gleichen Grundstrukturen nach Tabelle 5.5, wenn die hierarchieniedrigeren Systeme als Bezugsobjekte betrachtet werden. Dazu enthält Tabelle 5.8 eine geordnete Übersicht von kopplungsabhängigen Prozessaufbautypen. Die Übergabesysteme 2. Ordnung (ÜS2) sind zwischengeschaltete Materialflusssysteme mit Umschlagfunktionen, die eine Verbindung zwischen den Verteilund Sammelsystemen VSS1 und VSS2 herstellen. Durch Kooperationen entstehen vor und nach den geschlossen betrachteten Systemen Übergabeschnittstellen, die als Warenein- und -ausgang bezeichnet werden, aber als Übergabesysteme fungieren. Hierdurch kann eine m-, n-fach-Kopplung für den Produktflussprozess entstehen. Es bleibt deshalb das Ziel, Übergabesysteme in die Verteil- und Sammelsysteme zu integrieren bzw. die Verteil- und Sammelsysteme so konstruktiv zu projektieren, dass Übergabesysteme nicht erforderlich werden.
214
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.8 Kopplungsabhängige Prozessaufbautypen (Prozess-Ersatzmodelle)
5.2.6
Feinheit von Prozess und räumlicher Prozessstruktur
So wie die Projektierung im Allgemeinen vom Groben zum Feinen vorgeht, so können auch die Prozesse und ihre Strukturen in der Feinheit differenziert werden, um ein rationelles Arbeiten im Rahmen der technologischen, konstruktiven und gestalterischen Projektierung zu ermöglichen. Tabelle 5.9 enthält einen praktikablen Vorschlag mit der Unterscheidung von Gesamtprozess und Teilprozess.
• Die Feinheit der Funktionen und Strukturen von Prozessen wird durch den Zweck der Projektierung bestimmt. Bei der Vor- und Entwurfsgrobprojektierung reichen Grobprozesse als Projektierungsbasis aus. Die Ausführungs- und konstruktive sowie teilweise die gestalterische Projektierung erfordern Feinstprozesse und Feinstprozessstrukturen. • Feinstprozesse sollten wegen des damit verbundenen Projektierungsaufwandes nur für genau definierte Aufgaben von Teilsystemen und Systemelementen eine
5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung
215
Tabelle 5.9 Prozessverfeinerung (Beispiele mit indirekter Flusskopplung)
Basis bilden, da grundsätzliche Systemlösungen mit Feinstprozessen nicht erzielbar sind. • Der Prozessfeinheit liegt eine hierarchische Prozessordnung zu Grunde, die relativ ist, aber den Betrachtungen von ↑ Systemen folgt, Abb. 5.25. • Eine weitere Prozessverfeinerung ist auch durch die Bildung von Funktionseinheiten möglich.
216
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.25 Geordnete Prozessverfeinerung und Prozessstrukturierungsaufbau
5.2.7
Prozesse und Prozessstrukturierung mit mehreren Produktflüssen
Insbesondere die Montage, Kommissionierung, Instandsetzung, Produktverwendung und Produktverwertung weisen mehrere Produktflüsse auf, die eine abgestimmte Prozesserarbeitung und Prozessstrukturierung erfordern. Die Vorgehensweise kann nur vereinfachend durch • den einzelnen Produktfluss, • den integrierten Produktfluss von mehreren gleichzeitig fließenden Gegenständen (Gegenstands- und Relationsdichten beachten!) und • durch Kombination erfolgen. Nur so ist die kompliziertere Strukturierung beherrschbar. Als Erstes sind die Prozesse mit den auftretenden dominanten Produktflüssen zu erarbeiten, Abb. 5.26, und nach ihrer Strukturbedeutung zu ordnen. Danach erfolgen die Strukturierungsvorgänge, wie bei einem Produktfluss, Tabellen 5.10 und 5.11. Die Kompliziertheit der Prozessstrukturierung darf nicht dazu führen, dass keine Integration von Prozessen mit mehreren Produkt- oder Gegenstandsflüssen zugelassen wird. Die Vorteile der Integration (↑ Fertigungsform), beispielsweise nach Abb. 5.28, gleichen den Mehraufwand für die aufwendigere Prozessstrukturierung mehr als aus.
• Mehrstufige Systeme mit mehreren Produktflüssen haben im Regelfall in jeder Prozessstufe ein dominantes Produktflusssystem. Dieses dominante Produktflusssystem wird zuerst strukturiert und dann werden die weiteren Produktflüsse zugeordnet, was zu Vereinfachungen führt. • Werden mehrstufige Fertigungssysteme als Verteilfertigung (↑ Fertigungsform) ausgelegt, vereinfacht sich die Strukturierung durch den Zentralspeicher,
5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung
Abb. 5.26 Prozessstufen und Produktflüsse der Produktion durch Fertigung
217
218
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.10 Analoge Modelle von Prozessgrundstrukturen mit zwei Produktflüssen
Tabelle 5.11 Prozessgrobstrukturen von Prozessen mit zwei Produktflüssen (2-fach-Kopplung)
5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung
219
Abb. 5.27 Grundstrukturprinzip als Ersatzstrukturmodell für mehrstufige Fertigungssysteme als Verteilfertigung (HELBING 1975)
Abb. 5.28 Zweistufiges Baugruppenfertigungssystem als Verteilfertigung (HELBING et al. 1984)
Abb. 5.27 und 5.28. Die Ursache der Vereinfachung liegt in der gemeinsamen Nutzung des Zentralspeichers als dominantes Produktflusssystem, an das die anderen Produktflüsse geordnet angeschlossen werden können. • Montage, Instandsetzung und Kommissionierung werden durch • gleitende oder stationäre sowie • arbeitsgang- oder produktbezogene Aufbauorganisationsprinzipien strukturiert. • Fabriken sind wie die Fabriksysteme zu strukturieren. Bezugsobjekte sind dann die Fabriksysteme oder im Einzelfall die Fabrikwirkungsstätten oder, sehr stark vereinfacht, die baulichen Hüllen (Gebäude) der Fabrikstätten.
5.2.8
Prozessstrukturbeeinflussungen
Jede räumliche Prozessstruktur wird durch das Systemprogramm, durch die Progressivität und Kreativität des Projektanten sowie durch weitere Einwirkungen
220
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.12 Projektanten- und Faktoreinfluss auf räumliche Prozessstrukturen
5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung
221
objektiv und subjektiv beeinflusst. Dabei ist zunächst wegen der besseren Übersichtlichkeit die Gesamtbeeinflussung von Interesse, Tabelle 5.12.
5.2.9
Zeitliche Prozessstrukturen
Zeitliche Prozessstruktur: Kombination von zeitlichen Relationen über die Elementemenge der räumlichen Prozessstruktur Gegenüber den räumlichen Prozessstrukturen sind die zeitlichen Prozessstrukturen in direkter Weise wenig untersucht worden. Ausgenommen sind Untersuchungen • zu den zeitlichen Prinzipien der Zykluszeit (↑ Technologische Zeiten), WOITHE (1965), MÜLLER et al. (1978), RÜSCH (1981) u. a. • zu den zeitlichen Abstimmungen bei Fließfertigungen (↑ Technologische Zeiten), KIENZLE u. MäCKBACH (1926) u. a. • zur Kontinuität, Rhythmizität und Parallelität, FÖRSTER (1983), Tabelle 5.13, • zu den Prioritätsregeln, HACKSTEIN (1989), WARNECKE (1993) u. a., • zur Durchlaufzeit (Durchlauf), WIENDAHL (1989) u. a., • zu den ↑ Technologischen Zeiten, REFA u. a. Tabelle 5.13 Verlaufsformen der Flussintensität als zeitliche Struktur der Flusssysteme FÖRSTER (1983), SCHENK u. WIRTH (2004)
222
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Zeitliche Prozessgrundstrukturen können aus der Kombination von ↑ Gleichzeitigkeit und Zeitgleichheit, LINDENLAUB (1989), über die • Prozesselementemenge MP und über die • Prozessrelationsmenge RP abgeleitet werden. Das gilt zunächst in grundsätzlicher Form, Tabellen 5.14 und 5.15. Tabelle 5.14 Zeitliche Prozesselementegrundstruktur
Tabelle 5.15 Zeitliche Prozessrelationsgrundstruktur
5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung
223
Tabelle 5.16 Zeitliche Prozessgrundstrukturen
Die vier in der Tabelle 5.16 kombinierten zeitlichen Prozessstrukturen (Z-P-1– Z-P-4) weisen einen Eignungscharakter von zeitlicher Prozesselemente- und zeitlicher Prozessrelationsstruktur mit einer geringen Speicherbildung auf. Wird die Speicherbildung bei der zeitlichen Strukturierung einbezogen, erhöht sich die Zahl der zeitlichen Prozessstrukturen. Abschließende Untersuchungen zur Speichereinbeziehung fehlen allerdings noch.
5.2.10
Produktionsorganisationsformen
Organisationsform: Form der Kombination aus zwei oder mehr Prinzipien, die innerhalb einer definierten Organisationseinheit im Zusammenhang wirken Im Rahmen der Technologischen Fabrikprojektierung wird durch Fabriksysteme erstrangig ein Einfluss auf die Produktionsaufbauorganisation ausgeübt, und die Ablauf- und Tätigkeitsorganisation vorbereitet. Das Grundsätzliche zur Produktionsaufbauorganisation soll hier aufgeführt werden. Aufbaugrundorganisationsformen der Produktion Seit langem ist bekannt (WOITHE 1965; SCHMIGALLA 1970; DOLEZALEK u. WARNECKE 1981), dass solche Aufbauformen aus der Kombination von räumlichen und zeitlichen Prinzipien ableitbar sind und technische Prinzipien zunächst keine Bedeutung hatten, außer bei der Fließfertigung, REUTER (1979, 1981). Strittig war und ist das Heranziehen der Prinzipien durch unterschiedliche Betrachtungen: Betrachtungsfall 1:
Die Produktionsaufbauorganisation ergibt sich aus der Kombination von räumlichen Anordnungs- und zeitlichen Durchlaufprinzipien, Tabelle 5.17.
224
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.17 Gebräuchliche Produktionsaufbauorganisationsformen
Betrachtungsfall 2:
Die Produktionsaufbauorganisation ergibt sich aus der Kombination von räumlichen und zeitlichen Prozessstrukturen, Tabelle 5.18.
Tabelle 5.18 Strukturbedingte Produktionsaufbaugrundformen
Betrachtungsfall 3:
Die Produktionsaufbauorganisationsform ergibt sich aus der Kombination von räumlichen, zeitlichen und technischen Prozessstrukturen (↑ Fertigungsform).
Technische Strukturen für die Prozesse sind aus der Übereinstimmung von Relationsfunktion und technischer ↑ Integration kombinierend abzuleiten. Sie führen zu den technischen Flussprinzipien und den damit verbundenen Übereinstimmungsextremen:
5.2 Grundlagen der funktionellen Systemprojektierung
225
• Übereinstimmung von Relationsfunktion und technischem Relationselement, • Nichtübereinstimmung von Relationsfunktion und technischem Relationselement, Abb. 5.29. Es ergeben sich zwangsläufig die Aufbauformen der Produktion, Tabelle 5.19.
Abb. 5.29 Technische Flussprinzipien von Prozess und System (Beispiel) Tabelle 5.19 Aufbauformen von Systemen der Produktion
Die vereinfachten, differenzierbaren Produktionsaufbauformen gelten für die technologischen Fabriksysteme und auch für die Versorgungssysteme der Fabrik. Namentliche Zuordnungen zu den Prozessgrundstufen (z. B. Fließfertigung, Fließinstandhaltung, …) und inhaltliche Untersetzungen (z. B. Verteilfertigung mit Punkt-, Linien-, Flächenverteilung) sind Präzisierungen ohne grundsätzliche Veränderungen der Aufbaugrundformen (↑ Fertigungsform).
5.2.11
Übergang von der Prozessfunktion zur Systemfunktion
Prozesse werden materiell-technisch in Systemen realisiert und sind dann so nicht mehr mit ihren Funktionen und Relationen optisch sichtbar. Der Projektant muss
226
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
natürlich den Prozess kennen, den er in das System „hineinprojektiert“, was auch wechselseitige Betrachtungen von Prozess und System, Abb. 5.14, und von Raum, Technik und Zeit, Abb. 3.26, erfordert. Der eigentliche Übergang vom funktionellen System als Prozess zum materielltechnischen Fabriksystem erfolgt über die Gl. (5.4), Abschnitt 5.2.2, d. h., über die Funktionsdichte dFu durch Integration. Daraus entstehen Systemfunktionen und Systemrelationen, Systemelemente und Systemteilsysteme mit ihren Dimensionen und Strukturen sowie insgesamt der zu projektierende Systemprozess. Tabelle 5.20 verdeutlicht den Zusammenhang in einfacher Weise für die Strukturierung und den Systemaufbau.
Tabelle 5.20 Zusammenhang von Prozess und System
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
227
• Der Zusammenhang von Prozesselement (Funktion) und Systemelement impliziert den Aufgabeninhalt des zu projektierenden Systemelementes. Bei Arbeitskräften wird dieser Sachverhalt als Arbeitsinhalt bezeichnet. • Umfangreiche Funktions- oder Arbeitsinhalte ermöglichen eine höhere ↑ Flexibilität und erfordern eine umfangreichere Organisation des Elementes. Deshalb sollten höhere Arbeitsinhalte an eine Selbstorganisation der Arbeitskräfte gebunden werden. • Beachtenswert ist der Zusammenhang von Programm- oder Aufgabenmerkmal und Funktion über die Merkmalsdichte einer Prozessfunktion, so dass das Gesamtverhältnis von
bei der Projektierung zu beachten ist. Bei gleicher Merkmalsmenge sind somit verschiedene Funktions- und Systemelementeartmengen möglich. • Sinnvoll sind immer geringe Elementeartmengen, besonders bei den Wirksystemen, da dadurch die Anzahl der Arbeitssysteme klein gehalten wird, und die Produktflussaufwendungen geringer ausgeprägt werden.
5.3
Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
Dimensionelle Projektierung: Projektierungsform, die durch die Auslegung der Systemelemente die Fabriksysteme und die Fabrik in ihrer dimensionellen Ausprägung (Dimension) bestimmt. Unter einer Dimensionierung ist das funktionsgerechte, betriebsgerechte bzw. betreibungsgerechte und beanspruchungsgerechte Auslegen oder Bemessen von Systemelementen und Systemen bis zum Standort zu verstehen. Grundlage sind das ↑ Projektierungsprogramm, die Bedarfsforderungen, Systemelementefunktionen und Systemprozesse, geordnet nach Bedarfsgruppen, woraus sich bestimmte Projektierungskomplexe ergeben, Abb. 5.30 und 5.31. Die vereinfachte Darstellung in Abb. 5.30 trifft für einzelne Fabriksysteme und für die Fabrik zu, was die Komplexität der dimensionellen Projektierung erhöht. Auch deshalb werden die Potentialfunktionen (Messen, Steuern, Regeln, technische und organisatorische Steuerungsfunktionen) nicht vertiefend für ein Teilsystem betrachtet. Da dieser Funktionskomplex aber nicht vergessen werden darf, muss er mindestens teilsystemintegriert beachtet werden.
228
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.30 Projektierungskomplexe der dimensionellen Systemprojektierung
Abb. 5.31 Ausgewählte Faktoren und Inhalte der Dimensionierungsgebiete
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
5.3.1
229
Dimensionierung technologischer Wirksysteme
Die im Kapitel 2 beschriebenen Wirksysteme werden als so genannte aktive Betriebsmittel und als Bezugsobjekte der Fabriksysteme betrachtet. Sie sind fabriksystemabhängig zu dimensionieren und müssen das zugrunde liegende Produktionsprogramm technologisch im Verfahrensbereich (Zustandsänderung) allumfassend erfüllen. Wirksysteme sind technologische Hauptausrüstungen und unterliegen der ↑ Betriebsmitteldimensionierung. Abbildung 5.32 enthält Beispiele für Wirksysteme, die auch als Werkzeugmaschine, Hauptausrüstung, Anlage, Bezugsobjekt, Arbeitsstelle, Erzeuger, Werktisch o. ä. bezeichnet werden.
Abb. 5.32 Beispiele für Wirksysteme. a Wirksystem: Entgratmaschine, Prospektbild: MÖSSNER GmbH & CO KG, Eschbach. b Wirksystem: Schleifmaschine, Prospektbild: Gebr. SAACKE GmbH & Co KG, Pforzheim
Technologische Hauptausrüstungen (z. B. Werkzeugmaschinen) sind wegen ihres Investitionsaufwandes und der Maschinenstundenkosten einzeln, gruppenweise und systemgesamt zu dimensionieren und zu bewerten. Für alle Niveauaussagen gilt folgende Unterscheidung: • Betriebsmitteleinzelniveau, • Betriebsmittelgruppenniveau und • Betriebsmittelgesamtniveau (System) für die zeitliche, technische und räumliche Nutzung, Tabelle 5.21. Die technische und räumliche Niveaubewertung sind einmalig und unterliegen weder für die einzelnen Betriebsmittel noch für das System Veränderungen. Demgegenüber ist die zeitliche Nutzungsbewertung veränderlich, relativ und absolut, Tabelle 5.21.
230
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.21 Nutzungsbewertung im Rahmen der Betriebsmitteldimensionierung (Beispiel: Wirksystem)
Relative Niveaubewertung bedeutet einen Bezug zum verfügbaren Betriebsmittel – ↑ Zeitfonds. Dagegen hat die absolute zeitliche Nutzungsbewertung einen Bezug zum verfügbaren Betriebsmittel-Kalenderzeitfonds. Alle drei Niveaubewertungen werden in objektiver Weise empfohlen. Mit der genau durchzuführenden Betriebsmitteldimensionierung der Wirksysteme als technologische Hauptausrüstungen wird die Basis für alle weiteren Dimensionierungen des Systems oder der Fabrik geschaffen. Genaue Dimensionierung bedeutet immer auch Dimensionierungswiederholungen und -prüfungen.
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
5.3.2
231
Dimensionierung von technologischen Arbeitssystemen
Die vielseitigsten und ursächlich durch Arbeit wertschöpfenden Systeme der Fabrik sind die ↑ Arbeitssysteme. Vielseitig bedeutet bei Arbeitssystemen nicht nur ihre Lösungsvielfalt, sondern auch ihre Projektierungsvielfalt hinsichtlich der Dimensionierung, Strukturierung, Gestaltung und des technischen Niveaus (einfach manuell bis hoch automatisiert) sowie ihre Hierarchiestellung in der Fabrik. In der hierarchischen Ordnung der technologischen Fabriksysteme können sie • Systeme 1. oder 2. Ordnung nach Tabelle 3.4, • ein eigenständiges und ganzheitliches technologisches Fabriksystem der Produktionsdurchführung für bestimmte Produkttechnologien (geringe Arbeitsganganzahl) als Produktionssysteme 0. Ordnung (Punktfertigung, Tabelle 3.4) oder • ein Teilsystem eines hierarchisch höher geordneten technologischen Fabriksystems sein. Der Unterschied zwischen einer Teilprozessrealisierung und einer ganzheitlichen Prozessrealisierung ist relativ gering und vorwiegend nur durch die Relationen im Ein- und Ausgangsbereich sichtbar. Ihr Anspruch an die Projektierung ist groß, obwohl sie fast alle mit dem gleichen Grundmodell nach Abb. 5.33 beschreibbar sind.
Abb. 5.33 Vereinfachtes Modell eines Arbeitssystems mit einem Wirksystem
232
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.34 Beispiel für ein Arbeitssystem (genannt: Flexible rechnergesteuerte Fertigungszelle)
Arbeitssysteme, die auch noch als Arbeitsplätze, Arbeitsstellen oder Fertigungszellen bezeichnet werden, Abb. 5.34, sind wie Fabriksysteme zu projektieren, d. h., funktionell zu bestimmen, zu dimensionieren, zu strukturieren und zu gestalten (↑ Arbeitsgestaltung, ↑ Arbeitsraum-Gestaltung). Das Besondere der Dimensionierung liegt in ihrer Abhängigkeit zur Arbeitskraft begründet, wobei vier Schwerpunkte herausragen: • • • •
der große Umfang an notwendigen Ausstattungen, Tabelle 5.22, die Besonderheit Mensch als Bedienelement und Arbeitskraft, der Bezug zur ↑ Arbeitsgestaltung und die hohe Zahl an Schnittstellen als Anbindungspunkte, Abb. 5.33.
Wegen der Vielzahl möglicher Arbeitssystemarten ist eine detaillierte und allgemeingültige Dimensionierung sehr schwierig, so dass sich der Projektant an der ↑ Betriebsmitteldimensionierung, dem Grobalgorithmus nach Abb. 5.35, Tabelle 5.22, den Grundlagen der ↑ Arbeitssysteme und den folgenden Hinweisen orientieren kann. Wirksysteme Wirksysteme (technologische Hauptausrüstung) bestimmen ursächlich die Arbeitssystemdimension durch die Zuordnung der weiteren Arbeitssystemteilsysteme (Materialflüsse, Betreibung, Erhaltung usw.). Wirksysteme beeinflussen die Arbeitssysteme durch • die integrierte Anzahl (≥1 Wirksystem/Arbeitssystem), • die Zahl der Haupt- und Nebenbedienstellen als Arbeitsstellen (↑ Arbeitsdichte), • die Zahl der Produktflüsse, Ver- und Entsorgungsflüsse,
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
233
Tabelle 5.22 Dimensionierungshinweise zum Arbeitssystem (□ - Dimensionierungsschwerpunkt)
234
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.35 Dimensionierungsfolge von Arbeitssystemen (ohne Steuerung)
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
235
• die Wirksystemgrund- und -zusatzausstattungen, • die Bauwerksbelastungen (↑ Maschinenaufstellung), • die Bedienungs- und Gestaltungsanforderungen (↑ Licht-, ↑ Luft-, ↑ Wärmeversorgung). Sie sind die technologischen Objekte, auf die Bezug genommen wird. Ihre Dimensionierung jedoch erfolgt aus der Sicht des übergeordneten Systems, Tabelle 5.21. Produktspeicherung Mit der Produktspeicherung sind Entnahme- und Aufnahmefunktionen sowie Bereitstellungs- und Abnahmefunktionen in jedem Arbeitssystem, und Ausgleichsund Störungskompensationsaufgaben bei mehr als zwei integrierten Wirksystemen verbunden. Die Speicherfunktionen sind bei der Teilefertigung und Montage unterschiedlich, Tabelle 5.23, (↑ Speicherbedarfsmengen, ↑ Speicherdimensionierung). Tabelle 5.23 Grundfälle der Produktspeicherung in Arbeitssystemen mit einem Wirksystem
Handhabungselemente Die Handhabung realisiert den Produktfluss und vollzieht sich insbesondere zwischen • den Speichern im Eingangs- und im Ausgangsbereich, Tabelle 5.24, • den Speichern und den Wirksystemen bzw. den Wirksystemen und den Speichern, • den Wirksystemen.
236
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.24 Dimensionierungsaufgaben durch Systemeinflüsse
In Folge der Relationen, der Technik und des Durchlaufs entstehen Bewegungsräume, die Bewegungszeiten erfordern, und die die Handhabungstechnik beeinflussen. Bewegungszeiten sind abhängig vom ↑ Durchsatz und von den ↑ technologischen Zeiten. Sie sind in die zwei Formen zu differenzieren: AB ZU 1. Bedienzeit (Entnahmespeicher −−t−→ Wirksystem −−t−→ Aufnahmespeicher) → Bezug: Element(e) und Ausstattungen tF o¨ 1 Entnahmespeicher; Aufnahmespeicher 2. Förderzeit (Bereitstellspeicher −− −→ tF o¨ 2 Abnahmespeicher) → Bezug: ↑ Relationen (↑ Materialflusstechnik) −−−→
Es sind in Betracht zu ziehen: • • • • •
Industrieroboter (für tZU und tAB), Zu- und Abführtechnik (für tZU und tAB, ein oder zwei Bewegungskoordinaten), Fördertechnik (für tFö), Arbeitskräfte als Bedienelemente (für tZU und tAB; Fördern mit tFö) sowie verschiedene Kombinationen.
Bedienkraft Das flexibelste Element eines Arbeitssystems ist die Arbeitskraft. Je nach dem technischen Niveau kann sie alle Tätigkeitsarten, vom technologischen Vorgang der Produktzustandsänderung (Werktisch als Wirksystem) bis zur Arbeitsystemerhaltung ausführen. Ausgenommen sind alle statischen Aufgaben, wie Speicherungen
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
237
usw. Es ist deshalb notwendig, das Arbeitssystem auch aus der Sicht des Arbeitsinhaltes der Bedienkraft zu dimensionieren. Der Einfluss auf die Flächenberechnung ist deshalb entsprechend groß. Systemforderungen an die Dimensionierung des Arbeitssystems Obwohl jedes Arbeitssystem individuell mit den Hinweisen u. a. nach Abb. 5.35, Tabelle 5.22 zu projektieren ist, können Forderungen des hierarchisch höher geordneten Fabriksystems, in das das Arbeitssystem einbezogen ist, nicht unberücksichtigt bleiben. Forderungen grundsätzlicher Art sind in Tabelle 5.24 enthalten.
5.3.3 Arbeitsplatz und Arbeitsraum von Arbeitssystemen Das Arbeiten in ↑ Arbeitssystemen erfordert eine Arbeitsplatzfläche und einen ↑ Arbeitsraum, die eine ungehinderte, sichere, schützende und gefährdungsfreie Arbeitsfolge der Arbeitssystemelemente ermöglichen müssen. Zwischen der Arbeitsplatzfläche, der Arbeitsfläche und dem Arbeitsraum bestehen Abhängigkeiten, die sich aus der Arbeitsbewegung und der Geometrie begründen, Abb. 5.36, und Einfluss auf die Flächendimensionierung nehmen. Von Interesse sind deshalb die flächenbelegenden Elemente und die Bewegungsflächen als Arbeitsflächen. Zur Erfüllung von Forderungen der Schutzgüte sind folgende Begriffsinhalte und Definitionen für die Dimensionierung von Bedeutung: 1. Arbeitsplatz: Örtlich definierter, im Regelfall horizontaler Fußbodenbereich von Arbeitssystemen. 2. Arbeitsplatzfläche: Durch Orthogonalprojektion auf die Ebene (Fußboden) örtlich fixierte Grundrissfläche des Arbeitssystems zur Aufnahme f lächenbelegender
Abb. 5.36 Arbeitsplatzfläche, Arbeitsfläche und Arbeitsraum von Arbeitssystemen
238
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Elemente und zur störungsfreien Ausübung von notwendigen Tätigkeiten eines Arbeitssystems. Die Arbeitsplatzfläche ist der Grundrissfläche des Arbeitssystems identisch. 3. Arbeitsfläche: Behinderungsfreie Teilfläche eines Arbeitsplatzes zur Durchführung von Arbeiten durch Arbeitssystemelemente. Die Arbeitsfläche entspricht einer Bewegungsfläche durch Arbeitsorganisation. 4. Flächenbelegendes Element: Arbeitssystemelemente mit Grundflächenbelegung. Die Grundflächenbelegung enthält die orthogonal projizierte Fläche und eine Sicherheitsfläche, Abb. 5.37. Flächenbelegende Elemente sind auch solche, die über der Grundfläche angebracht werden, aber die darunter liegende Grundfläche durch die Arbeitskraft oder andere Arbeitssystemelemente nicht frei zugänglich oder nutzbar ist.
Abb. 5.37 Beispiele für die Flächenbelegung. a Flächenbelegungsobjekte. b Grundrissfläche. c Belegungs- oder Aufstellfläche
5. Abstandsmaße: Notwendige Maße, die eine Nichtbelegung durch Flächen belegende Elemente und die Ausübung von Tätigkeiten ohne Behinderungen ermöglichen. Aus ergonomischen Forderungen sind zu unterscheiden: • Bedienabstandsmaße (b) zur Sicherung der Arbeitssystemelementebedienung durch Arbeitskräfte oder technische Mittel, • Instandhaltungsmaße (w) zur Durchführung von Wartungen, Inspektionen und Instandsetzungen an allen Arbeitssystemelementen, • Durchgangsmaß (d) als Wegemaß, um die Arbeitssystemelemente erreichen zu können, dmin ≥ 600 mm; dempfohlen = 800 mm, • Sicherheitsmaße ( si) für Abweichungen durch Konturen (Geradlinie) und Bewegungen. Sicherheitsgrundmaße sind Modulmaße MSi, Sicherheitsgrundmaß für Bewegungen in Konstruktionen si1 = 100 mm = MSi1,
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
239
Abb. 5.38 Arbeitssystemhöhen
Sicherheitsgrundmaß für Bewegungen außerhalb fester Konstruktionen si2 = 150 mm = MSi2. • Ausbaumaße ( xL; xB; xH) sind Endmaße, die durch Ausbauten (Anbauten) der Elemente erreicht werden können. 6. Arbeitssystemhöhen: Zum rationellen Arbeiten notwendige Höhen eines Arbeitssystems. Es sind zu unterscheiden, Abb. 5.38: • Arbeitshöhe ( hA): Wirkhöhe des Arbeitens, insbesondere durch Arbeitskräfte. Es ist eine obere und untere Arbeitshöhe zu beachten. Von Bedeutung für die Auslegung der Höhen ist ein anzustrebendes Minimalmaß für ΔhA oder ΔhA → 0. • Wirkhöhe ( hWirk): Höhe der Wirkstelle (Arbeitsstelle) des Wirksystems. • Ablagehöhe ( hAB): Höhe, die durch das Ablegen von Gegenständen (Produkte, Werkzeuge, Vorrichtungen, Prüfmittel, Programme, Arbeitsanweisungen) entsteht und in einem bestimmten Verhältnis zur Arbeitshöhe bzw. zur Arbeitskraft stehen muss. • Unterbauhöhe ( hU): Ausgleichshöhe zur Erreichung minimaler Höhenunterschiede für ein wirksames Arbeiten. • Behaglichkeitshöhe: In Abhängigkeit der Arbeitskraft stehende Höhe, um eine Raumbehaglichkeit (Raumklima) zu erreichen. Mit Bezug zur Arbeitskraft beträgt die Behaglichkeitshöhe hBH min ≥ 2,20 m, Gl. (5.12), ( hBH empfohlen ≥ 2,40 m). hBH ≤
VAR Arbeitsraumvolumen = ≥ 2, 40 m AA Arbeitsfläche
(5.12)
• Aufstellhöhe ( hAuf): Fußbodenhöhe ( hAuf2) und Höhe durch Aufstellelemente (Schwingungsisolatoren) ( hAuf1). Die ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung folgt im Allgemeinen den Darstellungen in der Abb. 5.39, d. h. auf der Basis notwendiger Flächenelemente nach Abb. 5.40.
240
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5. 39 Arbeitsplatzfläche des Arbeitssystems a Anordnung der Arbeitsplatzflächenelemente (Beispiel Maschinenarbeitsplatz) b Flächenbelegende Elemente (Belegungsfläche und Arbeitssystemlayout) c Arbeitsfläche (durch Elemente nicht belegbare Fläche)
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
241
Abb. 5.40 Flächenelemente eines Arbeitsplatzes mit einem Produktfluss
Die Berechnungen zur Arbeitsplatzfläche unterliegen unterschiedlichen Zielstellungen der Projektierung. Grundsätzlich zu unterscheiden sind: • eine Vorausbestimmung der Arbeitsplatzflächengröße im Rahmen von Fabrikinvestitionsplanungen, Projektstudien und Vorprojekten, • eine Genaubestimmung durch Berechnung im Rahmen der Entwurfs- und Ausführungsprojektierung. Vorausbestimmung der Arbeitsplatzfläche Für die Arbeitsplatzflächenvorausbestimmung in den frühen Projektierungsphasen bzw. – stufen ist nur eine summarische Ermittlung geeignet. Geeignete Methoden sind: 1. Schätz- und Vergleichsmethode Die Arbeitsplatzfläche wird von Vergleichsobjekten übernommen und korrigiert. 2. Summarische Kennzahlenmethode Diese am häufigsten angewandte Methode – WOITHE (1965); ROCKSTROH (1973); KETTNER et al. (1984); SCHENK u. WIRTH (2004) – geht in ihrer
242
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Berechnung von der Maschinengrundfläche als Bezugsfläche aus und verwendet summarische Flächenkennzahlen. Die Methode ist sowohl genau, als auch ungenau. Die Ursache liegt in der verallgemeinerten Anwendung der Flächenkennzahlen begründet (↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung). 3. Detaillierte (partielle) Kennzahlenmethode Diese Methode hat wegen der aufwendigen Kennzahlenermittlung für die Flächenelemente nach Abb. 5.39 keine besondere Bedeutung (↑ Kennzahl). Genaubestimmung der Arbeitsplatzfläche Die genaue ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung berücksichtigt ergonomische Abstandsmaße und führt zum Arbeitssystemlayout. Sehr flexibel in ihrer Anwendung ist die so genannte Ersatzflächenmethode, die entwicklungsbedingt in drei Verfahren vorliegt, Tabelle 5.25.
Tabelle 5.25 Verfahren der Ersatzflächenmethode
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
243
• Die ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung, der ↑ Arbeitsraum und die ↑ Arbeitsgestaltung stehen in einer wechselseitig zu berücksichtigenden Abhängigkeit, Abb. 5.36, und beeinflussen dadurch die Projektierung von ↑ Arbeitssystemen. • Die Arbeitsplatzfläche entspricht immer der Grundrissfläche des Arbeitssystems. Das Arbeitssystem hat darüber hinaus noch eine Deckenfläche und stereometrieabhängig eine (Zylinderform) oder mehrere fiktive oder reale Seiten- bzw. Umfassungsflächen (Polyederform). Die Arbeitssystemdeckenfläche sollte der Größe der Grundriss- bzw. der Arbeitsplatzfläche entsprechen. Höhenabhängig, Abb. 5.36 und 5.38, sind die Seitenflächen zu bestimmen. Das trifft auch für baulich nicht ausgeführte Seiten (Wände) und die Decke des Arbeitssystems zu.
5.3.4
Grundlagen der Flusssystemdimensionierung
Mit der endgültigen Funktionsbestimmung und Dimensionierung der Arbeitssysteme eines technologischen Fabriksystems liegen die Bezugsobjekte des zu dimensionierenden Fabriksystems vor, Abb. 5.41. Dabei werden die Arbeitssysteme über die Flusssysteme des Fabriksystems verbunden. Für jedes Flusssystem entstehen mindestens drei Funktionsbereiche unterschiedlicher Art, die als Funktionskomplexe geordnet dimensioniert und projektiert werden können:
Abb. 5.41 Funktionskomplexe (FK) und Projektierungskomplexe (PK) der Systemprojektierung
244
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
• Funktionskomplex 1 – enthält die anzubindenden Arbeitssysteme, • Funktionskomplex 2 – stellt die strukturdominanten Flusssysteme dar, • Funktionskomplex 3 – enthält die Systemein- und -ausgänge der Flusssysteme. Die Systemprojektierung erfolgt dann komplexweise durch die • Projektierungssachkomplexe (PK), • Funktionskomplexe (FK) eines Projektierungssachkomplexes und • Systemintegration als ganzheitliches System, Abb. 5.41. Das Systemprojektierungsmodell nach Abb. 5.41 setzt die Arbeitssysteme als grundlegend projektiert voraus, so dass die einzelnen Projektierungssachkomplexe Abstimmungen und Korrekturen erfordern, um das Arbeitssystem durch Integration, Variation und Optimierung zu verbessern, Abschnitt 5.10. Sofern zweckmäßig und gewollt, können die Arbeitssysteme auch Elemente der Flusssysteme integrierend übernehmen, beispielsweise Speicherelemente. Mit zunehmender Integration von statischen Elementen der Flusssysteme in die Arbeitssysteme verringert sich der Systembewegungsaufwand des Flusssystems und auch des Gesamtsystems. Unter Beachtung des Fabrikaufbaus und der dominanten Bedeutung der technologischen Fabriksysteme für die Fabrik müssen auch die vielfältigen Flusssysteme des technologischen Fabriksystems gleichbedeutend sein und integrierend projektiert werden. Abbildung 5.42 enthält dazu eine Projektierungsdetaillierung für die Gesamtheit und Abb. 5.43 das Dimensionierungsmodell für einzelne Flusssysteme, jeweils mit den Arbeitssystemen als Bezugsobjekte. Als unterscheidbare Teilgebiete sind nach Abb. 5.42 zu beachten: E c A c
c d e f g h i j k
Versorgungseingangsbereich für Arbeitssysteme oder Bezugsobjekte als Eingangsschnittstelle; Versorgungsausgangsbereich als Entsorgungseingangsbereich von den Arbeitssystemen oder Bezugsobjekten als Ausgangsschnittstelle und Entsorgungserfassungsbereich für die gebrauchten Gegenstände; Verbindungsfluss über das einzelne Arbeitssystem oder Bezugsobjekt; Linienförmiger Verbindungsfluss zwischen den Arbeitssystemen oder Bezugsobjekten; Vernetzter Verbindungsfluss zwischen den Arbeitssystemen oder Bezugsobjekten; Versorgungsfluss für die Gegenstandszuführung, -verteilung oder -sammlung; Entsorgungsfluss für die Gegenstandsabführung, -verteilung oder -sammlung; Umlauffluss 1 für Gegenstände, die ohne Aufbereitung eine Versorgungseignung aufweisen; Versorgungszustandserzeugung oder -bereitstellung der Versorgungsgegenstände; Entsorgungszustandserzeugung oder -bereitstellung der Entsorgungsgegenstände; Umlauffluss 2 für Gegenstände, die mit einer Aufbereitung eine Versorgungseignung aufweisen.
Die Teilgebiete schließen die Bewegung durch das Fördern und Speichern ein.
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
245
Abb. 5.42 Funktionskomplexe der Flusssystemprojektierung (Bezug zu Abb. 3.16)
Beachtenswert ist auch der Sachverhalt, dass jedes Teilgebiet einen Eingang und einen Ausgang aufweisen muss. Mit der Darstellung in Abb. 5.41 wird eine unterstützende Wirkung auf die ganzheitliche Funktionsbestimmung durch die Prozessbildung gegeben, um die Flusssysteme dimensionieren zu können. Die Darstellungen in den Abb. 5.42 und 5.43 ermöglichen folgende projektierungsrelevante Aussagen zu den Flusssystemdimensionierungen: 1. Die Wirksysteme und die Ausstattungen der Arbeitssysteme oder andere Bezugsobjekte stellen die Anforderungen an das Flusssystem, wie z. B. Gegenstandsspezifik (↑ Material), sowie an die Arten und die Formen der Bewegungen. 2. Flusssysteme sind gegenstandsabhängig hinsichtlich des Gebrauchszustandes, der Zustandsänderung und des Wiedergebrauches. Es entstehen Prozesskategorien mit unterschiedlichen Aufgaben: • Flusssysteme der Versorgung = Versorgungsflusssysteme → Versorgungssysteme (Erzeugungs- und Flusssysteme), • Flusssysteme der Entsorgung = Entsorgungsflusssysteme → Entsorgungssysteme (Fluss- und Aufbereitungssysteme),
246
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.43 Dimensionierungsmodelle mit zentraler Speicherungs- und Bewegungsdarstellung (Beispiel Produktfluss). a Real-Modell durch den Flussprozess. b Vereinfachtes Ersatzmodell mit zentraler Speicherungs- und Bewegungsdarstellung
• Flusssysteme für die Verbindung als Verteil- und Sammelsysteme oder als Umlaufsysteme. Durch die unterschiedlichen Flussgegenstände und die damit verbundenen unterschiedlichen Teilgebiete bzw. Teile der ganzheitlichen Flussprozesse sind verschiedene Flusssystemausprägungen zu beachten, Tabelle 5.26. 3. Die Notwendigkeit der Flussteilsystemgliederung ergibt sich aus der Gegenstandsaufgabe und der Dimensionierung. Es sind zu unterscheiden: • Nur – Versorgungssysteme (Wärme, Licht, Elektroenergie), • Nur – Entsorgungssysteme (AB-Produktfluss, Produktausschuss), • ganzheitliche Flusssysteme ohne Gegenstandsumlauf (überwiegend Produktfluss), • ganzheitliche Flusssysteme mit Gegenstandsumlauf (Kühlschmierstoffsysteme), • ganzheitliche Flusssysteme mit adaptivem Gegenstandsumlauf oder • Nur – Teilflusssysteme. Hieraus ergeben sich die Geschlossenheit und die Ganzheit der Flusssysteme, Abb. 5.44, wobei die
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
247
Tabelle 5.26 Kombinationstafel zur Ermittlung der zu dimensionierenden Flusssysteme (Beispiele)
• Geschlossenheit durch die entstehenden Verluste relativ ist, • die Ganzheit in Bezug zu den gezogenen Systemgrenzen steht, Abb. 3.16, und • die Systemein- und -ausgänge mit der definierten Systemgrenze übereinstimmen. Die Dimensionierung der Flusssysteme eines technologischen Fabriksystems steht in Wechselwirkung zur Systemfunktionsbestimmung und zur Systemstrukturierung,
Abb. 5.44 Geschlossenheit von Flusssystemen
248
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.45 Grundaufgaben der Dimensionierung (vereinfacht)
so dass nach der Funktionsbestimmung und nach der Strukturierung dimensioniert und dann wieder strukturiert werden muss, Abb. 5.45. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Fördern und Speichern.
5.3.5
Produktflusssysteme
Produktflusssysteme haben die Aufgabe, die Arbeitssysteme eines technologischen Fabriksystems funktionell, technisch, räumlich und zeitlich so zu verbinden, dass der objektiv notwendige Prozess störungsfrei im Fabriksystem durchführbar ist und dadurch der angestrebte Produktzustandsfortschritt erreicht wird. Zum Produktfluss eines technologischen Fabriksystems gehören die in der Abb. 5.26 enthaltenen produktartspezifischen Flüsse, die im Komplex und einzeln zu dimensionieren sind. Es entsteht die dimensionierte Ausprägung und Komplexität des ganzheitlichen Produktflusssystems, Abb. 5.26, 5.46 und 5.47, geordnet in der Dimensionierungsfolge nach Abb. 5.48. Die Dimensionierung umfasst folgende wesentliche Aufgaben: 1. ↑ Bedarfsermittlung, besonders der technologisch und betreibungsbedingten Speicher- und Bewegungsbedarfe (↑ Speicherbedarfsmengen, ↑ Bewegungsbedarfsmengen), 2. Dimensionierung der Teilsysteme (↑ Speicherdimensionierung), 3. Dimensionierung des Gesamtsystems und Erarbeitung von dimensionierten Grundlösungen in Varianten,
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
249
Abb. 5.46 Flexibles Fertigungssystem für Blechbearbeitung mit zwei Arbeitssystemen und einem zentralen Produktflusssystem (Beispiel)
Abb. 5.47 Schematische Darstellung eines zentralen Produktflusssystems (Seitenriss)
4. Dimensionierungsbewertung und dimensionierter Lösungsvorschlag, 5. Bestimmung der Elementedimension nach Größe, Art und Anzahl (↑ Betriebsmitteldimensionierung), 6. Berechnung der beanspruchungsgerechten Elementedimension. Die Produktflusssystemlösung steht in wechselhafter Abstimmung mit der Produktflussstrukturierung. Aus der strukturierten Kombination der integrierten Arbeitssysteme und des Produktflusssystems entsteht die Grobstruktur des technologischen Fabriksystems, Abschnitt 5.4, die durch die weitere Einbeziehung von dimensionierten Flusssystemen in Feinstrukturen untersetzt und dann gestaltet werden.
250
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.48 Dimensionierungsfolge für Produktflusssysteme (ausgewählte Aufgabenzuordnung)
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
251
↑ Speicherbedarfsmengen Der Speicherbedarf des Produktflusssystems ist ein struktureller Mengenbedarf, der sich objektiv aus dem funktionsbestimmten Prozess, den Systemprogrammmerkmalen (↑ Projektierungsprogramm) und den Systemeingangs-, -verbindungs- und -ausgangsbereichen, Abb. 5.42, für die nach Abb. 5.26 zu berücksichtigenden Produktflussarten ergibt. Dabei sind im Ein- und Ausgangsbereich Betreibungsstrategien und Abstimmungen mit den schnittstellenberührenden Systemen zu berücksichtigen. Objektiver Speicherbedarf bedeutet eine Unabhängigkeit von der technisch-räumlichen Zuordnung in • ein anderes, schnittstellenberührendes System, • die Produkt-Arbeits-Speicher der Arbeitssysteme oder in • eine zentrale oder dezentrale Ausführungsform, Abb. 5.49.
Abb. 5.49 Speicherungs-Zuordnungsvarianten ( V)
Die zehn Grundvarianten der Speicherbedarfszuordnung in Abb. 5.49 sind allgemeiner Natur und für jede Fabrik zu modifizieren. Hinsichtlich einer Gesamtwirkung auf den Flächen-, Raum- und Bewegungsbedarf ist die Variantenkombination V1 + V2 + V7 eine günstige Lösung, auch mit unterstützender Wirkung zur Systemautonomieausprägung. Die Variante V8 beinhaltet eine Speicherintegration mit anderen relationsverbundenen Fabriksystemen durch Eingangs- und Ausgangsspeicherintegration (System j ← System j − 1) oder Ausgangs- und Eingangsspeicherintegration (System j → System j + 1). Variante 9 sollte wegen der hohen Transport- und Betreibungsaufwendungen vermieden werden, obwohl sie in der Praxis noch häufig vorkommt.
252
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
↑ Bewegungsbedarfsmengen Der Bewegungsbedarf des Produktflusssystems ist eine von den Arbeitssystemverbindungs- ↑ Relationen, den ↑ Speicherbedarfsmengen, dem ↑ Durchsatz sowie der Durchlauf- ↑ Gleichzeitigkeit abhängige Größe. Kann eine Bediengleichzeitigkeit nicht realisiert werden, entsteht ein zusätzlicher Speicherbedarf. Über die Bedarfsgröße entscheiden die Arbeitssystemausführung und die Speicherungszuordnung nach Abb. 5.45 mit. Der Bewegungsbedarf von Produktflüssen ist zu differenzieren und zu detaillieren. Die Differenzierung in die Produktarten • • • •
Stückgutprodukte (Einzelstück, Einzelstücke im Behälter, Behälter), flüssige Fließgutprodukte, gasförmige Fließgutprodukte und in Schüttgutprodukte
aufgrund unterschiedlicher physikalischer Einflüsse ist eine Notwendigkeit. Eine Detaillierung erfolgt hinsichtlich der Bedarfsmenge. Folgende Mengen müssen beachtet werden, Gl. (5.13): Bewegungsbedarf B = Btechnologisch + BZusatz + BVerluste + BReserve Bewegungen/System
(5.13)
1. Die technologischen Programmbedarfsmengen in der weiteren Detaillierung nach • Systemeingangsbedarf, • Systemverbindungsbedarf, • Systemausgangsbedarf. 2. Die Zusatzbedarfsmengen in der Detaillierung durch den • technologischen Zusatzbedarf (Ausschuss, Nacharbeit, Garantie, …), • technologischen Erweiterungsbedarf des Systems und durch die • technologischen Zusatzaufgaben des Systems (zusätzliche Speicherung, Übergeben, Umschlagen). 3. Die Bedarfsmengen durch Verluste im Flusssystem (Leckverluste, Havarieverluste, Übertragungsverluste, Transportverluste). 4. Bedarfsmengen durch Reservebildung ↑ Speicherdimensionierung Speicher sind, wie Arbeitssysteme, zu bedienende Teilsysteme eines technologischen Fabriksystems mit zugeordneter Bewegungstechnik. Projektierungsbezug besteht zu den ↑ Speicherbedarfsmengen. Bewegungsdimensionierung Projektierungsbezug der Bewegungsdimensionierung sind die ↑ Bewegungsbedarfsmengen. Zu dimensionieren sind die Bewegungstechnik, insbesondere die
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
253
Förder- und Transporttechnik. Beeinflussungen erfolgen durch Materialflussprinzipien und ↑ Materialflusstechnik. Produktflusssystemgrundlösungen Grundlösungen für die aus Speicher- und Bewegungstechnik bestehenden Produktflusssysteme sind strukturrelevant und enthalten drei Komponenten, die eine Systemeinheit bilden, Abb. 5.50: • die Komponente der Ausführungsprinzipien (statisch, dynamisch, kombiniert), • die Komponente der Übereinstimmungsprinzipien von Prozess und System, • die Komponente der Anordnungsprinzipien (Achs-, Rand-, Achs- und Randlage).
Abb. 5.50 Kombinationswürfel zur Ableitung von Produktflussgrundlösungen mit Beispielzuordnungen
Ausführungsprinzipien Unterschieden werden die statische, dynamische und die kombinierte statische und dynamische Ausführung von Speichern, Tabelle 5.27. Basis sind dabei die durch Integration ableitbaren Flussprinzipien als technische Systemflussstrukturen (Tabelle 5.34). Übereinstimmungsprinzipien Übereinstimmungsprinzipien bringen das Verhältnis von Prozessfunktion und Systemelement zum Ausdruck, Abb. 5.32, Tabelle 5.21, ↑ Integration, Abb. 5.49 und Tabelle 5.30. Anordnungsprinzipien Die Deutlichkeit der Anordnungsprinzipien nimmt mit den mehrfach gekoppelten Produktflusssystemen zu. Tabelle 5.30 lässt auch die sogenannten Innen- und Außenverkettungen der Bezugsobjekte mit dem Produktfluss erkennen. Andererseits
254
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.27 Ausführungsprinzipien von Flusssystemen für Stückgutprodukte
Tabelle 5.28 Beispiele für Grundlösungen des Produktflusses durch Prinzipienkombination
ist der Prozess bei Verteil- und Sammelprinzipien kaum noch erkennbar, was durch die Anordnungslage, die Speicherdimensionen und die Speicherausführung weiter – für Außenstehende, nicht für den Projektanten – erschwert wird.
5.3.6
Flächen und Räume von Produktflusssystemen
Das Realisieren und das Betreiben von Produktflusssystemen eines technologischen Fabriksystems erfordern hinreichend genau dimensionierte Systemflächen und Sys-
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
255
Abb. 5.51 Produktflusssystem ohne Speicherintegration (ÖProduktfluss)
temräume. Zwischen der ↑ Produktflusssystemfläche und dem ↑ Produktflusssystemraum bestehen Abhängigkeiten durch • die Teilsystemhöhen, • den Grad der vollständigen Einbeziehung des dem technologischen Fabriksystem zuzurechnenden Produktflusssystems, Abb. 5.51 und 5.52, • die strukturierte und gestaltete Produktflusssystemlösung des technologischen Fabriksystems. Bei gleichem Speicherbedarf und gleichem Bewegungsbedarf können durch die ↑ Speicherdimensionierung und ↑ Integration sowie durch die Bewegungsdimensionierung in Verbindung mit der Integration und ↑ Kooperation sowohl unterschiedliche Produktflusssystemflächengrößen als bodenberührende Fabrikflächen als auch unterschiedliche ↑ Produktflusssystemräume und -höhen entstehen. Dabei bleiben die Flächenanteile des Produktflusssystems erhalten. Sie sind jedoch in ihrer Zuordnung und Ausprägung unterschiedlich, wie die Beispiele in den Abb. 5.51 bis 5.55 zeigen. Der Einfluss der Projektierung auf die Systemflächengröße und Systemraumgröße über die Systemstrukturierung ist groß. Als eine minimale Flächengröße werden etwa 65% und als maximale Flächengröße werden etwa 120% und mehr der Arbeitsplatzflächengröße erreicht. Hinzu kommen Flächengrößen für zentralisierte Produktflusssysteme der Fabrik, wie Eingangslager, Ausgangslager, Zwischenlager oder Kommissionierlager. Dezentralisierung und Zentralisierung der Produktflüsse in der Fabrik sind die gegenwärtigen Alternativvarianten.
256
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.52 Produktflusssystem mit Speicherintegration und Kennzeichnung der Produktflussflächen und -räume
Abb. 5.53 Flächenaufwändiges Produktflusssystem eines technologischen Fabriksystems als Fertigungssystem (Darstellung ohne Transportwegfläche) von MOURAKI u. MATSUMURA (1975)
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
257
Abb. 5.54 Flächenminimales Fertigungssystem durch Flächenüberlagerung, SCHWABE (1971)
Abb. 5.55 Flächenminimiertes Produktflusssystem eines zweistufigen Fertigungssystems von HELBING et al. (1984) – Groblayout
258
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.56 Flächenanteile des Produktflusssystems
Die Zukunftsalternative besteht jedoch im Schaffen vollständig integrierter technologischer Fabriksysteme hoher Autonomie. Unabhängig vom Niveau der Systemintegration hat das Produktflusssystem objektiv notwendige Flächenanteile, die zu projektieren sind, Abb. 5.56, und aus denen sich die Raumgrößen ableiten lassen. Für das Produktflusssystem sind die Arbeitssysteme die anzubindenden Quellen und Senken zur Realisierung von ↑ Relationen. Das ermöglicht wiederum die Integration von Produktfluss, Arbeitsspeicher und Wirksystem. Ähnliches gilt für die Fabrikein- und -ausgänge mit Produktflussbezug. Bei der Dimensionierung der ↑ Produktflusssystemfläche und ↑ Produktflusssystemräume sind allgemeine Regeln der ↑ Schutzgüte zu beachten. Dazu gehören Sicherheitsabstandsmaße (Gl. (5.14), Tabelle 5.29) 1. Sicherheitsabstandsmaß für Bewegungsflächen und flächenbelegende Elemente Sicherheitsabstandsmaße si können modularisiert werden, Gl. (5.14) si = n · MSi
m
(5.14)
5.3 Grundlagen der dimensionellen Systemprojektierung
259
Tabelle 5.29 Sicherheitsabstandsmaße für die Flächendimensionierung (Regelmaße)
MSi – Sicherheitsmodulmaß ( MSi1 = 100 mm für Elementeanordnungen) ( MSi2 = 150 mm für Anordnung beweglicher Elemente) n – Modulzahl ( n = 0,5; 1; 2; 3; 4; 6) Für flächenbelegende Elemente beträgt n im Regelfall n = 1 und bei sich bewegenden Elementen ist n ≥ 2, Tabelle 5.29. Die Produktflussflächenberechnungen unterliegen verschiedenen Zielstellungen: • Vorausbestimmung der Flächengröße im Rahmen der Fabrikinvestitionsplanung, von Projektstudien oder Vorprojekten, • Genauberechnung der Flächengröße bei der Entwurfs- und Ausführungsprojektierung, • Nachweisrechnung der Flächengröße für den Schutzgütenachweis. Flächenvorausbestimmung Eine Vorausbestimmung der Produktflussflächengröße ohne Kenntnisse der Systemlösung ist mit Ungenauigkeiten verbunden. Geeignet sind:
260
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
1. Schätz- und Vergleichsmethode Es werden die Flächenwerte von Vergleichsobjekten übernommen und die Flächengröße durch Korrekturen zum Vergleichsobjekt geschätzt. APF1 ≈ APFVergleich · (1 ± fK )
m2 /Produktflusssystem
APF2 ≈ AAP · (1 + fA,B + fA, sp + · · · + fA, fr ) · (1 − ηÜ, PF )
(5.15.1) (5.15.2)
m /Produktflusssystem 2
Der Korrekturfaktor fK berücksichtigt die Flächenveränderungen zum Vergleichsobjekt bei Durchsatzgleichheit und Flächenintegration. Die Flächenfaktoren fA werden für die Flächenanteile nach Abb. 5.56 fachlich geschätzt und mit dem ebenfalls geschätzten Flächenüberlagerungsgrad Ü,PF korrigiert. 2. Summarische Kennzahlenmethode Diese Methode setzt summarische Flächenkennzahlen fA,PF für die Gesamtfläche oder für die Teilflächen und die Kenntnis der Arbeitsplatzgesamtfläche AAP,g voraus. Die Sammlung solcher Kennzahlen über Jahre ist eine wichtige Tätigkeit des Projektanten, Tabelle 4.10. APF = AAP,g · fA,PF
m2 /Produktflusssystem
(5.16.1)
APFj = AAP,g · fA,PFj
m2 /Produktflusssystemteilfläche
(5.16.2)
Die detailliertere Berechnung nach Gl. (5.16.2) ermöglicht auch eine genauere Schätzung durch Vergleiche, sofern erforderlich. Genau- und Nachweisberechnung Die Genauberechnung der Fläche setzt die Kenntnis des strukturierten und gestalteten Produktflusssystems, etwa nach den Abb. 5.51 bis 5.55, voraus. Geeignete Berechnungsmethoden sind die • Ersatzflächenmethode (in Analogie zur ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung), • modellbasierte Berechnungsmethode (Modellprojektierung) unter Verwendung von Berechnungslayouts (Abb. 4.68) und als Ausnahme die • experimentelle Berechnungsmethode und Einbeziehung simulierter Bewegungsvorgänge mit Kollisionsuntersuchungen. Als Nachweisberechnung gilt der Schutzgütenachweis zum Arbeitsschutz durch • Sicherheitsabstandsmaße, • Ausschluss von Kollisionen und • Vermeidung von Personengefährdungen (einschließlich Besucher). Nach dem Grundsatz „wo eine Fläche ist, da ist auch ein Raum“, sind insbesondere bei den Produktflusssystemen die Räume – speziell die Bewegungsräume – zu dimensionieren. Sie nehmen Einfluss auf die baulichen Fabriksysteme, den
5.4 Strukturelle Systemprojektierung
261
Wärmeenergiebedarf und auf die Investitionskosten, Abschnitte 5.10.4 und 5.10.5 (↑ Produktflusssystemraum).
• Die endgültige Dimension des Produktflusssystems ergibt sich nach der durchgeführten Systemstrukturierung, da durch sie Einfluss auf die Elementeanordnung, die Grundflächengröße und auf die räumlich-technischen Zusammenhänge genommen wird. • In Parallelität zur Systemstrukturierung erfolgt auch die geometrische Formbildung des Systemspeichers, womit zugleich eine Überleitung zur Systemgestaltung verbunden ist. • In der praktischen Projektierung wird solange dimensioniert → strukturiert → dimensioniert → strukturiert usw., Abb. 5.45, bis die Systemlösung für den Auftraggeber und Projektanten zufriedenstellend und endgültig ist.
5.4
Strukturelle Systemprojektierung
Strukturelle Systemprojektierung: Projektierungsform, die im Rahmen der strukturierenden Projektierungsaktivitäten das Systemgefüge der Flusssysteme, der Fabriksysteme und der Fabrik entwickelt und bestimmt. Die strukturelle Systemprojektierung, die vereinfachend auch als Systemstrukturierung bezeichnet wird, ist eine methodisch-kreative Projektierung, bei der mit Projektierungsaktivitäten der innere Zusammenhalt des Systems (Systemstruktur) auf der Basis sachlicher Zusammenhänge nach Gl. (5.17) entwickelt und die geeignete Systemstruktur als Projektierungslösung bestimmt wird. Jede Systemstruktur S enthält nach Gl. (5.17) drei Komponenten, Tabelle 5.30: • die anzuordnende Elementemenge des Systems ME, • die Anordnung der Systemelemente im Raum AE, • die Relationen über die Menge und Anordnung der Systemelemente RM,A. Systemstruktur Sj = ME ; AE ; RM ,A j
(5.17)
Jedes System hat eine eigene Systemstruktur, die sich von anderen Systemen durch • die realen Systemstrukturkomponenten, • den zugrunde liegenden Prozess und durch • den Projektierungseinfluss des Projektanten unterscheiden. Jedes System muss somit individuell, entsprechend den vorliegenden Sachverhalten der Strukturkomponenten, und nach einheitlichen Regeln strukturiert werden.
262
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.30 Beispielhafte Erläuterung der Systemstrukturkomponenten für ein Produktflusssystem
5.4.1
Systemstrukturierungsordnung
Die methodische Systemprojektierung geht von einem definierten ↑ System mit einer Systemordnung aus, um übersichtliche Vereinfachungen zu schaffen. Strukturierungsbeeinflussende Systemkategorien Diese Kategorien berücksichtigen die Komplexität der Systemstrukturierung durch die Menge der objektiv einzubeziehenden Flusssysteme, Abb. 3.15, da jedes Flusssystem einzeln und im Gefüge mit anderen Flusssystemen zu strukturieren ist. Systemkategorie 1: Systeme, die auf der Basis eines Flusssystems entstehen und deren Struktur nur aus diesem Flusssystem gebildet werden kann. Zu dieser Systemkategorie gehört jedes gegenstandsabhängige Flusssystem sowie Systeme mit einem punktförmigen Prozess, Abb. 5.57. Systemkategorie 2: Systeme, die mehrere Flusssysteme enthalten und von denen ein Flusssystem systemstrukturdominant ist, während die anderen Flusssysteme vorgangsorientiert sind. Hierzu gehören im Regelfall bestimmte Teilefertigungssysteme sowie die Ver- und Entsorgungssysteme, Abb. 5.58. Systemkategorie 3: Systeme, die mehrere Flusssysteme enthalten und von denen ein oder mehrere Flusssysteme als Gruppe strukturdominant und die anderen vorgangs- oder flussorientiert sind. Zu dieser Systemkategorie gehören die technologischen Fabriksysteme mit mehreren Produktflüssen (Montage), aber auch
5.4 Strukturelle Systemprojektierung
263
Abb. 5.57 Beispiele für die Systemkategorie 1. a Systeme mit einem Flusssystem. b Systeme mit punktförmigen Prozessen
Abb. 5.58 Vereinfachte Beispiele für Systeme der Kategorie 2
die mit nur einem Produktfluss und mehreren Produktflussteilsystemen (Teilefertigung). Die Systemstrukturierung wird komplexer durch die Zahl der strukturdominanten Flusssysteme, Abb. 5.59, und sie vereinfacht sich durch Anpassung der richtungsorientierten Flusssysteme. Die Flusssysteme besitzen jeweils einen eigenständigen Prozess und können auch verschiedene Systemstrukturen erfordern. In diesem Fall gilt: Vereinfachung durch Vereinheitlichung vor Strukturvielfalt. Sofern keine erfinderischen Lösungen durch die Systemstrukturierung angestrebt werden, erfolgt die Systemstrukturierung • grundsätzlich nach dem dominanten Produktflusssystem (Produktfluss mit dem größten Durchsatz) oder • nach der Effizienz und technischen Güte der Strukturlösung.
Abb. 5.59 Vereinfachtes Beispiel für die Systemkategorie 3
264
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.60 Fabrikstrukturierungshierarchie
Alle dann noch zu strukturierenden Flusssysteme müssen sich dieser Grundstruktur anpassen. Das muss nicht mit Nachteilen verbunden sein. Systemhierarchieorientierte Strukturierung Die Fabrik als ganzheitliches System der Produktion muss in drei Hierarchieebenen strukturiert und somit auch technologisch projektiert werden. Mit der hierarchieorientierten Systemstrukturierung wird eine Vereinfachung möglich, indem die zu strukturierende Systemmenge ME hierarchisch geordnet wird und überschaubar bleibt. Diese Strukturierungsordnung ist besonders bei den technologischen Systemen anzuwenden, Abb. 3.15. Es ergeben sich die Verhältnisse nach Abb. 5.60 mit der Übersichtlichkeit der Systemelementemenge. Durch die hierarchische Strukturierung der Fabrik haben die Systeme der unterschiedlichen Hierarchieebenen jeweils eine übersichtliche Bezugsbasis mit strukturierten Elementen. Abbildung 5.60 enthält ein Beispiel zur Erläuterung. Flusssystemorientierte Systemstrukturierung Jedes Flusssystem kann – dem Grundsatz nach – die Erstbasis für die Systemgrundstrukturierung bilden, wenn es die Zweckmäßigkeit erfordert, Abb. 5.57 bis 5.59. • Produktf luss: Produktflusssysteme erreichen eine Strukturdominanz bei allen technologischen Fabriksystemen. Die Zweckmäßigkeit ist durch die Relationsrealisierung über die technologischen Zustandsänderungen zwangsläufig gegeben, Abschnitt 5.2. Zur Systemgrundstrukturierung werden herangezogen: • Wirksysteme und Handhabungssystem HHS bei der Arbeitssystemgrundstrukturierung, Abb. 5.23 und 5.61, • Arbeitssysteme und das relationsrealisierende Verteil- und Sammelsystem VSS1 bei der technologischen Fabriksystemstrukturierung, Abb. 5.23, Tabelle 5.8 oder Abb. 5.47, • Fabriksysteme und das relationsrealisierende Verteil- und Sammelsystem VSS2 bei der Fabrikstrukturierung, Tabelle 5.8. Übergabesysteme haben als
5.4 Strukturelle Systemprojektierung
265
Abb. 5.61 Strukturierte Systeme unterschiedlicher Systemhierarchie (Beispiele). a Systemgrundstrukturtyp. b Strukturiertes Arbeitssystem eines Fabriksystems. c Strukturiertes technologisches Fabriksystem
gekoppelte Produktflussteilsysteme keine Grundstrukturierungsdominanz. Sie führen zur Strukturverfeinerung. • Fabrik und kooperative Fabrikflüsse bei Fabrikkomplexen, Tabelle 3.4 • Betriebsmittelfluss: Die Betriebsmittelflüsse führen bei den technologischen Fabriksystemen zur erweiterten Systemstrukturierung. Sie haben bei den Betriebsmittelflusssystemen Strukturdominanz. • Energiefluss: Die Energieflüsse haben eine Strukturdominanz nur bei den Energieflusssystemen. Bei der Strukturierung der technologischen Fabriksysteme wirken sie strukturerweiternd. Antriebsenergieflüsse hatten in der Manufaktur und zu Beginn der Industrialisierung eine Strukturdominanz für die technologischen Fabriksysteme durch den Zentralantrieb (Transmission durch Wasserkraft, Windenergie und Dampf), was zukünftig in ähnlicher Form wieder möglich ist. • Betriebsstofffluss: Betriebsstoffflüsse haben nur eine Strukturdominanz bei den eigenen Betriebsstoffflusssystemen. Im Regelfall werden diese den Systemstrukturen der technologischen Fabriksysteme – und auch den Fabrikstätten – strukturell angepasst. Die große Menge an Betriebsstoffflüssen (Versorgungs- und Entsorgungsvielfalt) führt zur Komplexität von technologischen Fabriksystemstrukturen, Abb. 3.16.
266
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
• Informationsfluss: Hier liegt nur eine Strukturdominanz für die Informationsflusssysteme selbst vor. Sie werden den technologischen Fabriksystemstrukturen sinnvoll angepasst, selbst dann, wenn die Informationen mit dem Produktfluss übertragen werden. • Personenfluss: Der Personenfluss kann bei ausgeprägten manuellen Systemen eine Strukturdominanz erreichen. Auf alle Fälle sind im Rahmen der Systemstrukturierung die manuellen Tätigkeiten (Bedienung, Bewegung, Instandhaltung u. a.) zu berücksichtigen, da sonst eine ↑ Arbeitsgestaltung erschwert wird und die Systeme inhuman werden. Mit der flusssystemorientierten Systemstrukturierung wird ein Ordnungssystem geschaffen, um die komplizierte Systemstrukturierung zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten. Für die technologischen Fabriksysteme enthalten Tabelle 5.31 und Abb. 5.62 beispielhafte Darstellungen der Zusammenhänge. Tabelle 5.31 Struktureinflüsse bei der technologischen Fabriksystemstrukturierung
Strukturierungsbeeinflussende Systemkomplexe Die geordnete Systemstrukturierung geht von der Bildung von Strukturierungskomplexen aus, da eine gesamte Systemstrukturierung in einem Strukturierungsschritt (noch) nicht beherrschbar ist. Abbildung 5.62 enthält mit dem Bezug zu einem technologischen Fabriksystem eine Übersicht derartiger Strukturierungskomplexe, die relativ allgemeingültig, aber für jede Systemstrukturierung zu präzisieren ist, beispielsweise für Arbeitssysteme und für die Fabrik. Unter Beibehaltung des Grundmodells kann der Zusammenhang nach Abb. 5.62 auch auf die Ver- und
5.4 Strukturelle Systemprojektierung
267
Abb. 5.62 Zusammenhangdarstellung unterscheidbarer Strukturierungskomplexe für technologische Fabriksysteme (BS – Bezugssystem)
Entsorgungssysteme sowie auf die Fabrikstätte übertragen werden, sofern die Bezugssysteme definiert werden können. Strukturbeeinf lussung durch Integration Ein System der Fabrik besitzt mehrere Strukturen und Strukturkomponenten, die durch die ↑ Integration in ihrem Niveau beeinflussbar sind, Abb. 5.63. Die ganzheitliche Systemstruktur muss die Aufgabenstruktur berücksichtigen, die Prozessstruktur verwirklichen und den technisch-räumlichen Zusammenhang jedes einzelnen Flusssystems und der Flusssysteme zueinander zum Ausdruck bringen. Diese
Abb. 5.63 Einflüsse der Integration auf die Systemstruktur
268
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
komplexe Strukturierungsaufgabe ist nur durch eine flusssystemorientierte Vorgehensweise mit einer technischen und räumlichen Komponente lösbar. Die zeitliche Strukturierung wird aus Gründen der Übersichtlichkeit als ein „Davon-Ergebnis“ zur Geschwindigkeits-Raum (Weg)-Zeit-Relation des Systems betrachtet, Abschnitt 5.2.9. Strukturbildung durch Teilsystemstrukturierung Die ganzheitliche Flusssystemstrukturierung erfolgt auf der Basis der Teilsystemstrukturierung, wobei ein Flusssteilsystem eine Dominanz besitzt. Das ist im Regelfall das grundrelationsrealisierende Verteil- und Sammelsystem. Beispiele sind in den Abb. 5.46 und 5.47 sowie in Tabelle 5.32 und Abb. 5.64 enthalten. Tabelle 5.32 Strukturierungsbezüge
Abb. 5.64 Beispiel für die Teilsystemstrukturierung und Systemstrukturierung von Fabriksystemen und Fabriken (ein Strukturtyp für mehrere Systeme oder Teilsysteme)
5.4.2
Räumliche Grundstrukturen von Flusssystemen
Räumliche Grundstruktur: Grundsätzliche Systemelementeanordnung im dreidimensionalen Raum mit der Bildung von Bewegungsräumen für die Flussrelationen des Systems.
5.4 Strukturelle Systemprojektierung
269
Räumliche Strukturen müssen die Anordnung der – zu bedienenden oder statischen – Systemelemente und ihre Bedienbarkeit im Raum durch Bewegungselemente des Flusssystems berücksichtigen. Das ist gewährleistet, wenn der Bewegungsraum die gleiche oder eine größere Dimension als der Elementeanordnungsraum besitzt. Zur verständlichen Darstellung werden die aus der Geometrie bekannten raumbildenden Elemente • • • •
Punkt Linie Fläche Raum
→ → → →
0-dimensional, 1-dimensional; ≥2 Punkte, 2-dimensional; ≥2 Linien, 3-dimensional; ≥2 Flächen
und ein Würfelmodell zur Darstellung verwendet. Abbildung 5.65 enthält hierzu ein Beispiel zur Erläuterung.
Abb. 5.65 Beispiel für eine räumliche Systemgrundstruktur (L-L-Struktur)
Jede räumliche Systemgrundstruktur kann modifiziert und dadurch verfeinert werden, und zwar • nach der Anordnungslage in Achslage, Randlage, Achs-/Randlage, • nach der Anordnungsfläche(-flur) in Fluranordnung (Fußboden-), Seitenfluranordnung (Wand-), Überfluranordnung (Decken-/Aufstellebenen-), die zu den baulichen Systemtragwerken führen, • nach der Flussanordnung in Außenlage (Randlage, Außenverkettung), Innenlage (Achs-/Mittellage, Innenverkettung). Die verfeinerten räumlichen Strukturen eines Grundstrukturtyps ergeben sich somit aus der Kombination der Anordnungen im Raum und zueinander (Element und Fluss). Als räumliche Systemgrundstrukturen sind 10 Grundtypen existent, die
270
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.33 Räumliche Systemgrundstrukturen
übersichtlich in der Tabelle 5.33 dargestellt werden und in jeweils bis zu 18 Modifikationen (6 × Würfelflächen, 3 × Anordnungslage: Achs-, Rand-, Achs-Rand-Lage) auftreten können.
• Die räumlichen Systemgrundstrukturen sind idealisierte Grundstrukturen, die grundsätzlich für alle Flusssysteme der technologischen Systeme (Arbeitssysteme, technologische Fabriksysteme, Fabrik) und der infrastrukturellen Systeme zutreffend sind, wegen der Übersichtlichkeit jedoch einzeln dargestellt werden sollten. • Beachtenswert ist die Tatsache, dass die vier räumlichen Prozessgrundstrukturen, Tabelle 5.5, durch zehn räumliche Systemgrundstrukturen, Tabelle 5.33, praktisch realisierbar sind. Durch die Raumkoordinaten verändern sich die Prozessrelationen. Der Prozess wird in den Raum „gezogen“. • Die Relationsdimensionen über die Systemelementemenge (ME) und die Systemelementeanordnung ( AE) im Raum ergeben den konkreten Bewegungsraum des Flusssystems. Dieser Bewegungsraum ( VB) muss gleich oder größer als der Elementeanordnungsraum ( VAE) sein, Gl. (5.18).
5.4 Strukturelle Systemprojektierung
• •
• •
271
Bewegungsraum VB ≥ Elementeanordungsraum VAE
(5.18.1)
Bewegungsdimension ≥ Elementeanordnungsdimension
(5.18.2)
Der konkrete Bewegungsraum bzw. die konkrete Bewegungsdimension des Flusssystems können erst nach der räumlichen Systemgrundstrukturierung projektiert werden. Das trifft für alle Flusssysteme und speziell für die Ver- und Entsorgungssysteme für Energie, Betriebsstoffe, Betriebsmittel, Informationen sowie für die Personen zu. Der Personenfluss kann die Systemgrundstruktur beeinflussen, sofern der Produktfluss von Personen (beispielsweise bei Arbeitssystemen, Verwaltung) übernommen wird. Auf die Systemprojektierung der Flusssysteme haben auch die Modifikationen nach Abb. 5.65 einen Einfluss, so dass die zu projektierende räumliche Systemgrundstruktur durch ihre Strukturmodifikation die Projektierungsbasis bildet. Mit den räumlichen Systemgrundstrukturen wird das System in seinen räumlichen Koordinaten definiert und die Basis für Bewegungsaufwendungen geschaffen. Für die zeitlichen Bewegungsaufwendungen sind die räumlichen und technischen Komponenten des Flusssystems zu definieren, Abb. 3.26. Räumliche Systemgrundstrukturen müssen durch technische Systemgrundstrukturen des Flusssystems kombiniert werden, um Systemstrukturen entwickeln und projektieren zu können. Die hier zur Strukturierung des Produktflusssystems getroffenen Aussagen gelten weitgehend für alle Flusssysteme der Fabrik. Besonderheiten liegen beim Personenfluss hinsichtlich der räumlichen Anordnung und der fehlenden Speicherung vor.
5.4.3
Technische Grundstrukturen von Produktflusssystemen
Technische Grundstruktur: Grundsätzliche technische Realisierungsform eines Flusssystems oder Flussteilsystems zur Bewegungsdurchführung in räumlichen Systemstrukturen Systemstrukturen besitzen neben der räumlichen und zeitlichen eine technische Struktur, wobei die zeitliche Systemstruktur nur aus der räumlichen und technischen Strukturkomponente ableitbar ist, Abb. 3.26, Tabellen 5.14 und 5.15. Die technische Struktur von Systemen ergibt sich aus den Komponenten • Speichern und • Bewegen durch Fördern, Handhaben, Transportieren usw. Unter Beachtung der Flussprozesskopplung, Tabelle 5.6, und durch den Einfluss der technischen Integration ergeben sich grundsätzliche technische Flusssystemstrukturen, die auf der Basis von Flussstrukturprinzipien entstehen. In Abb. 5.66 werden
272
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.66 Beispiel für die technische Strukturbildung mit geometrisch gleichen Speichern
diese Zusammenhänge der technischen Strukturbildung erläutert. Tabelle 5.34 enthält die sinnbildlich dargestellte Gesamtübersicht. Die technischen Systemgrundstrukturen wurden für Flusssysteme mit Stückgütern entwickelt, HELBING (1986). Grundsätzlich sind sie auch auf Flusssysteme für Schütt- und Fließgüter übertragbar, Abschnitt 5.5.
5.4.4
Entwicklung von Systemstrukturen
Systemstruktur: Technisch-räumliches Systemgebilde mit einem bestimmten Zusammenhalt und mit bestimmter Gestalt. Systemstrukturen entstehen im Ergebnis einer Kombination von räumlichen und technischen Strukturkomponenten. Sie sind das Ergebnis einer Projektierungsentwicklung durch • systematisches Kombinieren von Strukturkomponenten oder durch • Intuition des Projektanten. Systementwicklung durch Strukturierung bedeutet, dass ein System mehrere Strukturen haben, aber nur eine Struktur als Systemlösung projektiert und realisiert
5.4 Strukturelle Systemprojektierung Tabelle 5.34 Technische Systemgrundstrukturen
273
274
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
werden kann. Dadurch entsteht ein Projektierungszwang zur Systemstrukturierung in Varianten mit • der Erarbeitung von Systemstrukturvarianten, • der Bewertung der Systemstrukturvarianten, • der Auswahl der für den Projektierungsfall günstigsten Systemstrukturvariante und • der Systemprojektierung mit der ausgewählten Systemstrukturvariante. Die ausgewählte Systemstrukturvariante soll die optimale Lösung sein, die dann weiterführend projektiert („durchprojektiert“, durchgehend projektiert) wird. Systemgrundstrukturbildung Systemstrukturen basieren auf Systemgrundstrukturen, die für alle Teilsysteme eines ganzheitlichen Systems zutreffend sein können. Systemgrundstrukturen entstehen durch Kombination von technischen und räumlichen Strukturkomponenten, wie sie in den Abschnitten 5.4.2 und 5.4.3 dargelegt und in der Abb. 5.67 beispielhaft durch Zuordnung gebildet werden. Die Gesamtübersicht der Systemgrundstrukturmenge ist in der Tabelle 5.35 sinnbildlich ohne die technischen Strukturen 8 und 9 (Tabelle 5.34) enthalten.
Abb. 5.67 Beispiel für die Systemgrundstrukturbildung (Zentralspeicher in Randlage)
Die Systemgrundstrukturtypen nach Tabelle 5.35 können durch die RaumRaum-Betrachtungen (Anordnungsraum und Bewegungsraum) der Bezugssysteme und des Flusssystems präzisiert werden. Für die technische Flussstrukturreihe 4 (Zentralspeicherung und Zentralförderung) enthält die Tabelle 5.36 die Strukturkombinationen und Beispielzuordnungen. Systemgrobstrukturbildung Systemgrobstrukturen werden aus den Systemgrundstrukturen und den Anordnungsformen der statisch anzuordnenden Systeme oder Elemente (Speicher und Bezugssysteme oder Bezugselemente) für das strukturdominante Teilsystem gebildet. Das erfolgt durch Kombination der in der Abb. 5.65 erläuterten Grundanordnungsformen für das Bezugssystem und das strukturdominante Flusssystem,
5.4 Strukturelle Systemprojektierung Tabelle 5.35 Systematik der Systemgrundstrukturen
275
276
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.36 Systemgrundstrukturen für die technische Flussstrukturreihe 4 nach Tabelle 5.35 (mit Systembeispielen)
5.4 Strukturelle Systemprojektierung
277
Tabelle 5.37 Systemgrobstrukturen des Systemgrundstrukturtyps 48 (Tabelle 5.35) für das Verteilund Sammelsystem
Abb. 5.60. Hierzu enthält die Tabelle 5.37 für den Anordnungsfall Randlage die Grobstrukturen mit Anwendungsbeispielen. Systemfeinstrukturbildung Systemfeinstrukturtypen entstehen durch Kombinationen mehrerer Teilsysteme eines ganzheitlichen Systems (Abb. 5.62 und 5.64) oder mehrerer Teile eines Teilsystems (Abb. 5.59). Diese Vielzahl an Systemfeinstrukturen ist nicht mehr in übersichtlicher Form darstellbar. Es empfiehlt sich deshalb die systematische Vorgehensweise der Systemstrukturierung in folgender Reihenfolge: 1. Bestimmung der Systemgrundstruktur ⇒ Systemgrobstruktur ⇒ Systemfeinstruktur der Arbeitssysteme (Bezugssysteme = Wirksysteme) 2. Bestimmung der Systemgrundstruktur ⇒ Systemgrobstruktur des technologischen Fabriksystems (Bezugssysteme = Arbeitssysteme)
278
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.68 Zusammenhang von Prozessgrobstruktur, Systemgrund- und Systemgrobstruktur und Systemfeinstrukturvarianten
3. Bestimmung der Systemfeinstruktur des technologischen Fabriksystems unter Einbeziehung der • Arbeitssysteme, • Systemein- und Systemausgangssysteme, • Übergabesysteme ÜS1, nach Abb. 5.64. 4. Bestimmung der Systemgrundstruktur ⇒ Systemgrobstruktur der Fabrik (Bezugssysteme = technologische Fabriksysteme) 5. Bestimmung der Systemfeinstruktur der Fabrik unter weiterer Einbeziehung der
5.5 Systemformgestaltung
279
• Übergabesysteme ÜS2 bis ÜSn, • Fabrikein- und -ausgangssysteme (besonders Ein- und Ausgangslager) sowie • weiterer Fabriksysteme. 6. Überleitung zur geometrischen Systemgestaltung und Ableitung von Strukturforderungen für die Projektierung der infrastrukturellen Fabriksysteme (Bezugssysteme = Erzeugungssysteme und Arbeitssysteme bzw. Arbeitssysteme und Erzeugungsteilsysteme). Mit der Abb. 5.68 wird der Zusammenhang von Systemgrobstruktur und Systemfeinstruktur für ein zweistufiges technologisches Fabriksystem (Teile- und Aggregatefertigungssystem) aufgezeigt.
5.5
Systemformgestaltung
Eine Systemformgestaltung schließt sich an die Bestimmung der Systemstruktur an oder wird parallel und versetzt zur Systemstrukturierung durchgeführt. Hauptinhalt für eine strukturierte Systemlösung ist die Ermittlung der • geometrischen Systemform, • geometrischen Bewegungsform der strukturdominanten Flusssysteme sowie die • geometrische Beeinflussung der Systemstruktur. Gleichzeitig wird damit zur systemgestalterischen Projektierung als Teil der gestalterischen Projektierung übergeleitet.
5.5.1
Geometrische Systemgestaltung
Geometrische Systemgrundgestaltungsformen Die Anzahl der geometrischen (bzw. stereometrischen) Systemgrundformen ist durch die Geometriegrundformen und die technischen Raum-Bewegungsformen stark eingeengt. Tabelle 5.38 enthält die allgemeingültigen Grundformen. Von den in der Tabelle 5.38 dargestellten Systemgrundgeometrieformen kamen bisher • überwiegend polyederförmige und wenige zylinderförmige Systemgeometrien (Abb. 5.54, System ROTA F125 NC) für technologische Fabriksysteme sowie • alle drei Grundformen für Handhabungssysteme (Industrieroboter mit kartesischen bzw. polyederförmigen, zylindrischen und kugeligen Systembewegungsformen), HESSE (2004), zur Anwendung. Damit werden Forderungen nach weiteren Entwicklungen zur Bewegungstechnik und zur Systementwicklung sichtbar. Polyederförmige Systemformen Die große Gruppe der polyederförmigen Systemgeometrieformen kann durch geometrische Differenzierungen untersetzt werden, auch deshalb, weil es hier die meisten
280
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.38 Geometrische Systemgrundformen
Tabelle 5.39 Polyederförmige Systemgeometrieformen (vereinfachte Grundrissdarstellung)
5.5 Systemformgestaltung
281
Lösungen für die Bewegungstechnik gibt. Polyederförmige Systemgrundformen sind in der Tabelle 5.39 im Grundriss vereinfacht dargestellt. Jede Grundform kann weiter gestalterisch untersetzt werden, womit zur geometrischen Systemgestaltung übergeleitet wird. Geometrische Systemmischformen In der Tabelle 5.39 sind ausschließlich Bewegungsformen der Translation und polyederbildende Anordnungsformen in ihrer Kombination dargestellt. Die Bewegungstechnik (Fördertechnik, Handhabungstechnik) stellt auch rotatorisch wirkende Technik mit einer zylinderförmigen Bewegungsraumausbildung bereit. Dadurch werden geometrische Systemmischformen ermöglicht, die nicht in jedem Fall günstiger als polyederförmige Systemgeometrien sein müssen. Tabelle 5.40 enthält eine Übersicht. Tabelle 5.40 Zylinderförmige Systemgeometrieformen (vereinfachte Grundrissdarstellung)
Durch die Nichtübereinstimmung der Anordnungsgeometrie (Systemelemente, Bezugssysteme) mit der Bewegungsgeometrie entstehen • Kollisionsräume oder Behinderungen und • überproportionale Bewegungsräume,
282
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
die es zu beseitigen, zu nutzen oder zu minimieren gilt. Gleiches trifft in Analogie auch zu, wenn die Anordnungsgeometrie zylindrisch und die Bewegungsgeometrie polyederförmig sind. Gute Übereinstimmungen sind nur bei gleichen Geometrieformen erreichbar.
5.5.2
Systemgeometrieentwicklungen
Projekte müssen eine sichere materielle Realisierung gewährleisten und einen optimalen Systembetrieb sichern. Das führt verschiedentlich dazu, keine Neuerungen zu beachten, was im Verlaufe der Zeit zu veralteten Systemen führt. Dabei gehen der Unikatgedanke und die Zukunftsfähigkeit verloren. Dieser Tatsache kann auch mit den Systemgeometrieformen entgegengewirkt werden, wie die folgenden Beispiele zeigen. Beispiel 1: Einsatz von Maschinenaufstellebenen und -raummodulen Maschinenaufstellebenen (MAE) ermöglichen eine um bis zu 65% bessere Grundflächen- und Raumnutzung durch eine höhere Raumdichte (Systemelemente pro Raumeinheit). Voraussetzung ist eine Realisierung durch Fördertechnik in x-, y- und z-Richtung. Tabelle 5.41 enthält ausgewählte Lösungsbeispiele. Aufstellebenen können in verschiedenen Gestaltungsformen als Bauwerke ausgeführt werden und die geometrische Systemgestalt mitbestimmen. Der Projektant kann auf folgende Gestaltungsvorschläge orientieren: • stereometrische Raumgebilde nach Tabelle 5.42 als Einzelaufstellebenen, • segmentierte Raummodule entsprechend der Abb. 5.69 und 5.70,
Abb. 5.69 Modell eines mobilen oder stationären Systemraummoduls als Arbeitssystem
5.5 Systemformgestaltung
283
Tabelle 5.41 Entwicklungsmodelle für Systeme mit Aufstellebenen (ohne Darstellung der Förderung in der zweiten Anordnungsreihe; 0 – Lösung ohne erhöhte Aufstellebene)
284
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.42 Stereometrische Raumgebilde als Maschinenaufstellebenen (MAE)
Abb. 5.70 Systemmodell mit segmentierten Raummodulen
• segmentierte Einzelebenen nach Abb. 5.71, • geschlossene Bauwerksebene (Geschossebene) nach Abb. 5.72 und • die kombinierbaren Lösungen. Mit der Verwendung von Aufstellebenen und Raummodulen wird die räumliche Systemgeometrie geprägt. Ähnliches gilt bei der Verwendung von geometrisch definierten Zentralspeichern (Beispiel in Abb. 5.68). Beispiel 2: Einsatz von Teleskopförderern als Zentralförderer Die Teleskopförderung in technologischen Fabriksystemen ist noch nicht ausreichend entwickelt, obwohl sie eine Basis für die Verbesserung der Raumnutzung darstellt (Beispiele in den Abb. 5.71, 5.73 bis 5.77).
5.5 Systemformgestaltung
285
Abb. 5.71 Systemmodell mit Aufstellebenen und Bauwerk (Beispiel ohne Schutzmaßnahmen)
Abb. 5.72 Aufstellebene als Gebäudeebene (vereinfacht dargestelltes Fabrikprojekt von DAIFUKU)
Hauptzielrichtungen der Teleskopförderung sind: • ein kleiner polyederförmiger Bewegungsraum für schnelle translatorische Wegbewegungen, Abb. 5.73, • ein zylinderförmiger Bedienbewegungsraum, Abb. 5.74, • eine Bewegungslösung für räumlich verdichtete Arbeitssysteme mit Raummodulen, Abb. 5.69, und technologische Fabriksysteme, Abb. 5.71 und 5.75 sowie • eine Vermeidung von Übergabesystemen durch teleskopierbare Regalbediengeräte für Zentralspeicher, Abb. 5.76 und 5.77.
286
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.73 Prinzipdarstellung eines Teleskopförderers (HELBING, DUBBERKE (1988a)). a Teleskopförderer in Fahrstellung (polyederförmiger Bewegungsraum). b Teleskopförderer in Übergabestellung
Abb. 5.74 Modell eines Teleskopförderers für Zentralspeicher und Maschinenbedienung (HELBING, DUBBERKE (1988b))
Die wenigen Beispiele verdeutlichen, dass sowohl die Systemfeinstruktur als auch die Systemgeometrieform durch technische Wirkprinzipien (Materialflussprinzipien) der Bewegung und durch räumliche Elementegestaltungen beeinflusst werden. Die Bauwerkselemente fixieren die entwickelten Systemlösungen. Beide Richtungen sind somit bei der Systemstrukturierung und der Systementwicklung unbedingt zu beachten.
5.5 Systemformgestaltung
287
Abb. 5.75 Räumlich hoch verdichtetes technologisches Fabriksystem mit Teleskopförderung Abb. 5.76 Prinzipdarstellung eines Teleskopförderers von GRABNITZKI (1979)
• Die mögliche Systemgestaltung ist bei der Systemstrukturierung für die Zukunftssicherung auszuschöpfen, um keine veralteten Systeme anzubieten. Bei dieser Projektierungsaktivität sind besonders Ideen kreativer Projektanten gefragt, um nicht bewusst an der Zukunft „vorbei zu projektieren“. • Bei der Variantenerarbeitung von Systemstrukturen sollte mindestens eine Variante das von Ingenieuren entwickelte Potential (Patente, Erfindungen, Neuerungen) berücksichtigen. Durch eine objektive ↑ Bewertung der Varianten erfolgt auch eine objektive Auswahl, so dass Fehler durch „zu viel“ Zukunftslösungen ohnehin ausgeschlossen werden.
288
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.77 Modular bewegter Teleskopförderer mit Handhabungsfunktion (HELBING, DUBBERKE (1988c))
Der so genannte „sichere“ Weg, gut funktionierende Systemstrukturen zu verwenden, erfüllt nicht den Zweck der Zukunftsdynamik der Projektierung nach Neuheit und Zukunftssicherung durch Projektierung.
5.5.3
Systemlayout
Mit der Bestimmung der Systemstruktur und der entwickelten Systemgeometrieform ist das technologische Fabriksystem soweit entwickelt, dass es fixiert und hinsichtlich der Versorgung, Entsorgung, Betreibung, Optimierung und Gestaltung projektiert werden kann. Mit der Systemfixierung sollte die grundsätzliche Strukturierung und Entwicklung abgeschlossen sein, so dass auch die räumlichen Festpunkte (Elementestandorte) kaum noch verändert werden, da sonst die Anzahl nachfolgender Projektierungsaufgaben, insbesondere der Versorgung und Entsorgung, ins Unermessliche geht. Systemfixierung Unter einer Systemfixierung wird das Festhalten von projektierten Systemlösungen, besonders der realisierbaren Systemendlösung, verstanden. Methoden und Verfahren der Fixierung sind: • das Skizzieren von Systemlösungsvorschlägen, • das Fotografieren oder das rechnerunterstützte Abbilden von Systemzwischenlösungen, • das Ausführungsmodell als Systemlayout (2D-Modell), • das Ausführungsmodell als 3D-Modell, jeweils mit – kurzen – textlichen Erläuterungen. Es entsteht eine grafische bzw. bildliche und textliche Dokumentation in grober, feiner und detaillierter Art.
5.6 Systemversorgung
289
Layout Ergebnis eines grafischen Auslegeverfahrens mit 2D-Modellen als Grundriss- oder Aufrissdarstellung. Das Layout entsteht durch eine zeichnerische Projektierung oder durch eine Modellprojektierung, Abschnitt 4.6.3, ↑ Layoutprojektierung. Systemgrundlayout Das Systemgrundlayout entspricht einem mehrfach verwendbaren Systemlayout für die Darstellung des Systems mit den • Arbeitssystemen (Arbeitsplätze oder nur Maschinen als Wirksysteme) und den • Produktflusssystemen. Es wird deshalb auch häufig von einem Maschinenaufstellungsplan gesprochen, obwohl es sich um ein Maschinenaufstellungsprojekt (MAP) bzw. -layout handelt. Wesentliche Inhalte eines Systemgrundlayouts enthalten beispielhaft die Abb. 5.78 und vertiefend das Teilgebiet ↑ Layoutprojektierung.
• Mit dem Systemgrundlayout (oder -basis- oder -bezugslayout) liegt für alle Projektierungsbeteiligten eine verwendbare technologische Systemlösung vor, auf die Bezug genommen werden muss. • Bezugnehmende Projektierungsteilnehmer sind insbesondere • • • • • •
der technologische Fabrikprojektant, der Bauingenieur/Architekt als baulicher Projektant, die Projektanten für die Systemver- und -entsorgung, die Projektanten für den Systembetrieb (Fabriksystembetrieb mit Logistik), die Arbeitsgestalter und die Genehmigungsbehörden und beratenden Fachgremien.
• Von den Projektierungsbeteiligten werden Verbesserungen, Ergänzungen und Fortführungen erwartet, die vom technologischen Projektanten in die Ergänzungs- und Zwecklayouts, in das Systemendlayout und in das Systemausführungslayout, einzuarbeiten sind, sofern die Vorschläge Verbesserungen und die Ergänzungen Lösungen darstellen. • Auch beim Systemgrundlayout sind die Regeln der ↑ Layoutprojektierung vom Grob- bis zum Ausführungslayout zu beachten. Hinweise zum Vorbehalt (beim Ausführungslayout) sind hilfreicher Schutz vor Rechtskonsequenzen.
5.6
Systemversorgung
Systemversorgung: Sicherstellung des Versorgungsbedarfs mit nutzungsfähigen Energien, Stoffen, Informationen und Betriebsmitteln für den Systembetrieb Die Projektierung der Versorgung technologischer Fabriksysteme – kurz technologische Systemversorgung genannt – kann erst durchgeführt werden, wenn das
290
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.78 Systemgrundlayout als Maschinenaufstellungsprojekt (Auszug)
technologische Fabriksystem als Systemgrundlayout oder als Ausführungsmodell eindeutig fixiert wurde und keine wesentlichen Systemstruktur- und Systemformveränderungen, beispielsweise durch Systembauwerke, mehr notwendig sind.
5.6.1
Beeinflussungen der Versorgungsprojektierung
Projektierungsgebiete der Systemversorgung Sie berücksichtigen die funktionelle, dimensionelle, strukturelle und gestalterische Projektierung aller zur Betreibung des technologischen Fabriksystems dienenden
5.6 Systemversorgung
291
Abb. 5.79 Stellung der Versorgungssysteme zum und im technologischen Fabriksystem (Bezugssystem)
Systemversorgungsflüsse (Betriebsstoffe, Betriebsmittel, Betriebsenergie und Betriebsinformationen) in der Einheit von • • • •
Versorgungszustandsherstellung durch Versorgungsproduktion (Erzeugung), Versorgungsverteilung (-übertragung) bis zum Systemelement, Versorgung des Versorgungssystems und rückführender Entsorgung (Rücklauf; Umlauf) für die Versorgung selbst.
Ihre Grundanforderungen sind voneinander abhängig, Abb. 5.79. Versorgungskomplexität Die technologische Systemversorgung erreicht eine hohe Komplexität durch • die zu versorgenden Fabriksystemelemente und Flusssystemelemente, Abb. 5.42 und Tabelle 5.26, • die Unterschiedlichkeit der Versorgungsanforderungen hinsichtlich der Bedarfsarten, Bedarfszustände und Bedarfsmengen für jedes Systemelement, • die geringe Integrationsmöglichkeit der Flussgegenstandsarten (Stückgut, Fließgut, Ladungsträger, Daten) in einem Flusssystem, • die technische Ausführbarkeit der Flusssysteme für Betriebsmittel, Energien, Betriebsstoffe und Informationen, • die NUR-Vorlaufversorgung oder Versorgung mit Rücklauf des Versorgungsgegenstandes (Synonyme: Fluid, Stoff, Medium) und • die räumlichen Vorgaben durch das Systemgrundlayout. Die technologische Systemversorgung berücksichtigt nur die Versorgung des technologischen Fabriksystems, nicht aber die Versorgung der die Fabrikstätte bildenden
292
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Systemräume (Raumversorgung). Sie unterscheidet sich von der Raumversorgung insbesondere durch die leistungsabhängigen Forderungen der Systemelemente. Die Raumversorgung ist dagegen vom Klima (Sommer, Winter, Feuchte, Trockenheit, Tageslicht usw.) und vom Personal abhängig, Kapitel 6. Versorgungsprinzipien Jede Gegenstandsart und jeder Versorgungszustand erfordert im Regelfall ein eigenes Versorgungssystem oder nur ein Versorgungsflusssystem mit den möglichen Extremen • Systemelementeversorgung als Dezentralversorgung, • Systemelementeversorgung als Zentralversorgung. Hieraus leiten sich die bei der Projektierung zu berücksichtigenden Versorgungsprinzipien ab, Abb. 5.80 und Tabelle 5.43.
Abb. 5.80 Gliederung der Versorgungsgrundprinzipien
5.6 Systemversorgung
293
Tabelle 5.43 Versorgungsprinzipien in Abhängigkeit von Versorgungsverteilung und Versorgungserzeugung
Dem Grundsatz nach gelten im übertragenen Sinn die Grundlagen der • Prozessgrundstrukturen nach Tabelle 5.5 für einen Fluss (NUR-Vorlauf oder Vorund Rücklauf), • Kopplungsarten nach Tabelle 5.6, • Prozessbildung nach Abschnitt 5.2.5 und 5.2.6, • Bedingungen der Systemelemente nach Abschnitt 5.2.9, • räumlichen und technischen Systemstrukturierung, Abschnitte 5.4 und 5.5, • ↑ Integration, ↑ Flexibilität, ↑ Variabilität usw. Anstelle der Förder- und Transportsysteme sind Pumpen oder Verdichter, ↑ Rohrleitungssysteme und Speicher als Behälter bei flüssigen und gasförmigen Stoffen (Medien, Fluide) oder Transformatoren und Kabel für die Elektroenergieversorgung usw. zutreffend. Besonderheit der Versorgungsgleichzeitigkeit Bei der Projektierung von Versorgungssystemen hat die ↑ Gleichzeitigkeit
294
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
• beim Wirken der technologischen Systemelemente, • bei der ↑ Bedarfsermittlung des Versorgungssystems, • bei der Auslegung und Strukturierung des Versorgungssystems eine sehr große Bedeutung. Sie beeinflusst folgende entscheidende Sachverhalte: • Verbrauchergleichzeitigkeit und Erzeugungsgleichzeitigkeit, • Speichereinsatz (Behälter usw.) und Speichergröße zur Entkopplung von Verbrauchergleichzeitigkeit und Erzeugungsgleichzeitigkeit, • dezentrale oder zentrale Versorgungssystemausführung, • Schalthäufigkeit (SH) und Einschaltdauer (ED) von Antrieben des Erzeugers, • Regelsysteme des Erzeugers und • Versorgungsaufbereitung beim Erzeuger oder beim Verbraucher. Versorgungssystemvergleiche und -analogien In Tabelle 5.44 werden Versorgungsgruppen mit dem Ziel gegenübergestellt, Projektierungsanalogien zu erkennen und die Projektierungsdurchführung zu vereinfachen. Die Grundaussagen aus der Tabelle 5.44 für die System- und Fabrikprojektierung sind: 1. Jede Gegenstandsart erfordert ein Versorgungssystem zur Versorgungszustandsherstellung (Erzeugungssystem) und zur Versorgungsverteilung. Die Unterschiede sind bei der Projektierung zu berücksichtigen. 2. Die Anwendung und Nutzung chemisch-physikalischer Wirkprinzipien erreichen bei den Betriebsstoffen und Energien den größten Umfang, insbesondere bei den Wirk-, Bewegungs- und Speicherfunktionen. 3. Die Integrationsmöglichkeit bei der System- und Raumversorgung ist in der Energiegruppe groß. In der Betriebsstoffgruppe ist das Gefahrenpotential am größten. 4. Alle Versorgungssysteme können grundsätzlich dezentral, zentral oder als Kombination ausgeführt werden und sind so differenziert zu projektieren. 5. Bei der Bewegungsrealisierung überwiegen die Förderung in ↑ Rohrleitungssystemen mit Pumpen und Verdichtern und die Stückgutförderung (auch im Rohr möglich). Ausnahmen bilden die elektrische Energie, das Licht und die elektronisch lesbaren Informationen. 6. Wesentliche Unterschiede liegen in der Speichermöglichkeit und in der geringen Speicherfähigkeit der Elektro- und Wärmeenergie. Der technologische Fabrikprojektant kann hier ohne zugelassene Spezialprojektanten (PS) nicht umfassend wirken. Seine Aufgaben erstrecken sich insbesondere auf • die Erarbeitung von Vorprojekten und Aufgabenstellungen, • die Projektierungsaufgaben nach Abb. 5.81 (ohne die mit „PS“ gekennzeichneten Aufgaben, Ausnahmen sind möglich), • die Betriebsmittelflusssysteme und auf • alle Versorgungssysteme mit Stückgutförderung.
5.6 Systemversorgung
295
Tabelle 5.44 Unterschiedlichkeit von Versorgungssystemgruppen (Auswahl, ZÄ – Zustandsänderung)
5.6.2
Grundaufbau der Systemversorgungssysteme
Versorgungssysteme für Betriebsstoffe (Flüssigkeiten und Gase) und Energien (Druckluft und Wärme) besitzen einen Grundaufbau, der aus einem oder mehreren Teilsystemen besteht. Dazu gehören: • Erzeugungssysteme und • Verteilungssysteme, die im Regelfall mit Rohrleitungen als ↑ Rohrleitungssystem für Fluide ausgeführt werden. Abweichungen ergeben sich durch den Anlieferungszustand der
296
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.81 Projektierungsgrobfolge von Versorgungssystemen (Betriebsstoffe; Energien)
5.6 Systemversorgung
297
Versorgungsstoffe, beispielsweise durch gebrauchsfähige Gase in Flaschen oder Flaschenbatterien, Kraftstoffe durch Tankfahrzeuge usw. In solchen Fällen sind kein fabrikliches Erzeugungssystem, sondern nur noch ein Umschlag- und ein Verteilsystem erforderlich. Hierüber ist von Fall zu Fall und nach technologischer und ökonomischer Maßgabe zu entscheiden. Die Benennung des Versorgungssystems erfolgt nach der Gegenstandsart, nach dem Erzeugungs- und nach dem Verteilsystem. Versorgungs-Erzeugungssystem(e) Erzeugungssysteme haben die Aufgabe, eine Versorgungsgegenstandsart in einen Gebrauchszustand für den Abnehmer (Systemelemente des technologischen Fabriksystems) entsprechend des Anwendungszwecks (Druck, Temperatur, Konsistenz) durch eine Zustandsänderung (Vorgang) oder Zustandsänderungsfolge (Prozess) zu transformieren, also den Gebrauchszustand zu erzeugen (herzustellen). Dadurch entsteht eine hohe Ähnlichkeit zu den technologischen Systemen für die gleiche Gegenstandsart, mit dem Unterschied, dass das Produkt nicht an Kunden verkauft wird, sondern als Kostenart in das verkaufsfähige Produkt des technologischen Fabriksystems eingeht und kalkuliert werden muss.
Abb. 5.82 Fiktives Systemmodell eines Versorgungs-Erzeugungssystems
Zu beachtende Teilsysteme eines Erzeugungssystems sind, Abb. 5.82: 1. Zustandsänderungssystem mit der Differenzierung • Erzeugungsgrundsystem • Erzeugungsvorbereitungssystem • Erzeugungsnachbereitungssystem
⇒ Zustandsänderung des Versorgungsgegenstandes ⇒ Wirksysteme 1 (ZÄ1), ⇒ Zustandsänderung des zuzuführenden Gegenstandes ⇒ Wirksysteme 2 (ZÄ2), ⇒ Zustandsänderungsabgabeeinfluss ⇒ Wirksysteme 3 (ZÄ3).
298
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
2. Förder- und Speicherungssystem 3. Steuerungs- und Regelungssystem 4. Sicherheitssystem(e) 5. Versorgungssystem(e) 6. Entsorgungssystem(e)
⇒ Bewegungsänderung im Erzeugungssystem (Rohrleitungen und Behälter) als Verteilsystem. ⇒ Technische Potentialänderung. ⇒ Technische Potentialsicherung. ⇒ Betriebsstoff-, Energie-, Betriebsmittel-,Informationsfluss, …. ⇒ ↑ AB-führungsmaterial, AB-Energien, ….
Weiterhin zu beachten und zu projektieren sind: 7. Trag-, Stütz- und Schutzsysteme 8. Betreibungssystem 9. Erhaltungssystem 10. Lenkungssystem
⇒ Aufstellung, Schutzelemente, Raum. ⇒ Organisatorische Potentialnutzung (PPS). ⇒ Organisatorische Potentialsicherung. ⇒ Verantwortungs-,Tätigkeitssicherung.
Die Teilsysteme können funktionell, dimensionell und strukturell unterschiedlich ausgeprägt sein. Das Bezugssystem für Versorgungserzeugungssysteme ist das technologische Fabriksystem. Für die Teilsysteme ist es das Erzeugungssystem bzw. das Zustandsänderungssystem. Versorgungs-Verteilsystem(e) Das Verteilsystem ist das relationsrealisierende System zwischen dem Erzeugungssystem und den Verbrauchern. Es sind die Prozessgrundstrukturen nach Tabelle 5.5, die Grundlagen der funktionellen Projektierung, Abschnitt 5.2, und die damit verbundenen Prozessstrukturbeeinflussungen mit den folgenden Präzisierungen zutreffend: 1. Durch das Systemgrundlayout des zu versorgenden technologischen Fabriksystems, Abschnitt 5.5.3, sind die räumlich fixierten Stellen der Verbraucher definitiv bekannt. Dadurch kann in Verbindung mit dem Erzeugungssystem sofort auf den Versorgungsgrundstrukturfall geschlossen werden, Tabelle 5.45. Tabelle 5.45 Strukturgrundfälle der Versorgung mit Auswirkungen auf das Versorgungs-Verteilsystem (E – Erzeuger; V – Verbraucher)
5.6 Systemversorgung
299
2. Durch das Versorgungssystem entstehen neue Relationen im zu versorgenden System (technologisches Fabriksystem), die mit den Produktflussrelationen des zu versorgenden Systems nicht übereinstimmen oder sie stimmen überein, wenn die Relationen des Produktflusses und des Versorgungsgegenstandsflusses identisch sind. Das ist der Fall, wenn mit dem Produkt auch die Versorgungsgegenstände fließen (Palette mit Produkt und Vorrichtungen, Werkzeuge, Begleitbelege oder Kühlschmierstoff). Diese Relationsintegrationen sind noch Ausnahmen und treffen auch nur bei Stückgut-Gegenstandsflüssen (Produkt und Versorgungsgegenstand) zu. 3. Die Versorgung des technologischen Fabriksystems ist eine verteilende Versorgung, da die Anzahl der Erzeugungssysteme kleiner als die Anzahl der zu versorgenden Elemente ist. Ausnahmen bestehen bei einer gleichen Anzahl oder durch eine Sammelfunktion, in dem mehrere Erzeugungssysteme einen Verbraucher versorgen, Tabelle 5.45. 4. Die Prozessgrundstruktur bei Versorgungssystemen mit Festverbindungen (Rohrleitungen, Kabel, Funkkanäle usw.) weist gegenüber den Grundstrukturen für den Stückgut-Produktfluss zwei Besonderheiten auf, Abb. 5.83: • Die Ausgangsfunktion der Versorgung ist mit einer Entsorgungsfunktion identisch, die eine Umlauffunktion sein kann. • Das mathematisch-formale Strukturmodell entspricht dem von Verteilsystemen (Verteil- und Sammelsystem der technologischen Fabriksysteme). Da bei der Versorgung die Verteilrelationen überwiegen, wird das grundrelationsrealisierende System vereinfachend (Versorgungs-) Verteilsystem genannt.
Abb. 5.83 Prozessgrundstrukturmodelle der Versorgung (Beispiel). a Prozessmodelle. b Analoges Prozessstrukturmodell (Beispiele). c Mathematisch-formelles Modell der Prozessstruktur
300
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.46 Kopplungsfälle der Teilsysteme von Versorgungs-Verteilsystemen (Vor- oder Rücklauf)
5. Für Verteilsysteme sind die Prozesskopplungsfälle nach Tabelle 5.6 gleichfalls zutreffend. Die Verteilsysteme und ihre Teilsysteme können • direkt • indirekt und • adaptiv gekoppelt aufgebaut werden, Tabelle 5.46. Die Kopplungsbedingungen entsprechen denen anderer Prozesse hinsichtlich • der Zeit- und Durchsatzdifferenz (Δt1 = Versorgungszeitdifferenz; ΔD1 = Versorgungsdurchsatzdifferenz, ↑ Speicherbedarfsmenge) • des Ausfallverhaltens (Δt2 = Versorgungsausfallzeitdifferenz; ΔD2 = Versorgungsdurchsatzausfalldifferenz). 6. Als Teilsysteme von Versorgungs-Verteilsystemen sind die in der Abb. 5.84 aufgeführten Funktionskomplexe zu projektieren (↑ Rohrleitungssysteme). Der Gesamtsystemaufbau kann aus den Kombinationen der Kopplungsfälle nach Tabelle 5.46 entwickelt werden, wie Abb. 5.85 als Beispiel verdeutlicht. Verteilsystemstrukturen Das strukturdominante Teilsystem ist das Verteil- und Sammelsystem. Es realisiert die Prozessgrundrelationen und gibt dem Versorgungs-Verteilsystem die Gestalt durch die technische und räumliche Struktur des Vorlaufs oder des Vor- und Rücklaufs. Im übertragenen Sinn sind die Systemgrundstrukturen nach Tabelle 5.35 auch hier zutreffend. Jedoch erhalten sie durch die Festverbindung (Rohrsystem) eine
5.6 Systemversorgung
301
Abb. 5.84 Teilsysteme eines Versorgungs-Verteilsystems mit Ringleitung
Abb. 5.85 Systemaufbau als 1-5-9 Typ für ein Nur-Vorlaufsystem (Beispiel, Tabelle 5.46)
andere Gestalt, insbesondere bei den flächenprägenden Ausbildungen. In Erweiterung zu den Versorgungsgrundstrukturen nach Tabelle 5.43 sind die in der Tabelle 5.47 dargestellten technischen Verteilstrukturen möglich und auch gebräuchlich. Aus den Darstellungen in der Tabelle 5.47 kann auf die Vielfalt der Versorgungssysteme, von • einfachen Versorgungsleitungen bis zu den • Versorgungsnetzen und ihren • Kombinationen geschlossen werden. Auch hier können die technisch-räumlichen Systeme in den Formen Flur-/Unterfluranordnung, Seitenfluranordnung und Überfluranordnung für jede Struktur nach Tabelle 5.47 auftreten und so auch dem technologischen Fabriksystem angepasst und projektiert werden. Abbildung 5.86 enthält die Darstellungsbeispiele für den Typ 6 der Tabelle 5.47 in einem Würfelmodell.
302
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.47 Technisch-räumliche Grundstrukturen von Versorgungs-Verteilsystemen (Beispiele nur mit Vorlauf)
Mit den Anordnungsformen liegen die räumlichen Verhältnisse für die dimensionellen Berechnungen besonders von ↑ Rohrleitungssystemen und von Bedarfsanforderungen für Pumpen und Verdichter vor. Besonderheit von Versorgungsrücklaufsystemen Ein Versorgungsrücklauf liegt vor, wenn der zu versorgende Gegenstand im Versorgungssystem ganz oder teilweise nach dem Gebrauch beim Bezugselement in das Versorgungssystem rückgeführt wird, so dass das Versorgungssystem den Charakter eines Umlaufsystems hat (Wärmeversorgung auf Öl-, Wasser-, Dampfbasis; Kühlschmierstoffversorgung). Es entstehen geschlossene Versorgungssysteme mit einer besonderen Bereitung oder Aufbereitung des rückgeführten Versorgungsgegenstandes unter Umweltbeachtung. Erfolgt kein Rücklauf im Versorgungssystem, so entspricht der Rücklauf einer Entsorgung durch ein Entsorgungssystem.
Abb. 5.86 Räumliche Anordnungsformen (Technisch-räumlicher Strukturtyp 6 nachTabelle 5.47). a Fluranordnung. b Seitenfluranordnung. c Überfluranordnung
5.6 Systemversorgung
303
Abb. 5.87 Ausgewählte Einflussfaktoren auf den Versorgungsbedarf und auf die Versorgungsprojektierung
5.6.3
Versorgungsbedarfsermittlung
Zu versorgende Verbraucher sind Einzel- oder Gruppenabnehmer eines Bezugssystems (Arbeitssystem, technologisches Fabriksystem, …), die einen betreibungssicheren Versorgungs- ↑ Durchsatz benötigen, um die projektierten Prozess- und Systemfunktionen erfüllen zu können. Im Regelfall bezieht sich der Projektant hier auf die Herstellerangaben der Elemente. Er muss diese Angaben prüfen und den für das zu versorgende System realen Versorgungsdurchsatz (↑ Bedarfsermittlung) ermitteln. Hierbei sind Einflüsse, Abb. 5.87, sowie Berechnungs- und Betreibungsvorschriften, Abb. 5.88, zu beachten.
Abb. 5.88 Projektierter Durchsatzwert und Verbrauchsmenge (Ein-Stoffversorgung ohne Erweiterungsdurchsatz)
304
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Der Versorgungsbedarf eines zu projektierenden Systems weicht von den im realisierten Systembetrieb erreichten Verbrauchsmengen ab. Das bedeutet, dass die ermittelte Versorgungsbedarfsmenge (bei maximalem Durchsatz) mindestens gleich oder größer als die Verbrauchsmenge sein muss, um eine sichere Systembetriebsweise über Jahre zu erreichen, Abb. 5.88.
5.6.4
Systemversorgungsgestaltung
Die theoretischen und praktischen Überlegungen zur Versorgungsgestaltung von technologischen Fabriksystemen sind häufig innerhalb und zwischen den Spezialprojektanten divergierend. Hauptursache ist der Bezug zum Bauwerk und weniger zum Fabriksystem. Diese divergierenden Betrachtungen wird es so lange geben, bis technologische Fabriksysteme als Ganzes kaufbar sind und vergessene Versorgungssysteme nicht nachprojektiert werden müssen. Zur Unterstützung von Entscheidungen enthält die Tabelle 5.48 einige Hinweise. Tabelle 5.48 Hinweise für die Gestaltung von Systemversorgungssystemen (Auswahl)
5.6 Systemversorgung
305
Abb. 5.89 Versorgungslayout (Bezug: Systemgrundlayout Abb. 5.78)
Für das Systemgrundlayout, Abb. 5.78, wurden die Systemversorgungs-Verteilsysteme und teilweise die Systementsorgungs-Sammelsysteme in Kanalausführung projektiert, Abb. 5.89. Diese Versorgungslayouts gehören zum Gesamtsystemlayout als Zwecklayout.
• Jedes Versorgungssystem kann nur dezentral, zentral oder dezentral/zentral ausgeführt werden und muss immer systembezogen sein. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen System- und Raumversorgung.
306
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
• Wegen der möglichen Vielfalt der für ein technologisches Fabriksystem verwendbaren Betriebsstoffe ist vorsorglich auf eine gute Vereinheitlichung zu achten, um die Menge der ↑ Rohrleitungssysteme und Anschlussverbindungen klein zu halten. Mehr als 60 unterschiedliche Versorgungsgegenstandsarten für Teilefertigungssysteme sind keine Seltenheit. Hinzu kommt die Vielzahl an Betriebsmitteln, insbesondere Werkzeuge und Vorrichtungen, die größer als die Anzahl der Produktarten sein kann. • Die Versorgung mit Betriebsmitteln ist ein äußerst kompliziertes Problem. Deshalb nehmen die Werkzeugspeicher in den Wirksystemen ständig zu. Analog dazu ist eine umfangreiche Grundausstattung in den Arbeitssystemen („Werkzeugschränke“) und technologischen Fabriksystemen wegen der kürzeren Wege und des geringeren Organisationsumfangs empfehlenswert. Eine interessante Lösung als Anregung enthält Abb. 5.90.
Abb. 5.90 Systemmodell eines Teilefertigungssystems mit automatisiertem Werkzeugflusssystem nach dem Verteilprinzip (Werkzeug-Zentralförderer und Werkzeug-Zentralspeicher)
• Eine problematische Gruppe der Versorgungsgegenstände stellen die Kühlschmierstoffe dar (Kühlschmierstoffsysteme), weil häufig in einem technologischen Fabriksystem verschiedene Kühlschmierstoffe mit unterschiedlicher Aufbereitung und Alterung verwendet werden müssen. Das erschwert eine Zentralversorgung über Rohrleitungssysteme. Eine Alternative ist die maschinenorientierte Fassversorgung mit einem anderen technischen Niveau. • Bei der Versorgungsprojektierung technologischer Fabriksysteme ist auch die Versorgung der Systemversorgungssysteme individuell zu projektieren und mit der Projektierung der Systementsorgung und der Gesamtfabrik abzustimmen. Es gelten die im Abschnitt 5.6 erläuterten Grundlagen in analoger Weise, beginnend mit Abb. 5.79.
5.7 Systementsorgung
307
• Durch die Versorgungserzeugungssysteme werden Produkte hergestellt, die • in das Produkt des technologischen Fabriksystems kostenseitig eingehen oder • als Produkt verkaufsfähig sind. Diese verkaufsfähigen Produkte sind bei der Erarbeitung der Versorgungsprogramme und der Versorgungsprojektierung zu beachten. • Die Versorgungsflüsse sind technisch und organisatorisch zu betreiben und zu erhalten sowie ganzheitlich mit der Fabrikversorgung und dem Fabrikbetrieb abzustimmen (Kapitel 6 und 7).
5.7
Systementsorgung
Die Versorgung von technologischen Fabriksystemen erfordert eine Entsorgung der besonders in den Arbeitssystemen benutzten und nicht für eine Wiederversorgung nutzbaren materiellen Gegenstände. Es entstehen folgende Entsorgungsgegenstandsgruppen (↑ Abführungsmaterial): • • • •
AB-Produkte (nicht in das Produkt eingegangene Materialmenge), AB-Stoffe (nicht mehr für die Versorgung nutzbare Betriebsstoffe), AB-Energie (nicht im Gebrauchszustand vorliegende Wärme), AB-Betriebsmittel (nicht mehr für eine Nutzung brauchbare Betriebsmittel, Bruch), • AB-Informationen (nicht mehr brauchbare Informationsunterlagen). ABführungs-Gegenstände werden zum Abfall, wenn sich der Eigentümer derer entledigen will. Dadurch entsteht eine Entsorgungsaufgabe mit Entsorgungsprozessen, die weit über das Fabriksystem oder die Fabrik hinausgehen. Diese Entsorgungsprozesse sind im Interesse geringer Umweltbelastungen ganzheitlich zu betrachten, durch Systeme zu realisieren und für die Systeme der Fabrik, beginnend mit dem ↑ Arbeitssystem, zu projektieren.
5.7.1
Beeinflussungen der Entsorgungsprojektierung
Projektierungsgebiete der Systementsorgung Das durch die vorliegenden heterogenen Gegenstände komplizierte Gebiet der Entsorgung muss geordnet auf hohem Niveau projektiert werden. Wie alle zu einem technologischen Fabriksystem gehörenden Systemkomplexe (Arbeitssysteme, Produktflusssysteme, Versorgungs- und Betriebssysteme) bestimmt die Entsorgung das technologische Niveau des Fabriksystems und der Fabrik mit. In ihrem Niveau gibt sie Auskunft über die Umweltansicht der Beteiligten (Auftraggeber, Projektant) und über das Umweltniveau der Wirksysteme.
308
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.91 Stellung der Entsorgungssysteme im und zum technologischen Fabriksystem (Bezugssystem)
Die Entsorgungssystemprojektierung umfasst die funktionelle, die dimensionelle, strukturelle und gestalterische Projektierung aller der Betreibung des technologischen Fabriksystems dienenden Systementsorgungsflüsse in der Einheit von • Erfassung am Entstehungsort, • Sammlung (einschließlich Erfassung) und • Zustandsänderung (Aufbereitung, Verwertung) der abzuführenden materiellen Gegenstände, Abb. 5.91, sowie der • Versorgung und • Entsorgung der Entsorgungssysteme. Die Systemprojektierung der Entsorgung muss ganzheitlich, d. h., unter Einbeziehung der drei Entsorgungskomplexe • Entsorgung des technologischen Fabriksystems als Bezugssystem, • Entsorgung der Versorgungssysteme, • Entsorgung der Entsorgungssysteme abgestimmt durchgeführt werden. Dabei ist im Entsorgungsprogramm auf die Gegenstandsflussbilanz nach Abb. 5.92 einzugehen. Die Schwerpunktlegung muss auf die folgenden Kriterien ausgerichtet sein: 1. Maximale Erfassung und Verwendung Zu entsorgende ABführungs-Gegenstände sind auf ihre Nutzung für Versorgungszwecke zu prüfen, um kurze Wege und geringe Aufwendungen zu errei-
5.7 Systementsorgung
309
Abb. 5.92 Vereinfachte Vorgehensweise zur Gegenstandsflussbilanzermittlung
chen. Das Ideal liegt darin, dass die ABführungs-Gegenstände die Fabrik nicht verlassen und dort vollständig ohne Verlustmengen verwendet werden. In diesem Fall sind das Wiederverwenden und das Verwerten der ↑ Abführungsmaterialien einbezogen. Es werden Aufbereitungssysteme erforderlich, die systemintegriert oder gesamtfabriklich zu projektieren sind (↑ Feststoffentsorgung). 2. Minimierung der Verlustmengen Verluste führen zu drei sehr kritisch zu betrachtenden Auswirkungen: • Zusätzliche Raumentsorgung mit hohen Systemaufwendungen, • Gesundheits-, Brand- und Explosionsgefahr, die zu verschärfter Einhaltung von Vorschriften und zusätzlichen Schutzsystemen führen, • Umweltbelastungen mit Umweltschädigungen, -haftungen, -strafen und -gebühren. 3. Geringer Entsorgungsaufwand trotz hoher Entsorgungskomplexität Der Systementsorgungsaufwand kann einen Umfang von bis zu 100% des Systemaufwandes bei Neuerrichtungen erreichen, wenn umfangreiche ENTTechnologien (ENT-Staubung, ENT-Schwefelung, ENT-Salzung, ENT-Ölung, ENT-Giftung; ENT-Aschung, ENT-Fettung; ENT-Wässerung, ENT-…) zum Einsatz kommen müssen. Es ist die Frage nach dem Verursacherprinzip (technologisches Wirksystem) und einer Entsorgungsalternative zu stellen. Auf die Systementsorgungsprojektierung nehmen deshalb Einfluss:
310
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
• die Wirkungsbeseitigung • die Wirkungsminderung • der Wirkungsschutz
⇒ Wirksystemsubstitution, ⇒ Wirksystemveränderung, ⇒ Schutzsysteme für das Wirksystem, für Personen und die Umwelt.
Komplexität und Kompliziertheit der Entsorgung Die Projektierung von Entsorgungssystemen ist weitaus schwieriger als die Projektierung der Versorgungssysteme. Hauptursachen sind z. B. bei Betriebsstoffen, Abb. 5.93:
Abb. 5.93 Einflussfaktoren auf die Entsorgungsprojektierung (Auswahl)
• Die Veränderung des reinen Versorgungsstoffes im Wirksystem zu einem zu entsorgenden Stoffgemisch, das nicht mehr in chemisch oder physikalisch reiner Form vorliegt. Der Stoffzustand des Entsorgungsstoffes ist nicht mehr der Stoffzustand des Versorgungsstoffes. • Die Alterung biologischer Stoffe über der Zeit durch Mikroorganismen und Wärmeeinfluss. • Die Gasgemischentstehung im Wirksystem durch den Energieeintrag (Reibung, Wärme, Gasbildung, Verdunstung). • Die Schwebfähigkeit der im Wirksystem entstehenden Partikel in der Raumluft, die zu den Aerosolen (Rauche, Stäube, Nebel) führen, so dass die Systementsorgung auch die Raumentsorgung beachten muss. • Die Vielgestaltigkeit der zu entsorgenden ABführungs-Stoffe in kleinen Mengen. • Die noch nicht allumfassend vorliegenden Entsorgungsverfahren. Die Projektierung von Entsorgungssystemen wird durch die klassische Projektierungsweise, durch umfangreiche staatliche Vorschriften (Umweltgesetze) und
5.7 Systementsorgung
311
durch die Gefahrenpotentiale der zu entsorgenden Stoffe bzw. Gegenstände geprägt (↑ Gefahrstoff). Gefahrenpotentiale bei der Entsorgung Gefahrenpotentiale im Entsorgungsbereich sind gegenüber dem Versorgungsbereich ungleich höher. Sie nehmen Einfluss auf das Fabrikpersonal, die Fabriksystemumwelt und auf die Fabrikumwelt. Abbildung 5.94 enthält ausgewählte Gefahrenkategorien.
Abb. 5.94 Gefahrenkategorien bei der Entsorgung (K – Schadstoffkonzentrationen)
Entsorgungsprozesse Die Entsorgungsprozesse werden insbesondere durch drei technologische Kategorien beeinflusst, Abb. 5.95: • die Erfassung der Entsorgungsgegenstände in den Arbeitssystemen, • die Sammlung der Entsorgungsgegenstände im Fabriksystem und in der Fabrik, • die Aufbereitung der Entsorgungsgegenstände im Fabriksystem oder in der Fabrik für eine
Abb. 5.95 Entsorgungsgrobprozesse (Sp – Speichern, MV – Materialverlust)
312
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
• innerfabrikliche Wiederverwendung oder -verwertung, • außerfabrikliche Wiederverwendung oder -verwertung, • außerfabrikliche Zwischen- oder Endlagerung (Deponie). Abfall und Abfallentsorgungsprogramm Im Sinne des Gesetzgebers ist die Fabrik Abfallerzeuger. Sie muss den Nachweis der Entsorgung erbringen, Abb. 5.96. Diese Prozesse sind für die einzelnen Abfallfraktionen gesondert zu projektieren und zu genehmigen (↑ Genehmigungsverfahren). Der Projektant sollte auf diesem Gebiet Erfahrungsträger und rechtzeitig um eine Kontaktaufnahme mit den staatlichen Stellen bemüht sein. Das Abfallentsorgungsprogramm muss einen direkten Bezug zum Bundesgesetzblatt (Jahrgang 1996, Teil I, Nr. 47 vom 20. September 1996) mit den Inhalten
Abb. 5.96 Grobgruppierung der Entsorgungsgegenstände und Entsorgungsaufgaben
5.7 Systementsorgung
313
• Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen (S. 1366), • Verordnung zur Bestimmung von überwachungsbedürftigen Abfällen zur Verwertung (S. 1377), • Verordnung über Verwertungs- und Beseitigungsnachweise (S. 1382), • Verordnung zur Transportgenehmigung (S. 1411), • Verordnung über Entsorgungsfachbetriebe (S. 1421), • Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (S. 1428), • Verordnung über Abfallwirtschaftkonzepte und Abfallbilanzen (S. 1447), zu den Bundesimmissionsschutzgesetzen (BImSch) sowie anderen zutreffenden Gesetzen (in der jeweils gültigen Fassung) haben. Wegen der spezifischen Vielfalt kann hier der Projektierungsumfang nicht vertiefend behandelt werden. Er wird auf ↑ Abführungsmaterial, ↑ Absaugsysteme, ↑ Feststoffentsorgung, Filter und Abscheider (↑ Rohrleitungssysteme), ↑ Gefahrstoffe, ↑ Genehmigungsverfahren und ↑ Schutzgüte begrenzt. Umweltverträglichkeit Die Entsorgungsprojektierung von Fabriken wird durch die Umweltverträglichkeit und durch die Gesetzgebung beeinflusst. Industrieabfälle der Produktion unterliegen einer strengen Kontrolle und Umweltbelastungsprüfung, bis hin zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung der Entsorgung. Dadurch entsteht ein eigenständiges Projekt mit eigenständiger Genehmigungsprüfung für die Entsorgung und als voraussetzende Genehmigung für das Gesamtfabrikprojekt. Der hier entstehende zeitliche Aufwand ist nicht zu unterschätzen, wobei die Aufgaben parallel zur Entsorgungsprojektierung nach der Abb. 5.97 zu bearbeiten sind.
5.7.2
Grundaufbau der Systementsorgungssysteme
Entsorgungssysteme im technologischen Fabriksystem unterscheiden sich von den Versorgungssystemen durch • die technisch-physikalische Bedarfsforderungen an die Entsorgung, • die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den gesellschaftlichen Emissions- und Immissionsschutz (BImSch) sowie die damit verbundenen Entsorgungswege, • den Zustand der Entsorgungsgegenstände als gebrauchte Gegenstände mit Beimischungen, Schadstoffen oder mit Brüchen sowie als ↑ Gefahrstoff, Tabelle 5.49. Hieraus leitet sich ein entsprechender Systemaufbau mit den Grundprinzipien nach Abb. 5.98 ab.
5.7.3
Entsorgungsbedarfsermittlung
Bei Stoffgleichheit von Ver- und Entsorgungsstoff muss der ↑ Durchsatz des Entsorgers dem Durchsatz der Versorgung bzw. des Abfallerzeugers entsprechen.
314
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.97 Projektierungsgrobfolge von Entsorgungssystemen (ABFALL-Stoffe)
5.7 Systementsorgung
315
Tabelle 5.49 Unterschiedlichkeit von Entsorgungssystemgruppen (Auswahl)
Da die chemisch-physikalische Stoffzusammensetzung nicht bei allen Stoffen der Ver- und Entsorgung infolge • chemisch-physikalischer Zustandsänderungen (Schaumbildung, Gasung), • chemisch-mechanischer Zustandsänderungen (Stoffmischung), • mechanisch-physikalischer Zustandsänderung (Abtrag, Spanbildung) gleich ist, muss eine Vergleichsgröße berücksichtigt werden.
316
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.98 Gliederung der Entsorgungsgrundprinzipien
Eine solche Vergleichgröße stellt die Dichte mit den Unterscheidungen • Stoffdichte ( ) • Schüttdichte ( S) • Schadstoffdichte ( K) ≡ Schadstoffkonzentration ( K) dar. Stoffdichte ȡ Die Stoffdichte in kg/m3 ist die objektive chemisch-physikalische Bezugsgröße eines reinen Stoffes (Werkstoff, Flüssigkeit, Gas), die der einschlägigen Fachliteratur aus den Tafelwerken zu entnehmen ist. Hiervon kann die Dichte des Versorgungsstoffes VER durch Aufbereitungsvorgänge (Mischen, Erwärmen) schon abweichen. Die minimale Entsorgungsmenge ergibt sich durch Berechnung oder Schätzung aus der Gl. (5.19).
5.7 Systementsorgung
317
Entsorgungsdurchsatz : DENT 1 ≥ DVER ·
ρVER ρENT
ME/ZE
(5.19.1)
In die Dichteermittlung ENT sind Verschlammung, Schäumung und Stoffmischung als Mittelwert oder differenzierter Wert einzubeziehen. Schüttdichte ȡS Die Schüttdichte ist bei Füllungen durch Schüttungen oder Packungen in Behältern für Feststoffe zu berücksichtigen. Sie ist wesentlich kleiner als die Stoffdichte und enthält eine einheitenlose Raumzahl R0 nach Gl. (5.20). Schüttdichte :
ρS =
ρ kg/m3 R0
(5.20)
Entsorgungsdurchsatz : DENT 2 = DAB ·
DENT 3 = (DVER − DGUT ) ·
ρVER ρS, ENT
ρVER ρS, ENT
ME/ZE
(5.19.2)
(5.19.3)
ME/ZE
Die Werte für R0 liegen im Wertebereich von 1,0 ≤ R0 > 100. Sie sind zu ermitteln, der Fachliteratur zu entnehmen oder zu schätzen. Der Durchsatz DGUT entspricht der Wiederverwendungsmenge durch Umlauf oder Abnahme. Schadstoffdichte ȡK Mit der Schadstoffdichte K (in g/m3; mg/m3 oder ng/m3) wird der Schadstoffanteil als Schadstoffkonzentration K für einen Entsorgungsstoff angegeben, der im Rahmen der Entsorgung von Flüssigkeiten und Gasen den gesetzlich festgelegten Werten K,zul. (MAK-, MEK-, MIK-Werte) nicht überschreiten darf, Gl. (5.21). Um den zulässigen Wert zu erreichen bzw. zu unterschreiten, sind dem Entsorgungsstoff – soweit technologisch möglich – Zusatzmengen aus reinen Stoffen zur Verdünnung beizugeben. Daraus ergibt sich ein größerer Entsorgungsdurchsatz (Gl. 5.19.4). Entsorgungsbedingung :
ρK ≤ ρK,zul
ME/m3
Entsorgungsdurchsatz :
DENT 4 ≥ DAB · 1 +
ρK ρK,zul
(5.21) ME/ZE (5.19.4)
Sind Stoffverdünnungen nicht möglich, müssen andere Verfahren (Filtern, Abscheiden, Separieren, …) im Rahmen der Entsorgungstechnologie vor dem Verlassen des Entsorgungsstoffes aus der Fabrik oder erhöhte Entsorgungsgebühren durch eine erhöhte Schadstoffklassifizierung des Entsorgungsstoffes berücksichtigt werden. Abbildung 5.99 verdeutlicht den Projektierungssachverhalt und Abb. 5.100 weist auf die Projektierungseinflussfaktoren hin.
318
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.99 Projektierter Durchsatz durch Entsorgungsstoffverdünnung (Mehrstoff-Entsorgung)
Abb. 5.100 Ausgewählte Einflussfaktoren auf den Entsorgungsbedarf und auf die Entsorgungsprojektierung
5.8 Systembetrieb
5.7.4
319
Systementsorgungsgestaltung
Die Projektierung der Entsorgung von technologischen Fabriksystemen wird durch drei Richtungen geprägt: • die Entsorgung durch Entsorgungsfachbetriebe nach der Realisierung der Sammelfunktion, • die ganzheitliche Entsorgung durch die in die Entsorgungssysteme integrierten Verwertungssysteme, Abb. 5.100, • die ganzheitliche Fabrikentsorgung unter Einbeziehung aller Fabriksysteme. Alle drei Richtungen, die nicht nur die staatlichen Umweltvorgaben umsetzen, sondern auch die ökonomischen Grundprinzipien und die energetischen Zwänge beachten, müssen von einem hohen ökologischen Niveau geprägt sein. Entsorgung und Versorgung stehen in einem direkten Zusammenhang durch die ganzheitlichen Stoff- bzw. Gegenstandsflüsse, die sich allerdings vor und nach einer Zustandsänderung durch Wirksysteme unterscheiden. Das kann zu unterschiedlichen Layoutgestaltungen führen, ist aber nicht in jedem Fall objektiv zwingend. Mit dem Inhalt der Tabelle 5.50 werden Gestaltungshinweise gegeben.
• Die Projektierung der Entsorgung muss für das betrachtete technologische Fabriksystem und in Abstimmung mit der gesamtfabriklichen Entsorgung geschehen. Ursachen sind die unterschiedlichen Entsorgungsstoffe und Entsorgungsdurchsätze. • Die Gefahrenpotentiale sind in den Entsorgungsbereichen gegenüber der Versorgung durch die Kontaktmöglichkeit (Hautkontakt und Nahrungsaufnahme), das Einatmen von Aerosolen (Staublunge, Krebsbildung), mögliche chemische Reaktionen einzelner Stoffe und Stoffgemische (Explosionen, Brand, Vergärung, Schwelung bei großen Lagermengen) oder durch fehlende Ordnung ungleich höher. Deshalb wird ein GABUSS-Projekt als Schutzgütenachweis empfohlen. • Entsorgungsstoffe sind im Regelfall Wertstoffe, die einer stofflichen oder energetischen Verwertung zuzuführen sind. Die Entsorgungsprojektierung sollte deshalb die gesamten Entsorgungswege, auch außerhalb der Fabrik, ganzheitlich mit dem Ziel beachten, dass der gesamtvolkswirtschaftliche Verwertungsgrad das Niveauideal → 1 erreicht.
5.8
Systembetrieb
Der Systembetrieb mit den Komponenten Betreiben, Erhalten und Lenken des technologischen Fabriksystems ist übergreifend integrierend zu projektieren, Abb. 5.101. Der Systembetrieb muss die Potentiale der Elemente und Teilsysteme des technologischen Fabriksystems steuern und regeln. Der dominante Gegenstandsfluss ist der Informationsfluss. Eine Ausnahme ist der informationsorientierte Personenfluss.
320
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.50 Hinweise zur Gestaltung von Systementsorgungssystemen (Auswahl ohne Gase)
Der Systembetrieb ist grundsätzlich technologisch orientiert und enthält drei Komponenten: • die technische Komponente als technische Systemelementesteuerung, • die organisatorische Komponente als organisatorische Systemablaufsteuerung, • die Tätigkeitsorganisationssteuerung der wirkenden Menschen, einschließlich der Tätigkeitssteuerung des Systembetriebes selbst. Damit sind Systemelemente, Ausstattungen, Programme, Unterweisungsmittel, Anweisungs-, Unterstützungsmittel usw. verbunden, die aufbauorganisatorisch zu projektieren sind. Hierfür hat sich die Fachdisziplin Fabrikbetrieb herausgebildet, die in die Systemprojektierung fachlich einzubeziehen ist. Wegen der damit verbundenen
5.8 Systembetrieb
321
Abb. 5.101 Ganzheitliche Wirkung des Systembetriebes im technologischen Fabriksystem
Informationsflussvielfalt und dem Vorliegen von Fachliteratur – GOTTSCHALK et al. (1989); HACKSTEIN (1989); WIENDAHL (1989); SPUR (1994); EVERSHEIM u. SCHUH (1996); SCHENK u. WIRTH (2004) und viele andere Autoren – soll hier nur eine durch Projektierung auf den Systemaufbau wirkende Darstellung gegeben werden, die über das Kapitel 3 hinausgeht.
5.8.1
Systembetreibung
Systembetreibung: Planen, Organisieren, Messen, Steuern, Regeln, Kontrollieren und Sichern der aufgabenrealisierenden Prozesse im System, um eine Systempotentialnutzung zu erreichen. Systembetreibung und die Informationskomponente der Systemlogistik können adäquat betrachtet werden, da sie gleiche Aufgaben und Funktionen haben und den ganzheitlichen Informationsbezug des Systems nach innen und außen herstellen. Betreibungsprogramme Das Systembetreibungsprogramm beinhaltet drei voneinander abhängige Teile, Abschnitt 5.1.2 und Abb. 5.102.
322
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.102 Programmunterscheidungen für das Betreiben von technologischen Fabriksystemen
Das Produktionsprogramm und die Teilsystemprogramme gelten zu diesem Zeitpunkt durch die Systemprojektierung als vorgegeben (Projektierungsbasis), Abb. 5.5. Durch die Vielfalt der Informationen unterscheidet sich das Programm des Betreibungssystems von den Programmen der anderen Teilsysteme des technologischen Fabriksystems. Die beeinflussenden, zu planenden, zu messenden, zu steu-
Abb. 5.103 Vereinfachtes Modell zur Ableitung der Merkmale des Systembetreibungsprogrammes von technologischen Fabriksystemen
5.8 Systembetrieb
323
ernden, zu regelnden und zu sichernden Informationen können deshalb nur durch eine ordnende Projektierungssystematik erfasst, aufbereitet, vereinheitlicht usw. werden. Eine Hilfestellung soll das Modell in der Abb. 5.103 geben, ohne dass eine Vollständigkeit möglich ist. Projektierungsgebiete Es empfiehlt sich aus Gründen der fachlichen Zuordnung, das Betreibungssystem projektierungsseitig in drei Teilgebiete zu gliedern, Abb. 5.103: • technische Betreibung, • organisatorische Betreibung und • Betreibungstätigkeit. Die technische Betreibung ist auf die Automatisierung durch Technik ausgerichtet, gehört zur konstruktiven Projektierung und unterliegt nach der Realisierung nur noch Veränderungen durch die notwendige Erhaltung und erforderliche Anpassung des Systems. Die organisatorische Betreibung ist auf die Automatisierung der Ablauforganisation durch die Rechentechnik orientiert, hat die Ablauforganisationsdominanz und unterliegt nach der Realisierung laufenden Veränderungen durch Kunden- und Geschäftseinflüsse. Alle Teilsysteme des technologischen Fabriksystems sind zu berücksichtigen, obwohl das Produktionsplanungs- und -steuerungssystem (PPS) den Kern als Teilsystem darstellt. Die Betreibungstätigkeit orientiert auf verteiltes Arbeiten im technologischen Fabriksystem. Aufgabenzuordnungen, Tätigkeitsmerkmale, Verantwortungen, Befugnisse sind wesentliche Inhalte. Projektierungskomplexität der Betreibung Die Komplexität von Betreibungssystemen ergibt sich aus dem Zusammenwirken von technischer, organisatorischer und Tätigkeitsbetreibung für die einzelnen • Teilsysteme des Fabriksystems mit ihren Elementen, • Flusssysteme der Teilsysteme des Fabriksystems und für die • Betreibung des Betreibungssystems selbst sowie den unterschiedlichen und gleichen Informationsflüssen in Wort-, Schrift-, Bildund Datenform. Je größer die Komplexität ist, um so mehr muss vereinheitlicht und systematisiert werden. Ist das betrachtete technologische Fabriksystem wenig autonom, wird die Systembetreibung durch einen zentralen Fabrikbetrieb angestrebt, Abb. 5.104. Deshalb sind frühzeitig Aussagen zur Systembetreibungsautonomie und zu den zentralisierten Aufgaben unter dem Aspekt der Informationsfluss- und Organisationsbeherrschbarkeit notwendig.
• Das Projektieren des Betreibungssystems des technologischen Fabriksystems ist eine informationsorientierte Projektierung für die Systemtechnik, die Systemor-
324
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.104 Ausführungsformen der Systembetreibung
•
•
•
•
•
ganisation und die Systemtätigkeit mit Logistik- und Technologiebezug, die das automatisierte Systemniveau bestimmt, Abb. 5.105. Hauptgebiete der automatisierten Systembetreibung sind die Automatisierungstechnik mit der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik für die technischen Systemelemente und die Rechentechnik für die organisatorische Betreibung. Die automatisierte Systembetreibung ist überwiegend rechnerunterstützt, ohne dieses nennen zu müssen. Die Art der Systembetreibung hängt nicht nur von dem projektierten Fabriksystem ab, sondern auch von der Gesamtkonzipierung der Fabrik, vom Fabrikbetreibungssystem, der Systemintegration, der Systemautonomie, der informationellen Zentralisation und von den wirkenden Personen. Ein hohes Bildungs- und Ausbildungsniveau ermöglicht eine relativ systemautonome Systembetreibung mit fabrikzentralen Vorgaben. Die Verhältnisse nach Abb. 5.106 sollten einbezogen werden. Es ist zu beachten, dass jedes Systemelement, jedes Flusssystem und Teilsystem eine Betreibung in technischer, organisatorischer und tätiger Art erfordern, um wirken zu können. Für Arbeitskräfte wird die Betreibung auf die Organisation und Tätigkeit eingeengt. Das Projektieren der Systembetreibung erfordert wegen der Vielfalt der zu erfassenden, zu verarbeitenden und zu kontrollierenden Informationsmenge, Abb. 5.107 und 5.108, einen großen Zeitaufwand. Eine frühzeitige Einbindung in die Fabrikprojektierung ist dringend zu empfehlen. Der technologische Projektant projektiert die automatisierte Systembetreibung im Regelfall nicht, aber er konzipiert das Gesamtsystem unter Beachtung der technologischen Einflüsse. Die Ausführungsprojektierung bleibt eine Aufgabe der einzelnen Spezialprojektanten, die nicht Anbieter von Programmsystemen sein sollten.
5.8 Systembetrieb
Abb. 5.105 Projektierungsgrobfolge für die organisatorische Systembetreibung
325
326
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.106 Lenkungs-, Betreibungs- und Datenspeicherebenen (ohne Speichervernetzung)
Abb. 5.107 Vereinfachte Darstellung der Informationsflüsse eines Arbeitssystems
5.8.2
Systemerhaltung
Systemerhaltung: Warten, Inspizieren, Instandsetzen,Verbessern, Ersetzen und Stabilisieren von Systemelementen zur Gewährleistung der Systempotentialnutzung. Die Systemerhaltung geht über die System- ↑ Instandhaltung (Wartung, Inspektion und Instandsetzung) hinaus und beinhaltet auch die ständige Systemmodernisierung
5.8 Systembetrieb
327
Abb. 5.108 Vereinfachte Darstellung der PPS-Wirkung zwischen den Arbeitssystemen (grob)
(Verbesserungen und Erneuerungen) sowie die Systemstabilisierung (Schutz- und Sicherheitsleistungen, Havarie- und Notfalllösungen, Redundanzen, Stabilität). Damit diese drei Zielrichtungen während der Systemlebenszeit ohne große Systemumprojektierungen ermöglicht werden, müssen sie in die Systemprojektierung einbezogen werden. Das erfolgt unter dem Aspekt der erhaltungsgerechten Systemprojektierung. Erhaltungsgerechte Systemprojektierung Der Grundinhalt der erhaltungsgerechten Systemprojektierung liegt in der Realisierung der Erhaltungsaufgaben durch Projektierung. Dazu gehören die in der Tabelle 5.51 aufgeführten Sachverhalte. Technische Systemverfügbarkeit Während die Systembetreibung auf die organisatorische Systemverfügbarkeit wirkt, wird die technische Systemverfügbarkeit durch die erhaltungsgerechte Systemprojektierung und ihre praktische Umsetzung beeinflusst. Dieser Sachverhalt nach Gl. (5.22) ist nicht zu unterschätzen, da im praktischen Systembetrieb schon nicht zu akzeptierende technische Verfügbarkeiten ( V ( t) = 0,52) erreicht wurden. Eine solche Leistung des Projektanten führt zu ruinösen wirtschaftlichen Verhältnissen. ηV (t) =
Effektive Betriebsmittelnutzungszeit tB,N Nomineller Betriebsmittelzeitfonds BMZFn
(5.22.1)
ηV (t) =
tB, N taus, t =1− ≤1 tB, N + taus, t tB, N + taus, t
(5.22.2)
Die technische Verfügbarkeit steht im direkten Zusammenhang zum ↑ Zeitfonds des Betriebsmittels oder des Systems und sollte im Projekt angegeben und vom Auftraggeber in einer bestimmten Größe gefordert werden. Ein realer praktischer Wert ist V ( t) ≈ 0,85, da der Wert V ( t) = 1 nur von theoretischer Natur und praktisch über einen längeren Zeitraum nicht erreichbar ist. Mit zunehmender Verfügbarkeitsforderung nimmt die Qualität der erhaltungsgerechten Systemprojektierung zu, wobei Überdimensionierungen zu vermeiden sind.
328
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Tabelle 5.51 Aufgaben der erhaltungsgerechten Systemprojektierung (Auswahl)
Erhaltungsorganisation Die Erhaltungsorganisation enthält eine • Erhaltungsaufbauorganisation, • Erhaltungsablauforganisation und eine • Erhaltungstätigkeitsorganisation 1. Die Produkterhaltung (insbesondere die Instandsetzung und Modernisierung) ist Grundstufe der Produktion, die eine eigene Fabrikgrundart verkörpern kann und bei einer fabrikzentralen Ausführung wie eine Fabrik (Erhaltungsfabrik) in der Fabrik aufbauorganisatorisch aufgebaut werden kann. Diese Aufbauorganisationsform ist nicht unüblich und beispielsweise für Fabriken mit vielen Sondermaschinen zutreffend, die nicht „ohne weiteres“ gekauft und somit in eigener Produktion hergestellt, instand gesetzt und laufend modernisiert werden müssen. Diese Erhaltungsform gehört nicht zur Systemerhaltung, sondern zur Produktion einer Fabrik.
5.8 Systembetrieb
329
2. Die Erhaltungsaufbauorganisation ist wie ein Fabriksystem mit Technologiebezug zu projektieren. Wird die Instandsetzung ausgegliedert, reduziert sich die Erhaltung auf die technische Dienstleistung. Die Besonderheit liegt im Instandsetzungsobjektfluss und im Ersatzteilfluss, Tabelle 5.52. Tabelle 5.52 Flusssysteme der Systemerhaltung
3. Die Überlegungen zur Ausgliederung, besonders der ↑ Instandhaltung und Verbesserung, hat nur kurzfristige Kostenvorteile durch die Ersatzteillagerung und bestimmte Tätigkeiten, erfordert jedoch auch einen höheren Betreibungs- und Lenkungsaufwand. Auch bei Ausgliederung dieser Bereiche ist die gesamte Erhaltungsorganisation ganzheitlich zu projektieren und die Ablauforganisation und Tätigkeitsorganisation in besonderer Weise durch Fremdeinfluss (↑ Kooperation, Fremdheit, Verträge, Niveau, Leistungsumfang, Kosten) zu betrachten. Projektierungskomplexität Die Komplexität der Systemerhaltungsprojektierung ergibt sich aus den Darstellungen in den Tabellen 5.51 und 5.52 – ohne Berücksichtigung der Produkterhaltung – sowie aus den projektierten Teilsystemen des technologischen Fabriksystems und der dezentralen, autonomen oder zentralen Ausführungsorientierung nach
330
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.109 Ausführungsformen der Systemerhaltung
Abb. 5.109 und 5.110. Dabei ist der Widerspruch von maximaler Systemverfügbarkeit und minimalen Erhaltungskosten optimal zu lösen. Praktisch günstige Lösungsansätze sind: • Arbeitssystemintegrierte Instandhaltung, besonders der Wartung, • zentrale Systemerhaltungsablauforganisation im Rahmen der Betreibungssysteme und • zentrale Fabrikausführung der Inspektion, Instandsetzung, Modernisierung und Systemstabilisierung.
• Mit der Systemerhaltung müssen alle technischen und organisatorischen Maßnahmen berücksichtigt werden, die ein ausfallsicheres Wirken der Fabriksysteme, beginnend mit den Arbeitssystemen garantieren. Hierfür sind ausreichende Flächen bei der Systemprojektierung zu berücksichtigen (↑ Instandhaltung). • Die Aufgaben der Systemerhaltung sind in allen Systemen der Fabrik gleich, aber unterschiedlich in ihren Bedarfen ausgeprägt. Mit zunehmender Bedarfsgröße sind wegen der geringeren Bewegungen systemintegrierte den fabrikzentralen Lösungen vorzuziehen. Ein Entscheidungskriterium stellt die zeitliche und qualitative Nutzung von Arbeitskräften dar. • Besondere Probleme der Systemerhaltung ergeben sich in der Praxis immer durch
5.8 Systembetrieb
Abb. 5.110 Projektierungsgrobfolge für die Systemerhaltung
331
332
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
• die von der Projektierung vergessenen Erhaltungsleistungen, • die Ersetzung von Maschinen und Anlagen durch neu entwickelte und in ihrer räumlichen Ausdehnung (besonders in der Länge und Breite) größeren Maschinen und Anlagen am gleichen Standort (eine neue Maschine führt zu vielen Umstellungen), • zu wenig durchdachte Havarie- und Redundanzlösungen, • fehlende Beachtung der Rekonstruktionsfähigkeit. Diesem Sachverhalt kann durch eine projektierte Reservefläche als Anpassungsund Erweiterungsfläche in der Größenordnung von bis zu 15% entgegengewirkt werden. Die Reservefläche ist bis zu ihrer Inanspruchnahme durch mobile Gegenstände nutzbar.
5.8.3
Systemlenkung
Systemlenkung: Gesamtheit derTätigkeiten zurVorbereitung, Führung und Kontrolle der technologischen, ökonomischen und juristischen Systempotentialnutzung. Die Systemlenkung oder auch Systemlenkung und -leitung ist wie eine Entscheidungszentrale mit Vorbereitungs-, Anleitungs- und Abrechnungsfunktionen für • die zwischenmenschlichen Fachbeziehungen im System, vom System zum übergeordneten System (Fabrik) und umgekehrt, • die Fachbeziehungen zwischen dem System und den volkswirtschaftlichen Bereichen (Beschaffung, Zulieferer, ↑ Kooperation), Kapitel 3, • die Fachbeziehungen zwischen dem System und dem Kunden (Käufer, Absatz, Distribution), auf der Basis von Organisationsregelungen zu verstehen. Objektive Projektierungsgrundlagen sind nur im geringen Umfang vorhanden. Im Regelfall erfolgt eine Aufgabenzuordnung und -abstimmung von Fabrik- und Systemlenkung mit der Orientierung auf eine zentrale Fabriklenkung und dispositive Systemlenkung. Projektierungskomplexität der Lenkung Die Komplexität der Lenkungsprojektierung ergibt sich aus den Betrachtungsrichtungen nach Abb. 5.111.
• Das Projektieren der Systemlenkung für technologische Fabriksysteme ist eine informationsorientierte Projektierung mit persönlichem Einfluss durch den Auftraggeber und noch fehlenden objektiven Gesetzmäßigkeiten. • Für die technische Komponente der Lenkung kommen die Informationstechnik (Rechentechnik), Kommunikationstechnik (Nachrichtentechnik), Vervielfältigungstechnik (Kopiertechnik), Bürotechnik (Schreib-, Frankier-, Druck-, Dokumentiertechnik usw.), Lagertechnik (Ablage, Archive) und die Fördertechnik (Rohrpost, …) in Betracht (↑ Gesamtbetriebliche Fabriksysteme).
5.9 Systembauwerke
333
Abb. 5.111 Ausführungsformen der Systemlenkung
• Die organisatorische Komponente wird durch Ordnungssysteme (Akten- und Archivordnung, Informationssicherungs-, Gesprächs-, Telefonier-, Büro-, Kassen-, Geschäfts-, Verwaltungs-, Reise-, Benutzerordnung, …) unterstützt, die zu gestalten sind. • Auftraggeber setzen gelegentlich eigene Berater für die Projektierung oder Gestaltung der Lenkung ein. Diese Zusammenarbeit von Auftraggeber, Berater und Fabrikprojektant bedarf unbedingt einer Regelung, da der Berater später nicht in der, sondern höchstens für die Fabrik tätig wird.
5.9
Systembauwerke
Systembauwerk: Bauliches System mit Trag-, Stütz- und Schutzfunktion zur sicheren Aufnahme und Befestigung von Elementen eines Fabriksystems Bei der Dimensionierung der Systemelemente und bei der Systemoptimierung sind die Auswirkungen auf die das System tragenden und schützenden Bauwerke zu berücksichtigen, da sie die Dimensionierung, Systemstrukturierung, Systemkosten und Systemoptimierung restriktiv beeinflussen. Sie sind sowohl beim Systemlayout als auch bei der Flächenberechnung und Systemgestaltung zu beachten, Abb. 5.112.
334
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.112 Bauwerkseinflüsse und Systembauwerke
Für die Projektierung von Trag-, Stütz- und Schutzsystemen ist eine Projektierungskooperation von Fabrikprojektant und Bauprojektant notwendig. Hierzu gehören: • • • • • • • •
die ↑ Maschinenaufstellung (Befestigung, Fundamentierung), der Fußboden mit seinen Ausprägungen und Gestaltungen, Einhausungen (Arbeitsumweltschutz), Schutzsysteme (Gesundheits-, Arbeits-, Brand-, Umwelt- und Sicherheitsschutz), Tragsysteme (Bewegungstechnik, Halterungen, Auflagen, Fundamente, …), Aufstellebenen (Maschinen, Ablagen), Transportwege (↑ Produktflussfläche), Barrierefreiheit (Behinderungsvermeidung),
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
335
• das Gebäude als Schutzsystem vor atmosphärischen Wirkungen und zur Schaffung einer Behaglichkeit für die tätigen Menschen (↑ Fabrikgebäude). Das Gebäude als bauliche Hülle ist bei richtiger Systemprojektierung nicht systemstrukturbeeinflussend. Es beeinflusst jedoch die Systemstrukturen • bei Modernisierungen durch Sanierung und Rekonstruktion oder • bei einer nicht fachgerechten Projektierungsfolge (die Reihenfolge: erst Gebäudedann Systemprojektierung ist zu vermeiden!). Durch die Vereinigung von System und Gebäude entstehen Fabrikwirkungsstätten, die einer Raumprojektierung mit Sozial- und Architektureinfluss bedarf, Kapitel 6. Die Systembauwerke können die Systemintegration, Systemvariation und Systemoptimierung durch Restriktionen (Festpunkte, keine Machbarkeit) begrenzen. Deshalb sind auch hier Lösungen anzustreben, die eine ↑ Flexibilität und ↑ Variabilität der Systeme „unbegrenzt“ ermöglichen.
5.10
Systemergänzung und Systemoptimierung
Der Abschluss der technologischen Projektsynthese eines Fabriksystems hängt davon ab, ob das System • • • • • • • • • •
als Ganzheit oder Gesamtheit ohne Flussstörungen technologisch wirken kann, weiter ergänzt bzw. komplettiert oder erweitert werden soll, in einer für die Betreibung übersichtlichen Form vorliegt, weiterführend integriert, variiert und optimiert werden muss, eine funktionelle Durchgängigkeit über alle Systemelemente und Flusssysteme erreicht (Funktionalitätsprüfung), technisch mit einem vertretbaren Investitionsaufwand realisiert werden kann, eine zukunftsorientierte Automatisierung enthält, von den einzusetzenden Arbeitskräften technisch und organisatorisch beherrscht werden kann, die richtige Stellung in der Fabrik und zu den außerfabriklichen Beziehungen erhalten hat, kostenoptimale Bauwerksanforderungen erreicht.
Die hiermit verbundenen Kontrollfragen sind relativ schnell beantwortet, so dass die technologische Projektierung der Fabriksysteme mit den folgenden Abschnitten beendet werden kann.
5.10.1
Systemintegration
Systemintegration: Funktionelle und technische Integration der Teilsysteme eines Fabriksystems als selbstständige Ganzheit oder Gesamtheit in der Fabrik und des Systemprojektes
336
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.113 Prüftableau für die Integration und andere Projektierungsziele (ohne Bauwerke, Sy – System)
Basierend auf den Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten der ↑ Integration ist ihr Einfluss bei der Projektkonzipierung und Projektsynthese jedes Teilsystems mit dem Ziel zu untersuchen, ein Systemoptimum oder eine optimale Systemeignung bzw. Systemerweiterung oder eine Systemkomplettierung durch eine Teilsystemabstimmung zu erreichen. Dazu dienen Vergleiche und ein einfaches Prüftableau, Abb. 5.113. Die Hauptziele der Systemintegration in einem Projektierungsstadium sind: 1. Funktionelle Systemganzheit bei Einhaltung einer zeitlichen Systemnutzung von etwa 85% (ηZ,Sy ≥ 0,85), 2. minimale Anzahl von Systemelementearten durch eine hohe technische Integration, 3. Integration von weiteren produktionsdurchführenden und produktionsrelevanten materialflusstechnischen Systemen, Kapitel 3, um die Menge der Fabriksystemarten der Fabrik klein zu halten, 4. Beeinflussung der Systemflexibilität, Systemautonomie und Systemarbeitsinhalte durch funktionelle und technische Integration, 5. Verringerung der Systembeziehungen im Fabriksystem, zwischen den Fabriksystemen und nach Außen (Kooperation), 6. Räumliche Systemverdichtung zur Erreichung minimaler Bewegungen (Wege, Flüsse, Kontrollen, Betreibungen, …).
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
337
Mit zunehmendem funktionellem Integrationsniveau des Fabriksystems nimmt die Systemkomplexität zu und die Fabrikkomplexität ab. Dadurch wird mit der Systemintegration eine Grundlage für die Systemoptimierung gelegt.
5.10.2
Systemvariation
Systemvariation: Auswahl- und Anordnungsveränderung von Systemelementen zur Erreichung eines Systemoptimums durch Varianten Projektieren bedeutet ein ständiges Variieren (↑ Kombinatorik) im Rahmen der Systemsynthese. Mit der Systemvariation soll der Variantengrundsatz umgesetzt und eine systemoptimale Lösung durch eine Variantenprojektierung erreicht werden, die ↑ Bewertungen einbezieht. Die Systemvariation beginnt beim Produktionsprogramm und endet bei der Teilsystemvariation des Gesamtsystems, Abb. 5.114. Die Variationen sind nur auf das zu projektierende System ausgerichtet, nicht auf das Systemprojekt als Projektdokumentation! Mit der Abb. 5.114 wird auf die Variationsvielfalt der Fabriksystemprojektierung hingewiesen. Die daraus ableitbare Variantenanzahl und die Projektierungswiederholungen dürfen nicht übertrieben werden. Die Systemvariation ist bei jedem einzelnen und zyklischen Projektierungsschritt zur optimalen Lösungsfindung durchzuführen. Sie endet jeweils mit einer ↑ Bewertung und Entscheidung.
5.10.3
Systemoptimierung
Systemoptimierung: Gesamtheit der Maßnahmen und Methoden zur Findung und Bestimmung eines Systemoptimums Ein durch Projektierung erreichter optimaler Projektwert liegt zwischen einem maximalen und einem minimalen Projektwert. Optima sind immer relativ und von vielen Faktoren abhängig. Zu unterscheiden sind: • Einzeloptima und • Gesamtoptima, Tabelle 5.53 und Abb. 5.115. Die Gesamtheit von Einzeloptima führt nicht zu einem Gesamtoptimum. Da die Fabriksysteme immer eine gesamtoptimale Lösung darstellen sollen, sind mehrere Einflussfaktoren in die ↑ Optimierung einzubeziehen, beispielsweise nach Tabelle 5.54. Zur Bestimmung des Systemoptimums (Gesamtoptimum) können mehrere Methodengruppen zur Anwendung kommen, Abb. 5.116: • Mathematische Optimierungsmethoden (häufig nur für Einzeloptima, ↑ Optimierung), • Mathematische Bewertungsmethoden (Gesamtoptimum, ↑ Bewertung), • Objektivierte Einschätzungs- und Vergleichsmethoden (Gesamtoptimum), • Kennzahlenvergleichsmethoden (Gesamtoptimum, ↑ Kennzahlen), • Kosten-Nutzen-Methoden (Voraussetzung: genaue Kosten und genauer Nutzen), • begründete Einschätzungen.
338
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.114 Variationsmöglichkeiten von Fabriksystemen (Auswahl)
Tabelle 5.53 Definition von Optima
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
Abb. 5.115 Beispiele für die Größe Transport Tabelle 5.54 Einflussfaktoren zur Systemoptimierung (Auswahl, ↑ Bewertungs – Faktoren)
Abb. 5.116 Einflussgebiete auf die Systemoptimierung
339
340
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Der Fabrikprojektant wendet die ersten vier Methodengruppen an und arbeitet nur mit den so genannten „stellvertretenden Größen“ (z. B. Transportweg), die dann ökonomisch bewertbar sind. Dadurch liegt über Jahre eine objektive oder objektivierte Grundlage vor. Kosten dagegen sind zeitabhängig und über Jahre nicht gleich ausgeprägt, womit Abschätzungen der Systemkostenentwicklungen, aber kaum objektive Vergleiche möglich sind. Mit dem Begriff Aufwand wird eine Folge von Aufwendungen abgedeckt, die einen ermittelten Kennzahlenwert haben, der unterschiedlich bewertet werden muss, Abb. 5.115. Die systemoptimale Lösung entsteht durch das Zusammenwirken von • kreativer Projektantenarbeit, • ↑ Optimierung durch Berechnung und • ↑ Bewertung und Vergleich. Optimale Systemlösungen sind nicht absolut, immer relativ und projektantenabhängig. Zur Minderung der subjektiven Optimierungsbeeinflussung und zur Objektivierung der Optimalität der Systemlösung bleibt deshalb nur das gemeinschaftliche Optimierungswirken durch Projektanten übrig, Abb. 5.116 und 5.117.
Abb. 5.117 Variantenprojektierungsfolge zur Erarbeitung optimaler Systemlösungen
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
5.10.4
341
Systemgesamtfläche
Systemfläche: Gesamtanspruch an die Grundrissfläche, die ein System mit seinen Elementen und Teilsystemen zum gefährdungsfreien Wirken objektiv benötigt. Die Systemgesamtfläche eines technologischen Fabriksystems setzt sich aus den Gesamtteilsystemflächen und deren Überlagerung zusammen. Systemgesamtfläche und Systemlayoutfläche müssen übereinstimmen. Die Flächenberechnungen erfolgen beispielhaft für die Arbeitsplatzfläche des Arbeitssystems (Abschnitt 5.3.3 und ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung) und für das Produktflusssystem (Abschnitt 5.3.6 und ↑ Produktflusssystemfläche), die auf die anderen Teilsystemgruppen übertragbar sind, Tabelle 5.55. Dabei sind Besonderheiten zu berücksichtigen: • Flächenüberlagerung ȘÜ: Bei den Flächenanteilen nach Tabelle 5.55 handelt es sich um projektierte Flächen, so dass Ü schon projektierungsseitig berücksichtigt sein muss. Die Verwendung in der Tabelle 5.55 weist auf die Möglichkeit der Übereinstimmung von Vorausbestimmung (↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung; ↑ Produktflusssystemflächen; Ü-Verwendung) und Ermittlung durch ein Ausmessen ( Ü im Layout enthalten) hin. Tabelle 5.55 Flächenübersicht von technologischen Fabriksystemen
342
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.118 Systembrutto- und Systemnettoflächen (Beispiel mit Maschinenaufstellebene)
• Flächenkennzahlen: Die Bildung von Flächenkennzahlen ist unter Verwendung • von Bezugsgrößen (Maschinenersatzfläche, …), Tabelle 5.55, (Beispiel:fAx = … y … m2/BO) oder als • Flächenanteil (Beispiel für Speicherfläche: fA i = 0, 20 · AAP ; Bezug: ∑ AAP) möglich. • Flächenunterscheidung: Zu unterscheiden sind Bruttoflächen und Gesamtbruttoflächen sowie Nettoflächen und Gesamtnettoflächen, Abb. 5.118. • Flächenanteile: Flächenanteile eines Teilsystems enthalten mehrere Flächenelemente, die nicht mehr untergliederbar sind und projektiert werden müssen. • Bauwerksfläche: Bauwerksflächen sind Konstruktionsflächen. Sie werden im Rahmen der Raumprojektierung ermittelt. Ausnahmen sind aus Abb. 5.112 abzuleiten, dazu enthält Tabelle 5.56 eine Übersicht. • Systemerweiterungsfläche: Jedes Fabriksystem sollte bei der Flächenprojektierung eine Erweiterungsfläche von (10% … 15% … 20%) enthalten. Die Erweiterungsflächen dienen nicht nur zur einfachen Systemerweiterung, sondern auch der Systemanpassungsprojektierung, besonders durch Systemelementeersatz. Liegt die Erweiterungsfläche in zusammenhängender Form vor, kann sie bis zum Gebrauch durch umstellbare Systemelemente genutzt werden. • Flächenausgliederung: Systemflächenausgliederungen entstehen durch fabrikzentrale Lösungen für zentralisierbare Systeme. Dazu können gehören: • Versorgungssysteme → Erzeugungssysteme (Heizung, Transformator, Druckluftverdichter, …) • Entsorgungssysteme → Aufbereitungssysteme, Verwertungssysteme • Erhaltungssysteme → Instandsetzungssysteme, Lagersysteme, Ersatzsysteme • Lenkungssystem → bei kleinen technologischen Fabriksystemen Ausgliederungen führen nur zu anteiligen Flächenreduzierungen. Es verbleiben die Flächen für die zugehörigen Flusssysteme.
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
343
Tabelle 5.56 Flächenbesonderheiten durch Systembauwerke (Beispiele)
Alle weiterhin erforderlichen Teilsysteme sind quantitativ bei der Systemflächenermittlung (Tabelle 5.55) zu berücksichtigen. • Sonderflächen: Als Sonderflächen werden Flächenelemente oder Flächenanteile bezeichnet, die – im Normalfall – nicht in den Systemelementeflächen und Systemflächenanteilen enthalten sind und Besonderheiten aufweisen. • Zusatzflächen: Bei der Systemflächenberechnung sind folgende Zusatzflächen zu berücksichtigen: • • • •
Systemerweiterungsflächen, Technologische Zusatzflächen, Sonderflächen, Soziale (allgemeine) Zusatzflächen, Kapitel 6.
344
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
• Technologische Zusatzflächen: Flächen, die zur Technologierealisierung im System zusätzlich benötigt werden und noch nicht berücksichtigt wurden. Sie entstehen durch Integrationsbestrebungen. Beispiele • Werkzeugschleifen, • mobile oder wechselnde Arbeitssysteme, • Verschluss von Giften, Wertgegenständen usw., • Fläche für kooperierende Einrichtungen im System.
5.10.5
Systemgesamtraum
Systemraum: Gesamtanspruch an die Raumgröße, die ein System mit seinen Elementen und Teilsystemen zum gefährdungsfreien und behaglichen Wirken objektiv benötigt Der Systemgesamtraum eines technologischen Fabriksystems setzt sich aus den Gesamtteilsystemräumen abzüglich ihrer Überlagerungen zusammen. Daraus erTabelle 5.57 Raumübersicht von technologischen Fabriksystemen
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
345
gibt sich der Anspruch an die räumliche Größe (Länge, Breite, Höhe, Durchmesser) der Fabrikstätte. Die räumlichen Überlagerungen sind sowohl bei den Aufstellräumen als auch bei den Bewegungsräumen begrenzt. Im Regelfall ist eine Raumüberlagerung nur für den Fall der Flächenüberlagerung erforderlich. Nur dort, wo eine Grundrissfläche vorhanden ist, ist auch ein Raum erforderlich, Tabelle 5.57. • Raumüberlagerung: Raumüberlagerung tritt nur ein, wenn eine Flächenüberlagerung vorhanden ist, Abb. 5.119. Es wird von orthogonal gebildeten, nicht von konturhaften, Räumen ausgegangen. Bei unterschiedlichen Teilsystem- oder Elementeraumhöhen (↑ Arbeitsraum, ↑ Produktflusssystemraum) ergeben sich keine unterschiedlichen Überlagerungswerte von Fläche und Raum (Ü,A ≡ Ü,R bei SHSy = const., Unterscheidung von Raum R und Raumvolumen V).
Abb. 5.119 Definition von Flächen- und Raumüberlagerung (Beispiel)
• Systemraumgröße: Mit definierten Teilsystem- oder Elementegrundflächen entsteht der Systemraum durch die Systemhöhe HSy. In der Praxis werden unterschiedliche Höhen der Teilsysteme und des Gesamtsystems noch vergleichbar angepasst, so dass verschiedene Raumgrößen, bei räumlich konzentrierter Systemanordnung, zu beachten sind: • • • •
der berechnete( Verr) und der effektiv notwendige Systemraum ( VSy,eff) und der angepasste Vergleichs-Systemraum ( VSy,projektiert), der vereinheitlichte Systemraum als Systemhüllraum ( VSy,Hüll), der zu projektierende Gebäudenutzraum als Gebäudesystemraum ( VG,Sy), Abb. 5.123
Es ergeben sich folgende Projektierungsverhältnisse, Abb. 5.119 und Gl. (5.23): (5.23.1) Verr j ≥ VSy effektiv = VSy projektiert m3 /System j
VSy projektiert ≤ VSy, Hüll ≤ VG, Sy
m3 /System
(5.23.2)
346
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Eine Unterscheidung in einen Systembrutto- und Systemnettoraum ist möglich. Der Systembruttoraum enthält den durch Bauwerkssysteme zu realisierenden notwendigen Gebäudesystemraum VG,Sy. Der Systemnettoraum entspricht bei bewegungsbedingten Räumen dem „Lichten Raum“. • Raumanteile: Jeder Raum für Fabriksysteme enthält die Anteile nach Tabelle 5.57, die, in einfachster Form integriert, als Ganzes ermittelt werden können. Es sind räumliche Überlagerungen möglich. • Raumelemente: Raumelemente sind die nicht mehr teilbaren Einzelräume eines Systemraumes. Wirken Arbeitskräfte dauerhaft in einem Raum, sind die in der Abb. 5.120 aufgeführten Raumelemente zu projektieren (↑ Arbeitsraum).
Abb. 5.120 Systemraumelemente und Raumelementeüberlagerung
1. Elementebelegungsraum: Durch die Aufstellung und (oder) Befestigung von Systemelementen (Maschinen, Speicher, Schränke) entstehender GeometrieKonturraum oder Geometrie-Hüllraum. 2. Elementebewegungsraum: Für die Elementebewegung (Rotation, Translation, Heben, Senken, Fahren) benötigter Kontur- oder Hüllraum. Die Elementebewegungen müssen ohne Behinderung und Gefahren durchführbar sein. 3. Bedienraum: Raum, der für eine gefährdungsfreie Direkt- oder Fernbedienung der Systemelemente durch menschliche Arbeitskräfte oder technische Elemente notwendig ist (↑ Arbeitsraum). 4. Konstruktionsraum: Raum für Trag-, Stütz- und Schutzkonstruktionen. 5. Tragsystemraum: Raum zur Aufnahme von Systemkräften (Gewichtskräfte, periodische und zyklische Horizontal- und Vertikalkräfte), die auf den Boden (Fußboden, Fundamente) zu übertragen sind. 6. Sicherheitsraum: Zur Vermeidung von Kollisionen, Unfällen und Anfahrten notwendige Einzelräume. Sie sind aus zwei Betrachtungsrichtungen notwendig:
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
347
• Sicherheitsraum als Bestandteil der Einzelraumelemente (Aufstellsicherheit durch Neigung und Abstandswahrung ⇒ statischer Sicherheitsraum), • Sicherheitsraum als Raumelement zur Vermeidung von Bewegungskollisionen (⇒ dynamischer Sicherheitsraum) durch Sicherheitsabstandsmaße. 7. Erhaltungsraum: Raum, der eine behinderungsfreie Elemente- und Systemerhaltung durch Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung), Modernisierung (Verbesserung, Sanierung, Rekonstruktion) und Systemstabilisierung (Redundanz, Kompensation) gewährleisten muss. 8. Behaglichkeitsraum: Raum zur Sicherung einer Arbeitsbehaglichkeit durch Raumklimafaktoren (Luftvolumen, Wärme, Feuchte, Schadstoffkonzentration). Er stellt einen Zusatzraum zur Schaffung eines ausreichenden Raumluftvolumens (Atmung) und einer ausreichenden Beleuchtung dar (ergonomisch notwendiger Zusatzraum, ↑ Arbeitsraum). 9. Zusatzraum: Für projektierte Systemerweiterungen und Besonderheiten (Elementewechsel) notwendiger Raum. 10. Freier Raum: Durch unterschiedliche Geometrien und Raumabmessungen der Einzelräume zum orthogonal projektierten Systemraum entstehende freie Einzelräume, die summiert werden können, aber keinen geschlossenen Gesamtraum ergeben. Die freien Räume sind voll nutzbar. • Hüllraum: Durch Orthogonalprojektionen über die maximalen Elementeabmessungen entstehender Raum, Abb. 5.121. Der Hüllraum ist größer als der Konturraum, vereinfacht das räumliche Projektieren, führt zum Begriff bauliche Hülle und zu schlechteren Raumnutzungsgraden, Gl. (5.24), Abb. 5.119 und 5.122. ηR1 =
VKontur ≤1 VHüll m
ηR2 =
m
Vj
j=1
VSy, Hüll
(5.24.1)
=
(B · L · H ) j
j=1
(B · L · H )Sy
Abb. 5.121 Elementebelegungshüllraum
≤ 1;
⎞ ⎛ m ⎝ V j ≤ VSy, Hüll ⎠ j=1
(5.24.2)
348
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
Abb. 5.122 Systemhüllvolumen (Beispiel für ein Arbeitssystem)
Das Systemhüllvolumen entspricht einem Systemaufstellraum (mit Sicherheitsabstandsmaßen) oder einem Systemersatzhüllvolumen. • Räumliche Systemdichte: Größe, die eine Systemelementebelegung im Raum angibt, Gl. (5.25), und Rückschlüsse über Bewertungen zur • Raumprojektierung insgesamt, • Energiedichte oder • Systemergonomie ermöglicht, Gl. (5.26). m
Elementeraumdichte: dR1 = Luftraumanteil: dR2 =
VSy,Hüll
m3 /m3 · System
m3 /m3 · System
(5.25.1) (5.25.2)
mElemente j
j=1
VSy,Hüll m
Energiedichte : dSy,E =
VSy,Hüll
VL m
Elementedichte: dSy =
VElemente j
j=1
kg/m3 · System
(5.26.1)
kW/m3 · System
(5.26.2)
PElemente j
j=1
VSy,Hüll
• Systemluftraum: Mit dem Systemluftraum VL ist der für Menschen lebensnotwendige (Atmung) und der für Maschinen arbeitsnotwendige (Verbrennungs-
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
349
motor) Raum gemeint. Er kann nach Gl. (5.27) ermittelt werden und führt zum notwendigen Luftwechsel. VL = VSy,Hüll − VElemente + VKonstruktion + VTragsystem (5.27) 3 m /System • Raum-Flächen-Verhältnis: Variierbares Verhältnis von Systemgrundrissfläche (Aufstellfläche) und Systemraum. Das Verhältnis wird über die Systemabmessungen des Systemhüllraumes nach Abb. 5.121 abgeleitet, Gl. (5.28) und (5.29). ⎞ ⎛ m m−1 VSy, Hüll = (L · B · H )Sy = ASy · HSy = ⎝ lASj − lÜj ⎠ · bAS · HSy (5.28) j=1
j=1
m3 /System
LSy – Systemlänge BSy – Systembreite HSy – Systemhöhe ASy – Systemgrundrissfläche lASj – Arbeitssystemlänge lÜj – Überlagerungslänge (Anordnungslänge) bAS – Arbeitssystembreite (Anordnungsbreite) HSy =
VSy,Hüll VSy,Hüll = (B · L)Sy ASy
m/System
(5.29)
Für die Systemraumgröße von Bedeutung sind, Abb. 5.123:
Abb. 5.123 Entwicklung des Systemraumes (AS – Arbeitssystem, B – Bewegung, Abb. 4.68)
• das Raum-Flächen-Verhältnis zur Erreichung kleiner Grundrissflächen, • die Systemraumanpassung durch Systemraumprojektierung.
350
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
HSy = hB
max
BSy = z · bAS
(oder hAS max
max )
+ siH
(5.30)
m
+ bB max + 2 · siB
(5.31)
m
z – Anzahl der Aufstellreihen (Regelfälle: z = 1 Reihe oder z = 2 Reihen) bAS max – Maximale Arbeitssystembreite bB max – Maximale Bewegungsraumbreite eines Bewegungssystems siB – Sicherheitsabstand in der Breitenausdehnung Hinweis: Aufstellreihen ab z ≥ 3 erfordern zusätzliche Transportwege zwischen den Aufstellreihen bei Bewegungssystemen mit Zentralspeicher und Zentralförderer • Systemlänge ⎛ ⎞ m m−1 (5.32) lAS, j − lÜ, j ⎠ + 2 · siL ≤ SL(Gebäude) m LSy = ⎝ j=1
j=1
max
(lÜ nach Abb. 5.119)
• Systemhüllraum ( VSy Hüll → Gebäudeanforderungsraum) VSy, Hüll ≤ Gebäudesystemraum VG , Sy
m3 /System
(5.33)
Hinweis: Gl. (5.28) und Abb. 5.119, 5.122, 5.123 beachten! • Effektiver Systemraum ( V – Raum für: SB – Systembetrieb, FlS – Flusssysteme, So – sonstiges) VSy, eff =
m j=1
VAS j +
n i=1
VB i +
l k=1
VFlS k +
o p=1
VSB p +
r
VSo q
(5.34)
q=1
m3/System Systemraumnutzungsgrad ηR, Sy =
VSy, eff ≤1 VSy, Hüll
(5.35)
• Sicherheitsabstandsmaße si ≥150 mm (Gl. (5.14), Tabelle 5.29) Empfehlung : si = 150 mm bei statischen Systemelementen si = 300 mm bei beweglichen Systemelementen Beispiel : HSy = Hj max + 300 mm (↑ Produktflusssystemraum)
5.10 Systemergänzung und Systemoptimierung
351
• Eine Hauptaufgabe der Systemraumprojektierung besteht in der Schaffung kollisions- und gefährdungsfreier sowie ergonomischer Systemräume (↑ Schutzgüte, Abb. 5.124). Mit der räumlichen Projektierung (MULTI-MEDIA-VERSIONEN) können gute Lösungen durch Kollisionsprüfungen und Simulationen erzielt werden. • Maßketten der Sicherheitsabstandsmaße von Teilsystemen (↑ Arbeitssysteme, ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung, Flusssysteme, ↑ Produktflusssystemfläche,
Abb. 5.124 Schutzgüteeinflüsse und Schutzgütemaßnahmen
352
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
↑ Produktflusssystemraum), Gesamtsystem und Gebäudebauwerk sind zu vermeiden. Im Regelfall sind nur ein Sicherheitsabstandsmaß für die Höhenbestimmung (si = 150 mm oder 300 mm) und jeweils zwei Sicherheitsabstandsmaße si = 150 mm für die Breiten- und Längenbestimmung (Randzonen) erforderlich. • Der Gebäudesystemraum VG,Sy ist dem Gesamtsystemhüllraum VSy,Hüll anzupassen. Abweichungen entstehen nur durch Gebäudeöffnungen (Türen, Fenster) und Gebäudeeinbauten (Anfahrschutz, Ver- und Entsorgungselemente).
5.10.6
Schutzsysteme und Schutzgüte
Die ↑ Schutzgüte eines Systems ist im Rahmen der Teilsysteme zu projektieren und gesamtheitlich nachzuweisen (Schutzgütenachweis). Insbesondere geht es um Maßnahmen bzw. Projektlösungen, die Gefährdungen vermeiden und mindestens die restriktiv vorgegebenen Belastungen ( Bzul) erfüllen, Gl. (5.37) und Abb. 5.124. BProjekt ≤ Bzul
Belastungen
(5.37)
• Jede Systemprojektierung muss mit realisierbaren Aussagen zur Schutzgüte enden, unabhängig davon, ob Arbeitssysteme, Flusssysteme oder Fabriksysteme Gegenstand der Projektierung sind. Die Aussagen müssen sich auf den Schutz der arbeitenden Menschen, der projektierten Technik und der Umwelt beziehen (↑ Genehmigungsverfahren). • Die Spezialprojektierungen konzentrieren sich auf einzelne Systeme oder Teilsysteme der Fabrik, die viel früher das Endstadium erreichen, als das Gesamtfabrikprojekt. Es muss in solchen Fällen auf Haftungsregelungen und Wiedereinbeziehung der Spezialprojektanten geachtet werden. • Bestand die Aufgabe nur aus der Projektierung eines Systems oder Teilsystems der Fabrik, so ist mit diesem Abschnitt die Projektierung beendet. Die abschließenden Arbeiten sind dann die Erarbeitung der Projektdokumentation, Abschnitt 7.5.6, und die Präsentation (Verteidigung).
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353
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354
5 Grundlagen und Methodik der Technologischen Fabriksystemprojektierung
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6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Mit der durchgängigen Technologischen Fabriksystemprojektierung, Kapitel 5, liegen die Systemanforderungen an die räumliche und gestalterische Systemprojektierung soweit vor, dass das technologisch projektierte System in seine sogenannte End- und Realisierungsform durch die Trag-, Stütz- und Schutzfunktion gebracht werden kann. Bei dieser Projektierungsaufgabe sind fast alle Projektierungsaktivitäten vom Raum, von den baulichen Systemen, Abb. 5.123, von den Schutzsystemen, Abb. 5.124, und vom technologischen Wirken durch menschliche und technische Arbeit im Raum abhängig, Abb. 6.1. Es ergeben sich neue Gebiete, Relationen und Aktivitäten der Fabriksystemprojektierung, die einen zusätzlichen Einsatz von Spezialprojektanten und ein räumliches Denken erfordern.
Abb. 6.1 Grundzusammenhänge zwischen technologischer, räumlicher und arbeitsgestalterischer Fabriksystemprojektierung
Durch den Technologie-, Raum- und Arbeitsbezug entstehen die Wirkungsstätten der Fabrik in unterschiedlicher Art und mit unterschiedlicher Integration, Autonomie und Benennung. Das räumliche Bauwerk wird zum Teilsystem des zu realisierenden Fabriksystems und schafft die räumlichen Bedingungen in der Längen-, Breiten- und Höhenausdehnung sowie für das klimageschützte Arbeiten im Raum.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
355
356
6.1
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Fabrikwirkungsstätte
Fabrikwirkungsstätte: Technische und organisatorische Systemeinheit der Fabrik mit bestimmter Funktion, Dimension, Struktur und räumlicher Gestalt, die aus Fabriksystemen und Fabrikräumen besteht und in der technologische und fabrikunterstützende Vorgänge räumlich konzentriert durchgeführt werden (alternativ: Fabrikstätte; Fabriktechnologiestätte; Produktionssystem (1); Produktionsstätte der Fabrik). Eine Fabrikstätte ist somit die räumliche Wirkungsstätte der Produktion in der Fabrik, mit überwiegend technologieorientierten Wirkungen durch technisierte und
Abb. 6.2 Anforderungen an die technologische Fabrikstätte
6.1 Fabrikwirkungsstätte
357
Abb. 6.3 Grundbestandteile von Fabrikstätten
menschliche Arbeit. Deshalb sind die Bedürfnisse der wirkenden Menschen in die Fabriksystemprojektierung unter dem Raum- und Gestaltungsaspekt einzubeziehen, Abb. 6.2 und 6.3. Namentliche Unterscheidungen ergeben sich aus dem Wirkungsbezug. Beispiele für Fabrikstätten als Produktionsstätten sind: • Technologiestätten (Bezug: technologische Fabriksysteme, Produktproduktion), • Versorgungsstätte (Bezug: Fabrikversorgungssysteme, Versorgungsproduktion), • Entsorgungsstätte (Bezug: Fabrikentsorgungssysteme), • Instandhaltungsstätte (Bezug: Fabrikinstandhaltungssysteme), jeweils mit einer Produktionsstufenorientierung nach Kapitel 2, Abb. 2.13.
358
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Die Fabrikwirkungsstätte als Produktionssystem (1) kann durch weitere Integrationsbetrachtungen und durch die mögliche Fabrikraumbildung von unterschiedlicher Art und Größe sein. Aus diesen nachfolgend aufgeführten Inhaltsaspekten ergeben sich unter Einschluss der Anspruchsmerkmale nach Abb. 6.2 die konkreten Projektierungsprogramme für die räumliche und gestalterische Systemprojektierung. 1. Eine technologische Fabrikwirkungsstätte beinhaltet mindestens ein dominantes Fabriksystem mit seinen Flusssystemen, einen Fabrikraum (↑ Arbeitsraum, Schutz- und Bedürfnisräume) für die tätigen Menschen (Arbeitskräfte, Entwicklungs- und Führungspersonal) und Betriebsmittel sowie eine Standortfixierung. Sie präsentiert die Produktion der Fabrik durch das technologische Fabriksystem räumlich am fixierten Standort. 2. Im Minimalfall enthält die Fabrikwirkungsstätte ein Fabriksystem (Beispiel: Chemiefabrikstätte mit Gefahrenpotential). Im Maximalfall sind alle technologischen Fabriksysteme und alle Komponenten nach Abb. 6.3 in einem Fabrikgebäude enthalten (Beispiel: Maschinenbaufabrikstätte). Zwischen beiden Extremen existiert eine Fabrikstättenvielzahl, die aufgabensowie projektantenabhängig ist und wenig systematisiert oder typisiert werden kann, außer dem Fabrikgebäude. 3. Fabrikwirkungsstätten haben immer einen Produktionsbezug, einen räumlichen Standort und sind Grundbestandteil einer Gesamtfabrik. Durch Funktionsintegration können spezialisierte oder universell nutzbare Lösungen entstehen, Tabelle 6.1. Im Interesse geringer baulicher Aufwendungen ist die Anzahl der Fabrikwirkungsstätten so klein wie möglich zu halten. 4. Die Fabrikwirkungsstätte kann eine ganzheitliche Fabrik verkörpern, wenn auch die, die Fabrik repräsentierenden Faktoren (Fabrikgeschäfte, Fabrikaußenbeziehungen) integriert sind („Einstättenfabrik“). Der Begriff Fabrik impliziert deshalb die Fabrikwirkungsstätte als Fabrik und die Gesamtfabrik mit mehreren Fabrikwirkungsstätten ebenfalls als Fabrik, Kapitel 7. 5. Eine Fabrikwirkungsstätte kann mehrere technologische Fabriksysteme enthalten, ohne dass dadurch die Ganzheitlichkeit der einzelnen Fabriksysteme verloren geht oder gehen muss. In diesen Fällen greift die Systematik nach Tabelle 3.4. Eine Veränderung der projektierten technologischen Fabriksysteme ergibt sich grundsätzlich nicht, nur das Fabrikgebäude muss diesen Bedingungen angepasst werden, Abb. 6.4. 6. Fabrikwirkungsstätten mit eindeutigem Technologie- bzw. Produktionsbezug sind ganzheitliche Fabriktechnologiesysteme. Auch eine andere namentliche Kennzeichnung, wie Produktionssystem, Produktionsstätte, Teilfabrik, Fabrikteil oder umgangssprachliche Benennungen (-Bereich, -Zentrale, -Gebäude, -Station, -Werkstatt) sowie fabrikeigene Benennungen („Glühe“, „Beize“, „Mechanische“) ändert am Inhalt nichts.
6.2 Integration von Fabriksystem und Fabrikgebäude
359
Tabelle 6.1 Fabrikwirkungsstättenbildung (ohne Personenfluss und Gebäudebetrieb)
6.2
Integration von Fabriksystem und Fabrikgebäude
Das ↑ Fabrikgebäude muss als Teilsystem und Bestandteil eines Fabrik- oder Produktionssystems sowohl die räumlichen (Schutzraum) und gestalterischen Anforderungen nach Abb. 6.2 als auch drei übergreifende Grundaufgaben nach Abb. 6.5 und 6.6 erfüllen. Durch • die Bildung des Fabrikraumes (Fabriksystemraum, Abb. 5.123, und Fabrikgebäuderaum), • die Versorgung von System und Fabrikraum und • die Entsorgung von System und Fabrikraum
360
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Abb. 6.4 Projektierungsgrobfolge der Fabrikwirkungsstätte
6.2 Integration von Fabriksystem und Fabrikgebäude
361
Abb. 6.5 Grundaufgaben des Fabrikgebäudes
entstehen Bedingungen für eine Integration. Diese Integrationsmöglichkeiten sind herauszuarbeiten und zusätzlich zu projektieren. Raumver- und -entsorgung ist gegenüber der Systemver- und -entsorgung einfacher. Nur in wenigen Fällen liegen Übereinstimmungen vor, Abb. 6.19 und 6.20. Die Verflechtung (Vereinigung, Verschmelzung, Integration) von Systemtechnik und Systemraum zur Wirkungsstätte des technologischen Fabriksystems als Produktionssystem (1) beeinflusst • die Dimensionierung des Gebäudes und die Dimensionierung der Tragsysteme für System und Gebäude durch Summierung • der Kräfteeinwirkungen (Gewichtskräfte und dynamische Kräfte), Abb. 5.112 und 5.124, • der Raumanforderungen (Systemraum als Technologieraum, Abb. 5.123, und gebäudeeigener Raum) und • des Durchsatzes (Versorgung), so dass Berechnungswiederholungen erforderlich werden, • die Systemstrukturierung in Details (Versorgungsverteilung, Entsorgungssammlung), • besonders die Gesamtsystemgestaltung durch die Gebäudetragkonstruktion und -umhüllung (Wand, Dach, Tagesbelichtung, Zugänge). Bei der funktionell-räumlichen Fabrikgebäudeintegration sind verschiedene Raumbesonderheiten zu beachten, Tabelle 6.2, um eine Raumbehaglichkeit zu ermöglichen: • Raumfunktion (Schutz-, Funktionsträger, Gestaltungsgeometrie), • Raumklimafaktoren (Feuchte, Wärme, Raumluftkondition, Schadstoffkonzentration), • Raumausstattungswertigkeit (Gegenstandswert, Zugriffssicherung), • Raumergonomie (Lärm, Abstandsmaße, Bewegung, Raumlicht), • Raumverschmutzung, • Raumflexibilität, Raumerweiter- und -veränderbarkeit. Das zwingt zu einer abgestimmten Projektierung der beteiligten Projektanten mit folgender Aufgabenverteilung, Abb. 6.7. Es entsteht eine Raum-in-Raum-Betrachtung.
362
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Abb. 6.6 Integrations-, Schutz- und Belastungsfaktoren von Fabrikgebäuden
6.2 Integration von Fabriksystem und Fabrikgebäude Tabelle 6.2 Funktionelle Raumintegration (Beispiele)
Abb. 6.7 Aufgabenverteilung der Projektanten
363
364
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Das Fabrikgebäude als ein Objekt mit besonderer investiver Betrachtung (Investitionskostenfaktor Nr. 1) und Wertigkeit sowie als räumliches Schutzsystem kann nur wenige technologische Funktionen übernehmen, sofern es bei getrennten Betrachtungen von Technologie und Schutzraum bleibt. Der Widerspruch zwischen hohen Gebäudeinvestitionskosten und geringen Technologiefunktionsmengen kann nur durch integrierte Gebäudeentwicklungen gelöst werden. Es gibt folgende Ansätze: 1. Anpassung von Produktionsraum (Abb. 5.123) und Fabrikgebäuderaum durch die technische Integration statischer Elemente der Tragsysteme. 2. Modularisierung, Segmentierung (Abb. 5.69 und 5.70) und Typisierung (Modulund Rastermaße) des Fabrikgebäudes und der Raumeinheiten. 3. Technologische Raumnutzung durch Aufstellebenen (Tabelle 5.41). Solche Lösungen für das ↑ Fabrikgebäude sind nur auf dem Wege der technischen ↑ Integration und aus der Sicht der Technologischen Fabrikprojektierung entwickelbar.
6.3
Fabrikgebäuderaum
Durch den hohen Investitionskostenanteil (40 … 60%) muss im Rahmen der Technologischen Fabrikprojektierung vertiefend über die Zweckmäßigkeit, Flexibilität und perspektivische Entwicklung des ↑ Fabrikgebäudes nachgedacht werden, da das Fabrikgebäude für das dynamisch wirkende technologische Fabriksystem ein statisches Teilsystem darstellt. Alle Teilsysteme müssen aber in ihrem Wirken eine Einheit von Systemtechnologie (Technik und Organisation) und Systemraum (Gebäudebauwerk) ohne Einengung und ohne Überdimensionierung bilden. In den praktischen Fällen treten häufig Einengungen in der Grundfläche und Überdimensionierungen des Gebäuderaumes auf. Eine besondere Raumausprägung hat dabei die Bekranung (↑ Produktflusssystemraum). Der Systemraum nach Abb. 5.123 ist in einen Gebäudesystemraum ohne zusätzliche freie Räume zu überführen, Abb. 6.8. Der Gesamtraum der Fabrikwirkungsstätte besteht aus drei unterscheidbaren Raumkategorien: • dem Systemraum des technologischen Fabriksystems nach Abb. 5.123 und Tabelle 5.56, als Produktionsraum bzw. technologischen Fabrikraum, • den Sanitär-, Sozial-, Büroräumen (Sozial- und Verwaltungsraum) und • dem Gebäudebauwerksraum (-betriebsraum und -konstruktionsraum).
6.3.1
Systembedingte Flächen und Räume des Fabrikgebäudes
Das Gebäude muss als Raumbauwerk in seiner Flächen- und Raumausprägung den Systemflächen- und Systemraumgrößen (Abschnitte 5.10.4 und 5.10.5) unter den folgenden Bedingungen angepasst werden:
6.3 Fabrikgebäuderaum
365
Abb. 6.8 Gebäudeflächen, Gebäuderaumeinfluss durch Bekranung und technologieorientierte Gebäudebemaßung
1. Behinderungsfreie Aufnahme der Flächen und Räume des projektierten und zu realisierenden Systems in der Breiten-, Höhen- und Längenausdehnung, 2. Gewährleistung der Systembewegungen und Systemsicherheitsabstandsmaße, 3. Erfüllung von ergonomischen Bedingungen wie Helligkeit, Luftraumgröße, Luftkondition, Bewegung, Gesundheits- und Arbeitsschutz, 4. Gewährleistung ausreichender Schutzmaßnahmen (Brandschutz, Brandbekämpfung, Sicherheitsschutz, Umweltschutz, ↑ Schutzgüte), 5. Systemoptimale und systemintegrierte Anordnung der Gebäude- und Raumzugänge, 6. Systemoptimale Erweiterbarkeit und Veränderbarkeit. Abbildung 6.9 enthält mit einem Bezug zur Abb. 5.123 und 6.8 ein vereinfachtes Beispiel mit der Bemaßung des Gebäudesystemraums. Zu den systembedingten Räumen gehören auch die Räume anderer einbezogener Bereiche nach Tabelle 6.1 und 6.2.
6.3.2
Flächen und Räume des Fabrikgebäudes
Das ↑ Fabrikgebäude enthält als raumumschließendes Bauwerk in jedem Fall einen nutzbaren Raum oder mehrere systembedingte Räume (Tabelle 6.1 und 6.2, Abschnitt 6.3.1) und zusätzlich
366
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Abb. 6.9 Gebäudesystemraum und projektierter Systemraum (Beispiel, Abb. 5.123). a Geforderter Gebäudesystemraum VG, Sy ≥ VSy, Hüll. b Projektierter Systemnutzraum als Gebäudesystemraum VG, Sy
• eine Menge von Gebäudekonstruktionsräumen, einschließlich freier Räume, • gebäudeeigene Bewegungsräume (Türraum, Fensterraum u. ä.) und • gebäudeeigene Versorgungs-, Entsorgungs- und Betriebsräume. Räume beinhalten Flächen, die beim Gebäude anders ausgeprägt sind, als bei einem technologischen Fabriksystem, Abb. 6.10. Von den Gebäudeflächen sind technologisch betrachtet von Interesse: • die Fußbodennettofläche ⇒ Aufstell- und Transportfläche (Bewegungsfläche), • die Systemaufrissfläche ⇒ ↑ Maschinenaufstellung, ↑ Produktflusssystemraum, • die Lichtfläche (Oberlichtfläche, Fensterfläche) ⇒ Beleuchtung, ↑ Lichtversorgung,
Abb. 6.10 Kennzeichnung der Gebäudeflächen (ohne gebäudeeigene Bewegungsflächen)
6.3 Fabrikgebäuderaum
367
• die Gebäudezugangsflächen (Türen, Tore, Rampen, Treppen, Aufzüge, …) ⇒ ↑ Materialflusstechnik, ↑ Personenfluss, ↑ Betriebsmittelfluss. Aus wirtschaftlicher Sicht sind dagegen alle Gebäudeflächen und besonders die Differenz zwischen Gebäudebrutto- und Gebäudenettofläche wegen der Investitions- und Abschreibungskosten von Bedeutung. Hieraus ergibt sich auch der Zusammenhang zwischen den Gebäuderäumen, insbesondere zwischen • Systemnutzraum des Gebäudes und • Gebäudekonstruktionsraum einschließlich möglicher Bewertungen nach Gl. (6.1) und (6.3), (Beispiel polyederförmige Gebäude). Der Gebäudenutzraum muss in Länge, Breite und Höhe dem Gebäudesystemraum und dieser wiederum dem Systemhüllraum (des Fabriksystems) entsprechen. • Gebäudebruttoraumnutzungsgrad R,G ηR,G1 =
Gebäudenutzraum VG,Nutz ≥ ηR,G2 Gebäudebruttoraum VG
(6.1.1)
ηR,G2 =
Gebäudesystemraum VG,Sy SL · SB · SH = ≤1 Gebäudebruttoraum VG LG · BG · HG
(6.1.2)
Das Gebäudebruttoraumvolumen VG ergibt sich aus dem Produkt der Maxima von Gebäudelänge LG, Gebäudebreite BG und Gebäudehöhe HG, wobei die Gebäudehöhe die Firsthöhe HG,F oder eine Gebäudeverdrängungshöhe HG,V , Gl. (6.2), – mit der Besonderheit der Fundament- und Gründungshöhe – ist. Beispiel Gebäudeverdrängungshöhe HG,V für Satteldach HG,V = Traufhöhe HG,T +
1 · (Firsthöhe HG,F − Traufhöhe HG,T ) 2
m (6.2)
• Gebäudekonstruktionsgrad Ko,G ( VG, Ko Gebäudekonstruktionsraum) ηKo,G =
Gebäudebruttoraum VG − Gebäudenutzraum VG,Nutz Gebäudebruttoraum VG
ηKo,G = 1 −
VG,Nutz VG,Ko = ≤1 VG VG
(6.3.1) (6.3.2)
In diese Bewertung sind auch die freien Konstruktionsräume einbezogen, Abb. 6.11, die technologisch nicht nutzbar sind. Zwischen den Flächen und Räumen des Gebäudebauwerkes bestehen Zielkonflikte, die im Rahmen der konstruktiven Gebäudeprojektierung einer optimalen Gebäudebauwerkslösung zugeführt werden müssen, Abb. 6.12. An der Lösung dieses Problems hat der Fabrikprojektant aktiv mitzuwirken.
368
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Abb. 6.11 Beispiele für die Gebäudebauwerksbewertung
Abb. 6.12 Zielkonflikte bei der Gebäudeprojektierung (Faktorauswahl)
Der Einfluss des Fabrikprojektanten auf die Gebäudeprojektierung ist groß, wie der Sachinhalt unter ↑ Fabrikgebäude und Abb. 6.13 vertiefend zeigen. • Gebäuderaum: Hüllraum eines Raumbauwerkes in konturhafter Form oder als Ersatzraum. Unterscheidung in Außenraum als Gebäudebruttoraum und Innenraum als Gebäudenettoraum.
6.3 Fabrikgebäuderaum
369
Abb. 6.13 Gebäuderaumgliederung aus technologischer Projektierungssicht
Gebäudenettoraum 1
Gebäudebruttoraum VG − Gebäudekonstruktionsraum VG,Ko Gebäudenettoraum 2 = Gebäudenettoraum 1 – Gebäudeinnenkonstruktionsraum • Gebäudekonstruktionsraum: Gesamtraum der das Gebäude tragenden, sichernden, teilenden und umhüllenden Konstruktionen. Zum Gebäudekonstruktionsraum gehören: • • • • • • •
• • •
=
die Gebäudekonstruktion mit Stützsystem (Stützen, Stützmauer, Fundamente) die Dachkonstruktion, die Umhüllungskonstruktionen (Wand- bzw. Fassaden-, Dach-, Innenwand-), die Umhüllung mit Wand, Dach (Decke) und Fußboden, die Gebäudezugangskonstruktionen (Türen, Tore, Rampen, Treppen, Galerien, Bühnen), die Beleuchtungskonstruktionen (Oberlichte, Fenster, Leuchtkörperhalterungen), die Gebäudeschutzkonstruktionen (Anfahrschutz-, Blitzschutz-, Brandschutz-, Fluchtwegkonstruktionen, Explosionsschutz, Trümmerschutz, …), Schutzeinrichtungen (Feuerwehrzugänge, Rettungsleitern, Brandbekämpfungselemente) ⇒ statischer Gebäudesicherheitsraum, die Gebäudeerhaltungskonstruktionen (Wartungspodeste, Instandhaltungszugänge bzw. -abstände, Schornsteinfegerzugänge, …) ⇒ statischer Gebäudeerhaltungsraum, die Ver- und Entsorgungskonstruktionen (Halterungen, Entwässerungsleitung), der freie, durch die geometrische Gebäudekonstruktion zunächst nicht nutzbare Raum.
Eine Bewertung des Konstruktionsraumes sollte Aufschluss über die quantitative Mächtigkeit des Fabrikgebäudes und die Grundlagen für Projektierungskennzahlen geben, Gl. (6.4).
370
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
fV ,G1 =
Gebaudehüllvolumen Gebäudegrundrissfläche
m3 m2
(6.4.1)
fV ,G2 =
Gebäudekonstruktionsvolumen Gebäudegrundrissfläche
m3 m2
(6.4.2)
fV ,G3 =
Gebäudekonstruktionsvolumen Gebäudefußbodenfläche
m3 m2
(6.4.3)
• Gebäudebetriebsraum: Gesamtraum, der nur der Aufrechterhaltung des Gebäudebetriebes dient. Hierzu gehören Einrichtungen und Räume für • das Betreiben des Gebäudes (Bewachungsräume, Steuerungsräume, Schlüssel, Türöffnungsräume, Fluchtstauräume, …), • Lenkungsräume (bei Vermietung und Verpachtung, Dokumente, Archiv), • Erhaltungsräume („Hausmeister“, Ersatzteile, Geräteraum, …), • Versorgungsräume (gesamte Raumversorgung mit Erzeuger- und Verteilsystemen), • Entsorgungsräume (gesamte Raumentsorgung mit Erfassungs-, Sammel-, Aufbereitungs- und Verwertungssystemen), • Sanitär- und Sozialräume für den Gebäudebetrieb. Dieser Gebäuderaumanteil ist nicht unerheblich, verringert den technologischen Gebäudenutzraum und ist nur teilweise mit einem anderen System verschmelzbar. • Gebäudenutzraum: Für den eigentlichen Gebäudezweck bestimmter Raum, der von Fabriksystemen genutzt werden kann und vom Fabrikprojektanten als Systemhüllraum zu bestimmen und vorzugeben ist. Gebäudenutzraum = Gebäudehüllraum − (Konstruktionsraum + Betriebsraum) Der Gebäudenutzraum wird insbesondere von den Räumen der Arbeitssysteme (↑ Arbeitsraum) und des Produktflusssystems (↑ Produktflusssystemraum) bestimmt und muss alle Räume der Teilsysteme eines technologischen Fabriksystems nach Tabelle 5.56 und alle Flächen nach Tabelle 5.54 berücksichtigen, einschließlich der Ergänzungen, Erweiterungen und Sicherungen. • Gebäudeelementebewegungsraum: Gebäudenutzraum, der nicht für Wirksystemaufstellungen genutzt werden kann und nur den Bewegungsvorgängen durch Systemelemente (↑ Materialflusstechnik) vorbehalten bleibt. Dieser Raum ist ein Elementebewegungsraum, der einen Sicherheitsraum beinhaltet (↑ Produktflusssystemraum). Er ist klein zu halten. Dem steht jedoch jede Bekranung entgegen, Abb. 6.8, die bis zu 37% des Gebäuderaumes als Elementebewegungsraum beanspruchen kann. Das steht im Widerspruch zum inves-
6.3 Fabrikgebäuderaum
371
titionsaufwendigen Konstruktionsraum und zur energetischen Raumversorgung. Eine besonders kritische Betrachtung zur Gebäudebekranung ist in jedem Anwendungsfall notwendig. Zum Bewegungsraum von Gebäudeelementen gehören auch die Räume, die durch die Bewegung der Gebäudeöffnungselemente (Türen, Tore, Luken, Fenster, verschließende Elemente usw.) entstehen. • Potentieller Systemnutzraum: Für das räumliche Realisieren und Wirken eines Fabriksystems zu projektierender Gebäuderaum. Potentieller Systemnutzraum = Gebäudenutzraum – Gebäudeelementebewegungsraum Potentieller Systemnutzraum ist ein projektierter Systemraum nach Tabelle 5.56 mit oder ohne Bekranung, mit allen Systemteilräumen und mit der Besonderheit des freien Systemraumes, Abb. 5.123. Der potentielle Systemnutzraum kann unterschiedlichen Zwecken dienen, z. B. als Produktionsraum, Versorgungsraum, Raum der Sozialbereiche, Raum der Sanitärbereiche, Büroraum usw. Fabrikprojektierung schließt immer eine räumliche Projektierung ein. Das ist besonders beim Gemeinschaftsprojekt ↑ Fabrikgebäude eine notwendige Bedingung. Hier gilt das Projektierungsgesetz: Wo ein Raum ist, da sind auch Flächen, die belegt werden – und umgekehrt. Jeder Raum ist mit seiner Grundrissfläche, den Seitenaufrissflächen (Wand, Giebel, Außen- und Innenwand) und der Deckenrissfläche über die Raumhöhe zu kennzeichnen und zu projektieren. Diese Raumprojektierung schließt • • • •
die Elementeanordnung (↑ Maschinenaufstellung, ↑ Layoutprojektierung), die Elementebewegung mit den Sicherheitsabstandsmaßen, die Elementebefestigung mit den Befestigungsunterlagen und die Kennzeichnungen (OFF – Oberfläche Fußboden, OFG – Oberfläche Gelände, UKB – Unterkante Binder, UKD – Unterkante Decke, UKK – Unterkante Kranhaken)
im Sinne einer Flächenprojektierung (Projektierung der Raumflächenansichten, ↑ Layoutprojektierung) ein.
6.3.3
Fabrikgebäudewahl
Jedes ↑ Fabrikgebäude muss wegen der langen Nutzungszeit (> 40 Jahre) eine bestimmte Ausprägung des Nutzraumes und der Fußbodenfläche (Grundrissfläche) aufweisen, um eine langlebige Flexibilität und Wirtschaftlichkeit ohne dauernden Umbau zu ermöglichen. Aus diesem Grund ist eine große Sorgfalt bei der Gebäudebestimmung notwendig. Dabei sind eine Vielzahl von Einflussfaktoren sowie Grundsatzentscheidungen zu berücksichtigen, Abb. 6.14.
372
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Abb. 6.14 Einflussfaktoren auf die Gebäudebestimmung und Gebäudewahl
Grundsatzentscheid 1: Gebäudenotwendigkeit Wegen der hohen baulichen Kosten ist eine Freiaufstellung des Fabriksystems oder von Teilen davon zu prüfen. Bei im Freien aufgestellten Fabriksystemen besteht nur die Aufgabe der Fußbodenprojektierung und der Schutzraumprojektierung für den Systembetrieb, Abb. 6.9 a. Grundsatzentscheid 2:
Universal- oder Spezialgebäude bzw. Mehrzweck- oder Einzweckgebäude Spezialgebäude sind unflexibler, können höhere oder geringere Baukosten verursachen, haben eine günstige Gebäuderaumnutzung und sind auf einen Anwendungszweck als Einzweckgebäude (Energiefabrik, Abfallverwertungsfabrik, Chemiefabrik, verfahrenstechnische Fabriken, Laborfabriken, Farbenlager, …) ausgerichtet. Universalgebäude oder Mehrzweckgebäude sind nutzungsflexibel, weisen eine geringere Raumnutzung auf und ermöglichen das Wirken mehrerer technologi-
6.3 Fabrikgebäuderaum
373
scher Fabriksysteme miteinander, nebeneinander oder nacheinander (Fabriken der MVI, Güterverkehrszentren), Abb. 6.15.
Abb. 6.15 Vereinfachte Beispiele für Spezial- und Universalgebäude. a Spezialgebäude. b Wirkungstrends über die Zeit. c Universalgebäude
Grundsatzentscheid 3: Flach-, Hallen- oder Mehrgeschoßgebäude Flachbauten sind leichte, eingeschossige Industriebauwerke mit einer Höhenbegrenzung ( SH ≤ 9,60 m als Orientierung), geringer Traglast der Bekranung (≤1,6 MN) und Breitenbegrenzung ( SB ≤ 42 m eines Gebäudes als einschiffiges Gebäude, Ausnahme: SB ≤ 72 m ohne Bekranung), Abb. 6.16. Hallenbauten sind schwere, eingeschossige Industriebauwerke mit einer Höhenbegrenzung durch Gewichts- und Windkräfte ( SH ≤ 78 m), hohe Krantraglasten (≤10 MN) und einer Breitenbegrenzung ( SB ≤ 168 m) durch Dachtragwerk und Bekranung. Verschiedene Gründungen (Pfahl-, Flächen-), hoher Baustoffaufwand und hohe Bauinvestitionskosten sind kennzeichnende Merkmale (Schiffbau, Flugzeugbau, Schwermaschinen- und Anlagenbau).
Abb. 6.16 Fabrikgebäudearten. a Flachbau. b Hallenbau. c Mehrgeschoßbau
374
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Mehrgeschoßbauten sind leichte bis mittelschwere Industriebauwerke oder leichte Büro- und Sozialbauten mit begrenzter Deckenbelastung und Bekranung. Ihr Anwendungsgebiet für Fabriken ist durch die Produktmasse und die Wirk- und Speichersysteme begrenzt (z. B. Chipfabrik, Textilfabrik, Werkzeugmaschinenfabrik, Abb. 5.72). Abbildung 6.16 verdeutlicht die Gebäudeverhältnisse. Grundsatzentscheid 4: Bekranung, Ver- und Entsorgung Das dauerhaft schwierige Problem der Ver- und Entsorgung für die Fabriksysteme und für das Gebäude mit den Erzeugungs- und Aufbereitungssystemen ist bei der Gebäudewahl von Zukunftsbedeutung für die Gebäudeflexibilität, Fußbodenbeschädigung und Leitungsführungsveränderungen. Jede Maschinenumstellung kann hier Wirkungen hinterlassen. Ver- und Entsorgungsgrundlösung und Gebäudebekranung stehen in Abhängigkeit. Wegen der Bekranung ist nicht jede räumliche Versorgungslösung möglich, Tabelle 6.3. Fabrikgebäudebekranungen und günstige Ver- und Entsorgungslösungen sind nur bei Fußbodenver- und -entsorgungen und unteren technischen Geschossen der Ver- und Entsorgung möglich. Untere technische Geschosse bieten zugleich die Möglichkeit der Fundamentaufnahme für die ↑ Maschinenaufstellung, so Tabelle 6.3 Ver- und Entsorgungsleitungsführung im Gebäude und Gebäudebekranung
6.3 Fabrikgebäuderaum
375
dass die Lösungen 1, 4, 13 und 16 in der Tabelle 6.3 allen Ansprüchen, bei vertretbaren Baukosten, gerecht werden. Grundsatzentscheid 5: Systembreite, Systemlänge und Systemhöhe Ein Optimierungsfeld der Gebäudeauswahl stellt in Abhängigkeit der Systemhöhe und der projektierten Systemfläche ASy das Verhältnis von Gebäudesystemlänge und Gebäudesystembreite dar, die darüber hinaus durch die Fabrikstandortfläche und die Art der ↑ Fabrikstandortbebauung beeinflusst werden. Baukostenwirksam ist besonders die Systembreite, die aus Gl. (6.5) abzuleiten, durch die Schiffigkeit gestaltbar ist, Abb. 6.17, und den Aufwand für die Tragkonstruktion beeinflusst.
Abb. 6.17 Fabrikgebäudeschiffigkeit ( SBS – Systembreite Gebäudeschiff). a einschiffiges Gebäude (⇒ einteiliges Gebäude). b zweischiffiges Gebäude (⇒ mehrschiffiges Gebäude; mehrteiliges Gebäude)
ASy SBSj = SL j=1 m
SB =
m/System
(6.5)
Durch die Schiffigkeit ist das Fabrikgebäude an unterschiedliche Systemanforderungen räumlich – in der Höhe, Breite und Länge – individuell anpassbar, jedoch sollten wegen der Gebäudeflexibilität und der gleichen Gebäudeausrüstungen (Bekranung, Versorgung, Systemstabilisierung) einheitliche Gebäudeschiffe gewählt werden. Grundsatzentscheid 6: Gebäudeeinordnung in die Gesamtfabrik Die Gebäudeeinordnung in die Gesamtfabrikgebäudekomposition, Kapitel 7, ist besonders abhängig von der Standortbebauungsart, von den Standortanbindungen und -anschlüssen sowie von den gesamten Fabrikrelationen, so dass das Fabriksystem mit dem Fabrikgebäude den Fabrikgesamtbedingungen anzupassen ist, ohne dass der potentielle Gebäudenutzraum verringert wird.
376
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Diese Grundsatzentscheidung beginnt mit der Prüfung der Fabrikstättenvollständigkeit und -autonomie durch die Einbeziehung der sanitären, sozialen und systembetreibenden Bereiche in das Fabrikgebäude. Trotz einer relativen geringen Gebäudegröße (etwa 3.000 … 3.600 m2/Gebäudeschiff) ist eine größere Variantenanzahl möglich, Abb. 6.18. Diese Beispiellösung ermöglicht eine gebäudeintegrierte Systemautonomie mit • vier Erweiterungsrichtungen (E) bei Einzelbebauung, • drei Erweiterungsrichtungen bei mehrschiffigen Gebäuden, • mindestens zwei Erweiterungsrichtungen bei Kompaktbebauung.
Abb. 6.18 Gebäudeintegrierte Systemautonomie einer Fabrikwirkungsstätte (Beispiel)
Fabrikgebäude sind Zweckbauten mit dem Hauptziel minimaler Investitions- und Betriebskosten und guter Arbeitsbedingungen. Mit der Abb. 6.18 wird folgendes als Projektierungsforderungen charakterisiert: • Integration aller Teilsysteme unter „einem Dach“, • kurze Wege für alle Bedarfe und Bedürfnisse, • maximale Erweiterbarkeit ohne bauungleiche Anbauten und mit gleicher Architektur, • ganzheitliche Fabriklösung als „Einstättenfabrik“, • minimale Gebäudeentsorgung (Entwässerung) und Gebäudehülle (Wandaußenfläche), • Wiedernutzbarkeit für gleiche, ähnliche oder anpassbare Aufgabenstellungen ohne höheren Bauanpassungsaufwand.
6.4 Raumversorgung und Raumentsorgung
6.4
377
Raumversorgung und Raumentsorgung
Raumversorgung: Sicherstellung zur Erreichung einer Behaglichkeit und Hygiene von Mensch und Raum sowie Sicherstellung der Arbeit und des Systembetriebes im Raum mit nutzungsfähigen Energien, Betriebsstoffen, Informationen und Betriebsmitteln. Raumversorgung ist abhängig von der Systemversorgung, Abschnitt 5.6, und beinhaltet drei unterscheidbare Komponenten mit gleichen und unterschiedlichen Versorgungsbedarfen: • Nur-Mensch-Raumbeziehung, • Nur-System-Raumbeziehung und die • Kombination Mensch-System-Raumbeziehung. Es liegen drei Projektierungsaufgaben mit Raumbezug vor, von denen die erstgenannte Komponente (Sozialräume, Sanitärräume) und die Komponentenkombination von besonderer menschlicher Bedeutung sind, Abb. 6.19.
Abb. 6.19 Versorgungsbeziehungen von System und Raum
378
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Energetisch sehr aufwendig sind die Raum- ↑ Wärmeenergieversorgung und die Raum-↑ Luftversorgung. Die Raum- ↑ Lichtversorgung erfolgt durch Tageslicht und technische Beleuchtung. Eine Systemfeuchte kann bei Systemen mit biologischen, physikalischen oder chemischen Produkten und Vorgängen auftreten. Deshalb darf die in der Abb. 6.19 enthaltene Systemversorgung nicht nur auf technologische Fabriksysteme, sondern muss auf alle Systeme mit Raumanspruch bezogen werden, was zu einer Einzelraumprojektierung führt. Raumentsorgung: Sicherstellung der Raumnutzung durch ABführung gebrauchter Gegenstände, überwiegend gebrauchter Luft und Betriebsstoffe. Raumentsorgung ist im Zusammenwirken mit der Systementsorgung, Abschnitt 5.7, und der Raumversorgung zu betrachten, wobei die Schwerpunkte bei der Raumluft und den ABfällen liegen, wie Abb. 6.20 verdeutlicht. Durch die Energiewandlung in den technischen Elementen und Systemen kommt es zu einer Wärmeenergieerhöhung in der Raumluft, so dass die Raumentsorgung unter dem besonderen Aspekt der Energienutzung durch Energierückgewinnung gesehen werden muss. Die Raum-ABluftentsorgung wird integrativ mit der Raumluftversorgung und der System-ABluft projektiert. Eine Differenzierung erfolgt bei der System-
Abb. 6.20 Entsorgungsbeziehungen von System und Raum
6.4 Raumversorgung und Raumentsorgung
379
ABluftentsorgung durch ↑ Absaugsysteme, deren Wirkung Einfluss auf die Luftwechselzahl der Raumluft nimmt. Projektierungskomplexität Die Projektierungskomplexität ergibt sich aus der Zusammenfassung von Versorgungs- und Entsorgungsanspruch für System und Raum nach Art, Zustand und Menge von Gegenständen, Stoffen und Energien. Mit zunehmender Differenzierung steigt die Systemanzahl, was zu einem höheren Raum-, Energie-, Betreibungs-, Erhaltungs-, Lenkungs- und Investitionsaufwand und zur Dezentralisierung führt. Sofern es möglich ist, muss auf diesem Projektierungsgebiet ein Optimum gefunden werden, das bei größeren Erzeugungssystemen und kurzen Leitungssystemen (Verteil- und Sammelsysteme) liegt. Das technologische Fabriksystem bewirkt die Dominanz. Systemzentralisierung Mit einer angestrebten Ver- oder Entsorgungszentralisierung werden bevorzugt zwei rationalisierungswirksame Wege beschritten: 1. Schaffen von Ver- und Entsorgungszentralsystemen mit hohen Wirkungsgraden, 2. Raumkonzentration der Ver- und Entsorgung zur Betreibungsminimierung. Trotzdem sind bestimmte Systeme dezentral auszuführen, besonders, wenn die Bedarfe relativ gering sind. Dazu gehören beispielsweise: • Raumwärmeversorgungssysteme (Heizung für Büro, Sanitär- und Sozialräume, arbeitsplatzorientierte Infrarotstrahlungsheizung für technologische Fabriksysteme mit Erdgasfeuerung, Sommer-/Winterbetrieb, Tag-/Nachtbetrieb), • Transformatoren (Verbraucherorientierung) und Hauptverteilungen, • Druckluftversorgungssysteme (Verbraucherorientierung), • Warmwasserbereitungssysteme. Raumsparend ist eine Anordnung zwischen den Gebäudestützen. Anforderungen an die Ver- und Entsorgung Kein anderes Fabriktechnikgebiet nimmt einen so starken Einfluss auf die ökologischen Belastungen, wie die Versorgung, z. B. durch • physikalisch-chemische (biologische) Zustandsänderungen der Versorgungsgegenstände, • technologische Verfahren oder • Schadstoffausbreitung über die Luft, den Boden und das Wasser. Ein großer Teil der Systementsorgung, Abschnitt 5.7, erfolgt über die Raumentsorgung, besonders die Raumluftentsorgung. Die Verhältnisse von • Fabriksystem und Fabrikraum sowie von • Systemversorgung und Raumentsorgung stehen deshalb unter vielfältigen Anforderungsmerkmalen, die bei der Projektierung dieser Systemgruppe zu berücksichtigen sind, Abb. 6.21.
380
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Abb. 6.21 Einflussfaktoren und ihre Zielstellungen bei der Projektierung der Ver- und Entsorgung von System und Raum
6.5
Gestaltende Projektierung des Fabriksystems
Gestaltende Fabriksystemprojektierung: Vervollständigung eines projektierten, synthetisierten Systems zur Erreichung einer Systemwirksamkeit ohne wesentliche Veränderung der Systemfunktion, Systemdimension und Systemstruktur. Mit der Raumbildung durch das Fabrikgebäude und die Raumver- und Raumentsorgung entstehen erweiternde Beziehungen für das technologische Fabriksystem, die als Einheit zu gestalten sind, um optimale Wirkungen zu erreichen, Abb. 6.2. Die erweiternden Beziehungen ergeben sich insbesondere aus der Arbeit durch Menschen, Abb. 6.22, und durch das Betreiben des Fabriksystems in der Fabrikstätte, Abschnitt 6.6. Das durch das Fabrikbauwerk erweiterte technologische Fabriksystem muss unter den Aspekten Arbeit und Betrieb so gestaltet werden, dass eine Rationalität sowie ökonomische Ergebnisse durch Systempotentialnutzung ermöglicht werden, die im projektierten Fabriksystem enthalten sind. Das ist der wesentliche Inhalt der gestaltenden Fabriksystemprojektierung unter Einbeziehung des Fabrikbauwerkes.
6.6 Beziehungsgestaltung von Fabriksystemen
381
Abb. 6.22 Komponenten der Fabrikstättengestaltung
6.6
Beziehungsgestaltung von Fabriksystemen
Das durch das Fabrikgebäude und den Standort zur technologischen Fabrikwirkungsstätte erweiterte technologische Fabriksystem erfordert einen erweiterten Systembetrieb für • die einbezogenen Bauwerke, • den Standort mit den zuzuordnenden Außensystemen sowie für • die inneren und äußeren Systembeziehungen, um als System autonom oder teilautonom zu wirken und ökonomische Ergebnisse zu ermöglichen. Die Inhalte des Systembetriebes – Abschnitt 5.8 – sind in Abstimmung mit der Projektierung der Gesamtfabrik (Kapitel 7) um die Fabriksystembeziehungen zu erweitern, durch fabrikzentralisierte Lösungen einzuengen und durch die Fabrikeinbindung in den Schnittstellen logistisch, informationell und administrativ endgültig zu definieren, Abb. 6.23. Die Endform der Beziehungsgestaltung entscheidet über das Systemautonomieniveau, ob die Fabrikwirkungsstätte einer Gesamtfabrik gleichzusetzen, ein Fabrikteil oder Teil einer Gesamtfabrik ist. Deshalb müssen diese Beziehungsaufgaben Bestandteile des Projektierungsprogramms sein und projektierungsbegleitend einbezogen werden. Die Endform kann nur noch gestaltet und nicht mehr zum Schluss
382
6 Grundlagen der Fabrikstättenprojektierung
Abb. 6.23 Komponenten der Fabriksystembeziehungsgestaltung
nachprojektiert werden, was auf die große Bedeutung zur Gesamtfabrikbetrachtung und der ↑ Projektierungsprogramme sowie auf die funktionell-konzeptionelle Projektierung hinweist. In dem Fall, in dem die projektierte Fabrikwirkungsstätte schon eine Gesamtfabrik verkörpert, sind die Projektierungsaufgaben des Kapitel 7 einfacher umzusetzen. Die Fabrik wird zur Wertschöpfungsstätte eines Unternehmens, woraus weiterführend die geschäftlichen (ökonomischen, juristischen) Beziehungen abzuleiten sind. Dieses Gebiet ist nicht Bestandteil der Fabrikprojektierung. Es wird von den Fachgebieten Fabrikplanung und Fabrikbetrieb vorbereitet.
7
Projektierung der Gesamtfabrik
Gesamtfabrik: Gesamtheit der Aufgaben realisierenden Systeme, Wirkungsstätten und Beziehungen der Fabrik, die durch funktionelle Integration und eine bestimmte Investitionskostensumme an einem örtlich fixierten Standort ganzheitlich angestrebt wird. Die Gesamtfabrik wird durch die Fabriksystemmenge, den Fabrikstandort und die Fabrikinvestitionen beeinflusst. Im Fall der Übereinstimmung von Produktionsganzheit und Fabrikgesamtheit kann eine relativ autonome Fabrik am Standort projektiert werden. Im anderen Fall entspricht die Gesamtheit nicht der Ganzheit, so dass für das Fehlende Kooperationen zu berücksichtigen sind. Es entstehen Fabrikbeziehungen, die über das Maß der Lieferbeziehungen (Produktmaterial, Betriebsstoffe, Energie, Betriebsmittel) und Kundenbeziehungen (Vertrieb, Distribution) hinausgehen und Produktionskooperationsbeziehungen in größeren Mengen erforderlich machen, Abb. 7.1. Das kann durchaus technologisch und ökonomisch gewollt sein und zu vernetzten Fabriken als Produktionssysteme 3. Ordnung, Tabelle 3.4, führen.
Abb. 7.1 Grundzusammenhang der gesamtfabriklichen Projektierungsaufgaben
Mit der Abb. 7.1 wird auf die Bedeutung der Fabrikprojektierung, der Fabrikplanung und des Fabrikbetriebes hingewiesen.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
383
384
Abb. 7.2 Projektierungsfolge der Gesamtfabrikprojektierung
7 Projektierung der Gesamtfabrik
7.1 Gesamtfabrikbildung
385
Vorgaben wirken auf die Fabrikbeziehungen, beeinflussen die Fabrikgesamtheit am Standort und die Gesamtfabrikprojektierung in einem nicht unerheblichen Maße, Abb. 7.2. Der Planungsanteil ist relativ hoch, so dass die Gesamtfabrikprojektierung unter Verwendung schon projektierter Fabriksysteme überwiegend eine planerische Projektierung ist, Tabelle 4.1. Fabrikplanung, Fabrikprojektierung und Fabrikbetrieb müssen mit einer abgestimmten Aufgabenverteilung gemeinsam wirken.
7.1
Gesamtfabrikbildung
7.1.1
Fabrikintegration und Fabrikkooperation
Die Projektierung der Fabriksysteme, Fabrikwirkungsstätten und der Gesamtfabrik verläuft in versetzter Parallelität nach den in den Kapiteln 5 und 6 erläuterten Schritten und Stufen. Dadurch sind auch die Fragen zur Fabrikintegration und -kooperation parallel zu entscheiden, so dass faktisch insbesondere die Fabrikkooperation als dritte Parallelität begleitend mitläuft, und zwar bei allen Belangen, Abb. 7.3.
Abb. 7.3 Parallelität der Fabrikprojektierung
Die Notwendigkeit dieser Aspektbetrachtung leitet sich aus den während der Projektierung entstandenen Veränderungen gegenüber den Ermittlungen des Abschnittes 5.1 und aus Gründen einer möglichen Nichtberücksichtigung ab. Fabrikintegration Jeder Komplex der Fabrik hat eine Ganzheit und eine Gesamtheit, Gl. (7.1), die durch ↑ Integration und ↑ Kooperation bestimmbar sind: Systemgesamtheit = Systemganzheit − Systemnichtintegration + + Systemzusatzanbindung
(7.1.1)
386
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Systemgesamtheit = Systemganzheit − Systemkooperation + + Kooperationsanbindung
(7.1.2)
Fabrikkooperation Die Fabrikkooperation bildet die Basis für die Notwendigkeit der Fabriklogistik zum Betreiben der gegenstandsabhängigen Flusssysteme. Dabei sind außerfabrikliche und innerfabrikliche Kooperationen zu unterscheiden, die bei der Fabrikprojektierung zu beachten sind (↑ Kooperation).
7.1.2
Fabrikgesamtheit und Gesamtfabrik
Fabrikgesamtheit: Gesamtheit der an einem definierten Standort zur Erfüllung der Fabrikfunktionalität notwendigen und in Beziehung stehenden Systeme der Fabrik. Nicht nur aus der Sicht der Fabrikprojektierung, sondern auch aus der Sicht der Fabrikwirkung ist eine Unterscheidung in • Gesamtfabrik und • Fabrikgesamtheit eine objektive Notwendigkeit zum Erkennen der Fabrikzusammenhänge. Eine grafische Darstellung der Unterscheidung enthält Abb. 7.4.
Abb. 7.4 Unterscheidung von Fabrikgesamtheit und Gesamtfabrik
7.1 Gesamtfabrikbildung
387
Die Gesamtfabrik beginnt bei der einzelnen Fabrikwirkungsstätte und enthält alle Fabrikwirkungsstätten, die peripheren Fabrikbereiche (Zufahrten, Grünflächen, Anbindungen usw.) und den Fabrikstandort. Die Inhalte der Fabrikprojektierung werden durch die Fabrikgesamtheit und ihre Teile sichtbar. Eine Fabrikgesamtheit basiert auf den Komponenten Fabrikaufgabe, Fabrikprozesse und Fabriksysteme nach Abb. 7.5, die aus dem Fabrikprogramm abzuleiten und zu projektieren sind, wobei hauptsächlich nur die Fabriksysteme eindeutig räumlich und technisch sichtbar sind. Durch die Projektierung dieser Komponenten und den damit verbundenen Relationen ist die Fabrikfunktionalität herzustellen und die Fabrikwirksamkeit (Leistung, Ökonomie) über Jahre am Standort zu sichern.
Abb. 7.5 Basisbildung der Gesamtfabrik. a Einstättenfabrik. b Mehrstättenfabrik
Bezugsbasis der Gesamtfabrik ist die Menge (Anzahl) der technologischen Fabriksysteme oder die Menge der technologischen Fabrikwirkungsstätten als relativ eigenständige Fabrikeinheiten. Die Herstellung dieser Bezugsbasis ist die wichtige Vorraussetzung zur Bestimmung der definitiven Fabrik und ihrer Funktionalität. Die Fabrikgesamtheit bringt neue Relationen hervor, die wiederum mit Aufgaben, Prozessen und Systemen für die Gesamtfabrikwirkung verbunden sind, wobei zwischen • Fabriksystemeingangsrelationen und Fabrikeingangsrelationen, • Fabrikverbindungsrelationen der Fabriksysteme und den • Fabriksystemausgangsrelationen und Fabrikausgangsrelationen zu unterscheiden ist. Die Fabriklogistik ist Bestandteil der Gesamtfabrik und es entstehen die produktionsrelevanten Fabriksysteme (Kapitel 3) mit den infrastrukturellen Unterscheidungen
388
7 Projektierung der Gesamtfabrik
• Fabrikverkehrs- und Fabriktransportsysteme (einfache Materialflusssysteme), • Fabriklager- und Fabrikumschlagsysteme (komplexe Materialflusssysteme), • Fabrikver- und Fabrikentsorgungssysteme (Fabrikinfrastruktur). Der dritte Bestandteil der Gesamtfabrik ergibt sich aus dem Aufgabenkomplex • Fabrikbetreibung, • Fabrikerhaltung, • Fabriklenkung, als ein Systemgefüge des Fabrikbetriebes, gleichfalls mit den • innerfabriklichen und den • außerfabriklichen Beziehungen, die überwiegend informationeller, organisatorischer, juristischer und ökonomischer Art sind, Tabelle 7.1. Die Fabrik (F) ist somit als Systemgefüge nach Gl. (7.2) eindeutig beschreibbar, Abb. 7.6. F = {[(MT ; RT ); (MV ; RV ); (MB ; RB )]; [RT ↔V ; RV ↔T ; RT ↔B ; RB↔T ; RV ↔B ; RB↔V ]}
(7.2) Mit T für Fabriktechnologie, V für Fabrikver- und -entsorgung und B für Fabrikbetrieb stellt die Fabrik ein System-Beziehungs-Gefüge (Gebilde) dar, das durch Technik mit Raumanspruch und Zeitaufwendungen realisiert wird. Diese Zusammenhänge projektiert der Fabrikprojektant im Rahmen der Gesamtfabrik, Abb. 7.6. Der Fabrikprojektant muss für die gestellte Fabrikaufgabe die technologische und aufwandgünstigste Fabriklösung als Projekt der Fabrikgesamtheit finden und ausführungsreif projektieren. Hierbei sind mehrere Bedingungen, Überlegungen und Anforderungen zu beachten, die Ergebnisse praktischer Erfahrungen und aus den Darstellungen der Abb. 7.6, der Tabelle 7.1 und der Gl. (7.2) ableitbar sind: 1. Die Fabrik kann durch Funktionsintegration nur in bestimmten Bereichen zentralisiert aufgebaut werden, wenn es die Systemmenge zulässt. Einer Zentralisierungsbestrebung unterliegen die • • • • •
Betreibung, Erhaltung, Lenkung, Raumversorgung (Erzeugung), Raumentsorgung (Verwertung),
• • • • •
Lagerung (Ein- und Ausgangslagerung), Produktionsvorbereitung, Ökonomiebereiche, Sozialbereiche, Bewegungsbereiche (Fabrikverkehr).
Bei jeder Zentralisation verbleibt ein Rest (Ein-, Ausgänge, Anbindungen) in den betreffenden Systemen. Gleiches ist auch bei Ausgliederungen (Kooperationen) zutreffend. Zentralisiert und nicht teilbar ist immer der Standort. Die technologischen Fabriksysteme müssen systemzentral eine Einheit darstellen. Die Zentralisierungsform
7.1 Gesamtfabrikbildung Tabelle 7.1 Systemgruppen und ihre Integrationsmöglichkeiten in die Gesamtfabrik
389
390
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.6 Zusammenhang von Ganzheit, Gesamtheit und Aufwand einer Fabrik. a Systemgruppen der Fabrik. b Einfluss der Fabrikkooperation auf die Fabrikgesamtheit
hängt vorrangig von der Fabrikgröße (Größe der Fabrikgesamtheit, Menge der Fabriksysteme) und den einmaligen und laufenden Fabrikaufwendungen, gemessen über die Fabriklebenszeit (>> 40 Jahre), ab. Die Zentralisierungsform darf die Fabrikgesamtheit nicht in ihrem Umfang, sondern nur in der Struktur und Ausprägung der Fabriksysteme, insbesondere der die Fabrik tragenden Systemgruppen, beeinflussen. 2. Die Fabrikgesamtheit ist nicht abhängig von den Eigentumsformen und Ausführungsformen der kooperativen Partner in der Fabrik, sondern nur von der Fabrikfunktionalität (Abb. 7.6) und von der Fabrikkooperation. Durch die Fabrikkooperation oder andere Einflüsse darf die Fabrikfunktionalität nicht verletzt werden, weil dann die Wirksamkeit der Fabrikgesamtheit gestört wird. 3. Die kleinste Fabrikgesamtheit wird durch eine Fabrikwirkungsstätte als Gesamtfabrik gebildet, Kapitel 6. Im Gegensatz hierzu wird die größte Fabrikgesamtheit durch den Standort begrenzt, abhängig davon, ob die Fabrik zentralisiert oder dezentralisiert aufgebaut wird, Abb. 7.7.
7.1 Gesamtfabrikbildung
391
Abb. 7.7 Fabrikzentralisation durch Fabrikstättenintegration. a Dezentraler Fabrikaufbau (Verteilte oder Verbundfabrik). b Zentraler Fabrikaufbau (Kompaktfabrik)
4. Die Fabrikgesamtheit beeinflusst eine fassbare Menge an Systemgruppen und Teilsystemen der Fabrik, Tabelle 7.1 und Abb. 7.6, die zugleich die Projektierungsbasis für die Gesamtfabrikprojektierung darstellen. Die Systemgruppen sind in ihre Einzelsysteme zu untergliedern und einzeln zu projektieren. Die Fabriken und der Fabrikprojektierungsumfang unterscheiden sich durch die Menge und Ausprägung der einzelnen Fabriksysteme. 5. Der Grundaufbau der die Fabrikgesamtheit bildenden Systemgruppen ist im wesentlichen gleich, jedoch unterscheiden sie sich in der Menge, in den Aufgaben realisierenden Arbeitssystemen (Bezugssysteme), in den gegenstandsabhängigen Flusssystemen und in den räumlichen Anforderungen. Die Fabrik verliert ihren Status, wenn die technologischen Fabriksysteme ausgegliedert und durch ↑ Kooperation ausgeführt werden. In diesem Fall verbleiben die Logistiksysteme und die Betriebssysteme, so dass keine Fabrik, sondern vielmehr ein Güterverkehrszentrum entsteht. 6. Ohne Funktionsverlust kann die Ausprägung und Struktur der Gesamtfabrik durch Integration beeinflusst werden. Zur Erläuterung und Sinnhaftigkeit sollen drei Modellbeispiele dienen. Modellbeispiel 1: Integration der Fabriklogistik in die Fabriktechnologiesysteme Diese sehr sinnvolle Integration führt zu erheblichen Einsparungen durch • eine Einbeziehung der Lager in die Speicher der technologischen Fabriksysteme, Abb. 7.8 und Abschnitt 5.3 (speziell Abschnitte 5.3.5 und 5.3.6), • eine Bewegungsreduzierung infolge weniger koppelnder Produktflussteilsysteme und Umschlagsysteme, • eine kleine bebaute Fabrikgesamtfläche, sowie durch höhere Autonomie der technologischen Fabriksysteme durch Verantwortungsübernahme über die Fabrikein- und -ausgangsbereiche. Modellbeispiel 2: Integration der technologischen Fabriksysteme in die Fabriklogistiksysteme Dieses Modell ist möglich, jedoch nicht in größerem Umfang zu empfehlen, da nicht die Logistiksysteme, sondern die technologischen Fabriksysteme der
392
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.8 Fabrikaufbaumodelle durch Integration der Lagersysteme in die technologischen Fabriksysteme. a Fabrikaufbau mit Zwischenlagern, Bereitstelllagern, Ein- und Ausgangslagern. b Materialflussreduzierter Fabrikaufbau durch Lager- und Speicherintegration. c Fabrikaufbau durch mehrstufige technologische Fabriksysteme (autonome Produktionssysteme (1))
Produktionsdurchführung die Fabrik bestimmen. Trotzdem gibt es mindestens drei akzeptable Anwendungsfälle: Anwendungsfall 1: Anwendungsfall 2: Anwendungsfall 3:
Integration von Arbeitssystemen in ein Lagersystem (Zuschnitt) Güterverkehrszentren mit technologischen Aufgaben an oder in der Fabrik (Fabrikstandort, Industriekomplex) Mobile Fabriken.
Modellbeispiel 3: Integration von Fabriklogistik und Fabrikbetreibung Fabriklogistik und Fabrikbetrieb stellen in diesem Fall eine organisatorische Einheit dar, ohne dass sie ihre notwendige Wirkung verlieren und die Fabrikgesamtheit und Fabrikfunktionalität gestört werden.
7.1 Gesamtfabrikbildung
393
Im Extremfall und bei kleineren Fabriken ist selbst dieser zentralisierte Systembereich in die technologischen Fabriksysteme integrierbar, was zu größeren Arbeitsinhalten, höherer Flexibilität und Autonomie sowie zu flachen Hierarchien führt. Ein Ziel der Fabrikprojektierung ist über diesen Weg erfüllbar, ohne dass die Fabrik einem Handwerksbetrieb gleichkommt, Abb. 7.9.
Abb. 7.9 Fabrikmodell (Ideallösung als Kompaktfabrik)
7.1.3
Fabrikfunktionalitätsprüfung
Fabrikfunktionalität: Zur Fabrikaufgabenerfüllung notwendige Durchgängigkeit der logisch-funktionellen Verflechtung von Systemen der Fabrik. Voraussetzende Basis zur Projektierung und Sicherung der Fabrikfunktionalität sind die projektierten technologischen Fabriksysteme, die durch funktionelle Verknüpfungen einer Fabrikganzheit und daraus ableitend einer Fabrik-System-Gesamtheit zuzuführen sind. Dieser Projektierungskomplex gehört zur funktionellen Projektierung nach Abschnitt 5.2, mit dem Unterschied der veränderten Bezugsbasis. Statt der Wirksysteme und Arbeitssysteme sind die technologischen Fabriksysteme mit ihren Ein- und Ausgangsbereichen die Bezugsbasis der Betrachtungen. Jedes Fabriksystem ist in seinen Verflechtungen • mit jedem projektierten Fabriksystem, • mit jedem noch zu projektierenden Fabriksystem (neue Aufgabenstellung) und • mit dem Fabrikein- und -ausgang für jeden gegenstandsabhängigen Fluss zu überprüfen. Das erfolgt über Flussfunktionsknoten nach Abb. 7.10 und anschließender funktioneller, dimensionaler und struktureller Fabrikprojektierung entsprechend den Kapiteln 5, 6 und Abschnitt 7.2.
394
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.10 Flussfunktionsknoten eines Fabriksystems
Bei den Flussfunktionsknoten müssen mindestens ein Relationsweg im Versorgungsbereich und ein Relationsweg im Entsorgungsbereich bis zum Fabrikein- und -ausgang bzw. bis zum Lieferer, Kooperationspartner oder bis zum verflochtenen Fabriksystem durchgängig sein, um die Fabrikfunktionalität zu sichern, wobei eine Unterscheidung in „projektiert“ oder „noch zu projektieren“ unbedingt notwendig ist. Zugleich entsteht ein Kontrollmechanismus zum Projektierungsfortschritt und zum noch fehlenden Projektierungsumfang, so dass wieder beim Abschnitt 5.1 für die fehlenden Fabriksysteme zu beginnen ist.
7.2
Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
Die Bildung der Gesamtfabrik erfolgt durch die Einbeziehung von Produktionssystemen (1) bzw. Fabrikwirkungsstätten, der Fabrikinfrastruktur und des Fabrikbetriebes unter Beachtung der ↑ Integration und ↑ Kooperation. Als Grundlage der Gesamtfabrikprojektierung dient die Bestimmung der funktionellen Fabrikgröße mit projektierten Fabrikwirkungsstätten und mit noch zu projektierenden Fabriksystemen.
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
395
Kern der Projektierungsbetrachtungen sind die Gesamtfabrik, die ↑ gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche und die Bereiche der Fabrikperipherie (Außensysteme, Fabrikkooperationen) nach Abb. 7.4.
7.2.1
Fabrikmodellierung
Die im Abschnitt 7.1 erläuterte Fabrikintegration muss in eine projektierte Endform gebracht und dadurch die Fabrikstruktur und die Fabrikgebäudemenge bestimmt werden. Um die ideale Lösung durch Projektierung zu finden, müssen die Systeme der Fabrik mit Hilfe der ↑ Kombinatorik in ein bestimmtes Verhältnis gebracht, und die sich daraus ergebende Menge an Lösungsvorschlägen als Varianten mit ihren Aufwendungen, Vor- und Nachteilen bewertet werden. Das erfordert einen, im Rahmen einer terminlich fixierten Fabrikprojektierung, großen Zeitaufwand. Dem ausweichend, wird projektierungstechnisch vom Groben zum Feinen vorgegangen und sich auf das Wesentliche konzentriert, beispielsweise auf die Fabrikstätten. Das erfordert zunächst, ein Fabrikprozessmodell als mathematisch-formales, analoges, Funktionsfluss- oder als einfaches Fabrikgrundmodell (Tabelle 7.2), auf der Basis wesentlicher Fabriksysteme zu erstellen und anschließend über eine Integrationsmatrix, Abb. 7.11, wesentliche, sinnvolle Varianten unter funktionellen, technischen und räumlichen Aspekten abzuleiten.
Abb. 7.11 Integrationsmatrix zur Ableitung von Fabrikmodellen
396 Tabelle 7.2 Fabrikgrundmodelle
7 Projektierung der Gesamtfabrik
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
397
Mit der Abb. 7.11 wird die einfache Beziehungsvielfalt einer Fabrik sichtbar gemacht, die in der Realität durch die unterschiedlichen gegenstandsabhängigen Flusssysteme ( 60 Flusssysteme) deutlich höher ist. Deshalb sollte ein Fabrikaufbau in dieser Form als funktionszentrierte Fabrik nicht angestrebt werden, außer bei Sonderfabriken (Gefährdung durch Explosionen, Brand, Terror). Durch Integration sind weitere Fabrikmodelle entwickelbar, die mit inneren Beziehungen von Fabriksystemkomplexen und äußeren Beziehungen zwischen den Fabriksystemkomplexen als Fabrikzentren wirken und so die Gesamtfabrik beherrschbar machen. Zu unterscheiden sind die Fabrikgrundmodelle nach Tabelle 7.2, die darüber hinaus noch eine Vielzahl von Fabrikmischmodellen zulassen. Fabrikgrundmodell 0: Fabrikgrundmodell 1: Fabrikgrundmodell 2:
Funktionsverteilte Fabrik (Abb. 7.11; Übereinstimmungsprinzip) Produktionsautonome Fabrik (Tabelle 7.2, Integrationsprinzip) Betreibungszentrierte Fabrik (Abb. 7.11, Tabelle 7.2)
Neben den technologischen Fabrikwirkungsstätten als (autonome) Produktionssysteme (1) entsteht der Fabrikbetrieb mit Fabriklogistik, der Bezug zu den Produktionssystemen (1) hat und nach der Methodik der Kapitel 5 und 6 projektiert wird. In allen Fällen ist die Strukturierung dreigliedrig (Abschnitte 5.2.6 und 5.4): • Strukturierung der Einzelsysteme, • Strukturierung der Systemkomplexe einer Fabrikwirkungsstätte, • Strukturierung der Gesamtfabrik.
7.2.2
Fabrikfluss und Fabrikstrukturierung
Fabrikfluss: Gesamtheit der gegenstandsabhängigen Flüsse zur standortorientierten Verflechtung und Anbindung von Fabriksystemen der Gesamtfabrik Der Fabrikfluss wird aus einzelnen oder gruppierten • Produktflüssen (Produktmaterial, Produkte unterschiedlicher Zustände, Unterstützungsmittel für Produkte), • Ver- und Entsorgungsflüssen (Betriebsenergie, Betriebsmittel, Betriebsstoffe, Betriebsinformationen unterschiedlicher Art, Unterstützungsmittel) und • Personenflüssen usw. gebildet. Der Fabrikfluss verkörpert die Fabrikrelationen der Gegenstände und bestimmt durch die Anordnung der Fabriksysteme die Struktur der Fabrik. Da die Gesamtfabrik noch nicht durch die gleichzeitige Einbeziehung aller Fabrikflüsse strukturiert werden kann, erfolgt die Strukturierung durch den dominanten, die Gesamtfabrikstruktur und den Fabrikaufbau bestimmenden, Gegenstandsfluss. Das ist im Regelfall der Produktfluss. Alle weiteren Gegenstandsflüsse werden der so entstehenden Fabrikaufbaustruktur zugeordnet, wobei durch Vereinfachung
398
7 Projektierung der Gesamtfabrik
und Vereinheitlichung nach Möglichkeit gleiche Relationswege anzustreben sind. Abbildung 7.12 enthält unterschiedliche Systemflussbeispiele und dient zur Erläuterung des Fabrikflussaufbaus mit Produktflüssen.
Abb. 7.12 Definition des Fabrikflusses (Produktflussorientierung)
Der Fabrikfluss enthält die drei Anteile • Fabrikeingangsfluss, • Fabrikverflechtungsfluss und • Fabrikausgangsfluss, die zu einem inner- und außerfabriklichen Fluss (Transport, Verkehr) führen. Sie sind im Rahmen des Gesamtfabrikentwurfs für jede gegenstandsabhängige Relation zu entwickeln und zu projektieren. Es sind zu beachten: 1. Der zu bewegende Gegenstand oder die zu bewegende Gegenstandsgruppe kann (Regelfall) in den drei Flussbereichen unterschiedliche konstruktive und flusstechnologische Merkmale aufweisen. Das verlangt eine Projektierung in zwei Richtungen, Tabelle 7.3: • die durchgängige und unter dem Vereinheitlichungsgrundsatz stehende Projektierung vom Fabrikeingang über die Fabriksysteme bis zum Fabrikausgang, • die relationsorientierte Projektierung von • Eingangsfluss (Fabrikeingang bis zum Systemeingang über alle Fabrikeingänge und Fabriksystemeingänge), • Verflechtungsfluss (Systemausgang bis zum Systemeingang über alle Fabriksysteme), • Ausgangsfluss (Systemausgang bis zum Fabrikausgang über alle Fabriksystemausgänge und Fabrikausgänge).
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
399
2. Der Fabrikfluss erreicht seine Existenz nur durch die projektierten technologischen Fabriksysteme in den Fabrikwirkungsstätten. Sinnvollerweise sind deshalb der Fabrikeingangsfluss, Fabrikverflechtungsfluss, Fabrikausgangsfluss und der Fabrikgesamtfluss differenziert zu ermitteln und zu projektieren. Dazu sind Abstimmungen zwischen dem • Fabrikeingangs- und Fabriksystemeingangsfluss, • Fabriksystemausgangs- und Fabriksystemeingangsfluss (Verflechtung) und • Fabriksystemausgangs- und Fabrikausgangsfluss notwendig und die Einzelflüsse oder Gruppenflüsse zu ermitteln. Im Ergebnis entstehen die geordneten Fabrikprozesse für die Produktionsdurchführung, Versorgung, Entsorgung, Erhaltung, Betreibung und Lenkung. Hierbei stellen die Gebäude räumliche Begrenzungen, jedoch keine technologischen Fabrikbeziehungen dar. 3. Der Fabrikfluss vereinigt die Fabrikrelationen und ist für die Gesamtfabrik systemmitbestimmend und strukturdominant. Er wird in seiner Urform (Übereinstimmungsprinzip, Tabelle 7.3) oder in seiner Integrationsform (magistraler Fluss, Tabelle 7.3) durch die Anordnungslage der Fabrikein- und -ausgänge und Tabelle 7.3 Fabrikflussklassen mit getrennten Ein- und Ausgängen
400
7 Projektierung der Gesamtfabrik
der Fabriksystemein- und -ausgänge geprägt. Ihre räumlichen Standortstellen sind deshalb zuerst bei der räumlichen Gesamtfabrikstrukturierung durch Varianten und deren objektive ↑ Bewertung zu bestimmen, Tabelle 7.4. Tabelle 7.4 Einfluss der Fabrikein- und -ausgänge auf die räumlichen Gesamtfabrikvariationen (Beispiele mit zwei Fabrikwirkungsstätten)
4. Fabrikflüsse besitzen eine technische Grundform und eine räumliche Geometrieform, die zu den technisch-räumlichen Flussgrundformen führen, Tabelle 7.5, und die Fabrikstruktur bestimmen. Die Fabrikflussgrundformen sind flächenorientiert, beinhalten vorwiegend Linienführungen oder Linienführungskombinationen und ermöglichen räumliche Fabrikflussformen durch Kombinationen. Abbildung 7.13 verdeutlicht den räumlichen Sachverhalt durch Flussgrundkombinationen. 5. Ableitend aus der Systemstrukturdefinition (Abschnitt 5.4., Gl. (5.17)) kann die Gesamtfabrik über die Komponenten • Fabriksystemmenge oder Menge der Fabrikwirkungsstätten, • Anordnung der Fabriksystemmenge im Raum (Standort, Mehrgeschossgebäude), • Flussrelationen über die Fabriksystemmenge in übersichtlicher Form grundstrukturiert werden. In Vereinfachung der Systemgrundstrukturen wird die Gesamtfabrikstruktur • aus den räumlichen Anordnungsformen der Fabriksysteme am Standort durch punktförmige, linienförmige und flächenförmige Standortanordnungen und • in Kombination mit den raumbildenden Fabrikflussgrundformen (Tabelle 7.5) entwickelt.
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
401
Tabelle 7.5 Raumbildende Fabrikflussgrundformen
Abb. 7.13 Beispiele für einfache und kombinierte Fabrikflussformen (Bezeichnungen aus Tabelle 7.5). a Durchlaufender Fabrikfluss. b Innen- und außenlaufender Fabrikfluss. c Raumbildender Fabrikfluss
Es ergibt sich aus diesen Verbindungen eine begrenzte Anzahl von Fabrikgrundstrukturtypen (Tabelle 7.6), die in Grob- und Feinstrukturen problemlos weiterzuentwickeln sind. 6. Die Fabrikgrundstrukturtypen sind mit ihren Fabrikgrundflussformen weiter zu untersetzen in • eine Innenflussführung (innerhalb von Fabrikstätten), • eine Außenflussführung (außerhalb von Fabrikstätten und der Fabrik) jeweils mit Einweg- oder Mehrwegführungen. Sie zwingen zu einer geometrisch geordneten • Transportweg- und Verkehrsstraßenführung sowie zu einer • Anordnung der anzubindenden Fabriksysteme, Fabrikstätten und Einrichtungen. Durch die Kombination von magistralen Fabrikflüssen und den räumlichen Anordnungen der Fabriksysteme, Fabrikstätten oder Fabrikgebäude entstehen Fa-
402
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Tabelle 7.6 Fabrikgrundstrukturtypen (sinnbildliche Darstellung)
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik Tabelle 7.7 Fabrikgrobstrukturtypen mit Materialflussmagistralen
403
404
7 Projektierung der Gesamtfabrik
brikgrobstrukturtypen, beispielsweise nach Tabelle 7.7, auf deren Grundlage der Fabrikaufbau vereinfacht und geordnet wird. Eine übersichtliche Bebauung und Fabrikflussgestaltung kann ermöglicht werden. 7. Das Gesamtproduktionssystem Fabrik ist im übertragenen Sinn wie ein einzelnes Fabriksystem zu strukturieren, Abschnitte 5.2 und 5.4, jedoch ist die Bezugsbasis mit den konzipierten oder schon projektierten Fabriksystemen bzw. Fabrikwirkungsstätten eine andere, wobei die räumlichen (Tabelle 5.32) und die technischen (Tabelle 5.33) Systemgrundstrukturen (Tabelle 5.34) zutreffend sind. Mit der Abb. 7.14 wird dieser Sachverhalt in einfacher Form erläutert. Bei Mehrgeschossbauten stellen die Geschosse die Systemebene dar, Abb. 7.13c.
Abb. 7.14 Bezugsbasen der Systemstrukturierung (Beispiele mit Verteil- und Sammelsystemen). a Arbeitssystemstruktur. b Fabriksystemstruktur. c Fabrikstruktur
Bei der Fabrikstrukturierung werden zunächst vereinfachte sinnbildliche Darstellungen empfohlen, um den magistralen Fluss und besonders die Systemein- und -ausgänge als Flussanbindungsstellen zu erkennen. Deshalb sind die Fabriklagersysteme in die Fabrikstrukturierung einzubeziehen, sofern diese nicht Bestandteil der Produktionssysteme (1) bzw. der Fabrikwirkungsstätten sind. 8. Die Gesamtfabrikstrukturierung erfolgt über die Stufung • Fabrikgrundstrukturierung, • Fabrikgrobstrukturierung, • Fabrikfeinstrukturierung und in Abstimmung mit der Strukturierung der integrierten Fabriksysteme. Besonders die Fabrikstrukturierung ist eine Strukturierung mit Varianten, Abb. 7.15, so dass die Fabrikgrobstruktur eine bewertete und ausgewählte Vorzugsstruktur ist. Dieser Vorgang kann unter Verwendung der Strukturtypen in der Tabelle 7.7 (nur Produktfluss) vereinfacht werden. Folgende Überlegungen sind projektierungsrelevant: • Punktförmige Fabriken entstehen durch Fabrikwirkungsstättenintegration, Kapitel 6, (Fabrikwirkungsstätte y Produktionssystem (1) y Fabrik als Einstätten-Fabrik). Zutreffend ist der Fabrikgrobstrukturtyp 0 in der Tabelle 7.7. Die Fabrikgrobstrukturierung ist auf die magistrale innere und äußere Flussrealisierung mit den technischen Flussprinzipien aus Tabelle 5.33 ausgerichtet. Sie konzentriert sich zusätzlich auf die Fabrikverkehrs- bzw. -transportwegführung mit den Ein- und Ausgängen (Zu- und Ausfahrten) sowie auf die magistralen Versorgungsanbindungen, Abb. 7.16.
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.15 Vorgangsfolge der Fabrikstrukturierung (Beispiele)
405
406
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.16 Punktförmige Fabrikgrobstrukturvarianten in Generalplandarstellung. a Fabrikstruktur mit offener Transportwegführung und getrenntem Ein- und Ausgang. b Fabrikstruktur mit umlaufender Transportwegführung und einem Ein- und Ausgang
• Besteht die Gesamtfabrik aus mehreren punktförmigen Produktionssystemen (1), kommen die Fabrikstrukturtypen 1, 2 und 3 nach Tabelle 7.7 bevorzugt zur Anwendung. Durch die räumlichen Fabrikflussgrundformen (Tabelle 7.5) erhöhen sich die Variantenanzahl und die Zahl der möglichen Transportwegführungen in der Fabrikstrukturierung. Begrenzungen sind durch eine komplexe ↑ Fabrikbebauung und die magistrale Flussführung gegeben. • Gesamtfabriken mit linienförmigen Fabrikprozessstrukturen können linienförmig, flächenförmig und raumförmig (mehrgeschossig) sowie mit den Fabrikgrobstrukturtypen 4, 5 und 6 (Tabelle 7.7) aufgebaut werden. Ungünstig für die Flächengröße und den Fabrikfluss sind lang gezogene Fabriken. • Gesamtfabriken mit vernetzten bzw. flächenförmigen Fabrikprozessstrukturen sind nur mit Materialflussmagistralen sinnvoll aufbaubar und kontrolliert betreibbar. Günstig sind die Fabrikgrobstrukturtypen 4, 5 und 6 oder Mischformen mit den Strukturtypen 7, 8 und 9 (Tabelle 7.7) 9. Nach ihrem Grundaufbau können die Fabriken in punktförmige (Einstätten-Fabriken), linienförmige, linien-flächenförmige, flächenförmige und raumförmige Fabriken mit und ohne Magistrale eingeteilt werden, Tabelle 7.8, und zwar unabhängig von der Bebauungsform, der Innen- oder Außenflussgestaltung und dem Fabriksystemfluss. Magistrale Fabriken enthalten im Ideal • einen zentralen Fabriktransport als Verteil- und Sammelsystem zur Verflechtung der Fabriksysteme, Fabrikwirkungsstätten in direkter (Nur – Transport, direkte Materialflusskopplung), in indirekter oder adaptiver Ausführung (Transport und Lagerung), Tabelle 5.7, • eine zentrale Fabrikversorgung (Versorgungszentralen als Fabrikversorgungsstätte) und • eine zentrale Fabrikentsorgung (Entsorgungszentralen als Fabrikentsorgungsstätte).
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
407
Es entstehen durch Integration Fabrikmagistralen (Trassen) mit Verteil- und Sammelsystem für die Fabrikflusssysteme und – sofern günstig – Fabrikzentralen der Ver- und Entsorgung. Dadurch kann die Fabrik in wesentlicher Analogie zum Einzelsystem in grober und feiner Form, Tabelle 7.8, projektiert werden. Tabelle 7.8 Strukturierte Fabrikarten (ohne kombinierte Misch- und Geometrieformen)
10. Die Fabrikfeinstrukturierung unterscheidet sich von der Fabrikgrobstrukturierung durch die Einbeziehung weiterer koppelnder Flusssysteme, insbesondere Umschlagsysteme, Verkehrsträgersysteme und Detaillösungen. Eine Auswahl beeinflussender Faktoren enthält Tabelle 7.9. Mit der Fabrikfeinstrukturierung sind alle Voraussetzungen für die Fabrikflächenermittlung (Abschnitt 7.2.6)
408
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Tabelle 7.9 Ausgewählte Einflüsse auf die Fabrikfeinstrukturierung (Basis: Fabrikgrobstruktur)
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
409
und Fabriklayouterstellung zu schaffen. Der Fabrikverkehr, die ↑ Fabrikbebauung, der Fabrikfluss, die Fabrikfläche, die Fabrikversorgung und -entsorgung, der Fabrikbetrieb und der Fabrikschutz müssen deutlich erkennbar sein.
• Bei allen Fabrikstrukturierungen sind die notwendigen Fabrikerweiterungen (→E) einzubeziehen. Sofern keine Fabrikentwicklungserweiterung vorgegeben oder erkennbar gemacht wurde, wird eine Größe von bis zu 25% für alle Fabriksysteme, Flächen und Gebäude angenommen. Dieser Erweiterungsanteil kann strukturentscheidend sein. • Die Fabrikgrund- und -grobstrukturierung wird häufig parallel zur Gesamtprojektkonzipierung (Abschnitt 5.1) und zur funktionellen Fabrikprojektierung (Abschnitt 5.2) durchgeführt. Wechselwirkungen zwischen Fabriksystem und Gesamtfabrik sind zu beachten. • Von der Fabrikplanung „durchgeplante“ Fabriken können schon Fabrikstrukturen enthalten, die jedoch keine Dogmen darstellen und durch die Fabrikprojektierung veränderbar sind. In jedem Fall kann die Fabrikplanung nicht die Projektierungstiefe erreichen, so dass im Rahmen der Fabrikprojektierung immer die einzelnen Fabriksysteme und die Gesamtfabrik zu strukturieren sind. Der Fabrikprojektant entscheidet mit dem Auftraggeber über die endgültige Fabrikstruktur und deren Erweiterung. Das sollte auch für vorgegebene Standorte gelten. • Mit der Fabrikstrukturierung werden im Regelfall die Grundlagen für die Fabrikfläche, Fabrikver- und -entsorgung sowie für das Fabriklayout und den Fabrikstandort erarbeitet. Nach der Fabrikstandortfindung beginnt die reale Fabrikfeinentwurfs- und -ausführungsprojektierung.
7.2.3
Fabrikbetrieb
Die Projektierung des Fabrikbetriebes ist direkt abhängig von der Gesamtfabrikgröße. Ursachen sind die Menge der zu betreibenden Fabriksysteme und Fabrikwirkungsstätten, die Anzahl der tätigen Menschen in der Fabrik, die Anzahl Kunden, Kooperations- und Vertragspartner und die vielen anderen Einflüsse, Abb. 7.17. Die drei Komponenten Fabrikbetreibung, Fabrikerhaltung und Fabriklenkung sind im Zusammenhang zu sehen. Vereinfachend für die Projektierung und den Aufbau von Fabrikbetriebssystemen wirkt sich eine Dreigliedrigkeit nach Abb. 7.18 aus. Mit dem geschäftlichen und dem allgemeinen Fabrikbetrieb wird die Fabrik zu einem Wirtschaftsobjekt als Unternehmen. Hierfür werden Technik, Raum, Energie usw. benötigt, die zu projektieren sind. In der Gesamtfabrik können unterschieden werden: • Produktionsprozesse (alle Prozesse mit Technologie- und Materialflussbezug), • Geschäftsprozesse (alle Prozesse mit Geldwertbezug), • Betriebsprozesse (alle Prozesse mit Ablauf- und Tätigkeitsorganisationsbezug).
410
Abb. 7.17 Grobprojektierungsfolge des Gesamtfabrikbetriebes
7 Projektierung der Gesamtfabrik
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
411
Abb. 7.18 Zu projektierende Aufgabenfelder des Fabrikbetriebes (Auswahl)
Eine solche Orientierung nimmt Einfluss auf die Fabrikbetriebslösung: 1. Die Fabrikaufbauorganisation kann in funktionelle Bereiche mit Verantwortungsabgrenzung gegliedert werden, beispielsweise in die Gruppen • Geschäftsverantwortung, • Produktionsverantwortung mit Produkt-, Ver- und Entsorgungs-, Logistikund Technologieverantwortung, • Betriebsorganisationsverantwortung. Innerhalb der Verantwortungsbereiche ergeben sich aus der Vielfalt der Aufgaben Organisationsaufbaustrukturen mit Schnittstellenzuordnung. Ihr Umfang hängt von der Fabrikgröße und den Aufgabenumfängen ab, SCHENK und WIRTH, SPUR, WIENDAHL, u. a. 2. Jeder Verantwortungsbereich hat jeweils eine Aufbau-, Ablauf- und Tätigkeitsorganisation, die zu regeln sind. Die Regelung schließt das Betreiben, Erhalten und Lenken des Verantwortungsbereiches der Gesamtfabrik ein, Abb. 7.19 und 7.20.
412
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.19 Fabrikbetriebsmodell mit zentralem Fabrikbetriebssystem (vereinfacht)
Abb. 7.20 Fabrikbetriebsmodelle. a Dezentraler Fabrikbetrieb und zentraler Informationsfluss. b Verteilter und zentraler Fabrikbetrieb und Informationsfluss
3. Das anzuwendende Fabrikbetriebsmodell ist abhängig von der Fabrikgröße, der damit verbundenen Betreibungs-, Erhaltungs- und Lenkungsbeherrschbarkeit und der Informationsflussautomatisierung durch Rechnerunterstützung. Das Modell nach Abb. 7.19 ist für kleinere, und die Modelle nach Abb. 7.20 sind für größere Fabriken geeignet. 4. Vom Umfang und Aufwand her erfordert die Produktion in der Fabrik den größten Betreibungs- und Erhaltungsaufwand. Folglich ist hier der Zugang zur Automatisierung durch und für die technischen und organisatorischen Steuerungen am größten und nur noch durch den Rechnereinsatz wirtschaftlich durchführbar, Tabelle 7.10. Die Fabrikbetriebsprojekte sind als weitsichtige Projekte mit einer dauerhaften Änderungsnotwendigkeit einzustufen. 5. Die rechnerunterstützte Fabrikautomatisierung ist mit dem Begriff CIM (Computer Integrated Manufacturing) verbunden. CIM muss als eine Fabrikautomatisierungsstrategie verstanden werden, die eine ganzheitliche rechnerunterstützte Fabrikautomatisierung ohne eingeengte Automatisierungsmodelle zum Ziel hat, Abb. 7.21. Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang ist der Bezug zur Logistik und Informatik, da der Fabrikbetrieb auch die Gebiete • Produktionsinformatik, • Geschäftsinformatik (Wirtschaftsinformatik), • Organisationsinformatik (Tätigkeits- oder Arbeitsinformatik)
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
413
Abb. 7.21 CIM-Modell (Produktflussorientierung; Kurzzeichen aus Tabelle 7.10)
enthalten kann, die die Druck-, Kopier-, Kommunikationstechnik, den Informationsfluss usw. und die Informationsverarbeitung berücksichtigen. Hierzu gehören auch die Funktechnik, Archivierungstechnik und andere informationsrelevante Gebiete, die eine objektbezogene Projektierung erfordern. 6. Aus ordnender Sicht sind ultrastrukturelle Fabriklenkungshierarchien mit Organisationssystemen der Zusammenarbeit erforderlich, die von Fabrik zu Fabrik unterschiedlich sind, insbesondere wegen der Fabrikaufgabe, der Fabrikgröße und der Verantwortungsübernahme, Abb. 7.22. Zweckmäßig und effizient ist im Regelfall immer eine geringe Hierarchieebenenanzahl der Fabriklenkung. Die kleinste mögliche Ebenenzahl ist zwei, nämlich die • Gesamtfabrikleitungsebene und die • ausführende Arbeitssystemebene. Zwischen diesen Ebenen, die für Kleinstfabriken zutreffend sind, können mehrere Tätigkeits- und Verantwortungsebenen (Abteilung, Bereich) zwischengeschaltet werden.
• Bei Neuprojektierungen von Fabriken ist für den Fabrikbetrieb ein relativ eigenständiges Projekt mit den Grundinhalten nach den Abb. 7.17 bis 7.22 in der Stufung Grob- Entwurfs-, Fein-Entwurfs- und Ausführungsprojekt notwendig. • Das Gesamtprojekt enthält mehrere Teilprojekte, die in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber bzw. dem späteren Betreiber erarbeitet werden sollten. • Zu beachten bei Neuprojekten ist auch die Informationsneuheit, in der die Anlaufphase im Fabrikbetrieb einen größeren Zeitraum (2–3 Jahre) Berücksichtigung findet, sowie der Schulungsbedarf. • Der Fabrikbetrieb in zentraler Ausführung ist wie eine Fabrikwirkungsstätte mit ihren Besonderheiten (Kapitel 6) zu projektieren.
414
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Tabelle 7.10 Ausgewählte rechnerunterstützte Automatisierungsgebiete der Fabrik, i. A. SPUR und KIEF
7.2.4
Fabriklogistik
Das reale Betreiben der Fabrikflüsse ist als Fabriklogistik zu verstehen. Logistik der Fabrik bedeutet zugleich eine Fabrikbetreibung, die durch eine Projektierung zu regeln ist, was auch für die ↑ Fabrikverkehrssysteme zutrifft. Es ergeben sich sonst Kompetenzschwierigkeiten zwischen der Fabrikbetreibung, Systembetreibung und
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
415
Abb. 7.22 Hierarchische Fabrikleitungsstruktur mit Projektzuordnungen (Beispiel)
der Fabriklogistik, da sowohl der Fabrikbetrieb (Betreiben, Erhalten, Lenken, technische und informationelle Steuerung und Organisation mit dem Bezug: Personal, Produkt, Betriebsmittel, Betriebsenergie, Betriebsinformationen usw.) als auch die Fabriklogistik (mit dem Bezug: Produktfluss, Energiefluss, Informationsfluss, Betriebsmittelfluss usw.) noch eigenständige Wissenschafts- bzw. Fachgebiete mit Bewegungs-, Organisations- und Informatikbezug sind. Für die Fabrikprojektierung soll dieser Sachverhalt mit der Abb. 7.23 erläutert werden.
Abb. 7.23 Verhältnis von Fabrikbetreibung und Fabriklogistik (vereinfacht)
Für die Fabrikprojektierung sind aus der Abb. 7.23 folgende Aufgaben und Klärungen abzuleiten:
416
7 Projektierung der Gesamtfabrik
1. In die Fabrikbetreibung und Fabriksystembetreibung können alle logistischen Vorgänge und Flüsse integriert werden. Eine gesonderte Struktureinheit „Logistik“ als betreibendes und lenkendes Gremium ist nicht in jedem Fall erforderlich, da sonst eine Übersteuerung projektiert wird. 2. Eine Struktureinheit Fabriklogistik ist dann sinnvoll, wenn die Aufgaben • • • • • •
Vertrieb/Verkauf und Auslieferung/Versand, Beschaffung/Einkauf und Anlieferung, Fabrikversorgung, Fabrikentsorgung, Fabrikkooperation und Fabrikverkehr, Fabrikeingangslager (LE) und Fabrikausgangslager (LA)
von dieser Struktureinheit ausgeführt werden. Dadurch hat diese Struktureinheit auch einen Geldbezug und eine mittelbare Produktionserfüllungsfunktion, die einem Güterverkehrszentrum gleichkommt. Es ist auch eine Einordnung in das Fabrikbetriebssystem möglich. Ein Projektierungsentscheid ist notwendig. 3. Die externe Fabriklogistik kann in ihrer Durchführung von Kooperationspartnern, in eigener Regie oder in Kombination realisiert werden. Auf die Projektierung der Fabrik wirken hier nur Besonderheiten durch die Fahrzeughaltung und die Kooperationspartner (viele Fahrzeugarten, Fremdpersonen, Unkenntnisse, Neueinweisungen), die zeitlich und räumlich zu beachten sind.
7.2.5
Versorgung und Entsorgung der Gesamtfabrik
Die Anforderungen zur Ver- und Entsorgung der Fabrik leiten sich aus den Fabriksystemanforderungen (Abschnitte 5.6 und 5.7), den Raumanforderungen (Abschnitt 6.4), den externen Fabriklogistikanforderungen (Kraftstoffe) und den Fabrikschutzanforderungen ab. Die Konzentration liegt dabei auf den Betriebsstoffen, Energien und Entsorgungsmaterialien sowie auf der Entscheidung • dezentrale • zentrale oder • kombinierte Realisierung der Erzeugung, Verteilung, Lagerung, Sammlung und Anbindung. Folgende Entscheidungshilfen unterstützen die Projektierung: 1. Zuordnungserfassung Alle Versorgungsgegenstände werden mit ihren Gebrauchszuständen, Durchsätzen und System- bzw. Raumstandorten tabellarisch und gesondert nach dem Verwendungszweck erfasst, nach Gleichheit oder Ungleichheit geordnet, summiert oder differenziert (Beispiel in den Abb. 6.18 und 6.19), um eine objektive Projektierungsbasis zu erhalten, Tabelle 7.11. Die Erfassung ist die Grundlage für das Fabrikversorgungsprogramm bzw. das Fabrikentsorgungsprogramm.
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
417
Mit der Projektierung der Fabrikwirkungsstätten müssen auch die Ver- und -Entsorgungsanforderungen (Informationen und Bedarfe) erfasst, dokumentiert und als Ver- oder Entsorgungsprogramm aufbereitet werden (Projektantenwechsel beachten!). Tabelle 7.11 Versorgungszuordnungserfassung (Beispiel: Brauchwasser)
2. Die Entscheidung bzgl. dezentraler oder zentraler Ausführung unterliegt ökonomischen, sicherheitstechnischen und energetischen Zwängen. Haupteinflussfaktoren sind: • Weglängen für den Versorgungstransport: Übertragungsverluste, Leckagen, Zeitaufwand (Holen, Bringen), Abb. 7.24,
Abb. 7.24 Weglängenabhängige Versorgung. a Zentrale Fabrikversorgung. b Dezentrale Fabrikversorgung über eine zentrale Anbindungsstelle
• technische Wirkungsgradzunahme bei großen Versorgungserzeugungssystemen, • Gefahrenpotentiale (Explosion, Brandgefährdung, ↑ Gefahrstoffe), • Gleichheit oder Ungleichheit der Versorgungstages- und -jahresbedarfe, Abb. 7.25, • Systemautonomie durch Versorgungsautonomie (Selbstversorgung), • Bauaufwand für die Neuerrichtung und • das Vorhandensein öffentlicher Systeme (Elektroenergie, Erdgas, Wasser, Abwasser). Oberstes Gebot ist die Gewährleistung der Ver- und Entsorgungssicherheit.
418
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.25 Unterschiedliche Versorgungsbedarfe (D – Durchsatz). a Monats-Tages-Bedarf. b Tages-Stunden-Bedarf. c Jahres-Monats-Bedarf. d Jahres-Saison-Bedarf
3. Fabrikversorgungs- und Entsorgungsflüsse basieren auf den gleichen Grundlagen wie die Materialflüsse (Tabellen 7.5 bis 7.7, Abschnitte 6.6 und 6.7) bei den Verteil- und Sammelsystemen. Der räumliche Aspekt beinhaltet folgende Besonderheiten: • Überirdisch: Tragsysteme (Maste, Stützen, Unterzüge, Träger), Gebäudeaußen- / -innenwand, • Unterirdisch: Graben, Kanäle (offen, überdeckt) für dauerhafte Ver- und Entsorgungsleitungen (Witterungsunabhängigkeit), • Ebenerdig: Stückgüter, Fließgüter in Behältern. 4. Durch die Ver- und Entsorgungsflüsse entsteht in Verbindung mit den ↑ Fabrikverkehrssystemen die Fabrikinfrastruktur. Diese muss über viele Jahre die Fabrikver- und -entsorgungssicherheit gewährleisten, so dass der Projektierungszeitpunkt tP = t0 + tX festzulegen ist, Abb. 7.26. Zu berücksichtigen sind Leistungsentwicklung und die geplante Erweiterung (Erweiterungsstufen) der Fabrik sowie jeweils eine Erweiterungs- oder Entwicklungsreserve und ein Zusatzbedarf. Die Durchsatzwerte sind häufig Schätzungen eines Gremiums aus Erfahrungsträgern (Auftraggeber, Fabrikprojektant, Spezialprojektant, Lieferant). 5. Besondere Konsequenzen sind bei unterirdisch verlegten Leitungen (Kabel, Rohre, Durchsatzverminderungen über die Jahre durch Alterung, Ablagerungen, Versottung usw.) zu berücksichtigen. Eine Unterdimensionierung ist unbedingt zu vermeiden. 6. Anbindungsstellen für die Fabrikver- und -entsorgung, wie Gasdruckreduzierstationen, Umform- bzw. Trafostationen, Regenwassersammler oder Brunnen,
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
419
Abb. 7.26 Versorgungssicherheit der entwickelten Fabrik
haben störende Wirkungen auf die Fabrikentwicklung. Es empfiehlt sich, diese Einrichtungen in den Fabrikrandzonen anzuordnen.
7.2.6
Fabrikstandortfläche
Fabrikstandortfläche: Zur Erfüllung der Fabrikaufgabe notwendige ebenerdige Bruttofläche einer Gesamtfabrik, die durch Grenzen in ihrer Längen- und Breitenausdehnung eingeengt und durch staatliche Vorschriften in ihrer Ausprägung beeinflusst wird. Die Fabrikfläche ist eine erdberührende Fabrikbruttogesamtfläche, die in eine nutzbare und in eine nichtnutzbare, freibleibende Fabrikstandortfläche zu unterteilen ist, Abb. 7.27. Beispiele für die freibleibende Fabrikstandortfläche sind vorhandene Biotope, Denkmale, Grundstücksbelastungen (Wegerechte, Baulasteintragungen, …), Gewässer, Begrünungen usw.
Abb. 7.27 Nutzbarkeit der Fabrikstandortfläche
420
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Die Fabrikstandortfläche ist kapital- und kostenwirksam (Erwerb, Pacht, Unterhaltung, Abgaben), wird durch staatliche Vorschriften zur Bebauung und Nutzung (Baunutzungsverordnung BauNVO, Landesbauordnungen, Gemeindevorgaben) beeinflusst, führt zum Grundstück (Gemarkung, Flur, Flurstück(e)) mit notariellem Grundbucheintrag (Eigentum, Grundsteuer) oder zum Pachtstück (Pachtgebühren, Nutzungszeitbegrenzung) und wird zum Wirtschaftsobjekt, das betrieben und erhalten werden muss. Sowohl die Fabrikstandortfläche als auch ihre Teilflächen, Abb. 7.28, müssen für die Fabriklebenszeit ausgelegt werden, da eine unbegrenzte Erweiterung (angrenzende Standorte) auszuschließen ist.
Abb. 7.28 Teilflächen der Fabrikstandortfläche (fE – Erweiterungsfaktor; GRZ – Grundflächenzahl; AS, frei – zusätzlich zu berücksichtigende freie Fläche)
Sowohl über die nicht zu bebauende Fabrikstandortfläche, die von jeglicher Bebauung (Ausnahme: Sitzgruppen, Erholungswege) unberührt bleibt, als auch über die Grundflächenzahl GRZ ist gegenüber den Genehmigungsbehörden ein Nachweis zu führen, Gl. (7.3). Grundflächenzahl GRZ =
Bebaute Fabrikfläche AB Fabrikstandortfläche AS
GRZ ≤ 0,80
(nach Vorgabe)
(7.3.1) (7.3.2)
7.2 Entwurfsprojektierung der Gesamtfabrik
421
Von Sonderregelungen abgesehen, sind die Grenzwerte für die Grundflächenzahl GRZ festgelegt: • GRZ ≤ 0,8 für Industrie- und Gewerbegebiete (Ausnahme GRZ ≤ 1 für KernIndustriekomplexe), • GRZ ≤ 0,4 für Wohn- und Wohn-Gewerbe-Mischgebiete. Für Neuprojekte ist der Wert GRZ ≈ 0,60 zu empfehlen, um ausreichend bauliche Erweiterungen zu berücksichtigen. In diese Berechnung kann die Optionsfläche (Standortfläche mit Vorkaufs- oder Kaufzusagen) erst einbezogen werden, wenn ein notariell beglaubigter Kaufvertrag vorliegt und sie dann Standortfläche ist. Zur Sicherung dieser Flächen bieten sich Pachtverträge an. Bauwerksgrundrissfläche Durch Orthogonalprojektion von Fabrikobjekten (Bauwerke) auf die Ebene entstehende Bruttofläche zur legalen Realisierung der Fabrik, Abb. 7.29. Die Bauwerksgrundrissfläche berücksichtigt alle Objekte der Fabrik, die eine erdberührende Fläche beanspruchen. Dazu gehören auch unterirdische Kanäle und geplante oder gedachte Fabrikerweiterungen. Sie ist die Bezugsfläche für die Fabrikstandortfläche.
Abb. 7.29 Vereinfachtes Fabriklayout mit Fabrikstandortfläche (Beispiel)
Bauwerksbruttogesamtfläche Sie stellt die Gesamtheit der ebenenbezogenen Bauwerksgrundrissflächen der Fabrik dar. Diese auch als Bruttogeschoßfläche bezeichnete Fabrikfläche berücksichtigt ein- und mehrgeschossige Bauwerke, insbesondere Gebäude und weist auf die Baumasse (Bauwerksvolumen) der Fabrik durch eine Baumassezahl BMZ, Gl. (7.4) und Geschoßflächenzahl GFZ, Gl. (7.5), hin, Abb. 7.30.
422
Baumassezahl BMZ =
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Bauwerksvolumen VB Fabrikstandortfläche AS
Geschossflächenzahl GFZ =
(nach Vorgabe)
m3 /m2
Bauwerksbruttogesamtfläche AG Fabrikstandortfläche AS (nach Vorgabe)
(7.4) (7.5)
Abb. 7.30 Räumliches Fabriklayout mit Darstellung des Bauwerkvolumens (Beispiel)
Die Grenzwerte und andere Bedingungen sind den Bebauungsplänen (B-Plan) der Kommunen für die Gewerbe- oder Industriegebiete zu entnehmen. Gleiches trifft für die standortbestimmenden Grenzabstandsmaße und für die mögliche Grenz↑ Fabrikstandortbebauung zu. Mit der Ermittlung der Fabrikgröße (Fabriksysteme, Bauwerke und Standortfläche), der Fabrikstruktur und des Fabriklayouts ist die Fabrik im Entwurf soweit projektiert, dass die Realisierungsvorbereitung – folgende Abschnitte – begonnen werden kann.
An die Fabrikstandortfläche sind vor der Standortwahl Grundforderungen zu stellen, die der auszuwählende bzw. ausgewählte Standort erfüllen muss: 1. Die Fabrikstandortfläche muss die Flächenanteile der Fabrik ohne eine Einengung realisieren können. Eine von der Fabrikprojektierung vorausbestimmte Gesamtfabrikfläche darf durch die Standortgeometrie nicht größer werden (Flächenerwerb ohne Nutzung).
7.3 Fabrikstandort
423
2. Es hat sich der Grundsatz durchgesetzt, dass eine Fabrik • in mindestens einer Entwicklungsrichtung erweiterbar sein muss (!) • in zwei Entwicklungsrichtungen erweiterbar sein sollte. Dieser Grundsatz ist bei der gesamten Ver- und Entsorgung (Infrastruktur) mit zu berücksichtigen und bei der Erweiterungsrealisierung materiell zu vollenden. 3. Bebaute Fabrikflächen sind Festpunkte, die nur durch Aufwendungen verändert werden können. Die Festpunkte sind auf ihre Erweiterungsfähigkeit oder auf ihre Störungswirkung durch Fabrikerweiterung zu prüfen.
7.3
Fabrikstandort
Fabrikstandort: Durch Orthogonalprojektion auf die Ebene örtlich begrenzter Flächenbereich der Fabrik mit bestimmter Geometrie. Die Gemeinschaftsarbeit zum Standort erfordert eine gemeinsame und verständliche Fachsprache und Methodik, Abb. 7.31, und eine Aufgabenabstimmung, beispielsweise nach Tabelle 7.12.
7.3.1
Standortzuordnungen
Standorte führen im Allgemeinen zu einem Zuordnungsproblem, speziell zu einer Objekt-Standort-Zuordnung, die unterschiedlich zu definieren ist. Tabelle 7.13 enthält eine Objekt-Standort-Zuordnungsübersicht. KETTNER, ROCKSTROH UND WARNECKE haben in diesem Zusammenhang die Standorte und Standortfaktoren aus der Sicht der Standortsuche in die Gruppen global, regional und lokal unterteilt, so dass Suchfälle und Zuordnungsfälle zu unterscheiden sind. Während die Standortzuordnung bei den Maschinen (Maschinenstandort im Fabriksystem), bei den Fabriksystemen (Systemstandort in der Fabrikwirkungsstätte oder auf dem Fabrikstandort) und bei den Fabrikwirkungsstätten (Fabrikwirkungsstättenstandort) durch Projektierung eindeutig ist, sind bei der Fabrik mehrere Standortzuordnungen möglich, die zu unterscheiden sind: 1. Fabrikerweiterung am vorhandenen Fabrikstandort (Standorterweiterungs- oder -optionsfläche), 2. Fabrikerweiterung durch Rekonstruktion (Standort- und -erweiterungsfläche), 3. Verlagerung der Fabrik an einen bekannten Fabrikstandort mit Übernahme der Fabriksubstanz(eingeengte Fabrikprojektierung), 4. Verlagerung der Fabrik an einen neuen Standort (Standortsuche), 5. Neuerrichtung einer Fabrik mit einem vorgegebenen Standort (eingeengte Fabrikneuprojektierung mit Standortüber-, Standortgenau- oder Standortunterdimensionierung), 6. Neuerrichtung einer Fabrik mit frei wählbarem Standort (Fabrikprojektierung ohne Einengung – „grüne Wiese“ – mit Standortsuche).
424
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.31 Projektierungsgrobfolge zur Fabrikstandortprojektierung (Ausgangsbasis: Projektierte Fabrik)
Da nicht alle Fälle gleichzeitig möglich sind, erfolgen hierzu eine Standortuntersuchung und ein Standortvorentscheid.
7.3 Fabrikstandort
425
Tabelle 7.12 Hauptaufgaben der Fabrikstandortprojektierung (Auswahl)
Tabelle 7.13 Standortdefinition, Such- und Zuordnungsfälle
Die Standortsuche basiert in Abhängigkeit vom Projektfortschritt und von den Zielstellungen des Auftraggebers auf folgenden drei Grundfällen: • Grundfall 1: • Grundfall 2: • Grundfall 3:
Die Fabrik liegt ohne Vorplanung und Vorprojektierung in gedachter Form vor. Die Fabrik liegt in geplanter Form vor. Die Fabrik liegt in projektierter Form vor.
Grundfall 3 ist Inhalt der Kapitel 5 bis 7. Die Grundfälle 1 und 2 sind gängige Praxis, wobei ungünstige Projekte beim Grundfall 1 die Regel darstellen.
426
7.3.2
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Standortfaktoren und Standortanforderungsprogramm
Die feste Bindung der Fabrik an den Standort während ihrer Betriebslebenszeit erfordert eine sorgfältige, weit- und umsichtige Standortplanung mit den Aufgaben: Standortgröße, Standortwahl (-entscheid) und Standortzufriedenheit. Erhöhte Baukosten, Ärgernisse vor Ort und wirtschaftlicher Nichterfolg sind häufig die negativen Folgen einer unzureichenden Standortvorbereitung. Eine fachlich richtige Standortbestimmung beginnt mit einem Standortanforderungsprogramm, das Informationen und Bedarfsgrößen aus den Vorprojekten oder genauer aus der Fabrikprojektierung enthält. Das Standortanforderungsprogramm sollte mindestens drei Faktorengruppen enthalten, die abzufragen und zu vergleichen sind: • Technologie-Standortfaktoren, Abb. 7.32, • Bau-Standortfaktoren, Abb. 7.33, • Allgemeine Standortfaktoren, Abb. 7.34.
Abb. 7.32 Technologie – Standortanforderungen (Auswahl)
7.3 Fabrikstandort
427
Das Standortanforderungsprogramm wird aus den Standortfaktoren, Abb. 7.32 bis 7.34, abgeleitet, mit den Bedarfen bzw. Anforderungen präzisiert und tabellarisch geordnet aufgebaut, Tabelle 7.14. Die Anforderungen an die Standorte mit den Werten der Standortalternativen werden verglichen und objektiv mit Bewertungsverfahren bewertet.
Abb. 7.33 Bauliche Standortfaktoren (Auswahl)
7.3.3
Standortuntersuchungen
Die Standortuntersuchung entspricht einer Standortanalyse und -synthese, die im Rahmen der Standortsuche und Standortprojektierung mehrfach vom Groben zum Feinen durchzuführen ist. Es sind drei Standortuntersuchungsfelder zu beachten:
428
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.34 Allgemeine Standortfaktoren
• Standortuntersuchung 1: • Standortuntersuchung 2: • Standortuntersuchung 3:
Ermittlung der Standortalternativen Ermittlung der Standortfaktorenwerte für die Standortbewertung vor dem Standorterwerb Standortanalyse zur Ermittlung der projektierungsrelevanten Informationen und Kennzahlen vor und nach dem Standorterwerb
7.4 Fabrikausführungsprojektierung
429
Tabelle 7.14 Standortanforderungsprogramm und Standorterfüllungsprüfung (Beispiel)
Die mit Sorgfalt durchzuführenden Standortuntersuchungen haben Projektierungscharakter, da schon während der einzelnen Untersuchungsfälle die Standortauswirkungen zu ermitteln und abzuschätzen sind. Ausgewählte Beispiele enthält hierzu die Tabelle 7.15. Vor allem geht es auch um die mit dem Standort verbundenen Mehraufwendungen, die den Standortentscheid deutlich beeinflussen.
7.4
Fabrikausführungsprojektierung
Ausführungsprojektierung: Gesamtheit der Projektierungstätigkeiten zur Endherstellung der realisierungsfähigen Projektlösung unter Einfluss der Standortbedingungen. Ausführungsprojektierungen haben Standortbezug, binden Angebotsunterlagen ein und führen zu den realisierungsfähigen Ausführungsprojekten im Sinne von technologischen, baulichen und anderen Unterlagen, auf deren Basis • die sachlich materielle Errichtung des Produktes Fabrik erfolgt (Produkthaftung), • die technologischen Realisierungsvorbereitungen (Arbeitsvorbereitung) abgeleitet werden, • die materiellen Realisierungsvorbereitungen (Materialbestellungen) erfolgen, • die Realisierer/Bieter die letzten Angebote abgeben, • die letzte Projektkostenermittlung durchgeführt wird und • im Regelfall keine wesentlichen Projektvorgabenänderungen (Fabrikprogramme) mehr möglich sind oder getroffen werden sollen. Ausführungsprojektierung bedeutet Feinstprojektierung. Sie ist durch Genauigkeitsangaben, Bemaßungen und maßlich zeichnerischen Darstellungen (Layouts, Detaillayouts, Konstruktionszeichnungen, Schnitt-, Grundriss- und Aufrissdarstellungen) mit kurzgefassten Erläuterungen für jedes Element, System und Bauwerk geprägt.
430 Tabelle 7.15 Standortfaktorwirkungen (Beispiele)
7 Projektierung der Gesamtfabrik
7.4 Fabrikausführungsprojektierung
431
Sie erfordert die umfangreichsten Projektunterlagen, enthält die Aufgaben nach Abb. 7.35, die standortbedingten nachzuprojektierenden Systeme, die Ausführungsgestaltung und ständige Kontrollen (Ausführbarkeit, Vergessenes, Gesetzeinhaltung usw.). Durch den Standortentscheid sind Besonderheiten in der Projektierungsfolge von Vor-, Entwurfs- und Ausführungsprojektierung zu beachten, die nicht als Ausnahmen zu betrachten sind: 1. Mit der direkten Einflussnahme der Standortwahl auf die in der Entwurfsfassung vorliegende Fabrik ergeben sich Fabriksysteme und Projektierungsaufgaben, die ohne eine ausgeprägte Vor- und Entwurfsprojektierung gleich in eine Ausführungsprojektierung überführt werden. Ihr Projektierungsprogramm ergibt sich aus den projektierten Systemen. Zu dieser Projektierungsgruppe gehören beispielsweise Feuerwehrzufahrten, Flucht- und Rettungswege, Entwässerung, Ver- und Entsorgungsanbindungen, Einfriedungen, Fabrikschutzsysteme, Begrünungen usw. Mit dem Sprung in die Ausführungsprojektierung wird die Entwurfsprojektierung (Varianten, Kreativität, Integration, Projektsynthese mit Funktionsbestimmung, Dimensionierung, Strukturierung) nicht ausgeschlossen, sondern im Rahmen der Ausführungsprojektierung behandelt. 2. Die Ausführungsprojektierung schließt das Integrieren, Variieren, Optimieren, Funktionsbestimmen, Dimensionieren und Strukturieren nicht aus, engt aber die Lösungsanzahl durch projektierte Vorlösungen erheblich ein. 3. Die Fabrikausführungsprojektierung behandelt die Fabrik als Ganzheit (mit Kooperation) und Gesamtheit (am Standort). Fertig projektierte Systeme sind im Rahmen der Ausführungsprojektierung auf ihre Ganzheits-, Durchgangs- und Gesamtwirkung hin zu prüfen und notfalls verändert zu projektieren. 4. Alle Systeme und Bauwerke der Fabrik haben einen Standortbezug. Dieser Bezug ist zu prüfen, damit alle Relationen, Anforderungen und Bewegungen bei der Standortprojektierung nach Abb. 7.35 und der Fabrikausführungsprojektierung Beachtung finden (sehr häufiger Fehler bei Nichtbeachtung). 5. Eine Schwierigkeit der standortbezogenen Fabrikausführungsprojektierung stellt fast immer der Projektierungskomplex „Restprojektierung“ durch Auflagen, Streitfälle, Bürgerforderungen und Vergessenes dar. Dieses Problem verzögert die Projektierung, Genehmigung und Errichtung. Einzelfallbehandlung und gütliche Einigung sind gute Wege zur Vermeidung. 6. Durch den Standortbezug sind die meisten Fabrikteilprojekte Versorgungs-, bauliche und baulich orientierte Projekte. Trotz dieser Tatsache sollte das gemeinsame Fabrikprojekt (Technologie und Infrastruktur) nicht aufgegeben werden, da sonst die Fabrik als Gesamtsystem der Produktion in ihrem Technologiewert gemindert wird.
432
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.35 Projektierungsgrobfolge der Fabrikstandort- und -ausführungsprojektierung
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
7.5 7.5.1
433
Gesamtfabrikgestaltung Fabrikgestaltungsgebiete
Fabrikgestaltung: Aufgabengesamtheit der kreativen Tätigkeiten zur formenden, ergänzenden, schützenden, darstellenden, ästhetischen und verbindenden Gestaltung der Elemente- und Systemgesamtheit der Fabrik. Die Fabrikgestaltung ist ein Teilgebiet der Fabrikprojektierung mit unterschiedlichen Aufgaben, die nach der Projekt- bzw. Systemsynthese (Funktionsbestimmung, Dimensionierung, Strukturierung) mit technischen, räumlichen und zeitlichen Gestaltungszielen durchgeführt wird und die Aufgabenkomplexe nach der Abb. 7.36 enthält.
Abb. 7.36 Aufgabenkomplexe und Gegenstand der Fabrikgestaltung
Der Projektierungsaufgabenkomplex Gestaltung beeinflusst die Systemsynthese und damit die Systemstruktur bis zur Feinstruktur nicht oder nur unwesentlich. Eine synonyme Verwendung des Begriffs Fabrikgestaltung für Fabrikprojektierung ist deshalb nur dann möglich, wenn die Projektierungsstufe Gestaltung bzw. die gestalterische Projektierung gemeint ist. Formgestaltung Die Formgestaltung basiert auf der Verwendung von geometrischen (stereometrischen) Gebilden für die Elemente und Systeme (Beispiele im Abschnitt 5.5). Bevorzugte geometrische Gebilde sind Quader, Polyeder, Kegelstumpf, Zylinder oder Kugel. Es ergeben • nur gleiche geometrische Gebilde von System, Gebäude und Standort räumlich sinnvolle Lösungen, Abb. 7.37, • sich System- und Gebäudearchitekturen, wobei die Systemarchitektur die Gebäudearchitektur bestimmen sollte.
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.37 Architektur- Kombinationswürfel
Bei der Gebäudearchitektur sind durch die Gebäudegrundarchitektur (geometrisches Grundgebilde von Tragwerk und Umhüllungskonstruktion), Gebäudegrobarchitektur (Dachform, Belichtung, Tore) und Gebäudeformarchitektur (Fenster, Türen) Verfeinerungen möglich. Schutzgestaltung Eine Schutzgestaltung ergibt sich zwangsläufig aus Gesetzen, darüber hinausgehenden Schutzvorschriften (Verbände) und sicherheitstechnischen Gründen (Versicherungen). Hierzu gehören folgende Beispiele: G Gesundheitsschutzgestaltung (Vorsorge-, Strahlen-, Atmungs-, Infekt-, Kontakt-, Berührungsschutz), A Arbeitsschutzgestaltung (Unfall-, Kollisions-, Stroboskop-, Eingreif-, Berührungs-, Bewegungsschutz), B Brandschutzgestaltung (Brandabschnitt, -mauer, -tür, Löschtechnik, RWA, Brandlast), U Umweltschutzgestaltung (Lärm-, Aerosol-, Schwingungs-, Luft-, Boden-, Wasserschutz, Natur-, Emissions-, Immissions-, Tierschutz), S Sicherheitsschutzgestaltung (Havarie-, Katastrophen-, Einbruch-, Zugangs-, Strahlenschutz, Explosions-, Trümmerschutz, Standhaftigkeit, Verschluss, Flucht- und Rettungswege), S Schutz (Schützen, Vorbeugen, Vorhersehen, Gefahrenabwendung, Schadensvermeidung, Vorschriftenvorgabe).
Dieser Aufgabenbereich gehört zur ↑ Schutzgüte.
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
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Ergänzungsgestaltung Mit der Ergänzungsgestaltung soll das Individuelle der Arbeitenden Berücksichtigung finden, das bei der Strukturierung nicht beachtet werden kann. Beispiele sind Arbeitssystemzusatzausstattungen, optimierte Ausstattungszuund -anordnung, Kunstwerke usw. Darstellungsgestaltung Hierzu gehören zweckmäßige Gestaltungen zur Sichtbarmachung von Zielstellungen, wie Darstellung von Qualitätsgrundsätzen, Umweltzielen, Leistungszielen, Darstellung des Arbeitssystems, Aushänge und unterstützende Sinnbilder (Fluchtwege, Feuerlöschorte), Ordnungsziele usw. Beziehungsgestaltung Grundlage der Beziehungsgestaltung sind existierende Relationen und ihre optimale Gestaltung. Beispiele sind: • Mensch-Maschine-Beziehungsgestaltung (Optimierung, Anpassung, Wege, Bewegungen), • Mensch-Mensch-Beziehungsgestaltung (Arbeitsgruppen, Betreibung, Lenkung, Soziales), • Mensch-Licht-Beziehungsgestaltung (Ausleuchtung, Tageslicht, Beleuchtung, Reflexion, Blendung), • Maschine-Maschineausstattungs-Beziehungsgestaltung (Zusatzgeräte), • Layoutgestaltung (sachlich, auf den Arbeitenden abgestimmt, Wege, Barrierefreiheit), • Flussgestaltung (Produktfluss, Produktionskooperationsfluss,Versorgungs-, Entsorgungs-, Verwertungs-, Abnahmefluss, Dienstleistungsfluss, Betriebsmittelfluss, Nutzung, Bestand, Schrott, Wechsel, Austausch, …).
Ästhetikgestaltung Zur Ästhetikgestaltung gehören künstlerische und bildende Gestaltungen zur subjektiven Wahrnehmung der objektiven Realität. Beispiele sind: • Farbgestaltung (Maschinen, Bauwerke, Arbeitsbekleidung, Werbeträger, …), • Wahrnehmungsgestaltung (Licht-Wärme-Empfindung; Warm-Kalt-Empfindung), • Erkennungsgestaltung (Beschilderung, Vermeidung von Überinformationen, …), • Geometriegestaltung (Komposition der Geometrien, Weggeometrien, …), • Werbeträgergestaltung (Vermeidung von Aufdringlichkeit, Worten, Sätzen, …), • Begrünungsgestaltung (vom Standort und in der Fabrikwirkungsstätte, Park, Biotop).
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Die sechs Gestaltungsgebiete sind für die innere und äußere Fabrikgestaltung zutreffend. Die innere Fabrikgestaltung wird von den Mitarbeitern und Besuchern, und die äußere Fabrikgestaltung wird von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Auch aus der Sicht dieser Personengruppen ist die Fabrikgestaltung zu sehen, nicht nur aus der Sicht des Projektanten.
7.5.2
Fabrikausführungsgestaltung
Ausführungsgestaltung: Letzte Projektierungslösung, die als Grundlage für die materielle Realisierung dient und nach der die Fabrik mit ihren Elementen und Systemen auf-, um- oder ausgebaut wird. Das Ergebnis der Ausführungsgestaltung sind Projektausführungsunterlagen als Vorlagen und Vorgaben, die als Grundlage für Verträge zwischen Auftraggeber und Fabrikrealisierenden (Baubetriebe, Fabrikausrüster) sowie den Mitarbeitern dienen. Es sind somit • Bauausführungsunterlagen (bauliche Realisierung → Bauprojektant), • Ausrüstungsausführungsunterlagen (Systemrealisierung → Fabrik- und Spezialprojektant), • Tätigkeitsausführungsunterlagen (Fabrikbetriebsrealisierung → Fabrikprojektant und Auftraggeber) zu erarbeiten und zu gestalten. Eine Veränderung der Ausführungsunterlagen während der Realisierung ist nur noch operativ und im begrenzten Maße möglich, so dass die Qualität des Projektanten sofort sichtbar wird (manchmal zu spät, wie Projektierungen und Entscheidungen „an der Baugrube“ zeigen). Zur Vermeidung von Fehlern sind Fehlersuchaktivitäten und Projektkritiken (intuitiv, methodisch, sporadisch) durch andere Fachpersonen hilfreich (Expertise).
7.5.3
Fabrikrealisierbarkeitsgestaltung
Realisierbarkeitsgestaltung: Gesamtheit der kontrollierenden und korrigierenden Tätigkeiten zur Gewährleistung der rationellen Realisierbarkeit der Fabrik und des Fabrikbetriebes. Die Fabrikrealisierbarkeitsgestaltung ist eine kontrollierende und korrigierende Projektierung mit Gestaltungsaufgaben zur Freigabe von Projekten. Die Hauptaufgabengebiete enthält die Abb. 7.38.
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
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Abb. 7.38 Hauptaufgaben der Fabrikrealisierbarkeitsgestaltung
Investitionsrealisierbarkeit Die Investitionsrealisierbarkeit ist eine projektbegleitende Gestaltungsaufgabe mit Wirtschaftlichkeitsbezug, die ursächlich am Projektanfang steht, das Projekt auslöst und laufend zu überprüfen ist. Der Fabrikprojektant steht hier in einer dauerhaften Pflicht. Das setzt wirtschaftliche Kenntnisse der Projektanten und die Einbeziehung von Bewertungssachverständigen (Gutachten, Expertisen, Wirtschaftlichkeitsbewertungen usw., Gestaltung durch Sachverständige) voraus. Errichtungsrealisierbarkeit Mit der Errichtungsrealisierbarkeit ist bis ins Detail zu prüfen, ob Projektierungsfehler, falsche Annahmen und Dimensionierungen im Projekt vorliegen, die nachhaltig sind und die Realisierbarkeit gefährden oder in Frage stellen. Die in der Abb. 7.38 enthaltenen Prüf- und Gestaltungskomplexe sind auch für Ausschreibungen und Angebote zu empfehlen (Teilverantwortungsübernahme). Zu diesem Komplex gehören auch Garantien und Gewährleistungen (Umweltauswirkungen, Verletzungen, Langlebigkeit und Güte). Beachtenswerte Prüf- und Gestaltungskomplexe sind (Praxisbeispiele):
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
• Öffnungen (Türe, Tore, Lagerfach), Wege, Straßen und Straßenkurven (Schlepplinie) in ihrer Breiten- und Höhenausdehnung für die Neuerrichtung und die Umstellung von Systemelementen und Systemen („Einmauerung“), • Zufahrten und Durchfahrten (> 4,10 m) mit Anbindungen an den öffentlichen Verkehr, • Avisierte Schwerlasttransporte (öffentliche Straße, Fabrikstraße), • Bodensetzungen und Bauwerkshöhen („Pisaprojekt“), • Genehmigungen für genehmigungspflichtige Projekte oder Objekte (Bürgerprotest), • Brandbekämpfungsplätze für die Feuerwehr (Betriebs-, Kommunale, Freiwillige Feuerwehr).
Betriebsrealisierbarkeit Zu diesem Prüf- und Gestaltungskomplex gehören der Gesamtfabrikbetrieb, einschließlich des Sozial-, Sanitär- und Besucherbetriebes. Häufige Fehler sind (Beispiele): • Schnittstellen, fehlende Schnittstellengestaltung und -durchgängigkeit (Wirksystem ↔ Arbeitssystem ↔ Fabriksystem ↔ Gesamtfabrik ↔ Kooperation), • Kooperationsgestaltung und -sicherheit (Fabrikstau durch Kooperation), • Zugänglichkeiten für die Elemente- und Systemerhaltung (Abstandsmaße), • Zu große oder zu kleine Arbeitsgruppen (Lenkungsaufwand), • Ungenügende Erweiterungs- und Optionsflächen, • Nachbesserungen ohne Investitionskosten. Die häufigsten Fehler entstehen durch fehlende Abstimmungen der Beteiligten.
7.5.4
Gesamtfabriklayout
Das Gesamtfabriklayout ist ein grafischer Informationsträger zur übersichtlichen Darstellung der Gesamtfabrikgrundinhalte und Arbeitsdokument für die in einem sachlichen Bezug zur Fabrik stehenden Personen und Fachgremien. Es ist laufend zu aktualisieren. Das letzte im Zuge der Fabrikprojektierung entstandene Fabriklayout (↑ Layoutprojektierung) ist vom Projektanten und Auftraggeber als Arbeitsgrundlage für Projektbeteiligte freizugeben, womit es einen offiziellen Charakter erhält und auf das in unterschiedlicher Form Bezug genommen wird, Abb. 7.39.
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
Abb. 7.39 Fabrikentwurfslayout mit Rasterung (Variantenbeispiel)
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Fabriklayoutdarstellung Das Fabriklayout wird für einen bestimmten Zweck angefertigt, so dass Unterscheidungen durch • farbliche Gestaltungen ( grün für Begrünung, rot für Gefahren, grau für Bauwerke usw.), • maßstäbliche Gestaltung (M 1:50, M 1:100 für Ausführungslayouts; M 1:250, M 1:500, M 1:x für Übersichtslayouts; M 1:500, M 1:y für Fabrikeinordnungslayouts), • maßliche Gestaltungen (Maßbezugspunkte, Abstandsmaße, Bemaßungen, Rasterung, ↑ Layoutprojektierung) notwendig werden, Abb. 7.39. Fabrik-Standortzonung Das Gesamtfabriklayout enthält Kern- und Randzonen sowie verschiedene gezonte Bereiche. Eine Kernzone beinhaltet immer die Produktionsbereiche als dominante Fabrikwirkungsstätten. Diese werden ergänzt durch: • Lagerzonen (Eingangslager-, Ausgangslager-, Vertriebszone), • Versorgungszonen (Energie-), • Fabrikverkehrszonen (Logistik, fließender und ruhender Verkehr, Zu- und Ausfahrt), • gesamtfabrikliche Zonen (Fabrikbetrieb, Soziales, Fabrikschutz),
Abb. 7.40 Fabrikstandortzonen
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
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• Erweiterungszonen (Erweiterungsrichtung, Erweiterungsoption), • Freizonen (Begrünung, Biotope, Sammelstellen, Feuerwehreinsatzwege und -flächen). Abbildung 7.40 enthält ein Beispiel zur Zonenlayoutdarstellung. Eine Zonung der Fabrik ist keine zwingende Notwendigkeit für das Fabriklayout, ermöglicht jedoch in relativ schneller Form Funktions-Raum-Standort-Zuordnungen, eine übersichtliche Darstellung der – unbedingt notwendigen – Fabrikerweiterung und eine so genannte Generalbebauung als Standortgrobkonzeption. Kernzone Kernzonen sind voll bebaubare Standortflächen, die eine Grundflächenzahl GRZ = 1 erreichen können, Abschnitt 7.2.6. Das hat Gültigkeit sowohl für den Einzelstandort als auch für einen Standortkomplex (Industriegebiet). Die Größe der möglichen Standortkernzonenfläche ist abhängig von der Grundflächenzahl GRZ und den Grenzabstandsmaßen, Abb. 7.41.
Abb. 7.41 Kernzonenabhängige Layout- und Standortbebauungsregeln (Beispiele)
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Randzonen Im Regelfall sind die Randzonen Standortgrenzzonen, die eine Bebauung der Freistandortfläche für • • • •
Verkehrswege (fließender Verkehr), Fahrzeugparksysteme (ruhender Verkehr), Personenwege, Schutzsysteme (Einfriedung, Zaun, Außenbeleuchtung, Alarm- und Warnsysteme, Brandbekämpfungsstellen, Rettungs- und Fluchtwege) als Schutzzone, • Fabrikanbindungen (Anschlussstellen, Zufahrten, …) und für • Grünanlagen (Rasen, Park, Sitzgruppen, Teiche, Biotope, Fließgewässer) ermöglichen. Erfolgt eine befestigte Bebauung, so ist dieser Anteil bei dem Grundflächenzahlnachweis (GRZ) zu berücksichtigen. Produktions- und Lagerzone Kernpunkt der Fabrikzonung ist die Produktionszone, der sich die Lagerzone funktionell – räumlich günstig anpassen muss. Bei einer produktionsintegrierten Lagerung entfällt die Lagerzone. Es verbleiben die Lagerein- und -ausgangsbereiche. Die Produktionszone muss einen Erweiterungsanteil ausweisen. Abbildung 7.42 enthält einfache Beispiele mit Bezug zum Kernzonenbereich.
Abb. 7.42 Beispiele für die Erweiterung von Produktions- und Lagerzonen
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
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Lagerzonen werden den Produktionszonen direkt zugeordnet oder in die Produktionszonen unter Verlust eines eigenständigen Bauwerks integriert, womit die Produktionsrelevanz von Lagern zum Ausdruck kommt. Die Fabrikprojektierung muss diesen Sachverhalt und die davon abhängige Erweiterung berücksichtigen. Es ist die Endlösung als nicht mehr erweiterbare Entwurfslösung zu projektieren, die dann in Ausbaustufen ohne einen neuen Projektierungsansatz realisiert wird. Tabelle 7.16 enthält den Grundaufbau und die Erweiterungsmöglichkeiten von Produktions- und Lagerzonen, Tabelle 7.17 eine Gesamtübersicht. Die Erweiterungsdimension der Produktions- und Lagerzone unterliegt Begrenzungen durch • die kaum erweiterbaren Gebäudehöhen und Gebäudeeinzelbreiten, • den Standort in der Gebäudelänge bzw. Gebäudebreite und Gebäudeanzahl, • die Einbeziehung der weiteren Fabrikzonen. Tabelle 7.16 Bauwerksabhängige Produktions- und Lagerzonenerweiterungen (Grundformen)
Versorgungszone Versorgungszonen haben eine große Bedeutung bei einer fabrikeigenen zentralen Versorgungserzeugung (Produktion für die Produktion), beispielsweise durch
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Tabelle 7.17 Vereinfacht dargestellte Fabriklayouts (Beispiele für Fabrikzwecklayouts)
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
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• Kraftwerke (Wärmeenergie-, Elektroenergie-, „Blockheizkraftwerke“), • zentrale Aufbereitungssysteme (Wasser-, Druckluft-, Klär-, Verwertungs-) und • zentrale Regelsysteme (Spannungs-, Gasdruck-, Druckluft- usw.). Installationsaufwand, Übertragungsverluste, Nachbarschaftsbeeinflussungen und Versorgungssicherheit erfordern Überlegungen zur Dezentralisierung, zur Wirkungsstättenintegration und zur verbrauchernahen Anordnung, damit eine kostenoptimale und gefährdungsfreie Versorgung, aber keine dominante Versorgungszone entsteht. Durch die Produktionszonendominanz wird die Versorgungszone bzw. werden die Versorgungsteilzonen in den Randgebieten der Fabrikwirkungsstätten oder des Standortes so an die Produktionszone angeordnet, dass die maximale Erweiterung der Produktionszone noch möglich und die Nachbarschaftsbeeinflussung durch die Hauptwindrichtung sehr klein ist, Abb. 7.43. Für Industriegebiete sind zentralisierte Erzeugungsanlagen günstig. Mit der Abb. 7.43 wird nochmals verdeutlicht, dass eine Fabrik nur dann ordentlich und günstig projektiert wurde, wenn der Fabrikendzustand ganzheitlich projektiert vorliegt und die Erweiterungsrichtungen eindeutig erkennbar sind.
Abb. 7.43 Zuordnungsbeispiele für Versorgungszonen. a Produktionszonengrundform 5 nach Tabelle 7.16. b Versorgungszonenzuordnung. c Entwickelte Fabrik mit zwei Erweiterungsrichtungen
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Verkehrszonen Fabrikverkehrs- bzw. Fabriklogistikzonen leiten sich aus dem fließenden und ruhenden Verkehr der Verkehrsträger (Straße, Bahn, Wasser) zur Durchführung des Produktflusses, Betriebsmittelflusses, Betriebsstoffflusses, Energieträgerflusses, Abproduktflusses und Personenflusses ab. Deutliche Unterscheidungen sind zwischen dem fließenden und dem ruhenden Fabrikverkehr zu treffen (↑ Fabrikverkehrssystem): • Zone(n) des fließenden Fabrikverkehrs In Abhängigkeit vom Verkehrsträger sind gezont zu berücksichtigen: • beim Straßenverkehr: Straßen, Wege, Wendeeinrichtungen und Haltestellen (öffentlicher Personennahverkehr, Transport- oder Verkehrsbahnhof, Umschlagplätze), • beim Wasserstraßenverkehr: Kanäle, Seewege, Umschlagstellen und Wendeeinrichtungen beim Wasserverkehr (Seeverkehr, Binnenwasserverkehr), • beim Schienenverkehr: Gleise, Anschlussbahnen, Bahnhöfe, Rampen usw. • beim Luftverkehr: Start- und Landebahn, Abfertigung. Bei den landgängigen Verkehren sind die Formen Durchfahren und Umfahren sowie ihre Kombinationen zu unterscheiden, Abb. 7.44. Wasserverkehrszonen liegen im Regelfall, nicht zwingend, in den Randzonen der Fabrik.
Abb. 7.44 Ausgewählte Beispiele für die Zone(n) des fließenden Fabrikverkehrs. a Produktionszonengrundform 5 mit Versorgungszonen (V; P(V)). b Verkehrszonenvarianten (Auswahl, ohne Fahrzeugparken)
• Zone(n) des ruhenden Fabrikverkehrs Verkehrszonen des ruhenden Verkehrs (z. B. Fahrzeugparken und -abstellen) dürfen den Fabrikfluss nicht stören, Tabelle 7.17. Richtigerweise sind sie in
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
447
den Randzonen und günstig zu den ↑ gesamtbetrieblichen Fabrikbereichen anzuordnen, wobei Bauwerke als Garagen zu vermeiden und dafür Bauwerke als Fahrzeugparksysteme (Parkhaus, Mechanische Autoparksysteme) wegen der geringen Grundfläche anzustreben sind. Umlaufende Fabrikstrassen können in ungefährdeten Bereichen Standspuren enthalten. Besonderheiten sind: • Besucherparkplätze, • Warteplätze für LKWs, Waggons (Beladen, Entladen), • Veränderung der ruhenden Verkehrszone durch Fabrikerweiterung. Zonen der Ĺ gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche Diese Zonen wirken unterschiedlich auf das architektonische Gesamtfabrikbild. Hauptursache sind die hierzu gehörenden • • • • • •
Fabrikbetreibungs- und -lenkungszone (Verwaltung, Büros), Sozial- und Sanitärzone, Ausbildungszone (Lehrausbildung, Qualifizierung, Schulung), Besucherzone (Zugang, Absperrung, Fahrzeugparken, Sanitär usw.), Sicherheitszone(n) (Absperrzonen, Hochsicherheitszonen), Schutzzonen (Nachbar-, Ökologie-, Zugangs-, Explosionsschutz).
Sicherheits- und Schutzbelange sind fabrik- und standortindividuell zu projektieren, da sie ganz unterschiedlich auftreten. Die anderen Bereiche können gebäudeintegriert behandelt werden, um Einzelbebauungen („Hüttenfabrik“) zu vermeiden. Fabrikzwecklayout Das Fabriklayout muss bestimmte Lösungen grafisch darstellen, um als Arbeitsdokument zu gelten. Da nicht alle Informationen mit gleich guter Aussagequalität in einem Fabriklayout darstellbar sind, müssen für die unterschiedlichen Ziele auch unterschiedliche Zwecklayouts erarbeitet werden, von denen ein Layout ein Fabrikübersichtslayout ist, Tabelle 7.17.
7.5.5
Schutzgüte der Gesamtfabrik
Die ↑ Schutzgüte der Gesamtfabrik unterscheidet sich von der Fabriksystemschutzgüte (Abschnitt 5.10.6) durch die Verschiedenheit der Gefährdungen (Innen- und Außenbereiche) und der Nachbarschaftsbeeinflussungen. Es sind die Verhältnisse nach der Abb. 7.45 und die folgenden Sachverhalte zu beachten: • Eine Produktion im Außenbereich (Demontage, Montage, Prüfen von Großprodukten) ist nach Abb. 5.124 und nach der Abb. 5.26 auf ihre Zweckmäßigkeit zu bewerten. • Der Einfluss von Emissionen (Fabrik) und von Immissionen (Nachbar) ist in gleichen Maßen zu beachten. • Das Projekt darf keine Gefährdungen enthalten bzw. erkennen lassen.
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.45 Ausgewählte Aufgabeninhalte der Gesamtfabrikschutzgüte
7.5.6
Fabrikprojektdokumentation
Im Regelfall sind alle erarbeiteten Projektierungs- und Projektlösungen vom Fabrikprojektanten zu dokumentieren. Die Dokumentation unterliegt unterschiedlichen Zielrichtungen und Nachweisen.
7.5 Gesamtfabrikgestaltung
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Projektierungsdokumentation Die im Verlaufe der Projektierung erarbeiteten Unterlagen und bearbeiteten Vorgänge werden vom Fabrikprojektanten zeitbezogen dokumentiert. Dazu gehören: • Dokumentierung aller im Projektierungsprozess erarbeiteten Lösungen, Ideen, Vorschläge, Varianten, Berechnungen, Skizzen, Zeichnungen, Modelle, Grafiken, Simulationen usw. geordnet nach Teilprojekten (Beachtung: Urheberrechte). • Dokumentierung aller im Projektierungsprozess durchgeführten Beratungen und Abstimmungen mit dem Auftraggeber (Projekt-Protokolldokumentation: Auftraggeber). • Dokumentierung aller im Projektierungsprozess durchgeführten Beratungen und Abstimmungen mit einbezogenen Projektanten (Projekt-Protokolldokumentation: Projektanten). • Dokumentierung der Beratungen, Abstimmungen und Auflagen mit den Genehmigungs- und Zustimmungsbehörden (Projekt-Protokolldokumentation: Behörden, ↑ Genehmigungsverfahren). • Dokumentierung der Aufgabenstellungen, Ausschreibungen, Angebote, Angebotsbewertungen, Angebotsauswahl usw. (Projektdokumentation: Ausschreibungen, …). • Dokumentierung der gesamten Unterlagen (Informationen, Statistiken, örtliche Aufnahmen, Fotodokumentationen, …) und Schriftverkehre (Projektdokumentation: Unterlagen, geordnet nach Sachverhalten). Die gut geordnete Projektierungsdokumentation ist über Jahre zu archivieren und, sofern noch nicht geschehen, für weitere Projektierungszwecke auszuwerten (Kennzahlen, Aufwendungen, Erfahrungsbesonderheiten, Rückschlüsse). Projektdokumentation Die Projektdokumentation enthält die Ergebnisse des Projektierens und Realisierens. Sie umfasst drei Teile: 1. die Vorlagedokumentation nach Teilprojekten, die als immaterielles Produkt des Projektierens entstanden ist, 2. die Dokumentation, einschließlich der • operativen Projektveränderungen (operative Projektierung, Korrekturprojekt), • Bau- und Ausrüstungstagebücher, • Fotodokumentationen über die qualitative und quantitative Ausführung der Bauwerke, Maschinenaufstellungen usw. (verdeckte Mängel), • Erprobungsberichte, Anlaufberichte, • Fabrikbereitschaftserklärung, • Abnahme-, Nachweis- und Übergabeprotokolle, die während der materiellen Fabrikrealisierung angefertigt wird, 3. die Real-Projektdokumentation (als Arbeitsdokumentation für den Fabrikbetrieb), die nach der Fabrikfertigstellung anzufertigen ist.
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Alle drei Projektdokumentationen erhält der Auftraggeber, der seine Zahlungstätigkeit von der Übergabe der einzelnen Dokumentationen abhängig macht. Genehmigungsdokumentation Genehmigungs-Projektdokumentationen sind aus den Projektdokumentationen abgeleitete Projektunterlagen mit den Zielrichtungen: 1. Projektdokumentation für behördliche Genehmigungen (Baugenehmigung mit weiteren behördlichen Zustimmungen; sehr hohe Dokumentationsanzahl), 2. Projektdokumentationen für Sondergenehmigungen (Betriebserlaubnis, Fachbetriebserlaubnis, Umweltverträglichkeitsprüfung, …), 3. Projektdokumentationen für die Fabrikinvestitionszustimmung durch übergeordnete Organe der Wirtschaftseinheit (Konzernleitung) zur Vermeidung von wirtschaftlichen Fehlern („In den Sand gesetzte Projekte“). Die Projektdokumentationstätigkeiten sind zeitaufwendig, kostenwirksam und archivierungspflichtig, ohne dass der Fabrikprojektant von Gewährleistungen, Regressansprüchen oder Rückforderungen befreit wird. Eine relative Sicherheit für den Fabrikprojektanten entsteht nur durch gute Arbeit, gute Lösungen und Übergabe – Übernahmeprotokolle. Das Dokumentieren zum Projekt gilt erst als beendet, wenn es die vertraglichen Regelungen, die Protokollfestlegungen und die sonstigen schriftlichen Absprachen zum Projekt zulassen. Dieser Zeitraum kann bis zu zwei Jahren nach der Fabrikfertigstellung in Anspruch nehmen, sollte arbeitsseitig Berücksichtigung finden und mit dem Auftraggeber vereinbart werden.
7.6
Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
Fabrikprojektrealisierung: Gesamtheit der vorbereitenden, durchführenden und nachbereitenden Aufgaben und Tätigkeiten, um die projektierte Fabrik wirtschaftlich und qualitativ in einen materiellen Zustand als real existierende Fabrik umzusetzen. Mit den gesamten Fabrikteilprojekten als Gesamtfabrikprojekt liegt der immaterielle Zustand für eine materielle Realisierung der Fabrik vor. Diese Umwandlung ist mit ganz bestimmten Aufgaben verbunden, die zunächst in drei Phasen und zehn Stufen relativ abgrenzbar einzuordnen sind, Abb. 7.46, wobei die materielle Realisierung den Bedingungen einer Produktion entspricht, Abb. 3.1. Durch den Bezug zur Produktion (Baustellen-Produktion) ergeben sich Analogien und Synergien, die für die Realisierung des projektierten Unikats, die Fabrik, weitgehend genutzt und durch Spezifisches der Fabrikinvestition ergänzt werden können. Es entstehen drei deutlich unterscheidbare Tätigkeitskomplexe: • ein Planungstätigkeitskomplex für die Realisierungsvorbereitung, Planungskorrekturen und für die operative Planung während der Realisierungsdurchführung,
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
451
Abb. 7.46 3-Phasen- und 10-Stufen-Modell der Fabrikrealisierung
• ein Aufgabenkomplex zur Lenkung und Steuerung der Realisierungsvorbereitung, -durchführung und -nachbereitung (Objektsteuerung), • ein projektierungsrelevanter Tätigkeitskomplex für die Projektkorrekturen, die operative Projektierung während der Projektrealisierung und für die Nachbereitung. Es ist nahe liegend, dass auch das Realisierungsgremium als Objektsteuerungsgremium, (Abschnitte 4.4.8 und 4.4.9), unter Einbeziehung des Auftraggebers, aus verantwortlichen Personen der drei genannten Tätigkeitskomplexe gebildet wird, um das höchste Maß an Sachkenntnis für die Fabrikrealisierung zu erreichen, Abschnitt 7.3.3. Für den Fabrikprojektanten ergeben sich während der Fabrikrealisierung Restleistungen durch Korrekturen, operative Projektierungsleistungen und die Pflicht zur Projekterläuterung (Beratung), um das Einarbeiten der realisierungsvorbereitenden Investitionsplaner zu erleichtern. Er ist im Regelfall in der Lage und entsprechend seiner Ausbildung und Erfahrung fähig, die gesamten Vorbereitungsplanungen und Objektsteuerungsaufgaben zu übernehmen. Für alle Realisierungsbeteiligten, insbesondere auch für den Auftraggeber, enthält die Abb. 7.47 eine Ablaufübersicht in algorithmischer Form mit dem Schwerpunkt Realisierungsvorbereitung zur Orientierung. Die folgenden Abschnitte beinhalten weitere Hinweise, ohne dass für jede einzelne Fabrikrealisierung eine spezifische Detaildarstellung möglich ist.
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Abb. 7.47 Hauptinhalte der Fabrikrealisierungsfolge
7 Projektierung der Gesamtfabrik
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
7.6.1
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Voraussetzungsprüfung der Fabrikrealisierung
Fabriken als investitionsintensive Objekte erfordern wegen des ↑ Kapitalbedarfs eine bestimmte Effizienz des entstehenden Wirtschaftsobjektes der Produktion. Die Gründe liegen in der Vermeidung so genannter Fehlinvestitionen sowie in der rationellen Machbarkeit und Realisierbarkeit (Abschnitt 7.5.3), um kostendeckende, gewinnbringende und marktfähige Grundlagen zu schaffen. Dieser Nachweis kann nicht durch einzelne Faktoren erbracht werden, sondern es sind fast alle beeinflussenden Faktoren zu prüfen. Dazu gehören technologische, finanzielle, wirtschaftliche, personelle, behördliche und marktnotwendige Erfüllungen, Nachweise oder Genehmigungen, die anhand von Einzelfaktoren vom Auftraggeber und unter Mitwirkung des Fabrikprojektanten zu prüfen sind, Abb. 7.48.
Abb. 7.48 Prüfkomplexe der Fabrikrealisierung
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7 Projektierung der Gesamtfabrik
Der Realisierungsentscheid ergibt sich somit aus der Gesamtheit einer Einzelfaktorprüfung nach Abb. 7.48 als Erfüllungs-, Nichterfüllungs- oder Weiterbearbeitungsentscheid, wobei die technische Realisierungseignung im Rahmen der Projektierung erfolgte oder hier zusätzlich einbezogen werden muss. Eine Fabrikrealisierungseignung gilt erst dann als gesichert, wenn die in der Abb. 7.48 aufgeführten Beeinflussungsfaktoren und u. U. weitere fabrikindividuelle Faktoren als lösbar bzw. erfüllbar entschieden werden, und zwar von allen Beteiligten (Projektant, Planer, Bauausführende, Ausrüstungslieferer und -ausführende, Auftraggeber). Eine Sicherheit oder Versicherung für den Projektanten ist damit nicht verbunden, aber es besteht die Wahrscheinlichkeit, eine zukunftssichere Fabrik zu realisieren.
7.6.2
Vorbereitung der Fabrikrealisierung
Mit den fertig gestellten Fabrikprojekten liegt der immaterielle Fabrikinhalt allumfassend (funktionell-technisch, funktionell-räumlich, technisch, technologisch, organisatorisch usw.) für eine materielle Fabrikrealisierung so vor, dass der Übergang vom Fabrikprojekt zur materiellen Fabrik durch eine • Fabrikrealisierungsvorbereitung und eine • Fabrikrealisierungsdurchführung erfolgen kann, Abb. 7.49. Es entsteht das Realisierungsprojekt, Abschnitt 4.2.6.
Abb. 7.49 Zusammenhang von Fabrikprojekt, Fabrikrealisierung und Fabrikplanung
Die vorbereitende Planung zur Fabrikrealisierung konzentriert sich auf die folgenden wesentlichen Aufgabenkomplexe, die einmalig für eine neue Fabrik und eine Fabrikinvestition (Fabrikanpassung, Fabrikrekonstruktion) sind. Fabrikrealisierungskonzeption Die konzeptionelle Fabrikrealisierung beinhaltet eine Planung, die grundsätzliche, unter Beachtung wirtschaftlicher Gesichtspunkte notwendige, Inhalte zur Projektumsetzung reguliert. Dazu gehören:
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
455
1. Analyse der vorliegenden Projekte: Vollständigkeit, Durchgängigkeit, Machbarkeit, Aufwandsrealität, Fabrikganzheit, fehlende Projekte, Projektfehler, Investitionskostengruppen, Auftraggeberzustimmungen, Genehmigungen usw., 2. Bilden von Bauabschnitten bzw. von Realisierungspaketen, 3. Ableiten bzw. Präzisieren des Finanzierungsmodells nach Abb. 7.50, 4. Festpunkttermine („Meilensteine“, Ecktermine) der Realisierung, 5. Die Form und die Mitwirkenden des Realisierungsgremiums sowie die Form und die Mitwirkenden der Objektsteuerung, 6. Realisierungsablaufplanung in grober, feiner und detaillierter Form für die materielle Realisierung, die Erprobung und den Anlauf, 7. Vergabebedingungen und Ausschreibungskomplexe sowie Vorbehaltsbedingungen, 8. Vertragliche Regelungsvorbereitungen und Ausschlussbedingungen, 9. Rest- und Mitwirkungsleistungen des Fabrikprojektanten bis zur Fabrikbereitschaft, 10. Kontroll-, Vergleichs- und Abrechnungsmodalitäten sowie Nachbereitungen.
Abb. 7.50 Modelle zur Ableitung der Finanzierungsplanung für Fabrikrealisierungen (vereinfacht)
456
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Im Ergebnis der Arbeiten muss mindestens ein Fabrikrealisierungs-Konzeptionsplan vorliegen, der eindeutig hinsichtlich der Termine und der Aufgaben ist und so zur Arbeitsgrundlage der Objektsteuerung wird. Fabrikrealisierungs-Finanzierungsplanung Grundlagen für die Finanzierungsplanung sind eine Investitionskostenermittlung für das Gesamtvorhaben sowie die geprüften und mit Bedingungen versehenen finanziellen Voraussetzungen, Abschnitt 7.6.1. Geplant wird ein Investitionsrealisierungszeit-Kapitaleinsatz-Modell, etwa nach Abb. 7.50, das • entsprechend des finanziellen Rahmens realisierbar sein muss, • die technische und technologische Lieferfähigkeit und -folge berücksichtigt, • Hauptgegenstand der Objektsteuerung wird. Auf dieses Modell nimmt insbesondere der Auftraggeber aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten Einfluss. Das gewählte Finanzierungsmodell ist nicht nur abhängig von den Komponenten ↑ Kapitalbedarf und Realisierungszeit, sondern auch von den Restriktionen Funktionalität der zu realisierenden Objekte und zu realisierender Produktionsumsatz. Praktisch werden zuerst die Fabrikteile realisiert, die einen hohen Produktionsumsatz bei einem geringen Kapitaleinsatz erbringen. Fabrikrealisierungsplanung Die Ablaufplanung zur Fabrikrealisierung entspricht weitestgehend einer technologischen Produktionsvorbereitung (Arbeitsvorbereitung, Arbeitsplanung), so dass die dort bekannten Methoden und Verfahren für diesen Zweck übertragbar sind, ohne dass eine vergleichbare Feinheit und Detailliertheit, wie in der MVI üblich, notwendig ist. Dieses Gebiet, das zur Fabrikinvestitionsplanung gehört, konzentriert sich auf folgende Aufgabenkomplexe, Abb. 7.51: 1. Objekt- und hierarchieorientierte Ablaufplanung der materiellen Fabrikentstehung; 2. Erprobungs- und Übergabeplanung der Bauwerke und Ausrüstungen; 3. Fabrikbereitschafts- und Fabrikanlaufplanung.
Abb. 7.51 Ausgewählte Aufgaben und Aufgabenkomplexe der Fabrikrealisierungsplanung
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
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Beachtenswert für die Planung sind die Fabrikobjekte vom Standort bis zum Fabrikschutz, die aus den Fabrikprojekten erkennbar sein müssen. Eine tabellarische Erfassung mit Objektkennzeichnung und -nummer, den wertmäßigen Anteilen (Erschließung, Bauwerk, Bauwerksausrüstungen, technologische Ausrüstungen, Ausstattungen) und ihrer Fabrikbezeichnung als Gesamtübersicht ist eine notwendige Voraussetzung der Planung. Ablaufplanung der materiellen Fabrikentstehung Die zu realisierenden Fabrikobjekte werden in Analogie zur Produktmontage (Durchlauf) so terminlich (Ecktermine als Fertigstellungstermine) ins Verhältnis gebracht, dass die Fabrik in ihrer Gesamtheit in einem vorgegebenen Zeithorizont und unter Beachtung der vorliegenden Finanzierung ohne Behinderungen entstehen kann (Objektfolgeplanung). Es sind zu beachten: • Realisierungs – Folgeplanung, • Realisierungs – Terminplanung, Abb. 7.52, • Realisierungs – Belastungsplanung, Abb. 7.50 und 7.53.
Abb. 7.52 Methoden der zeitlichen Realisierungsplanung
458
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.53 Modelle der Realisierungs-Belastungsplanung
Während die Terminplanung wie eine Planung des Durchlaufs zu behandeln ist, entspricht die Belastungsplanung in etwa der Planung des ↑ Durchsatzes unter Beachtung von Belastungsorientierungen wie z. B. Kapital-, Arbeitsdichte- Zeitraum-, Objektsteuerungs-, Realisierungsbetriebsmittel- (Bagger, Kran, LKW), Baustellenenergiebelastung usw. Deshalb sind die Belastungsorganisationsformen nach Abb. 7.53 mit den zeitlichen Verlaufsformen (technologische Zykluszeit) zu beachten. Erprobungs- und Übergabeplanung Die sehr wichtige Erprobung beinhaltet einen Soll-Ist-Vergleich durch Testung und Prüfung, um • die Erfüllungswerte (Ist) zu den projektierten Werten (Soll) zu ermitteln, zu vergleichen und zu bewerten, • die Vertragserfüllung zu kontrollieren und um • reale Vorgaben für die Fabrikbetriebserstplanung abzuleiten. Die Konzentration liegt dabei bei den in der Abb. 7.54 enthaltenen Prüfaufgaben. Geprüft wird in den sechs Phasen Stillstand, Leerlauf, Lastlauf, Dauerlauf, Volllastlauf und Wechsellauf als Sicht- und Messprüfung. Dieser Umfang, der Einsatz von Prüffachorganen, die Probestückmenge und die Durchführung sind zu planen. Der technologische Zyklus Realisierung → Erprobung → Übergabe/Übernahme → Inbetriebnahme ist grundsätzlich für alle Elemente, Systeme und Stätten der Fabrik zutreffend, auch wenn die Erprobungsumfänge (einfache Straßenbelastungsprüfung bis zur Langzeiterprobung automatisierter und komplexer Systeme, z. B. Oberflächenbehandlung) stark abweichend sind. Fabrikbereitschaftsplanung Fabrikbereitschaft: Herstellung eines betriebsfähigen Zustandes der Fabrik Eine Fabrikbereitschaft liegt mit unterschiedlichen Fabrikzuständen und Betriebsfähigkeiten vor, Abb. 7.55, von denen im Rahmen der Fabrikentstehung durch die Fabrikrealisierung eine so genannte Fabrikerstbereitschaft vor der Fabrikinbetriebnahme notwendig ist. Dieser Fall ist im Rahmen der Fabrikrealisierungsvorbereitung zu planen und bei der Projektierung zu berücksichtigen.
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
Abb. 7.54 Zu prüfende Aufgabeninhalte der Erprobungs- und Übergabeplanung
Abb. 7.55 Fabrikbereitschaftszustandsformen
459
460
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Die Konzentration der Bereitschaftsplanung im Rahmen der Fabrikrealisierungsvorbereitung liegt beim Fall 2 der materiellen Realisierung und beim Fall 1 der Fabrikbetriebsplanung, Abb. 7.55. Erst danach kann die Fabrik übergeben und in Betrieb genommen werden. Dieser Vorgang ist durch die Fabrikbereitschaftsprüfung in Abhängigkeit von vorliegenden Projekten, Plänen und Inhalten nach Abb. 7.55 zu kontrollieren. Ein besonderer Faktor ist hierbei die Betriebsfähigkeit des Personals hinsichtlich Neuheit, Qualifikation, Fähigkeiten und Einarbeitungszustand. Fabrikbetriebserstplanung Bei der Fabrikbetriebserstplanung werden die durch die Projektierung geschaffenen materiellen Fabrikpotentiale erstmals planerisch in ihrer Gesamtheit betrachtet. Der Neuheitsgrad ist hoch. Die Planwerte sind zu schätzen (Unsicherheiten) oder aus den Erprobungen abzuleiten. Die Fabrikbetriebsplanung enthält für einen kurzen bis mittleren Zeithorizont alle Fabrikplanungsteile, wie • Produktionsplanung in ihrer Ganzheit, HACKSTEIN (1984); SPUR (1994); WIENDAHL (1997); SCHENK u. WIRTH (2004); REFA (1974); WIENDAHL et al. (1996), • Arbeitsplanung, • Umsatzplanung und Absatzplanung, • Betriebskostenplanung usw. Die mit dieser Planung verbundenen Tätigkeiten sind bevorzugt von den Mitarbeitern der Fabrik unter Anleitung auszuführen, womit eine Einarbeitung verbunden ist.
7.6.3
Durchführung der Fabrikrealisierung
Der Projektierungseinfluss auf die Durchführung der materiellen Fabrikrealisierung ist bei guten Projektlösungen sehr gering und auch nur begrenzt möglich, so dass eine Orientierung auf folgende Aufgabenkomplexe notwendig ist: • Realisierungsgremiumsarbeit, • Operative Projektierung und • Beratung. Im Vergleich zur eingelaufenen Produktion sind die Fabrikinvestitionsvorhaben in ihrer materiellen Entstehung einer Produktion (Baustellenproduktion) gleichzusetzen, so dass etwas Vergleichbares zum Fabrikbetrieb vorhanden ist, um die lenkenden, koordinierenden und steuernden Aufgaben in eine straffe Investitionsorganisationsform zu bringen. Hierfür sind mehrere Modelle möglich. Als günstig hat sich der wirkungsvolle Einsatz eines Realisierungsgremiums mit Aufgabenverteilung für alle Vorhabengrößen erwiesen, Abb. 7.56. Mit dem Modell nach Abb. 7.56 sind folgende Überlegungen und Vorteile verbunden:
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
461
• Der Auftraggeber erhält in einfacher Form alle wesentlichen Kenntnisse zur Fabrikentstehung und kann diese bewusst beeinflussen. • Die Fachaufgaben der Projektierung und Objektsteuerung werden von erfahrenen Fachkräften übernommen, und der Auftraggeber erhält damit direkte Kenntnisse über die Gesamtzusammenhänge. • Alle bauorientierten Aufgaben werden von Bauingenieuren und Baufachkräften ausgeführt, worüber der Auftraggeber keine speziellen Kenntnisse besitzen muss. • Die verantwortlichen Mitarbeiter des Auftraggebers sollten die zukünftigen Führungskräfte der entstehenden Fabrik sein und können so „ihre“ Fabrik in bestimmten Teilen selbst mitgestalten. • Die Realisierungsaufgaben Ausrüstungen und Technologie (Aufstellung, Erprobung, Abnahme, Technologiewerteermittlung) sowie Fabrikbetriebsvorbereitung können durch die zukünftigen Mitarbeiter der Fabrik für diese Fachgebiete (technologische Produktionsvorbereitung, Fabrikbetreibung) wahrgenommen werden. Sie erfahren so eine gleitende Einarbeitung. • Der Neuheitsgrad der entstandenen Fabrik ist für die mitwirkenden Mitarbeiter des Auftraggebers relativ gering, so dass mindestens der Fabrikanlauf unproblematisch verlaufen kann.
Abb. 7.56 Wirkung eines Fabrikrealisierungsgremiums (Projektablauforganisation)
Andere Modelle, in denen beispielsweise eine externe Objektsteuerung alle Realisierungsaufgaben ausführt, erreichen diese Vorteile in keiner Weise.
462
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Operative Projektierung Mit der operativen Projektierung wird eine gleitende Anpassungsprojektierung in der Durchführungsphase der materiellen Fabrikrealisierung erforderlich, die durch • • • •
Unzulänglichkeiten des Projektes mit den realen Systemverhältnissen, Veränderungen in der qualitativen (Bauwerks-) Ausführung, Änderungen von Lieferungen oder durch Unvorhergesehenes
objektiv entstehen und auf menschliche oder sachliche Ursachen oder auf die Wirkung höherer Gewalt zurückzuführen sind. Ursachenabhängig entstehen Projektierungsaufgaben, die sofort einer individuell angepassten Lösung zuzuführen sind, ohne dass Improvisationen auf Dauer entstehen. Der Fabrikprojektant und die Spezialprojektanten sind in der Pflicht, ursachenunabhängig die Projektierungsaufgaben operativ am Durchführungsort oder an anderer Stelle zeitlich so zu lösen, dass kein Durchführungsstopp entsteht. Diesem Zweck dienen auch die Vorort-Projektberatungen durch die Objektsteuerung oder bei größeren Umfängen durch das Realisierungsgremium. Die operative Projektierung beginnt bei der Standorterschließung (archäologische und andere Funde) und endet bei der Herstellung der Fabrikbereitschaft (Lieferantenausfall, vergessene oder zu späte Langzeitbestellungen). Sie erstreckt sich stochastisch über alle Fabrikobjekte und Realisierungsphasen und kann nach der Art und im Umfang nicht vorhergesehen werden, nur dass sie erforderlich wird und durchzuführen ist. Somit ist sie planerisch und koordinierend zeitlich und aufwandsdeckend zu berücksichtigen, nach Objektivität (Aufwand) und Subjektivität (Gewährleistung) zu erfassen und zu dokumentieren (Korrekturprojekt zum Teilprojekt „X“). Beratungspflicht des Projektanten Der Fabrikprojektant und die mitwirkenden Spezialprojektanten unterliegen einer Beratungspflicht, damit die Projektinhalte umfangreich bekannt gemacht werden und keine „Projektgeheimnisse“ entstehen. Abbildung 7.57 enthält hierzu eine Übersicht mit ausgewählten Beratungsinhalten.
7.6.4
Nachbereitungen zur Fabrikrealisierung
Eine Fabrikprojektierung ist ganzheitlich und endet durch eine vertragliche Vereinbarung mit einem fixierten Leistungsumfang oder wird durch Zwangsumstände beendet. Ohne weitere Beachtung des Sonderfalls: „Beendigung durch Abbruch“ sind zwei Ganzheitsgrenzen von Bedeutung, die vertraglich zu fixieren sind: • Beendigung nach der materiellen Fabrikrealisierung oder • Beendigung nach dem Fabrikanlauf. Die Projektierungstätigkeiten und der Nachbereitungsumfang sind auf diese Ganzheitsgrenzen mit einer definierten Eindeutigkeit zu orientieren, Abb. 7.58.
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
463
Abb. 7.57 Gebiete und Inhalte der Projektantenberatungen
Projektrealdokumentation Mit der im Aufwand nicht so hohen Projektrealdokumentation wird der nach dem Realisierungsende erreichte Ist-Zustand der Fabrik mit allen Fabriksystemen und Systemdokumenten erfasst und als Arbeitsgrundlage für die Fabrik mindestens in zwei Exemplaren dokumentiert. Ein Exemplar ist als unveränderbares Urdokument auf Dauer (Fabriklebenszeit) zu archivieren, ein Exemplar und Kopien davon sind Arbeitsexemplare für die tägliche Arbeit, für Planungen, Veränderungen und für die späteren Anpassungsprojektierungen. Die Projektrealdokumentation ist mit dem Baustart zu beginnen, erfasst alle Projektveränderungen (Abmessungen, Baustoffqualitäten, Maschinenaufstellung, …), Gewährleistungsansprüche und dokumentiert den realen Ist-Zustand zum Objektübergabetermin durch Zeichnungen, Erläuterungen und Fotografien (Bild, Film), Prüfprotokolle, Bedienungsanleitungen, Mängellisten, Revisionsunterlagen, Abnahmeprotokolle und andere Unterlagen. Sie ist
464
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.58 Grundfälle der Projektbeendigung und Aufgaben der Nachbereitung
entsprechend zu kennzeichnen und stellt nach Jahren sowie für Gewährleistungsansprüche einen unschätzbaren Wert dar. Gewährleistungsansprüche Gewährleistungsansprüche ergeben sich aus qualitativen und quantitativen Abweichungen zum projektierten Soll-Zustand im Rahmen der Fabrikrealisierung durch Ausführende, die nachzubessern sind. Die auch als Mängel bezeichneten Abweichungen müssen erkannt, sachlich formuliert, geordnet dokumentiert und beseitigt werden. Die Beseitigung ist oft schwierig (Streitfall), langwierig, aufwendig und muss sofort oder innerhalb der vereinbarten bzw. rechtlichen Gewährleistungsfrist (5 Jahre) erfolgen. Projektierungsanalyse Eine Analyse der Projektierung dient der Erkenntnisgewinnung für den Projektanten und ist gegenüber dem Auftraggeber nicht kostenpflichtig, jedoch sollte der Auftraggeber über wesentliche Erkenntnisse informiert werden, um die Wertigkeit des Projektes besser einschätzen zu können. Die hier abzuleitenden Erkenntnisse müssen nicht publiziert werden, sie dienen lediglich zur Qualifizierung nachfolgender Projekte. Das realisierte Projekt erhält den Status Vergleichsobjekt. Technologiewerte Technologiewerte sind nach jeder Ausrüstungs- und Systemabnahme zu ermitteln, zu bewerten und für die Fabrikarbeit als • Verfahrenstechnologiewerte (Verfahren der Wirksysteme und Arbeitsgänge der Arbeitssysteme),
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
465
• Produkttechnologiewerte (Fertigungstechnologiedokumentation, Arbeitspläne), • Systemtechnologiewerte durch den technologischen Projektanten oder den Technologieverantwortlichen der Fabrik oder in gemeinschaftlicher Arbeit, aber nicht alleine vom Lieferanten, aufzubereiten. Die Qualität der Technologiewerte hängt vom Einlaufzustand der Maschinen, Systeme und Wirkungsstätten in den Zustandsformen • Technologiewerte nach der Ersterprobung, • Technologiewerte nach der Anlaufphase ab, wodurch sie sich deutlich unterscheiden.
7.6.5
Gesamtfabrikanlauf
Die reale Güte der Projektierung und der Projekte ergibt sich erst durch den realen Fabrikbetrieb nach dem Fabrikanlauf. Deshalb sollte es ein gemeinsames Interesse von Auftraggeber (Fabrikeigentümer, Fabrikbetreiber) und Fabrikprojektant am Fabrikanlauf geben, da beide hiervon profitieren. Gemeinsames Interesse bedeutet in diesem Zusammenhang auch gemeinsames Wirken beim Anlauf der Fabrik. Abbildung 7.58 verdeutlicht diesen Zusammenhang. Der Fabrikanlauf wird an zwei Größen explizit gemessen, Abb. 7.59, an • der technologischen Zeitsenkung für die Produktproduktion, • der Durchsatzerhöhung in Folge der Zeitsenkung, (↑ Durchsatz). Der Anlauf ist im Wesentlichen beendet, wenn die Zeitsenkung nur noch geringe Werteänderungen erreicht und der Aufwand (Vorbereitungen, Veränderungen, Einarbeitungen usw.) für den Anlauf nur noch gering ist. Deshalb kann der Zeitpunkt von Fabrikanlauf, Fabrikeinlauf und Fabrikablauf mathematisch nicht genau ermittelt werden. Die wirkenden Einflüsse sind bei jeder Fabrik (Unikat) verschieden, so dass durch Vergleichsschätzungen (Vergleichsfabriken) der Zeitbereich (Monat, Quartal) vorausbestimmt und dazu der Neuheitsgrad mit herangezogen wird. Fabrikneuheit Jede Fabrik stellt als Fabrikunikat eine Neuheit mit Innovationen dar. Dieser Neuheitssachverhalt kann nur durch Einflussfaktoren in den Hierarchien Systemelement, Fabriksystem und Fabrikwirkungsstätte durch • • • •
Produktneuheit, Personalneuheit, Technikneuheit (Elemente-, Automations-, Integrationsneuheit), Organisationsneuheit (Aufbaustruktur-, Ablaufstruktur-, Tätigkeitsneuheit),
also der Technologieneuheit, einer groben Bewertung zugeführt werden. Auf die mögliche Vielzahl der Neuheitsfälle soll mit der Abb. 7.60 als Kombinationsansatz mit den drei Neuheitsformen
466
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.59 Einflüsse auf den Fabrikanlauf ( tP – Projektwert; tAN – Anlaufzeit; M – Mehraufwand, C – Anlaufkonstante; n – Anlaufexponent; x – Bezugsmenge)
• Neuentwicklungszustand, • Verlagerungs- bzw. Umsetzungs- bzw. Veränderungszustand, • Altzustand hingewiesen werden.
Abb. 7.60 Vereinfachter Kombinationsansatz zur Ermittlung des Fabrikneuheitsniveaus
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
467
Anlaufstrategien neuer Fabriken Neu projektierte und realisierte Fabriken mit einem sehr hohen Neuheitsgrad aller Komponenten (Abb. 7.60) erfordern objektiv einen sehr langen Anlaufzeitraum (3 Jahre sind keine Seltenheit) und müssen nicht das durch die Projektierung vorgegebene und erreichbare Produktionsniveau erzielen. Ursachen sind: • geringere Verfügbarkeiten durch Technikausfälle und Instandhaltungen, • geringere Produktivitäten des Personals durch geistige Überforderung, • unverhältnismäßige Technologiebeherrschung durch nicht ausreichend erprobte Verfahrenswirkprinzipien. Die Fabrikprojektierung muss diese Wirkungen berücksichtigen und eine entsprechende Anlaufstrategie zu Grunde legen, die nicht zu Überforderungen führt. Bekannt geworden sind nur wenige Strategien: Strategie 1: Anteilige Personalumsetzung bei Fabriken mit neuem Standort Erfahrenes und zuverlässiges Personal wird in die neue Fabrik als Leistungsträger für den Fabrikbetrieb und für die Produktionsdurchführung (Vorarbeiter) integriert (5 % ... 30 %). Voraussetzungen sind Kenntnisse zur Produktkonstruktion, zur Produkttechnologie und zum Fabrikbetrieb. Strategie 2: Vorgeschaltete Personalqualifizierung Das Personal wird zur Produkttechnologie und zum Fabrikbetrieb vor dem Fabrikanlauf für die zukünftigen Aufgaben qualifiziert. Der Kostenaufwand muss kalkulatorisch bei den Investitionskosten (↑ Kapitalbedarf) Berücksichtigung finden, Abb. 7.61. Gesamtanlaufzeit: tAN,g = (tAN 1 + tAN 2 + · · · + tAN,m ) · (1 − ηU¨ ) Zeitmenge
(7.6)
Gesamtmehraufwand: Mg = (M1 + M2 + · · · + Mm ) · (1 − ηU¨ ) Aufwandsmenge
(7.7)
Abb. 7.61 Verhältnisse der Strategie 2 beim Anlauf
468
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Abb. 7.62 Realisierungsfolge und Anlauffolge von Fabrikstätten
Der Überlagerungsgrad Ü (s. Abb. 7.63 b) ergibt sich aus den Anlaufüberlagerungen, die über eine Bezugszeit bzw. zu einem Sachbezug entstehen. Einzel- und Gesamtanlauf von Fabriksystemen Unter der Voraussetzung erprobter Wirksysteme (Werkzeugmaschine, Pumpen) erfordert jedes Fabriksystem, beginnend mit den Arbeitssystemen, einen Systemanlauf, Abb. 7.62, mit unterschiedlichen Anlaufzeiten und Anlaufmehraufwendungen. Der Systemanlauf beginnt mit dem Anlaufbeginn des ersten Systems und endet mit dem Anlaufende des letzten Systems. Der Systemmehraufwand M ergibt sich aus der Integration (Integralrechnung) oder vereinfachend durch Summation der Einzelsystemaufwendungen. Dieser Weg ist auf die Fabrikstätte und die Gesamtfabrik übertragbar, Abb. 7.63.
Abb. 7.63 Teilsystem- und Gesamtanlauf von Fabriksystemen. a Einzelanläufe mit Einzelmehraufwendungen. b Systemgesamtanlauf und Gesamtmehraufwand
7.6 Projektierungseinfluss bei der Fabrikrealisierung
469
Wirtschaftlicher Fabrikanlauf Der wirtschaftliche Fabrikanlauf ist dem technologischen Fabrikanlauf ähnlich und enthält weitere Betrachtungen durch • den Absatz (Vertrieb, Verkauf), • den Einkauf (Lagerbestände), • konstante Kostenfaktoren (Personalkosten, Abschreibungen, Gemeinkosten). Aus fabrikwirtschaftlicher Sicht muss auf diese Faktoren und besonders auf den technologischen Fabrikanlauf (Produktzeitsenkung) geachtet werden, obwohl alle Kostenfaktoren projektierungsabhängig sind und durch die Fabrikprojektierung beeinflusst werden. Abbildung 7.64 verdeutlicht den Zusammenhang. Mit der Abb. 7.64 soll u. a. auf den Wirtschaftsbezug der Fabrikprojektierung (Abb. 2.4) und auf den Einfluss eines frühzeitigen Beginns des Fabrikbetriebes hingewiesen werden.
Abb. 7.64 Wirtschaftsbezug des Fabrikanlaufs (Modell)
7.6.6 Abschließende und weiterführende Projektierungstätigkeiten Das Beenden der Projektierung einer Fabrik ist im Normalfall nicht absolut und hängt wesentlich vom geschlossenen Vertrag und von den entstandenen personellen Beziehungen ab. Im Regelfall wird die eigentliche Projektierung mit der
470
7 Projektierung der Gesamtfabrik
Fabrikübergabe bzw. -übernahme mit Protokoll und Leistungsabrechnung beendet. Das kann durch drei Äquivalenztermine erfolgen, Abb. 7.65: • Beendigungstermin nach der Projektverteidigung, • Beendigungstermin nach der materiellen Fabrikrealisierung, • Beendigungstermin nach dem wirtschaftlichen Fabrikanlauf.
Abb. 7.65 Projekt – Projektierungsverlauf mit Phasenorientierung
Alle drei Termine können in einem Projekt vertraglicher Gegenstand sein, was sehr sinnvoll zur Schaffung klarer Beziehungsverhältnisse zwischen Auftraggeber und Fabrikprojektant ist. Die Fabrikprojektierung selbst entspricht im Verlauf des Aufwandes näherungsweise einer rechtssteilen Normalverteilung, Abb. 7.65, mit Schlussarbeiten, die vom Fabrikprojektanten zu beachten sind. Die weiterführenden Projektierungstätigkeiten dienen der Projektierungsentwicklung und der Kundenorientierung (ehemals Auftraggeber) mit folgenden Leistungen: • Gewährleistungstätigkeiten als Pflichttätigkeiten, • Kulanz-, Korrektur- und Beobachtungstätigkeiten, • Betreuungs- und Beratungstätigkeiten. Diese Tätigkeitskomplexe sollten kostenfrei sein und zum Aufbau einer in allen Belangen hohen Kundenzufriedenheit dienen, um auch die nach Jahren notwendigen Anpassungsprojektierungen durchführen zu dürfen. Nur ein vertrauensvolles und fachlich hochwertiges Beziehungsverhältnis dient beiden Partnern auf Dauer.
Literatur
471
Literatur EVERSHEIM W, SCHUH G et al (1996) Produktion und Management – „Betriebshütte“, 7. Aufl. Springer, Berlin HACKSTEIN R (1984) Produktionsplanung und -steuerung: Ein Handbuch für die Betriebspraxis. VDI, Düsseldorf JÜNEMANN R (1989) Materialfluss und Logistik, Springer, Berlin KETTNER H, SCHMIDT J, GREIM H-R (1984) Leitfaden der systematischen Fabrikplanung. Hanser, München KIEF HB (2005) NC/CNC-Handbuch 2005/2006. Hanser, München REFA (1974) Methodenlehre der Planung und Steuerung. Eigenverlag, München ROCKSTROH W (1971) Technologische Betriebsprojektierung; Gesamtbetrieb. Technik, Berlin SCHENK M, WIRTH S (2004) Fabrikplanung und Fabrikbetrieb. Springer, Berlin SPUR G (1994) Fabrikbetrieb. Hanser, München, Wien WARNECKE J et al (1996) Fabrikplanung. In: EVERSHEIM W, SCHUH G. Springer, Berlin WIENDAHL H-P (1997) Betriebsorganisation für Ingenieure, 4. Aufl. Hanser, München, Wien WIENDAHL H-P, MERTINS P, EVERSHEIM W (1996) Produktionsplanung und steuerung, In: EVERSHEIM W, SCHUH G
Teil II
Ausgewählte Teilgebiete und Systeme
Nutzungshinweise
Die methodische Komplexität und Durchgängigkeit der Fabrikprojektierung wurde in geschlossener Form im Teil 1 dargestellt. Eine umfassende praktische Projektierung von Fabriken erfordert darüber hinaus noch viel Spezialwissen, um die komplexen Aufgabenstellungen zur Entwicklung, Projektierung, Rationalisierung und Veränderung von Fabriken lösen zu können. Zur Unterstützung wurde der Teil 2 als Wissensspeicher für nachfolgend ausgewählte Teilgebiete und Systeme erarbeitet. Er soll den Teil 1 ergänzen, vertiefen und die praktische Projektierungsarbeit durch die lexikalische Ordnung weitgehend unterstützen. A Abführungsmaterial Absaugsystem Arbeitsdichte Arbeitsgestaltung Arbeitsplatzflächendimensionierung Arbeitsraum Arbeitssystem B Bedarfsermittlung Betriebsmitteldimensionierung Betriebsmittelfluss Betriebsstoffe Bewegungsbedarfsmengen Bewertung Brandschutzsystem D Druckluftversorgungssystem Durchsatz F Fabrikgebäude Fabriklagersystem
Fabrikstandortbebauung Fabrikverkehrssystem Fertigungsform Feststoffentsorgung Flexibilität G Gefahrstoffe Genehmigungsverfahren Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche Gleichzeitigkeit I Instandhaltung Integration K Kapitalbedarf Kennzahl Kombinatorik Kooperation L Layoutprojektierung Lichtversorgung Luftversorgung 475
476
M Maschinenaufstellung Material Materialflusstechnik O Optimierung P Personalbedarfsermittlung PersonenÀuss ProduktÀusssystemÀächen ProduktÀusssystemraum Projektierungsgrundsätze Projektierungsprogramm Projektierungssinnbild R Relationen Rohrleitungssystem
Nutzungshinweise
S Schutzgüte Speicherbedarfsmengen Speicherdimensionierung System T Technologische Vereinheitlichung Technologische Zeiten Typenvertreter V Variabilität W Wärmeenergieversorgung Z Zeitfonds
Die praktische Fabrikprojektierung benötigt in ihrer Gesamtheit weitere Teilgebiete und Systeme, als die hier dargestellten. Die aus Gründen der Bedeutung, Anwendungshäufigkeit und Übertragbarkeit der Projektierung getroffene Auswahl muss durch weitere Teilgebiete und Systeme individuell von Fabrik- und Spezialprojektanten ergänzt werden. Dadurch entsteht ein praktisch nutzbarer Projektierungskatalog. Jeder Begriff vertritt ein Teilgebiet und enthält eine Definition, die notwendigen Erläuterungen sowie die zutreffenden Projektierungsvorschriften (Grundsätze, Prinzipien, Berechnungsgleichungen, …). Jedes Teilgebiet enthält durch den Inhalt, die Gliederung, Abbildungen, Tabellen und Gleichungen eine geschlossene Darstellung. Aus Gründen der Wiederholungsvermeidung wurden die vereinheitlichten Abkürzungen und Kurzzeichen zentral und die restlichen beim Teilgebiet aufgeführt. Die eingeordneten Abbildungen, Tabellen und P + P – (Projektierungs- und Praxis-) Hinweise dienen der konzentrierten Darstellung sowie der schnellen Einarbeitung und Anwendung. Mit einem Pfeil (↑) gekennzeichnete Begriffe weisen auf ein Vorhandensein im Teil 2 hin. Obwohl die Teilgebietsinhalte sorgfältig erarbeitet und gewissenhaft geprüft wurden, sind Übertragungsfehler nicht auszuschließen. Deshalb können keine Haftungsansprüche abgeleitet werden. Die Teile 1 und 2 bilden eine Einheit als Handbuch der Fabrikprojektierung. Das schließt eine Nutzung für die Lösungserarbeitung von Planungs-, Rationalisierungs- und Gestaltungsaufgaben zur Fabrik ein. Probleme des Fabrikbetriebes (Betreibung, Lenkung, Erhaltung) sind wegen der Projektierungsrelevanz einbezogen, aber nicht umfassend behandelt.
Nutzungshinweise
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Erweiterungen durch umfangreiche Normvorschriften (DIN, EN, ISO, VDI, VDE), gesetzliche Verordnungen und durch die Vorschriften von Fachorganen (Berufsgenossenschaft, …) sind notwendig. Der Verlag und die Autoren wünschen dem Anwender viel Freude bei der Nutzung des Teils 2 als Projektierungswissensspeicher. Ergänzende, kritische und praktische Hinweise werden zur weiteren Qualifizierung des Handbuches gerne entgegengenommen.
Inhalt
8 Abführungsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Entstehungsquellen und Zustandsformen der Abführungsmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Entsorgungsmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
497 497 499 501
9 Absaugsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Luftschadstoff-Absaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.2 Raumluftabsaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.3 Örtliche Absaugsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Pneumatische Feststoffabsaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Hydraulische Absaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
505 505 506 506 507 508 510 511 512
10 Arbeitsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 11 Arbeitsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Notwendigkeit, Gebiete und Aufgaben der Arbeitsgestaltung . . . . 11.2 Einbeziehung der Arbeitsgestaltung in die Fabrikprojektierung . . . 11.3 Projektierungsbeeinflussungen durch Arbeitsgestaltung . . . . . . . . 11.4 Lärm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Schallquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.3 Lärmgrenzwerte und Lärmberechnung . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.4 Schallausbreitung und Schalldämmung . . . . . . . . . . . . . . 11.4.5 Maßnahmen zur Lärmminderung (Lärmbekämpfung, Lärmschutz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Mechanische Schwingungen (Vibration) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.1 Ganzkörperschwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.2 Teilkörperschwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.3 Schwingungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
517 517 520 521 524 525 527 528 530 533 535 535 537 538 479
480
Inhalt
11.6 Weitere Gebiete der ergonomischen Arbeitsgestaltung . . . . . . . . . 11.6.1 Beleuchtungsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.2 Farbgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.3 Gestaltung der Arbeitsbewegungen und Arbeitsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.4 Arbeitsraumklimagestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.5 Arbeitsgefahrengestaltung und Arbeitssicherheitsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.6 Arbeitsnormung und Arbeitsklassifizierung . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
540 540 540
12 Arbeitsplatzf lächendimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Grundlagen der Arbeitsplatzflächendimensionierung . . . . . . . . . . 12.3 Arbeitsplatzflächenelemente und Flächenbegriffsinhalte . . . . . . . . 12.4 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächenvorausbestimmung . . . 12.4.1 Vergleichs- und Schätzmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4.2 Summarische Kennzahlenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4.3 Detaillierte Kennzahlenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächengenaubestimmung . . . 12.5.1 Ersatzflächenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5.2 Experimentelle Methode mittels der Modellprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5.3 Arbeitsplatzflächenbedarfsermittlung mit Typenlösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.6 Flächenelementeüberlagerung und Flächenoptimierung . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
545 546 547 550 554 555 555 556 557 557
13 Arbeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Raumarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Verfahrensarbeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Elementearbeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4 Arbeitssystemraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4.1 Raumelemente des Systemelementeraumes . . . . . . . . . . . 13.4.2 Systemarbeitsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4.3 Erweiterungsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4.4 Freier Systemraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Arbeitsräume in Fabriksystemen und Arbeitsstätten . . . . . . . . . . . 13.5.1 Fabriksystemraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5.2 Fabrikstätten als Arbeitsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.6 Raumbewertungen von Arbeitssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.6.1 Raum – Raum – Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.6.2 Raum – Dichte – Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.6.3 System – Raum – Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
571 572 573 574 574 575 580 583 583 584 584 585 587 587 588 589 590
541 541 543 543 544
565 565 566 569
Inhalt
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14 Arbeitssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Arbeitssystemarten in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Grundfunktionen und Relationen von Arbeitssystemen . . . . . . . . . 14.4 Autonomie von Arbeitssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.1 Arbeitssystemgrundaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.2 Arbeitssystem-Strukturgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.5.3 Arbeitssystemstrukturergänzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.6 Arbeitsgestaltung und Typung von Arbeitssystemen . . . . . . . . . . . 14.6.1 Gestaltung der Arbeit in Arbeitssystemen . . . . . . . . . . . . . 14.6.2 Arbeitssystemtypung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
591 591 594 597 600 601 602 606 615 623 623 623 625
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1 Bedarfsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Bedarfsarten der Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.1 Grundbedarf (BG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.2 Sicherheitsbedarf (BSi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.3 Reservebedarf (BR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.4 Zusatzbedarf (BZu) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.5 Erweiterungsbedarf (BER) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.6 Entwicklungsbedarf (BE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.7 Netto- und Bruttobedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.8 Einengungsbedarf (BEIN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.9 Abminderungsbedarf (BAb) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.10 Nennbedarf (BN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.11 Betriebsbedarf (BB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.12 Ersatzbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.13 Korrekturbedarf (BKorr) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.14 Bestandsbedarf und Vorratsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.15 Nomineller Bedarf (Bn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.16 Effektiver Bedarf (Beff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.17 Verfügbarer Bedarf (Bv oder B) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.18 Struktureller Bedarf (Bs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.19 Folgebedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.20 Normativer Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.21 Gesamtbedarf (Bg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Bezüge und Bedarfszeiträume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.1 Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.2 Bezugszeitraum und Bezugszeitmenge . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.3 Bedarfszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3.4 Bedarfsbezugszeit tBZ und Bedarfszeit tB . . . . . . . . . . . . . 15.4 Bedarfsdeckungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5 Einfluss der Akzeleration auf die Bedarfsermittlung . . . . . . . . . . .
627 627 628 629 629 629 630 630 631 632 633 633 634 634 634 635 635 636 636 636 637 637 638 638 639 639 639 640 642 642 643
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Inhalt
Betriebsmitteldimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1 Betriebsmittelgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2 Ermittlungsunterscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3 Grundlagen der Betriebsmitteldimensionierung . . . . . . . . . . . . . . 16.4 Funktionelle Dimensionierung von technologischen Hauptausrüstungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.1 Bestimmung der Betriebsmittelgröße . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.2 Ermittlung der Betriebsmittelart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.3 Berechnung der Betriebsmittelmenge . . . . . . . . . . . . . . . .
645 645 647 647
Betriebsmittelfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1 Betriebsmittelflussgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2 Betriebsmittelflussarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.1 Betriebsmittelfluss der stationär anzuordnenden Wirksysteme und Ausstattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2.2 Betriebsmittelfluss der mobilen Elemente . . . . . . . . . . . . 17.2.3 Unterstützungsmittelfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.3 Betriebsmittelflusssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.3.1 Betriebsmittelflusssysteme als Teilsysteme . . . . . . . . . . . 17.3.2 Komplexe Betriebsmittel-Fabriksysteme . . . . . . . . . . . . .
659 659 661
Betriebsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.1 Begriffseinengungen für die Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2 Betriebsstoffverbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.3 Bedarfsermittlung für Verbraucher einer Verbrauchergruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
669 669 669
Bewegungsbedarfsmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.1 Bewegungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für Stückgutprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3 Ermittlung der stündlichen Stückgutbewegungen als Fördervorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.1 Durchsatzmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.2 Zeitmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.3 Experimentelle Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.4 Ermittlung eines Zusatzbewegungsbedarfs . . . . . . . . . . . 19.3.5 Bedeutung von Förderspielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.6 Förderspielzeit tFö . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für flüssiges Fließgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.5 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für gasförmige Fließgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für Schüttgut . . . . .
673 674
650 650 651 651
662 662 663 664 665 667
670
677 679 679 684 686 687 687 688 689 691 692
Inhalt
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20
Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.2 Rangfolge-Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.3 Expertenschätz-Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4 Bewertungsmethoden mit Wichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.1 Faktorwichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4.2 Variantenbewertung mit gewichteten Niveaukennzahlen . . . 20.5 Heuristische und mathematische Bewertungsmethoden . . . . . . . . 20.6 Kennzahlen-Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.6.1 Niveaubewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.6.2 Aufwandsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.6.3 Wirkungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.6.4 Gesamtbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
693 693 695 696 696 696 698 700 700 701 704 707 707 707
21
Brandschutzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1 Brennbarkeit, Brandursachen und Brandschutz . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Brandlastberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.1 Technologische Brandlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.2 Bauliche Brandlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.3 Sonstige Brandlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.4 Fabrikgesamtbrandlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3 Baulicher Brandschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3.1 Brand-, Baustoff- und Feuerwiderstandsklassen . . . . . . . 21.3.2 Brandschutzbauwerksteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4 Branderkennungs-, Brandwarn- und Brandmeldesysteme . . . . . . . 21.5 Brandlöschsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.5.1 Feuerlöschgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.5.2 Feuerlöschanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.6 Gesamtfabrikliche Löschversorgungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
709 709 711 711 713 713 713 714 714 716 718 719 719 720 721 721
22
Druckluftversorgungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.1 Probleme und Bedarfsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Grundlagen der Drucklufttechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.3 Druckluftprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.4 Grundaufbau von Druckluftversorgungssystemen . . . . . . . . . . . . . 22.4.1 Druckluftverteilungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.4.2 Erzeugungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.4.3 Aufbereitungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.5 Drucklufterzeugungsstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
723 723 724 724 728 729 729 731 734 739
23 Durchsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 741 23.1 Bedeutung und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742 23.2 Darstellungsformen des Durchsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742
484
Inhalt
23.3 Durchsatzniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.4 Maßnahmen zur Erreichung einer Durchsatzausgewogenheit . . . . 23.5 Durchsatzermittlung bei eingelaufener Produktion . . . . . . . . . . . . 23.6 Durchsatzermittlung beim Produktions- und Systemanlauf . . . . .
745 748 749 750
24
Fabrikgebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.1 Gebäudeanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2 Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden . . . . . . . . . . . 24.2.1 Gebäudearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.2 Gebäudekonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.3 Dachformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.4 Stützen, Stiele, Rahmen und Binder . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.5 Fußboden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.2.6 Gebäudeaußenwand und Gebäudeöffnungen . . . . . . . . . 24.3 Typisierung der Fabrikgebäudedimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.4 Gebäuderaumformen und Gebäudeintegration . . . . . . . . . . . . . . . 24.4.1 Gebäuderaumformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.4.2 Gebäudeintegrationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.5 Gebäudeeinbauten und Einhausungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.6 Projektierungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
753 753 755 755 755 758 758 762 764 767 771 771 773 776 778
25
Fabriklagersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.1 Lagerbegriff und Lagerarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.2 Grundaufbau von Lagersystemen der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.2.1 Grundinhalte von Fabriklagern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.2.2 Besonderheiten von Fabriklagern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.3 Projektierungsbeeinflussende Lagerfaktoren und Grundsätze . . . 25.4 Lagerungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.4.1 Lagerungsbedarfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.4.2 Lagerungsmengenbedarf von Eingangslagern . . . . . . . . . 25.4.3 Lagerungsmengenbedarf von Ausgangslagern . . . . . . . . 25.4.4 Lagerungsbewegungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.4.5 Zwischenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.4.6 Lagerungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.4.7 Lagerungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.4.8 Ausgewählte Hinweise zur Projektierung von Lagerungssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.4.9 Lagerungssystembewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.5 Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.5.1 Funktionsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.5.2 Projektierungshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.6 Fabriklagersysteme und Fabriklagerstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.6.1 Fabriklagersysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.6.2 Fabriklagerstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
779 780 784 784 784 790 792 792 794 801 807 811 812 812 818 826 827 828 829 830 830 835 839
Inhalt
485
26
Fabrikstandortbebauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.1 Bebauungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2 Bebauungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.3 Projektierungsbeeinflussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
841 841 841 844
27
Fabrikverkehrssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.1 Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.2 Systeme, Teilsysteme und Elemente des Fabrikverkehrs . . . . . . . 27.2.1 Ermittlung der Projektierungsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.2.2 Fabrikstraßen und Fabrikwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.2.3 Rampensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.3 Ruhender Fabrikstraßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.3.1 Fahrzeugparksystemarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.3.2 Fahrzeugparkplatzflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
847 847 848 849 850 851 853 854 855 858
28
Fertigungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.1 Fertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.2 Charakteristische Merkmale von Fertigungsformen . . . . . . . . . . . 28.3 Punktfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.4 Linienfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.5 Fließfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.5.1 Aufbaugrundformen der Fließfertigung . . . . . . . . . . . . . . 28.5.2 Technisches Niveau der Fließfertigung . . . . . . . . . . . . . . 28.5.3 Technologische Vorbereitung durch Projektierung . . . . . 28.5.4 Taktzeit und Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.5.5 Besonderheiten von Gruppenund Wechselfließfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.5.6 Ausgewählte Projektierungshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . 28.6 Ein-Richtungsvernetzte Fertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.7 Mehr-Richtungsvernetzte Fertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.8 Verteilfertigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.9 Erweiterung der Fertigungsgrundformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.10 Zusammenhang von Fertigungsform und Fertigungssystem . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
859 859 860 865 867 870 870 872 873 873
Feststoffentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.1 Notwendigkeit und Gruppierung der Feststoffentsorgung . . . . . . . 29.2 Verwendung von ALT- und AB-Produkten und von AB-Fallfeststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.3 Verwertung von ALT- und AB-Produkten sowie von AB-Fallfeststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.4 Feststoffentsorgung durch die dualen, speziellen und kommunalen Entsorgungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
893 893
29
878 879 881 884 884 888 890 892
896 897 899
486
Inhalt
29.5
Späneentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.5.1 Späneentsorgungsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.5.2 Ermittlung der Spänemengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.5.3 Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.5.4 Funktionen, Prozesse und Systeme der Späneentsorgung . . . 29.6 Entsorgungsbesonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.6.1 Staub als Feststoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.6.2 Biogene Feststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29.6.3 Industrieansiedlung auf der Basis der Abfallverwertung . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
903 905 907 907 909 914 914 914 914 915
Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1 Systemgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.2 Flexibilitätsgebiete von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.3 Merkmalsflexibilitäten des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.4 Prozessflexibilität des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.4.1 Funktionsflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.4.2 Prozessrelationsflexibilität des Systems . . . . . . . . . . . . . . 30.4.3 Flexibilität der Prozessstruktur von Systemen . . . . . . . . . 30.4.4 Flexibilität der Produkttechnologie und des Produktdurchlaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.5 Systemsyntheseflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.5.1 Funktionelle Systemflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.5.2 Dimensionelle Systemflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.5.3 Strukturelle Systemflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.6 Projektierung der Systemflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.6.1 Projektierungsentscheide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.6.2 Systemflexibilitätskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.6.3 Flexibilitätsniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
917 917 919 920 923 924 926 930
31
Gefahrstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1 Berücksichtigung bei der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.2 Gefährdung und Gefahr, Schädigung und Schaden . . . . . . . . . . . . 31.3 Gefahrstoffeinordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.4 Gefahrgutlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.5 Besonderheit Aerosol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.6 Pflichtaufgaben des Fabrikprojektanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
945 945 945 948 950 950 953 955
32
Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1 Gesetzliche Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.2 Genehmigungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.3 Baugenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.3.1 Bauvoranfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.3.2 Baugenehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.3.3 Genehmigungsdokumentation (Bauvorlage) . . . . . . . . . . 32.3.4 Genehmigungs- und Prüforgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
957 957 958 958 958 958 958 959
30
933 934 934 935 938 940 942 943 943
Inhalt
487
32.4
Betriebsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.4.1 Genehmigungsdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.4.2 Schutzgüteäquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.4.3 Genehmigungs- und Prüforgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
960 961 963 963
33
Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.1 Bereichsgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.2 Projektierungsvoraussetzungen und Projektierungsbasis . . . . . . 33.2.1 Projektierungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.2.2 Ermittlung der Projektierungsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . 33.3 Projektierungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.3.1 Aufgabenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.3.2 Projektierungsanalogien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.3.3 Projektierungsbeispiel: Büroarbeitssystem . . . . . . . . . . 33.4 Besonderheit Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
965 965 965 965 968 969 969 969 970 973
34
Gleichzeitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.1 Gleichzeitigkeitsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.2 Systemgleichzeitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.3 Ermittlung der Projektierungswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.3.1 Gesamtanschlusswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.3.2 Gesamtverbrauchswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.4 Beispiel zur Ermittlung des Verbrauchsgleichzeitigkeitsgrades . . .
975 975 977 978 978 980 981
35 Instandhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.1 Gegenstand, Aufgaben und Gebiete der Instandhaltung . . . . . . . 35.2 Technologiebezug, Stufigkeit und Aufbauorganisationsformen der Instandhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.3 Instandhaltungsflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
983 983
36
991 991
Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.2 Ganzheit und Gefüge von Betrachtungsfeldern und Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.2.1 Neubildung von Ganzheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.2.2 Ganzheitsniveau und zu projektierende Systemganzheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.3 Integrationsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.4 Integrationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.4.1 Funktionelle Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.4.2 Technische Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.5 Integrationsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.6 Art und Weise der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.6.1 Artgleiche und artungleiche Integration . . . . . . . . . . . . . 36.6.2 Hierarchische Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36.6.3 Stufen- und schrittweise Integration . . . . . . . . . . . . . . .
985 987
993 993 996 999 1000 1000 1003 1005 1007 1008 1008 1010
488
Inhalt
37
Kapitalbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.1 Bedarfsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.2 Investitionskalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.2.1 Aufwendungen für Bauleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.2.2 Aufwendungen für Technologieleistungen . . . . . . . . . . . 37.2.3 Zusatz- und Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.3 Kapitalbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1013 1013 1013 1015 1015 1015 1016
38
Kennzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38.1 Merkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38.2 Kennzahlengebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38.3 Kennzahlenarten und Kennzahlenbegriffsinhalte . . . . . . . . . . . . 38.4 Kennzahlendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38.5 Kennzahlenübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38.6 Kennzahlenmethode für die Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1017 1017 1018 1018 1023 1024 1024 1026
39
Kombinatorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.1 Mathematische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.2 Kombinatorik in der Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.3 Projektieren und Entwickeln durch Kombinieren . . . . . . . . . . . . 39.4 Methodische Lösungssuche durch Kombinationsmatrizen . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1027 1027 1029 1030 1031 1034
40
Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.1 Arten und Zweck der Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2 Quantifizierung der Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2.1 Relativität der Ganzheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2.2 Gegenstandskooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2.3 Funktionskooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2.4 Gesamtkooperationsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.3 Grundfälle der Funktionskooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.4 Hinweise zur ökonomischen Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.5 Realisierung von Kooperationsleistungen durch Füllproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.6 Kooperationen von Fabriksystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1035 1035 1036 1037 1037 1037 1038 1039 1040
Layoutprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2 Layoutarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2.1 Systemlayouts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2.2 Zwecklayouts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2.3 Raumlayouts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.3 Layoutdarstellungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1043 1043 1043 1044 1046 1046 1046
41
1040 1040 1041
Inhalt
42
43
489
41.4
Projektierungsraster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.4.2 Rastermaße und Maßordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.4.3 Anwendungsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1049 1049 1049 1050 1054
Lichtversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.1 Lichtversorgungsgebiete in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 Grundlagen der Lichtversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2.1 Lichttechnische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2.2 Einflüsse auf die Projektierung von Beleuchtungssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2.3 Projektierungsgrundfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2.4 Beleuchtungssystembildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2.5 Nennbeleuchtungsstärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2.6 Beleuchtungselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 Tageslicht-Beleuchtungssysteme für Innenräume . . . . . . . . . . . . 42.4 Künstliche Beleuchtungssysteme für Innenräume . . . . . . . . . . . . 42.4.1 Projektierungshaupteinflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.4.2 Leuchtkörper und Leuchten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.4.3 Beleuchtungssystemdimensionierung . . . . . . . . . . . . . . 42.4.4 Raumübergänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.5 Sicherheitsbeleuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.6 Fabrikaußenbeleuchtung mit künstlichem Licht . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1055 1055 1056 1057
Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.1 Luftversorgungsgebiete in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.2 Lufttechnikgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.3 Luftversorgungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.3.1 Technologische Verfahrensluft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.3.2 Betreibungsluft für Systeme und Räume . . . . . . . . . . . . 43.3.3 Raumluft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.4 Projektierungsgrundlagen für freie Lüftungssysteme . . . . . . . . . 43.4.1 Wirkungsweise von freien Lüftungssystemen . . . . . . . . 43.4.2 Auslegung des freien Lüftungssystems . . . . . . . . . . . . . 43.5 Projektierungsgrundlagen für einfache maschinelle Lüftungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.5.1 Wirkprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.5.2 Auslegung von NUR-Lüftungssystemen . . . . . . . . . . . . 43.6 Raumklimasysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.6.1 Raumklimasystemtypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.6.2 Projektierungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.6.3 Ausgewählte Projektierungshinweise . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1059 1063 1065 1065 1066 1066 1069 1071 1071 1073 1073 1075 1075 1076 1077 1077 1077 1079 1079 1080 1082 1092 1093 1093 1095 1095 1095 1096 1099 1099 1101 1103
490
Inhalt
44
Maschinenaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.1 Notwendigkeit und Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.2 Maschinenbeeinflusste Aufstellkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.2.1 Statische Gewichtskräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.2.2 Störkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.2.3 Störkraftübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.3 Grundfälle und Maßnahmen der Maschinenaufstellung . . . . . . . 44.3.1 Grundfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.3.2 Maschinenaufstellungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . 44.4 Arten und Verfahren zur Maschinenbefestigung . . . . . . . . . . . . . 44.4.1 Aufstellarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.4.2 Befestigungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.4.3 Befestigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44.5 Schwingungsisolierte Maschinenaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1105 1105 1105 1106 1107 1107 1110 1110 1110 1113 1113 1113 1114 1115 1119
45
Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.1 Begriffseinengung für die Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.2 Charakteristische Merkmale des Materials . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.2.1 Gegenstandsart als Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.2.2 Hauptabmessungen und Zustandsformen . . . . . . . . . . . 45.2.3 Masse (kg) und abgeleitete Angaben (kg/m3 • Materialart) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.2.4 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.2.5 Geometrieformen (ohne und mit Verpackung, Stückgut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.2.6 Werkstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.3 Materialbedarfsermittlung für die Herstellung von Stückgütern . . . 45.3.1 Verbrauchskennzahlenmethode (Bezugsbasis: Fertigmasse) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.3.2 Schätzmethode (Bezugsbasis: Vorjahresmenge) . . . . . . 45.3.3 Kennzahlenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1121 1121 1123 1123 1124
Materialflusstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.1 Notwendigkeit und Bedeutung für die Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . 46.2 Materialflussgrundfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.3 Materialflusstechnikgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.4 Grundcharakterisierung und Projektierungseinfluss der Materialflusstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.5 Material-Flusssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.6 Komplexe Materialflusssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1131 1131 1132 1133
46
47
1125 1126 1126 1127 1127 1127 1128 1128
1136 1145 1148 1150
Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1151 47.1 Optimierung in der Fabrikprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1151 47.2 Optimierungsgrundlagen für die Fabrikprojektierung . . . . . . . . . 1151
Inhalt
491
47.3
Objekt-Platz-Zuordnungsoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47.3.1 Optimierung der Objekt-Platz-Zuordnung mit der Ungarischen Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47.3.2 Objekt-Platz-Zuordnungsoptimierung mit modifizierten Näherungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . 47.4 Allgemeine Optimierungsziele bei der Systemprojektierung . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1153 1153 1158 1163 1165
48
Personalbedarfsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1167 48.1 Personalbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1167 48.2 Allgemeine Personalbedarfsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1168 48.2.1 Personal – Funktionsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1169 48.2.2 Personendimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1170 48.2.3 Personenstrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1170 48.3 Berechnung der Personenanzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1171 48.3.1 Vergleichsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1171 48.3.2 Summarische Kennzahlenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . 1171 48.3.3 Detaillierte Kennzahlenmethode auf Zeitbasis . . . . . . . 1172 48.3.4 Stellenplanmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1173 48.3.5 Schichtabhängige Personenanzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 1174 48.4 Personennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1174 48.5 Hinweise zu den beeinflussenden Faktoren der Personalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1175
49
Personenfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49.1 Personenfluss-Projektierungsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49.2 Hinweise zur Personenflussprojektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49.2.1 Personenwegarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49.2.2 Personenflussdurchsatz und Personenflussdichte . . . . . 49.2.3 Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1179 1179 1180 1181 1184 1185
50
Produktflusssystemfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.1 Flächenanteile und Flächenintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2 Produktflussspeicherfläche für Stückgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2.1 Berechnungsgrundlagen für die Speicherungsflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2.2 Flächenberechnung für statische Speicher mit Regalkonstruktion und Bediengerät . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2.3 Flächenberechnung für statische Speicher mit Regalkonstruktionen und Stapler . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2.4 Flächenberechnung für statische Speicher mit Stapelspeicherung und Staplern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2.5 Flächenberechnung für dynamische Speicher . . . . . . . . 50.2.6 Flächenberechnungsmodell für erhöhte Zentralspeicheranordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2.7 Flächenbestimmende Speicherspalten . . . . . . . . . . . . . .
1187 1188 1189 1189 1191 1194 1194 1196 1198 1198
492
Inhalt
50.2.8
50.3 50.4
50.5 50.6 50.7 50.8 50.9 50.10 50.11 50.12
Produktfluss-Speicherflächen bei linienförmigen Produktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2.9 Produktfluss-Speicherflächen bei punktförmigen Produktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Übergabefläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.3.1 Übergabesysteme 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.3.2 Übergabesystem 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Bewegungs- und Transportfläche . . . . . . . . . . . . . . 50.4.1 Systembedienwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.4.2 Systemumlauftransportwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.4.3 Produktfluss-Transportwegarten und Transportwegberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.4.4 Transportfläche durch Überflurtransport . . . . . . . . . . . . 50.4.5 Transportzusatzfläche A T,Zu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.4.6 Gesamtproduktfluss-Bewegungsund Transportflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Betriebsmittelfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Erhaltungsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Versorgungsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Entsorgungsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Zusatzflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Betreibungsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freie Produktflussfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfluss-Gesamtfläche und Flächenkennzahlen . . . . . . . . . .
1199 1200 1200 1201 1201 1202 1202 1203 1204 1207 1207 1207 1209 1210 1210 1211 1211 1211 1212 1212
51
Produktflusssystemraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.1 Teilsystemräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.2 Raumarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.2.1 System-Belegungsraumarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.2.2 System-Bewegungsraumarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.3 Geometrische Raumbildung durch Gegenstandsbewegungen . . . 51.4 Raumhöhenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1215 1215 1216 1216 1219 1222 1222
52
Projektierungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1227 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1235
53
Projektierungsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.1 Technologische Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.2 Produktprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.3 Erfassung und Aufbereitung von Produktionsprogrammen . . . . . 53.4 Arten und Aufbereitung von Projektierungsprogrammen . . . . . . 53.5 Hinweise für andere Projektierungsprogramme . . . . . . . . . . . . . 53.5.1 Vertriebsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.5.2 Beschaffungsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.5.3 Kooperationsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.5.4 Materialflussprogramme und Flusssystemprogramme . . .
1237 1237 1237 1239 1241 1242 1243 1243 1244 1245
Inhalt
493
53.5.5 Versorgungsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.5.6 Entsorgungsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.5.7 Erhaltungsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.5.8 Logistikprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.5.9 GABUSS – Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.5.10 Projektierungsrelevante Ergänzungsprogramme . . . . . . 53.6 Programmvervollständigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1245 1245 1245 1247 1248 1249 1249
54
Projektierungssinnbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.1 Ausgangsbasis und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.2 Allgemeine Projektierungssinnbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.3 Merkmalssinnbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.4 Funktionssinnbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54.5 Elementesinnbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1251 1251 1252 1253 1255 1256 1261
55
Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.2 Aufgabenrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.3 Einfache räumliche Prozessrelationen als Strukturbasis . . . . . . . 55.4 Relationsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.5 Prozesse mit Mehrfachrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.6 Der räumliche Aspekt von Systemrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . 55.7 Der technische Aspekt von Systemrelationen . . . . . . . . . . . . . . . 55.8 Zeitlicher Aspekt von Systemrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55.9 Energetischer Aspekt von Systemrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . 55.10 Besonderheiten der Ein- und Ausgangsrelationen . . . . . . . . . . . .
1263 1263 1267 1268 1271 1273 1274 1276 1276 1278 1279
56
Rohrleitungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.2 Projektierungsbeeinflussende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.3 Durchsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.4 Rohrinnendurchmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.5 Druckverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.6 Rohrleitungskennlinien und Projektierungshinweise . . . . . . . . . 56.7 Pumpen und Verdichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.7.1 Allgemeine Gruppierung von Kraftund Arbeitsmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.7.2 Auslegung von Pumpen für Rohrleitungssysteme . . . . . 56.7.3 Auslegung von Verdichtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.8 Abscheider und Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.8.1 Notwendigkeit und Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.8.2 Abscheider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.8.3 Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.8.4 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56.8.5 Dimensionierungseinflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1283 1284 1285 1286 1289 1290 1295 1295 1295 1299 1302 1305 1305 1306 1307 1308 1309
494
Inhalt
56.9 Vervollständigung und Anlagenentwicklung von Rohrleitungssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1310 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1312 57
Schutzgüte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.1 Gegenstand und Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.2 Gefahrenkategorien und Einzelgefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.2.1 Gefährdungen durch die Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.2.2 Gefährdungen durch Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.2.3 Gefährdungen durch Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57.3 Schutzgebiete und Schutzaufgabenkomplexe . . . . . . . . . . . . . . . 57.4 Projektierungsansatz für den Schutzgütenachweis . . . . . . . . . . . 57.5 Schutzgütebewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1313 1313 1314 1314 1317 1318 1320 1321 1325
58
Speicherbedarfsmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.1 Speicheraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.2 Gegenstandsabhängige Speicherausführungsarten . . . . . . . . . . . 58.3 Technologischer Systemspeicherbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.3.1 Systemeingangsspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.3.2 Systemausgangsspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.3.3 Ausgleichs- und Störungsspeicherbedarf . . . . . . . . . . . . 58.4 Zentralspeicherbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.5 Übergabespeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.6 Technologischer Produktspeicherbedarf bei der Montage und Kommissionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.6.1 Montage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.6.2 Kommissionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58.6.3 Integration von Teilefertigung und Montage . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1329 1329 1331 1332 1334 1336 1338 1344 1346
Speicherdimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.2 Stückgutspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.2.1 Ermittlung der Speicherkapazität als technologische Speichergröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.2.2 Segmentierte Speicherkapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.2.3 Beanspruchungsgerechte Speicherdimensionierung . . . 59.2.4 Speicherarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.2.5 Speicherförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.2.6 Speicheranzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.2.7 Speicherniveaubewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.3 Schüttgutspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.4 Flüssigkeitsspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.5 Gasdruckspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59.6 Hinweise für Aufgabenstellungen der Speicherdimensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1353 1354 1355
59
1348 1348 1349 1349 1351
1355 1357 1359 1359 1361 1362 1364 1366 1367 1368 1368
Inhalt
60
495
System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60.1 Allgemeine Systembeschreibung und Systemgliederung . . . . . . 60.2 Systemhierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60.3 Systemkomplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60.4 Systemstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1373 1373 1374 1376 1376 1377
61 Technologische Vereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.1 Notwendigkeit und Zielstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.2 Grundsätze zur technologischen Konstruktionsvereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.3 Produkttechnologievereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.3.1 Technologische Produktmerkmalsvereinheitlichung . . . 61.3.2 Technologische Produktfunktionsvereinheitlichung . . . 61.4 Systemtechnologievereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.5 Systemtechnologiebildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1379 1379
62 Technologische Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.1 Zeitgliederung nach REFA für Arbeitsvorgänge . . . . . . . . . . . . . 62.2 Nominelle technologische Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.3 Effektive technologische Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.4 Technologische Zykluszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.4.1 Reihenverlauf oder Losprinzip (Auftragsprinzip) . . . . . 62.4.2 Kombinierter Verlauf oder Teillosprinzip . . . . . . . . . . . 62.4.3 Parallelverlauf oder Fließprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.5 Rüstzeit und Taktzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.6 Durchlaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1391 1391 1391 1393 1395 1395 1395 1396 1397 1398
63 Typenvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.1 Sachgruppenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.2 Typenvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.3 Merkmalsintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.4 Umrechnungen der Gruppenelementemerkmale auf den Typenvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.5 Beispiele für die Typenvertreterbestimmung von Produktgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1401 1401 1401 1402
64 Variabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.2 Variabilitätsarten von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.2.1 Systemelementemengenvariabilität . . . . . . . . . . . . . . . . 64.2.2 Systemelementeanordnungsvariabilität . . . . . . . . . . . . . 64.2.3 Systemrelationsvariabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.3 Systembetreibungsvariabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.4 Variabilitätsniveau von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1407 1407 1407 1407 1408 1409 1410 1411
1380 1383 1383 1384 1387 1387 1389
1403 1405
496
Inhalt
64.5 Variabilität der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1411 64.6 Variabilität und Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1412 65 Wärmeenergieversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.1 Wärmeversorgungsgebiete in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.2 Grundlagen der Wärmeenergieversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.2.1 Wärme und Wärmefluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.2.2 Wärmetransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.3 Technologische Verfahrenswärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.4 Wärmeenergie für das Betreiben von Systemen und Räumen . . . 65.5 Raumwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.5.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.5.2 Raumwärmebedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems . . . 65.6.1 Wärmeversorgungsprogramm und Wärmeversorgungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.6.2 Wärmeverteilungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.6.3 Wärmeerzeugungssystem als Heizungssystem . . . . . . . 65.6.4 Gesamtwärmeversorgungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
1413 1413 1413 1413 1415 1416 1420 1421 1421 1422 1431 1432 1433 1438 1442 1444
Zeitfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1445
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1449
8 Abführungsmaterial
Abführungsmaterial (AB-Material): Gruppenbezeichnung für gebrauchtes Material, das nicht mehr als Produktmaterial, Betriebsstoff, Energieträger, Betriebsmittel oder Betriebsinformation im gleichen Fabriksystem oder im gleichen Fabrikraum direkt verwendet werden kann und zu entsorgen ist. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
m AB m ZU m FORT m V m G m M m VER V ηV
kg/ZE kg/ZE kg/ZE kg/ZE kg/ZE kg/ZE kg/ZE – –
Abführungsmassedurchsatz Zuführungsmassedurchsatz Fortführungsmassedurchsatz Verlustmassedurchsatz Massedurchsatz des einzusetzenden Grundstoffes Massedurchsatz der beizumischenden Zusatzstoffe Versorgungsmassedurchsatz Verlust Verlustgrad bei der Abführung (AB), Zuführung (ZU), Zustandsänderung (ZÄ)
8.1
Grundlagen
Obwohl der Begriff Abführungs-Material nicht eineindeutig ist, da hierunter auch AB-Energien, AB-Informationen usw. einzuordnen sind, so kann er doch als Sammelbegriff für alle abzuführenden materiellen Gegenstände der Fabrik verwendet werden. Ohne tiefere Betrachtungen der Arbeitskräfte und Informationen müssen die AB-Materialien für die Sachverhalte System (Betriebsmittel) und Raum unterschieden werden. Das trifft auch für die aus Systemen und Räumen bestehenden Fabrikwirkungsstätten zu, Abb. 8.1 und 8.2, für die AB-Materiaflusssysteme zu projektieren sind. Auf die Vielfältigkeit und Kompliziertheit der gruppierten AB-Materialflüsse nach Abb. 8.1 und 8.2 wirken weiterhin: • die Einzelgegenstandsarten eines AB-Materialflusses, • die Umläufe der einzelnen Gegenstände (UM1) bis zum Zustand AB-Material, K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
497
498
8 Abführungsmaterial
Abb. 8.1 Zu projektierende AB-Materialflussgruppen bei Systemen
Abb. 8.2 Zu projektierende AB-Materialflussgruppen bei Räumen
• die mehrfach zyklischen Umlauf-, Verwendungs- und Verwertungsflüsse für andere Fabriksysteme der Fabrik (UM2, VER2 bis VER3, wobei VER1 = Gegenstandsverwendung oder Produktrecycling, VER2 = stoffliche Verwertung bzw. Stoffrecycling und VER3 = energetische Verwertung bedeuten), • der Anteil raumausbreitender AB-Materialien (FORT1), • der Anteil nicht erfassbarer AB-Materialien (System und Raum), die durch FORTBewegungen verloren gehen und die Umwelt belasten (FORT1 bis FORT4 ), • die Anteile der außerhalb der Fabrik verwendeten und verwerteten AB-Materialmengen (AB4 ). Diese Einflüsse sind Gegenstand der Umweltbelastung. Hier einzuordnen sind die AB-Fallstoffe und die AB-Energie.
8.2 Entstehungsquellen und Zustandsformen der Abführungsmaterialien
499
Die AB-Materialflüsse von System und Raum unterscheiden sich insbesondere durch die AB-Produktflüsse, die Raumausbreitung und den Bauwerksbezug, so dass Spezifisches zu beachten ist. Beispiele sind: • Der personelle Einfluss durch die Ver- und Entsorgung, persönliche Gegenstände und die Essensreste (biogener AB-Fall) sowie durch Ruhebedarf (Ruhe-, Pausenraum), Krankheit (Apotheke), Unfall (Personenkrankentransport). • Der hohe Anteil an FORT-Stoffen durch die Nichterfassbarkeit (FORTLuft). . • Der vollständige Verlust der Transmissionswärme Q T • Die Raumveränderungen durch Umbauarbeiten. • Die äußerst geringen Verwendungs-(VER4) und Verwertungsmöglichkeiten (VER5 = stoffliche Verwertung, VER6 = energetische Verwertung). • Die Raumbelastungen durch Fabriksysteme (Raumausbreitung mit der Entwicklung von Aerosolen) und durch den Anteil freier Lüftungen. Weiterhin zu beachten sind: • Havarien, Vandalismus und Katastrophen, die den Zustand der AB-Materialflussgegenstände sehr stark beeinflussen. • Reinraumtechnische Systeme und Räume mit ihren hohen Reinheitsforderungen. • Der Chemikalieneinsatz mit den damit verbundenen Ausbreitungen und Gefährdungen (↑ Gefahrstoffe). • Jeder Raum kann Systeme enthalten, so dass System- und Raumerfassungen gesondert durchzuführen sind. Das trifft auch für Standorte zu.
8.2
Entstehungsquellen und Zustandsformen der Abführungsmaterialien
Für die Systemprojektierung sind die Entstehungsquellen und die Flusssysteme der AB-Materialien im Rahmen der Entsorgungssysteme (Fabrikwirkungsstätten und Standortinfrastruktur) von Bedeutung. Entstehungsquellen sind: • alle produktproduzierenden Fabriksysteme, • alle versorgenden Fabriksysteme (Versorgungsproduktion; Erzeugungs- und Verteilungssysteme), • alle entsorgenden Fabriksysteme (reversible Produktion; Erfassung, Sammlung, Verwertung), • Bauwerksversorgungssysteme (Erzeugungs- und Verteilungssysteme), • Bauwerksentsorgungssysteme (Sammlung, Verwertung), • Fabrikerhaltungssysteme (AB-Betriebsmittel, AB-Fall, …),
500
• • • •
8 Abführungsmaterial
Fabrikbetreibungs- und -lenkungssysteme (Büro, Verwaltung), Fabriklogistiksysteme (inner- und außerfabriklich, ↑ Fabrikverkehrssystem), Fabriksanitärsysteme und Fabriksozialräume (besonders Schmutzwasser), Fabrikstandort (Schutzsysteme, Nachbarschaft, Witterung),
jeweils getrennt nach System, Raum, AB-Materialart und AB-Materialzustand, Abb. 8.3.
Abb. 8.3 Merkmalsgruppen der AB-Materialien als Grundlage für Entsorgungs- und Verwertungsprogramme
Zur Abfallklassifikation ist der Europäische Abfall-(-klassifizierungs-)Katalog (EAK) von großer Wichtigkeit, der beim Projektanten vorliegen muss und eine gleiche Fachsprache mit den Behörden (Staatliches Amt für Umwelt und Natur STAUN) voraussetzt. Zu achten ist insbesondere auch auf folgende strafrechtsrelevante Tatsachen: • Entsorgungspflichtigkeit und Entsorgungsnachweispflichtigkeit, • Entsorgungsfachbetriebseinsatz bei der Entsorgung überwachungsbedürftiger und besonders überwachungsbedürftiger Abfälle (Sonderabfall, ↑ Gefahrstoffe), • Vorlage einer Transportgenehmigung für die Entsorgung von – nicht überwachungspflichtigen – Abfällen (hausabfallähnlicher Gewerbeabfall HAäGA, DSD-Wertstoffe, biogene Abfälle usw.). • Die größte Problemgruppe stellt der Staub dar, der zur ↑ Feststoffentsorgung durch ↑ Absaugsysteme führt, Tabelle 8.1.
8.3 Entsorgungsmengen
501
Tabelle 8.1 Staub als Feststoff (Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit)
8.3
Entsorgungsmengen
Eine genaue Berechnung der End-Entsorgungsmengen ist nicht möglich, sie muss in ihrer Bilanz aber glaubwürdig sein. Die Verhältnisse werden mit der Abb. 8.4 und 8.5 erläutert. Die zu entsorgenden AB-Materialmengen können in ihrer Gesamtheit nicht größer als die Zufuhr-Materialmengen (Massebezug) sein. Sie unterscheiden sich von diesen aber grundsätzlich durch die Gegenstandsart, den Zustand, die Konsistenz, Beimengungen, Reinheit, den Energiewert, die Dichte usw. Bevorzugte Entsorgungsformen sind deshalb stoffliche und energetische Verwertung sowie Zwischenlagerung oder Deponierung (Restglühwert ≤ 5%). Die anfallenden Mengen M nach Abb. 8.5 werden für einen Bezugszeitraum BZ mit einer bestimmten Bezugszeit tBZ (Stunde, Tag, Jahr, …) nach Gl. (8.1) berechnet. M =m ˙ · tBZ
ME/BZ
(8.1)
• Das abzuführende Material wird zu einem zu entsorgenden Material (ENTMaterial), wenn es nicht mehr gebraucht wird. Die Mengen an ENT-Material muss aus Aufwands- und Belastungsgründen klein gehalten werden.
502
8 Abführungsmaterial
Abb. 8.4 Verhältnisse bei der Ermittlung der AB-Materialmengen (vereinfacht)
Abb. 8.5 Beispiel für die Ermittlung und Bewertung von materiellen Verlusten der Produktion
8.3 Entsorgungsmengen
503
• AB-Material führt in jedem Fall zu einer Entsorgung in natürlicher oder gezwungener Form. Die natürliche Entsorgung über die Luft, den Boden und das Wasser ist nicht kontrollierbar und führt zu ökologischen Problemen, die über eine Projektierung durch eine Wirkungsbeseitigung auszuschließen, durch eine Wirkungsminderung eingeengt und durch einen Wirkungsschutz (Zusatzsysteme) begrenzt werden müssen. • AB-Material wird zu einem ↑ Gefahrstoff, wenn hierdurch der Mensch, die Natur und Technik belastet werden. Gefahrstoffe sind nicht nur Chemikalien oder Chemikalien behaftete Gegenstände, sondern auch alle Gegenstände, von denen eine Gefahr für Mensch, Natur und Technik ausgeht. Hierzu gehören auch Verletzungs-, Unfall- und andere Gefahren durch Gefahrstoffe bzw. AB-Material. • ↑ Absaugsystem, ↑ Feststoffentsorgung, ↑ Gefahrstoffe, ↑ Schutzgüte.
9
Absaugsystem
Absaugsystem: Fabrikentsorgungssystem für die pneumatische und hydraulische Entfernung von Abführungsmaterial durch Saug- oder Saug- und Drucktechnik.
9.1
Grundlagen
Die für eine pneumatische und hydraulische Absaugung in Frage kommenden ↑ Abführungsmaterialien müssen eine Fließfähigkeit (Flug-/Schwebfähigkeit) besitzen. Hierzu gehören besonders aerosolhaltige Abluft, verschmutzte Flüssigkeiten, Feststoffpartikel und deren Gemische. Das Grundprinzip der Absaugung verdeutlicht Abb. 9.1.
Abb. 9.1 Grundprinzip von Absaugsystemen
Absaugung funktioniert, wenn die Strömungsgeschwindigkeit (Rohrgeschwindigkeit) im Saugbereich größer als die Ansauggeschwindigkeit ist ( vR > vA), eine Druckerhöhung vorliegt und die Partikel (Aerosol, ↑ Abführungsmaterial) durch den Luftstrom mitgenommen werden. Wirkungsminderungen entstehen durch Druckverluste bei langen Rohrleitungssystemen und Einbauten.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
505
506
9 Absaugsystem
9.2
Luftschadstoff-Absaugung
9.2.1 Anforderungen Arbeitskräfte in der Fabrik benötigen eine qualitativ hochwertige Raumluft. Infolge des anteiligen Luftsauerstoffverbrauchs durch • die Arbeitskräfte (Atmung), • die Produktionsverfahren (Erwärmung durch Reibung, Feuerungen), • den Einsatz mobiler Betriebsmittel (Stapler mit Verbrennungsmotor) wird die Raumluftqualität gemindert. Es kommt zur Bildung von Aerosolen an Betriebsmitteln und im ↑ Arbeitsraum bzw. Fabrikraum. Zur Problemlösung sind drei technische Möglichkeiten gegeben: • Raumluftabsaugung (Absaugung mit Außenluftzufuhr; Raumlüftung), • örtliche Absaugung an der Aerosol-Entstehungsstelle und • Kombination von Raumluft- und örtlicher Absaugung (↑ Luftversorgung). In allen Fällen müssen Absaugsysteme (oder Raumlüftungssysteme) so projektiert werden, dass die Schadstoffkonzentration des Raumes Kvorh höchstens eine dauerhaft zulässige Vorgabekonzentration Kzul erreicht, Gl. (9.1). Bedingung: Kzul ≥ Kvorh
Fall 1: Fall 2:
mg/m3 ; (ml/m3 , ppm)
(9.1)
Kzul > Kvorh → keine Absaugungsnotwendigkeit; NUR-Lüftung, Kzul < Kvorh → Absaugungsnotwendigkeit.
Die Entscheidung über eine Raumluft- oder örtliche Absaugung wird mit Hilfe der Gln. (9.2) und (9.3) unter Einbeziehung einer Luftwechselzahl zW,L, der vorhandenen Schadstoffemission E (in mg/h), der zulässigen maximalen Konzentrationswerte ( MEK – Maximale Emissionskonzentration; K > MEK; MAK – Maximale Arbeitsplatzkonzentration, K > MAK bzw. AGW – Arbeitsplatzgrenzwert) und des effektiven Raumluftvolumens VL,R ( VL,R = Raumvolumen VR – Ausstattungsvolumen VE) getroffen. K≈
E E = ·k ˙ V VL L,R · zW ,L
mg/m3
zW ,L ≈
E ·k Kzul · VL,R
zW ,L ≈
E Kvorh · V˙ L ·k = ·k MAK · VL,R MAK · VL,R
(9.2)
(9.3.1)
Raumluftwechsel/h
Raumluftwechsel/h
(9.3.2)
Die für die Auslegung der Absaugsysteme bedeutende Luftwechselzahl zW,L hat zwei Anwendungsgebiete:
9.2 Luftschadstoff-Absaugung
507
• Normallüftung → Luftwechselzahl zW,LN für die natürliche Raumlufterneuerung infolge menschlicher Tätigkeit (Atmung) im Raum ( zW,LN ≥ 1/h … 3/h), • Prozesslüftung → emissionsabhängige Luftwechselzahl zW,LE infolge Schadstoffbelastung der Raumluft durch Verfahren. Der Korrekturfaktor k nach Gl. (9.4.5) berücksichtigt drei wesentliche Einflüsse: • die ↑ Gleichzeitigkeit (Gleichzeitigkeitsgrad ηG) bei mehreren Erfassungsstellen, • die Raumluftrückführung (Raumluftrückführungsgrad ηV ,R ) 1. Ohne Raumluftrückführung (ηV ,R1 = 1 − ηE ) ηE = Grad der Raumlufterfassungswirksamkeit
(9.4.1)
2. Mit Raumluftrückführung (ηV , R2 = (1 − ηE ) · ηAB ) ηAB = Grad der Schadstoffabscheidung durch Filter oder
(9.4.2)
Abscheider
• die Raumluftbelastung, den Raumluftbelastungsgrad ηK,R ηK,R1 =
Kvorh − KZU KAB − KZU
(Normalfall, in praktischer Vereinfachung)
Kvorh + KZU KAB + KZU (Fall der verstärkten Umweltbelastung; Ausschließen!)
ηK,R2 =
(9.4.3)
(9.4.4)
k1 =
1 ηV ,R · ηK,R
(ohne Gleichzeitigkeit)
(9.4.5.1)
k2 =
ηG ηV ,R · ηK,R
(mit Gleichzeitigkeit)
(9.4.5.2)
9.2.2
Raumluftabsaugung
Der Schadstoffgehalt der Raumluft kann durch Frischluftzufuhr („Schadstoffverdünnung“) reduziert werden. Zum Einsatz kommen raumlufttechnische Anlagen als Raumluftversorgungssysteme mit Entsorgungsfunktion in den Formen • NUR-Belüftung (Zwangs-ZU-Luftzufuhr und natürliche Abluftabführung), • NUR-Entlüftung (Zwangs-AB-Luftabfuhr und natürliche ZU-Luftzufuhr), Abb. 9.2, • Be- und Entlüftung, • Raumklimaanlagen.
508
9 Absaugsystem
Abb. 9.2 Prinzipien von NUR-Raumluftabsaugsystemen a Obere Raumluft-Absaugung, b Untere Raumluft-Absaugung, c Dach-Raumluft-Absaugung
Zu den Absaugsystemen gehören die NUR-Entlüftungssysteme als Fabrikentsorgungssysteme (↑ Luftversorgung). Einfache Raumluftabsaugsysteme enthalten ausgeprägte Saugsysteme mit Filter oder Abscheider, erfordern ZU-Luftöffnungen, die von FOrt-Luftöffnungen weit entfernt sein müssen (Windrichtung beachten), und sind dezentral oder zentral ausführbar. Ihre Wirksamkeit ist durch die ungleiche Ansauggeschwindigkeit vA über die Raumabmessungen, trotz der hohen technischen Aufwendungen und des sehr hohen energetischen Aufwandes, begrenzt. Sie sollten nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Mit dem gleichen Grundprinzip werden bei örtlichen Absaugungen, wegen der geringeren Erfassungsabstände, bessere Wirkungen erreicht.
9.2.3
Örtliche Absaugsysteme
Örtliche Absaugung, d. h., Absaugung am Schadstoffentstehungsort durch Absaugtechnik (Staubsaugerprinzip), ist gegenüber der Raumluft-Absaugung die energetisch deutlich günstigere Lösung. Ihre Nachteile liegen in der störenden Ausstattungsanordnung am Arbeitsplatz und der Arbeitskraftbewegungseinengung (Kopf, Beine, Arbeitshaltung). Eine raumnutzende Anordnung der Absaugsysteme ist von Vorteil, Abb. 9.3. Absaugsysteme (auch Absauganlagen genannt) enthalten als Grundelemente • eine Erfassungsstelle, • Ansaugrohr (auch Absaugrohr oder Ansaugkanal genannt), • Filter- oder Abscheidereinheit (Filteranlage; Filterpaket: Staubsammelbehälter, Vorfilter, Filter), • Verdichter als Ventilator, Gebläse oder Lüfter (mit Motor und Geräuschminderung), • Abluftrohr (oder Abführungsrohr; Anschlussrohr bei Zentralsystemen; Ausblasrohr; Abluftkanal), • Steuerung (mit Filterüberwachung, Betriebsstundenzähler, Durchflussanzeige, Motorschutz usw.).
9.2 Luftschadstoff-Absaugung
509
Abb. 9.3 Zweiarmige Absaugsysteme unterschiedlicher Anordnung (Schweißrauchabsaugung) a Mobiles Absaugsystem, b Erhöht angeordnetes Absaugsystem
Dimensionierungsaufgaben Die Auslegung konzentriert sich auf die Ermittlung der Erfassungs- und Ansaugverhältnisse, Tabelle 9.1, des Saugvolumenstromes V˙ S (Verdichter) und der Strömungsgeschwindigkeit im Rohr. Nicht vernachlässigbar ist die Druckverlustberechnung für die ↑ Rohrleitungssysteme und Einbauten. Bei absauginternen Anlagen (Beizen, Galvanik, Waschanlagen) erfolgt die Dimensionierung vom Hersteller. Hier wird eine Kontrollrechnung empfohlen. Tabelle 9.1 Dimensionierungsverhältnisse örtlicher Luftschadstoff-Absaugungsprinzipien
510
9 Absaugsystem
Praktische Ausführungsformen • Industriestaubsauger als mobiles Absaugsystem (große Erfassungsstelle; ohne Abluftrohr), Abb. 9.3, • dezentrale Absaugsysteme (Einzelplatzorientierung; Ausführung nach Tabelle 9.1), Abb. 9.4, • zentrale Absaugsysteme (Arbeitssystemgruppenorientierung; Beachtung: Gleichzeitigkeit bei vR im Ansaug- und im Abluftrohr, Widerstandsbeiwerte ζ bei Einbauten), Abb. 9.4.
Abb. 9.4 Luftschadstoffabsaugsysteme a Dezentrales System, b Zentrales System
9.3
Pneumatische Feststoffabsaugung
Die pneumatische Feststoffabsaugung zur Entsorgung flugfähiger Partikel und Teilchen ist als pneumatische Förderung ein Teilgebiet der Fördertechnik (Flugförderung). Bei Anwendung der Prinzipien nach Tabelle 9.1 sind Veränderungen zu beachten: • Kleine Erfassungsstellen bei oberer und seitlicher Absaugung; Teilschüttung bei unterer Absaugung, Begrenzung durch Teilchengröße. • Deutlich höhere Ansauggeschwindigkeiten und Rohrgeschwindigkeiten, Tabelle 9.2. • Beachtung der Schüttdichte durch Schüttvolumen und Flugdichte durch das Mischvolumen der Flugluft. • Filter bei Kleinstpartikeln und Abscheider (Filternetz) bei größeren Teilchen. • Schwerkrafteinfluss bei größeren Teilchen (>30 μm). • Rohrtransportlänge (Erfassungsstelle bis zur Sammel-/Verwertungseinrichtung).
9.4 Hydraulische Absaugung
511
Tabelle 9.2 Orientierungswerte für pneumatische Absauggeschwindigkeiten (von ROCKSTROH 1971)
9.4
Hydraulische Absaugung
Hydraulisches Absaugen setzt Flüssigkeiten voraus. Anwendungsgebiete sind u. a.: • Absetzungen in Klär- und Sanitäreinrichtungen, • Absetzungen in Behältern (Schlammbildung), Behälterschwimmschichten (Schaumbildung), • Rohrleitungsspülungen, • Regenwassereinlaufabsetzungen, Absetzungen in Löschwasserzisternen (auch Teiche), • Trockenstaubentsorgung mit Spülung (Herstellen einer flüssigen Konsistenzmasse) oder • „schwimmende“ AB-Materialentsorgung (Flüssigkeit als Transportgut, Aquasole). Es kommen Pumpen statt Verdichter und Abscheider für Grobstücke (Abb. 9.1) zum Einsatz, woraus sich die Kombinationen mit den Prinzipien • reine hydraulische Absaugung (Erfassungsbehälter → Pumpe → Entsorgungsbehälterfluss), • spülende hydraulische Absaugung (Spülbehälter → Erfassungsbehälter → Pumpe → Entsorgungsbehälterfluss), • kombinierte hydraulische Absaugung (Erfassungsbehälter-, Spülbehälter-, Abscheider-, Pumpen-Entsorgungsbehälterkombination) ergeben. Die Dimensionierungsbedeutung liegt bei der Pumpe, dem Spül- und Erfassungsbehälter sowie der Abscheidung oder Filterung.
512
9 Absaugsystem
• Absaugsysteme sind Entsorgungssysteme der Fabrik, die einen hohen Dienstleistungskooperationsgrad durch Fremdentsorgung haben können. Im Rahmen der Fabrikprojektierung sind auch diese Leistungen mit zu projektieren. • Absaugsysteme sind besonders unter dem Aspekt des Energieaufwandes, des menschlichen Kontaktes und der Instandhaltbarkeit zu betrachten. Erst wenn es keine örtlichen Absaugungsalternativen gibt, sind beispielsweise Raumluftabsaugungssysteme vorzusehen. • Die häufigsten Fehldimensionierungen entstehen durch den Glauben an die Richtigkeit der kaufbaren Technik ohne eigene Dimensionierungsberechnungen und durch die Nichtbeachtung von Verschmutzungen in den Rohrleitungen, Filtern, Abscheidern, Pumpen und Verdichtern. • Luftschadstoff-Absaugsysteme beeinflussen die ↑ Luftversorgung und sollten deshalb mit der Raumluftversorgung projektiert werden. Luftzustandsmessungen der Außenluft zu bestimmten Zeiten werden als notwendig angesehen, um den Fall nach Gl. (9.4.4) zu vermeiden. • Genaue Ausführungsprojektierungen sind von Spezialprojektanten vorzunehmen. Das kann im speziellen Fall der Hersteller der Absaugsysteme sein. • ↑ Abführungsmaterial, ↑ Feststoffentsorgung, ↑ Gefahrstoffe, ↑ Rohrleitungssysteme.
Literatur ROCKSTROH W (1971) Technologische Betriebsprojektierung: Teilsysteme-Gestaltung. Technik, Berlin
10
Arbeitsdichte
Arbeitsdichte (dA): Zur funktionsgerechten Arbeitsdurchführung eines Bezugssystems (Wirksystem, ↑ Arbeitssystem, Betriebsmittel- oder Systemgruppe) notwendige Menge von Arbeitskräften und Arbeitstätigkeiten sowie von Bedienstellen und Bedientätigkeiten. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
BST dAK dB dWS MB tt teB
– AK/BS BST/AK WS/AK ⋅ AS – min/Stück ⋅ Ag min/Stück ⋅ Ag
Bedienstelle Arbeitskräftedichte Bediendichte Wirksystemdichte eines Arbeitssystems Maschinenbedienung Tätigkeitszeit durch Arbeitskräfte oder Industrieroboter Betriebsmittelbelegungszeit
Die Arbeitsdichte ist auf die zu bedienenden Elemente eines Systems (Bezugssystems BS) zu beziehen. Diese Elemente erfordern eine Bewegungsfläche (Bedienf läche, Arbeitsf läche) und einen Bewegungsraum (↑ Arbeitsraum) für die Bedienungsausführenden (Personen, Technikelemente, z. B. Roboter). Wertmäßiger Ausdruck sind die Arbeitskräftedichte dAK, die Betriebsmitteldichte dBM und die Bediendichte dB, Tabelle 10.1.
• Die technologisch mögliche Arbeitsdichte ist in der Teilefertigung häufig kleiner als in der Montage oder in der Instandhaltung. Der Hauptgrund liegt im Technisierungsgrad und in der unterschiedlichen Anzahl von Produktflüssen. • Systeme mit dAK = 1 AK/BS und mehreren Bedienstellen (dB ≥ 2 BST/AK), erfordern bei der Flächendimensionierung eine größere Fläche für die Bedienung durch eine Arbeitskraft. Andererseits wird bei dAK = 1 AK/BS und dB >> 2 BST/AK bei einem technologischen Fabriksystem das theoretische Ziel der „mannlosen“ Betreibung verfolgt. Die Auswirkungen auf die Flächengröße werden hierdurch geringer (Bedienflächen statt Transportwegflächen). K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
513
514
10 Arbeitsdichte
Tabelle 10.1 Gruppierung der Arbeitsdichte (Beispiele für einen Produktfluss)
• Für Systeme können die mittlere Arbeitskräftedichte dAK,m nach Gl. (10.1) und die mittlere Bediendichte dB,m nach Gl. (10.2) ermittelt sowie für Berechnungen (↑ Personalbedarfsermittlung) und Bewertungen herangezogen werden. dAK,m =
(zBM 1 · dAK=1 ) + . . . + (zBM n · dAK=n ) zBM ges ⎧ ⎨ Fall 1: dAK ≥ 1 AK/BS → Ein-MB Fall 2.1: dAK < 1 AK/BS → Mehr-MB (MMB) ⎩ Fall 2.2: dB = 1/dAK ≥ 1 → BST/AK
(10.1)
10 Arbeitsdichte
515
Abb. 10.1 Zeitliche Verhältnisse bei einer 2-Maschinenbedienung ( dWS ≥ 2 WS/AK, vereinfacht)
dB,m =
(zBM 1 · dB=1 ) + . . . + (zBM n · dB=n ) ≥1 zBM ges
BST/AK
(10.2)
• Systeme mit dAK ≥ 2 AK/BS können für die Gruppenarbeit mit Selbstorganisation geeignet sein. Hierauf nimmt u. a. die ↑ Arbeitsgestaltung Einfluss. Durch die Arbeitsdichte werden die Personalmengen, Personalplanungen und Personalqualifikationen beeinflusst. • Das Verhältnis von Arbeitsdichte und Arbeitskraftnutzung ist zu optimieren. Besonders für Verhältnisse von dAK = 1 AK/BS bei dB = 1 BST/AK sind vertiefende Untersuchungen zur Verbesserung anzustreben. • Mehrstellenbedienung führt zur Mehrstellenarbeit (Personal – ↑ Zeitfondsnutzung, dWS ≥ 2 WS/AK) oder zur Mehrmaschinenbedienung (Betriebsmittelund Personalzeitfondsnutzung, dWS ≥ 2 WS/AK), Tabelle 10.1 (Fälle 6 und 7), Abb. 10.1.
11
Arbeitsgestaltung
Arbeitsgestaltung: Beziehungsgestaltung und Optimierung für das Zusammenwirken von Mensch, Technik und Organisation in einem System zur Erfüllung von Aufgaben, Bedürfnissen und Schutzfunktionen in einer Fabrik durch Arbeit (i. A. DIN 33400).
11.1
Notwendigkeit, Gebiete und Aufgaben der Arbeitsgestaltung
Arbeitsgestaltung ist im Rahmen der Fabrikprojektierung überall dort notwendig, wo in Systemen der Fabrik manuelle und technische Arbeit ausgeführt wird, was besonders die Arbeitssysteme betrifft. Aus Sicht der Fabrikprojektierung ist sie ein • Teilgebiet der gestalterischen Projektierung, • Projektierungskomplex im Rahmen der Projektgestaltung, speziell der Systemausführungs- und der Systemrealisierungsgestaltung (Teil I, Kapitel 4) oder ein • Projekt mit allen Projektierungsstufen (Kapitel 4, Teil I), wenn es nur um die Arbeitsgestaltung im Rahmen der Projektierung oder des Fabrikbetriebes geht. Begrifflich liegen unterschiedliche Zuordnungen und Deutungen vor (KURZ u. WEBER 2001), die keinen Einfluss auf die Projektierung haben, aber die Arbeitsgestaltung unterschiedlich interpretieren, beispielsweise als Arbeitswissenschaft, Abb. 11.1, bzw. als Teil der Arbeitswissenschaft. Ergonomie Ergonomie (gr., lat.; engl.: ergonomics) wird als das Fach- und Wissenschaftsgebiet bezeichnet, das sich mit den Leistungsmöglichkeiten, -grenzen und -anpassungen des Menschen beschäftigt, um in einem System die besten Arbeitsbedingungen, -ergebnisse und -leistungen durch die Gestaltung der menschlichen Arbeit zu erreichen. Sie konzentriert sich besonders auf die in der Abb. 11.2 und den Abschn. 11.4 bis 11.6 dargestellten Inhalte. Sie wird hier ergonomische Arbeitsgestaltung genannt. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
517
518
11 Arbeitsgestaltung
Abb. 11.1 Gebiete der Arbeitswissenschaft
Arbeitswissenschaft Die Arbeitswissenschaften erweitern die Ergonomie bzw. die ergonomische Arbeitsgestaltung durch die Einbeziehung weiterer arbeitsgestaltender Gebiete, Abb. 11.1, die allgemein, gesondert und integriert zur Anwendung kommen. Aus den Begriffen in Abb. 11.1 sind die inhaltlichen Ziele erkennbar. Hinzu kommen • Arbeitsanalysen (Belastungs-, Beanspruchungs-, Gefahrenpotentiale), • Arbeitsstudien (Mensch –Technik –, Mensch – Raum –, Mensch – Zeit – Verhältnisse, Mensch – Bewegungs – Relationen, …), • Arbeitsnormung (Norm-Zeit-Regelungen, Pausen-Zeit-Regelungen), die integrierend einbezogen sind oder gesondert ausgeführt werden. Mensch, Technik und Organisation Diese Komponenten bilden in ihrem Relationszusammenhang die Technologie. Für die Fabriktechnologie, die durch die Fabrikprojektierung projektiert und auf dieser Basis durch das System realisiert wird, sind zur Gestaltung der Arbeit die folgenden Komponenten von Bedeutung: • Technik: Anpassungsgestaltung der technischen Elemente an die menschlichen Anthropometrien und Bedürfnisse zur Arbeitsdurchführung, • Fabrikorganisation: Systemaufbau-, Systemablauf-, Systemtätigkeitsorganisation für die menschliche Arbeitsaufgabenerfüllung im System, • Mensch als Arbeitsperson: Erfahrungsträger durch Ausbildung, Kenntniserwerb, Fähigkeitsausprägung; Aktivkraft des Arbeitens (Arbeitskraft). Es leiten sich hieraus Abhängigkeiten für die technologieorientierte Arbeitsgestaltung in der Fabrik ab, Abb. 11.3.
11.1 Notwendigkeit, Gebiete und Aufgaben der Arbeitsgestaltung
519
Abb. 11.2 Ausgewählte Aufgabenkomplexe der ergonomischen Arbeitsgestaltung
Bedürfnisse Die Bedürfnisse der Fabrikbetreiber (Arbeitgeber) und der Fabrikmitarbeiter können übereinstimmen oder unterschiedlich sein. Maximale Arbeitsergebnisse bei geringen Arbeitsaufwendungen stehen einem Leben durch Arbeit und persönlichen
520
11 Arbeitsgestaltung
Abb. 11.3 Faktoren der arbeitsgerechten technologischen Systemgestaltung
Bedürfnissen gegenüber. Der Fabrikprojektant beeinflusst die Bedürfnisbefriedigung durch das projektierte und arbeitsergonomisch gestaltete System. Regeln kann er die Wechselwirkungen durch die Beachtung arbeitswissenschaftlicher Grundsätze nur bei der Projektierung und nicht mehr im Systembetrieb.
11.2
Einbeziehung der Arbeitsgestaltung in die Fabrikprojektierung
Arbeitsgestaltung ist integraler Bestandteil der Fabrikprojektierung, und kann als Spezialprojektierung durchgeführt werden. Sie muss zwingend bei jeder Systemprojektierung in grober, feiner und detaillierter Form einfließen. Abbildung 11.4 enthält hierzu die Anwendungsgebiete. Zu den in der Abb. 11.4 aufgeführten Gebieten kommen weiter hinzu: • • • • • •
die ↑ Gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche, die Bereiche der Dienstleistung, die in der Fabrik wirkenden Partner der ↑ Kooperation sowie Besonderheiten, ↑ Feststoffentsorgung, ↑ Gefahrstoffe, Kühlschmierstoff, ↑ Abführungsmaterial, Standortgestaltung, Rettungsgestaltung, Fabrikanbindungs- und Schnittstellen, äußere Fabrikgesamtgestaltung.
Jedes projektierte System muss eine Arbeitsgestaltung enthalten. Sie ist im Projekt zu dokumentieren.
11.3 Projektierungsbeeinflussungen durch Arbeitsgestaltung
521
Abb. 11.4 Fabrikprojektierungsgebiete mit starker Einbeziehung der Arbeitsgestaltung
11.3
Projektierungsbeeinflussungen durch Arbeitsgestaltung
Durch bestimmte Arbeitsgestaltungsforderungen wird die Systemsynthese hinsichtlich der Funktion (zusätzliche Systemfunktionen), Dimension (zusätzliche Elemente und Räume) und Struktur (Anordnungen, Zuordnungen und zusätzliche Relationen) beeinflusst. Die folgenden Schwerpunkte sind besonders zu beachten. Arbeitsabstandsmaße und Sicherheitsabstandsmaße Abstandsmaße beeinflussen die Flächen- und Raumgrößen der Systeme und Wege. Sie sind projektierungsrelevant und hier unter ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung, ↑ Arbeitsraum, ↑ Fabrikstandortbebauung, ↑ Fabrikverkehrssystem, ↑ Instandhaltung, ↑ Layoutprojektierung, ↑ Produktflusssystemraum, ↑ Produktflusssystemflächen, ↑ Speicherdimensionierung einbezogen. Behaglichkeit Behaglichkeit liegt vor, wenn die arbeitende Person (Arbeitskraft) keine gesundheitlichen, psychischen und physischen Störungen während des Arbeitens empfindet. Da in einer Fabrikstätte im Regelfall mehrere Personen arbeiten, sind auch die Behaglichkeiten personengebunden. Deshalb ist ein optimaler Behaglichkeitsbereich zu projektieren, Abb. 11.5.
522
11 Arbeitsgestaltung
Abb. 11.5 Ausgewählte Faktoren zur Behaglichkeitsbeeinflussung
Durch die Systemprojektierung können alle Systembehaglichkeitsfaktoren entsprechend des fortschrittlichen Standes der Technik in die Arbeitsgestaltung der Systeme einbezogen werden. Für die Behaglichkeitsfaktoren sind wertemäßige Einbeziehungen nur teilweise möglich. Hier ist eine Projektierung durch Faktorannahmen, Faktorkontrollen und Faktorwirkungen möglich. Analogien zu gelungenen Vergleichsobjekten und -projekten sind erforderlich. Da die Behaglichkeitsstörungen frühestens während des Systemablaufs auftreten und bemerkt werden können, sind Schätzungen oder Simulationen die Alternative. Hieraus leiten sich Grundregeln zur Störungsvermeidung ab. Grundregel 1: Vermeidung jeglicher Monotonie Eintönigkeit und Gleichförmigkeit wirken störend auf alle Behaglichkeitsfaktoren und sind bei ununterbrochener menschlicher Arbeit aus humanitären Gründen auszuschließen. Tabelle 11.1 enthält eine Auswahl von Monotoniefaktoren. Tabelle 11.1 Auszuschließende Monotoniefaktoren der Arbeit
11.3 Projektierungsbeeinflussungen durch Arbeitsgestaltung
523
Grundregel 2: Angemessene Arbeitsinhalte Arbeitsinhalte definieren die Arbeitsflexibilität durch funktionelle ↑ Integration, Gl. (11.1). Der Arbeitsinhalt AI enthält die Merkmale (M) der Arbeitsaufgaben/Arbeitskraft (AK), Abb. 11.6. Mittlerer Arbeitsinhalt AIm AIm =
n 1
zAK
MSy j
Merkmale/AK · System
(11.1)
j=1
Abb. 11.6 Arbeitsinhaltsermittlung (Beispiel mit 4 Arbeitskräften). a Verschiedene Arbeitsinhalte. b Spezialisierte Arbeitsinhalte
Grundregel 3: Arbeitssystemmitgestaltung durch die Arbeitskräfte Besonders für Arbeitssysteme mit einem hohen manuellen Arbeitsanteil sollten die wirkenden Arbeitskräfte hinsichtlich der Anordnung der mobilen Ausstattungen einbezogen werden. Dabei darf die fabriksystemabhängige Arbeitssystemgrobstruktur, die durch die Systemprojektierung ermittelt wurde, nicht verändert werden. Im Rahmen von Neuprojektierungen werden deshalb die einzubeziehenden Ausstattungen ermittelt und Lösungen oder Anordnungsvarianten als Vorschläge erarbeitet, die dann individuell angepasst werden. Da das Individuelle nicht überzogen werden darf, ist die Vorgabe von Anordnungs- und Ordnungsregeln notwendig. Das Ziel dieser Grundregel liegt in einer Identifikation der Arbeitskraft mit „ihrem“ Arbeitssystem. Diese Grundregel kann besonders im anlaufenden Betrieb umgesetzt werden. Grundregel 4: Arbeitssystemflexibilität ↑ Flexibilität des Arbeitssystems bedeutet eine Anpassungsfähigkeit des Systems und der Systemelemente an wechselnde Aufgaben. Da die Arbeitskraft Element
524
11 Arbeitsgestaltung
des Arbeitssystems ist, muss auch sie anpassungsfähig bzw. flexibel sein. Dieser Sachverhalt ist projektierungsrelevant. Hier einzubeziehen sind die ↑ Variabilität des Systems und der Arbeitskräfteaustausch. Das bedeutet maßliche Anpassung der Arbeitssysteme an unterschiedliche Arbeitskraftmaße (z. B. Höhenabstimmung durch Podeste). Grundregel 5: Selbstständigkeit und Selbsttätigkeit der Arbeitskräfte Selbsttätigkeit kann durch eine technische Automatisierung, durch einen manuellen Automatismus oder durch ein „Von-selbst-Arbeiten“ der Arbeitskräfte definiert werden. Während die technische Automatisierung eine wirtschaftliche Zielstellung ist und bleibt, darf der menschliche Arbeitsautomatismus definierte Grenzen nicht überschreiten. Praxisbeispiel Die Arbeitskraft bedient den automatisierten Einlegeroboter durch Positioniervorgänge. Diese Lösung sollte durch eine projektierte Arbeitsgestaltung ausgeschlossen und dafür die „Von-selbst-Arbeit“ als eine humanitäre Lösung gefördert werden. Fall 1: Fall 2:
Selbstständigkeit als eigenständiges bzw. eigenverantwortliches Arbeiten im Rahmen von vorgegebenen Regeln einer Organisation (Fabrik, Arbeitssystem). Selbstständigkeit als eigenverantwortliches Arbeiten mit eigenen Gesetzmäßigkeiten und Regeln innerhalb einer Organisation.
Beide Fälle sind in einer Fabrik möglich. In jedem Fall sind Grundregeln, Verantwortlichkeits- und Haftungsgrenzen sowie die Aufgabeninhalte im Rahmen der Fabrikorganisation zu vereinbaren und bei der Projektierung zu berücksichtigen. Grundregel 6: Projekt- und Projektierungskontrolle durch Arbeitsgestaltungsfaktoren Zu einer hochwertigen System- bzw. Fabrikprojektierung gehört ein ständiges Kontrollieren der Inhaltserfüllung, Qualität und der Zukunftsfähigkeit des Projektes. Hier einzubeziehen ist auch die Arbeitsgestaltung, beispielsweise zu den Arbeitsbehaglichkeitsfaktoren nach Abb. 11.5 und zur ↑ Schutzgüte. Ziel ist es, eine humane Fabrik zu projektieren, in der der tätige Mensch nicht nur Arbeitskraft, sondern eine Persönlichkeit ist. Hierauf wirken besonders die korrelierenden und von der Arbeitskraft wahrgenommenen Komplexe Arbeitsbehaglichkeit, Gesundheit durch Arbeit und Arbeitsleistung.
11.4
Lärm
Lärm: Vom Menschen als störend empfundener Schall, der belästigend wirkt und gesundheitsschädlich ist (i. A. DIN 1320).
11.4 Lärm
525
Lärm hat durch die industrielle Entwicklung und durch den Verkehr so stark zugenommen, dass die gesundheitlichen Schädigungen für die Menschen gravierend sind. An erster Stelle der weltweit anerkannten Berufskrankheiten steht die nicht heilbare Lärmschwerhörigkeit. Dieser Sachverhalt hat u. a. zu dem Begriff Lärmbekämpfung geführt. Der Fabrikprojektant steht bzgl. des Lärms in einer besonderen Pflicht, lärmarme Fabriksysteme und Fabriken zu projektieren. Das setzt Kenntnisse voraus, die im Rahmen der Projektierungen systembezogen umzusetzen sind.
11.4.1
Physikalische Grundlagen
Schalldruck p: Druckschwankungen, mit denen die Schallausbreitung in gasförmigen Stoffen (Luft → Luftschalldruck) verbunden ist. Er wird in Pascal (1 Pa = 1 N/m2) angegeben. • Reizschwelle (bei 1.000 Hz): • Schmerzschwelle (bei 1.000 Hz):
p0 = 2 · 10−5 Pa (Hörschwelle) p = 20 Pa (Schädigungsschwelle)
Schallintensität I: Schallstärke als Schallenergie in W/m2 I=
p2 ρ·c
W/m2
(11.2)
ȡ – Dichte des Trägerstoffes (Luft) in kg/m3; c – Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalls im Trägerstoff in m/s ( c ≈ 319 m/s bei Raumluft mit 20°C) • Reizschwelle = Bezugsschallintensität: • Schmerzschwelle:
I0 = 10−12 W/m2 I = 1 W/m2
Schalldruckpegel L: Übertragene Form des Schalldrucks p in eine Pegelschreibweise Berücksichtigt werden die Hörbereichsbreite und das Empfindungsverhalten des menschlichen Ohres (WEBER-FECHNER-Gesetz). 2 pi (11.3) Li = 10 lg dB (Dezibel) p0 pi ist der Schalldruck am Bezugspunkt i in Pa. • Hörschwelle: • Schmerzschwelle:
L0 = lg1 = 0 dB L = 10 lg 1012 = 120 dB (Lärmschwerhörigkeit)
Integraler Schalldruckpegel: Schalldruckpegelwert, der alle Frequenzbereiche eines Geräusches enthält Schalldruckpegelüberlagerung: Wegen der logarithmischen Berechnung dürfen Schalldruckpegel nicht addiert, sondern müssen in Abhängigkeit von den wirkenden Schallquellen (m ≥ 2) überlagert werden. Lges ≈ L + 10 lgm
dB
(11.4)
526
11 Arbeitsgestaltung
Schallfrequenz: Übertragungsbreite des Schalls in Hertz (Hz), Abb. 11.7.
Abb. 11.7 Isophone, Kurven gleichen Lautstärkeempfindens und A-Bewertung (von KOETHER et al. 2001)
Die subjektiv empfundene Lautstärke hängt vom Schalldruckpegel L und der Schallfrequenz ab. Ganz tiefe und ganz hohe Töne werden weniger laut empfunden, als Töne im Frequenzbereich von 1.000 bis 5.000 Hz. Höhere Schallfrequenzen stören im Regelfall stärker als niedrigere. Hierauf nimmt auch der Hörverlust durch das Lebensalter Einfluss, Abb. 11.8. Lautstärkemaß: Frequenzbewertetes Maß des integralen Schalldruckpegels, das dem Gehörempfinden des Menschen entspricht. Angabe in dB (…). Vier Lautstärkemaße sind in Abhängigkeit von den verwendeten Frequenzbewertungsfiltern gebräuchlich. • A – Bewertung: Entspricht dem Frequenzgang des menschlichen Ohres für leise Geräusche und ist am gebräuchlichsten. Angabe in LA (A-bewerteter Schalldruckpegel) und dB (A) = Lautstärkemaß. • B – Bewertung: Laute Geräusche; LB und dB(B). • C – Bewertung: Sehr laute Geräusche; LC und dB(C). • D – Bewertung: Besonders laute Geräusche (Fluglärm, Disco); LD und dB(D).
11.4 Lärm
527
Abb. 11.8 Durchschnittlicher altersbedingter Hörverlust (von HARDENACKE et al. 1985)
Lautheitsmaß: Empfindungsmaß der Lautstärke durch das menschliche Ohr Untersuchungen (erste Untersuchungen von Physiker BARKHAUSEN, ab 1920) haben ergeben, dass Schalldruckpegelerhöhungen um 10 dB ab 40 dB (≥50 dB) als doppelt so laut empfunden werden. • Bezugslautheitsmaß:
N =2
L−40 10
N0 = 1 sone bei 40 dB und 1000 Hz N = 2 sone bei 50 dB und 1000 Hz N = 4 sone bei 60 dB und 1000 Hz, …
(L ≥ 40 dB)
(11.5.1)
• Lautheitserhöhungsfaktor NE (Empfindungsvervielfachung) L
NE = 2 10
11.4.2
(11.5.2)
Schallquellen
Schallquelle: Schallerzeugendes Element eines Systems als Lärmemittent (Lärmquelle) Beispiele • Vorrichtungen, Werkzeuge, Handmaschinen, …, • Tonvermittelnde Geräte (Radio, Fernseher, Telefon, …), • Stationäre Maschinen (Werkzeug-, Hobelmaschinen, …), • Mobile Maschinen (Fahrzeuge, Stapler, Krane, …), • Mensch (Gespräche, Rufe, Schreie, …), • Anlagen (Druckluftentnahme, „Druckablassen“, …) sowie • Schlag-, Stoß-, Rotations- und Reibungskräfte.
528
11 Arbeitsgestaltung
11.4.3
Lärmgrenzwerte und Lärmberechnung
Lärmwerte werden gesetzlich (TA-Lärm 1998) vorgegeben, gemessen und bei der Projektierung berechnet. Basis bildet ein sogenannter Beurteilungspegel LP (DIN 45645, TA-Lärm 1998), Gl. (11.6).
11.4.3.1
Lärmbeurteilungspegel n Li 1 Lr = 10 · lg · ti · 10 10 dB(A)/Bezug tB i=1
(11.6)
Li – Gemessene oder vom Hersteller angegebene Schalldruckpegel tB – Beurteilungszeit, in der eine Person einer Lärmbeeinflussung ausgesetzt ist, z. B. Stunden/Schicht n
ti – Einzelzeiten in der Vereinfachung von ti = 8 Stunden i=1
11.4.3.2 Gesetzliche Grenzwerte für die Lärmemission Auf der Basis der Gl. (11.6) haben die gesetzgebenden Einrichtungen Grenzwerte vorgegeben, Tabelle 11.2, die einzuhalten oder zu unterschreiten sind.
Tabelle 11.2 Gesetzliche Lärmgrenzwerte
11.4 Lärm
529
11.4.3.3 Berechnung des Gesamtschalldruckpegels Lges Im Rahmen der Systemprojektierung kann der Schalldruckpegel im Raum nicht gemessen, sondern muss berechnet werden. Basis bilden die Herstellerangaben. Zwei Berechnungsmethoden sind möglich. Genauberechnung Mit einem Bezug zur Gl. (11.4) kann der Gesamtschalldruckpegel Lges mit Gl. (11.7) vorausbestimmt werden. Als bekannt werden vorausgesetzt: • Anzahl der Schallquellen (1 … m) und die • Schalldruckpegeleinzelwerte ( L1 … Lm) der Schallquellen (Maschinen). L1 L2 Lm Lges = 10 lg 10 10 + 10 10 + · · · + 10 10
(11.7)
dB
Näherungsweise Vorausbestimmung Überschlägliche Werte können in praktischer Vereinfachung mit einer Formel von RUBLACK berechnet werden. Sie geht von einer Erhöhung des Schalldruckpegelwertes bei gleichen oder ungleichen Einzelwerten aus, Tabelle 11.3. Beispiel Zwei Maschinen erzeugen einen Schalldruckpegel von jeweils 70 dB/Maschine. Zusammen erzeugen sie 73 dB, Gl. (11.8). Lges = 70 + 10 lg 2 = 73 Lges = Lj max + LZu
dB
dB (LZu in Tabelle 11.3)
(11.8.1) (11.8.2)
Tabelle 11.3 Näherungsberechnung des Gesamtschalldruckpegels von RUBLACK
Formelschrittfolge: Schritt 1: Schritt 2:
Paarweises Ordnen der einzelnen Schalldruckpegelwerte Ermittlung der Wertedifferenz ΔL eines Wertepaares
530
11 Arbeitsgestaltung
Schritt 3: Schritt 4: Schritt 5:
11.4.4
Zurechnen von LZu zum maximalen Einzelwert des Wertepaares Neue Paarbildung und Wiederholung des Schrittes 3 Wiederholung des Schrittes 4, bis keine Paarbildung mehr möglich ist.
Schallausbreitung und Schalldämmung
Schall wird von einer Schallquelle erzeugt und breitet sich im Raum und im Umfeld in unterschiedlicher Form aus, Abb. 11.9. Diese Ausbreitungsformen sind bei der System- und Raumprojektierung zu beachten. Körperschall: Von technischen Elementen übertragener Schall, der durch die ↑ Maschinenaufstellung beeinflusst wird. Direktschall: Schall der Lärmquelle, der im Regelfall der Herstellerangabe entspricht. Reflexionsschall: Rückführender (Luft-)Schall, der durch lärmdämmende Wandelemente nicht absorbiert (aufgenommen, „geschluckt“) wurde.
Abb. 11.9 Wege und Formen der Schallausbreitung im Raum
LR = LDirect − LAbs(orption)
dB
(11.9)
Schallabsorptionsgrad ȘAbs: Maß der Schallabsorption durch Baustoffe und Gütemaß der Lärmdämmung ηAbs =
IAbs Igesamt
0 ≤ ηAbs ≤ 1
(11.10)
IAbs – Absorbierte Schallintensität in W/m2; Iges – Auf das Hindernis auftreffende Gesamtschallintensität in W/m2 LRaum = (1 − ηAbs ) · Lges
dB
(11.11)
11.4 Lärm
531
Schallabsorptionsfläche AAbs: Notwendige Flächengröße zur Schallabsorption AAbs =
e
(ηAbs · A)i
m2
(11.12)
i=1
Ai – Teilfläche der Absorptionsart i in m2 Durch den bautechnischen Lärmschutz ist vom Bauprojektanten der Nachweis der Lärmdämmung zu führen. Das bedeutet die Verwendung schallabsorbierender Baustoffe (Lochziegel, Baumwolle-Faltstoffe, Holzplatten, Watteplatten usw.) Schallfeld: Schallpegelverteilung zwischen Schallquelle und Raumwand. Unterscheidbar sind Direktschallfeld und Diffusschallfeld, Abb. 11.10. In Abb. 11.10 wird zum Ausdruck gebracht, dass mit zunehmender Entfernung von der Schallquelle der Direktschall abnimmt, der Diffusschallpegel relativ konstant ist und der Reflexionsschall (aus allen Richtungen) im Raum dominiert. In langen Räumen (SL >> SB, SH) reicht das Direktschallfeld etwa bis SH/2, danach erfolgt – in unausgekleideten Räumen – ein Schallpegelabfall von ≤ 3 dB je Entfernungsverdopplung.
Abb. 11.10 Beispiel für die Schallausbreitung im kubischen Raum (von TROGNITZ et al. (1966) in BECKERT (1977))
Schalltransmission: Schalldurchlässigkeit durch die Bauelemente eines Gebäudes oder Raumes, Abb. 11.9 und 11.11. Ein Schallübergriff erfolgt auf benachbarte Räume oder Gebäude und auf die Umwelt. Zur Lärmminderung sind die Bauelemente schalldämmend in Abhängigkeit vom Schalltransmissionsgrad ȘLT , Gl. (11.13), auszuführen. Schalltransmissionsgrad ηLT =
IT I
0 ≤ ηLT ≤ 1
IT – Durch das Bauelement durchgelassene Schallintensität in W/m2 I – Vorhandene Schallintensität der Schallquellen in W/m2
(11.13)
532
11 Arbeitsgestaltung
Abb. 11.11 Verhältnisse bei der Schalltransmission (Erläuterung in Abb. 11.9)
Schalldämmung: Maßnahmen zur Minderung der Schalltransmission bzw. der Schalldurchlässigkeit von Bauelementen. Maß der Schalldämmung ist der Widerstandswert R in dB, Gl. (11.14), der durch die Bauelemente bzw. durch geschichtete Bauelemente erreicht wird, Abb. 11.12. R = 10 lg
I IT
(11.14)
dB
Abb. 11.12 Verhältnisse zur Berechnung der Schalldämmung. a Zusammengesetzte Wandflächen. b Homogene und zusammengesetzte Wände
1. Homogene Wandf läche (BERGERsches Gesetz) R = 18 lg ρA + 12 lg f − 25
(11.15.1)
dB
A – Flächendichte des Bauelementes in kg/m2 f – Frequenz des Schalls in Hz 2. Zusammengesetzte Wandflächen (von TROGNITZ et al. (1966) in BECKERT (1977)
Rges
A1 R0 −R1 10 ≈ R0 − 10 lg 1 + · 10 −1 A0
dB
R0 – Schallwiderstandswert der Gesamtfläche A0 in dB R1 – Schallwiderstandswert der Wandfläche A1 in dB
(11.15.2)
11.4 Lärm
533
Beispiele Orientierungswerte für R (von SLAWIN 1960): Material
Flächendichte A[kg/m2]
R in dB
Filz Karton (5 mm) Glas (4 mm) Stahlblech (2 mm) Ziegelwand (170 mm) Stahlbeton (80 mm) (110 mm) Luft (Öffnungen in der Wand)
2,83 3,00 12,00 15,60 240,00 170,00 240,00
6 16 28 33 46 44 47 0
11.4.5
Maßnahmen zur Lärmminderung (Lärmbekämpfung, Lärmschutz)
Die gesundheitlichen Schäden durch Lärm sind sehr groß und nicht nur auf die fabrikliche Arbeit zurückzuführen. In zunehmendem Maße erfolgen Schädigungen im Wohn- und Freizeitbereich (Diskotheken, Ohrhörer, Techno-Musik, Veranstaltungen mit Beschallung, …), besonders der jugendlichen Menschen. Ausgewählte Schädigungen sind: • Schlafstörungen, Reizbarkeit, Aggressivität (nervöse Störungen), • Kreislaufbelastung, Blutdrucksteigerung, Verdauungsabnahme (psycho-somatische Störungen), • Gehörschaden (Hörschwellenverlagerung, Taubheit, Lärmschwerhörigkeit → Todesursache, Tod nach etwa 10 Jahren Lärmschwerhörigkeit). In der Fabrik sind drei Maßnahmegruppen zur Lärmminderung durch Projektierung in folgender Reihenfolge zu beachten: 1. Wirkungsbeseitigung (Verfahrensaustausch, Störquellenbeseitigung), 2. Wirkungsminderung (Verfahrensverbesserung, ↑ Maschinenaufstellung), 3. Wirkungsschutz (Schutz des Menschen).
11.4.5.1 Wirkungsbeseitigung Durch Substitution soll die störende Schallquelle beseitigt, d. h., durch eine nicht störende Schallquelle ausgetauscht werden. Das setzt die Kenntnis der Schalldruckpegelwerte der zu wählenden Systemelemente voraus. Der Projektant ist hier auf
534
11 Arbeitsgestaltung
die Herstellerangaben angewiesen. Sofern keine gutachterlich zertifizierten Werte vorliegen, sind die Werte • vom Projektanten beim Hersteller (oder Lieferer) vor Ort oder anderswo zu messen oder glaubwürdig messen zu lassen, • vom Hersteller (Lieferer) mit Haftungsrisikoübernahme schriftlich zu bestätigen. Die Bezugsbasis für den Projektanten ist der gesetzlich festgelegte Lärmgrenzwert von ≤ 85 dB (A), Tabelle 11.2, oder die Ergebnisse der Berechnung mit den Gl. (11.7) und (11.8). 11.4.5.2 Wirkungsminderung Durch den zusätzlichen Einsatz von technischen Elementen erfolgt eine Verminderung des Lärms. Anerkannte Maßnahmen sind: 1. Aktive Entstörung der Elementeschwingungen durch eine schwingungsisolierte ↑ Maschinenaufstellung (→ Lärmemissionsminderung). 2. Passive Entstörung der Elementeschwingungen durch eine schwingungsisolierte ↑ Maschinenaufstellung (→ Lärmimmissionsminderung). 3. Lärmdämmende Systemgestaltung durch luftschalldämmende Zusatzelemente im System (→ Luftschalldämmung durch Stoffgehänge, Schaumstoffplatten oder -beutel, -säcke, -behälter). 4. Lärmdämmende Raumgestaltung durch luftschalldämmende Wand- bzw. Deckenzusatzelemente (→ Reflexions-, Diffus- und Transmissionsschalldämmung). 5. Schallausbreitungsdämmung durch den Verschluss von Öffnungen, beispielsweise durch automatisch wirkende Doppeltüren (→ Minderung des Raumaustrittlärms). 6. Einhausung bzw. Kapselung der störenden Schallquelle und individuelle Lärmminderungsgestaltung des Kapselraumes (→ Schalldämmung). Die Maßnahmen zur Wirkungsminderung erfordern erhebliche Aufwendungen, die insgesamt vom Projektierungsniveau abhängen. 11.4.5.3 Wirkungsschutz Wirkungsschutz bedeutet individueller Gehörschutz für die tätigen Menschen. Er wird notwendig, wenn die technischen Mittel der vorgelagerten Maßnahmegruppen nicht ausreichend sind. Wirkungsschutz muss deshalb als eine Vorsorge angesehen werden. Schutzmaßnahmen sind: 1. Gehörgangverschluss: 2. Gehörschutzkapseln:
• Ohrstöpsel, Wattekugeln (Ohropax), Gehörschutzwatte • Anwendung nur bis ≤ 100 dB (A), • Kopfbügel mit Kapseln zur Ohrmuschelabdeckung • Anwendung bis etwa ≤ 115 dB (A),
11.5 Mechanische Schwingungen (Vibration)
3. Lärmschutzhelm: 4. Einsatzbegrenzung 5. Arbeitsrotation: 6. Vorsorge
535
• Gesichtsfreie Kopfabdeckung, • Einsatzzeitbegrenzung der Arbeitskraft, • Unterbrochene Einsatzzeit durch Pausen über die Tageszeit, • Zunehmende Pausenzeit über die Tagesarbeitszeit, • Arbeitskraftwechsel über die Tagesarbeitszeit, • Arbeitsplatzwechsel, • Regelmäßige medizinische Untersuchungen, • Arbeitszeitverkürzung und Mehrurlaub.
Die Wirkungsschutzmaßnahmen sind vom Projektanten in Abstimmung mit den medizinischen Diensten vorzugeben und durch den Fabrikbetrieb zu kontrollieren.
11.5
Mechanische Schwingungen (Vibration)
Mechanische Schwingungen sind für den Menschen störend, belästigend und gesundheitsschädlich. Folgen der Wirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen sind: • nervöse Belästigung (Reizbarkeit, Schlafstörung, Herz-Kreislauf-Erkrankung), • Gesundheitsschäden (Bandscheibenveränderung, Bindegewebsentzündung, Magengeschwüre, Nierensenkungen und -entzündungen, Gelenkentzündungen, …), • Leistungsminderung (visuelle Leistungen, feinmotorische Leistungen, …). Es sind Ganzkörperschwingungen und Teilkörperschwingungen zu unterscheiden. Beide Formen sind nach Möglichkeit zu vermeiden oder so durch die Projektierung zu mindern, dass keine Gesundheitsschädigung möglich wird.
11.5.1
Ganzkörperschwingungen
Die mechanischen Schwingungen einer Schwingungsquelle (Maschine, Fahrzeug) werden über Füße, Knie, Gesäß, Rücken oder andere Körperteile auf den gesamten menschlichen Körper übertragen. Zwei Schwingungsfälle (Fälle 1 und 2), Abb. 11.13, und vier Fälle für Einwirkungszeiten (Fälle 3 bis 6) sind zu unterscheiden.
Abb. 11.13 Mechanische Schwingungssysteme ( übertragene Störkräfte Fü). a Aktives Schwingungssystem (Emission). b Passives Schwingungssystem (Immission)
536
11 Arbeitsgestaltung
Fall 1: Fall 2: Fall 3:
Der Mensch ist ständiges Element eines Systems (Aktives MenschMaschine-Schwingungssystem). Der Mensch ist wechselndes Element eines Systems (Passives MenschMaschine-Schwingungssystem), das stört oder gestört wird. Ununterbrochene Schwingungseinwirkung (starke Gesundheitsfolgen).
tG ≤ tE
ZE/Bezugszeit
(11.16.1)
tG – Grenzeinsatzzeit in Zeiteinheiten (ZE)/Bezugszeit (z. B. Schicht) tE – Expositionszeit (Einwirkzeit) für die bewertete Schwingungsbeschleunigung, Abb. 11.14 und 11.15
Abb. 11.14 Physiologisches Koordinatensystem (DUPUIS 1993 in KOETHER et al. 2001) a Gesamtkörper, b Teilköper (Hand – Arm)
Abb. 11.15 Kurven gleich bewerteter Schwingungsstärke für den sitzenden und stehenden Menschen nach VDI 2057
11.5 Mechanische Schwingungen (Vibration)
Fall 4:
tG ≤
537
Unterbrochene Schwingungseinwirkung bei zeitlich konstanter Schwingungsbeschleunigung n
tEi (mit tG = tGi )
ZE/Bezugszeit
(11.16.2)
i=1
tEi – Teilexpositionszeit Fall 5:
Schwingungseinwirkung bei zeitlich schwankenden Beschleunigungen n tG ηS = 0 ≤ ηS ≤ 1 (11.16.3) tE i i=1 ȘS – Schwingungseinwirkungsgrad
Fall 6:
Keine Schwingungseinwirkungen
tEi = 0
11.5.2
ZE/Bezugszeit
(11.16.4)
Teilkörperschwingungen
Teilkörperschwingungen entstehen durch Schwingungseinleitung in den menschlichen Körper über die Hand und den Arm, Abb. 11.14b, bzw. den Fuß und das Bein oder über andere Kombinationen. Die Fälle 1 bis 6 der Ganzkörperschwingungen sind in Analogie sinnvoll zu übertragen. Es gilt Abb. 11.16.
Abb. 11.16 Frequenzabhängige Bewertung bei der Einwirkung von Hand-Arm-Schwingungen in x-, y- und z-Richtung (VDI 2057, KOETHER et al. 2001)
538
11 Arbeitsgestaltung
Mit der Tabelle 11.4 wird darauf hingewiesen, dass es K-Werte (Wahrnehmungsstärke) gibt, diese aber noch nicht in der gesamten Breite für die MVI bereitliegen. Tabelle 11.4 K-Werte für ausgewählte Betriebsmittel (von DUPUIS 1988 in KOETHER et al. 2001)
11.5.3
Schwingungsbewertung
Zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden und zur Erhöhung der Betriebsmitteleinsatzzeiten müssen mechanische Schwingungen bekämpft, d. h., ausgeschlossen oder gemindert werden. Die Wahrnehmung der Schwingung durch Menschen unterliegt Schwankungen (Alter, Geschlecht, Einstellung, Rhythmus, Kondition, …). Diese Schwankungen können durch die Projektierung nicht umfassend berücksichtigt werden. Der Projektant muss sich auf die Verhältnisse nach Tabelle 11.5, Abb. 11.17, und die folgenden Maßnahmen mit dem Ziel beziehen, Schwingungen unter Beachtung des Standes der Technik zu vermeiden. Tabelle 11.5 Zusammenhang zwischen bewerteter Schwingungsstärke und subjektiver Wahrnehmung nach VDI 2057
11.5 Mechanische Schwingungen (Vibration)
539
Wirkungsbeseitigung der Schwingung Die Vorgehensweise entspricht der von Schallquellen (Abschnitt 11.4.5). Der Grenzwert liegt bei etwa K = 7,5, Abb. 11.17, für einen Arbeitstag mit 8 h/Tag ⋅ Person.
Abb. 11.17 Zulässige bewertete Schwingungsstärke K in Abhängigkeit von der Einwirkungsdauer nach VDI 2057
Wirkungsminderung der Schwingung Ganzkörperschwingungen werden durch die Verfahren der ↑ Maschinenaufstellung und durch Schwingsitze bei Fahrzeugen gemindert. Teilkörperschwingungen (Hände und Arme) werden durch die Wahl des Betriebsmittels, der Betriebsmittelaufstellungen und eine Regelung der installierten Leistung gemindert. Wirkungsschutz vor Schwingungen Maßnahmen sind (Beispiele): • • • • •
Matten zur Schwingungsisolierung, Schuhe mit schwingungsisolierten Sohlen, Handschuhe mit Fütterung, Arbeitszeit-Pausenzeit-Gestaltung, Sitzunterlagen, Rückenstützen (Kissen, Schaumgummi, …), räumlich getrennte Aufstellung von schwingenden und nicht schwingenden Betriebsmitteln, • Arbeitsrotation der Arbeitskräfte.
540
11.6
11.6.1
11 Arbeitsgestaltung
Weitere Gebiete der ergonomischen Arbeitsgestaltung Beleuchtungsgestaltung
Das menschliche Arbeiten in ↑ Arbeitssystemen setzt eine Beleuchtung in Abhängigkeit von der Arbeitsaufgabe voraus. Die Notwendigkeit der Beleuchtungsgestaltung erklärt sich durch die menschliche Sinneswahrnehmung über das Sehen mit den Augen. Im Durchschnitt erfolgt eine Sinneswahrnehmung (Eindrücke, Informationen, Reize, Wachsein, Signale) von mehr als 80% über das Auge, etwa 10% über das Gehör und nur etwa 5% über den Tastsinn (Fühlen). Psyche und Physis des Menschen erfordern deshalb eine gute ↑ Lichtversorgung für alle Systeme und Räume der Fabrik.
11.6.2
Farbgestaltung
Farbe und Farbgestaltung unterstützen das menschliche Sehen, die Behaglichkeit und die Psyche bei der Arbeit. Farbgestaltung bedeutet eine Farbgebung der Systeme und Räume nach physiologischen, psychologischen, ästhetischen, harmonischen, ökonomischen und praktischen Gesichtspunkten, und zwar aus der Sicht des Tabelle 11.6 Reflexionsgrade von Farben und Materialien sowie Reflexionsgradempfehlungen für Baukonstruktionen (von SCHMALE und HARTMANN in KOETHER et al. 2001)
11.6 Weitere Gebiete der ergonomischen Arbeitsgestaltung
541
arbeitenden Menschen (nicht des Projektanten, Architekten oder Künstlers). Zu beachten sind: • Farbton: • Reinheit: • Helligkeit:
• Farboberfläche: • Farbempfindung: • Farbkomposition:
11.6.3
Messbare Wellenlänge innerhalb des Farbspektrums. Messbar an den Anteilen reiner Farbe in den Grenzen von Weiß oder Schwarz. Messbar am Reflexionsgrad, Tabelle 11.6, d. h., Lichtanteil, der von der Farbe reflektiert wird. Reines Weiß hat einen Reflexionsgrad von ηR = 1 = 100% (Beginn bei 80%) und Schwarz hat einen Reflexionsgrad von ηR = 0 = 0%. Blank, matt, rau, blendend (gestrichen, gerollt, geworfen). Menschliche Sinnesempfindung (rot → warm, erregend; grün → beruhigend, erholsam und monoton bei zu viel grün). Abgestimmte Farbverhältnisse von Raum, System, Arbeitskleidung und Signal-/Kennzeichnungsfarbe.
Gestaltung der Arbeitsbewegungen und Arbeitsorganisation
Arbeitsbewegungsgestaltung beinhaltet eine maßliche ↑ Arbeitsraum- und Arbeitsflächengestaltung, die im Rahmen der ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung zu projektieren ist, SCHMITTKE et al. Von Bedeutung sind: • Abstands- und Sicherheitsmaße, • Arbeitsbewegungswege und Arbeitskraftmomente in den folgenden Kategorien: 1. Arbeiten im Sitzen (örtliche Bewegung = 0, Körperbewegung, Momente → 0), 2. Arbeiten im Stehen (örtliche Bewegung = 0, Ganzkörperbewegung, Momente > 0), 3. Arbeiten im Liegen (örtliche Bewegung = 0, Körperbewegung, Momente → 0), 4. Arbeiten im 5m-Bereich (räumliche Bewegung, Ganzkörperbewegung, Momente >> 0), 5. Arbeiten im Stehen, Sitzen mit Gehen (vorgegebene Bewegungsfolge; Momente >> 0). 6. Arbeitshöhen, Bewegungsräume und Greifraum, Abb. 11.18, (↑ Arbeitssystem), • Arbeitshaltung (Bewegungs- vor Muskelbeanspruchung, Wirbelsäulenbelastung → 0), • Körperkrafteinsatz, Tabelle 11.7, • Arbeitserholungszeiten nach Arbeitsbelastungen (Zeitbestimmung), • Arbeitskraftbindungsformen im Rahmen der Arbeitsorganisation, Tabelle 11.8.
11.6.4 Arbeitsraumklimagestaltung ↑ Luftversorgung, ↑ Wärmeenergieversorgung, ↑ Absaugsysteme sind die wesentlichen Komponenten der Arbeitsraumklimagestaltung im Behaglichkeitsbereich des ↑ Arbeitsraumes.
542
11 Arbeitsgestaltung
Abb. 11.18 Aufgabenabhängige Arbeitshöhen. a Gestaltungsprinzipien zur Auslegung von Sitzarbeitsplätzen (von BULLINGER 1994). b Empfehlungsbereiche für Arbeitshöhen bei Sitz- und Stehtätigkeit in Abhängigkeit von der Körpergröße (von KOETHER et al. 2001)
Tabelle 11.7 Richtwerte für das Heben und Tragen von Lasten mit geradem Rücken (von HETTINGER 1991 in KOETHER et al. 2001)
11.6 Weitere Gebiete der ergonomischen Arbeitsgestaltung
543
Tabelle 11.8 Arbeitskraft-Bindungsformen der Arbeitsorganisation
11.6.5 Arbeitsgefahrengestaltung und Arbeitssicherheitsgestaltung Gefahrenermittlung, -beseitigung, -verminderung und -schutz sind die Hauptkomponenten der vorbeugenden Gefahrengestaltung. Besondere Beachtungen sind für folgende Komplexe notwendig: ↑ Gefahrstoffe, Aerosole, ↑ Abführungsmaterial, ↑ Feststoffentsorgung, Effekte, natürliche, technische und menschliche Reaktionen, Bewegungen, Bewegungsfolgen und Bewegungsrelationen (Ecken und Kanten), menschlicher Unverstand (Spielerei, Neckerei, Ärgernisse), Arbeitsschutzverordnungen (Arbeitsstättenverordnung, Unfallverhütungsvorschriften), • technische Schutzvorrichtungen und Betriebsvorschriften.
• • • • •
11.6.6 Arbeitsnormung und Arbeitsklassifizierung Die Ergebnisse dieser Gebiete gelten für die Projektierung als vorgegeben oder sind im Rahmen der Systemprojektierung zu erarbeiten. Normvorgaben aus der Projektierung sind keine Echt-Normen für den Systembetrieb. Diese sind im Verlaufe des Fabrikanlaufes bzw. des Fabrikbetriebes zu erarbeiten, REFA (1992).
544
11 Arbeitsgestaltung
• Arbeitsgestaltung ist sehr eng mit der Fabrikprojektierung verbunden. Sie ist Bestandteil der Systemausführungsgestaltung. Im Einzelfall sind gesonderte Projekte zur Arbeitsgestaltung insgesamt oder zu Teilen davon notwendig (↑ Genehmigungsverfahren). • Arbeitsgestaltung muss als ein Spezialgebiet der Fabrikprojektierung angesehen werden, das durch spezialisierte Fabrikprojektanten und nicht vom NUR-Spezialisten wahrgenommen wird, da sonst der Projektierungscharakter verloren geht. • Alle Gebiete der Arbeitsgestaltung sind sorgfältig in die Projektierung von Fabriken einzubeziehen. Eine Begrenzung auf die ↑ Arbeitssysteme ist deshalb nicht möglich.
Literatur BECKERT M (1977) Betriebs- und Arbeitsgestaltung, Nutzensrechnung, Operationsforschung – Wissensspeicher für Technologen. Fachbuchverlag, Leipzig BULLINGER HJ (1994) Ergonomie. Teubner, Stuttgart DIN 1320 (2009) Akustik – Begriffe. Beuth, Berlin DIN 33400 (1983) Gestaltung von Arbeitssystemen nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen. Beuth, Berlin DIN 33411 (1982) Körperkräfte des Menschen. Beuth, Berlin DIN 45645 (1997) Ermittlung von Beurteilungspegeln aus Messungen. Beuth, Berlin DUPUIS H et al (1988) Mechanische Schwingungen. Kenntnisstand über Beanspruchung, Belastung, Minderung und Richtwerte. Forschungsbericht Nr. 552, Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven DUPUIS H (1993) Mechanische Schwingungen und Stöße. In Ergonomie. Hrsg. SCHMIDTKE H, Carl Hanser, München,Wien HARDENACKE H, PEETZ W, WICHARDT G (1985) Arbeitswissenschaft. Hanser, München KOETHER R, KURZ B, SEIDEL U, WEBER F (2001) Betriebsstättenplanung und Ergonomie – Planung von Arbeitssystemen. Hanser, München KURZ B, WEBER F (2001) Arbeitswissenschaft, Ergonomie und Arbeitssystemgestaltung, in KOETHER et al (2001) REFA (1992) Methodenlehre des Arbeitsstudiums. Hanser, München SCHMIDTKE H et al (1993) Ergonomie. Hanser, München SLAWIN I (1960) Industrielärm und seine Bekämpfung. Technik, Berlin TA-Lärm (1998) Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, GMBL, S. 503 TROGNITZ V et al (1966) Arbeitsgestaltung, Arbeitsstudium und Arbeitsnormung, in BECKERT M (1977) VDI 2057 (2002) Einwirkung mechanische Schwingungen auf den Menschen – Hand-Arm Schwingungen. Beuth, Berlin
12
Arbeitsplatzflächendimensionierung
Arbeitsplatzflächendimensionierung: Aufgabe und Teilgebiet der Projektsynthese zur vorausschauenden funktionell-dimensionalen, beanspruchungs- und betreibungsgerechten Auslegung der Arbeitsplatzfläche von ↑ Arbeitssystemen. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
AA,AP AAP AAP,G
m²/AP m²/AP m²/AST
ABSP AE
m²/SP m²/AST
AE i j
m²/Arbeitsplatz
AE,AP Afr AG AG,AP AKo AN AP ASi b
m²/AP m²/System m²/Element m²/AP m²/AP m²/BO – m²/AP m/Element
b bAP
m m/AP
bBSP BM
m/SP m/AST
BSP
–
d fAP
m –
Arbeitsfläche eines Arbeitsplatzes Arbeitsplatzfläche des Arbeitssystems Grundfläche des Wirksystems (Arbeitsstelle) als Flächenelement eines Arbeitsplatzes Speicherbelegungsfläche Elementeersatzfläche; konturlose Fläche eines flächenbelegenden Elementes Ersatzfläche der einbezogenen Elemente i des Arbeitsplatzes für das Arbeitssystem j Elementebelegungsfläche des Arbeitsplatzes Freie Fläche Grundfläche, Belegungsgrundfläche Effektive Arbeitsplatzbelegungsgrundfläche Konstruktionsfläche, durch Tragsysteme entstandene Fläche Anordnungsfläche der Bezugsobjekte BO Arbeitsplatz eines Arbeitssystems Sicherheitsfläche, Bestandteil der Bruttofläche Elementebreite (E – Element, SP – Speicher, TE – Transporteinheit) Bedienmaß, speziell für Personen Arbeitsplatzgesamtbreite (MO – Montage, I – Instandsetzung) Speicherbreite Breite der Wirksysteme oder Arbeitsstellen (M – Maschine, MO – Montageobjekt) Bearbeitungsspeicher ≡ Arbeitsspeicher ≡ Bereitstellspeicher Durchgangsmaß, speziell für Personen Flächenbedarfskennzahl (A – Gesamtarbeitsplatz, S – Senkrechtanordnung, P – Parallelanordnung, SP – Speicher, fr – freie Fläche)
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
545
546
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
fE,AP i l
– – m/Element
lAP
m/AP
lBSP LM
m/SP m/AST
si w
m m
zAST zBSP zSP zTE zZ ȘAP,b Ü,A
Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl – –
Ü,AP
–
Flächenentwicklungs- und Korrekturfaktor Laufindex Flächenelement Elementelänge (E – Element, SP – Speicher, TE – Transporteinheit) Arbeitsplatzgesamtlänge (MO – Montage, I – Instandsetzung) Speicherlänge Länge der Wirksysteme oder Arbeitsstellen (M – Maschine, MO – Montageobjekt) Sicherheitsabstandsmaß Abstandsmaß für die Instandhaltung, speziell für die Wartung durch Personen Arbeitsstellenmenge Zahl der flächenbelegenden Speicher Flächenbelegende Speicherspalten Zahl der flächenbelegenden Transporteinheiten Flächenebenenanzahl Arbeitsplatzflächenbelegungsgrad Arbeitsplatzflächenüberlagerungsgrad einer Arbeitsplatz-Anordnungsreihe Grad der Flächenelementeüberlagerung eines Arbeitsplatzes
12.1 Arbeitsplatz Als Arbeitsplatz ist der flächenbeanspruchende Bereich eines örtlich fixierten ↑ Arbeitssystems zu verstehen, in dem eine Arbeitskraft oder eine Gruppe von Arbeitskräften (↑ Arbeitsdichte) einen Arbeitsgang oder eine geschlossene Folge von Arbeitsgängen an einem Arbeitsgegenstand (Produkt) oder an mehreren Arbeitsgegenständen an einer Arbeitsstelle oder an mehreren Arbeitsstellen (Wirksysteme) ausführt. Das ist im Regelfall der grundflächige Bereich des Arbeitssystems mit den Arbeitsstellen und Bedienstellen der Ausstattung, Abb. 12.1.
Abb. 12.1 Arbeitsplatzcharakteristik mit einem Wirksystem und mehreren Bedienstellen (▼)
12.2 Grundlagen der Arbeitsplatzflächendimensionierung
12.2
547
Grundlagen der Arbeitsplatzflächendimensionierung
Anstoß der Arbeitsplatzflächendimensionierung ist der Bedarf eines Arbeitssystems, d. h., das Arbeitssystem muss funktionell bestimmt und ausstattungsgerecht dimensioniert und strukturiert sein. Ausstattung und Ausstattungsanordnung führen zu den flächenbelegenden Elementen des Arbeitssystems. Dabei wirkt das Wirksystem als Bezugsobjekt, auf das die Ausstattungen in funktioneller Abhängigkeit auszurichten sind. Zur Realisierung der Arbeit durch Arbeitskräfte – oder Roboter – werden Belegungsflächen, eine Arbeitsfläche und ein ↑ Arbeitsraum benötigt. Die Arbeitsplatzfläche beinhaltet damit zwei Flächengebiete: • die Fläche zur Realisierung der flächenbelegenden Elemente (AE) und • die Arbeitsfläche (AA) zur Realisierung der Bedienungen, Bewegungen, Erhaltungen, Betreibungen usw. Die Zusammenhänge nach Abb. 12.2 sind zu berücksichtigen.
Abb. 12.2 Funktionelle Arbeitsplatzflächendimensionierung eines Arbeitssystems
Arbeitsplatzgröße Die Arbeitsplatzgröße wird durch das Wirksystem und die Arbeitssystemausstattung bestimmt und kann durch die Gesamtsumme der flächenbelegenden Elemente mathematisch zum Ausdruck gebraucht werden, Gl. (12.1). AE,AP j =
n
AE i j
m2 /AP
(12.1)
i=1
Flächenbelegende Elemente zur Erreichung der Arbeitsplatzgröße sind: 1. Das Wirksystem (Maschine, Anlage, Werktisch, Montageobjekt-Unterbauten, …) 2. Produktflussausstattung (Eingangsspeicher, Ausgangsspeicher, örtlich gebundene oder feste Bedienelemente, Roboter, Hebezeuge, Hubgeräte, Ablagen, Zuführ-, Abnahmeelemente, Abbindegeräte, …)
548
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
3. Betriebsmittelausstattung (Speicher, Schränke für Vorrichtungen, Werkzeuge, Prüfmittel, Messmittel, Bedienelemente (gebunden, fest), Roboter, Wechseleinrichtung, …) 4. Betreibungsausstattungen (Schaltschränke, Wirksystemsteuerung, BDE, Rechner, Drucker, Bildschirme, Waagen, Etikettier-, Identifiziergeräte, …) 5. Versorgungsausstattung (Behälter, Filter, Pumpen, Verdichter, …) 6. Entsorgungsausstattung (Abproduktbehälter, Späneförderer, Abscheider, Sammelbehälter, …) 7. Instandhaltungsausstattung (Grundausstattung, Ersatzteile, …) 8. Ausbau-, Anbau- und Erweiterungsausstattungen (Zusatzgeräte, …) 9. Unterstützungsmittel (Verpackungsmaterial, Leerpaletten und -behälter) 10. Gestaltungsausstattungen (Sitzausstattung, Schreibunterlagen, Schreibbedarf, …) Die Grundrissflächen der flächenbelegenden Elemente ergeben eine Bruttoanforderungsfläche. Durch eine raumnutzende Projektierung ist eine kleine Bruttobelegungsgrundfläche zu erzielen. Regale, Schränke, Funktionsgestelle usw. wirken sehr grundflächenmindernd und ermöglichen die Erfüllung des Projektierungszieles nach Gl. (12.2) durch eine raumbildende Flächenüberlagerung, Abb. 12.3. ηAP,b = 1 −
Effektive Belegungsgrundfläche AG,AP → Max! =1− Belegungsflächenanforderung AE,AP
(12.2)
Zu beachten sind dabei verschiedene Flächenarten wie • aufstellungsgerechte Belegungsgrundfläche, • Brutto-Belegungsgrundfläche und • Nutz-Belegungsgrundfläche. Die Erläuterungen enthält Abb. 12.3. Arbeitsplatzart Die Arbeitsplatzart wird durch eine Vielfalt von Beeinflussungen und Faktoren des Arbeitssystems bestimmt. Bedeutende Beeinflussungen sind: 1. Art des Wirksystems Es müssen unterschieden werden: • Maschinenarbeitsplatz (Werkzeugmaschinen-, …), • Anlagenarbeitsplatz (Beizanlagen-, Glühanlagen-, …, Farbgebungsanlagenarbeitsplatz), • Handarbeitsplatz (Werktisch-), • Prüfarbeitslatz, • Montagearbeitsplatz, • Kommissionierarbeitsplatz, • Instandsetzungsarbeitsplatz, • Sortierarbeitsplatz, • Verpackungsarbeitsplatz, • Büroarbeitsplatz (Schreib-, …, Rechnerarbeitsplatz) u. a.
12.2 Grundlagen der Arbeitsplatzflächendimensionierung
549
Abb. 12.3 Beeinflussende Faktoren der Arbeitsplatzgröße. a Arbeitssystemflächenminimierung durch raumnutzende Ausstattungen. b Arbeitssystemlayout mit den grundflächenreduzierten flächenbelegenden Elementen
2. Art der Ausstattungen und des Arbeitssystemtyps (↑ Arbeitssystem) 3. Anzahl der Gegenstandsflussarten Wesentliche Unterscheidungen liegen im Produktfluss und im ↑ Betriebsmittelfluss. 4. Art der Tätigkeitsausübung durch Arbeitskräfte Unterscheidungen sind durch ↑ Arbeitsdichte, Mehrstellenbedienung, stehende, sitzende oder mobile Tätigkeit sowie durch Roboterintegration gegeben. 5. Art der Maschinenaufstellung nach Tabelle 12.1 6. Art der Arbeitsplatzgestaltung Berücksichtigung von personenorientierten Arbeitssystemverhältnissen, z. B. Abstände, Sicherheiten, Belichtung und Beleuchtung, Lärm, Strahlen. Diese aufgeführten Beeinf lussungsgruppen ermöglichen eine Arbeitsplatzarttypung. Durch die Vielfalt der möglichen Varianten muss jeder Arbeitsplatz im Rahmen
550
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
Tabelle 12.1 Grundfälle der Wirksystemaufstellung zur Arbeitsplatzflächenbildung
der Arbeitssystemprojektierung individuell betrachtet werden. Dabei können die auf die ↑ Betriebsmitteldimensionierung wirkenden Einflüsse Berücksichtigung finden.
12.3 Arbeitsplatzflächenelemente und Flächenbegriffsinhalte Als Flächenelemente sind Flächen zu bezeichnen, die nicht mehr in andere Flächen untergliedert werden können und somit nicht mehr teilbar sind. Jeder Arbeitsplatz enthält die in der Tabelle 12.2 aufgeführten und erläuterten Flächenelemente. Sie unterscheiden sich nicht in der Art, sondern nur in ihrer Ausprägung bei den unterschiedlichen Arbeitsplatzarten.
12.3 Arbeitsplatzflächenelemente und Flächenbegriffsinhalte Tabelle 12.2 Flächenelemente des Arbeitsplatzes eines Arbeitssystems
551
552
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
Tabelle. 12.2 (Forsetzung)
Die Arbeitssystemflächenelemente müssen als Elementeflächen alle • Flusssysteme, • Ausstattungen und das • Wirksystem von Arbeitssystemen enthalten und das Arbeiten in ungehinderter Weise, d. h., ein gesundheitsgerechtes, arbeitsschutzgerechtes, brandschutzgerechtes, umweltschutzgerechtes und sicherheitsgerechtes Arbeiten, ermöglichen. Flächenbegriffsinhalte 1. Ersatzfläche: Geometrisch vereinfachte, ebene Grundfläche eines Elementes oder Objektes ohne Beachtung von Konturen, Abb. 12.4
Abb. 12.4 Unterscheidung von Grundrissfläche und Ersatzfläche
12.3 Arbeitsplatzflächenelemente und Flächenbegriffsinhalte
553
2. Grundrissfläche: Durch Orthogonalprojektion auf die Ebene ausgezeichnete und konturhafte Fläche eines Elementes oder Objektes. 3. Grundfläche: Fläche mit Erdboden- oder Fußbodenkontakt. 4. Anordnungsfläche: Gekennzeichnete Fläche zur anordnungsorientierten Aufstellung oder Belegung durch Elemente oder Objekte. Sie darf nicht als Arbeitsfläche beansprucht werden, Abb. 12.5 und 12.6. Bei statisch bestimmten Elementen oder Elementegruppen ist die Anordnungsfläche geringfügig größer als die Elementebelegungsfläche (si ≤ 50 mm). Bei Staplerbedienung beträgt das Sicherheitsabstandsmaß si1 ≥ 150 mm und si2 ≥ 300 mm. 5. Bruttofläche: Maximale Fläche, die durch die äußeren Abmessungen eines Elementes oder Objektes in einer oder mehreren Ebenen entsteht.
Abb. 12.5 Unterscheidung von Aufstell-, Belegungs- und Anordnungsfläche bei einem flächenbelegenden Element
Abb. 12.6 Belegungs- und Anordnungsfläche bei gestapelten Elementen
554
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
Abb. 12.7 Unterscheidung von Brutto-, Netto- und Nutzfläche
6. Nutzfläche: Für das Arbeiten, das Belegen oder Füllen vollständig nutzbare Fläche, Abb. 12.7. Nur die Nutzfläche darf für Arbeitssysteme genutzt werden. Es ist Gl. (12.3) zu berücksichtigen. Bruttoarbeitsplatzfläche AAP,Br eines Systems: AAP,Br = AAP + AKo + AKo,Zu + ASi
12.4
m2/AP
(12.3)
Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächenvorausbestimmung
Eine Vorausbestimmung von Arbeitsplatzflächen bedeutet eine Flächenermittlung ohne wesentlichen Projektierungseinfluss. Die Genauigkeit hängt in solchen Fällen weniger von den Methoden als vielmehr von den bereitgestellten Kennzahlen, speziell den Flächenkennzahlen, ab. Vorausbestimmte Flächenangaben sollten deshalb mit einer – geschätzten – Genauigkeitsangabe versehen und auf die Fabrikinvestitionsplanung oder die sehr frühen Projektierungsphasen und -stufen begrenzt werden.
12.4 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächenvorausbestimmung
12.4.1
555
Vergleichs- und Schätzmethode
Die Methode verwendet Flächenangaben von Vergleichsobjekten, die durch Abschätzung zu korrigieren sind. Eine solche Korrektur kann nur von erfahrenen Projektanten vorgenommen werden, Gl. (12.4). AAP j = AAP,Vergleich j · fE,AP j
m2 /Arbeitsplatz j
(12.4)
Der Korrekturfaktor fE,AP berücksichtigt eine Entwicklung (Bestands- und Projektierungszeitpunkt) und erfordert einen Vergleich: • fE,AP = 1,
bedeutet eine vollständige Übereinstimmung hinsichtlich der Arbeitsplatzgleichheit und der Modernität. bedeutet, dass der Vergleichsarbeitsplatz hinsichtlich der flächenbelegenden Elemente und der Arbeitsfläche größer ist. Der Korrekturfaktor fE,AP ist zu ermitteln. bedeutet, dass der Vergleichsarbeitsplatz sichtlich kleiner ist. Die fehlende Übereinstimmung ist abzuschätzen.
• fE,AP < 1, • fE,AP > 1,
12.4.2
Summarische Kennzahlenmethode
Bezugsbasis der Methode ist die Grundfläche eines Bezugsobjektes. Im praktischen Fall ist das die Grundrissfläche oder – besser – die Ersatzfläche von Maschinen, Gl. (12.5). Als Bezugsfläche kommen sowohl einzelne Maschinen, Gl. (12.5.1) als auch alle flächenbelegenden Elemente, Gl. (12.5.2), in Betracht. Bei Gl. (12.5.2) enthält die summarische Flächenkennzahl nur noch die Arbeitsfläche des Arbeitsplatzes, Abb. 12.3. AAP j = AE j · fAP AAP j =
n
m2/Arbeitsplatz j
AE i j · fAP,A
m2/Arbeitsplatz j
(12.5.1) (12.5.2)
i=1
Die Genauigkeit der Methode liegt in der summarischen Flächenkennzahl fAP begründet, die zugleich auch alle Flächenelementeüberlagerungen enthalten muss. Für ausgewählte Bedingungen der Parallelanordnung ( fAP,P) und der Senkrechtanordnung ( fAP,S) von Arbeitsplätzen zum Materialfluss enthalten die Tabellen 12.3 und 12.4 geeignete Kennzahlen. Typisch sind die großen Streubreiten der Kennzahlen bei kleinen Ersatzflächen. In diesem Zusammenhang muss auf eine Vermeidung der Mittelwertbildung hingewiesen werden. Korrekturen, wie bei der Vergleichs- und Schätzmethode, sind praktikabler, Gl. (12.6). AAP j = AE j · fAP · fE,AP j
m2/Arbeitsplatz j
(12.6)
556
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
Tabelle 12.3 Summarische Flächenbedarfskennzahlen fAP 1 ( LM : BM = 2 : 1; bBSP = 0,95 m)
Tabelle 12.4 Summarische Flächenbedarfskennzahlen fAP 2 ( LM : BM = 2 : 1; bBSP = 1,30 m)
Über Jahre dokumentierte Flächenkennzahlen präsentieren das Niveau der Projektierungseinrichtung!
12.4.3
Detaillierte Kennzahlenmethode
Detaillierte Arbeitsplatzflächenberechnungen mit Flächenkennzahlen haben ihre Bedeutung verloren und werden nur noch selten verwendet. Die Ursachen liegen in der sehr aufwendigen Kennzahlenermittlung und in den genaueren Methoden begründet. Sie sollte deshalb auf die Ermittlung einzelner Flächenelementegrößen, Tabelle 12.2, wie freie Fläche oder Erweiterungsfläche begrenzt bleiben, Gl. (12.7) und (12.8). AAP j = AAP,G j · ( fAP,B + fAP,SP + · · · + fAP,fr ) · (1 − ηÜ,AP ) m /Arbeitsplatz 2
(12.7.1)
12.5 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächengenaubestimmung
AAP j = AE j ·
n
f AP i j · (1 − ηÜ,AP )
m2/Arbeitsplatz
557
(12.7.2)
i=1
AAP,E i j = AE j · fAP i j
12.5
m2/AP-Flächenelement
(12.8)
Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächengenaubestimmung
Die genauen Berechnungsmethoden der Arbeitsplatzflächendimensionierung finden ihre Anwendung im Rahmen der Entwurfs- und Ausführungsprojektierung. Wegen ihrer relativen Genauigkeit sind sie zugleich eine wesentliche Basis der Arbeitssystemlayoutprojektierung.
12.5.1
Ersatzflächenmethode
Die hier beschriebene Ersatzflächenmethode von HELBING (1977) ist eine synthetische Methode, die • einen Bezug zur Objekt-Ersatzfläche (nicht Arbeitsplatz-Ersatzfläche nach BAUER 1964 oder NESTLER 1968) des Wirksystems (Maschine, Werktisch, …) hat, • anthropometrische bzw. ergonomische Abstandsmaße verwendet und damit das Wesentliche der Arbeitssystemgestaltung berücksichtigt, • in ihrer Anwendung flexibel und nicht nur auf die Arbeitsplatzflächenermittlung eingeengt ist. Anwendungsgebiete sind beispielsweise Arbeitsplatzflächen der Teilefertigung, Montage, Kommissionierung, Instandsetzung oder der Verwaltung sowie Fahrzeugstellplatz-, Lagerflächen- und Standortflächenberechnung, Abb. 12.8.
Abb. 12.8 Ersatzflächen unterschiedlicher Objekte (Bezugsobjekte)
558
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
12.5.1.1 Anordnungsarten zum Materialfluss Unterschieden werden drei Anordnungsarten mit Flächengrößenunterscheidungen, Abb. 12.9: • Senkrechtanordnung, • Parallelanordnung und • Schräganordnung.
Abb. 12.9 Formen der Betriebsmittelanordnung zum Materialfluss
12.5.1.2
Belegungsfläche des Produktspeichers
Der Produktspeicher des Arbeitssystems ist ein mehrteiliger Speicher („Bearbeitungsspeicher“) für unbearbeitete und vom Wirksystem bearbeitete Produkte als Produktein- und -ausgangsspeicher. Entsprechend der Konzeption des ↑ Arbeitssystems kann er sehr unterschiedlich bemessen sein. Seine Bemessung und Anordnung zum Bezugsobjekt müssen bei der Flächenbelegung beachtet werden, Tabelle 12.5. Der Berechnungsansatz in der Tabelle 12.5 ist auf die manuelle Maschinenbedienung und auf die Verwendung standardisierter Transporteinheitenbehälter ausgerichtet. Er kann auf andere Modelle, insbesondere auch auf den Robotereinsatz oder Rundspeicher, übertragen werden. Den Einfluss der Produktspeicherbreite auf die Arbeitsplatzflächengröße verdeutlicht die Darstellung in Abb. 12.10. Dieser Einfluss muss mit der Gesamtbereitstellungsspeichermenge (Stapelung vor Fußbodenbelegung), dem Bewegungsbedarf und einer Arbeitssystembekranung berücksichtigt werden. 12.5.1.3
Ergonomische Abstandsmaße
SCHUMANN, SEPPELT und FLOß haben seit (1973) umfangreiche Untersuchungen zur ergonomischen Gestaltung und zur Typisierung von Arbeitsplätzen durchgeführt.
12.5 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächengenaubestimmung
559
Tabelle 12.5 Grundfälle und Berechnungsgrundlagen zum Produktspeicher
Die u. a. daraus entstandenen Abstandsmaße sind besonders für die Arbeitsplatzberechnungen geeignet, Tabelle 12.6, und ermöglichen eine gestalterische Arbeitssystemlayoutprojektierung. Es werden neben den Sicherheitsabstandsmaßen drei Abstandsmaßgruppen unterschieden: • Abstandsmaße (b) für die Bedienung von Arbeitsstellen (Wirksystem und Ausstattung), • Abstandsmaße (w) für die Durchführung von Instandhaltungen, • Durchgangsabstandsmaße (d). Die auf dieser Basis entstehende Fläche entspricht der Arbeitsfläche des Arbeitssystems. Es sind Orientierungswerte, keine Dogmen.
560
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
Abb. 12.10 Einfluss der Transportbehältergröße auf die Arbeitsplatzflächengröße von Arbeitssystemen (Senkrechtanordnung) Tabelle 12.6 Ergonomische Abstandsmaße (i. A. SCHUMANN, SEPPELT, FLOß et al. 1973)
12.5.1.4 Arbeitsplatzfläche bei Senkrecht- und Parallelanordnung Eine Übersicht der Berechnungsinhalte ist in den Tabellen 12.7 und 12.8 enthalten.
12.5 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächengenaubestimmung
561
Tabelle 12.7 Arbeitsplatzflächenberechnung bei Senkrechtanordnung der Bezugsobjekte zum Materialfluss
562
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
Tabelle 12.8 Arbeitsplatzflächenberechnung bei Parallelanordnung der Bezugsobjekte zum Materialfluss
12.5 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächengenaubestimmung
12.5.1.5
563
Flächenvergleich und Schräganordnung
Viele Arbeitsplatzflächenvergleiche haben gezeigt, dass die Parallelanordnung eine um etwa 10% größere Arbeitsplatzfläche gegenüber der Senkrechtanordnung erfordert, Abb. 12.11. Schrägaufstellungen hingegen sind für die Produktion ungeeignet, da sie bis zu 31% mehr Fläche benötigen, obwohl die Arbeitsplatzfläche die Größen wie bei der Senkrecht- oder Parallelanordnung erreicht, Abb. 12.12. Diese Aussagen führen zu den Überlegungen nach optimalen Arbeitsplatzanordnungsbreiten der technologischen Fabriksysteme, beispielsweise nach Abschn. 12.6, womit ein wichtiger Beitrag zur Systemflächenoptimierung geleistet werden kann und muss.
Abb. 12.11 Vergleich von Senkrecht- und Parallelanordnung
Abb. 12.12 Schräganordnung der Bezugsobjekte zum Materialfluss
564
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
12.5.1.6 Anwendung der Ersatzflächenmethode für Arbeitssysteme mit mehreren Produktflüssen Mehrere Produktflüsse liegen bei der Montage, Kommissionierung und Instandsetzung vor. Diese technologischen Bereiche sind in ihrem Arbeitsplatzaufbau ähnlich und können bei den Arbeitsplatzflächengrößen mit gleichen Methoden behandelt werden. Beispiele enthalten die Abb. 12.13 und 12.14.
Abb. 12.13 Montagearbeitsplatz (Beispiel)
Abb. 12.14 Instandsetzungsarbeitsplatz (Beispiel: Kraftfahrzeug)
12.5 Berechnungsmethoden zur Arbeitsplatzflächengenaubestimmung
12.5.2
565
Experimentelle Methode mittels der Modellprojektierung
Die Modellprojektierung ermöglicht eine Genauermittlung der Arbeitsplatzflächen im Rahmen der Arbeitssystemlayoutermittlung oder als gesonderte Form durch die Verwendung von 2D-Modellen und der Nutzung von Abstandsmaßen nach Tabelle 12.6. Auch hier können die 2D-Realmodelle Ersatzmodelle sein. Der Vorteil der Methode liegt in • der Ermittlung der Gesamtarbeitsplatzflächen für eine Arbeitsplatzanordnungsreihe, • der gleichzeitigen Berücksichtigung der Flächenelementeüberlagerung, • der genaueren Einbeziehung der Bauwerkskonstruktion, • der einfachen Layoutbemaßung durch Maßbezugspunkte. Abbildung 12.15 enthält ein Beispiel.
Abb. 12.15 Flächenbedarfsermittlung mittels der Modellprojektierung (Groblayout)
12.5.3 Arbeitsplatzflächenbedarfsermittlung mit Typenlösungen Arbeitssystemtypenlösungen enthalten die Ausstattungen, die Ausstattungsanordnungen sowie die Abstandsmaße. Arbeitssystemtypenlösungen implizieren zugleich den Arbeitssystemtyp, das Arbeitssystemlayout, die Arbeitsplatzfläche und
566
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
die Anwendungsbedingungen. Sie leisten dadurch einen wichtigen Beitrag zur Bausteinprojektierung. Dem großen, aber nur einmaligen Vorbereitungsaufwand stehen die Vorteile hinsichtlich der schnellen Genauaussage und der kurzen Systemprojektierungszeit gegenüber.
12.6
Flächenelementeüberlagerung und Flächenoptimierung
Überlagerungen von Flächenelementen können innerhalb eines Arbeitsplatzes (innere Überlagerung) oder mit benachbarten Arbeitsplätzen (äußere Überlagerung) auftreten. Sie führen zu Flächenreduzierungen. Flächenelementeüberlagerungen sind begrenzt und nur unter bestimmten Bedingungen möglich, Tabelle 12.9. Ihre Wirkungen bringt die Gl. (12.9) zum Ausdruck. 1. Innerer Flächenelementeüberlagerungsgrad im Arbeitssystem (Abb. 12.15, Tabellen 12.7 und 12.8) • Instandhaltungsflächen: ηÜ,AP1 =
w · lAP ≥0 AAP
Tabelle 12.9 Mögliche Arbeitsplatzflächenelementeüberlagerungen
(12.9.1)
12.6 Flächenelementeüberlagerung und Flächenoptimierung
567
ηÜ,AP2 =
w · bAP ≥0 AAP
(12.9.2)
ηÜ,AP3 =
d · lAP ≥0 AAP
(12.9.3)
ηÜ,AP4 =
d · bAP ≥0 AAP
(12.9.4)
• Durchgangsflächen:
AAP,Layout AAP errechnet AAP effektiv =1− n ≥0
AAP i
• Gesamtarbeitsplatz : ηÜ,AP5 = 1 − ηÜ, AP6
(12.9.5) (12.9.6)
i=1
Der innere Überlagerungsgrad ist, real betrachtet, gering und erreicht Werte von ηÜ,AP < 0, 05 . Größere Werte werden durch Elementeanordnungen im Raum erreicht, Abb. 12.3 und 12.7. 2. Äußerer Flächenüberlagerungsgrad (mehrere Arbeitssysteme einer Anordnungsreihe, Abb. 12.15) m
ηÜ,A = 1 −
AAP j effektiv
j=1 m
≥0
(12.9.7)
AAP j errechnet
j=1 m
ηÜ,A =
Aüberlagert j
j=1 m
≥0
(12.9.8)
AAP j
j=1
In den Betrachtungen zur äußeren Flächenüberlagerung können nur die Arbeitsplatzflächen einer Anordnungsreihe Berücksichtigung finden. Das beeinflusst den Wert, so dass praktisch Ü,A ≤ 0,1 … 0,04 angenommen werden kann. Der größere Wert gilt für eine Anzahl von 10 und mehr Arbeitssystemen in einer Anordnungsreihe, Abb. 12.16. Die Bedeutung der Anordnungsreihe wird mit der Abb. 12.16 hinreichend erläutert. Das bedeutet für die Fabriksysteme insgesamt, dass die Zahl der Arbeitssysteme pro Anordnungsreihe groß sein sollte und einzelne Arbeitssysteme in geschlossenen Räumen oder Bereichen zu vermeiden sind, auch wegen anderer, durch die Arbeitskraft hervorgebrachter Einflüsse. Die Flächenoptimierung beinhaltet mehrere Zielstellungen und beginnt bei der optimalen Arbeitsplatzflächengröße durch Arbeitssystemgestaltungseinflüsse.
568
12 Arbeitsplatzflächendimensionierung
Abb. 12.16 Abhängigkeit der Arbeitsplatzflächengröße von der Arbeitsstellenanzahl
Abb. 12.17 Darstellung der freien Flächen von Fabriksystemen
Zielstellung 1: Geringe freie Fläche des Fabriksystems Afr → Min!
(12.10)
Diesen Sachverhalt verdeutlichen die Abb. 12.12 und 12.17. Zielstellung 2: Maximale äußere Flächenüberlagerung durch eine Anzahl von ≥ 10 Arbeitssystemen/Anordnungsreihe.
Literatur
569
Gesamtarbeitsplatzfläche des Systems nach Gl. (12.11). AAP,Sy =
m
AAP j · 1 − ηÜ,A
(12.11)
j=1
Zielstellung 3: Arbeitsplatzbelegungsniveau fA nach Gl. (12.12) fA1 =
Gesamtfläche der flächenbelegenden Elemente AE,j → Max! Gesamtarbeitsplatzfläche AAP,j (12.12.1)
fA2 =
Arbeitsfläche AA,AP → Min! Gesamtarbeitsplatzfläche AAP,j
(12.12.2)
fA3 =
Fläche der belegenden Elemente AE → Max! Arbeitsfläche AA,AP
(12.12.3)
f A4 =
Arbeitsplatzfläche AAP Arbeitssystemraumvolumen VAS
(12.12.4)
m2/m3 → Min!
Die Darstellung in der Abb. 12.17 verdeutlicht den großen Einfluss der Arbeitssystemanordnung auf die Systemflächennutzung. Untersuchungen haben gezeigt, dass die freien Flächen von Fabriksystemen deutlich größer sind, als die freien Flächen von Arbeitsplätzen. Es ist die Anordnungsbreite mit den Arbeitssystemabmessungen zu optimieren.
Literatur BAUER G (1964) Zur Rationalisierung der Projektierung von Werkstätten. Dissertation, Technische Universität, Dresden HELBING KW (1977) Ein Beitrag zur Dimensionierung und Gestaltung der Fertigungsform Blockfertigung (Verteilfertigung) im Maschinenbau. Dissertation, Ingenieurhochschule/Technische Hochschule, Wismar NESTLER H (1968) Methoden zur Bestimmung der Raumgröße und Raumausnutzung von Fertigungswerkstätten. Dissertation, Technische Hochschule, Hannover SCHUMANN; SEPPELT, H; FLOß, et al (ab 1973): Typenlösungen für Werkzeugmaschinenarbeitsplätze, Forschungsdokumentationen. Technische Universität, Magdeburg
13
Arbeitsraum
Arbeitsraum (AR): Zur gefährdungsfreien Realisierung von manueller Arbeit durch Arbeitskräfte und von technischer Arbeit durch technische Elemente notwendiger Raumanteil eines Systems, der aus Raumelementen besteht und unter Beachtung von menschlichen und technischen Bedingungen zu projektieren ist. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
AAP AG bAP h
m²/Arbeitsplatz m2/Element m m
lAP mtE si V
m kg/Element m m³/Bezugssystem
VA,B
m³/Arbeitssystem
VAG
m³/Arbeitsgegenstand
VA,L VAS VE Vfrei VL VR VtE
m³/Arbeitssystem m³/Arbeitssystem m³/Arbeitssystem m³/Bezugssystem m³/Person m³/System m³/Element
Arbeitsplatzf läche des Arbeitssystems Grundrissfläche (E – Element) Arbeitsplatzbreite des Arbeitssystems Höhe (AR – Arbeitsraum, AS – Arbeitssystem, Auf – Aufstellung, B – Bedienung, Bh – Behaglichkeit-, R – Raum, Sy – System, Wirk – Wirkbereich-, Zu – Zusatz-) Arbeitsplatzlänge des Arbeitssystems Masse technischer Elemente Sicherheitsabstandsmaß Raum (A – Arbeits-, Auf – Aufstellungs-, B – Bewegungs-, E – Elemente-, Er – Erweiterungs-, FS – Fabriksystem-, G – Gebäude-, Hüll – Hüll-, K – Kollisions-, Ko – Konstruktions-, L – Luft-, Si – Sicherheits-, V – Verdrängungs-, Zu – Zusatz-) Bedienbewegungsraum (Arbeitskräftebewegungsraum) Hüllvolumen der Arbeitsgegenstände (AB – Abführung, B – Bewegung, V – Verfahren, ZU – Zuführung) Behaglichkeitsluftraum Arbeitssystemraumvolumen Elementeraum des Arbeitssystems Freies, nutzbares Raumvolumen Luftraum (personenbezogen) Raumvolumen Volumen technischer Elemente
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_13, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
571
572
13.1
13 Arbeitsraum
Raumarten
Jedes Element und jedes System der Fabrik benötigt ebenerdige Flächen mit dafür notwendigen höhenbestimmten Räumen. Diese Räume sind unterschiedlicher Art und werden von funktionsrealisierenden Aufgaben der Elemente und Systeme bestimmt. In grundsätzlicher Art sind folgende Räume zu unterscheiden, Abb. 13.1: • Verdrängungsraum als Elementehüllraum, • Bewegungsraum für die Systemelemente, • Arbeitsraum zur Durchführung von Tätigkeiten durch Arbeitskräfte und technische Systemelemente. Für Arbeitskräfte muss der Arbeitsraum eine lebensfähige Behaglichkeit hinsichtlich eines Behaglichkeitsluftraumes und eines Behaglichkeitsraumklimas (↑ Licht-, ↑ Luft-, ↑ Wärmeenergieversorgung) gewährleisten.
Abb. 13.1 Raumgrundarten von Systemen der Fabrik
Verdrängungsraum: Statischer Raum, der durch Abmessungen, Anordnung und Aufstellung von Elementen und Systemen an einem Ort erforderlich ist und eine Verdrängung (Erdboden, Wasser, Luft) verursacht, Abb. 13.2. Der Verdrängungsraum ist ein Hüllraum (VHüll), der als Realraum (Konturbeachtung), Ersatzraum (ohne Konturbeachtung), mit oder ohne Sicherheitsraum (VSi), aber
Abb. 13.2 Beispiele zum Verdrängungsraum
13.2 Verfahrensarbeitsraum
573
unter Einbeziehung eines Ausbauraumes VAus (Anbauten, Verlängerungen) und Zusatzraumes (Zusatzgeräte, Erweiterung, VZu) in Erscheinung tritt. Bewegungsraum: Raum, der für die Bewegungsausführung (Translation, Rotation, Gehen, Heben, Senken, Fahren) von Elementen und Systemen an einem Ort (ortsfeste Bewegung durch Teile eines Systemelementes) oder bei Ortsveränderung erforderlich ist und dadurch eine dynamische Verdrängung von Gegenständen (überwiegend Luft, Wasser) verursacht, Abb. 13.3. Er ist unter besonderer Beachtung von Gefährdungen (Kollisionen, Berührungen), Elementebeweglichkeit (Bewegung von Elementen), Mobilität (Ortsveränderung der Elemente) und Sicherheitsabständen zu projektieren. Der Bewegungsraum ist deutlich größer als der Verdrängungsraum des Bewegungselementes.
Abb. 13.3 Beispiele zum Bewegungsraum
Arbeitsräume enthalten Bewegungsräume für die Bedienung von Elementen und haben einen Ebenenbezug. In der Fabrik wird dieser Ebenenbezug durch die Oberfläche Fußboden (OFF) hergestellt.
13.2
Verfahrensarbeitsraum
Der Verfahrensarbeitsraum ist der räumliche Bereich eines Wirksystems (Maschine oder Anlage), der zur unmittelbaren Realisierung der Zustandsänderung innerhalb eines Verfahrens im Wirksystem erforderlich ist, Abb. 13.4. Er wird vom Maschinenkonstrukteur oder Anlagenprojektanten bestimmt und kann vereinfachend als Wirkraum (Verfahrenswirkraum) bezeichnet werden. Er ist die räumliche Anforderung an die Wirksystemgröße. Der Verfahrensarbeitsraum ist ein geometrisch definierbarer Raum. Er tritt als Hüllvolumen in Erscheinung und besteht aus (Gl. (13.1)): • Arbeitsgegenstandsbewegungsraum VAG,B, • durch Sicherheitsmaße bestimmten Sicherheitsraum VSi und • Verfahrenselementebewegungsraum VAG, V (Werkzeugbewegungen, …)
574
13 Arbeitsraum
Abb. 13.4 Arbeitsraum zur Verfahrensrealisierung (Verfahrenswirkraum; Beispiel: Drehen)
Die Relation Arbeitsgegenstand → Verfahrenselemente tritt in drei praktischen Grundfällen auf: Fall 1: Fall 2: Fall 3:
ruhender Arbeitsgegenstand → bewegliches Verfahrenselement, beweglicher Arbeitsgegenstand → ruhendes Verfahrenselement, beweglicher Arbeitsgegenstand → bewegliches Verfahrenselement.
VAR,V = VAG,B + VAG,V + VSi m3 /Arbeitsmittel (Grundfälle beachten!)
(13.1)
Die Raumdifferenzierungen werden von den Geometrieformen bestimmt.
13.3
Elementearbeitsraum
Bewegliche Systemelemente oder bewegliche Teile von Systemelementen erfordern zur Arbeitsausführung einen Elementearbeitsraum. Ein typisches Beispiel stellt der Industrieroboter dar. Hier bilden der Arbeitsraum (Wirkraum) und ein zu beachtender Kollisionsraum den Bewegungsraum, Abb. 13.5. Jeder Robotertyp hat entsprechend der Arbeitsaufgabe und in Abhängigkeit von der Konstruktion einen elementebezogenen Arbeitsraum. Dieser Arbeitsraum entspricht einem Elementewirkraum.
13.4 Arbeitssystemraum Der Raum eines Arbeitssystems ist der erforderliche räumliche Gesamtbereich, der für das Anordnen und behinderungsfreie Wirken der Elemente eines Arbeitssystems benötigt wird und projektiert werden muss. Hierbei sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen:
13.4 Arbeitssystemraum
575
Abb. 13.5 Elementearbeitsräume (Beispiele: Industrieroboter) von HESSE (2000). a Konstruktionsabhängiger Arbeitsraum (Flächendarstellung ohne Sicherheitsraum). b Arbeitsraum eines SKARA-Roboters
• • • • • •
Abmessungen der Arbeitssystemelemente (Elementeverdrängungsraum), Bewegung der Arbeitssystemelemente (Elementewirkraum), Sicherheitsräume zur Vermeidung von Gefahren, Zustandsqualität der Arbeitsraumluft, Behaglichkeit der Arbeitskraft beim Arbeiten, Zu- und Abführräume für die Ver- und Entsorgung, einschließlich der Arbeitssystemelemente.
Zu beachten ist zunächst der Zusammenhang von Arbeitsplatzflächenelement (↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung) und Raumelement des Arbeitssystems, Abb. 13.6. Die bauwerklichen Ausführungen des Arbeitssystems sind in den drei Grundfällen • geschlossene räumliche Ausführung (Einhausung), • teiloffene räumliche Ausführung (Teileinhausung, Tragelemente) und • offene räumliche Ausführung (kein Raumbauwerk) bei der Arbeitssystemprojektierung zu beachten, Abb. 13.7.
13.4.1
Raumelemente des Systemelementeraumes
Der Gesamtelementeraum ist ein Raumanteil des Arbeitssystems, der mehrere Raumelemente enthält, die einzeln und in ihrer Gesamtheit zu projektieren sind. Bei der Gesamtberechnung ist eine mögliche Raumüberlagerung ηÜ,E zu berücksichtigen. Im Regelfall ist der Systemelementeraum nicht als Arbeitsraum nutzbar, Abb. 13.8.
576
13 Arbeitsraum
Abb. 13.6 Arbeitsplatzflächenelemente, Raumelemente, Raumanteile und Gesamtraum des Arbeitssystems
13.4 Arbeitssystemraum
577
Abb. 13.7 Räumliche Ausführungsformen von Arbeitssystemen. a Räumlich geschlossen. b Räumlich teiloffen. c Räumlich offen
Abb. 13.8 Gesamtraum eines Arbeitssystems (Vereinfachtes Modellbeispiel: Teilefertigung)
Elementeanordnungsraum: Verdrängungsraum, der aus den räumlichen Abmessungen am Aufstellungsort (Anordnung) berechnet wird, Abb. 13.2. Dieses Raumelement kann nicht von anderen Raumelementen belegt, aber erweitert werden. Elementeaufstellungsraum: Verdrängungsraum, der durch die Projektierung der Elementeaufstellung (↑ Maschinenaufstellung) sowie der Elemente der Ver- und Entsorgung entsteht. Dieser Raum kann zusätzlich einen Bewegungs- (Federung, Höhenverstellung) und Konstruktionsraum enthalten, Abb. 13.9. Der Konstruktionsraum ist abhängig von den Grundfällen der Aufstellungsausführung: • Fluraufstellung (Fußboden, Fundament, Podest, Lastverteilungsplatten, …), • Seitenfluraufstellung (Wandbefestigung, Halterungen, Traggestelle, …), • Überfluraufstellung (Tragkonstruktion, Halterungen, Stützen, Gehänge, …). Die Größe des Elementeaufstellungsraumes muss bei der Berechnung des Arbeitssystemgesamtraumes differenziert beachtet werden, Gl. (13.2):
578
13 Arbeitsraum
Abb. 13.9 Beispiele für Elementeaufstellungsräume (VE, Auf in m³/Systemelement). a Ebenerdige Fußbodenaufstellung. b Ebenerdige- und überirdische Fußbodenaufstellung. c Unterirdische Fundamentaufstellung
1. Arbeitssystemgesamtraum mit Elementegesamtaufstellungsraum (alle Fluranordnungen, überirdischer und unterirdischer Anteil, Podeste und Fundamente) VAS1 =
m−1
VAS j + VE,Auf
gesamt
m3/Arbeitssystem
(13.2.1)
j=1
2. Arbeitssystemgesamtraum mit dem ebenerdigen (Fußboden) und unterirdischen Anteil des Elementeaufstellungsraumes VAS2 =
m
VAS j − VE,Auf
unterirdisch
m3/Arbeitssystem
(13.2.2)
j=1
3. Arbeitssystemgesamtraum mit dem überirdischen (über OFF) Anteil des Elementeaufstellungsraumes VAS3 =
m−1
VAS j + VE,Auf überirdisch
m3/Arbeitssystem
(13.2.3)
j=1
In allen drei Fällen stellt die Oberfläche Fußboden (OFF) die Bezugsebene für die Höhenberechnung dar. Elementeausbauraum: Ein möglicher Verdrängungsraum, der durch Ausbauten, Aufbauten oder Erweiterungen eines Systemelementes entsteht und Anteile eines Bewegungsraumes sowie eines Konstruktions- und Sicherheitsraumes enthalten kann, Abb. 13.10. Elementewirkraum: Ein Bewegungsraum als Verfahrenswirkraum, Abb. 13.4, oder Elementewirkraum, Abb. 13.5, in dem technische Arbeit von Elementen sowie
13.4 Arbeitssystemraum
579
Abb. 13.10 Möglicher und realisierter Elementeausbauraum (Beispiel)
Abb. 13.11 Beispiel zur Ermittlung der Gesamtwirkhöhe eines Arbeitsmittels (Werkzeugmaschine)
manuelle Arbeit durch Arbeitskräfte ausgeführt wird und Sicherheitsräume zu beachten sind. Für Kraft- und Arbeitsmaschinen (Betriebsmittel = Arbeitsmittel) kann eine Gesamtwirkhöhe mit einem Gesamtwirkraum ermittelt werden, Abb. 13.11. Es kommt zu Höhen-, Breiten-, Längen- und Raumüberlagerungen. Elementezusatzraum: Ein notwendiger Raum für Systemelemente zur Realisierung von Zusatzaufgaben (Wartung, Inspektion, Prüfung, …, Zusatzelemente) und Erweiterungen (Erweiterungselemente) des Arbeitssystems. Der Elementezusatzraum enthält alle genannten Raumelemente und berücksichtigt einen Elementeumstellungsraum. Dieses Raumelement wird projektiert und im Bedarfsfall realisiert. Elementeumstellungsraum: Ein notwendiger Bewegungsraum, der durch Elementeauf- und -umstellung, einschließlich des Elementeabbaus, entsteht und einen Sicherheitsraum enthält (↑ Betriebsmittelfluss). Zu beachten sind Unterstützungsmittel (Kran, Wagen, Luftkissen, Stapler, Personen, …), deren Umstellung und ihr Verbleib. Der Elementeumstellungsraum kann während der Zeit von Nichtumstellungen als Systemarbeitsraum genutzt werden. Bei der Arbeitssystemprojektierung ist jede Elementeumstellbarkeit räumlich unter Beachtung von Unterstützungsmitteln zu prüfen, und zwar in der Höhen-, Breiten- und Längenausdehnung. Das trifft auch für Öffnungen (Tür, Tor, Fenster) zu. Die Gesamtberechnung des Systemelementeraumes erfolgt durch Summation der Einzelräume unter Beachtung von Überlagerungen und Behinderungen, Abb. 13.6.
580
13 Arbeitsraum
Der Gesamtverdrängungsraum ist gesondert zu ermitteln. Er enthält keine Überlagerungen, beeinflusst jedoch den effektiven Systemluftraum.
13.4.2
Systemarbeitsraum
Für die menschliche Arbeit im Arbeitssystem hat der Systemarbeitsraum eine große Bedeutung hinsichtlich der Wirkung (Bedienung), Behaglichkeit und Sicherheit. Aus diesem Grund ist der Systemarbeitsraum mindestens aus diesen Richtungen zu betrachten und zu projektieren, Abb. 13.6. 13.4.2.1
Bedienbewegungsraum als Arbeitskraftarbeitsraum
Die durch die Flächendimensionierung (↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung) ermittelte Bedienfläche AAP,B wird für die Raumberechnung zu Grunde gelegt. Es ergibt sich unter Einbeziehung der Bedienfläche und der Bewegungshöhe hB der Bedienbewegungsraum nach Gl. (13.3). VAS,B = AAP,B · hB
m3/Arbeitssystem
(13.3)
Mit der Bedienhöhe hB sind zu prüfende Bedingungen verbunden: 1. Die Bedienhöhe hB ergibt sich aus der menschlichen Körperhöhe ( hAk,max) und einem Sicherheitsabstandsmaß siAK, Abb. 13.11 und Gl. (13.4). hB1 ≥ hAK,max + siAK
m/Arbeitskraft
hB1 ≥ 1, 90 + 0, 6 ≥ 2, 50 m
hB1,min ≥ 1, 90 + 0, 30 ≥ 2, 20 m
(13.4.1) (13.4.2)
2. Die Bedienhöhe hB entspricht gesetzlichen Forderungen (ArbstättV). Bezugsfläche ist die Arbeitsplatzfläche eines Arbeitssystems oder einer Arbeitsstätte (Fabrikwirkungsstätte). Die festgelegten Höhen sind Raumhöhen, die die Bedienhöhen nach Gl. (13.4) mindestens enthalten müssen, Abb. 13.12.
Abb. 13.12 Gesetzlich festgelegte Raumhöhen von Arbeitsstätten (ArbstättV)
13.4 Arbeitssystemraum
581
3. Die Bewegungsfläche zur Bedienung darf nach ArbstättV 1,50 m² (l oder b > 1,0 m) nicht unterschreiten. Besonders diese gesetzliche Bedingung erfordert die Beachtung und Projektierung des Behaglichkeitsluftraumes. 13.4.2.2
Behaglichkeitsluftraum als Arbeitskraftarbeitsraum oder als Systemarbeitsraum
Der sogenannte Luftraum einer Arbeitsstätte ist in den Mindestgrößen gesetzlich vorgeschrieben (ArbstättV). Es sind zu beachten: • • • •
VL,min1 ≥ 12 m³/Person für sitzende Tätigkeit, VL,min2 ≥ 15 m³/Person für nicht sitzende Tätigkeit, VL,min3 ≥ 18 m³/Person für schwere körperliche Tätigkeit und zusätzlich jeweils 10 m³/Zusatzperson eines Raumes.
Dieser Mindestluftraum kann von einem Behaglichkeitsluftraum, Abb. 13.8, erheblich abweichen. Der Behaglichkeitsluftraum VA,L (Abb. 13.6) wird bei der Arbeitssystemprojektierung mit den folgenden Bedingungen ermittelt und geprüft: 1. Der Luftraum des Arbeitssystems ergibt sich aus der Differenz von Arbeitssystemgesamtraum VAS und Elementeverdrängungsraum VE,V , Gl. (13.5) und Abb. 13.6. VA,L1 = VAS,eff − VE,V VA,L2 ≈ VAS,eff −
m
m3/Arbeitssystem
VE j · (1 − ηÜ,E(AS) )
(13.5.1) m3 /Arbeitssystem
(13.5.2)
j=1
VA,L ≥ VL,min(effektiv)
m3/Arbeitssystem
(13.5.3)
2. Der Luftraum des Arbeitssystems muss eine Behaglichkeit sichern. Behaglichkeitsfaktoren sind beispielsweise: • Raumklima (Temperatur, Schadstoff, Luftqualität, …, ↑ Luftversorgung, ↑ Wärmeenergieversorgung), • Raumhöhe (Raumgröße, Ängste, …) • ↑ Arbeitsgestaltung (Beleuchtung, Farbe, …, ↑ Lichtversorgung), • Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz (GABUSS). In Abhängigkeit von diesen Behaglichkeitsfaktoren sind arbeitskraftabhängige Behaglichkeitsraumhöhen hBh zu beachten und Fälle zu unterscheiden. Fall 1:
Die Behaglichkeitshöhe hBh1 soll bei einer menschlichen Körperhöhe von 1,90 m mindestens 2,20 m betragen. Die Raumklimafaktoren sind auf den sich hieraus ergebenden Behaglichkeitsraum auszurichten. Das bedeutet eine für die Arbeitskraft angemessene Raumtemperatur und Luftqualität beim Arbeiten.
582
13 Arbeitsraum
hAK ) ≥ 2, 20 m hBh1 = f ( Raumtemperatur -R ; menschliche Korperhohe (13.6.1) Bedingung: hAS ≥ hBh1
Fall 2:
bei
VA,L = VA,LN
(Abb. 13.6)
(13.6.2)
Bei der Ermittlung der Behaglichkeitshöhe werden der Schadstoffgehalt der Raumluft ( hBh2) und die Beleuchtungsfaktoren ( hBh3) berücksichtigt. Gegenüber der Behaglichkeitshöhe hBh1 ist eine Zusatzhöhe hZu erforderlich, Gl. (13.6.3), Abb. 13.8 und 13.13.
Abb. 13.13 Einfluss der Beleuchtung und Belichtung auf die Behaglichkeitshöhe (Vereinfachte Beispiele). a Künstliche Beleuchtung. b Beleuchtung durch Seitenfenster. c Beleuchtung durch Oberlichte
hBh2 = f (Schadstoffkonzentrationen K durch Emissionen E und Immissionen I) hBh2 =
K · VL Luftraum VL = · fLuftbelastung MAK · AA Arbeitsfläche AA
hZu1 = hBh2 − hBh1
nach Abb. 13.13
hAS ≥ hBh3 ≥ hBh1 + hZu2
Fall 3:
(13.6.6) (13.6.7)
m/Arbeitssystem
Bedingung: hAS ≥ hBh2 ≥ hBh1 + hZu1
(13.6.4) (13.6.5)
m/Arbeitssystem
hBh3 = f (Beleuchtung) hZu2 = hBh3 − hBh1
m/AS
(13.6.3)
m/Arbeitssystem
m/Arbeitssystem
(13.6.8) (13.6.9)
Die Behaglichkeitshöhe erfordert die Einhaltung von Schutzforderungen des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes. Das bedeutet die kollisions- und gefahrenfreie Bewegung der Arbeitskraft im Systemarbeitsraum (kein Bücken, kein Ausweichen, kein Stolpern, Barrierefreiheit,
13.4 Arbeitssystemraum
583
keine Kopfberührung, Bekranung usw.). Es ergibt sich die Behaglichkeitshöhe hBh4 mit der Zusatzhöhe hZu3. Bedingung: hAS ≥ hBh4 ≥ hBh1 + hZu3
m/Arbeitssystem
(13.6.10)
Die Behaglichkeitshöhe hBh1 berücksichtigt alle arbeitskraftbezogenen Einflüsse (Ver- und Entsorgung, Raumklima). Unter Beachtung der Zusatzhöhen ( hZu1 bis hZu3) wird die Höhe des Systemarbeitsraumes berechnet, Gl. (13.7). hAS ≥ hBh1 + hZu ≥ 2,50 hZu – max (hZu1 oder
13.4.3
m/AS
(Abb. 13.12)
hZu2 oder
(13.7)
hZu3)
Erweiterungsraum
Jedes System unterliegt nach der Projektierung und Realisierung Veränderungen, die gleichfalls (soweit vorhersehbar) zu projektieren sind. Von besonderem Interesse sind Systemerweiterungen und die Übernahme oder die Zuordnung von Zusatzaufgaben. Diese Erweiterungen sind sowohl bei der Arbeitssystemgrundfläche (↑ Arbeitsflächendimensionierung) als auch beim Arbeitssystemraum, einschließlich der damit verbundenen Umstellungen, zu berücksichtigen. Werden die Elemente erweitert, muss auch der Systemarbeitsraum erweitert werden, Abb. 13.6. Eine besondere Beachtung erhalten Arbeitssysteme in geschlossener und teilgeschlossener Ausführung, Abb. 13.7. Hier sind zusätzlich drei Raumanteile zu beachten: • der Konstruktionsraum des Raumbauwerkes, VKo, • ein Sicherheitsraum (Abstandsmaße zum Bauwerk), VKo, Zu1, • Bewegungszusatzräume für Bauwerksöffnungen (Tore, Türen, Fenster), VKo,Zu2. Die Raumgröße des Arbeitssystems erhöht sich deutlich (>15%).
13.4.4
Freier Systemraum
Freie Räume ergeben sich objektiv aus den Formen der Raumelemente und des Systemraumes. Es sind nutzbare stereometrische Einzelräume, die durch Summation den gesamten freien Systemraum ergeben, der nicht in zusammenhängender Form genutzt werden kann. Es ist zu beachten: 1. Die freien Räume sind durch die Elementeanordnung im Raum zu minimieren. Die Optimierungsaufgabe enthält Gl. (13.8). Zielfunktion: VAS, frei → Min! (Optimum durch Anordnungsoptimierung)
(13.8)
584
13 Arbeitsraum
2. Freie Räume können für Erweiterungen genutzt werden. 3. Nicht genutzte Räume können zum Luftraum addiert und als Luft- oder Behaglichkeitsraum genutzt werden.
13.5 Arbeitsräume in Fabriksystemen und Arbeitsstätten 13.5.1
Fabriksystemraum
Der Fabriksystemraum ist im Teil 1, Abschnitt 5.10.5, erläutert. Er enthält alle Räume der • einbezogenen Arbeitssysteme (Abb. 13.6), • notwendige Teilsysteme (Produktfluss-, Versorgungs-, Entsorgungs-, Betreibungs-, Erhaltungs- und Lenkungssysteme) • Zusatz- und sonstige Räume (Schutz, GABUSS, …). Für jedes Flusssystem der genannten Teilsysteme sind Raumanteile nach Abb. 13.6 erforderlich. Das bedeutet, dass bei jedem Flusssystem nach Abb. 13.6 • Elementeräume, • Arbeitsräume mit der Spezifik Bewegungsraum (Verbindungsweg, ↑ Produktflusssystemraum), • Erweiterungs-, Konstruktions-, Zusatz- und freie Räume zu berücksichtigen sind. Die Flächen- und Raumüberlagerungen sind entsprechend groß. Vereinfachend wird unter Beachtung der gesamten Räume ein Gesamtsystemraum (Systemhüllraum VSy Hüll ) projektiert. Die Ausprägung des Systemhüllraums erfolgt unter Einbeziehung von Systemmaßen mit den Angaben Systembreite SB, Systemlänge SL und Systemhöhe SH, Abb. 13.14. Der so definierte Fabriksystemraum ist die räumliche Anforderung an das ↑ Fabrikgebäude und zugleich die räumliche Grundanforderung an die Fabrikwirkungsstätte als Arbeitsstätte.
Abb. 13.14 Vereinfacht dargestellter Zusammenhang zwischen Fabriksystemraum und Gebäudesystemraum der Fabrikstätte. a Hüllraum des Fabriksystems. b Räumliche Ausprägung der Fabrikwirkungsstätte
13.5 Arbeitsräume in Fabriksystemen und Arbeitsstätten
585
Zur Vermeidung von Unter- oder Überdimensionierungen ist eine Übereinstimmung von Fabriksystem-Hüllraum VSy Hüll und Fabrikgebäude-Systemraum VG, Sy nach Abb. 13.14 anzustreben. Das räumlich dimensionierte Fabriksystem bestimmt somit die Fabrikwirkungsstätte (Arbeitsstätte) und alle Arbeitsbedingungen.
13.5.2
Fabrikstätten als Arbeitsstätte
Arbeitsstätten in der Fabrik sind Fabrikwirkungsstätten mit einbezogenen Arbeitsund Flusssystemen, die auf der Grundlage von technologischen Fabriksystemen entstehen, Abb. 13.14. Es sind Arbeitsstätten mit einem ↑ Arbeitssystem und mit mehreren Arbeitssystemen zu unterscheiden. Bei den Arbeitsstätten mit mehreren Arbeitssystemen sind Raum- und Anordnungsoptimierungen (↑ Optimierung) erforderlich. Optimierungszielstellungen sind • wegminimale Anordnungen (Weglängen, Wegflächen), • raumminimale Anordnungen • innerhalb eines Arbeitssystems, • für alle Arbeitssysteme eines Fabriksystems. Wegminimale Anordnung Die Arbeitssysteme werden nach dem Produktfluss so angeordnet, dass möglichst kleine Weglängen und Wegflächen entstehen. Ein- oder Doppel-Reihenanordnung sind hier die Lösungen, Abb. 13.15. Als Zusatzproblem ergeben sich freie Systemflächen Afrei.
Abb. 13.15 Weg- und flächenoptimierte Anordnung von Arbeitssystemen (Beispiel). a Ein-Reihenanordnung mit freien Flächen A frei. b Doppel-Reihenanordnung
Raumminimale Anordnungen Die höhenbestimmten Arbeitssysteme können in Reihe, Abb. 13.15, oder auch in Mehrfach-Reihe übereinander angeordnet werden, Abb. 13.16. Optimierungszielfunktion ist die Minimierung des Gesamtraumes.
586
13 Arbeitsraum
Abb. 13.16 Grundformen der raumoptimalen Systemanordnung. a Reihenanordnung in Zeilen. b Reihenanordnung in Spalten
Arbeitssysteme sind im Regelfall in den räumlichen Ausdehnungen zu vereinheitlichen. Das ist in Abhängigkeit von den Arbeitsplatzabmessungen und den unterschiedlichen Arbeitssystemhöhen eine Optimierungsaufgabe. Das Zielkriterium dieser Optimierungsaufgabe besteht in der Erreichung minimaler freier Räume, Abb. 13.17. Die Raumoptimierung schließt die Optimierung der Arbeitsplatzflächen (Länge und Breite), der Arbeitsräume und der Arbeitssystemhöhen ein.
Abb. 13.17 Darstellung der freien Räume
Arbeitsraumoptimierung Sofern nicht schon bei der Projektierung der einzelnen Arbeitssysteme geschehen, sind die zu einem Fabriksystem gehörenden Arbeitssysteme mit ihren Bedienbewegungs- und Behaglichkeitslufträumen, Abb. 13.6, zu optimieren und zu vereinheitlichen. Zu beachten sind: • Vergleichbare Systemarbeitsräume der unterschiedlichen Arbeitssysteme, • die Systemverbindung über die Bedienbewegungsräume, • wechselnde ↑ Arbeitsdichten der Arbeitssysteme. Es dürfen keine wesentlichen Unterschiede vergleichbarer Arbeitssysteme auftreten.
13.6 Raumbewertungen von Arbeitssystemen
587
Erst wenn das Raumoptimum erarbeitet wurde, können die Fluss-Systemräume des Fabriksystems optimal zugeordnet und anschließend das Fabrikgebäude bestimmt werden.
13.6
Raumbewertungen von Arbeitssystemen
Raumbewertungen dienen der Objektivierung von Vergleichen, insbesondere von Varianten- und Projektlösungsvergleichen. Zur Objektivierung der Vergleiche gehören die Herstellung einer objektiven Vergleichsbasis und der Bezug auf objektiv ermittelbare Größen. Dieser Sachverhalt kann durch Raumdichteverhältnisse so dargestellt werden, dass zunächst die Größen • potentieller Arbeitsraum oder potentieller Arbeitssystemraum und • aktueller Arbeitsraum oder aktueller (aktiv genutzter) Arbeitssystemraum eingeführt, raumabhängige Kennzahlen ermittelt und auf dieser Grundlage die Vergleiche durchgeführt werden. Der potentielle Arbeitsraum VA,p stellt dabei den unter legalen Bedingungen projektierten gesamten Bedienbewegungs- oder Behaglichkeitsluftraum eines Arbeitssystems Abb. 13.6, und der aktiv genutzte Arbeitsraum VA,a stellt den durch das Arbeiten genutzten Raum dar, Abb. 13.18.
Abb. 13.18 Raum – Raum – Bewertungsmodell. a Allgemeines Bewertungsmodell. b Niveaukennzahlen
13.6.1
Raum – Raum – Bewertung
Diese Bewertungsrichtung bringt das Verhältnis von Räumen zueinander zum Ausdruck und führt zu Projektierungskennzahlen. In vereinfachter Weise erfolgt die Bewertung entweder nach Abb. 13.18, oder jeder Einzelraumanteil nach Abb. 13.6 wird zum Gesamtarbeitssystemraum ins Verhältnis gesetzt, Gl. (13.9). Es ist ein
588
13 Arbeitsraum
„klassischer“ Projektierungsvergleich. Für die Niveaukennzahl AS j kann auch ein Raumanteilfaktor fAS j als Projektierungskennzahl ermittelt und zur Anwendung gebracht werden.
K AS j = ηL,AS = ηAR =
VAS
AS j
VA ≡ fAR VAS
oder K
VA VE
AS j
=
VAS VAS
j
⋅ 100
in %
(Luftvolumenanteilsgrad)
(Arbitsraumanteilsgrad)
VE ≡ fE,A VAS
0 ≤K
AS
≤1
(13.9.1)
0 ≤ ηL,AS ≤ 1 (13.9.2)
0 ≤ ηAR ≤ 1
(Elementeraumanteilsgrad)
(Arbeitsraumfaktor)
Beispiel VA, L = VAS ⋅ f L , AS
13.6.2
≡ f
VA,L ≡ fL,AS VAS
ηE,AS = fA =
j
VAS
0 ≤ ηE,A ≤ 1
(13.9.3) (13.9.4)
(13.9.5)
m3 /Arbeitssytem
Raum – Dichte – Bewertung
Durch diese Arbeitssystemraumbewertung wird das Gesamtelementevolumen ∑VtE zum Gesamtarbeitssystemraumvolumen VAS ins Verhältnis gesetzt. Die in den Elementen eingeschlossenen Volumina bleiben dabei zunächst unberücksichtigt. Sofern möglich, kann auch die Gesamtelementemasse ∑mtE Berücksichtigung finden, Gl. (13.10): n
• Dichtegrad ηD,AS j =
ηD,FS =
VtEi j
i=1
VAS j m
VtE j j=1 m
j=1
VAS j
m3 /m3 · AS;
(13.10.1)
m3 /m3 · FS
(13.10.2)
13.6 Raumbewertungen von Arbeitssystemen n
• Systemdichte ρAS j =
i=1
ρFS =
j=1 m
589
mtEi j
VAS j m
mtE j
kg/m3 · AS;
(13.10.3)
kg/m3 · FS
(13.10.4)
VAS j
j=1
13.6.3
System – Raum – Bewertung
Obwohl der Arbeitssystemraum noch nicht sehr häufig räumlich projektiert und vieles auf die Arbeitsplatzflächen reduziert wird, ist der Arbeitssystemraum projektierungsrelevant. Somit ist eine räumliche Bewertung des in der Hierarchie übergeordneten Systems möglich, Abb. 13.19. Untersuchungen ergeben hier bei Teilefertigungssystemen ungünstige Bewertungsergebnisse, die zu hohen Raumenergiebedarfen führen:
Abb. 13.19 Prinzipdarstellung des System – Raum – Bewertungsmodells (Kurzzeichen s. Abb. 13.14)
• Werkzeugmaschinengesamtvolumen ( VE) • Bewegungsvolumen durch Materialfluss und Arbeitskräfte • nicht genutztes Gebäudevolumen VG,Sy einer Fertigungsstätte
≤ 7,9% – Raumanteil ≤ 37,9% – Raumanteil ≤ 54,2% – Raumanteil
590
13 Arbeitsraum
Bei diesen Werten kann von einer permanenten räumlichen Überdimensionierung von Fertigungsstätten ausgegangen werden. Eine eindeutige Verbesserung ist nur mit Fabriken möglich, die mit SystemRaummodulen oder mit Maschinenaufstellebenen MAE für die Arbeitssystemräume aufgebaut werden und dadurch ein hohes Integrationsniveau erreichen.
• Arbeitssysteme sind räumlich so zu projektieren, dass die notwendige ↑ Flexibilität und ↑ Variabilität der Systeme gesichert wird. Mit der Variabilität sind die Elementeumstellungen und Systemwandlungen sowie die Arbeitsänderungen zu berücksichtigen. • Arbeitssysteme enthalten in jedem Fall Arbeitsräume mit Systemarbeitsraumelementen. Mit der Unterscheidung in technische (Wirksysteme, Industrieroboter) und manuelle Arbeit (Arbeitskräfte) ist eine Differenzierung des Arbeitsraumes verbunden. Technische Arbeit erfordert einen Wirkraum als Arbeitsraum. Manuelle Arbeit erfordert einen Bedienbewegungsraum als Arbeitsraum. Hier ist ein Behaglichkeitsluftraum zu beachten. • Bedienbewegungsraum VA,B und Behaglichkeitsluftraum VA,L unterliegen einer Prüfung. Fall 1: Fall 2: Fall 3:
VA,B = VA,L – Realisierungsform als Normalfall. VA,B > VA,L – Der Behaglichkeitsluftraum kann dem Bedienungsraum räumlich angepasst werden (VA,L err < VA,L gew = VA,B ). VA,B < VA,L – 3.1. Der Bedienbewegungsraum kann dem Behaglichkeitsluftraum als Arbeitsraum gleichgesetzt werden. 3.2. Behaglichkeitsluftraum und Bedienbewegungsraum werden gesondert projektiert.
• ↑ Bewertungen von Arbeitsräumen und Arbeitssystemräumen sind erst im Ergebnis einer Projektierung, speziell einer Projektierungslösung, real möglich. Bewertet werden Raumverhältnisse, ergonomische Erfüllungen und Bewegungen. • ↑ Arbeitsdichte, ↑ Arbeitsgestaltung, ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung, ↑ Arbeitssystem, ↑ Lichtversorgung, ↑ Luftversorgung, ↑ Maschinenaufstellung, ↑ Produktflusssystemfläche, ↑ Produktflusssystemraum, ↑ Wärmeenergieversorgung.
Literatur ArbstättV – Arbeitsstättenverordnung vom 20. März 1975; BGBl. I S. 729; 1982 S. 1; 1983 S. 1057; 1996 S. 1841 HESSE S (2000): Fertigungsautomatisierung, 1. Aufl. Vieweg & Sohn, Wiesbaden
14 Arbeitssystem
Arbeitssystem (AS): Materiell-technisches System der Arbeit, in dem Arbeitskräfte (AK) direkt oder indirekt mit Arbeitsmitteln (AM) und Energieeinsatz in einem Arbeitsprozess so durch eine Arbeitsorganisation (AO) auf einen Arbeitsgegenstand (AG) in einem Arbeitsraum (AR) und einer räumlichen Arbeitsumwelt (AU) einwirken, dass am Arbeitsgegenstand eine gewollte Veränderung des Zustandes in den Produktionsstufen erreicht wird. Die örtliche Stelle des Arbeitssystems ist der Arbeitsplatz.
14.1
Grundlagen
Ein Arbeitssystem ist grundsätzlich auf aufgabenrealisierende Arbeitsprozesse durch Technik in einem l Arbeitsraum mit Zeiterfordernis für die Kraft-Weg-Relationen des Arbeitens ausgerichtet. Dabei entstehen Zusammenhänge und relationsabhängige Wirkungen, die zu projektieren sind. Jedes Arbeitssystem besteht aus den Grundkomponenten nach Abb. 14.1 und beinhaltet den Zusammenhang nach
Abb. 14.1 Ausgewählte Komponenten des Arbeitens K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_14, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
592
14.1 Grundlagen
593
Abb. 14.2 Sinnbildliche Darstellung des Zusammenhangs von Arbeitsgang, Wirksystem und Arbeitssystem. a Arbeitsgang als Arbeitssystemaufgabe (Merkmale und Funktionen). b Wirksystem mit Verfahrens- und Flusskomponenten (Prozess und System). c Arbeitssystem mit Arbeitsgegenstands- und Gegenstandsflüssen (System, Raum und Tätigkeit)
Abb. 14.2. Wegen der Verallgemeinerungsmöglichkeit werden hier die Begriffe Arbeitsgegenstand (Produkt), Arbeitsmittel (Wirksystem, Maschine, Betriebsmittel, Unterstützungsmittel) und Arbeitskraft (Mensch, Roboter) verwendet. Der zu projektierende Inhalt eines Arbeitssystems wird durch • • • • • • •
die Aufgabe und die damit verbundenen relationsabhängigen Arbeitsprozesse, die Komponenten Arbeitstechnik und Arbeitsorganisation (Technologie), die Arbeitsmittel- und Arbeitskräftewirkung, den Arbeitsgegenstandsfluss (Produktfluss), die Wirksystemver- und -entsorgung, die Arbeitsraumver- und -entsorgung, die Arbeitsumwelt- und l Arbeitsgestaltung,
bestimmt. Von Bedeutung sind Projektierungskomplexe, die sich aus • einem Arbeitssystemeingangsbereich mit den Eingangsschnittstellen für Flusssysteme, • einem Arbeitsdurchführungsbereich mit den Arbeitsrelationen, • einem Arbeitssystemausgangsbereich mit den Ausgangsschnittstellen für Flusssysteme, • den Ein- und Ausgangsbereichen für Arbeitsumweltkontakte, • der Arbeitsorganisation und der Arbeitsgestaltung sowie aus • den Arbeitssystemrelationen ergeben. Diese zu projektierende Komplexität soll die Darstellung in der Abb. 14.3 verdeutlichen. Die vereinfachte relationsorientierte Darstellung in der Abb. 14.3 weist auf eine hohe Komplexität eines Arbeitssystems hin. Sie erfordert eine technologisch-konstruktive Projektierung und zusätzlich eine Projektierung des l Arbeitsraumes, der l Arbeitsgestaltung, der Arbeitssystemflächen, Ausstattungen, der l Speicherbedarfsmengen, l Speicherdimensionierungen, Systemautonomie, l Maschinenaufstellung usw., und zwar wie eine Fabrik im Kleinen. In der Fabrik haben Arbeitssysteme eine dominante Stellung. Sie sind die
594
14 Arbeitssystem
Abb. 14.3 Zu projektierende Komponenten eines Arbeitssystems (vereinfachte Darstellung der Flussrelationen, ● – Systemschnittstellen, BM – technische Unterstützungsmittel)
• wertschöpfenden Systeme, • Quellen und Senken der Fabrikflusssysteme, • Systeme mit den größten Stoff-, Energie-, Informations- und Betriebsmittelaufwendungen, • Systeme mit den meisten Systemrelationen, Eigenschaftsforderungen, Schnittstellen und der größten Vielgestaltigkeit, • die kleinsten ganzheitlichen Systeme der Fabrik, in die alle Aufgaben, Arbeitsprozesse und Flusssysteme entsprechend der Notwendigkeit integriert sind, • Systeme mit der größten Benennungsbreite (Arbeitssystem, Arbeitsplatz, Arbeitsstelle, Maschine, Anlage, Fertigungszelle, Montagezelle, …, Kompetenzzelle, Fertigungsplatz, Fertigungseinheit, Bearbeitungseinheit, Fraktal, …, Segment).
14.2 Arbeitssystemarten in der Fabrik
595
Für die Projektierung sind nicht die Systembenennung, sondern der Systeminhalt und die Systemwirkung von Bedeutung. Unter dem Begriff Arbeitssystem muss das Wirken durch manuelles und technisches Arbeiten in einem l System verstanden werden. Die Veränderungen am Arbeitsgegenstand erfolgen durch die physikalischen, chemischen oder biotechnischen Wirkungen und durch Arbeitskräfteeinwirkungen.
14.2 Arbeitssystemarten in der Fabrik Arbeitssysteme unterscheiden sich durch die Arbeitssystemaufgabe (Arbeitsgänge), die damit verbundenen Wirkfunktionen (Verfahren), die funktionellen Arbeitsprozessinhalte und ihre Größe deutlich. Sie unterscheiden sich nicht wesentlich durch die Komponenten des Arbeitens, Abb. 14.1, und die Systemkomponenten nach Abb. 14.3. Arbeitssystemaufgabe Die Vielfalt der Arbeitsaufgaben in der Fabrik führt zu einer Vielzahl unterschiedlicher Arbeitssysteme einer Fabrik. Ausgehend von den Grundaufgaben sind beispielsweise die in der Tabelle 14.1 aufgeführten Arbeitssystemgruppen und -arten zu unterscheiden und zu projektieren. Die Arbeitssystemarten unterscheiden sich insbesondere durch den Arbeitsgegenstand, die Arbeitsmittel, den Beruf der Arbeitskraft sowie die Arbeitsmethoden und -verfahren. Bezugssystem des Arbeitssystems sind das Wirksystem oder die integrierten Wirksysteme, so dass danach auch die Benennung erfolgen kann. Arbeitssystemgrößenarten Besonders die technologischen Arbeitssysteme, die im Weiteren näher betrachtet werden, ermöglichen und erfordern eine differenzierte Arbeitssystemgrößenbetrachtung, die auf die anderen Arbeitssysteme übertragbar ist. Grundlage der technologischen Arbeitssysteme sind im Sinne der Technologie, insbesondere der produktrealisierenden Systemtechnologie, die durch die Wirksysteme zu realisierenden Verfahren der Arbeitsgänge, Abb. 14.2. Es können unterschieden werden, Abb. 14.4: • Arbeitssysteme mit einem Arbeitsgang und einem Wirksystem als einstufige Arbeitssysteme (AS-1) • Arbeitssysteme mit zwei und mehr Arbeitsgängen und Wirksystemen als mehrstufige Arbeitssysteme (AS-M). Technologische Ausprägung des Arbeitssystems Ohne wesentliche Veränderung der Grundart und der Größe erreichen Arbeitssysteme durch den Realisierungsgrad (Produktionstiefe, l Kooperation) einer Produkttechnologieganzheit eine sogenannte Technologie- oder Produktionsmächtigkeit (Potential). Das bedeutet: • eine vollständige Produkttechnologierealisierung in einem Arbeitssystem durch punktförmige Prozesse bei einem Arbeitsgang AS-1, • eine vollständige Produkttechnologierealisierung in einem Arbeitssystem durch linienförmige oder vernetzte Prozesse bei mehreren Arbeitsgängen AS-M, • eine teilweise Produkttechnologierealisierung bei mehreren Arbeitsgängen AS-1 und AS-M.
596 Tabelle 14.1 Arbeitssystemgrundarten (Beispiel für eine Arbeitssystemtypung)
14 Arbeitssystem
14.2 Arbeitssystemarten in der Fabrik
597
Abb. 14.4 Vereinfachte Darstellung der Arbeitssystemgröße durch Arbeitsgangintegration. a Einstufiges Arbeitssystem (AS-1). b Mehrstufiges Arbeitssystem (AS-M)
Das Arbeitssystem kann dadurch in der Ausprägung nach Tabelle 14.2 eine Spannweite als Element eines Fabriksystems bis zu einer Übereinstimmung mit einer Gesamtfabrik erreichen. Tabelle 14.2 Einstufung der Arbeitssysteme nach ihrer Produktionsausprägung
Arbeitssystembegrenzung Arbeitssysteme werden durch Einbeziehung der Arbeitsgänge, die Ein- und Ausgänge für die Produktflüsse und ihre Anbindung an hierarchisch höhere Fabriksysteme in ihrer Größe und Ausprägung begrenzt. Voraussetzungen sind: • Vollständigkeit der notwendigen Flusssysteme nach Abb. 14.3, • ein Eingang und ein Ausgang für einen Produktfluss, Abb. 14.4, • vollständige Erfüllung der Arbeitsaufgabe in den Kategorien:
598
14 Arbeitssystem
• ein Arbeitsgang und alle damit in Verbindung stehenden Arbeitsaufgaben (AS-1), • eine ununterbrochene Arbeitsgangfolge und die dafür notwendigen Arbeitsaufgaben (AS-M) • Aufgabenvollständigkeit nach Abb. 14.1 und Tabelle 14.2.
14.3
Grundfunktionen und Relationen von Arbeitssystemen
Das ursächliche Wirken des Arbeitens in einem Arbeitssystem wird durch den Zusammenhang von Arbeitsgegenstand, Arbeitskraft und Arbeitsmittel ermöglicht, Abb. 14.1 und 14.3. Diese Grundelemente verkörpern und beinhalten ganz bestimmte Grundmerkmale, Grundfunktionen und Grundrelationen, Abb. 14.3 und 14.5, die wiederum Systemmerkmale, Systemfunktionen und Systemrelationen erforderlich machen. Sie müssen arbeitsgegenstandsorientiert, arbeitskraftorientiert und arbeitsmittelorientiert und zugleich stofflicher, energetischer und informationeller Art sein, Abb. 14.3 und 14.6.
Abb. 14.5 Allgemeine Grundrelationen eines Arbeitssystems
Im Arbeitssystem muss eine Grundfunktion die Dominanz als Bezugsfunktion erhalten, auf die alle Funktionen auszurichten sind. In der technologieorientierten Produktion sind das die Zustandsänderungsfunktionen am Arbeitsgegenstand durch die Wirksysteme. Es entsteht eine Technologiedominanz des Arbeitssystems und es sind zu beachten: • die Ausrichtung der Systemfunktionen und Systemrelationen auf die dominante Grundfunktion, • die wechselseitige Verflechtung der Grundfunktionen untereinander durch Flussrelationen und Flussrelationsfunktionen, die zu den Flusssystemen führen, Tabelle 14.3,
14.3 Grundfunktionen und Relationen von Arbeitssystemen
599
Abb. 14.6 Grundfunktionen und funktioneller Grundzusammenhang eines Arbeitssystems (ohne Standortfunktionen) Tabelle 14.3 Beziehungen in einem Arbeitssystem (ohne Beziehungsdichte)
600
14 Arbeitssystem
Abb. 14.7 Arbeitssystembeispiele und systembildende Grundfunktionen
• die Ausrichtung der Flusssysteme auf die Grundfunktionen und Grundrelationen nach Abb. 14.5 und auf den Arbeitsgegenstandfluss als Produktfluss, • die Gruppierung der Flusssysteme in einen Eingangsbereich, Durchführungsverflechtungsbereich und Ausgangsbereich unter Beachtung der Flussdurchgängigkeit, • die Veränderung der Verflechtungen im Durchführungsbereich bei mehrstufigen Arbeitssystemen ohne zusätzliche Ein- und Ausgangsbereiche, • die allgemeine Übertragbarkeit auf die Arbeitssysteme unterschiedlicher Bereiche, Abb. 14.7. Die Beziehungsdarstellungen in der Tabelle 14.3 führen durch projektierungsrelevante Betrachtungen zur Entwicklung der Flüsse und Elemente im Arbeitssystem. Folgende Aspekte sind zu beachten: • Die Komplexität eines Arbeitssystems ergibt sich aus den Relationsarten nach Tabelle 14.1, den Beziehungsmengen je Beziehungsart und den damit verbundenen Flussfunktionen Bewegung und Speicherung. Sie erfordern zur Beherrschbarkeit eine systematische Projektierungsarbeit mit der Orientierung auf die Konstruktion bzw. auf die konstruktive Projektierung. • Einstufige Arbeitssysteme enthalten im Regelfall die Beziehungen nach Tabelle 14.3. Mehrstufige Arbeitssysteme enthalten die Beziehungen nach Tabelle 14.3 für jeden Wirksystembezug und zusätzlich die Relationen zwischen den Wirksystemen. Dabei kommt es zu Überlagerungen, die unter dem Integrationsaspekt zu behandeln sind. Abbildung 14.8 verdeutlicht den Zusammenhang. • Der Projektierungsunterschied zwischen einstufigen und mehrstufigen Arbeitssystemen liegt im Verflechtungsbereich der mehrstufigen Arbeitssysteme und
14.4 Autonomie von Arbeitssystemen
601
Abb. 14.8 Beziehungsbereiche von Arbeitssystemen (mit Bezug zu Abb. 14.4). a Einstufiges Arbeitssystem. b Mehrstufiges Arbeitssystem
weniger oder kaum in den Ein- und Ausgangsbereichen. Außer dem Produktfluss können zusätzliche Ein- und Ausgangsbereiche im Verflechtungsbereich von mehrstufigen Arbeitssystemen für die Stoff-, Informations-, Energie-, Betriebsmittel- und Personenflüsse in Frage kommen. Der Eingangsbereich dient der Versorgung und der Ausgangsbereich ist für die Entsorgung erforderlich, so dass mehr Flüsse einer Art als Wirksysteme notwendig werden. • Jeder Bereich nach Abb. 14.8 enthält die Grundfunktionen nach Abb. 14.6 für jedes Flusssystem. Der Inhalt der Tabelle 14.3 ist somit für mehrstufige Arbeitssysteme zu erweitern.
14.4 Autonomie von Arbeitssystemen Im Sinne einer Systemautonomie können Arbeitssysteme autonom, teilautonom oder nicht autonom sein. Der Systemautonomiegrad unterliegt Abhängigkeiten durch • das Produkt (Tabelle 14.2), die Erarbeitung der Produktinformationen (Arbeitsvorbereitung, Konstruktion) und die Lieferer- und Abnahmebedingungen, • Energie-, Betriebsstoff- und Betriebsmittelbereitstellungen, • Einbindungen in die hierarchisch höheren Fabriksysteme. Dagegen können die Arbeitsdurchführung, die Arbeitsorganisation (Ablauf- und Tätigkeitsorganisation) und die Arbeitsordnung durch • eigene Tätigkeitsgesetze (abgestimmte Tätigkeitsordnung), • individuelle Arbeitsprozesse (flexibles und motiviertes Arbeiten), • Verantwortungsübernahme (juristisch: Produkthaftung, Werthaftung; sozialökonomisch: Lohn, Kosten, Gewinnbeteiligung, Mitteleinsatz) relativ autonom, in Abhängigkeit von Vorgabeforderungen, erfolgen, Abb. 14.9.
602
14 Arbeitssystem
Abb. 14.9 Systemautonomiegruppierung
Nicht projektierungsrelevant ist die Eigentumsform: • Eigentumsabhängigkeit → Arbeitnehmer, • Eigentumsmiete → Arbeitspächter, • Eigentümer → Arbeitgeber (privat, genossenschaftlich), da hiervon die Objektivität der Arbeitsorganisation wenig berührt wird. Autonom kann auch die Arbeitsumwelt eines Arbeitssystems sein, wenn eine räumliche Begrenzung (l Arbeitsraum) vorliegt. Liegt nur eine fiktive räumliche Begrenzung vor, ist eine räumliche Autonomie in definierter Form nicht möglich. Beide Formen sowie die Technologieinhalte nach Tabelle 14.2 und Abb. 14.6 sind zu projektieren.
14.5
Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
Arbeitssysteme können durch Klassifizierung, Gruppierung und Typung entwickelt und projektiert werden, wodurch eine Projektierungsvereinfachung, Bausteinprojektierung (Arbeitssysteme als Projektbausteine oder Wiederverwendungsprojekte
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
603
Abb. 14.10 Grundklassifikation zur Entwicklung, Typung und Projektierung von Arbeitssystemen
unter Hinzuziehung von Projektierungsbausteinen) oder eine Katalogprojektierung (klassifizierte und katalogisierte Arbeitssysteme mit katalogisierten Projektierungsvorschriften) ermöglicht wird. Klassifizierbar und nach einheitlichen Gesichtspunkten gruppier- und katalogisierbar sind nur systematisierbare Arbeitssysteminhalte, etwa nach den Inhalten der Abb. 14.10. Mit einer solchen Klassifizierung und Gruppierung können zugleich die Projektierungsreihenfolge und ein Katalogaufbau Beachtung finden. Hierbei darf der Vorbereitungsaufwand nicht im Vordergrund der Betrachtungen stehen, sondern die inhaltliche Unterstützungshilfe. Die Vielgliedrigkeit der Gruppierung durch Klassifizierung weist auf die große Komplexität, Anwendungsbreite, Projektierungs- und Entwicklungsvielfalt von Arbeitssystemen hin. Mit der Bestimmung der Arbeitssystemgrundart, die gegenüber Tabelle 14.1 noch in Klassifikationstafeln zu untersetzen ist, liegt der technologische Aufgabenrahmen für die Arbeitssysteme als Anforderung vor, aus denen die technologischen Funktionen und Relationen der Wirksysteme und des Produktflusses abzuleiten sind. Dieser Sachverhalt kann mit dem Begriff Anforderungsprofil als Arbeitssystemprogramm und Arbeitssystem- l Projektierungsprogramm beschrieben werden.
14.5.1 Arbeitssystemgrundaufbau Der Grundaufbau von Arbeitssystemen wird insbesondere durch die Wirksysteme, den Arbeitsgegenstandsfluss und die Arbeitssystemgrundstruktur geprägt. Integra-
604
14 Arbeitssystem
tion, Dimensionierung und Strukturierung verlaufen hier in zyklischer Parallelität, bis eine günstige Lösung gefunden wurde. 14.5.1.1
Wirksysteme
Wirksysteme sind die Bezugssysteme der Entwicklung und Projektierung von Arbeitssystemen, enthalten den Verfahrensinhalt zur Produktzustandsänderung und bestimmen den technischen, räumlichen und zeitlichen Arbeitsinhalt deutlich. Insbesondere gehören dazu: • das technische Niveau:
• • • • •
• manuell (Werktisch), • mechanisiert (Maschine oder Anlage mit manueller Bedienung), • automatisiert (Maschine oder Anlage mit Steuerungen), die l Arbeitsdichte, die Mehrstellenarbeit und Arbeitssystemstufigkeit, Tabelle 14.4, die Betriebsmittel-Ausstattung und der l Betriebsmittelfluss, die Flusssystemausprägungen (Produktmaterial-, Produkt-, Betriebsstoff-, Energie-, Informations-, Personen-, Abführungsmaterial- und Verlustflüsse), die Dimension der Flussdurchsätze, Anschlussstellen, Flächen, Räume, technologischen Zeiten, Ausstattungen, Personen, Betreibung und Erhaltung sowie die Grundanforderungen an die l Arbeitsgestaltung hinsichtlich der Abstandsmaße, Aufstellung, Beleuchtung, des Lärms, der Bewegungen, Arbeitshaltung, Befestigung und Sicherheit.
Tabelle 14.4 Sinnbildliche Darstellung der Wirksystemgruppierung
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
605
Tabelle 14.5 Sinnbildliche Darstellung des geometrischen Grundaufbaus von Wirksystemen
Bei vorausgesetzter Bekanntheit entwickelter Wirksysteme wie Werkzeugmaschine, Anlage, Werktisch oder Montagegestell sind weiterhin für die Entwicklung und Projektierung • das Verhältnis von Trag-/Stützsystem zur Menge der Wirkstellen des Wirksystems und die damit verbundenen • Bewegungsrelationen von Interesse, Tabelle 14.5. Bewegungen treten an den Wirkstellen in rotatorischer, translatorischer oder kombinierter Form auf. Diese Bewegungen und die Bewegungsrelationen von • • • • • •
Wirkstelle und Arbeitsgegenstand, Wirkstelle und Betriebsmittel (Werkzeuge; Unterstützungsmittel), Wirkstelle und Arbeitskraft, Arbeitskraft und Arbeitsgegenstand, Arbeitskraft und Betriebsmittel, Arbeitsgegenstand und Betriebsmittel
sind bei der Wirksystemkonstruktion bzw. -projektierung zu berücksichtigen und beeinflussen durch die Wirksystemkonstruktion die Projektierung des Arbeitssystems. Der Projektant muss diesen Bezug zum Wirksystem kennen (Beispiele in Abb. 14.11), und Kenntnisse über die technologischen Verfahren und Werkzeugmaschinen usw. besitzen. Alternativ zur Tabelle 14.5 können zur Entwicklungsunterstützung auch die räumlichen Aufbauformen nach Tabelle 14.6 Anwendung finden. Sie schließen die
606
14 Arbeitssystem
Abb. 14.11 Bewegungsrelationen von Wirksystemen (ausgewählte Beispiele). a NC-ZahnradSchleifmaschine zum Wälzschleifen mit Kegelscheibe (von HIRSCH 2000). b Bewegungsrelationen beim Laserschneiden und -schweißen dreidimensionaler Arbeitsgegenstände (von SPUR 2000)
Tabelle 14.6 Räumliche Elementeanordnungsformen (Wirksysteme, Arbeitssysteme, Speicher)
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
607
Wirksystemgruppierung (Einzel-, Verbund-, Kompaktwirksysteme) in die Systematik ein und ermöglichen durch das kreative Eingreifen eine größere Wirksystementwicklungsbreite, wie das Beispiel in der Tabelle 14.6 zeigt. Gleichzeitig wird in der Tabelle 14.6 darauf hingewiesen, dass die so genannten statischen Systemelemente – Wirksystem und Speicher – gleiche räumliche Aufbauformen haben und Lösungen durch Detaillierungen (Stereometrie, Lageordnung usw.) in großer Vielfalt systematisch-methodisch ableitbar sind. Zu den Bewegungsrelationen der Wirksysteme gehören auch die Wirkstellenbedienung und die Wirksystembetreibung als Schnittstellen zum Handhabungssystem. In der praktischen Projektierung wird das Wirksystem • als Maschine, Anlage oder Werktisch aus einem lieferbaren Bestand ausgewählt und die Arbeitssystemprojektierung hierauf ausgerichtet, was auch bei nicht idealen Angeboten der Fall ist, oder • als Aufgabenstellung für eine Konstruktion bei einer ausreichenden Projektbearbeitungszeit formuliert oder • als eine Weiterentwicklung durch Konstruktionsergänzungen und -erweiterungen in die Projektierung einbezogen. 14.5.1.2 Arbeitsgegenstandsfluss in Arbeitssystemen Der Arbeitsgegenstandsfluss ist der Produktfluss bei technologischen Arbeitssystemen. Er bestimmt unter Einbeziehung der Wirksysteme die Aufbaustruktur als Arbeitsprozessstruktur und Arbeitssystemstruktur. Prozess- und Systembetrachtungen sind erforderlich. Es werden • • • •
die Aufbauorganisationsformen, Tabelle 14.7, die Produktflussformen, Tabelle 14.8, und die Systemstrukturformen, Tabelle 14.9, sowie die Entwicklung der Arbeitssysteme
kreativ beeinflusst, Abb. 14.12. Das Komplexbeispiel in der Tabelle 14.9 soll andeuten, dass über die Systemstrukturierung auch eine Arbeitssystementwicklung eingeleitet wird, die dann über die Arbeitssystemstrukturgestaltung vollendet werden muss. Beide Richtungen werden durch die Systemfeinstrukturierung tangiert und durch die Produktflussdimensionierung (l Speicherbedarfsmengen, l Speicherdimensionierung, l Produktflusssystemraum) beeinflusst. Es wird der Entwicklungsweg zur Arbeitssystemausprägung nach Tabelle 14.2 aufgezeigt. Mit der Abb. 14.13 soll dieser Weg für eine Kombination Stangenlager und Zuschnitt verdeutlicht werden.
14.5.2 Arbeitssystem-Strukturgestaltung Die Gestaltung des Arbeitssystems wird auf das strukturell-geometrische Zusammenspiel von Wirksystem und Produktflusselementen konzentriert. Es werden die
608
14 Arbeitssystem
Tabelle 14.7 Arbeitssystemaufbauorganisationsformen (in Kombination mit den zeitlichen Strukturen)
Tabelle 14.8 Gruppierung der Arbeitssystemproduktflussformen
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme Tabelle 14.9 Arbeitssystemgrundstrukturierung
Abb. 14.12 Komplexbeispiele
609
610
14 Arbeitssystem
Abb. 14.13 Arbeitssystem „Stangenzuschnitt“ mit Zentralspeicher und Lageranbindung (Entwicklung von Dr.-Ing. F. HEYDT, KASTO)
geometrischen bzw. stereometrischen Elementeformen, die Raumlagen, Bewegungen, Anordnungen und die Handhabung durch eine Strukturierung berührt. 14.5.2.1
Produktspeicher in Arbeitssystemen
Die Arbeitssystemgestaltung wird wesentlich durch die anzuordnenden Systemelemente bestimmt. Das sind insbesondere die Wirksysteme und die Produktspeicher. Möglich ist die Einbeziehung von sechs unterscheidbaren Speicherarten, Abb. 14.14: 1. Eingangsspeicher (ESP) für die Produkthandhabung im Eingangsbereich → E 2. Ausgangsspeicher (ASP) für die Produkthandhabung im Ausgangsbereich → A 3. Ausgleichs- und Störungsspeicher (ASSP) zum statischen und dynamischen Zeitausgleich → SA 4. Bereitstellspeicher (B-ESP) im Eingangsbereich zur Systemanbindung → BE 5. Bereitstellspeicher (B-ASP) im Ausgangsbereich zur Systemanbindung → BA 6. Zwischenspeicher (SPZ) zur Langzeitaufbewahrung von Produkten → Z Die Produktspeicherzuordnungen gelten für Einzelwirksysteme und Wirksystemgruppen nach Tabelle 14.4 und enthalten die Produktflusskopplungen als Einfach- und Mehrfachkopplungen. Durch die technische Integration benachbarter
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
611
Abb. 14.14 Gruppierung der Produktspeicherzuordnung (Arbeitssystem mit einem Wirksystem)
Speicherarten ([BE + E] → ESP; [A + BA] → ASP) entstehen keine neuen Gruppierungen, es ändert sich jedoch die Speichergröße. Deshalb ist die Gruppierung nach Abb. 14.14 auch für die Montage, Kommissionierung oder Instandsetzung weitgehend zutreffend, selbst wenn sich die Speicherartenanzahl durch mehrere Produktflüsse erhöht. Es sind nur Grundgruppierungen und noch keine detaillierten Klassifizierungen. 14.5.2.2
Räumliche Produktflussgrundformen
Arbeitssysteme besitzen einen Flusseingang von und einen Flussausgang zu anderen, im Regelfall hierarchiehöheren, Systemen als Anbindungsstellen. Dadurch entsteht ein Fluss vom Eingang über die statisch anzuordnenden Systemelemente (Wirksysteme, Speicher) bis zum Ausgang. Diese Verhältnisse führen zu den geometrisch geordneten Flussgrundformen, Tabelle 14.10, die zugleich sogenannte Verkettungen beinhalten. Die Geometrieformen sind zunächst nur flächenorientiert und werden durch die Anordnungen der Systemelemente räumlicher Art. Zur Erläuterung der Flussgrundformen enthält Abb. 14.15 ein Beispiel für ein mehrstufiges Arbeitssystem mit einer Wirksystemgruppe (Einzelwirksysteme) und der Flussgrundform 1 (Außenverkettung) nach Tabelle 14.10. Werden eine zweite Außenverkettung und Roboter (Manipulatoren) in die Systemlösung einbezogen, so entsteht in diesem Beispiel die Flussgrundform 9 nach Tabelle 14.10. 14.5.2.3
Stereometrieform und Raumlage der anzuordnenden Systemelemente
Anzuordnende Systemelemente sind die Wirksysteme und die Speicher. Sie werden deshalb auch als statische (ruhende) Elemente bezeichnet. Aus der Kombination von
612
14 Arbeitssystem
Tabelle 14.10 Räumliche Flussgrundformen
Abb. 14.15 Mehrstufiges Arbeitssystem mit der Flussgrundform 1 nach Tabelle 14.10 (von HESSE 2000)
Stereometrieform und Raumanordnung ergeben sich stereometrische Arbeitssystemformen, Tabelle 14.11. Die stereometrischen Grundformen nach Tabelle 14.11 gelten sowohl für den Wirksystemaufbau als Einzel- oder Gruppenwirksystem und als Einzelspeicheroder Zentralspeicheraufbau, wobei die Kugelform eine Besonderheit darstellt und die Pyramidenform noch relativ ungebräuchlich ist. Entwicklungsbedarf auf weite
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
613
Tabelle 14.11 Stereometrische Raumgebilde von Wirksystemen und Speichern (● – Wirkstellen)
Sicht wird auch noch bei den Raumlageformen Seitenflur- und Überfluranordnung notwendig, obwohl sie unter Einschluss einer erhöhten Anordnung gute Raumnutzungsverhältnisse ermöglichen. Auf ihre raumentwickelnde Bedeutung wird hiermit hingewiesen. 14.5.2.4
Räumliche Bewegungsformen der Produktflusselemente im Arbeitssystemraum
Der räumliche Produktfluss muss den Bewegungsraum (Förder-, Bedienraum) realisieren können, der durch die Anordnung und räumliche Ausprägung der statischen Systemelemente (Wirksysteme, Speicher) und dem Systemein- und -ausgang entstanden ist. Der Bewegungsgesamtraum (l Arbeitsraum) setzt sich aus • dem Wirkraum als Arbeitsraum des Wirksystems, • dem Bedienraum für das Wirksystem als Handhabungsraum und aus, • dem Förderraum für den Produktfluss (l Produktf lusssystemraum) zusammen. Dadurch kann es zu Überlagerungen und bei Überlagerungen zu Kollisionen kommen, die zu vermeiden sind. Im Minimum verbleiben der Wirkraum und der Förderraum, wenn die Handhabung in die Produktflussförderung integriert ist. Im Maximum kommen weitere Räume für Übergaben und Speicherbedienungen hinzu, die gleichfalls Bewegungselemente erfordern.
614
14 Arbeitssystem
Zur Realisierung der Bewegungsräume, insbesondere des Förder- und Bedienraumes, können die räumlich-technischen Prinzipien nach Tabelle 14.12 als Lösungsansätze zur Anwendung kommen. Für jedes Prinzip sind technische Bewegungselemente erforderlich, die wiederum in Anlehnung an die Tabelle 14.11 in Flur-, Seitenflur- oder Überflurform angeordnet werden können, woraus sich weitere Entwicklungsmöglichkeiten ableiten. Tabelle 14.12 Räumlich-technische Bewegungsprinzipien
Als Bewegungselemente mit einer Raumlagebedienbarkeit sind zu beachten: • • • • • •
Arbeitskräfte (Einzelarbeitskraft, Arbeitskraftgruppe), Zuführeinrichtungen (Zuführen, Einlegen, Positionieren, Ausgeben, Verketten), Fördermittel (Lösungen der positionierungsfähigen Fördertechnik), Handhabungsmittel (Roboter, Manipulatoren), Technikkombinationen (Transportmittel und Roboter), kombinierte Formen von Technik und „Hand“ (Arbeitskraft mit technischen Mitteln).
Die hieraus ableitbaren Kombinationen führen • zur Vervollständigung der Arbeitssystem-Strukturgestaltung, Tabelle 14.13, • zum technischen Niveau der Mechanisierung und Automatisierung bzw. zur Automatisierbarkeit und • zu Forderungsbedarfen an die Gestaltung der Arbeit im Arbeitssystem, Abschnitt 14.5.3.
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
615
Tabelle 14.13 Räumliche Bewegungselemente und Bewegungselementekombinationen
Bei den räumlichen Bewegungslösungen ist auf die Ausgewogenheit der Bedienung durch Mobilitätsrelationen zu achten: • statische Wirksysteme, statische Speicher und mobile Flusselemente, • statische Wirksysteme und dynamische Speicher als Flusselement, • mobile Wirksysteme als Flusselement und statische Speicher.
• Die Arbeitssystemstrukturgestaltung kann als Entwicklungsgebiet ohne wesentliche Dimensionierungen durchgeführt werden, da sie zunächst nur der Entwicklung dient und den Entwicklungsweg aufzeigt. In der praktischen Konkretfallprojektierung wird die Vielfalt der Lösungsmöglichkeiten durch den Fall- oder Variantenentscheid stark eingeengt und es muss dimensioniert werden, was zu weiteren Lösungseingrenzungen führt. • In der praktischen Projektierung darf die Lösungseingrenzung nicht so stark sein, dass es immer nur eine Lösungsvariante gibt, die schon jahrelang sicher projektiert wurde. Die vorgeschlagene Entwicklungsgruppierung bietet deshalb auch die reale Möglichkeit zur Variantenarbeit. Das ist durch Variation einer Gruppe derart möglich, dass jede Variation einen Fortschrittsbeitrag darstellt (l Kombinatorik).
616
14 Arbeitssystem
• Für die Arbeitssystemstrukturgestaltung sind die Wirksysteme mit ihren Wirkstellen die Bezugsbasis, auf die alles bezogen wird. In der Entwicklung kann die gleiche Vorgehensweise mit den gleichen gruppierten Prinzipien auf die technologischen Fabriksysteme mit der Bezugsbasis Arbeitssystem und auf die Gesamtfabrik mit der Bezugsbasis Fabriksystem übertragen werden, ohne dass die Wirksysteme und die Handhabung weiter einzubeziehen sind. Das heißt, der Bewegungsraum ist dann immer ein Produktflussförderraum.
14.5.3 Arbeitssystemstrukturergänzung Mit der Strukturergänzung erfolgt eine Hinwendung zur Feinstrukturierung durch die Anordnungslagebestimmung, Handhabung, Zu- und Abgänge, Flusssystemzuordnungen und Ausstattungen. Es erfolgen keine Grundstrukturveränderungen und im Regelfall nur Ergänzungen der Grund- und Grobstruktur derart, dass das Arbeitssystem eine Projektierungsrelevanz hinsichtlich der • f lächenbezogenen Projektierung (l Arbeitsplatzflächendimensionierung, l Arbeitsraum, l Layoutprojektierung), • infrastrukturellen Projektierung (Flusssysteme ohne Produktfluss, l Maschinenaufstellung, l Absaugsystem, l Feststoffentsorgung usw.), • Arbeitssystembetriebsprojektierung und der • l Arbeitsgestaltung erhält. Die Entwicklungssystematik wird grober und ist nicht mehr so eindeutig, obwohl die räumlichen Lageaussagen detaillierter und feiner, der Entwicklungseinfluss kleiner wird. 14.5.3.1 Anordnung und Aufstellung der statischen Systemelemente Zu betrachten sind die Wirksysteme und die Produktspeicher als statische Systemelemente für eine Anordnung und Aufstellung. Die Zuordnungsgruppierung nach Tabelle 14.14 und eine Aufstellungsgruppierung für Wirksysteme enthalten die Teilgebiete l Arbeitsplatzflächendimensionierung, l Maschinenaufstellung und l Optimierung. Entsprechend der Gesamtgruppierung implizieren die Anordnungsvarianten nach Tabelle 14.14 auch • geometrische/stereometrische Grundformen der Speicher und Wirksysteme, • zentrale, dezentrale oder dynamische Speicher, • erhöhte Anordnungen (Speicher über Wirksystem usw.) und lassen selber noch detaillierte Anordnungen zum Systemfluss des übergeordneten Systems oder zur Speicheranzahl zu. Es bleiben jedoch die grundsätzlichen Zuordnungen.
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
617
Tabelle 14.14 Wirksystem-Speicher-Zuordnung (Produktfluss über einen Speicher)
Erst wenn die Zuordnung eindeutig geklärt wurde, kann der Aufstellungsfall nach Tabelle 12.1 der l Arbeitsplatzflächendimensionierung (Gruppierungsklassifikator 20 nach Abb. 14.10) definiert werden. Hierdurch entstehen Festpunkte, die einer flexiblen Umstellung entgegenwirken können (Gruben, Absenkungen, Fundamentpodeste). Die Zu- und Abgänge des Arbeitssystems gelten durch die Wirksystem-Speicher-Zuordnung als mit geklärt. 14.5.3.2
Verkettung, Handhabung und Robotereinsatz
Arbeitssysteme sind die Systeme der Fabrik mit den umfangreichsten Bedienhandhabungen. Unter besonderer Beachtung der • Bedienfunktionen, Bedienstellen und Bedienwege, • Bedien- l Gleichzeitigkeit, Bedienintelligenz und Bedienzeiten sowie der, • Bedienkräfte, Bedienflüsse und Bedienrelationen, kommen für die Handhabung als Grundfälle, • • • •
Nur – Zuführeinrichtungen (Zu- und Abführung, Verkettung), Nur – Arbeitskräfte (Zu-, Abführen, Handhaben, Verketten, Bedienen), Nur – Handhabungsmaschinen (Zu-, Abführen, Handhaben, Verketten, Bedienen), Kombinationen
zur Problemlösung in Betracht. Dabei haben der Bewegungsvorgang, die Bewegungsprozesse, die Gegenstandslage, der Bewegungsraum und die Bewegungskoordinaten eine besondere Bedeutung bei der Systemprojektierung.
618
14 Arbeitssystem
Abb. 14.16 Bereitstellvarianten unter dem Aspekt des Ordnungsgrades der Teile (von HESSE 2000)
Zuführeinrichtungen stellen die mechanisch einfachsten und energetisch günstigsten Lösungen dar. Sie sind jedoch auf nur einzelne Koordinaten (x-, y-, - z Koordinate), eindimensionale Raumbewegungen, einzelne Bewegungsformen (Translation, Rotation), Ordnungsschaffung für Einzelteile sowie auf die Handhabung durch Befüllung und Erfassung sowie Entnahme zu begrenzen und grundsätzlich als Anfangs- und Endelemente in die Wirksysteme zu integrieren. Abbildung 14.16 enthält ausgewählte Beispiele. Arbeitskräfte sind die flexibelsten Elemente der Arbeit und haben somit auch eine besondere Handhabungseignung, die wiederum begrenzt wird, durch • einzelne und dauerhafte Kraftaufwendungen (physische Beanspruchung), • Gleichmäßigkeit und l Gleichzeitigkeit der Handhabungen über die Arbeitszeit, • zeitliche Bindungen und Abstimmungen (Grenzzeitdauer r 32 s/Vorgang) • körperabhängige Bewegungslängen im Raum als Greifraum, Abb. 14.17 und 14.18. Zu beachten sind Steh-Geh-, Steh-, Sitz- und Steh-Sitz-Raum-Kraftverhältnisse, die im Rahmen der ergonomischen Arbeitssystemgestaltung zu klären und zu projektieren sind.
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
619
Abb. 14.17 Gestaltungsmaße und -bereiche an einer Arbeitsstelle (Wirkstelle) von TROGNITZ (1977). a Körperhaltung Sitzen. b Körperhaltung Stehen
Abb. 14.18 Gliederung des Greifraumes (max. anatomische Reichweite: nur mit Oberkörperbewegung erreichbar; gestrichelter Bereich: optimale Arbeitsfläche) von LUCZAK 1996
620
14 Arbeitssystem
Abb. 14.19 Definition des kartesischen Koordinatensystems von HESSE (2000). a Rechte-HandRegel. b Achsenbezeichnungen. c Beispiel für die Achsenfestlegung
Abb. 14.20 Typische Basiskoordinatensysteme für Handhabungsmaschinen von HESSE (2000). a Kartesisch. b Zylindrisch. c Kugelig
Industrieroboter sind besonders für Arbeitsdauerbelastungen geeignet, auch wenn sie ungünstige energetische Aufwendungen (Arbeitskraft : Industrieroboter 1 : (b150)), einen großen Bewegungsraum, Instandhaltungen, Programmierungen usw. benötigen und ungünstige Masseverhältnisse (zu bewegende Masse : gesamt zu bewegende Masse 1 : (b300)) aufweisen. Sie erfordern in jedem Fall mindestens ein Koordinatensystem, Abb. 14.19 und 14.20. Die Bewegungsanzahl erhöht sich deutlich (≥63 Bewegungsformen), wenn zu den Einfachkombinationen zusätzliche Mehrfachkombinationen ((Translation + Rotation)/Koordinatenachse) Berücksichtigung finden. Hinzu kommen Greif- und Gelenkbewegungen. Über die Koordinatenachsen lassen sich die Industrieroboter und Zuführeinrichtungen relativ genau und die Arbeitskräfte in etwa genau räumlich beschreiben, so dass auch hier eine projektierungstaugliche Gruppierung möglich wird, obwohl Handhabungssysteme als Systembewegungselemente nach Tabelle 14.12 einzuordnen sind. Tabelle 14.15 enthält eine Übersicht der Gruppierung mit Beispielen.
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
621
Tabelle 14.15 Handhabungsgruppierung ((x) – bedingt möglich)
14.5.3.3 Arbeitssystemausstattung Ausstattungen sind Arbeitssystemelemente zur Unterstützung und Ergänzung des funktionellen Arbeitens im Arbeitssystem. Sie sind unverzichtbar. Ihre Gruppierung leitet sich aus den Grundfunktionen nach Abb. 14.6 ab. Sie sind für die Arbeitssysteme nach Art, Größe und Menge entsprechend der Arbeitssystemart, Tabelle 14.1 und 14.2, verschieden, können auch im übergeordneten System zentralisiert werden und beanspruchen Aufstell- und Bedienflächen bzw. Aufstell- und Bewegungsräume.
622
14 Arbeitssystem
Abb. 14.21 Arbeitssystemausstattungen (Auswahl)
Eine unterstützende Übersicht ohne systembeeinflussende Gruppierung enthält Abb. 14.21. 14.5.3.4
Infrastrukturelle Ver- und Entsorgung von Arbeitssystemen
Besonders bei Arbeitssystemen sind die Belange der Ver- und Entsorgung zur Wirkungserreichung von eminenter Bedeutung. Objektiv sind zu beachten: • die Abhängigkeit der Systemelementewirkung von einer Ver- und Entsorgungssicherheit über die gesamte Wirkungs- und Lebenszeit, (Instabile Ver- und Entsorgungen führen zum Elementestillstand oder zu Durchsatzminderungen.)
14.5 Entwicklung technologischer Arbeitssysteme
623
• die Vielzahl unterschiedlicher Versorgungs- und Entsorgungsleistungen, die sich aus den Versorgungs- und Entsorgungsgegenständen ergeben, (Jede Gegenstandsart führt zu einem Versorgungssystem und zu einem Entsorgungssystem.) • die Unterscheidung von System und Raum, die unterschiedliche oder ähnliche Ver- und Entsorgungsansprüche stellen, • die Trennung von Erzeugung und Verteilung beim Versorgen und von Erfassung/ Sammlung und Verwertung beim Entsorgen, • der unverzichtbare Verbleib der Verteilung/Zuführung beim Versorgen und der Erfassung/Abführung beim Entsorgen mit der Ausgliederung der Erzeugung und Verwertung in andere, zentrale fabrikliche Systeme oder in die hierarchiehöheren Fabriksysteme, • die separate Projektierung jedes Ver- und Entsorgungssystems, das ein eigenes Projektierungsprogramm, eine eigene Funktion, Dimension, Struktur und Gestalt hat und mit einer vergleichbaren Klassifizierung (Abb. 14.10) gruppiert werden kann. Diese Umstände ermöglichen aus der Sicht des Arbeitssystems nur eine allgemeine (grobe) Gruppierung und aus der Sicht der Einzelsysteme eine genaue Systematisierung und Projektierung. Zu beachtende Übersichten enthalten die Abb. 14.22 und 14.23 als Orientierung, mit dem Hinweis auf die zu projektierende Systemmenge und Ausstattungseinflüsse. Für die Gruppierung nach Abb. 14.10 eignen sich die aufgeführten Unterscheidungscharakteristiken als Ansatz.
Abb. 14.22 Gruppierung der Arbeitssystemversorgung
624
14 Arbeitssystem
Abb. 14.23 Gruppierung der Arbeitssystementsorgung
14.6 Arbeitsgestaltung und Typung von Arbeitssystemen 14.6.1
Gestaltung der Arbeit in Arbeitssystemen
Arbeit bedeutet in der einfachsten physikalischen Weise Krafteinsatz (durch Technik und Arbeitskraft) über eine Wegstrecke (im Raum). Durch den notwendigen Zeitbezug der Produktion im Arbeitssystem erfolgt ein Übergang zur genaueren Systemleistung (Durchsatz). Aus dieser Sicht muss die Arbeit im Arbeitssystem so gestaltet werden, dass in hohem Maße eine wirtschaftlich verwertbare Systemleistung erreicht wird. Die Gestaltung der Arbeit im Arbeitssystem muss auf alle Elemente des Arbeitssystems bezogen werden. Deshalb enthält die Übersicht in der Abb. 14.24 wesentliche zu gestaltende Komponenten.
14.6.2 Arbeitssystemtypung Arbeitssystemtypenlösungen sind vereinfachte Projektbausteine mit häufiger Wiederverwendung und ergonomischer Gestaltung, insbesondere der Arbeitsplatzfläche, die auf der Basis einer Klassifizierung entstehen. Zur Klassifizierung ist
14.6 Arbeitsgestaltung und Typung von Arbeitssystemen
625
Abb. 14.24 Einflussfelder zur Gestaltung der Arbeit in Arbeitssystemen
• der volle Inhalt der Abb. 14.10 für feinste gegliederte Typenarbeitssysteme oder • ein Teilinhalt aus der Abb. 14.10 für eine grobe Typung geeignet. Grobe Typung bedeutet sehr häufige, und feine Typung ist eine weniger häufige Wiederverwendung.
• Aus Gründen der Effizienz ist die Anzahl einstufiger Arbeitssysteme klein zu halten und die Anzahl mehrstufiger Arbeitssysteme hoch anzustreben. Die Vor-
626
14 Arbeitssystem
teile liegen in kürzeren Wegen, geringeren Materialflüssen und kleineren Räumen, verbunden mit geringeren Energieaufwendungen. • Da die Anzahl käuflicher Verbund- und Kompaktwirksysteme noch relativ gering ist, muss der Fabrikprojektant hier durch die Projektierung einen wesentlichen Beitrag leisten. Dieser Beitrag fördert auch die Gruppenarbeit, Fabrikautomation und die Bedeutung des Fabrikprojektanten. Die grundsätzliche Entwicklung von technologischen Fabriksystemen und Fabriken kann im übertragenen Sinn auch mit dem Entwicklungsklassifikator nach Abb. 14.10 unterstützt werden. Beim technologischen Fabriksystem besteht dann der Bezug zum Arbeitssystem und bei der Gesamtfabrik sind die technologischen Fabriksysteme bzw. die Fabrikwirkungsstätten die Bezugsbasis. • Das Arbeitssystem bezieht wie jedes Fabriksystem alle im Teil 2 erläuterten Teilgebiete ein.
Literatur BECKERT M (1977) Wissensspeicher für Technologen: Betriebs- und Arbeitsgestaltung, Nutzensrechnung, Operationsforschung. Fachbuchverlag, Leipzig CSICHOS H (2000) Hütte – Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften, 31. Aufl. Springer, Berlin EVERSHEIM W, SCHUH G (1996) Betriebshütte, Teil 2: Produktion und Management. Springer, Berlin HESSE S (2000) Fertigungsautomatisierung, 1. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig HIRSCH A (2000) Werkzeugmaschinen – Grundlagen, 1. Aufl. Vieweg & Sohn, Braunschweig LUCZAK H et al (1996) Arbeitsgestaltung, Arbeitsorganisation, Arbeitsperson, in EVERSHEIM/ SCHUH SPUR G (2000) Produktion in CSICHOS TROGNITZ V et al (1977) Arbeitsgestaltung, in BECKERT
15
Bedarfsermittlung, Grundlagen
Bedarfsermittlung, Grundlagen: Zielgerichtete Dimensionierung einer zukünftigen Anforderung für Bedarfsgruppen nach qualitativen und quantitativen Aspekten für die Systemprojektierung, den Systembetrieb und andere technologische Sachverhalte als Vorgabe für einen bestimmten Zeitpunkt, für einen bestimmten Zweck und für eine bestimmte Entwicklung. Kurzzeichen B f
Einheit ME/Bezug –
k KBM P S
– GE/BM kW –
15.1
Erläuterung Bedarf Bedarfsfaktoren (Ab – Abminderung, R – Reserve, E – Entwicklung, S – Sicherheit, Zu – Zusatz, D – Durchsatz, Korr – Korrektur) Koeff izient (NE – Normerfüllung, s – strukturell) Betriebsmittelanschaffungskosten (Geldeinheiten GE) Elektrische Leistung Struktureller Ausstattungsgrad
Bedarfsgruppen
Häufige Bedarfsgruppen für die Projektierung, das Betreiben und Erhalten von Fabriken, Fabriksystemen, Flusssystemen und Teilsystemen sind: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Ausstattungen Bauwerke ↑ Betriebsstoffe Bewegungen Dienstleistungen Energien Erhaltungsleistungen Flächen und Räume Funktionen Informationen
11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20.
↑ Kapitalbedarf bzw. Finanzmittel ↑ Kooperationen Lagerungen Maschinen und Anlagen (Wirksysteme) ↑ Material Personen Speicherungen Tätigkeiten ↑ Technologische Zeiten Unterstützungsmittel
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_15, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
627
628
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
Für die Bedarfsermittlungen sind die Bedarfsgruppen durch Verfeinerungen bis zum kleinsten funktionsfähigen Systemelement zu untergliedern. Das sind beispielsweise Werkzeugmaschinen bei Fertigungssystemen und Pumpen bei den Fabriksystemen der Versorgung.
15.2
Bedarfsarten der Fabrikprojektierung
Die Bedarfsart ergibt sich aus dem qualitativen Verwendungszweck der Bedarfsgruppenelemente. Zu unterscheiden sind Bedarfe für den Fabrikbetrieb und Bedarfe, die bei der Projektierung zu berücksichtigen sind, Abb. 15.1.
Abb. 15.1 Bedarfsarten der Projektierung und des Fabrikbetriebes
15.2 Bedarfsarten der Fabrikprojektierung
15.2.1
629
Grundbedarf (BG)
Der Grundbedarf ist der zur unmittelbaren Erfüllung einer Systemaufgabe notwendige Systemelementebedarf bzw. Systembedarf. Er entspricht einem Grundeinsatzbedarf, der über einer Grundlast liegt, Abb. 15.2, Gl. (15.1). BG1 = f (Grundaufgabe) dimensionierter Grundbedarf
ME/Bezug
(15.1)
Abb. 15.2 Grafische Darstellung des Grundbedarfs. a Allgemein. b Grundbedarf mit Regelbereich
15.2.2
Sicherheitsbedarf (BSi)
Der Sicherheitsbedarf ist ein in allen Bedarfsarten zu berücksichtigender Bedarf. Er entsteht durch technische Beeinflussungen, wie Abnutzung, Korrosion, Erosion, Toleranzen, Minderungen durch Einbauten, Leckverluste usw. und wird durch einen Sicherheitsfaktor fSi in die Berechnungen einbezogen, Gl. (15.2), Abb. 15.2. BSi = BG1 · fSi
(15.2.1)
ME/Bezug
BG2 = BG1 + BSi = BG1 · (1 + fSi )
ME/Bezug
(15.2.2)
Sicherheitsfaktor: fSi = 0,05 ... 0,10 für Normalfälle der Dimensionierung, fSi ≤ 0,15 ... 0,25 für Ausnahmefälle (sehr starke Beeinflussungen). Der Sicherheitsfaktor fSi entspricht bei Flussmengen (Durchsatz) einem Stochastikfaktor fSt.
15.2.3
Reservebedarf (BR)
Der Reservebedarf ist ein von der Verfügbarkeit V(t) abhängiger Bedarf, der auch Redundanzen zur Systemstabilisierung enthält. Die Berechnung erfolgt wie beim Grundbedarf oder mit einem Reservefaktor fR, Gl. (15.3), Abb. 15.2.
630
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
BR1 = BG1 · fR ME/Bezug BR2 = 1 − ηV (t) · BG1 ME/Bezug
(15.3.1)
BR3 = BR, w + BR, k + BR, ERS
(15.3.3)
(15.3.2)
ME/Bezug
( w – warme Redundanz; k – kalte Redundanz; ERS – Ersatz)
15.2.4
Zusatzbedarf (BZu)
Bedarf, der zusätzlich zum Grundbedarf ( BG1) durch die Einbeziehung zusätzlicher bzw. sonstiger Aufgaben notwendig wird. Auch sonstiger Bedarf genannt. Die Bedarfsberechnung erfolgt in Abhängigkeit von der Zusatzaufgabe, Gl. (15.4.1), oder von abzuschätzenden Zuschlagfaktoren ( fZu), Gl. (15.4), Abb. 15.3. Abb. 15.3 Bedarfsanteile
BZu1 = f(Zusatzaufgabe, Sonstiges) BZu2 = BG1 · fZu
(15.4.1) (15.4.2)
ME/Bezug
BZu3 = BG1 · ( fZu + fSi + fR )
15.2.5
ME/Bezug
ME/Bezug
(15.4.3)
Erweiterungsbedarf (BER)
Die Grund- oder die Zusatzaufgabe oder beide Aufgaben werden erweitert. Erweiterungen erfordern eine neue Bedarfsermittlung. Sie entstehen beispielsweise durch geplante Durchsatzerhöhungen eines Systems. Die Fabrikprojektierung geht grundsätzlich von einer Erweiterung aus, die projektiert, aber erst im Erweiterungsfall materiell realisiert wird. Die Berechnung erfolgt in Abhängigkeit von der Erweiterungsaufgabe oder unter Berücksichtigung eines zu ermittelnden Erweiterungsfaktors ( fER), Gl. (15.5), Abb. 15.4.
15.2 Bedarfsarten der Fabrikprojektierung
631
Abb. 15.4 Erweiterungsbedarf
BER = f (Erweiterungsaufgabe)
ME/Bezug
BER = (BG1 + BSi + BR + BZu ) · fER
ME/Bezug
BER = BG1 · (1 + fSi + fR + fZu + fER )
15.2.6
ME/Bezug
(15.5.1) (15.5.2) (15.5.3)
Entwicklungsbedarf (BE)
Der Entwicklungsbedarf ist ohne eine Erweiterung ein Absenkungsbedarf, der durch Verbesserungen in Folge technischer oder organisatorischer Maßnahmen eintritt, Gl. (15.6), Abb. 15.5, Abschnitt 15.5. Ursachen sind Steigerungen durch Einarbeitung, Einlauf, Qualifikationserhöhung, Verbesserungsvorschläge usw. Er kann auch eine stetige Entwicklung des ↑ Durchsatzes und dadurch einen Folgebedarf bewirken. BE1 = BBezug · fE,D B1,E =
n
ME/Bezug
1 + fE,D j · BBezug
ME/Bezug
j=1
Abb. 15.5 Darstellung des Entwicklungsbedarfs
(15.6.1) (15.6.2)
632
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
BE2 = BBezug · fE B2,E =
(15.6.3)
ME/Zeitraum
n
1 + fE,D − fE j · BBezug
ME/Bezug
(15.6.4)
j=1
B3,E =
n
(1 − fE )j · BBezug
ME/Bezug
(15.6.5)
j=1
B4,E = BBezug + BE
ME/Bezug
(15.6.6)
Beispiel Für ein Wirksystem mit einer zeitlichen Auslastung von ȘZ = 0,85 zum Zeitpunkt t0 sollen die Entwicklungsbedarfe und die zeitliche Auslastung für das 5. Jahr mit einem technisch-organisatorischen Entwicklungsfaktor fE = 0,03 und einem Entwicklungssteigerungsfaktor von fE,D = 0,07 berechnet werden. Ergebnisse: Bedarf B1,E (Gl. 15.6.2) = 1,403 · BBezug → ηz(5a) = 1,193 = 119,3% Bedarf B2,E (Gl. 15.6.3) = 1,217 · BBezug → ηz(5a) = 1,035 = 103,5% Bedarf B3,E (Gl. 15.6.5) = 0,859 · BBezug → ηz(5a) = 0,73 = 73%
Unter Beibehaltung der Entwicklungen ( fE und fE,D) ist weiterhin nur ein Wirksystem erforderlich. Die zeitliche Überlastung von 3,5% ist im 5. Jahr organisatorisch zu regeln.
15.2.7
Netto- und Bruttobedarf
Netto- und Bruttobedarf sind aus der Wirtschaft übertragene Begriffe, die genutzt werden und nicht in jedem Fall mit dem effektiven bzw. dem Gesamtbedarf übereinstimmen. Brutto- und Nettobedarfe erfordern für die Projektierung Bezüge, da beispielsweise eine Maschine weder einen Brutto- noch einen Nettobedarf darstellt. Es sind Fälle zu unterscheiden. • Fall 0: • Fall 1: • Fall 2:
Bruttobedarf = Maximale Abmessungen (Gewichtskraft, Masse, …) Bruttobedarf = Maximaler Einsatzbedarf (Verbrauchsbedarf, …) Nettobedarf = Bruttobedarf − Verlust Bruttobedarf = Nettobedarf + Zusatzbedarf + Verlust
Beispiel Transportmasse = Gegenstandsmasse + Unterstützungsmasse + Transportverlustmasse
15.2 Bedarfsarten der Fabrikprojektierung
633
Nettobedarf = Bruttobedarf − (Nichtnutzbarer Bedarf + Sicherheitsbedarf)
• Fall 3:
Beispiel Gebäudenettofläche = Gebäudebruttofläche − (Konstruktionsfläche + Sicherheitsf läche)
15.2.8
Einengungsbedarf (BEIN)
Im Gegensatz zum Erweiterungsbedarf führt der Einengungsbedarf zu einer Bedarfsabnahme durch die Aufgabeneinengung. Das System wird kleiner. Stilllegung, Aussonderung und Verkauf sowie eine Neuberechnung und Systemneuprojektierung sind die Konsequenzen, Gl. (15.7), Abb. 15.6.
Abb. 15.6 Beispielhafte Darstellung der Bedarfsarten Erweiterung und Einengung. a Beispiel: Statischer Betriebsmittelbedarf. b Beispiel: Energiebedarf
BNEU1 = f ( Neue Aufgabe) BNEU 2 = BALT − BEIN
Systemneubedarf
ME/Bezug
ME/Bezug
(15.7.1) (15.7.2)
15.2.9 Abminderungsbedarf (BAb) Ein Abminderungsbedarf ist in der Projektierung dort erforderlich, wo Summationen und Überlagerungen auftreten (Flächenüberlagerung, …). Das erfordert die Ermittlung oder Abschätzung eines Überlagerungsgrades ( Ü) und die Ermittlung eines effektiven Bedarfes Beff , Gl. (15.8). BAb =
n
BBezug j · ηÜ
j=1
ME/Bezug
(15.8.1)
634
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
Beff =
n
BBezug j − BAb =
j=1
15.2.10
n
BBezug j · (1 − ηÜ )
ME/Bezug
(15.8.2)
j=1
Nennbedarf (BN)
Der Nennbedarf ist ein zu benennender Bedarf, Abb. 15.3 und 15.6. Er entspricht dem vom Projektanten ermittelten Projektwert als nicht mehr veränderbarer Realisierungswert. Analogien bestehen beispielsweise zur Nennweite, Nennleistung, Nennanschluss usw.
15.2.11
Betriebsbedarf (BB)
Der Betriebsbedarf ist weitgehend ein Betreibungsbedarf. Zu unterscheiden sind ein durch Projektierung ermittelter potentieller Betriebsbedarf und ein durch den Systembetrieb entstehender aktueller Betriebsbedarf, Abb. 15.7. Der aktuelle kann nicht größer als der potentielle Betriebsbedarf sein.
Abb. 15.7 Potentieller und aktueller Betriebsbedarf
15.2.12
Ersatzbedarf
Sicherungsbedarf mit Erneuerungscharakter zum Erhalt eines Ist-Bestandswertes infolge Veraltung, Abnutzung, Leistungsminderung von vorhandenen Systemelementen oder Systemteilen. Der Ersatzbedarf ist projektierungsrelevant und führt zur • Aussonderung eines alten Elementes durch Abbau oder Abbruch, • Umstellung von Elementen des Systems, wenn das neue Element größere Bedarfe (Fläche, Raum, installierte Leistung, Aufstellung, …) hat, • Anpassungsprojektierung ohne Elementemengenveränderung, • Durchsatzsteigerung, Aufgabenerweiterung oder -einengung durch die Neuheit, (Abb. 15.8).
15.2 Bedarfsarten der Fabrikprojektierung
635
Abb. 15.8 Erhaltung durch Ersatz (Beispiel: Elementeaustausch)
15.2.13
Korrekturbedarf (BKorr)
Zu korrigierender und korrigierter Bedarf sind zu unterscheiden. Der korrigierte Bedarf entsteht durch die Korrektur eines Bedarfswertes mit einem Korrekturfaktor fKorr, Gl. (15.9). Im Gegensatz dazu entsteht ein zu korrigierender Bedarf durch ganzzahlige Auf- oder Abrundungen, Gl. (15.10). BKorr1 = BBezug · fKorr
Korrigierter Bedarf
ME/Bezug
Bgewählt ≶ Berrechnet
(15.9) (15.10.1)
Beispiel errechnet = 4,53 → begründet gewählt = 5 BKorr2 = Bgewählt − Berrechnet
15.2.14
Korrekturbedarf
ME/Bezug
(15.10.2)
Bestandsbedarf und Vorratsbedarf
Der Bestandsbedarf ist eine angestrebte Bedarfsmenge, die nicht unterschritten und nicht überschritten werden soll (Lagerbestand) und geregelt wird (Lieferung, Entnahme). Er enthält einen Sicherheitsbedarf, Minimal- und Maximalbedarf, Abb. 15.9.
Abb. 15.9 Bestandsbedarf und Bestandsregelung. a Lager. b Versorgungssystem
Der Vorrat ist ein Bedarf, auf den nach Anforderung zugegriffen wird. Beispiele sind:
636
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
• Lagervorrat, Redundanz (kalt); Korrosionsschutz, …, • Abnutzungsvorrat (Verschleißvorrat).
15.2.15
Nomineller Bedarf (Bn)
Der nominelle Bedarf ist ein möglicher Bedarf, der nicht voll genutzt werden kann und Verluste bzw. Ausfälle enthält (↑ Zeitfonds), Gl. (15.11). Bn1 = Beff + Bnicht nutzbar
ME/Bezug
(15.11.1)
Bn2 = Bverfügbar + BVerlust
ME/Bezug
(15.11.2)
15.2.16
Effektiver Bedarf (Beff)
Eine echte Anforderung, die nicht weiter erhöht oder abgesenkt werden kann, wird durch den effektiven, zu projektierenden, Bedarf zum Ausdruck gebracht. Er ist für Einzel- oder Gruppenbedarfe zutreffend, Gl. (15.12), (↑ Technologische Zeiten). Beff 1 =
m
(ηi ) Bn
(15.12.1)
ME/Bezug
i=1
z.B. : V˙ eff j =
1 V˙ j 1 − ηV,Ü · ηN ,T · ηZ
m3/h · BE
(15.12.2)
Effektiver Volumendurchsatz der Maschine j Beff 2 =
1 · Bn k
z.B. : teff j =
1 kNE
ME/Bezug
·
e
ti j
h/a · BE
(15.12.3)
(15.12.4)
i=1
Effektiver Zeitbedarf der Maschine j
15.2.17
Verfügbarer Bedarf (Bv oder B)
Der verfügbare Bedarf ist ein voll nutzbarer Bedarf. Er ist nur abhängig vom nominellen Bedarf, Gl. (15.13), (↑ Zeitfonds, ↑ Durchsatz, Verfügbarkeit). Bv1 = ηV (t) · Bn
ME/Bezug
(15.13.1)
15.2 Bedarfsarten der Fabrikprojektierung
Bv2 = Bn − BAusfall
637
(15.13.2)
ME/Bezug
z.B. : BMZFj = BMZFn j − tAus j h/a · BE Verf ügbarer BM-Zeitfonds der Maschine j BAusfall = Bn − Bv
15.2.18
Ausfallmenge
ME/Bezug
(15.13.3)
(15.13.4)
Struktureller Bedarf (Bs)
Der strukturelle Bedarf hat einen Bezug und berücksichtigt strukturelle Anteile über sogenannte Strukturkennzahlen (ks). Beispiel Unterstützungsmittelbedarf von Werkzeugmaschinen, Gl. (15.14). z.B. : Bs j = ks j · B
Struktureller Bedarf
z.B. : Bs,BM = ks,BM · BBM
%/System oder ME/System
⎧ ⎪ ⎨Vorrichtungsbedarf ks, Vorr = Werkzeugbedadf ks, WZ ⎪ ⎩Prüfmittelbedarf k s, PM
(15.14.1)
(15.14.2)
%-Anteile/BM z.B. : Ks,BM j = ks j · KBM j €/BM ↑ Kapitalbedarf für Unterstützungsmittel j
15.2.19
(15.14.3)
Folgebedarf
Ein Folgebedarf ergibt sich als Folgerung von einem realisierten oder zu realisierenden Sachverhalt. Beispiel Es soll eine Maschine aufgestellt werden. Die Folgerung ist, dass Aufstellelemente bedarfsseitig und Aufstelltätigkeiten leistungsgerecht zu berücksichtigen sind und dafür einen Bedarf erfordern. Mit den Folgebedarfen wird eine Maßnahmeganzheit erreicht. Dieser Projektierungsanspruch ist stets zu beachten, Abb. 15.10.
638
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
Abb. 15.10 Einfaches Beispiel zur Ermittlung von Folgebedarfen
15.2.20
Normativer Bedarf
Normative Bedarfe sind von Personen, Personengruppen, Gesetzgebern oder von Fachorganen (DIN, VDI, VDE) vorgegebene Bedarfsgrößen, die nicht ohne Konsequenzen übernommen werden können. Der Projektant muss zuerst den objektiv notwendigen Bedarf für die Projektierungsaufgabe ermitteln und dann die Übereinstimmung, Nichtübereinstimmung und die Folgen prüfen. Fall 0: Fall 1: Fall 2:
15.2.21
Übereinstimmung von ermitteltem Bedarf und Normbedarf Der ermittelte Bedarf ist größer als der Normbedarf. Dieser Fall erfordert Zusatz- oder Folgebedarfe. Der ermittelte Bedarf ist kleiner als der Normbedarf. Es sind Überprüfungsmaßnahmen zur Ermittlung der Abweichungen einzuleiten. Liegen keine Abweichungen vor, gilt der ermittelte Bedarf.
Gesamtbedarf (Bg)
Ein Gesamtbedarf enthält mehrere Einzelbedarfe. Wegen der möglichen Überlagerungen, Gl. (15.9), oder Un-↑ Gleichzeitigkeiten muss er als Realwert berechnet werden. Erfolgt diese beeinflussende Berechnung nicht, entsteht eine Überdimensionierung, Gl. (15.15). Bg =
n
ηi ·
i=1
m
(15.15.1)
Bj
j=1
Gesamtbedarf einer Bedarfsgruppe in ME/Bezug
z.B. : V˙ eff , g =
m ηG · V˙ j (1 − ηV,Ü ) · ηN ,T · ηZ j=1
m3 /h · BE
Gesamt-Volumendurchsatz des Flusssystems j
(15.15.2)
15.3 Bezüge und Bedarfszeiträume
15.3 15.3.1
639
Bezüge und Bedarfszeiträume Bezüge
Bezug: Einzelne oder gruppierte Objekte, Personen oder Sachverhalte, auf die eine Berechnung, Ermittlung oder Bestimmung bezogen wird, Abb. 15.11.
Abb. 15.11 Bezugsbasen der Projektierung (Auswahl)
Bei Berechnungen in der Projektierung ist in jedem Fall auf einen Bezug zu verweisen. Vergleiche sind nur objektiv, wenn auch gleiche Bezüge verglichen werden! Beispiele • Technologische Einzelzeit → ZE/Ag ⋅ Produkt; ZE/Ag ⋅ BM • Betriebsmittelbedarf BM → BM i /BZ ⋅ System j → 5 BM i /a ⋅ System j • Zeitfonds BMZF → ZE/BZ ⋅ BM i → 3.850 h/a ⋅ BM i (2 Schichten) • Errechnete Menge = 5 t (Angabe ohne Bezug → Projektierungsfehler!)
15.3.2
Bezugszeitraum und Bezugszeitmenge
Bezugszeitraum (BZ): Zeitraum mit bestimmter ↑ Zeitfonds-Größe zwischen einem Start- und Zielzeitpunkt, auf den Bezug genommen wird, Abb. 15.12. Jeder Bezugszeitraum hat eine ganz bestimmte Zeitmenge, Gl. (15.16), die durch Zeiteinheiten und ↑ Zeitfonds untersetzt werden. tBZ1 = Tage · Schichten/Tag · Stunden/Schicht
h/BZ1
tBZ2 = Jahre · Tage/Jahr · Schichten/Tag · Stunden/Schicht h/BZ2 tBZ3 = Jahre · Tage/Jahr · Stunden/Tag h/BZ3
(15.16.1) (15.16.2) (15.16.3)
640
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
Bezugszeiteinheiten • Zeitteile vom Tag • Zeitteile vom Jahr
⇒ Schicht, Stunde, Minute, Sekunde ⇒ Halbjahr, Quartal, Monat, Dekade, Woche, Tag • Zeitteile der Perspektive ⇒ m ⋅ Jahr (Regelfall: 5 Jahre) • Zeitteile der Prognose ⇒ n ⋅ Jahr oder k ⋅ Perspektive
Abb. 15.12 Unterschied von Bezugs- und Betrachtungszeitraum (Produkt ≡ Programm)
15.3.3
Bedarfszeitraum
Bedarfszeitraum: Bezugszeitraum (BZ) der Bedarfsbetrachtungen Bedarfs- und Betrachtungszeiträume sind im Regelfall mit Entwicklungsstufen verbunden, so dass mehrere unterschiedliche Bezugszeiträume entstehen können, Abb. 15.12 und 15.13. Der Lebenszyklus eines Produktes oder einer Fabrik kann einem Bezugszeitraum oder Betrachtungszeitraum gleichgesetzt werden. Es muss aber eine Zuordnung zu den Bezugszeitraumphasen Entwicklung, Herstellung, Nutzung und Verwertung erfolgen, da hier unterschiedliche Ingenieurleistungen und Ersatzteilleistungen zu erbringen sind. 15.3.3.1
Kurzfristiger Bedarf
Basis ist das aktuelle Produktionsprogramm. Anlass sind häufig Ergebnisse von technologischen Beratungen zur Systemintensivierung mit Empfehlungen für kurzfristige Veränderungen, beispielsweise zur verbesserten Zeitnutzung, zur Schicht-
15.3 Bezüge und Bedarfszeiträume
641
Abb. 15.13 Bedarfszeiträume für die Planung, Projektierung und Realisierung (Beispiel)
regimeänderung, für Anlaufkorrekturen oder zur Verfahrensänderung. Die Aufgabe wird vom Technologieberater, von der betrieblichen Arbeitsplanung oder vom Projektanten durchgeführt. Der maximale Zeitraum beträgt bis zu 2 Jahre. 15.3.3.2
Perspektivischer Bedarf
Anlässe sind perspektivische Veränderungen des Produktionsprogramms der eingelaufenen Produktion und strategisch-taktische Unternehmensziele. Es erfolgt eine grundsätzliche Neuberechnung des Systembedarfs für einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren mit Trendbetrachtungen. Die Ergebnisse führen zur Anpassungsprojektierung durch Erweiterung, Einengung, Erneuerung oder Umstellung – eine „klassische“ Projektierungsaufgabe zur „Zukunftsbewältigung“ und Kapitalbereitstellung. 15.3.3.3
Prognostischer Bedarf
Auslösende Gründe für die strategische Bedarfsplanung sind Marktanalysen, Wettbewerbsziele und Unternehmensstrategien für einen Zeitraum von 5 … 20 Jahren, Abb. 15.12. Die Ermittlungen erfolgen für Produktgruppen oder Einzelprodukte bzw. für deren ↑ Typenvertreter mit Schätzmethoden oder summarischen Kennzahlenmethoden unter besonderer Beachtung von Technologieentwicklungen und der Akzelerationen des Gesamtgebietes. Diese Aufgabe ist eine weitsichtige Maßnahme der Investitionsvorbereitung und zur Fehlervermeidung, die in regelmäßigen Abständen besonders für kapital- und personalintensive Betriebsmittel und Fabriken durchzuführen ist.
642
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
15.3.4
Bedarfsbezugszeit tBZ und Bedarfszeit tB
Bedarfszeiten tB in der Planung und Projektierung sind, unter Einbeziehung der Bezugszeit tBZ eines Bezugszeitraumes BZ, Anforderungszeiten für die Dimensionierung. Sie werden nach Gl. (15.17) ermittelt. tB =
Bedarfsbezugszeit tBZ Anforderungsbedarfsmenge M
(15.17)
ZE/Bezug
Beispiel Es sind in einem Jahr 50.000 Förderspiele zFö des Produktflusssystems eines technologischen Fabriksystems zu realisieren. Die Bedarfsbezugszeitzeit tBZ entspricht dem verfügbaren Betriebsmittel- ↑ Zeitfonds BMZF für einen Bezugszeitraum BZ. tB =
tBZ BMZF 4.000 h/a · BM = = zFö,a zFö,a 50.000 Fö/a
= 0, 08 h/Fö · BM = 4, 80 min/Fö · BM
15.4
Bedarfsdeckungsformen
Die Form der Bedarfsdeckung DB ist eine verwertbare Aussage zur Bedarfserfüllung hinsichtlich Übereinstimmung, Erweiterung, Neu-, Zukauf, Ergänzung und Abbau durch Aussonderung, Gl. (15.18). DB1 =
Bedarfsforderung erforderliche Potentiale = = Angebot angebotene Potentiale
• Entscheidungsfall 1: • Entscheidungsfall 2: • Entscheidungsfall 3:
DB2 =
1
DB = 1 ⇒ 100%ige Bedarfsdeckung; keine Veränderung DB > 1 ⇒ Bedarfsunterdeckung; Fehlbedarf ⇒ Neu-, Zukauf bis DB = 1; Neuprojektierung DB < 1 ⇒ Bedarfsüberdeckung; nicht nutzbares Angebot ⇒ Abbau; Aussonderung bis DB = 1
Angebot Bedarfsforderung
=
1
Entscheidungsfall 3
(15.18.2)
15.5 Einfluss der Akzeleration auf die Bedarfsermittlung
643
>0 ΔDB1 = Angebot − Bedarfsforderung =
=0
(15.19.1)
0 ⇒ Überangebot; Abbau bis ΔDB = 0
ΔDB2 = Bedarfsforderung − Angebot =
> 0 Entscheidungsfall 4 = 0 Entscheidungsfall 1 < 0 Entscheidungsfall 5 (15.19.2)
15.5
Einfluss der Akzeleration auf die Bedarfsermittlung
Akzeleration (lat.: Beschleunigung): Weitsichtige Wissen sprogressionsnutzung bei der Entwicklung, Planung und Projektierung von Projekten und Systemen. Die Akzeleration geht von einem dauerhaft zunehmenden Erkenntnisgewinn in den die Projektierung berührenden Teilgebieten aus. Die zwingende Nutzung der Akzeleration in der Planung und Projektierung führt zu wesentlichen Problemstellungen und Beachtungen beim Planen und Projektieren, Abb. 15.14. Besondere Wirkungen sind bei der Projektierung von Systemen durch einen Entwicklungsfaktor (Projektierungsfaktor) fE zu beachten.
Abb. 15.14 Einfluss des Erkenntnisgewinns auf das Projektergebnis (Bezug zur Abb. 15.12). a Allgemeiner Verlauf eines Merkmals (Trend). b Wissensgebietabhängige Trends unter Beachtung einer Verdopplungszeit tD
Der durch Akzeleration zu beachtende Projektierungsfaktor fE ( fE = fP) kann je nach Sachlage eine Zunahme bzw. Steigerung (Potentialzunahme) oder eine Abnahme bzw. Senkung (Aufwandsabnahme) bewirken, Gl. (15.20)–(15.22).
644
15 Bedarfsermittlung, Grundlagen
• Projektierungsfaktor fE fE =
N Niveausteigerungswert = B Bestandswert
(15.20)
• Projektierungswert P durch Abnahme für den Sachverhalt j Pj 1 = 1 − fE (t)j · Bj
Menge/Bezugswert
• Projektierungswert P durch Zunahme für den Sachverhalt j Pj 2 = 1 + fE (t)j · Bj Menge/Bezugswert
(15.21.1)
(15.21.2)
Das erreichte Projektniveau N(tx ) kann durch eine Niveaukennzahl ηN (tx ) berechnet oder abgeschätzt werden. Je näher die erreichte Niveaukennzahl dem Wert 1 kommt, umso höher ist das Können des Projektanten einzuschätzen. ηN (tx ) =
N (tx ) Ist (Projektwert) N (tx ) Trend
ηN (tx ) = 1 −
N (tx ) N (tx ) Trend
(in praktischer Vereinfachung)
(15.22.1) (15.22.2)
• Die Bedarfsermittlung ist bei der Systemprojektierung integraler Bestandteil der Dimensionierung. Die Unterschiedlichkeit der Bedarfsermittlungen für die Systemprojektierung und den Systembetrieb liegen in der Aufgabenverschiedenheit, der Schaffung und der Nutzung eines durch die Bedarfsermittlung ermöglichten Angebotes begründet. Diese Unterschiedlichkeit trifft auch für die Häufigkeit der Bedarfsermittlungsdurchführung zu. • Die Bedarfsermittlung ist ein Sachgebiet der Projektierung. Sie enthält eine Bedarfsanalyse (Bedarfsarten, Bedarfszustand), Bedarfssynthese (Bedarfsfunktionen, -dimensionen und -strukturen) sowie eine Bedarfsgestaltung (Korrekturen, Ausgleiche, …). • Bedarfsermittlungen erfordern in jedem Fall eine Variantenermittlung und -bewertung, um einen optimalen Bedarf zu ermitteln. Bei der Systemprojektierung gehört zum Bedarfsoptimum auch das Berücksichtigen der Bedarfsarten. Für maschinelle und anlagentechnische Betriebsmittel (Wirksysteme) der Produktion ist beispielsweise der technologische Variantenvergleich unter Verwendung von technologischen ↑ Kennzahlen geeignet. • ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung ↑ Betriebsmitteldimensionierung, ↑ Bewegungsbedarfsmengen, ↑ Kooperation, ↑ Lichtversorgung, ↑ Luftversorgung, ↑ Personalbedarfsermittlung, ↑ Produktflusssystemflächen, ↑ Produktflusssystemraum, ↑ Speicherbedarfsmengen, ↑ Technologische Zeiten, ↑ Wärmeenergieversorgung, ↑ Zeitfonds.
16
Betriebsmitteldimensionierung
Betriebsmitteldimensionierung: Aufgabe und Teilgebiet der Projektsynthese zur vorausschauenden funktions-, beanspruchungs- und betreibungsgerechten Bestimmung der Betriebsmittel für ein definiertes System. Kurzzeichen Einheit
Erläuterung
AE AR F fA fR ME P
– – – – – ME kW
RE teff,a VAR AR,BM BM T,BM
– h/a ⋅ BM m³/AR – – –
Elementeanordnung im Raum Arbeitsraum Faktor Veränderungs-/Anpassungsfaktor Rundungsfaktor Systemelementemenge Antriebsleistung (N – Nenn-, eff – effektiv benötigte; in – in-stallierte, min – minimale, max – maximale) Relationen über ME und AE Effektive Bearbeitungs-, Vorgabezeit Arbeitsraumvolumen Räumlicher Nutzungsgrad des Betriebsmittels Betriebsmittelgesamtnutzungsgrad Technischer Nutzungsgrad des Betriebsmittels
16.1
Betriebsmittelgruppen
Betriebsmittel (BM): Aktives oder passives materiell-technisches Element einer Fabrik, das zur unmittelbaren und mittelbaren Produktionsdurchführung, einschließlich der vorbereitenden und abschließenden Produktionsbereiche, erforderlich ist und installiert, betrieben und instand gesetzt werden muss. Betriebsmittelgruppierung Die Betriebsmittel stellen das Fabrikkapital dar und werden unterschiedlich gruppiert: • nach dem Wert und der Abschreibungszeit (Ökonomieaspekt), • nach den Verfahrensfunktionen (Technologieaspekt),
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_16, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
645
646
16 Betriebsmitteldimensionierung
• nach dem Einsatz (Fabrikbetriebsaspekt), • nach Funktion und Investition (Projektierungsaspekt), Abb. 16.1.
Abb. 16.1 Gliederung der Betriebsmittel nach dem Projektierungsaspekt (Anlage ≡ System)
Passivität und Aktivität von Betriebsmitteln So genannte passive oder statische Betriebsmittel sind Fabrikelemente, die keine Bewegungen ausführen. Das sind insbesondere: • Werkzeuge, Werktische, Schränke, Regale, Aufstellebenen und • Gebäude, Grundstücke, Straßen, Wege und Abstellplätze. Aktive oder dynamische Betriebsmittel sind alle Fabrikelemente, die durch Energiezufuhr Bewegungen (Mobilität, Beweglichkeit) realisieren oder eine chemischphysikalische Zustandsänderung ermöglichen. Diese Gruppe ist in der Projektierung komplizierter und umfangreicher. Hierzu gehören alle Maschinen und Anlagen, die zu den Wirksystemen von Fabriksystemen führen. Ausstattung: Gesamtheit der die Betriebsmittel unterstützenden und ergänzenden Mittel, die zur Aufgabenerfüllung eines Bezugsobjektes (Arbeitssystem, Systemelement oder Raum) oder einer Bezugsperson unbedingt erforderlich ist. Ausstattungen sind Betriebsmittel, die im Regelfall durch geringe Anschaffungsaufwendungen, aber durch eine hohe Artanzahl gekennzeichnet sind. Hierzu gehören:
16.3 Grundlagen der Betriebsmitteldimensionierung
647
• Arbeitssystemgrundausstattungen (Werkzeuge (Bohrer >> 600 Arten), Arbeitstische, Schränke, keine Verbrauchsmaterialien, ↑ Betriebsmittelfluss), • Fabriksystemausstattungen (Erstbefüllungen, Kennzeichnungen usw.), • Allgemeine Fabrikausstattungen (Schilder, Kunstgegenstände, Pflanzen, …). In der Praxis der Projektierung sind dies die Betriebsmittel mit der höchsten Fehlerquote. Ursache ist die nicht vollständige Vorhersehbarkeit der vielen Einzelausstattungen als Elemente. Sie werden im Bedarf nicht einzeln berechnet, sondern im Regelfall strukturell ermittelt (↑ Bedarfsermittlung).
16.2
Ermittlungsunterscheidungen
Die gruppierten Betriebsmittel können in einer bestimmten Reihenfolge mit bestimmten Methoden und Bezugsbasen objektiv dimensioniert werden. Eine Verallgemeinerung für gleiche oder ähnliche Betriebsmittel ist eingeengt möglich, Abb. 16.2.
16.3
Grundlagen der Betriebsmitteldimensionierung
Der Schwerpunkt der Betriebsmittel-↑ Bedarfsermittlung liegt in der Dimensionierung, die im Rahmen der Projektsynthese nach der Funktionsbestimmung eingeordnet ist. Der Projektierungskomplex Dimensionierung ist in eine • funktionsgerechte, • beanspruchungsgerechte und in eine • betreibungsgerechte Dimensionierung zu unterteilen. Andere Begriffe sind Bemessung oder Auslegung. Die funktionsgerechte Dimensionierung beinhaltet die Aktivitäten • Ermittlung der Betriebsmittelgröße, • Bestimmung der Betriebsmittelart, • Berechnung der Betriebsmittelanzahl bzw. -menge nach Abb. 16.3. Sie sichert die Funktionalität des Systems durch die Betriebsmittel. Inhalt der beanspruchungsgerechten Dimensionierung sind die • Ermittlung der Betriebsmittelgröße durch physikalisch-mechanische Belastungen (Statik, Festigkeit, Druck),
648
16 Betriebsmitteldimensionierung
Abb. 16.2 Vorgangsfolge und Bezugsbasis der Betriebsmitteldimensionierung
• Bestimmung der Betriebsmittelart durch konstruktive Einflüsse, • Berechnung der Betriebsmittelmenge durch Beachtung von Beanspruchungen (Standfestigkeit, Standhaftigkeit, statische Zusatzelemente). Diese Dimensionierungsart ist Gegenstand der konstruktiven Projektierung, der Bauwerks- und der Maschinenkonstruktion. Sie soll einen Systembetrieb ohne Schädigung (Bruch, Knicken, Bersten, …) sichern. Die betreibungsgerechte Dimensionierung ist auf die • Ermittlung der Betriebsmittelgröße unter Einbeziehung der Zuverlässigkeit und Lebensdauer,
16.3 Grundlagen der Betriebsmitteldimensionierung
649
Abb. 16.3 Darstellung der funktionsgerechten Dimensionierung
• Bestimmung der Betriebsmittelart unter Berücksichtigung der Betreibungseinflüsse, • Berechnung der Betriebsmittelmenge unter Beachtung von Sicherheiten und Redundanzen ausgerichtet. Den Gesamtzusammenhang der Dimensionierung enthält in vereinfachter Form die Abb. 16.4.
Abb. 16.4 Dimensionierungsarten
650
16.4
16 Betriebsmitteldimensionierung
Funktionelle Dimensionierung von technologischen Hauptausrüstungen
Hierunter sind alle Fertigungsmittel oder Arbeitsmittel bzw. alle Hauptelemente einer Produktionsgrundstufe zu verstehen, die durch das integrierte Verfahren eine Zustandsänderung am Produkt bewirken und dafür Antriebsenergie benötigen.
16.4.1
Bestimmung der Betriebsmittelgröße
Die funktionell zu bestimmende Betriebsmittelgröße ist abhängig von den wirkenden Kräften des Verfahrens im Wirkraum des Betriebsmittels. Es ist der Zusammenhang von • Produktabmessung ⇒ Produktvolumen → Wirkraum (↑ Arbeitsraum) → Wirksystem, • Verfahrenskraft ⇒ Wirkkraft als Umformkraft, Zerspanungskraft, … und der • Antriebsleistung herzustellen, Abb. 16.5. Durch die Ermittlung des Wirkraumes und der Kräfte (auch Traglasten) können alle weiterhin benötigten Einflüsse, wie z. B. Momente, berechnet werden.
Abb. 16.5 Vorgehensweise bei der Bestimmung der Betriebsmittelgröße
Mit der Bestimmung der Betriebsmittelgröße sind drei Entscheidungen notwendig: 1. Auswahl des Betriebsmittels aus angebotenen Betriebsmitteln 2. Veränderung des angebotenen Betriebsmittels entsprechend der bestimmten Betriebsmittelgröße 3. Entwicklung und Konstruktion eines geeigneten Betriebsmittels
16.4 Funktionelle Dimensionierung von technologischen Hauptausrüstungen
651
In der Praxis wird die Betriebsmittelgröße häufig durch die technologische Arbeitsvorbereitung in der Produkttechnologie (Arbeitsplan) festgelegt. Eine Überprüfung, Korrektur oder Vereinheitlichung im Rahmen der Projektierung ist erforderlich. Die Gründe liegen überwiegend in der Aktualität und Subjektivität der von den „Arbeitsplanern“ festgelegten technologischen Unterlagen und den durch die Projektierung neu zu schaffenden objektiven Sachverhalten.
16.4.2
Ermittlung der Betriebsmittelart
Die Betriebsmittelart wird durch eine Vielfalt von Einflusswirkungen bestimmt. Sie beinhaltet auch die Ausstattungen bzw. das Zubehör. Abbildung 16.6 und 16.7 enthalten den sachlichen Zusammenhang.
16.4.3
Berechnung der Betriebsmittelmenge
Die Berechnung der Betriebsmittelmenge wird verschiedentlich mit der Bedarfsplanung oder mit der ↑ Bedarfsermittlung gleichgesetzt. Gleich sind hierbei eigentlich nur die Berechnungsmethoden für die Ermittlung der Menge.
16.4.3.1
Einzelermittlung für kapitalintensive Betriebsmittel
1. Schätz- oder Vergleichsmethode zBM j = zBM ,Vergleich j · fA j zBM j = zBM ,Vergleich j · ηBM j
(ganzzahlig) BM (ganzzahlig) BM
(16.1.1) (16.1.2)
Diese Berechnungsmethode erfordert Expertenwissen und eine solide Einschätzung des Veränderungsfaktors fA und der Betriebsmittelniveaukennzahl ȘBM entsprechend der • Akzeleration (↑ Bedarfsermittlung) und • der ganzheitlichen Veränderung gegenüber dem Vergleichsobjekt. Solche Veränderungen sind in der Bewertung der in den Abb. 16.5 bis 16.7 aufgeführten Einflussfaktoren begründet. In der praktischen Projektierung wird diese Berechnungsmethode für Kontrollzwecke und für Vorprojekte eingesetzt. 2. Summarische Kennzahlenmethode Die Methode verwendet summarische Kennzahlen, Gl. (16.2) und ist für Vor- und Entwurfsprojektlösungen geeignet.
652
Abb. 16.6 Einflussfaktoren auf die Betriebsmittelartermittlung
16 Betriebsmitteldimensionierung
16.4 Funktionelle Dimensionierung von technologischen Hauptausrüstungen
653
Abb. 16.7 Einflussgruppen zur Betriebsmittelartermittlung
zBM j =
Dj DBM j
(ganzzahlig) BM
(16.2)
3. Detaillierte Kennzahlenmethode Diese Berechnungsmethode ist aufwendig, aber relativ genau. Es werden bevorzugt ↑ technologische Zeiten der Produkttechnologien und verfügbare Betriebsmittel – ↑ Zeitfonds verwendet. e
zBM j =
teff , a i j
i=1
BMZFj
(ganzzahlig) BM
(16.3)
4. Experimentelle Methoden Mit Hilfe der Simulation wird die Gl. (16.3) durch weitere Einflussfaktoren erweitert und über die möglichen Betriebsmittelbelegungen und -ausfälle die Menge ermittelt. 16.4.3.2
Regeln zur Betriebsmittelmengenkorrektur
Wegen der verschiedenen Arten der Dimensionierung sind Ergänzungen oder Korrekturen der errechneten Mengen erforderlich. Rundungsregel Mit der Rundungsregel wird eine Betriebsmittelmenge dahingehend „normalisiert“, dass sie in Abhängigkeit von der Wirkung des Schichtregimes auf den verfügbaren
654
16 Betriebsmitteldimensionierung
Betriebsmittel- ↑ Zeitfonds nicht zu einer Überdimensionierung führt. Bei einem 2- und 3-Schichtregime kann mit einem Rundungsfaktor fR = 1,1 gerechnet werden, d. h., die Betriebsmittel können mit einer zeitlichen Überlastung von bis zu 10% (Schichterweiterung) betrieben werden. Bei einer Schicht ist der Rundungsfaktor nur unter Beachtung ökonomischer Zwänge anwendbar. Regel 1:
Regel 2:
Wenn zBM err ≤ zBM · fR dann zBM gew = zBM
(ganzzahlig) BM
(16.4.1)
Wenn zBM err > zBM · fR dann zBM gew = zBM +1
(ganzzahlig) BM
(16.4.2)
z'BM ist der abgerundete ganzzahlige Wert der errechneten Betriebsmittelmenge zBM,err (z. B. zBM ,err = 4, 3 ⇒ 4, 0 · fR = 4, 4 ⇒ 4BM = zBM ,gew ) . Der Grenzbereich liegt etwa bei 6 Betriebsmitteln gleicher Art.
Technologiekorrektur oder Kooperation Zeitlich gering ausgelastete kapitalintensive Betriebsmittel bedürfen der besonderen Korrektur durch Technologieveränderung. Ist eine Verbesserung nicht möglich, muss eine • Füllproduktion oder • Produktionsverlagerung realisiert werden. Eine dauerhafte Verlagerung ist damit nicht zwingend verbunden. Redundanz Besonders bei den Fabriksystemen der Ver- und Entsorgung sind zur Betreibungssicherung Redundanzen zu realisieren. Das bedeutet zugleich eine – in jedem Fall – zeitlich geringere Auslastung der Betriebsmittel. • Warme Redundanz: ⇒ Basis: gewählte und zusätzliche Betriebsmittel zBM ,err ηZ,BM = ≥ 0,85 (16.5.1) zBM ,gew + zBM ,Red(kalt) ((zBM,gew + zBM,Red(kalt) ) im Dauereinsatz)
• Kalte Redundanz: ⇒ Basis: gewählte und zusätzliche Betriebsmittel ηZ,BM =
zBM ,err ≥ 0,85 zBM ,gew + zBM ,Red(kalt) (zBM,gew im Dauereinsatz)
(16.5.2)
16.4 Funktionelle Dimensionierung von technologischen Hauptausrüstungen
655
Dem Grundsatz nach ist die Betriebsmittelmenge überdimensioniert, aber der Schadenswert bei Ausfall ist größer als der Betriebsmittelmehraufwand. Die gewünschte Verfügbarkeit wird durch Redundanz gesichert. Einfluss von Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit Sofern die Verfügbarkeit nicht bei der Ermittlung des verfügbaren Betriebsmittel↑ Zeitfonds berücksichtigt wurde, kann die Betriebsmittelanzahl durch die mögliche Verfügbarkeit ȘV(t) korrigiert werden, Gl. (16.6). zBM =
zBM ,err ηV (t)
(ganzzahlig) BM
(16.6)
Diese Korrektur ist bei neuen Maschinen und Fertigungssystemen mit hohem Automatisierungsniveau erforderlich. 16.4.3.3
Betriebsmittelnutzung
Zeitliche Betriebsmittelnutzung, Abb. 16.8
Abb. 16.8 Darstellung der zeitlichen Nutzungsgrade der Betriebsmittel eines Systems
• Einzelbetriebsmittel ηZ,BM j =
zBM ,err j ≤ 1,0 zBM ,gew j e
ηZ,BM j =
teff , a
(16.7.1)
i, j
i=1
BMZFj
≤ 1,0
(16.7.2)
656
16 Betriebsmitteldimensionierung
• Betriebsmittelgruppe m
zBM ,err j
j=1 m
ηZ,BM =
= zBM ,gew j
m 1 ηZ,BM j ≤ 1,0 · m j=1
(16.7.3)
j=1
(Empfehlung: ηZ,BM ≥ 0,85)
Zu untersuchende kritische Fälle sind zeitliche Überbelastungen im 3-Schichtregime und zeitliche Unterbelastungen im 1-Schichtregime. Durch ungünstige Verfügbarkeiten wird die zeitliche Betriebsmittelauslastung ungünstig beeinflusst. Vom Hersteller sind vertraglich vereinbarte Verfügbarkeitswerte zu fordern. Technische Betriebsmittelnutzung, Abb. 16.9
Abb. 16.9 Darstellung der energetischen Auslastung von Betriebsmitteln eines Systems
Diese Bewertungsart zielt auf die Betriebsmittelgröße ab, die durch die Dimensionierungsarten bestimmt wurde. Bei den funktionell dimensionierten Betriebsmitteln ist es besonders die Antriebsleistung, die ins Verhältnis zur installierten oder zur Nennleistung des Systems zu bringen ist. • Einzelbetriebsmittel ηT ,BM j =
Peff j ≤ 1,0 Pin j
(16.8.1)
ηT ,BM j =
Peff j ≤ 1,0 PN j
(16.8.2)
• Betriebsmittelgruppe m
ηT ,BM 1 =
Peff max j
j=1 m
j=1
≤ 1,0 Pin j
(16.8.3)
16.4 Funktionelle Dimensionierung von technologischen Hauptausrüstungen m
ηT ,BM 2 =
j=1 m
m
Pj
Peff max − Peff min
=
j=1 m
Pin j
j=1
657
j
≤ 1,0
(16.8.4)
Pin j
j=1
In der Praxis sind die energetischen Auslastungen besonders gering. Sie führen zu einer energetischen Überdimensionierung und zu hohen Energiekosten durch kurzzeitige Spitzenlasten ( Peff,max). Dem kann durch Lastabwurfgeräte, eine stärkere Berücksichtigung bei der Dimensionierung und durch Produktionssteuerung entgegnet werden. Es besteht die Möglichkeit, weitere technische Nutzungsgrade abzuleiten, insbesondere aus der beanspruchungsgerechten Dimensionierung. Räumliche Betriebsmittelnutzung, Abb. 16.10
Abb. 16.10 Gesamtbewertung der Betriebsmittelnutzung (geschätzter Ist-Zustand)
Bezugsbasis der räumlichen Nutzung ist der ↑ Arbeitsraum, bei Betriebsmitteln insbesondere der Verfahrensarbeitsraum als Wirkraum. Der räumliche Nutzungsgrad ηAR ergibt sich aus dem Verhältnis von • potentiellem Verfahrensarbeitsraum des Betriebsmittels VAR,BM und • aktuell benötigtem (aktiv genutztem) Verfahrensarbeitsraum des Produktes VAR,Prod.. ηAR,BM 1 =
VAR,Produkt ≤ 1,0 VAR,BM e
ηAR,BM 2 =
(16.9.1)
VAR,Produkt i
i=1 m
j=1
≤ 1,0 VAR,BM j
(16.9.2)
658
16 Betriebsmitteldimensionierung
Gesamtniveau der Betriebsmittelnutzung Die Gesamtbewertung kann in absoluter Form durch die ermittelbaren Niveaugrade erfolgen. In der Praxis sind es ausschließlich geringe Gesamtwerte, was auf eine fehlende Abstimmung von Technikentwicklung und Techniknutzung bei der Arbeitsvorbereitung schließen lässt. ηBM = ηZ,BM · ηT ,BM · ηAR,BM ≤ 1 (Unterscheidung: Einzelwirksystem oder System)
16.4.3.4
(16.10)
Betriebsmittelbewertung
Eine ↑ Bewertung und Gruppierung der Betriebsmittel kann auch durch ihre Intensitäten in grober und feiner Form vorgenommen werden. Abb. 16.11 enthält hierzu einen Ansatz.
Abb. 16.11 Beispiel für eine Betriebsmittelbewertung (aus Projektierungssicht)
17
Betriebsmittelfluss
Betriebsmittelfluss: Gesamtheit der einzelnen oder gruppierten, einmaligen oder mehrmaligen Betriebsmittelbewegungen über die Relationen der Quell- und anfordernden Zielorte der Fabrik, um eine Bereitstellung, Wirkungsnutzung und Erhaltung der Betriebsmittel zur Produktionsdurchführung zu sichern.
17.1
Betriebsmittelflussgruppierung
Die allgemeine Gliederung der Betriebsmittel (↑ Betriebsmitteldimensionierung) enthält eine Übersicht ohne einen Flussbezug. Ein Betriebsmittelfluss kann nur durch Relationen entstehen, womit • Betriebsmitteleinsatzprogramme und Betriebsmittelaufgaben, • Betriebsmittelflussprozesse sowie Folgen von Betriebsmittelflussprozessen, • aufgaben- und prozessrealisierende Betriebsmittelflusssysteme und die daraus abzuleitenden Betriebsmittelfluss- ↑ Projektierungsprogramme verbunden sind. Wegen der Vielzahl von Betriebsmittelarten kommen für die Projektierung nur eingeengte Projektierungsprogramme für wertgeringe, und definitive Projektierungsprogramme für werthohe (Gesenke, Umformmatrizen) Betriebsmittel in Frage. Das bedeutet eine Vereinfachung durch Gruppierung, beispielsweise nach Abb. 17.1. Abbildung 17.1 verdeutlicht die Betriebsmittelkomplexität, -vielfalt und den Weg zur Betriebsmittelprogrammerarbeitung. Da für jedes Betriebsmittel die geordneten Programmmerkmale • Gegenstandsmerkmale (Betriebsmittelart, Masse, Abmessungen, Empfindlichkeit, Gefährlichkeit, Kräfte, …), • Technologiemerkmale (Arbeitsgangzuordnung, Einsatzmerkmale, Instandhaltung, Einstellung, …), • Planungsmerkmale (Mengen, Einsatzzyklen, Instandhaltungszyklen, Aufbewahrung, Bereitstellung, …)
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_17, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
659
660
17 Betriebsmittelfluss
Abb. 17.1 Betriebsmittelflussgruppierung
bei einer feineren Projektierung zu erfassen und zu erarbeiten sind, ist eine geeignete Projektierungsbasis notwendig. Es wird eine vereinfachte Übersicht geschaffen, Tabelle 17.1, und das Wesentliche der Betriebsmittelflüsse für die in der Abb. 17.1 angegebenen Systemgruppen projektiert. Von grundsätzlicher Bedeutung ist dabei die Zuordnung zu Systemen:
Günstig ist immer eine Zuordnung zu dem System, das die Betriebsmittel als Unterstützungsmittel nutzt und damit die Verantwortung übernimmt. Das trifft auch dann zu, wenn dadurch insgesamt mehr Unterstützungsmittel benötigt werden.
17.2 Betriebsmittelflussarten
661
Tabelle 17.1 Allgemeine Betriebsmittelübersicht (Auswahl)
17.2
Betriebsmittelflussarten
Betriebsmittelflüsse basieren auf bekannten Grundprozessen (eingliedrige, mehrgliedrige, verzweigte Ein-Richtungs- und Mehr-Richtungs-, ungebrochene oder gebrochene Prozesse) und bekannten Grundprozessstrukturen (Punkt-, Linien-, Ein- und
662
17 Betriebsmittelfluss
Mehr-Richtungsnetzstruktur) sowie bekannten Prozesskopplungen (Einfach- und Mehrfachkopplungen). Das weist auf eine Projektierung wie für technologische Fabriksysteme und auf deren Komplexität hin. Vereinfachend können die nachfolgend erläuterten Grundflussarten herangezogen werden.
17.2.1
Betriebsmittelfluss der stationär anzuordnenden Wirksysteme und Ausstattungen
Dieser Betriebsmittelfluss kann ein- oder mehrmalig über die Betriebsmittellebenszeit auftreten und ist besonders für die Wirksysteme (Maschinen, Anlagen) zutreffend. Er beinhaltet das Erstaufstellen, Umstellen und Abbauen des Betriebsmittels und ist ein deutlich unstetiger Betriebsmittelfluss, Abb. 17.2.
Abb. 17.2 Flussprozess zum Aufstellen, Umstellen und Abbauen von stationären Betriebsmitteln. a Aufstellungsflussraum. b Flussprozess
Der Aufstellungs-/Umstellungsflussraum, die Aufstellungs-/Umstellungsräume und der Aufstellungs-/Umstellungstransport sind in Analogie zum ↑ Produktflusssystemraum und zum Arbeitssystemraum (↑ Arbeitsraum) zu projektieren. Das bedeutet insbesondere die Beachtung von • Förder- und Transporttechnik (Laufkrane, Mobilkrane, Transportfahrzeuge), • Unterstützungsmitteln (Rollen, Luftkissen, Nivelliergeräte, Traversen), • Gebäudeöffnungen, Transportwegbreiten und Wegkurven im laufenden Fabrikbetrieb. Damit ist zugleich dieses Betriebsmittelflusssystem grob beschrieben.
17.2.2
Betriebsmittelfluss der mobilen Elemente
Als mobile Elemente sind alle systemwechselnden Betriebsmittel (z. B.: Instandhaltungsfahrzeuge, fahrbare Maschinen, Stapler) einzuordnen, deren Prozesse linienförmig und unstetig sind, Abb. 17.3. Die Projektierung stellt eine Kombination nach Abb. 17.2 wie beim Produktfluss (↑ Produktflusssystemraum, ↑ Produktflusssystemflächen) dar.
17.2 Betriebsmittelflussarten
663
Abb. 17.3 Flussprozesse für mobile Betriebsmittel. a Einfacher Wechselprozess. b Adaptiver Wechselprozess. c Prozess mit Festzuordnung (gleiche Ausgangsstellung). d Flusssystemprinzip (ohne Darstellung des Bewegungsraumes)
17.2.3
Unterstützungsmittelfluss
Technische Unterstützungsmittel (Abb. 17.1, Tabelle 17.1) sind nach ihrer Art, Größe und Menge die vielfältigsten Betriebsmittel mit den höchsten organisatorischen Anforderungen, Aufwendungen, Vorbereitungen und Erhaltungen vor und nach dem Gebrauch, so dass punktförmige Prozesse weitgehend auszuschließen sind. Durch Rückläufe entstehen zyklische Prozesse mit Linienorientierung bzw. Mehrwegesysteme mit vernetzten Flussprozessen, Abb. 17.4.
Abb. 17.4 Grundmodell mehrwegiger Betriebsmittelflussprozesse
Aus dem Grundmodell nach Abb. 17.4 lassen sich die in der Tabelle 17.2 dargestellten Betriebsmittelflussprozesstypen ableiten, die weitgehend der Praxis entsprechen. Die Flussprozesstypen erreichen durch folgende Interpretationen eine Verallgemeinerung: • Einschluss mehrerer Wirksysteme für die Nutzung durch lineare Anordnung. • Einzel- oder Gruppendurchlauf von Unterstützungsmitteln in Behältern, Trägern, Speichern oder in anderen Unterstützungsmitteln (Unterstützungs- auf Unterstützungsmittel), Abb. 17.5.
664
17 Betriebsmittelfluss
Tabelle 17.2 Typische Prozessarten von Betriebsmittelflüssen (Unterstützungsmittel, vereinfacht)
• Die Gliederung des Betriebsmittellagers/-speichers in einen Eingangs-, Bereitstellungs- und Ausgangsbereich mit oder ohne Arbeitssystemzuordnung. • Integration von Vorbereitung und Erhaltung in das Arbeitssystem oder nach Bedarf. • Die Orientierung auf Wirksysteme, Arbeitssysteme, technologische Fabriksysteme, Fabrikstätten oder auf die Gesamtfabrik. Diese Aussagen gelten sowohl für einzelne Unterstützungsmittel als auch für die Unterstützungsmittelartgruppierung nach Tabelle 17.1.
17.3
Betriebsmittelflusssysteme
Betriebsmittelflusssysteme für technische Unterstützungsmittel sind Teilsysteme von Arbeitssystemen und technologischen Fabriksystemen und können eigenständige Fabriksysteme einer Fabrikwirkungsstätte oder der Gesamtfabrik sein.
17.3 Betriebsmittelflusssysteme
665
Abb. 17.5 Bauformen von Werkzeugspeichern (von HESSE)
17.3.1
Betriebsmittelflusssysteme als Teilsysteme
Betriebsmittelflusssysteme sind als unverzichtbares Teilsystem von Arbeitssystemen und technologischen Fabriksystemen zu projektieren. Der Grad der Projektierung hängt dabei ab von der Vollständigkeit der Betriebsmitteleinbindung nach • Art und Menge, • Funktion und Funktionsmenge, • Systemintegration oder Systemkooperation. Hierzu enthält Abb. 17.6 eine Übersicht der Vorgehensweise. Es sind zu beachten: • NUR-Speicher oder NUR-Lagerversorgungssysteme (Prozesstypen 0 und 4 nach Tabelle 17.2),
666
17 Betriebsmittelfluss
Abb. 17.6 Aufbereitung und Projektierungsvorbereitung von Betriebsmittelflusssystemen
• Vorbereitungsfunktionen ⇒ Voreinstellung, Prüfung, Wartung, Inspektion, Einstellung, Einrichtung, Probieren, Scharfschleifen, Kalibrieren, …, • Erhaltungsfunktionen ⇒ Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Verbesserung, Erneuerung, Umbau, Erweiterung, Veränderung, Neubau, Zulassungsprüfung, Revisionen, …
17.3 Betriebsmittelflusssysteme
667
Handelt es sich um Funktionsverteilung (Arbeitssystem-, Teilsystemzuordnung), so sind diese Funktionen aus der Sicht des Betriebsmittelflusssystems ganzheitlich zu projektieren, da nicht jedes Teilsystem (Produktfluss-, Versorgungs-, Entsorgungssystem usw.) bei räumlicher Nähe eigene Erhaltungsaufgaben vollständig erledigen sollte. Die Vorbereitungs- und Erhaltungsarbeitssysteme sind wie ↑ Arbeitssysteme, die Betriebsmittelflussteilsysteme wie Produktflusssysteme zu projektieren. Besonderheiten liegen in der • Artmenge, • Durchsatzdichte (Stück je Flusseinheit, ein Betriebsmittel, ein kommissioniertes Betriebsmittelpaket gegenüber einer Teillos-, Los- oder Auftragsmenge von Produkten), • losorientierten Betriebsmittelbereitstellung, • wiederholten Lagerung, Vorbereitung, Nutzung und Erhaltung, • Erhaltung für alle zu bedienenden Teilsysteme des technologischen Fabriksystems, • hochwertigen Arbeitskräftequalifikation infolge der Arbeitsinhaltsfunktionen begründet. Aus Werterhaltungsgründen sind eigene räumliche Bereiche sinnvoll (↑ Instandhaltung).
17.3.2
Komplexe Betriebsmittel-Fabriksysteme
Im Maschinenbau und in der Metallverarbeitenden Industrie gibt es nicht wenige Fälle, in denen die Betriebsmittelartmenge größer als die Produktartmenge ist (Beispiel: 20.000 Einzelbetriebsmittelarten). Unter wesentlicher Beibehaltung des Abschnittsinhaltes 17.3.1 ist in solchen Fällen die Entscheidung für ein (oder auch mehrere) eigenständiges Betriebsmittel-Fabriksystem zu treffen. Die Projektierung und Betreibung solcher Systeme haben eine große Übereinstimmung mit den technologischen Fabriksystemen und können noch Erweiterungen erfahren durch: • Betriebsmittelverwaltung (Buchung, Lagerverwaltung, Kostenrechnung, Inventuren), • Betriebsmittelneuherstellung (Spezialwerkzeuge, -vorrichtungen, Unterstützungsmittel) als Betriebsmittelproduktion, • Betriebsmittelbeschaffung, • Ausbildung, • Zertifizierte Zulassungen (Kalibrierung, Zulassungsprüfungen), • Spezialproduktherstellung. Es entsteht eine Betriebsmittelfabrikstätte in der Fabrik oder eine Betriebsmittelfabrik, die jeweils wie eine Fabrik zu projektieren ist.
668
17 Betriebsmittelfluss
• Eine wichtige Aufgabe der Projektierung von Unterstützungsmittelflüssen ist das Schaffen von Ordnungssystemen, da sonst eine Übersichtlichkeit bei den vielen Arten verloren geht. Das Ordnungssystem muss wertmäßige Haftungen einschließen. • Bewährt haben sich Betriebsmittelsysteme mit ↑ Instandhaltung und Lagerung, die den Fabrikstätten (ein oder mehrere technologische Fabriksysteme) zugeordnet sind. Es ist ein Betriebsmittelsystembetrieb zu projektieren. Solche Systeme können auch durch Kooperationspartner in der Fabrik betrieben werden. • Bei allen Flusssystemen und Systemen der Fabrik müssen die Betriebsmittelflusssysteme parallel projektiert werden. Es wird mit den Wirksystemen begonnen. Die Zuordnung erfolgt über die Integration (einbeziehend, gesondert, kooperierend usw.). • Mit der Betriebsmittelzuordnung liegt die Basis für das Betriebsmittel- ↑ Projektierungsprogramm vor. Die Projektierung selbst erfolgt in Analogie zum Produktflusssystem mit den Besonderheiten (↑ Instandhaltung, Pflichtprüfungen, Mieten oder Ausleihen, Einstellungen usw.) des Betriebsmittels bzw. der Betriebsmittelgruppe. • Betriebsmittel als Werkzeuge oder Vorrichtungen beeinflussen das technologische Niveau der Fabrik. Das kann oder sollte bei einer starken technologischen Beeinflussung (Spezialwerkzeuge, -vorrichtungen) zu einer Eigenproduktion in der Fabrik führen. Hauptzielstellungen sind u. a. Unabhängigkeit, Kosten und Niveauvorsprung. Diese Eigenproduktion („Werkzeugbau“, „Rationalisierungsmittelbau“) entspricht einer Produktproduktion und ist wie diese zu projektieren.
18
Betriebsstoffe
Betriebsstoffe (S): Sammelbegriff für materielle Stoffe, ↑ Material und Unterstützungsmittel der Fabrik, die zum Betreiben und Erhalten der Fabriksysteme und Fabrikräume erforderlich sind, nicht als materieller Gegenstand in das Produkt eingehen, im Gebrauchszustand versorgt und nach dem Gebrauch als ↑ Abführungsmaterial entsorgt werden müssen. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
fD
ME/ZE · BM · S
kV
–
teff,BZ tL
h/BZ ZE
Verbraucherdurchsatzkennzahl (m – Masse, V – Volumen, St – Stück) Verbrauchskorrekturkennzahl gegenüber dem Vergleichsobjekt Effektive Verbrauchszeit im Bezugszeitraum Lagerungszeit
18.1
Begriffseinengungen für die Fabrik
Für das Betreiben und Erhalten der Fabriksysteme, Fabrikräume und Fabrikaußenbereiche sind „Betreibungs- und Erhaltungsmaterialien“ notwendig, die hier, zum Unterschied zu den Produktmaterialien, als Betriebsstoffe bezeichnet werden. Damit wird der antiquierte und nicht zutreffende Begriff „Produktionshilfsmaterial“ vermieden. Für die konkreten Fälle sind Einzelbezeichnungen üblich. Betriebsmaterial ist ein äquivalenter Begriff. Die Betriebswirtschaftler ordnen Betriebsstoffe als Verbrauchsmaterial ein. Die Fabrikprojektierung ordnet die Betriebsstoffe in Verbrauchsstoffe (Systembetrieb), Befüllungsstoffe (Systembereitschaft) und Erhaltungsstoffe (Systemerhalt) ein.
18.2
Betriebsstoffverbraucher
Betriebsstoffe werden in vielfältiger Art und Menge für den gesamten Fabrikbetrieb benötigt. Kein System, kein Raum der Fabrik ist hiervon ausgenommen. Die Projektierung der Betriebsstoffflüsse ist relativ kompliziert und aufwendig, weil die K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_18, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
669
670
18 Betriebsstoffe
Systeme und Räume beispielsweise gleiche und ungleiche Arten und Mengen verwenden. Dabei liegt die Konzentration auf den Hauptverbrauchern. Feststellungen zur Unter- oder Überdimensionierung und die damit verbundenen Ungenauigkeiten werden erst im angelaufenen Fabrikzustand festgestellt und können dann anwendungsspezifisch korrigiert werden. Hauptverbrauchergruppen sind: • • • • • •
alle technologischen Fabriksysteme, alle Fabrikräume, die Fabrikaußenbereiche, die Versorgungssysteme, die Entsorgungssysteme, die schützenden Bereiche (Feuerwehr, Fabrikschutz, …),
• die Fabrikbetriebssysteme, • Fabrikerhaltungssysteme, • die gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche, • die GABUSS-Bereiche, • die Mitarbeiter und Besucher, • die Kooperationspartner.
Für die Ermittlung werden systemorientierte Berechnungsmodelle der Versorgung empfohlen. Eine Auswahl von Betriebsstoffgruppen und -arten ist in Tabelle 18.1 enthalten.
18.3
Bedarfsermittlung für Verbraucher einer Verbrauchergruppe
Folgende Bedarfsermittlungsmethoden für die Betriebsstoffart i sind praktisch gut geeignet: 1. Verbrauchskennzahlenmethode (Betriebsmittel als Bezugselement und Verbraucher, Betriebsstoffe gleicher Art und gleichen Zustandes) mit durchsatzabhängigen Kennzahlen ( fD) m
• Volumendurchsatz: DVi = ∑ ( z BM ⋅ f DV )ij
m3 /ZE ⋅ S
(18.1)
j =1
m
• Massedurchsatz: Dmi = ∑ ( zBM ⋅ f Dm )ij
kg/ZE ⋅ S
(18.2)
&& ⋅S Stuck/ZE
(18.3)
j =1 m
• Stuckdurchsatz: && DSt i = ∑ ( zBM ⋅ f D St )ij j =1
2. Verbrauchszeitbedarfsmethode für einen Bezugszeitraum (BZ) • Volumenbedarf: DVi =
G Z ⋅ N ,T
m
∑ ( DV , BM ⋅ teff , BZ )ij j =1
m3 / BZ ⋅ S
(18.4)
18.3 Bedarfsermittlung für Verbraucher einer Verbrauchergruppe Tabelle 18.1 Betriebsstoffgruppen und -arten (Auswahl)
671
672
18 Betriebsstoffe
• Massebedarf: Dmi =
G Z ⋅ N ,T
m
∑ ( Dm, BM ⋅ teff , BZ )ij
kg/BZ ⋅ S
(18.5)
j =1
3. Schätz- oder Vergleichsmethode mit Korrekturkennzahl kV gegenüber dem Vergleichsobjekt und unter Beachtung der Entwicklung (Entwicklungsfaktor fE, Zunahme oder Abnahme) Di = zBM · (fD · kV )i · (1 + fE )
ME/ZE · S
(18.6.1)
Di = zBM · (fD · kV )i · (1 − fE )
ME/ZE · S
(18.6.2)
4. Lagerungsmenge zVi = Di ⋅ t Li
ME/S
(18.7)
• Für die Betriebsstoffbedarfsermittlung wird die Anwendung von Verbrauchskennzahlen fD (ME/ZE ⋅ BM ⋅ S) empfohlen. Gebräuchlich sind auch Erfassungsblätter. • Zu beachten ist, dass jede Betriebsstoffart ein eigenes Flusssystem erfordert, z. B. bei Flüssigkeiten und Gasen, sofern sie nicht als Stückgut in Erscheinung treten. • Betriebsstoffe sind häufig ↑ Gefahrstoffe oder gefährdende Stoffe. Es sind die Gefahrenpotentiale zu beachten: Brandgefährdung, Explosionsgefährdung, Reaktionsgefährdung, Umweltgefährdung, Gesundheitsgefährdung. • Beachtenswert ist auch die Tatsache, dass der Aggregatzustand im Gebrauchszustand ein anderer sein kann, als im Lagerungszustand. • Die spezifischen Charakteristika der Betriebsstoffe sind mit dem ↑ Material vergleichbar. Die Unterscheidung liegt häufig im Gebrauchspotential, im Aggregatzustand und im Energieinhalt. • Die energiereichen Betriebsstoffe sind auch Energieträger. Sie bewirken eine Brandlast und erfordern ↑ Brandschutzsysteme. Ihre Lagerungsmengen sollten begrenzt werden.
19
Bewegungsbedarfsmengen
Bewegungsbedarfsmengen: Funktions-, beanspruchungs- und betreibungsgerechte Anforderungen der Flussgegenstände an die Bewegungsdimensionierung von Flusssystemen der Fabriksysteme, die vorausschauend als Projektierungsaktivität der Systemsynthese zu ermitteln sind. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
BE BO dFö,TE dSE dTE fE fFö FG HGeo HHE k
– – Stück/TE Stück/BE Stück/TE – Fö/TE – m – –
LE n, m na nTE o SE teff,TE
– – Stück/BZ ⋅ Bezug Stück/TE – – h/TE
tFö tFö, Fö-Mittel V V˙
min/Fö ⋅ Bezug min/Fö-Mittel – Stück/h ⋅ Bezug m3/h ⋅ Bezug
zFö,h
Fö/h ⋅ Bezug
Bewegungseinheit Bezugsobjekt (Wirksystem, Systemelement, AK) Bewegungsdichte, Förderdichte Stückdichte Transporteinheitsdichte Zuschlagfaktor für Systemerweiterungen Bewegungsfaktor, Förderfaktor Flussgegenstand Geodätische Höhe Handhabungsgegenstandseinheit Laufindex für Einzelproduktf luss, Materialflusskopplungsanzahl Ladungseinheit Mengen Effektive Bezugsstückzahl, z. B. Jahresstückzahl Stückzahl einer Transporteinheit Laufindex für Produktflusssystem oder Teilsystem Stückeinheit als Bewegungseinheit BE Effektive technologische Zeit einer Transporteinheit (Arbeitssystembelegungszeit AS-h/TE) Fördervorgangszeit, Förderspielzeit Förderzeit des Fördermittels Flussverbindungsbereich Vergleichszahl (Bezug: Bezugsobjekt BO, System Sy) Volumenfluss, Volumenstrom (B – Betriebs-, D – Druckbereich, L – Rohrleitungsverluste, S – Saugbereich, Zu – Zusatzbereich, E – Erweiterung, V – Verbraucher, Verlust) Bewegungsanzahl, Förderspielanzahl
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_19, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
673
674
19 Bewegungsbedarfsmengen
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
zSE zSE,h zTE zTE,h
SE/BZ ⋅ Bezug Stück/h ⋅ Bezug TE/ZE ⋅ Bezug TE/ZE ⋅ Bezug
zTE,L ȘF
TE/Los –
S ȘN,T ȘZ,BM
kg/m3 ⋅ Bezug – –
Stückeinheitenanzahl Stückdurchlaufbedarf (h – stündlich) Transporteinheitenanzahl (h – stündlich) Technologischer Durchlaufbedarf (h – stündlich, A – Ausgang, E – Eingang, V – Verbindung) Transporteinheitenanzahl je Los Füllungsgrad, Liefergrad (P – Pumpe, R – Rohrleitung, E – Einbauten) Schüttdichte von Flussgegenständen Technischer Nutzungsgrad Zeitlicher Auslastungsgrad der Betriebsmittel (Bezugsobjekte BO) Zeitlicher Auslastungsgrad des Systems
ȘZ,Sy
Hinweis: Bezug 1: Gegenstände, Produkte, …, Bezug 2: Arbeitskraft, Arbeitskraftgruppe, …, Bezug 3: Wirksystem, Arbeitssystem, Flusssystem, …,
19.1
Bewegungsaufgaben
Die Bewegung von Gegenständen in einem Flusssystem beinhaltet die Orts- und Lageveränderung sowie die Ruhestellung der Gegenstände über die integrierten Bezugsobjekte (Arbeitssysteme, Wirksysteme) des Flusssystems, vom Systemeingang bis zum Systemausgang, entsprechend des zugrunde liegenden Prozesses. Bewegungseinflüsse Wirkende Einflüsse auf die Flussbewegung sind: • die ↑ Relationen des Prozesses im Flusssystem, die Bezugsobjektmenge und die technologischen Prozessfunktionen, • der ↑ Durchsatz des Fabriksystems, für das das Flusssystem wirken soll, • die ↑ technologischen Zeiten des Fabriksystems, • die ↑ Speicherbedarfsmengen und die ↑ Speicherdimensionierung, • die Merkmale des Produktions- bzw. des ↑ Projektierungsprogramms sowie • die Bedingungen des Flussgegenstandes durch seine Merkmale (↑ Material). Bei gesonderter Betrachtung der Bewegungen in den ↑ Arbeitssystemen und der Speicherung (↑ Speicherbedarfsmengen) ergeben sich die Bewegungsbedarfsforderungen NACH und VON den Arbeitssystemen in Form des Förderns oder des Transportierens, die von den Flusssystemen technisch, räumlich und zeitlich zu realisieren sind, Abb. 19.1. Flussgegenstand, Bewegung und Bewegungseinheit Der zu bewegende Gegenstand eines Flusssystems ist der Flussgegenstand in der materiellen Unterscheidung von Stück-, Fließ-, Schütt-, Elektro-, Informations- und Lebendgegenstand. Die Flussgegenstände unterscheiden sich in der zu realisierenden Bewegung, Tabelle 19.1. Die Grundunterscheidung der Gegenstandsarten liegt in der Durchsatzspezifik.
19.1 Bewegungsaufgaben
675
Abb. 19.1 Aufgabenmodell für die Produktförderung mit einer indirekten Flusskopplung für einen Produktfluss (→ Ortsveränderung) Tabelle 19.1 Flussgegenstände und ihre Bewegungsspezifizierung
676
19 Bewegungsbedarfsmengen
Durch den Prozessbetrieb in den Systemen werden Bewegungen, Bewegungsarbeit und Bewegungsleistung gefordert, die zu einem Bewegungsbedarf führen, für den das zutreffende System zu projektieren ist. Eine zu differenzierende Vielgestaltigkeit liegt bei den Stückgütern vor, und zwar hinsichtlich • der Gegenstandsarten und der gegenstandsbezogenen Flusssysteme, • der zu bewegenden Gegenstandsgröße als Bewegungseinheit. Eine übersichtliche Darstellung zu den Bewegungseinheiten enthalten Abb. 19.2 und Tabelle 19.2.
Abb. 19.2 Vereinfachte Gliederung von Stückgutbewegungseinheiten Tabelle 19.2 Bezugsgrößen von Stückgutbewegungen (Produkte)
19.2 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für Stückgutprodukte
677
Tabelle 19.2 veranschaulicht den Einfluss der Gegenstandsbewegungsdichte auf die Bewegungsmenge eines Bezugsgegenstandes im Stückgutbereich.
19.2
Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für Stückgutprodukte
Für die Berechnung des Durchlaufbewegungsbedarfs müssen die beeinflussenden Faktoren – Abschnitt 19.1 und 19.3 – bekannt sein. Bei der methodischen Berechnung sind immer drei Anteile zu berücksichtigen. Die Anteile sind (Abb. 19.1): • Bewegungsbedarf des Eingangsbereichs der Flusssysteme (Bezugobjekte mit zTE,h E ), • Bewegungsbedarf des Verbindungsbereichs der Flusssysteme (Bezugssysteme mit zTE,h V), • Bewegungsbedarf des Ausgangsbereichs der Flusssysteme (Bezugsobjekte mit zTE,h A). Der stündliche technologische Durchlaufbedarf zTE,h bildet die Basis für den stündlichen Bewegungsbedarf des Förderns, Handhabens usw. in der folgenden Differenzierung nach Gl. (19.1): 1. Durchlaufbewegungsbedarf für Gegenstände („Produktlastbewegungsbedarf “) zTE,h i = zTE,h E i + zTE,h V i + zTE,h A i
TE/h · Gegenstand
(19.1.1)
2. Durchlaufbewegungsbedarf für Bezugsobjekte j (Arbeitssystem, Speicher) • Ohne Verbindungsrelation (Ein- und Ausgangsbereich) zTE,h1 j =
e
zTE,h E i, j +
i=1
zSE,h1 j =
e
TE/h · BO
zTE,h A i, j
(19.1.2)
i=1
e
zTE,h E · dTE,E
i=1
i, j
+
e
zTE,h A · dTE,A
(19.1.3)
i, j
i=1
Stück/h · BO
• Mit Verbindungsrelationen (VON-NACH- und NACH-VON-Relationen) zTE,h2 j =
e
zTE,h E + zTE,h V + zTE,h A
i, j
TE/h · BO
(19.1.4)
i=1
zSE,h2 j =
e
zTE,h E · dTE,E + zTE,h V · dTE,V + zTE,h A · dTE,A
i, j
i=1
Stück/h · BO
(19.1.5)
678
19 Bewegungsbedarfsmengen
3. Durchlaufbewegungsbedarf für Produktflussteilsysteme (Flussteilsystem der Art k: Übergabe, …) zTE,h k =
e
zTE,h E + zTE,h V + zTE,h A
ki
TE/h · Teilsystem k
(19.1.6)
i=1
4. Durchlaufbewegungsbedarf für Produktflusssysteme zTE,h o =
n
(zTE,h )o k
TE/h · Flusssystem o
(19.1.7)
k=1
In zTE,h o eingeschlossen sind auch die Übergabe- und Speichersysteme. 5. Durchlaufbewegungsbedarf für den Gesamtproduktfluss zTE,h =
p
(zTE,h )o
TE/h · Gesamtflusssystem
(19.1.8)
o=1
Produktf lüsse sind: Rohteilefluss, Teilefluss, Montageobjektfluss usw., einschließlich der Produktbehälterflüsse (Abb. 5.26, Teil 1). 6. Gesamtdurchlaufbewegungsbedarf für Fabriksysteme Die Integration der Flusssysteme in ein Fabriksystem und die Ordnung nach den Gegenstandsarten in Tabelle 19.1 beeinflussen den Gesamtdurchlaufbewegungs-
Abb. 19.3 Bedarfsunterschiede von Produktdurchlaufbewegungen
19.3 Ermittlung der stündlichen Stückgutbewegungen als Fördervorgänge
679
bedarf. Die Durchlauf- oder auch Durchflussmengen von technologischen Fabriksystemen unterscheiden sich nach Gl. (19.1) durch die Bezugsobjekte, die zu beachtenden Produktflüsse und durch die Produktflussteilsysteme, also durch die Produktflussstruktur und die Mengendichte der Flusseinheit, Abb. 19.3. Der Durchfluss unterschiedlicher Flusssysteme kann für Vergleichszwecke mit Hilfe einer Vergleichszahl V nach Gl. (19.2) (nur auf Stückbasis) berechnet werden. V = zTE,h · dTE = zSE,h · dSE = na
19.3
Stück/h · Bezug
(19.2)
Ermittlung der stündlichen Stückgutbewegungen als Fördervorgänge
Die Dimensionierung der unterschiedlichen Bewegungstechnik von Flusssystemen erfordert die Ermittlung eines stündlichen Bewegungsbedarfes. Gebräuchlich ist hier der Begriff „Förderspiel“ als vertretende Größe für Bewegungs- oder Förderungsvorgang, so dass allgemein von Förderungen oder Förderbewegungen ausgegangen werden kann, die auch für die Verkehrs-, Transport-, Umschlag- oder Handhabungsbewegungen verallgemeinert zutreffen und begrifflich präzisierend übertragen werden. Unter Beachtung des allgemeinen Gebrauchs sind zwei Berechnungsmethoden praktisch gut anwendbar, die nachfolgend erläutert werden.
19.3.1
Durchsatzmethode
Diese einfache und praktisch gut handhabbare Berechnungsmethode bezieht sich auf den ↑ Durchsatz in den Formen Einzelstück-, Transporteinheiten- oder Ladeeinheitendurchsatz (Tabelle 19.2). Mit ihr werden die technologisch notwendigen Fördervorgänge als Förderbewegungen ermittelt, und sie kann Flussunterschiede durch die Teilsystempräzisierung berücksichtigen. Allgemein: zFö,h ij =
zFö,h j =
Di, j 1 · · fFö ij · (1 + fZu + fE ) ηZ,BM j dFö,TE 1 ηZ,BM j
·
e
zTE,h i j · fFö ij · (1 + fZu + fE )
Fö/h · Bezug
(19.3.1)
Fö/h · Bezug
(19.3.2)
i=1
Bei den Bedarfsmengen sind folgende Zusatzbedarfe zu beachten: • Faktor fZu für Ausschuss, Nacharbeit, Garantie, Kulanz, usw. • Faktor fE für Erweiterungen des Systems, sofern gefordert. Dj ist der stündliche Stückdurchsatz des Bezugsobjektes j, der durch den Gesamtdurchsatz an Einzelstücken und, korrigiert mit der Förderdichte dFö ( dSE, dTE, dLE ),
680
19 Bewegungsbedarfsmengen
die zu fördernde Flusseinheit zum Ausdruck bringt. Es sind die folgenden Beeinflussungen zu berücksichtigen, die am Beispiel der Transporteinheiten TE erläutert werden.
19.3.1.1
Stündlicher zu fördernder Mengendurchsatz zTE,h
Der stündliche Stückdurchsatz – sofern nicht schon ermittelt – kann aus der Jahresmenge zTE,a (↑ Projektierungsprogramm) und einem Jahresbezugszeitfonds (verfügbarer Betriebsmittel – ↑ Zeitfonds) berechnet werden, Tabelle 19.3. Tabelle 19.3 Ermittlung der zu bewegenden Stückmenge
Rechnerprogramme oder die – ohnehin notwendige – Transportmatrix (VONNACH – Matrix) oder andere Durchsatzmodelle sind hilfreiche Unterstützungsmittel. Abbildung 19.4 enthält ein stark vereinfachtes Beispiel für die Teilefertigung.
19.3.1.2
Verfügbarer Betriebsmittelzeitfonds BMZF
Bei der Ermittlung des ↑ Durchsatzes von Systemen wird im Regelfall der BMZF des Bezugsobjektes BO (Wirksysteme, Maschine) zum Ansatz gebracht. Diese Betriebsmittel im System sind unterschiedlich und haben keinen Födermittelbezug. Deshalb muss der BMZF der einzusetzenden Fördermittel (BMZF, Fö) zum Ansatz gebracht werden.
19.3 Ermittlung der stündlichen Stückgutbewegungen als Fördervorgänge
681
Abb. 19.4 Berechnungsunterstützung für die Durchsatzmethode (Beispiele für die Verhältnisse in Abb. 19.1)
19.3.1.3
Zeitliche Auslastung ȘZ,BM
Die Förderungen eines technologischen Fabriksystems sind für eine maximale zeitliche Systemauslastung auszulegen, da dieser Extremfall im Rahmen der System- ↑ Flexibilität auftreten kann. Die ermittelten Werte sind deshalb durch die zeitliche Auslastung für jedes Wirksystem zu korrigieren, Gl. (19.3). 19.3.1.4
Förderungsfaktor fFö
Der Förderungsfaktor – vereinfachend auch Förderfaktor genannt – bringt den spezifischen Bewegungsaufwand im System für einen zugrunde liegenden Prozess durch die Angabe der Förderungen pro Transporteinheit und Prozessvorgang zum Ausdruck. Mit dem Faktor werden die Prozesskopplungsarten (Direkt-, Indirekt-, Adaptivkopplung) und die Prozesskopplungsanzahl für Teilprozesse oder den Gesamtprozess berücksichtigt. Tabelle 19.4 enthält eine Übersicht wichtiger Bewegungsvorgänge.
Mit den Inhalten der Tabelle 19.4 wird auf Folgendes hingewiesen: • Die Förderfaktoren sind wertemäßig für die Prozessflusskopplung unterschiedlich. Sie können auch gegenstandsbedingt in den Flussbereichen Systemeingang und Systemausgang, d. h., in den Systembereichen mit Schnittstellen zu anderen
682
19 Bewegungsbedarfsmengen
Tabelle 19.4 Förderungsfaktoren für unterschiedliche Systembereiche und Flusskopplungen
19.3 Ermittlung der stündlichen Stückgutbewegungen als Fördervorgänge
683
Fabriksystemen, sowohl unterschiedlich als auch gleich sein. Diese EntwederOder-Bedingung ist zu projektieren, um eine Einheitlichkeit durch Vereinheitlichung im Flussbereich zu erzielen. • Es müssen relationsabhängige (Verflechtungsbereich V) und bezugsobjektabhängige (Handhabung, Übergabe) Förderungen unterschieden werden. • Der Förderungsbedarf kann nur über die einzelnen Flussbereiche relativ genau vorausbestimmt werden, wobei die Flussbereiche Teilsysteme des Flusssystems sind. 19.3.1.5
Förderdichte dFö und Transporteinheitsrelativierung
Nur wenn durch die Fabrik oder durch die technologischen Fabriksysteme einer Fabrik durchgehend gleiche Transporteinheitsgrößen zum Einsatz gebracht werden, sind keine Korrekturen durch die Förderdichte dFö,TE erforderlich. Unter Beachtung der Förderdichte erfolgt eine absolute Vergleichbarkeit der Förderungen je Zeiteinheit, Gl. (19.2), eines Systems, Abb. 19.3. 19.3.1.6
Praktische Vorgehensweise
Zur Erhöhung der Übersichtlichkeit und zur Vermeidung von – subjektiven – Fehlern werden das grafische Anfertigen (Skizze) von Berechnungsmodellen und das Erstellen der VON-NACH-Matrix (Abb. 19.4) empfohlen. Die grafischen Berechnungsmodelle müssten funktionell bestimmte Systemgrundlösungen sein, Abb. 19.5.
Abb. 19.5 Berechnungsmodell – Beispiel: Verteilfertigung mit Linienverteilung. a Systemmodell. b Förderbewegungsmodell
684
19 Bewegungsbedarfsmengen
19.3.2
Zeitmethode
Die Zeitmethode zur Bewegungsbedarfsermittlung ist nur für den Verbindungsbereich des Flusssystems geeignet und kann nicht direkt auf die Systemeingangs- und Systemausgangsbereiche übertragen werden, da dort keine technologischen Zeiten vorliegen. Der Systemverbindungsbereich erfordert die Bewegungsermittlung für die Arbeitssysteme. Das bedeutet in Analogie eine Übertragung auf die Wirksysteme in den Arbeitssystemen sowie auf die Fabriksysteme der Fabrik. Die Ermittlung erfolgt nach Gl. (19.4) und (19.5): • Nur Bezugsobjekte des Verbindungsbereiches zFö,h ij =
1 ηZ,BM j
·
fFö ij teff ,TEm i j
Fö/h · BO · Produkt
(19.4)
• Gesamtsystem ohne Ein- und Ausgangsbereich zFö,h V =
1 zAS · fFö · ηZ,Sy teff ,TEm
Fö/h · System
(19.5.1)
• Gesamtsystem mit Ein- und Ausgangsbereich ohne Zentralspeicher ZSP (Tabelle 19.3) 1 zAS · fFö (19.5.2) zFö,h Sy = + zFö,h E + zFö,h A + zFö,h Zu · ηZ,Sy teff ,TEm Fö/h · System
Die Gl. (19.4) und (19.5) enthalten durch die Projektierung erreichte Größen. Nachfolgende Hinweise zur praktischen Anwendung sind beachtenswert. 19.3.2.1
Effektive technologische Zeiten teff,TE und zeitliche Systemauslastung ȘZ
Beide Größen stehen in einer Wechselwirkung und sind für die unterschiedlichen Bezugsobjekte und Teilsysteme des Flusssystems unterschiedlich anzuwenden, Tabelle 19.5. Die Korrektur durch die zeitliche Auslastung ist objektiv nur dann möglich, wenn mittlere technologische Zeiten verwendet werden, Abb. 19.6. 19.3.2.2 Arbeitssystemmenge zAS Die Gl. (19.5.1) ermöglicht die Berechnung der Bewegungsbedarfsmenge für jeden technologischen Teilbereich des Gesamtsystems. Der Vereinfachung durch die Arbeitssystemanzahl zAS steht ein erhöhter Aufwand für die Ermittlung der technologischen Zeiten gegenüber, Abb. 19.7.
19.3 Ermittlung der stündlichen Stückgutbewegungen als Fördervorgänge
685
Tabelle 19.5 Unterschiedlichkeit der technologischen Zeiten zur Bewegungsbedarfsermittlung
Abb. 19.6 Unterscheidung von nicht gewichteten und gewichteten technologischen Zeiten. a Einfach – Ermittlung ohne Wichtung. b Ermittlung gewichteter Zeiten
Abb. 19.7 Einfluss der Arbeitssystemanzahl und der Flusssystemkopplungsanzahl auf den Bewegungsbedarf von Systemen
686
19.3.2.3
19 Bewegungsbedarfsmengen
Bedeutung von Flussteilsystemen auf den Bewegungsbedarf
Der Förderfaktor fFÖ ist abhängig von der Art und Menge der Flussteilsysteme. Er ist relationsabhängig für das Verteil- und Sammelsystem und operationsabhängig für die Übergabesysteme (ÜS) und Handhabungssysteme, Tabelle 19.4 und Abb. 19.8. Übergabesysteme sind aus technischen Gründen zwischengeschaltete Teilsysteme, die vermieden werden sollten. Das Ziel der Systemprojektierung besteht deshalb in der Lösungsfindung minimal gekoppelter Flusssysteme.
Abb. 19.8 Zusammenhang von Flussteilsystemen und Bewegungsbedarf
19.3.3
Experimentelle Methoden
Experimentelle Methoden durch Simulation erreichen gegenüber anderen Methoden durch das Experimentieren eine höhere Genauigkeit der Bewegungsbedarfsermittlung, wenn die Konzentration auf • das Zusammenwirken der Flussteilsysteme, insbesondere der Übergänge und Schnittstellen, • den Störungseinfluss im Gesamtsystem, • die Abstimmung von Eingangs-, Verbindungs- und Ausgangsrelationen und auf • das Zusammenwirken von mehreren Produktflusssystemen (Montage, Teilfertigung und Montage) gelegt wird. Basis kann nur die Durchsatz- oder Zeitmethode oder eine Kombination beider sein.
19.3 Ermittlung der stündlichen Stückgutbewegungen als Fördervorgänge
19.3.4
687
Ermittlung eines Zusatzbewegungsbedarfs
Sofern mit den erläuterten Methoden die Bewegungsbedarfe richtig ermittelt wurden, ist kein ausgeprägter Zusatzbedarf für die technologischen Flüsse erforderlich. Da jedoch Gegenstandsbewegungen der Stochastik unterliegen, neigt der Projektant zur Berücksichtigung eines Zusatzbewegungsbedarfs, und zwar aus folgenden Gründen: • Stochastischer Zusatzbewegungsbedarf zFö,h,St Ausfallverhaltenskombinationen, Eilaufträge und Zurückstellungen sowie verschiedentlich Havarien sind Gründe für diesen Bedarf, der etwa 10% beträgt, wenn die zeitliche Auslastung schon berücksichtigt wurde, Abb. 19.9.
Abb. 19.9 Gesamtbewegungsbedarf einer Systembewegungstechnik (Förderer)
• Allgemeiner Zusatzbewegungsbedarf zFö,h,Zu Zusatzbewegungsbedarf zFö,h,Zu entstehen durch (↑ Speicherdimensionierung) • Integration von Gegenständen, die ursächlich nicht zum Produktfluss gehören (z. B. stückige Betriebsstoffe, Spänebehälter usw.), • Leerbehälter für Produkte, die als Bestandteil der Produktflüsse beachtet werden müssen. Dieser Zusatzanteil ist unter Zuhilfenahme von Tabelle 19.3 und Abb. 19.4 zu berechnen.
19.3.5
Bedeutung von Förderspielen
Förderspiele sind technologische Vorgänge für die Flussbewegungen von Stückgütern, die einen Vorgangsinhalt (Arbeitsstufen), eine Vorgangsfolge (Arbeitsstufenfolge) und Vorgangszeiten (als Arbeitsstufengesamtzeit und Förderspielzeit) enthalten, Abb. 19.5 und 19.10.
688
19 Bewegungsbedarfsmengen
Abb. 19.10 Einfache Beispiele für ein Förderspiel (ohne und mit Vorgangsüberlagerung)
Die ermittelten Bewegungsbedarfe sind den Förderspielen gleichzusetzen. Bei gleichen Bewegungsbedarfen treten in einem System Unterschiede auf, und zwar • Vorgangsunterschiede durch die Flussteilsysteme, • Zeitunterschiede (Δt) durch die Wegunterschiede (Δs) und durch die Geschwindigkeitsunterschiede (Δv). In der praktischen Projektierung wird für das Flusssystem ein mittlerer Bewegungsbedarf auf der Basis von Förderspielen ermittelt, Gl. (19.6), und zum Ansatz gebracht, da eine Genauermittlung – beispielsweise durch Simulation – sehr aufwendig, aber möglich ist. Ungenauigkeiten entstehen durch unreale Annahmen. zFö,h m =
19.3.6
m · zFö,h,E + n · zFö,h,V + o · zFö,h,A + ... + u · zFö,h,St (m + n + o + ... + u) Förderungen/h · System
(19.6)
Förderspielzeit tFö
Die Förderspielzeit tFö entspricht einer Gegenstandsbewegungszeit im System oder Teilsystem für einen Bewegungsgesamtvorgang, Abb. 19.10. Eine nachweisbare Gesamtberechnung wird im Regelfall dem Hersteller der Fördertechnik überlassen. Der Projektant ermittelt die Förderspielzeit nach Gl. (19.7) und kontaktiert mit den beeinflussenden Werten den Hersteller zur Ermittlung der erforderlichen Förderspielzeiten, da ihm die technischen Einflusswerte (Beschleunigung, Technikvorgänge, …) noch nicht bekannt sind. • Bewegungszeiten im System tFö 1 =
1 ≤ tFö,Fö−Mittel zFö,h
Systembedarfszeit/Fö
(19.7.1)
19.4 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für flüssiges Fließgut
689
• Bewegungszeiten im System unter Beachtung von Veränderungen tFö 2 =
1 ≤ tFö,Fö−Mittel zFö,h · (1 + fZu + fE )
Systembedarfszeit/Fö
(19.7.2)
Eine Genauberechnung ist in jedem Fall bei der Bewegungstechnikdimensionierung und der Projektierung von ↑ Arbeitssystemen durchzuführen.
19.4
Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für flüssiges Fließgut
Flüssiges Fließgut, Tabelle 19.1, wird als • Stückgut in Behältern → Stückgutbewegungsbedarf, Abschnitt 19.3, • fließendes Gut in ↑ Rohrleitungssystemen oder teiloffenen Kanalleitungssystemen (Rinnen) bewegt. Die zweite Bewegungsform benötigt Antriebspotentiale durch Druck oder (bzw. und) geodätische Höhen(-unterschiede), Abb. 19.11.
Abb. 19.11 Bewegungsgrundfalllösungen für Fließgüter. a Bewegung durch Pumpen. b Bewegung durch Schwerkraft
Berechnungsansatz ist der Volumen- oder der Massedurchsatzbedarf beim Verbraucher (Abnehmer, Nutzer). Zur Ermittlung des Bewegungsbedarfs ist Gl. (19.8) anzuwenden, die in Analogie zur Gl. (19.3) steht. DV m ˙ V˙ = · (1 + fZu + fE ) · (1 + fZu + fE ) = ηF ηF · ρ
m3/h · System
(19.8)
690
19 Bewegungsbedarfsmengen
Der Volumenstrom V˙ (Volumendurchsatz) ist als effektive Bewegungsmenge durch den hydraulischen Füllungsgrad ȘF oder Liefergrad zu korrigieren, um die zu projektierende Bewegungsmenge zu erhalten. Betrachtungspunkt ist der Durchsatz beim Verbraucher DV. Ableitend aus Abb. 19.11 bedeutet diese Forderung, dass auch alle vorgelagerten Einflüsse zu beachten sind. Der Füllungsgrad des Rohrleitungssystems ȘF,R, der Pumpe ȘF,P und u. U. der Füllungsgrad von Einbauten ȘF,E sind zu berücksichtigen, Gl. (19.9). ηF = ηF,R · ηF,P · ηF,E
(19.9)
Die Bewegungsmenge ist somit abschnittsweise im Rahmen der Rohrleitungs-, Pumpen- und Förderhöhendimensionierung unter Verwendung spezieller Fachliteratur zu ermitteln. Bei Vorhandensein mehrerer Verbraucher sind der Volumenfluss V˙ oder der ˙ abhängig von der Verbrauchs- ↑ Gleichzeitigkeit ȘG, Abb. 19.12, Massef luss m so dass zwischen den Rohrleitungssystemen und dem Druckerzeugungssystem zu unterscheiden ist.
Abb. 19.12 Verbrauchsbedarfe und Erzeugungsdurchsatzbedarfe (vereinfacht)
Der technische Nutzungsgrad ȘN,T bringt das Verhältnis von verbrauchtem zum technisch genutzten Volumenfluss durch das technische Element zum Ausdruck. Für das System ergibt sich V˙ D aus Gl. (19.10) als Bewegungsbedarf. m DV ηG · + V˙ L + V˙ Zu + V˙ E V˙ D = o (19.10) ηN ,T · ηZ,BM j ηF k j=1 m3/h · System k=1
Der Laufindex k beinhaltet die Systemabschnitte als Teilsysteme (Verbraucherleitung, Verteilungsleitung, Anschlussleitung, Pumpensystem). V˙ L enthält Leckverluste durch Undichtheiten, Übertragungsverluste und Unachtsamkeiten. V˙ E berücksichtigt den Erweiterungsbedarf des Flusssystems (Nachweis
19.5 Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für gasförmige Fließgüter
691
erforderlich) und V˙ Zu trägt einem noch nicht einbezogenen Zusatzbedarf Rechnung.
19.5
Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für gasförmige Fließgüter
Gase unterscheiden sich von Flüssigkeiten insbesondere durch ihre Komprimierfähigkeit, so dass der Betriebsdruck eine entsprechende Bedeutung hat und fast alle Übertragungssysteme als Druckbehälter einzuordnen sind, gleich ob Gase als • Stückgut in Behältern ⇒ Stückgutbewegungsbedarf, Abschnitt 19.3, • „Flüssiggas“ in Behältern ⇒ Stückgutbewegungsbedarf oder als flüssiges Fließgut, Abschnitt 19.4, • fließendes Gut in geschlossenen ↑ Rohrleitungssystemen bewegt werden. Die in der Abb. 19.12 dargestellten Zusammenhänge gelten analog, die Pumpe wird durch einen Verdichter ersetzt. Im Regelfall werden Speicher zum Einsatz gebracht und der Füllungsgrad wird mit dem Wert ȘF = 1 angenommen, Abb. 19.13. Der Volumenf lussbedarf V˙ wird über den Betriebsdruck pB geregelt und bei der Dimensionierung als wichtige Größe (allgemeines Gasgesetz) beachtet.
Abb. 19.13 Flussbedarfsverhältnisse bei Gasen
V˙ D =
ηG 1 − ηV,Ü
m · j=1
DV ηN ,T · ηZ,BM
+ V˙ Zu + V˙ E
(19.11)
j
m3/h · System
Die Übertragungsverluste werden durch den Verlustgrad ȘV,Ü berücksichtigt, mit • ȘV,Ü ≤ 0,05 für einfache Rohrleitungssysteme und wenige Einbauten, • ȘV,Ü ≤ 0,15 für stark verzweigte Rohrleitungssysteme und viele Einbauten. Hinweis: Vermeidung von Gassammelstellen!
692
19.6
19 Bewegungsbedarfsmengen
Technologischer Durchlaufbewegungsbedarf für Schüttgut
Bezugsbasis der Schüttgutbewegungen sind der Massedurchsatz Dm oder der Mas˙ und die damit in Verbindung stehende Schüttdichte S. sef luss m Der Bewegungsbedarf ist darüber hinaus von dem Bewegungsprinzip abhängig, Abb. 19.14.
Abb. 19.14 Bewegungsprinzipien für Schüttgut (unvollständig)
Schüttgut kann als Stückgut in Behältern ⇒ Stückgutbewegung, als Fließgut in Rohren ⇒ Flugbewegung, Schwimmbewegung und vielen anderen Bewegungsformen gefördert werden. Dabei spielt die Mitnahmemenge pro Bewegung (Periode, Mitnahmemenge ≡ Füllmenge; ȘF ) eine Rolle. Allgemein gilt Gl. (19.12). Dm + Dm,Zu + Dm,E + V˙ Verlust V˙ = ρS · (ηF · ηZ,BM )
m3/h · System
(19.12)
Für die Berechnung der vielfältigen Einzelfälle ist das Heranziehen von spezieller Fachliteratur notwendig.
• Bewegungsbedarfe sind Projektierungsgrößen für die Bewegungstechnik (↑ Materialflusstechnik, Energieübertragungstechniken), die durch eine Planung nicht vorgegeben werden können. Durch Planung kann nur der Durchsatz D an den Wirk- oder Abnahmesystemen geplant und vorgegeben werden. • Der Bewegungsbedarf ist immer deutlich höher als der im Produktionsprogramm vorgegebene Durchsatz. Aus energetischen und Betreibungsgründen sind solche Projektierungslösungen günstig, die den kleinsten energetischen, d. h., den geringsten Bewegungsbedarf bei gleichen Bewegungsanforderungen aufweisen. • Es ist darauf zu achten, dass durch die objektiv notwendigen Einflüsse keine Überdimensionierungen entstehen, was bei Fehleinschätzungen möglich ist. Sicherheitsspielräume sind mehr als ausreichend vorhanden. • Projektierungslösungen können weitere Bewegungsbedarfe durch den dimensionierten Technikeinsatz hervorrufen, z. B. Bewegungen durch zwischengeschaltete Übergabesysteme, die aber vermieden werden sollten.
20
Bewertung
Bewertung: Charakterisierende Einschätzung, Beurteilung und Vergleich von Elementen, Systemen oder Sachverhalten als Grundlage einer Einordnung, Entscheidung oder Auswahl. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
A B fB W B FS E N W
ZE, ME, GE – – – – – – – –
∆
–
Systemaufwand Bewertungswert (je Einflussfaktor i oder je Variante j) Bewertungsfaktor (gew – gewählt) Faktorwertigkeit Variantenerfüllungsgrad (a – absolut, r – relativ) Fabriksystembewertung (m – mittlere) Eigenschaftsgrad Nutzungsgrad Faktorwichtungsgrad (err – errechnet, gew – gewählt); Wirkungsgrad Niveaudifferenz (a – absolut, rel – relativ)
20.1
Grundlagen
Eine Bewertung wird von Personen zu einzelnen oder alternativen Sachobjekten (Fabrikelemente, -systeme, Projektierungsvarianten) zu deren Beurteilung und Rangfolgeeinschätzung oder zur Vorschlagsbeurteilung und Auswahlempfehlung vorgenommen. Das Bewertungsergebnis kann in Abhängigkeit von der bewertenden Person und den angewendeten Bewertungsmethoden und -verfahren subjektiver, objektivierter oder objektiver Natur sein. Da im Rahmen der Fabrikprojektierung subjektive Bewertungen keine Grundlagen für Entscheidungen bilden und objektive Bewertungen nur selten möglich sind, liegt der Anwendungsschwerpunkt auf der objektivierten Bewertung mit bestimmten Bewertungsmethoden und -verfahren, Abb. 20.1 und 20.2.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_20, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
693
694
20 Bewertung
Abb. 20.1 Bewertungseinflüsse und Zusammenhänge
Abb. 20.2 Übersicht und Charakterisierung der Bewertungsmethoden (ohne Kombinationen)
Zu bewertende Sachobjekte der Fabrikprojektierung sind entsprechend ihrer Häufigkeit • Vorschlagsvarianten, Entwicklungsziele und Entscheidungen ⇒ Variantenbewertung, • Angebote, Lieferungen und Leistungen ⇒ Angebotsbewertung (Aufwand, PreisLeistung), • Projekte, Projektteile ⇒ Projekt-, Lösungs-Bewertung (Expertisen, Niveau, Güte, Fehler). Die Bewertungen unterscheiden sich nach ihrer methodischen Vorgehensweise, so dass Differenzierungen erforderlich werden, Tabelle 20.1.
20.2 Rangfolge-Bewertungsmethoden
695
Tabelle 20.1 Bewertungssystematik
Die vergleichende Bewertung geht von mehreren Objekten aus, die auch einen bewertenden Vergleich zulassen müssen. Einschätzende Bewertungen erfolgen im Regelfall für Einzelobjekte. Die berechnende Bewertung setzt mathematische Gleichungen voraus. Die Methoden sind einzeln oder in kombinierter Form anwendbar.
20.2
Rangfolge-Bewertungsmethoden
Die Verfahren dieser Methodengruppe liefern nur sehr vage objektivierte Ergebnisse, da eine mathematische Wichtung der beeinflussenden Faktoren ausgeschlossen wird. Trotzdem finden sie in der Projektierungspraxis wegen der Einfachheit noch Anwendungen. Tabelle 20.2 enthält einfache Beispiele. Tabelle 20.2 Beispiele für Rangfolge-Bewertungsverfahren (fiktive Varianten V )
696
20.3
20 Bewertung
Expertenschätz-Bewertungsmethoden
Expertenschätz-Bewertungsmethoden basieren auf den Rangfolge-Bewertungsverfahren und qualifizieren diese durch die Einbeziehung mehrerer Experten. Tabelle 20.3 enthält ein Beispiel. Tabelle 20.3 Beispiele für Expertenschätz-Bewertungsverfahren (Entwicklungseinschätzung)
20.4
Bewertungsmethoden mit Wichtung
Diese Methoden und ihre Verfahren gehen von einer Faktorwichtung, überwiegend von nicht quantifizierbaren Faktoren, und einer gewichteten Sachobjektbewertung aus. Aus der Vielzahl bekannter Verfahren (PATTERN, KESSELRING, …) soll ein vom Autor (HELBING u. HOFMANN 1974) entwickeltes einfaches Bewertungsverfahren erläutert werden. Es basiert auf einer drei- oder fünfwertigen Faktorwichtung und einer anschließenden Sachobjektbewertung.
20.4.1
Faktorwichtung
Die Wirkung der Methode ist am günstigsten, wenn mindestens 10 Faktoren, besser 20 Faktoren, in die Gesamtbewertung mit folgender Schrittfolge einbezogen werden. Schritt 1: Schritt 2:
Ermittlung der variablen Einflussfaktoren (Beispiel: Lagersysteme weisen bis zu 125 Einflussfaktoren auf); Entscheidung zur dreiwertigen oder fünfwertigen Wichtung, Tabelle 20.4;
20.4 Bewertungsmethoden mit Wichtung
697
Tabelle 20.4 Wertigkeitsfaktoren
Schritt 3: Schritt 4: Schritt 5:
Erarbeitung der Wichtungsmatrix, Tabelle 20.5; Durchführung der Faktorwichtung im Hinblick auf die Einflussstärke zum Sachobjekt mit den Wertigkeitsfaktoren (Tabelle 20.4), Tabelle 20.5; Summieren der Faktorwertigkeit ΣWi, Tabelle 20.5;
Tabelle 20.5 Wichtungsmatrix mit nur 5 Einflussfaktoren (Beispiel: 3-wertige Wichtung)
Schritt 6:
Berechnen des Faktorwichtungsgrades ȘW,i err (Gl. (20.1)) und mathematisches Auf- oder Abrunden der dritten Dezimalstelle des errechneten Faktorwichtungsgrades zu ȘW,i gew. n
ηW, i err =
Wi
i=1
max (Wi )
Rundungsempfehlung:
≤1
W, err = 0,910 → W, gew = 0,91 0,925 → W, gew = 0,93 0,974 → W, gew = 0,97
(20.1)
698
20.4.2
20 Bewertung
Variantenbewertung mit gewichteten Niveaukennzahlen
Variantenbewertungen sind in allen Projektierungsphasen (Grob-, Fein-, Detailvarianten) zur objektivierten Lösungsfindung notwendig. Sie sind aber erst möglich, wenn wirkliche, voneinander deutlich unterscheidbare, Alternativen vom Projektanten erarbeitet und das Unterscheidbare erkennbar dargestellt wurde (Variantengrundsatz). Folgende methodische Schrittfolge wird empfohlen: Schritt 1:
Schritt 2:
Schritt 3:
Schritt 4:
Kreative Erarbeitung alternativer Varianten ( V > 3) durch Skizzen und Kurzbeschreibung. Bei Rationalisierungen ist der Ist-Zustand, und bei Neuprojektierung ist ein Vergleichsobjekt eine Zusatzvariante. Überprüfen der Varianten auf Restriktionen (Legalität, Sicherheitsbestimmungen, Grenzkennzahlen: Maschinenauslastung, Emissionen) und Ausschluss der restriktiven Varianten (es sollten dann immer noch V ≥ 3 Varianten vorliegen). Übertragen der voruntersuchten Varianten und der gewichteten Einflussfaktoren W,i gew (Tabelle 20.5) und, sofern möglich, auch von berechneten Niveau- ↑ Kennzahlen in eine Bewertungstabelle (Bewertungsmatrix), Tabelle 20.7. Bewerten der Varianten gegeneinander (zeilenweise) durch Anwendung von Bewertungsäquivalenten nach Tabelle 20.6, 20.7.
Tabelle 20.6 Bewertungsfaktoren und Bewertungsäquivalenzen (fünfwertige Bewertung)
Tabelle 20.7 Bewertungsmatrix (Beispiel)
20.4 Bewertungsmethoden mit Wichtung
Schritt 5:
Ermittlung des Einzelbewertungsergebnisses (Zeile), Gl. (20.2), und des Variantengesamtbewertungsergebnisses (Spalte), Gl. (20.3), in der Bewertungsmatrix, Tabelle 20.7.
Bi j = ηW ,i gew · fB gew,i j
Bj =
699
n
Bi j
Bewertung/Einflussfaktor i · Variante j
(20.2)
(20.3)
Bewertung/Variante j
i=1
Schritt 6:
ηB,j =
Ermittlung des Variantenbewertungsgrades, Gl. (20.4) als Erfüllungsgrad. Bestimmung der Vorzugsvariante (Variante mit dem besten Bewertungsgrad B bzw. mit der höchsten Bewertung B) und Verbesserung der Vorzugsvariante durch Korrektur. Bj = n
Bmax
Bj ηW ,gew · fB max
i=1
Bj
n =
i
ηW ,gew · 4
i=1
(20.4)
i
Variantenkorrektur: Um Bestlösungen zu erreichen, ist die Vorzugsvariante durch Einbeziehung von besseren Vorschlagslösungen der anderen Varianten und Übernahme zu verbessern. Die Vorzugsvariante wird dadurch optimiert und bildet in der verbesserten Gestaltung die Basis für die weitere Projektierung.
• Die Einzelvariantenbewertung (Variantenspalte in Tabelle 20.7) entspricht einer einschätzenden Variantenbewertung, die eine methodische Übertragung auf Angebots- und Lösungsbewertungen ermöglicht. • Der Bewertungsgrad B kann in die Formen absoluter Bewertungsgrad B,a und relativer Bewertungsgrad B,r gegliedert werden. Beim absoluten Bewertungsgrad ist (für das o. a. Beispiel) statt fB,gewählt der Wert fBmax = 4 einzusetzen. Durch den Vergleich von absolutem und relativem Bewertungsgrad ergeben sich Differenzen, die auf weitere Verbesserungen durch Forschung und Entwicklung hinweisen. Es besteht die Möglichkeit zur Ableitung von notwendigen Entwicklungspotentialen. • Als Einflussfaktoren werden keine Kosten, sondern nur kostenvertretende bzw. kostenverursachende Größen als sogenannte stellvertretende Größen verwendet, die einen Einfluss auf das in der Projektierung befindliche Sachobjekt haben. Direkte und indirekte Beziehungen sind zu beachten.
700
20.5
20 Bewertung
Heuristische und mathematische Bewertungsmethoden
Heuristische Bewertungsmethoden basieren auf Logik, Algorithmen und Entscheidungstabellen und werden für ganz bestimmte Bewertungen erarbeitet, z. B. Patentbewertungsverfahren. Für die Fabrikprojektierung sind sie und die mathematischen Bewertungsmethoden (Korrelations- und Regressionseinfluss, Wahrscheinlichkeit, Statistik) noch zu aufwendig und zu speziell, so dass ihre Anwendungsbreite gering und die Bewertungsschnelligkeit der anderen Methoden höher ist.
20.6
Kennzahlen-Bewertungsmethoden
Bewertungen mit ↑ Kennzahlen sind relativ genau und einfach, wenn Kennzahlenwerte vorliegen bzw. für die Sachobjekte ermittelt werden können. Kennzahlenbewertungen haben in der Fabrikprojektierung eine herausragende Bedeutung mit bestimmten Orientierungen, Abb. 20.3, ohne dass in der Praxis immer eine vollständige Methodik zur Anwendung kommt.
Abb. 20.3 Übersicht zu Kennzahlen-Bewertungsmethoden
Jedes Bewertungsobjekt nach Abb. 20.3 kann richtungsgebunden bewertet werden: • Varianten – Technologieniveau-Bewertung, – Technologieaufwands-Bewertung (technologischer Variantenvergleich), – Technologiewirkungs-Bewertung. • Varianten – Ökonomieniveau-Bewertung, – Ökonomieaufwands-Bewertung (ökonomischer Variantenvergleich), – Ökonomiewirkungs-Bewertung. • Varianten – Ökologieniveau-Bewertung, – Ökologieaufwands-Bewertung (ökologischer Variantenvergleich), – Ökologiewirkungs-Bewertung.
20.6 Kennzahlen-Bewertungsmethoden
701
Zweck und Ziel der 27 richtungsgebundenen Bewertungen (Abb. 20.3, Tabelle 20.1) richten sich nach der notwendigen Aufgabe, so dass nicht alle Bewertungen erforderlich werden.
20.6.1
Niveaubewertung
Niveaubewertungen werden unter Einbeziehung von Niveau- ↑ Kennzahlen in relativer oder absoluter Form zur Niveaubestimmung, zur Ableitung von Verbesserungen und Entwicklungsbedarfen sowie für Vergleiche der Kategorien Varianten, Angebote und Lösungen durchgeführt. Absolute Niveaubewertung Die absolute Niveaubewertung ist eine objektive Bewertung durch einen vom Menschen nicht beeinflussbaren absoluten Bezugswert, z. B. Kalender- ↑ Zeitfonds, physikalische Grenzen, Primärenergie (der Kohle-, Erdöl-, Erdgaslagerstätten). Vergleiche von Fertigungsverfahren, Fabriken usw. sind nur dann objektiv, wenn der absolute Bezugswert gleich ist. Abbildung 20.4 zeigt ein Beispiel zur zeitlichen Bewertung von Betriebsmitteln (↑ Betriebsmitteldimensionierung).
Abb. 20.4 Beispiel für eine absolute und relative Niveaubewertung (Zeitnutzungsbewertung)
702
20 Bewertung
Abbildung 20.5 enthält den Rahmen der absoluten Bewertung von Energie bis zur Fabrik und in der Fabrik (↑ Integration, ↑ Flexibilität, …).
Abb. 20.5 Ganzheitlicher Elektroenergiefluss als Grundlage einer objektiven Niveaubewertung (vereinfachtes Beispiel)
Relative Niveaubewertung Das Beispiel in der Abb. 20.4 enthält den Unterschied zwischen einer relativen und einer absoluten Bewertung. Niveaubewertungen im Rahmen der Fabrikprojektierung sind überwiegend relativ. Das relative Niveau kann durch Umrechnungen in ein absolutes Niveau gewandelt werden, Gl. (20.5). Ist − Wert Projektierter Soll − Wert ⋅ Projektierter Soll − Wert Absoluter Bezugswert Ist − Wert = Absoluter Bezugswert
a = ⋅ w =
(20.5)
Niveauarten und Niveaubewertung Der Bewertung werden Wirkungsgrade, Nutzungsgrade und Eigenschaftsgrade zugrunde gelegt, Abb. 20.6. Wirkungsgrade repräsentieren das technische Niveau und werden durch die naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten geprägt. Nutzungsgrade bringen das Verhältnis zwischen der Nutzung und einer Bezugbasis zum Ausdruck.
20.6 Kennzahlen-Bewertungsmethoden
703
Abb. 20.6 Unterscheidung der Niveauarten
In der Projektierung ist das konstruierte oder projektierte Potentialniveau die Bezugsbasis (↑ Kennzahl). Eigenschaftsgrade charakterisieren das Eigenschaftsniveau von zu konstruierenden/konstruierten bzw. zu projektierenden/projektierten Systemen. Alle Niveauarten dienen der objektiven oder der objektivierten Niveauauswertung nach Abb. 20.3 und, in komplexer Anwendung, der Bewertung von Fabriksystemen. Die objektive Fabriksystembewertung ( FS) erfolgt nach Gl. (20.6). Nach Gl. (20.7) wird ein Mittelwert für die Bewertung aller in die Betrachtung einbezogenen Fabriksysteme (Anzahl = m) berechnet. Es können berechnete und objektiviert gewichtete (Tabelle 20.5) Werte einbezogen werden. ηFS =
m j=1
ηFSm ≈
ηj ≤ 1 oder ηFS =
m
ηj · 100 ≤ 100 %
(20.6)
j=1
m m 1 1 ηj ≤ 1 oder ηFSm ≈ · ηj · 100 ≤ 100 % · m j=1 m j=1
(20.7)
Die einmalige Niveaubewertung nach Abb. 20.7 ermöglicht einen einfachen Sichtvergleich für die Varianten, Angebote und Lösungen der Projektierung. Gleichzeitig kann das Bewertungsverfahren nach Abschnitt 20.4 im vollen Umfang angewendet werden.
704
20 Bewertung
Abb. 20.7 Darstellungsmöglichkeit einer Niveauermittlung (Systeme oder Niveauartgruppe/ System)
Es entsteht eine Einfachbewertung, wenn die errechneten Werte ( errechnet ≡ gewichtet) nicht, und eine Zweifachbewertung, wenn die errechneten Werte ( errechnet × gewichtet = ) als Faktoren gewichtet werden, da die Wirkungsstärke der Werte unterschiedlich ist. Als Bewertungsverfahren sind dann • Niveauwichtungsverfahren, • Niveauberechnungsverfahren, • Kombinierte Niveauwichtungsverfahren/Niveauberechnungsverfahren für projektierte Objekte zu unterscheiden.
20.6.2 Aufwandsbewertung Die Aufwandsbewertung erfolgt für einen bestimmten Zweck und ist eine klassische Objektbewertung mit Aufwandskennzahlen in den Kategorien • einmaliger Aufwand für System- oder Fabrikinvestitionen (Investitionsbewertung), • laufender Aufwand für den System- oder Fabrikbetrieb (Betriebsbewertung). Für die im Rahmen der Fabrikprojektierung durchzuführenden Objektaufwandsbewertungen gehen beide Kategorien quantitativ durch monetäre und nichtmonetäre sowie über absolute und spezifische Größen ein. Abbildung 20.8 verdeutlicht den Zusammenhang. Investitions- ↑ Kapitalbedarf Die Fabrikplanungsgröße Investitionskapital ist eine aus der Fabrikprojektierung abgeleitete Summation der gesamten monetären Investitionsaufwendungen, die eine Variantenvergleichsgröße oder, betriebswirtschaftlich betrachtet, die Grundlage für die Investitionsfinanzierung und Betriebskostenermittlung darstellt und damit zum Gegenstand von Betriebsplanungen und Kostenrechnungen wird. Durch die darin enthaltenen Preise stellt diese Größe keine zweckmäßige Größe für eine objektive Bewertung dar.
20.6 Kennzahlen-Bewertungsmethoden
705
Abb. 20.8 Möglichkeiten der Aufwandsbewertung
Für die Projektierungsentscheidungen sind deshalb die zum Investitions- und Ko-stenaufwand führenden Aufwendungen in technischer, zeitlicher, räumlicher, organisatorischer und betreibungswirksamer Form von Bedeutung. Das führt zu dem Begriff „Stellvertretende Größen“ (z. B. Kennzahlen), die nicht monetär behaftet, aber kostenmäßig bzw. betriebswirtschaftlich bewertbar sind, Gl. (20.8). K =G·k
(20.8)
Kosten/Größe
K − Bewertete absolute oder spezifische Kostengröße G − Stellvertretende Größe (Kennzahl, z. B. : m2/Wegart; kg/Gegenstand) k − Spezifische Kostenkennzahl (z. B. : €/m2 ; €/kg · h; €/kg · m)
Variantenbewertung mit Aufwandskennzahlen Aufwandskennzahlen für die Technologiebewertung können Zustands- oder Verhältnis- ↑ Kennzahlen sein, die beispielsweise die Varianten hinreichend technologisch, ökonomisch oder ökologisch charakterisieren und den Variantenunterschied deutlich sichtbar machen. Tabelle 20.8 enthält ein stark vereinfachtes Beispiel. Das einfache Bewertungsverfahren nach Tabelle 20.8 (Rangfolgeverfahren mit Aufwandskennzahlen) kann durch die Berücksichtigung von Wichtungen oder Kosten ergänzt werden. Genauer und objektiver ist die Bewertung mit einer Niveauwichtung durch Vergleichsnormale, womit eine Vergleichseinordnung zum gewichteten Bewertungsverfahren nach Tabelle 20.7 hergestellt werden kann, Gl. (20.9) und Tabelle 20.9. Bewertungswert
Bi ≡ η =
V Gmin ≡ Gi Gi
V ist ein Vergleichsbasiswert ( V = Gmin je Zeile in Tabelle 20.9).
(20.9)
706
20 Bewertung
Tabelle 20.8 Einfaches Bewertungsverfahren mit nicht monetären Größen (Beispiel: direkter Vergleich)
Tabelle 20.9 Vergleichsbewertung nichtmonetärer Größen (Variantenbewertung und -vergleich, Beispiel)
• Aufwandsbewertungen haben im Sinne der ↑ Optimierung eine Zielfunktion, Gl. (20.10). Systemaufwand A =
n
Ai → Min!
(20.10)
i=1
• Variantenaufwandsbewertungen werden durch Vergleichsberechnungen (Beispiel Tabelle 20.9) ermittelt, so dass eine Variantenbewertung zur Einordnung, ein Variantenvergleich und Hinweise zur Variantenverbesserung ermöglicht werden. Das ist einer näherungsweisen Variantenoptimierung gleichzusetzen.
707
Literatur
• Die aus einer Variante abgeleitete Lösung kann als Einzellösung nur mit der Variante verglichen werden, die für sie die Basis bildete.
20.6.3
Wirkungsbewertung
Die Wirkungsbewertung wird in Analogie zur Aufwandsbewertung (Tabelle 20.9) durchgeführt. Anstatt der Aufwendungen werden Wirkungen herangezogen. Wirkungsgrößen sind beispielsweise: • Umsatz, Gewinnerwartung, Wettbewerbsvorteile, Einsparungen, Markterweiterung, • Produktivität, Durchsatz(-erhöhung), • Durchlaufzeiten, Beschaffungszeiten, Vertriebszeiten, Betreibungszeiten, • Potentialverbesserungen, Erweiterungen, Fabrikstabilität und andere Größen, die durch die projektierte Systemtechnologie beeinflusst werden. Mit der Aufwands- und Wirkungsbewertung von Technologien wird die Grundlage für die ökonomische (durch Betriebswirte) und ökologische Bewertung (durch Projektanten) vorbereitet.
20.6.4
Gesamtbewertung
Eine Gesamtbewertung schließt die gewichteten (Tabelle 20.7) und berechneten Bewertungen ein, so dass je nach Projektierungsphase und Kennzahlenbereitstellung unterschiedliche Niveaubetrachtungen zur Gesamtbewertung möglich sind. Hierfür bieten sich Tafeln, verschiedene grafische Darstellungen, Abb. 20.9 (↑ Kennzahl), und die Berechnungen nach den Gl. (20.6) und (20.7) an.
Abb. 20.9 Formen der grafischen Niveaudarstellung. a Niveaukreis (n Faktoren). b Aufwandspolyeder (m Faktoren). c Niveauwürfel (3 Faktoren)
Literatur HELBING KW, HOFMANN W (1974) Eine Möglichkeit zur Bewertung von Einflussfaktoren und Varianten. Berlin: Kraftverkehr, S 344–345
21
Brandschutzsystem
Brandschutzsystem: Fabriksystem, das aufgrund von Brandlasten der Materialien sowie der System- und Bauwerkselemente erforderlich ist und die Fabrikpersonen, Fabriksysteme, Fabrikräume und Fabrikmaterialien vor einem Schaden durch Brand schützt. Es gehört zur Gruppe der Fabrikerhaltungssysteme. Kurzzeichen Einheit Erläuterung AR H QB qB qB,F m
21.1
m2 J/kg MJ MJ/m2 MJ/m2
Raumgrundfläche Heizwert (o – oberer, u – unterer) Brandlast (T – technologisch, B – baulich, So – sonstige, F – Fabrik) Flächenbezogene Brandlast (T – technologisch, B – baulich, So – sonstige) Mittlere flächenbezogene Fabrikbrandlast
Brennbarkeit, Brandursachen und Brandschutz
Brennbar sind alle Betriebsmittel (System- und Raumelemente), Betriebsstoffe, Produkte, Energieträger, Informationen und persönliche Dinge, die einen Heizwert H (J/kg) haben, ein Schwelen, Verpuffen, Explodieren, Entzünden, Entflammen oder Brennen ermöglichen und eine Wärmelast Q als Brandlast QB erzeugen können. Die Brandverursachung entsteht durch chemisch-thermische Reaktionen, Selbstentzündung, Fremdentzündung oder Feuerlegung. Besteht die Gefahr einer Brandlast, sind zu projektierende und organisatorische Maßnahmen zum Brandschutz, insbesondere zum vorbeugenden Brandschutz, ohne Einschränkungen zwingend notwendig, damit eine Werterhaltung der Materialien sowie der technischen und baulichen Systeme ermöglicht wird, Personen, Tiere und Pflanzen nicht zu Schaden kommen, die Umwelt nicht belastet wird und Schadensersatzansprüche sowie eine Verurteilung verantwortlicher Personen ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang sind einige allgemeingültige Begriffe zum Brandschutz von Bedeutung, Tabelle 21.1, der in den Fabriken zu beachten ist und dessen Maßnahmen vorbereitet (Projektant), eingeführt, durchgesetzt, kontrolliert und konsequent verfolgt werden müssen. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_21, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
709
710
21 Brandschutzsystem
Tabelle 21.1 Allgemeingültige Begriffe zum Brandschutz (i. A. DIN 4102)
21.2 Brandlastberechnung
711
Abb. 21.1 Brandschutzgebiete
Der vorbeugende Brandschutz einer Fabrik berücksichtigt die in der Abb. 21.1 enthaltenen drei Teilgebiete, die auch Gegenstand von ↑ Genehmigungsverfahren, einzeln und im Relationszusammenhang, als Ganzes Gegenstand der Fabrikprojektierung sind.
21.2
Brandlastberechnung
Bedarfsgröße für die Projektierung von Brandschutzsystemen ist die Brandlast als gesamte Brandwärmemenge QB oder als flächenbezogene Brandwärmemenge qB. Sie setzt sich aus den Kategorien nach Gl. (21.1) zusammen. QB = QB,T + QB,B + QB,So
MJ
(21.1.1)
QB,T − Technologische Brandlast QB,B − Bauliche Brandlast QB,So − Sonstige Brandlast qB = qB,T + qB,B + qB,So
21.2.1
in MJ/m 2
(21.1.2)
Technologische Brandlast
In die technologische Brandlast werden alle technologiebezogenen Betriebsmittel, Materialien oder Stoffe, Ausstattungen, Unterstützungsmittel, Aufbewahrungsgegenstände (Lager, Speicher) in stationärer und mobiler sowie in fester, loser
712
21 Brandschutzsystem
(Schüttgut), gasförmiger und flüssiger Form einbezogen, die glutbildend oder brennbar sind. Eine Einteilung ist in die Stoffbrandklassen b (DIN EN 2) als • feste, glutbildende Stoffe (Holz, Plaste als Kunststoffe und Elaste als Gummi, Kohle, Torf, Ausstattungen, Werkstücke), • lose, gut brennbare Stoffe (Papier, Restholz, Abfallstoffe, Restabfall, Holzpaletten), • flüssige Stoffe (Kraftstoffe, Öle, Fette, Farben, Brennstoffe, Lösungsmittel), • gasförmige Stoffe (Technische Gase, Butan, Propan, Azetylen, Methan, Staub), • brennbare Metalle (Magnesium), • gemischte Elemente (Maschinen, Anlagen, Stapler, Regale, Gestelle, Steuerungen, Rechner) zur Vereinfachung möglich. Die Ermittlung erfolgt nach Gl. (21.2). • Reale technologische Brandlast für Lagergegenstände i e
qB,T =
(H0 · m · a)i
i=1
(21.2.1)
MJ/m2
AR · V
• Maximale technologische Brandlast für Lagergegenstände i und Ausrüstungen k e
qB,T
max
=
o
(H0 · m)i
i=1
AR1 · V1
+
(H0 · m)k
k=1
AR2 · V2
MJ/m2
(21.2.2)
Der Heizwert H0, die brennbare Masse m und der Massebrennbarkeitsfaktor a (0,0 … 1,00), Tabelle 21.2, sind für jede Stoffbrandklasse b zu ermitteln. Problematisch ist die Berücksichtigung des Brandverminderungsfaktors V, der eine Masse-RaumBrandlastverteilung berücksichtigt, Tabelle 21.3. Tabelle 21.2 Orientierungswerte für den Massebrennbarkeitsfaktor a
Tabelle 21.3 Orientierungswerte für den Brandverminderungsfaktor V
21.2 Brandlastberechnung
21.2.2
713
Bauliche Brandlast
Die bauliche unterscheidet sich von der technologischen Brandlast durch eine Nichtschichtung bei Bauteilen (keine Lagermenge) und eine Wand-, Fußboden- und Deckenverteilung der glutbildenden und brennbaren Baustoffe. In die Brandlastberechnung eines Bauwerkes werden die Baukonstruktion als Tragkonstruktion, die Umhüllungskonstruktion und die wand-, fußboden- und deckenangeordneten Gebäudeausrüstungen einbezogen, Gl. (21.3), ↑ Fabrikgebäude. QB,B =
e
(H0 · m)i
MJ
(21.3.1)
MJ/m2
(21.3.2)
i=1 e
qB,B =
(H0 · m)i
i=1
AR
Die Stoffbrandklassen b werden in • feste, glutbildende Stoffe (Fenster, Türen, Tore, Holzdecken, Dachdeckung, Wände), • flüssige Stoffe (Rohrleitungs- und Behälterfüllmengen, Bereitstellmengen), • gasförmige Stoffe (Rohrleitungs- und Behälterfüllmengen, Bereitstellmengen), • brennbare Metalle (finden kaum noch Verwendung). eingeteilt (DIN EN 2).
21.2.3
Sonstige Brandlast
Eine Brandlast durch Sonstiges entsteht durch Abweichungen von den technologischen und baulichen Brandlasten. Abweichungen können sein: • Brandlast durch Unordnung und nicht genehmigte Lagerungen, Abstellungen, • Brandlast durch Bauarbeiten (Baumaterial, Bauwerksrüstung) oder • Betankungen und Entsorgungen zur Zeit tx. Die Berechnung erfolgt nach Gl. (21.2) und (21.3).
21.2.4
Fabrikgesamtbrandlast
Eine Fabrikgesamtbrandlast, die einen Gesamtbauwerksgrundflächen- und einen Fabrikstandortflächenbezug hat, dient mehreren Bewertungen:
714
21 Brandschutzsystem
• Bewertungswert der Fabrik durch Feuerwehr und Versicherung, • Brandbekämpfungswert (Reihenfolgebestimmung), • Katastropheneinschätzungswert (staatliche Organe). Brennen in einer Fabrik zur gleichen Zeit (Feuerlegung, Explosionsketten) alle Fabrikstätten j als extremer Ausnahmefall, ist dies einer Brandkatastrophe gleichzusetzen. • Fabrikgesamtbrandlast QB,F ( j – Laufindex für Fabrikstätten) QB,F =
m
(QB,T + QB,B + QB,So ) j
MJ
(21.4)
j=1
• Mittlere flächenbezogene Fabrikbrandlast qB,F,m 1. Fabrikstätte m
qB,F,m1 =
QB,F j
j=1 m
MJ/m2
(21.5.1)
MJ/m2
(21.5.2)
AR j
j=1
2. Gesamtfabrik m
qB,F,m2 =
21.3
QB,Fj
j=1
AStandort
Baulicher Brandschutz
Der bauliche Brandschutz konzentriert sich auf alle Fabrikbauwerke und deren Bauwerksteile, die unterirdisch (Keller, Kanäle), ebenerdig (Straßen, Wege, Plätze) und überirdisch (Hochbau) ausgeführt werden. Hauptziel ist das Erreichen einer Bauwerksstandhaftigkeit durch Feuer- und Brandübergriffsvermeidung sowie eines Werteschutzes für Fabriksysteme, Personen, Umwelt und Natur (Ökologie). Der bauliche Brandschutz unterliegt unter Berücksichtigung der Gesamtbrandlasten den ↑ Genehmigungsverfahren.
21.3.1
Brand-, Baustoff- und Feuerwiderstandsklassen
Hier ist eine Kenntnisnahme der jeweils neuen, sich ändernden Normen (DIN EN, EN) wichtig.
21.3 Baulicher Brandschutz
715
• Brandklasse: Gruppierung der Stoffbrennbarkeit A: B: C: D:
Feste, glutbildende Stoffe, hauptsächlich organischer Art (Holz, Papier) Flüssige und flüssig werdende Stoffe (Öle, Fette, Wachse, Farben, Kraftstoffe, …) Gase, gasförmige und gasende Stoffe, auch unter Druck Metalle mit Brennbarkeitsneigung
• Baustoffklasse: (Unklare) Gruppierung der Baustoffe nach der Brennbarkeitsneigung Klasse A: Klasse B: Klasse C: Klasse D+E: Klasse F:
Kein Brandbeitrag Sehr begrenzter Brandbeitrag (Wärme, Flamme, Rauch) Begrenzter Brandbeitrag Brandbeitrag Keine Leistung
• Feuerwiderstandsklasse (FWKL): Gruppierung der Bauwerksteile nach der Feuerhemmung durch die Feuerwiderstandsdauer, Abb. 21.2. Feuerwiderstandsdauer: ≥ 15’ 30’ 60’ 90’ 120’ 180’ ≤ 240’
(F 0) (F 30) (F 60) (F 90) (F 120) (F 180) (F 240)
⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒
Minimalwert bei Löschbeginn feuerhemmende Bauwerksteile hoch feuerhemmende Bauwerksteile feuerbeständige Bauwerksteile hoch feuerbeständige Bauwerksteile feuerfeste Bauwerksteile hoch feuerfeste Bauwerksteile
Abb. 21.2 Feuerwiderstandsermittlung von Bauwerksteilen (Einheits-Temperaturkurve)
Die Feuerwiderstandsklasse wird durch Prüforgane erteilt und ist im Bauwerksteil einzutragen (Prägen, Einschlagen). Eine Einteilung der Fabrikbauwerke nach Brandgefahrenklassen (BGKL) ist wünschenswert. Beispiel: BGKL 300 (300 MJ/m2 Brandlast).
716
21.3.2
21 Brandschutzsystem
Brandschutzbauwerksteile
Der bauliche Brandschutz kann nur durch die Elemente des Bauwerkes oder durch brandhemmende Bauwerkszusatzteile hergestellt werden, HERBRÜGGEN et al. Brandwand: Bauwerksraumbegrenzungswand, die bei einer (Feuer-) Brandeinwirkung von mindestens 90 min statisch als Bauwerk fest erhalten bleiben, eine Mindestwandstärke von s ≥ 300 mm aufweisen und mindestens h ≥ 300 mm über das Bauwerksdach ragen muss, Abb. 21.3. Die Wandöffnungen (Tür, Tor, Durchführungen) müssen die gleiche Feuerwiderstandsklasse wie die Baustoffe der Brandwand (Mauer) haben. Es wird dann von Brandtür, Brandtor, Brandklappe als Brandschutzabschluss gesprochen.
Abb. 21.3 Brandwand (2 Varianten) und Brandabschnitt
Brandabschnitt: Durch Brandwände räumlich abgegrenzter Bauwerksbereich, der wegen erhöhter Brandlast des Rauminhaltes (technologische Brandlast) oder durch äußere Brandeinflüsse für den Brandschutz erforderlich ist. Für die Fabrik führen Brandabschnitte zur räumlichen Trennung von Lager- und Fertigungssystemen oder von Produktion und Verwaltung. Brandabschnitte haben im Allgemeinen eine Flächenbegrenzung von A ≤ 1.600 m2 bei einer Gebäudeseitenlänge von SL ≤ 40 m oder SB ≤ 40 m. Brandabschnitte für die Produktion in der Fabrik weichen hiervon ab. Brandabschnitte sind für den Fabrikfluss sehr hinderlich. Ihre Anzahl sollte durch Brandlastkonzentration und Einzelbebauung (bei sehr hoher Brandlast) klein gehalten werden. Brandschutzabschluss: Selbstschließende Bauwerksteile (Türen, Tore, Luken, Fenster, Klappen, Schleusen), die im geschlossenen Zustand den Durchtritt von Bränden (Wärme, Flammen, Rauch) über eine bestimmte (festgelegte) Feuerwiderstandszeit verhindern. Auch Feuerschutzabschluss genannt. Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA): Technische Elemente, die bei einem Brand die Rauch- und Wärmeführung übernehmen, im Dachbereich angeordnet werden und eine Brandausbreitung (Schwelung, Rauchung, Verrußung) im gesamten Raum verhindern, Abb. 21.4. RWA werden sinnvoll mit Oberlichten und Raumluft-Abluftöffnungen kombiniert.
21.3 Baulicher Brandschutz
717
Abb. 21.4 Wirkungsweise der Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (HWR – Hauptwindrichtung)
Rettungswege: Dimensionierte und gekennzeichnete Flucht- und Bergungswege sowie Stauflächen, die Personen einen schnellen, gefahrlosen und behinderungsfreien Abtransport (Gehen, Laufen, Fahren) bei Brand gewähren, Abb. 21.5. Hierzu gehören eine Begrenzung der Laufweglänge (≤150 m), Fluchttüren (nach außen öffnend) und Sammelplätze (Anwesenheitskontrolle). Baurechtlich ist mindestens ein Rettungsweg vorgeschrieben, mehrere sind sinnvoll. Besonders zu projektieren sind Rettungstreppen (Flucht-Nottreppe) oder Notleitern. Beim Rettungsweg gehen die Treppen mit doppelter Länge in die Berechnung ein.
Abb. 21.5 Beispiel für die Ermittlung einer Rettungsweglänge s
Sicherheitstreppenraum: Rettungsraum für Personen im Treppenbereich von Mehrgeschossbauten, die den Eintritt von Brandwärme, Flammen und Rauche verhindern Feuerwehrwege: Hierzu gehören Feuerwehrzufahrten, Brandbekämpfungsstellen, Brandangriffswege und Bergungsflächen sowie im Bedarfsfall Feuerwehraufzüge Flammschutzmittel: Schutzmittel, die das Entflammen fester brennbarer Bauwerksteile erschweren Brandschutzbeschichtung: Beschichtungsmittel zur Verlängerung der Feuerwiderstandsdauer von Bauwerksteilen
718
21 Brandschutzsystem
Brandschutzverkleidung: Brandschützende Bauwerksteile, die brennbare oder brandbeeinflussende Bauwerksteile schützen. Einsatz für Holz- und Stahlkonstruktionen, Rohre, Kabelkapselsysteme usw.
21.4
Branderkennungs-, Brandwarn- und Brandmeldesysteme
Das Erkennen, Warnen und Melden von Brandentstehungen und Bränden ist eine Aufgabe der technischen und organisatorischen Brandschutzplanung, Brandschutzkonzipierung und Brandschutzsystemprojektierung. Geplant, konzipiert und projektiert wird der neueste Stand der Technik unter Beachtung der Funktionssicherheit im Brandfall. Abbildung 21.6 enthält die Grundlagen als Beispiel.
Abb. 21.6 Informationsflussschema eines automatisierten Brandalarmierungssystems
21.5 Brandlöschsysteme
719
Das Erfassen eines Brandes kann durch die Brandkomponenten Rauch → Rauchmelder, Flamme → Feuermelder, Wärme → Brandwärmemelder realisiert werden. Kombinierte Lösungen erhöhen den Funktionssicherheitsfaktor.
21.5
Brandlöschsysteme
Brandlöschsysteme sind nach den Brandklassen A, B, C, D (Abschnitt 21.3) und den Brandkomponenten Rauch, Flamme, Wärme als Kombinationslösungen auszulegen und von einem zugelassenen Spezialprojektanten zu projektieren, so dass hier nur eine Übersicht gegeben werden kann.
21.5.1
Feuerlöschgeräte
Feuerlöschgeräte (Handfeuerlöscher, Feuerlöschkarren) sind nichtstationäre, tragbare oder bewegliche, an gekennzeichneter Stelle angeordnete und für die operative Brandbekämpfung von Personen schnell ergreifbare Geräte. Sie werden nach Maßgabe („mehr ist besser als weniger“) für alle Personen sichtbar und mit Abstand (≤100 m) an den Bauwerkswänden entnehmbar angebracht, Tabelle 21.4. Die Feuerlöschgeräteart muss der Brandklasse entsprechen. Tabelle 21.4 Feuerlöschgeräteausstattung und Feuerlöschgerätearten (Orientierung)
720
21 Brandschutzsystem
21.5.2
Feuerlöschanlagen
Feuerlöschanlagen (bzw. -systeme) können mobil, stationär und systemintegriert (Lager), für ein System, für einen Raum oder mehrere Räume ausgelegt werden. Es werden unterschieden: • Sprinkler-Feuerlöschanlagen: Flächenbrandlöschung mit Wasser als Nasssystem, Abb. 21.7 • Sprühfeuerlöschanlage: Nasssysteme (⇒ dauerhafte Befüllung) oder Trockensystembefüllung mit Druckluft im saisonalen Ruhestand) Eignungsbegrenzung: Nichteignung:
Geeignet für Brandklasse A, Brandausbreitung von ≥ 2 m/min, Palettenlager, Holzlager, Papierlager. Brandklassen B, C, D, Chemische Stoff-WasserReaktionen, Chemikalien.
• Luftschaum-Feuerlöschanlage: Leicht-, Mittel- und Schwerschaum, Verschäumungsgrad und -zeit beachten, Tanklager, Lager mit hoher Brandlast. • Halon-Feuerlöschanlage: Elektrische Anlagen, Motoren, Trafo, E-Schaltanlagen, Halon als elektrischer Nichtleiter, niedriger Gefrierpunkt (>−30°C …). Nichteignung:
Geruch, halogenisierter Kohlenwasserstoff (Ökologie)
• Kohlendioxid-Feuerlöschanlage: Textilverarbeitung, Generatoren, Motoren, Obst und Gemüse. Nichteignung:
Chemikalien
Abb. 21.7 Grundprinzip einer Sprüh- (oder Sprinkler-) Feuerlöschanlage
Literatur
21.6
721
Gesamtfabrikliche Löschversorgungssysteme
Die Gesamtfabrik erfordert eine standortgebundene Feuerlöschsystemprojektierung mit folgenden Schwerpunktsetzungen (in Abstimmung mit der Feuerwehr): • Löschwasser- und Löschmittelspeichermenge Zisternen, Regenwasserrückhaltebecken, Hochbehälter, stehende oder fließende Gewässer, Löschmittelbehälter, Löschmittellager. • Löschwasser- und Löschmittelversorgungssysteme Löschwasserpumpen(-blöcke), Hydranten, Löschwasserleitungen, Spezialfahrzeuge für Löschwasser und Löschmittel. • Brandbekämpfungstechnik Leitern (mobil, stationär mit Löschwasserleitung), Leiterfahrzeuge, Brandbekämpfungsfahrzeuge, Löschtafeln (Spaten, Hacke, Klatsche, Sand, …), Schlauchsysteme. • Schutz- und Sammelbereiche für Personen Schutzräume, Sammelstellen, Personenschutzausrüstungen, Medizinische Versorgungs- und Betreuungsstellen, Notruf, Fluchtwege, Rettungswege. • Brandbekämpfungstragsysteme Fluchtleitern, Brandbekämpfungsleitern, Zufahrten, Brandangriffsflächen, Standhaftigkeitssysteme (Trümmerlast). • Brandbekämpfungsordnung
• Brandschutzsysteme erfordern ein ↑ Genehmigungsverfahren und eine Abstimmung mit der Feuerwehr, dem Schornsteinfeger und mit den Bergungsdiensten. • Ohne brandschutztechnische Erfahrungen sollte ein Projektant kein Brandschutzsystem projektieren. Der Aufwand, die Haftung und Schäden stehen in einer Ungleichverhältnismäßigkeit zum Projektierungsauftrag. • Rohrleitungsgeführte Löschsysteme werden wie Versorgungssysteme mit ↑ Rohrleitungssystemen projektiert. • Die gesamtfabriklichen Brandschutzsysteme (Löschleitungen, Hydranten, Zisternen, Becken usw.) werden sinnvoll in den Standortrandzonen angeordnet, um die Fabrikerweiterungen oder -umgestaltungen sowie die Brandbekämpfung nicht zu behindern.
Literatur HERBRÜGGEN T, HAHN G et al (2004) Die neue Arbeitsstättenverordnung 2004 – Praktische Maßnahmen zur sofortigen Einhaltung der neuen Schutzziele. Mering, FORUM Verlag Herkert
22
Druckluftversorgungssystem
Druckluftversorgungssystem: Fabrikenergieflusssystem mit eigener Erzeugung, Bereitstellung und Verteilung von verdichteter atmosphärischer Luft im Gebrauchszustand (Druckluft) als arbeitsfähige Energie für Fabrikabnehmer.
22.1
Probleme und Bedarfsgruppen
Druckluft (nicht Pressluft) als arbeitsfähige Betriebsenergie hat Vorteile und auch Nachteile, woraus sich Überlegungen zur Einführung ergeben. Nachteile sind: • sehr hoher Energiebedarf für die Erzeugung, Auf bereitung und Verteilung, • geringe energetische Wirkungs- und Nutzungsgrade von ≈ 0,029 … 0,1 (gemessen von der Primärenergiequelle (Lagerstätte) bis zur Wirkarbeit beim Abnehmer), • hohe Druckverluste bei langen Versorgungsleitungen und geringe Wärmenutzung (Erzeuger), • hoher Lärmschallpegel am Verdichter und Druckluftwerkzeug. Druckluft hat als Antriebsenergie auch Vorteile: • keine Explosions- und Brandgefahr beim Drucklufteinsatz, • Möglichkeit der zentralen und dezentralen Erzeugung und Verteilung, • Möglichkeit der Drucklufterzeugung ohne elektrischen Strom (mit Otto- oder Diesel-Motor), • breit gefächerte technologische und materialflusstechnische Anwendungsgebiete, Tabelle 22.1. Die Entscheidungen für oder gegen den Drucklufteinsatz sind für den speziellen Fabrikfall individuell aus den Vor- und Nachteilen der Anwendungsgebiete abzuleiten.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_22, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
723
724
22 Druckluftversorgungssystem
Tabelle 22.1 Anwendungsgebiete für Druckluft
22.2
Grundlagen der Drucklufttechnik
Die Drucklufttechnik ist ein Teilgebiet der Fluidtechnik und basiert auf den Grundlagen der physikalischen Gasgesetze. Die in Tabelle 22.2 enthaltenen Grundlagen sind die notwendige Voraussetzung für eine Verständigung zwischen Projektant, Betreiber und Hersteller.
22.3
Druckluftprogramm
Das Druckluftprogramm der Fabrik setzt sich aus den Einzelprogrammen der Fabriksysteme oder der Fabrikstätten zusammen, Abb. 22.1. Dadurch werden Entscheidungen u. a. über fabrikzentrale, fabriksystemzentrale oder verbraucherdezentrale Ausführungen objektiver und unter energetischen Aspekten ermöglicht. Bedarfseinzelwerte Die Bedarfseinzelwerte sind Verbrauchswerte (Tabelle 22.1), sie können in relativ genauer Angabe nur vom Hersteller bereitgestellt werden. Hierzu gehören: Betriebsdruck pB i, der Volumendurchsatz V˙ i oder V˙ Vi und die Druckluftqualität. Die Entnahmewerte sind den Produkttechnologien zu entnehmen oder vom Projektanten zu ermitteln. Die Hersteller von Verdichtern, die im Regelfall als Spezialprojektant wirken, liefern gleichfalls Einzelwerte. Eine grobe Übersicht enthält Tabelle 22.3. Bedarfsgesamtwerte Die Bedarfsgesamtwerte beziehen sich auf den Verdichter. Sie werden unter Einbeziehung der Verbraucher (Abnehmer), Berücksichtigung der ↑ Gleichzeitigkeit,
22.3 Druckluftprogramm
725
Tabelle 22.2 Physikalische Grundlagen und Begriffsinhalte (von KAESER 2004)
der technischen Nutzung ( N, T) der Druckluft beim Verbraucher j und des günstigen Betriebsdrucks pB nach Gl. (22.1) und (22.2) berechnet. • Druck : pD (Verdichtung) = (pB + pRohr + pAufbereitung ) · (1 + fSi )
MPa
(22.1)
726
22 Druckluftversorgungssystem
Abb. 22.1 Erfassung, Gruppierung und Aufbereitung des Druckluftprogramms
Die Rohrleitungsdruckverluste ΔpRohr sind im Rahmen der ↑ RohrleitungssystemBerechnung zu ermitteln (Regel: Δp ≤ 0,1 MPa/100 m Rohrleitung, Δ pAuf bereitung ≤ 0,1 MPa) und zusätzlich Verluste durch Verdichteralterung) zu berücksichtigen. Der Sicherheitszuschlag fSi dient dem Ausgleich stochastischer Einflüsse ( fSi ≤ 0,15). • Volumendurchsatz : V˙ Verdichter =
m ηG V˙ · (1 + fSi + fE ) ηZ (1 − ηV ,Ü ) j=1 ηN ,T j
m3/h
(22.2)
22.3 Druckluftprogramm
727
Tabelle 22.3 Bedarfseinzelwerte ausgewählter Bedarfsgruppen (i. A. KAESER 2004, WIECZOREK 1991)
728
22 Druckluftversorgungssystem
Der technische (energetische) Nutzungsgrad N, T (0,9 ≤ N, T ≤ 0,98) kann schon bei der Verbraucherangabe berücksichtigt worden sein. G ist der Grad der ↑ Gleichzeitigkeit, der zu berechnen oder zu schätzen ist (0,15 ≤ G ≤ 0,60). Der Grad der Übertragungsverluste V, Ü ist bei Druckluftleitungssystemen älteren Datums besonders hoch (0,05 ≤ V, Ü ≤ 0,30) und ist zum Zeitpunkt tx (Inbetriebnahmezeitpunkt t0 + (5 … 10 a)) zu ermitteln. Die Systemerweiterung wird mit dem Erweiterungsfaktor fE berücksichtigt. Es sind folgende Fälle zu beachten: • Fall 1: • Fall 2:
Erweiterung des Fabriksystems bzw. der Fabrikstätte, Erweiterung des Erzeugersystems.
Mit der zeitlichen Auslastung Z wird das zeitliche Betriebsverhalten des Verdichters berücksichtigt (0,85 ≤ Z ≤ 1,0). Hier ist die zeitliche Begrenzung durch die Einschaltdauer (Schraubenkompressoren ED → 1,0; Kolbenkompressoren ED = 0,7) zusätzlich zu berücksichtigen.
22.4
Grundaufbau von Druckluftversorgungssystemen
Druckluftsysteme sind im Sinne der Produktionsdefinition • Systeme der Produktion mit dem verkaufbaren Produkt Druckluft, • infrastrukturelle Fabriksysteme der Versorgung mit Druckluft als Versorgungsprodukt. Aus dieser Sicht sind sie, beginnend mit dem Verteilungssystem, zu projektieren, zu errichten und zu betreiben, Abb. 22.2.
Abb. 22.2 Systemschema eines Druckluftversorgungssystems (Grundaufbau)
22.4 Grundaufbau von Druckluftversorgungssystemen
22.4.1
729
Druckluftverteilungssystem
Das Druckluftverteilungssystem ist ein ↑ Rohrleitungssystem und wird als solches entsprechend des Druckluftprogramms, Abschnitt 22.3, projektiert. Neben der Versorgungssicherheit, dem Druckverlustnachweis und den Verbraucheranbindungen ist die Rohrwerkstoffqualität von Bedeutung, Tabelle 22.4. Tabelle 22.4 Rohrqualitätskriterien für Druckluftleitungen (i. A. KAESER 2004)
22.4.2
Erzeugungssystem
Bei der Auslegung sind die Gl. (22.1), (22.2) und (22.3) sowie die beeinflussenden Faktoren nach Abb. 22.3 zu berücksichtigen. Das Drucklufterzeugungssystem entspricht einem ↑ Arbeitssystem (Wirksystem ist der Verdichter). 1. Verdichteranzahl zBM, V für den Druckzustand k (→ maximales Fördervolumen/h) zBM ,V k =
V˙ (erforderlich) ≥ 1 (ganzzahlig) V˙ (Verdichter)
Verdichteranzahl
(22.3)
730
22 Druckluftversorgungssystem
Abb. 22.3 Einflüsse auf die Dimensionierung des Drucklufterzeugungssystems. a Ein-Verdichter-System. b Mehr-Verdichter-System
2. Varianten zur Ermittlung der Verdichteranzahl Beispiel mit einer errechneten Anzahl von zBM, V = 2,3 Verdichter: Fall 1: Gewählt werden 3 Verdichter gleicher Bauart (V˙ pB ) V˙ (erforderlich) zBM err = • Zeitliche Auslastung ηZ = zBM gew zBM ,gew · V˙ (Verdichter) = 0, 77 → 77 % • Vorhandene Reserve ηR = 1 − ηz = 0, 23 → 23 % • Entwicklungsfaktor fE ≡ ηR = 0, 23 (23% Erweiterbarkeit der Nutzung)
Fall 2:
Gewählt werden 2 Verdichter gleicher Bauart und 1 Verdichter anderer Bauart • Zeitliche Auslastung ηZ =
Fall 3:
ηZ > 0, 77 V˙ (erforderlich) zBM1 · V˙ BM1 + zBM2 · V˙ BM2 ηZ < 0, 77
Gewählt werden 2 Verdichter gleicher Bauart mit größerem Durchsatz (V˙ BM ) • Zeitliche Auslastung • Vorhandene zeitliche Reserve • Entwicklungsfaktor
Z → 1 R → 0,15 anstreben fE → 0,15 … 0,25 anstreben (Druck, Volumen).
22.4 Grundaufbau von Druckluftversorgungssystemen
Entscheidung:
731
1. Zwei Verdichter gleicher Bauart mit größerem Durchsatz zum Realisierungszeitpunkt tp1. 2. Mitprojektierung weiterer Verdichter in Abhängigkeit der Entwicklung zu den Realisierungszeitpunkten tp2, tp3, …, Abb. 22.4 3. Einsatz eines Druckluftspeichers für die stochastischen Anforderungen und Berücksichtigung eines weiteren Verdichters als kalte Redundanz.
Abb. 22.4 Modell zur Darstellung der Auswirkungen der Erzeugersystemveränderung durch Erweiterung und Verluste
22.4.3 Aufbereitungssystem Die Druckluftaufbereitung dient der Herstellung einer geforderten Druckluftqualität und enthält die folgenden Hauptaufgaben: • Druckluftentstaubung (Grobentstaubung vor dem Verdichter, Feinentstaubung vor dem Verbraucher), • Druckluftspeicherung, • Druckluftentölung oder (als Ausnahme) Druckluftbeölung (Sprühen, Werkzeuge), • Druckluftentfeuchtung mit Kondensat-, Ölabscheidung und -ableitung, • Druckluftkühlung und Wärmenutzung, • Ver- und Entsorgung des Aufbereitungssystems (Energieflüsse, Betriebsstofff lüsse).
732
22 Druckluftversorgungssystem
Abbildung 22.5 enthält den Grundaufbau für das Aufbereitungssystem (ohne Verdichterkühlung, Abwärmenutzung, Entfeuchtungsmitteltrocknung, Ver- und Entsorgung) in zwei Grundvarianten. Am häufigsten bevorzugt wird die Trockneranordnung nach dem Druckluftspeicher.
Abb. 22.5 Grundvarianten des Druckluftaufbereitungssystems. a Druckluftspeicher in stehender Ausführung vor dem Trockner (Aufrissschema). b Grundrissschema. c Druckluftspeicher in liegender Ausführung nach dem Trockner (Aufrissschema)
Druckluftspeicherung Die Druckluftspeicherung ist eine Ausgleichsspeicherung zwischen den Verbrauchern und den Verdichtern mit den Zielen: • Druckluftverteilungsgleichmäßigkeit (stoßfreier Druckluftstrom beim Verbraucher), • Druckluftbereitstellung ohne Verdichterlauf (Pufferung) für eine bestimmte Ausgleichszeit, • Druckluftaufnahme ohne oder mit geringer Verbrauchsabnahme für eine bestimmte Ausgleichszeit. Die Projektierungsvorschriften zur Ermittlung der ↑ Speicherbedarfsmenge und zur ↑ Speicherdimensionierung sind in Abb. 22.6 enthalten. Grundvarianten der Druckluftspeicherung sind: 1. Ohne Druckluftspeicher (mobile Systeme) 2. Im Aufbereitungssystem (kleine bis mittlere Druckluftversorgungssysteme)
22.4 Grundaufbau von Druckluftversorgungssystemen
733
Abb. 22.6 Ermittlungsgrundlagen für den Speicherbedarf (i. A. WIECZOREK 1991)
3. Im Rohrleitungssystem (Rohr als Druckluftspeicher bei der Dimensionierung beachten) 4. Im Verteilungssystem (Anbindungen an das Versorgungssystem) 5. Beim Einzelverbraucher (zur Bedarfsdeckung bei kurzfristig großem Volumenstrom) 6. Kombinationen aus 2. bis 5. (z. B. 2. und 4. oder 2. und 5.). Druckluftspeicher Druckluftspeicher sind Druckluftbehälter, die in Verbindung mit dem ↑ Rohrleitungssystem den Forderungen der Druckbehälterverordnung (Druckenergieinhalt = pB · V˙ B ) unterliegen und entsprechend der ↑ Speicherdimensionierung mit Berechnungsnachweisen auszulegen sind: • • • • •
Druckbehälterbauart (liegend, stehend, Einbauten, …; Druckbehältergruppe, …), Wandstärke s in mm ( s = serr + sZu; sZu > 1 mm für Korrosion, …), Schweißung (Schüsse, Flansche, Stutzen, Ausbauten; Mannloch, …), Mannloch bei großen Behältern (Inspektion, Reinigung; Leiter, Einstieg), Anbauten: Rohrstutzen, Druckanzeige (Manometer), Sicherheitsventil, Überdruckentlastung, Kondensaterfassung und -ablauf, Aufstellelemente, Kennzeichnungen.
Die der Berechnung zugrunde gelegte Druckgröße ( p) muss mindestens dem Prüfdruck ( pp ≈ (1,5 … 2,0) ⋅ pB) entsprechen ( p ≥ pp ⋅ 1,15).
734
22 Druckluftversorgungssystem
Druckluftqualität Die Druckluftqualität ist sowohl von der vom Verbraucher geforderten Qualität (z. B. hat ein Patient im Krankenhaus deutlich höhere Qualitätsforderungen als ein Druckluftwerkzeug in der Fabrik) als auch von der Qualität der angesaugten atmosphärischen Luft (Aerosol) abhängig. Die Klassifizierung der Druckluftqualität kann • allgemein (ölfrei, entölt; wasserfrei, entfeuchtet; staubfrei, entstaubt) oder • fachlich nach ISO 8573.1 (Druckluft für den allgemeinen Gebrauch – Verunreinigungen und Qualitätsklassen) erfolgen, Tabelle 22.5. Die Druckluftqualitätsklasse bestimmt die Verdichterbauart (ölfrei, ölbehaftet) und die Filter-Abscheiderkombinationen im Aufbereitungssystem oder beim Verbraucher, Abb. 22.7 und 22.8. Tabelle 22.5 Druckluftqualitätsklassen (nach ISO 8573.1)
Aus der Abb. 22.8 wird ersichtlich, dass die Aufbereitung der Druckluft zur Erreichung einer Druckluftqualität nur den Anforderungen der Verbraucher entsprechen sollte, da sonst die Energieinanspruchnahme und die Druckverluste durch Einbauten (Filter, Abscheider) überproportional hoch sind, d. h., die Auslegung ist nur so gut wie nötig auszuführen. Ein Prüfen der Anordnung der Fein- und Feinstaufbereitung beim Einzelverbraucher ist erforderlich. Druckluftkühlung und Wärmenutzung Die bei der Druckerhöhung durch den Verdichter entstehende Wärmeenergiemenge durch Temperaturerhöhung (30°C ≤ T ≤ 80°C) wird im Regelfall für die Druckluftverbraucher nicht benötigt, so dass eine Wärmeenergienutzung für andere Verbraucher möglich wird. Durch den nicht kontinuierlichen Anfall bleibt die Wärmeenergienutzung auf die Wassererwärmung (Sanitärzwecke, Heizzwecke im Winter) noch begrenzt, Abb. 22.9.
22.5
Drucklufterzeugungsstätte
Das Drucklufterzeugungssystem erfordert eine Fabrikstätte, um stationär wirken zu können. Sie wird auch als Druckluftstation (Station ≡ Haltestelle) bezeichnet. Von einer technologischen Fabrikwirkungsstätte unterscheidet sie sich
22.5 Drucklufterzeugungsstätte
735
Abb. 22.7 Ermittlung der Kondensatmenge (Diagramm und Beispiel von KAESER 2004)
• nicht, wenn das Produkt verkaufsfähig ist (Druckluftflaschen), • durch das angebundene Verteilungssystem bei der Fabrikversorgung. In die Druckluftwirkungsstätte werden deshalb das Drucklufterzeugungssystem und das zentrale Druckluftaufbereitungssystem mit den Anschlüssen für das Druckluftverteilungssystem einbezogen, räumlich projektiert und ergonomisch im Layout angeordnet. Abbildung 22.10 enthält Beispiele. Projektierungshauptaufgaben Für die Fabrikstätte Druckluft sind folgende wesentliche Projektierungen durchzuführen: • fabrikliche Einordnung (Systemzuordnung, Einbindung der Wärmerückgewinnung), • Systemver- und Systementsorgung (Energiezufuhr, Energieabfuhr, Elektrik; Betriebsstoffe: Öle, Fette, Wasser, Trockenmittel, …, ↑ Lichtversorgung, Raumluftversorgung/-entsorgung), • Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (Potentialänderung),
736
22 Druckluftversorgungssystem
Abb. 22.8 Druckluftaufbereitung durch Entfeuchtung, Entölung und Entstaubung (Übersicht)
Abb. 22.9 Überschlägliche Energieersparnis durch Wärmeenergienutzung bei der Drucklufterzeugung (ohne Wirkungsgradbeachtung)
22.5 Drucklufterzeugungsstätte
737
Abb. 22.10 3D-Systemmodelle und Systemlayout von Druckluftstätten (von KAESER 2004)
738
22 Druckluftversorgungssystem
• • • •
Systembetrieb (BDE, Betreibungseinbindung, Fernsteuerung, …), Besonderheit: Lärmdämmung, Systemflächen-, Raumhöhen-, Raumöffnungs-, Raumgrößenermittlung, Räumliche Systemprojektierung (Elementeanordnung im Raum, Systemlayout), • Elementeaufstellung (↑ Maschinenaufstellung), • Schutzgüte (Lärm-, Umweltverträglichkeits-, Versorgungs-, Entwicklungs-, Instandhaltungsmöglichkeits-, Bedienungsnachweis), • Ausführungserklärung.
• Druckluftversorgungssysteme gelten als „klassische“ Beispiele für die Fabriksystemprojektierung der Versorgung. • Versorgungssysteme enthalten Erzeugungs-, Aufbereitungs- und Verteilungssysteme. Die Projektierungsrichtung ist: Verbraucher → Verteilungssystem → Aufbereitungssystem → Erzeugungssystem → Anschlussstellen • Das Projektierungsprogramm ergibt sich aus den Verbraucheranforderungen. Die Erzeuger- und Aufbereitungssysteme enthalten Wirksysteme und sind wie Arbeitssysteme zu projektieren. • Der Hauptaspekt der Druckluftversorgungsprojektierung muss der ganzheitliche Energieaspekt sein, der vom Umweltaspekt (Lärm, Aerosole) beeinflusst wird. • Das Gesamtrohrleitungssystem unterliegt nach praktischen Erfahrungen den Mindestbedingungen nach Abb. 22.11, d. h., Mindestrohrleitungsdurchmesser, mindestens flexible Anschlussrohre (Druckschläuche) am Verdichter zur Vermeidung der Schwingungsübertragung, Mindestneigung des Rohrleitungssystems zu den Entwässerungsstellen und Begrenzung der Länge der Versorgungsanschlussleitung.
Abb. 22.11 Mindestanforderungen an ein Druckluftversorgungssystem
Literatur
739
• Druckluftversorgungssysteme werden für den automatischen Betrieb projektiert und nach festgelegten Wartungs- und Inspektionsplänen betrieben. Der automatisierte Betrieb ist durch den Betriebsdruck ( pB) und die Regelung des Verbraucherdrucks ( pV) gekennzeichnet. Ähnliches gilt für die verteilte Druckluftaufbereitung (Grundaufbereitung im Aufbereitungssystem und Feinstaufbereitung beim Verbraucher, Abb. 22.8) bei unterschiedlichen Verbraucheranforderungen. • Druckluft- und Umgebungstemperaturen sowie abweichende Betriebsdrücke erfordern Projektierungskorrekturen für die Trockner (KAESER 2004), Abb. 22.12.
Abb. 22.12 Beispiel für die Korrekturberechnung von Druckluftsystemen (nach KAESER 2004)
Literatur KAESER (2004) Das KAESER – Druckluft-Seminar 0.1; Projektierungskatalog. KAESER, Coburg WIECZOREK J (1991) Die wirtschaftliche Druckluft Station – Planung und Installation. Resch KG, Graefelfing
23
Durchsatz
Durchsatz: Mit Bewegungen verbundene Gegenstandsmenge je Zeiteinheit einer Bezugseinheit (Flusssystem, Wirksystem, …), wobei die Bezugseinheit die Spezifik (Flusssystem-, Wirksystem-, …, Fabriksystemdurchsatz) kennzeichnet.
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
BE
–
C D
ME/Sy ME/ZE
dAG, TE
Arbeitsgegenstände/TE Personen/BE Förderungen/ TE · BE kg/BE – h/Person · BZ ZE/ · Ag · TE ZE/Ag ⋅ Produkt h/BE h/BE Stück, BE ME/BE Fö/h · TE TE/BE ME/ZE
Bezugseinheit (Produkt, Betriebsmittel, Arbeitssystem, Flusssystem, Fabriksystem, Wirksystem, Fabrik, Relation, Weg) Aufwandskonstante Durchsatz (E – im Systemeingang, A – im Systemausgang, Fö – des Fördermittels, Sy – eines Systems, 10 – des BM für den Vorgang 10, h – einer Stunde, AS – eines Arbeitssystems) Transporteinheitsmenge im Durchlauf
dAK fFö m n PZF teff, TE tG tM tP x y zFö,h zsp ΔD
↑ Arbeitsdichte eines Arbeitssystems Förderfaktor Masse Anlaufexponent Verfügbarer Personal- ↑ Zeitfonds Effektive Bearbeitungszeit Technologische Grundzeit Mehraufwandszeit Projektierte Aufwandszeit Menge (E – zum Anlaufende, B – zum Anlaufbeginn) Aufwandsmerkmalsausprägung (Zeit, Kosten, …) Förderungsbedarf (Bewegungen) Speicherbedarf Durchsatzdifferenz von aufeinanderfolgenden Vorgängen
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_23, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
741
742
23.1
23 Durchsatz
Bedeutung und Begriffe
Für die Fabrikprojektierung sowie für die Fabrikplanung und für den Fabrikbetrieb ist der Durchsatz eine wichtige Größe mit unterschiedlichen Verwendungen, Abb. 23.1, und unterschiedlichen Deutungen (Begriffe), Abb. 23.2. Während für die Projektierung der Durchsatz immer eine Flussmenge je Zeiteinheit und Bezug („Durchflussmenge“, Flussdurchsatz, „Strom“) ist, sind auch andere Begriffe (Produktivität, Intensität, Ausstoß, Ausbringung) noch in Gebrauch. Tabelle 23.1 enthält für die praktische Arbeit eine Übersicht zu den Durchsatzarten und äquivalenten Begriffen, die noch vom Projektanten verwendet werden.
Abb. 23.1 Bedeutung des Durchsatzes für unterschiedliche Fachgebiete
Abb. 23.2 Prozessflussschema eines Systems mit Begriffszuordnungen
23.2
Darstellungsformen des Durchsatzes
Zur Darstellung des Durchsatzes werden Flussschemata, grafische Modelle, Diagramme, Matrizen, Tafeln (oder Tabellen bei Summierungen) und Gleichungen verwendet. Die auszuwählende Darstellungsform wird vom Anwendungszweck (Berechnungsmethode, Präsentation, Kennzahl) im Projektierungsprozess bestimmt. Tabelle 23.2 enthält eine Übersicht.
23.2 Darstellungsformen des Durchsatzes Tabelle 23.1 Durchsatzarten und Durchsatzäquivalenzen
Tabelle 23.2 Durchsatzdarstellungsformen für die Fabrikprojektierung
743
744 Tabelle 23.2 (Fortsetzung)
23 Durchsatz
23.3 Durchsatzniveau
745
Tabelle 23.2 (Fortsetzung)
23.3
Durchsatzniveau
Durchsatzdifferenz ΔD eines Systems (Abb. 23.3) Dj 1 = Dj − Dj+1
oder
Dj 2 = Dj−1 − Dj
Abb. 23.3 Grafische Darstellung der Durchsatzdifferenzen
ME/ZE
(23.1.1)
746
23 Durchsatz
Durchsatzgrad ηD eines Systems (Abb. 23.4) ηD j =
Dj ≤1 D max
oder
ηD j = 1 −
D Dmax
ηj = ηD max − ηD j = 1 − ηD j (wenn ηDmax = 1 angenommen wird, Abb. 23.4)
(23.1.4) (23.1.5)
Abb. 23.4 Grafische Darstellung des Durchsatzgrades
Durchsatzniveauauswirkungen Niveauunterschiede sind besonders projektierungsrelevant. Es sind zu beachten (Abb. 23.5):
Abb. 23.5 Durchsatzniveauauswirkungen
1. Durchsatzstau bei ( j + 1), wenn ηDj < ηDj+1
bzw.
Dj < Dj+1
ist.
2. Durchsatzminderung bei ( j + 1), wenn ηDj < ηDj+1
bzw.
Dj < Dj+1
ist.
23.3 Durchsatzniveau
747
3. Durchsatzbestimmendes Element bei DSy = Dj min
oder
ηD Sy = ηDj min .
4. Speicher fordernde Elemente des Systems (Tabelle 23.3).
Tabelle 23.3 Durchsatzmodelle als Grundfälle und ihre Auswirkungen (Beispiele ohne Unterbrechungen)
Durchsatz und Mengenbestand von Speichern und Lagern Lagerungs- und ↑ Speicherungsbedarfsmengen werden unter Einbeziehung des Durchsatzes mit Durchsatzmethoden und folgenden Unterschieden berechnet: • Basis der Berechnung von Speicherungsbedarfsmengen sind die Durchsätze der Systemelemente unter Beachtung der relationsbedingten Durchsatzdifferenzen, Abb. 23.5. • Lagerungsbedarfsmengen entstehen durch die Durchsatzdifferenzen zwischen Fabriksystem ( j) und Fabriksystem ( j + 1) als Zwischenlagerung, zwischen Lieferung und Fabriksystem als Eingangslagerung (Bereitstellung) und zwischen Fabriksystem und Abnahme (Verkauf) als Ausgangslagerung. Der systembestimmende Durchsatz, Abb. 23.5, ist die Bezugsgröße der Berechnung. Abbildung 23.6 erläutert die Verhältnisse der Bestandsentwicklungen in allgemeiner Form.
748
23 Durchsatz
Abb. 23.6 Bestandsmodelle durch Durchsatzeinfluss. a Bestandsentwicklung ohne Abnahme. b Bestandsentwicklung mit Abnahme
23.4
Maßnahmen zur Erreichung einer Durchsatzausgewogenheit
Aufgabe der Projektierung ist die Erreichung einer Durchsatzausgewogenheit für das Fabriksystem. Hierdurch werden die Speicherungsmengen des Fabriksystems und die Lagerungsmengen der Gesamtfabrik sowie die zeitlichen Strukturen beeinflusst. Zielstellungen enthalten die Gl. (23.2) und die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen. Zielstellung:
teff , j ≡ teff , j+1
oder
teff , j−1 ≡ teff , j
(23.2.1)
23.5 Durchsatzermittlung bei eingelaufener Produktion
teff
1
= teff , j − teff , j+1 → 0 oder
teff
749
2
= teff , j−1 − teff , j → 0
(23.2.2) • Maßnahme 1:
Zeitliche Abstimmung durch Veränderung der technologischen Zeiten
• Verfahrensänderung: ⇒ Verfahrenstechnik, Verfahrenssubstitution, Verfahrensarbeitsfolge, Unterstützungsmittel (Vorrichtungen, Werkzeuge), • Verfahrensintegration: ⇒ Arbeitsstufenintegration (Arbeitsstufen je Arbeitsgang), Veränderung der Arbeitsganganzahl (Arbeitsganganzahl je Produkt). • Maßnahme 2:
Arbeitsorganisatorische Abstimmung durch Veränderung der Arbeitsbedingungen
⇒ ↑ Arbeitsdichte, ↑ Zeitfonds, ↑ Gleichzeitigkeit, Vorrichtungs- und Werkzeugeinsatz, Automatisierung, Schichtregime. • Maßnahme 3:
Organisatorische Abstimmung durch Veränderung der organisatorischen Prinzipien
• Ausgleichsorganisation: ⇒ Ausgleichsspeicherung, Arbeitszeitmodelländerung, Personalveränderung, • Organisationsniveau ⇒ Betreibungsstrategien, Erhaltungsstrategien, Sicherung der Verfügbarkeit.
23.5
Durchsatzermittlung bei eingelaufener Produktion
Wirksystem (Fertigung) DWS 1 =
Verfügbarer BMZF Technologische Zeit des Durchlaufgegenstandes teff ,TE
(23.3.1)
TE BZ · WS DWS 2 =
Verfügbarer PZF Technologische Zeit des Durchlaufgegenstandes teff ,TE
(23.3.2)
TE BZ · Person DWS 3 =
DWS 1 Wirksystemdurchsatz = Arbeitsdichte dAK
TE BZ · Person
(23.3.3)
Arbeitssystem Der Durchsatz von Wirksystemen ist der ursächliche Durchsatz. Durchsatz-abhängig sind die Arbeitssysteme zu betrachten.
750
23 Durchsatz
Fall 1: Fall 2:
Der Arbeitssystemdurchsatz DAS entspricht dem Wirksystemdurchsatz DWS bei einem Wirksystem im Arbeitssystem ( DWS = DAS). Der Arbeitssystemdurchsatz DAS erreicht nur die Wertgröße des Durchsatz bestimmenden Wirksystems im ↑ Arbeitssystem bei mehreren verbundenen Wirksystemen des Arbeitssystems ( DWS ≥ DAS).
Technologisches Fabriksystem DSy =
BMZF teff ,TE max
TE BZ · System
(23.4.1)
(teff ,TEmax = Durchsatz bestimmende Zeit) DSy j =
BMZFj teff ,TE j
TE BZ · Systemelement j
(23.4.2)
(DSy j = Durchsatz bestimmendes Element) Stck · Ag min
DSy,theor. j =
1 tG j
DSy,theor. j =
1 tG j · nTE
23.6
TE · Ag min
(23.4.3)
(23.4.4)
Durchsatzermittlung beim Produktionsund Systemanlauf
Unter dem Begriff Anlauf wird der Zeitraum von der materiellen Systemrealisierung (Übergabe) bis zum Erreichen des praktischen Volllastbetriebes (Systemablauf) verstanden. Neuheit, fehlende Einarbeitung und Routine führen gegenüber dem projektierten Zustand im Systemanlaufzeitraum zu • zeitlichen Mehraufwendungen ( teff, IST > teff, projektiert) und zu • Durchsatzminderungen ( DIST < Dprojektiert) Abbildung 23.7 verdeutlicht die mathematischen Verhältnisse mit grafischen Darstellungen.
• Durchsatzberechnungen sind beim Planen und Projektieren von Systemen eine unbedingt notwendige Aufgabe der Bedarfsermittlung von Betriebsmitteln, Betriebsstoffen, Betriebsenergien und Personen sowie von Aufwandsberechnungen, Abb. 23.8.
23.6 Durchsatzermittlung beim Produktions- und Systemanlauf
751
Abb. 23.7 Darstellung von Zeitmehraufwand und Durchsatzminderung beim Systemanlauf
Abb. 23.8 Versorgungs-, Entsorgungs- und Lasttermine beim Produktdurchlauf im Arbeitssystem mit Einfluss auf den Durchsatz (Beispiel)
752
23 Durchsatz
• Jede Durchsatzdifferenz von aufeinanderfolgenden Vorgängen führt zu Speicherungsbedarfen unterschiedlicher Art (Bereitstell-, Ausgleich-, Störungsspeicher) und zu einem höheren Organisationsaufwand der Systeme. • Für die Gesamtfabrik führen Durchsatzdifferenzen zwischen den Fabriksystemen (Zwischenlager), zwischen den Fabriksystemen und Zulieferungen (Eingangslager) und zwischen den Fabriksystemen und Abnehmern (Ausgangslager) zu Lagerungsbedarfsmengen (↑ Fabriklagersystem).
24
Fabrikgebäude
Fabrikgebäude: Aus Bauelementen zur Erfüllung von Fabrikaufgaben zusammengefügtes technisches Raumbauwerk mit bestimmter Funktion, Dimension, Struktur und Gestalt zur umweltschützenden und arbeitssichernden Aufnahme von Personen, ortsfesten und ortsveränderlichen Elementen und Systemen der Fabrik.
24.1
Gebäudeanforderungen
Das Fabrikgebäude muss Anforderungen erfüllen, die im Wesentlichen den Fabriksystemen und der ↑ Fabrikstandortbebauung entstammen. Dazu gehören die Gruppen • der technologischen, funktionellen und flusstechnologischen Anforderungen, • der ergonomischen, gestalterischen und ästhetischen Anforderungen, • der Anforderungen aus dem Fabrikbetrieb, dem Fabrikschutz und der Fabrikgebäudebeanspruchung. Es sind Anforderungsfunktionen und Anforderungsbedingungen zu beachten. Damit wird ausgeschlossen, dass das Fabrikgebäude die Fabriktechnologie bestimmt. Das Fabrikgebäude muss in allen Belangen die Anforderungen der projektierten Fabriktechnologie durch die Fabriksysteme und Fabrikstandortrelationen erfüllen, Abb. 24.1. Der Fabrikprojektant spricht deshalb – berechtigt – von einer baulichen Hülle, die das Fabrikbild prägt. Ausgangsbasis sind die aus der technologischen Projektierung abgeleiteten ↑ Projektierungsprogramme, Tabelle 24.1, die projektspezifisch und durch den bautechnischen Projektfortschritt zu untersetzen sind. In einfacher Form sind die Fabrikgebäude nach ihrem Funktionszweck (Produktions-, Lager-, Büro-, Sozial-, Versorgungs-, … Gebäude) zu gruppieren und in eindeutiger Form (Namen, Zahlen, Buchstaben) zu kennzeichnen. Durch die Aufnahme von Fabriksystemen bilden sie die Grundlage für die Fabrikwirkungsstätten. Über die gesamte Lebenszeit sind bei den Produktions- und Lagergebäuden Grundforderungen zu beachten:
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_24, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
753
754
24 Fabrikgebäude
Abb. 24.1 Ausgewählte Fabrikgebäudeanforderungen
Tabelle 24.1 Fabrikgebäude – Projektierungsprogramme (stark vereinfachte Angaben)
24.2 Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden
755
1. Technologie-Behinderungsfreiheit durch die Trag- und Umhüllungskonstruktion, Stereometrie, Schutz- und Tragfunktionen sowie durch die Architektur. 2. Lange Lebensdauer (40 … 65 Jahre) und hohe Nutzungsflexibilität bei geringen Aufwendungen für die Erhaltung und Gebäudenutzung (Energie, Betreibung). 3. Große stützenfreie Räume ohne feste Innenwände und die Möglichkeit, Einbauten, Erweiterungen oder Verkleinerungen vornehmen zu können. 4. ↑ Variabilität und ↑ Flexibilität von Gebäudeöffnungen (Türen, Tore, Fenster) bei guter Tageslichtnutzung und Sommer-Winter-Verhältnissen. 5. Gut dimensionierter Fußboden (Fußbodenausbildung) für die ↑ Maschinenaufstellung (Ziel: ohne gesonderte Fundamentierung), Maschinenumstellung und für die Maschinenver- und -entsorgung. 6. Ausgeprägte geringe Energiebedarfe durch Wärmedämmung (Transmissionswärme), Systemabwärmeenergienutzung, Baustoffwärmespeicherung und andere energiemindernde Faktoren. Die Anforderungen sind vom Fabrikprojektanten bei der technologischen und betreibungsgerechten Fabrikgebäudeprojektierung, vom Bauprojektanten bei der beanspruchungsgerechten Gebäudekonstruktion, vom Gebäudeausrüstungsprojektanten bei der Gebäudever- und -entsorgung und vom Architekten bei der Fabrikgebäudegestaltung im ↑ Projektierungsprogramm aufzubereiten.
24.2
Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden
Die aus technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten von der Praxis gestellten Anforderungen erfordern modularisierte Fabrikgebäude für eine universelle technologische Nutzung und mit spezieller Anpassung ohne störende Festpunkte durch die Gebäudekonstruktion. Deshalb sollte es bis zu einer bestimmten Gebäudehöhe (14,40 m) keine Unterschiede im Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäude bei einer vorausgesetzten Bekranung (≤0,6 MN) geben.
24.2.1
Gebäudearten
Als Produktions- und Lagergebäude kommen die in der Abb. 24.2 dargestellten Gebäudearten zur Auswahl. Die Auswahl selbst wird durch die optimierte Übereinstimmung von Anforderungen und Bauwerkseigenschaften beeinflusst und vom Projektanten bestimmt, erst danach durch die Bauwerkskosten.
24.2.2
Gebäudekonstruktion
Die Raumbauwerks- oder Gebäudekonstruktion bestimmt die Bauwerkskosten. Zur Gebäudekonstruktion gehören, Abb. 24.3: • die Tragkonstruktion, • die Umhüllungskonstruktion,
756
Abb. 24.2 Charakteristik von Industriebauwerken für die Produktion
24 Fabrikgebäude
24.2 Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden
Abb. 24.3 Gebäudekonstruktionsarten und Konstruktionsbeeinflussungen
757
758
24 Fabrikgebäude
• die Einbaukonstruktionen und zusätzlich • Besonderheiten. Neben den Konstruktions- bzw. Projektierungsinhalten nach Abb. 24.3 sind immer auch Sonderkonstruktionen beim Tragsystem (z. B. Stabnetzkonstruktionen), bei der Umhüllungskonstruktion (Wichtig: Dach und Fußboden), bei den Einbauten oder bei den Bekranungen notwendig. Durch die technologischen Anforderungen und die Standortbedingungen sind Fabrikgebäude, wie die Fabrik, Unikate. Eine technologische Bewertungsübersicht enthält Tabelle 24.2.
24.2.3
Dachformen
Eine Reihe von Aufgaben wird dem Dach bzw. der Dachkonstruktion übertragen. Unerlässliche Aufgaben sind beispielsweise: • Natürliche Lüftung im Rahmen der Raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen). • Natürliche Tagesbeleuchtung. • Aufnahme der Ver- und Entsorgungsaufbauten (Entlüftungsschächte, Schornsteine, Kühler, Solaranlagen, Funkmaste, Abgaskanäle, Ansaugkanäle, Schneefang, Windleitbleche, …). • Aufnahme der Kontrollaufbauten (Stege, Leitern, Schornsteinfegerwege). • Dachentwässerung (Regenrinnen, Laubfangnetze). • Dachreinigung. Die Dachaufbauformen nach Abb. 24.4 müssen diese und die Dämmfunktionen berücksichtigen. Auswahl bestimmende Faktoren für die Dachform sind: • • • • • •
Baukosten (Flach-Satteldach: Sheddach = 1:1,5 … 2,0), Entwässerung (Innen- oder Außenentwässerung), Dachaufbauten, Dachdämmung und Dachlüftung (!), Beleuchtung durch Tageslicht, Dachraumnutzung und Belastungen (Windlast, Schneelast, Abluft – Frischluft – Relation).
Gewählt wird die Dachform mit den besten Kosteneignungen bei der Herstellung und beim Betrieb (Erhaltung, Lüftung) und den besten technologischen Eignungen. Jede Dachform kann für den Betrachter durch eine Attika unsichtbar gemacht werden.
24.2.4
Stützen, Stiele, Rahmen und Binder
Stützen und Stiele Stützen bei Stützen-Binder-Konstruktionen und (Rahmen-)Stiele bei Rahmenkonstruktionen sind auszulegende Bauelemente, die eine lasttragende Verbindung zwischen
24.2 Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden
759
Tabelle 24.2 Eignungsbewertung der Gebäudekonstruktionen (V – vorteilhaft für die Fabrik, SH – Systemhöhe)
760
24 Fabrikgebäude
Abb. 24.4 Dachformen (vereinfachte Darstellung). a Flach-Satteldach. b Steil-Satteldach. c Bogen-Satteldach. d Negativ Satteldach. e Shed-Steildach. f Shed-Neigedach. g Bogen-Schalendach. h Faltträger-Schalendach. i Aufsatz-Satteldach. j Doppel-Satteldach. k Pult-Flachdach. l Hyper-Schalendach
• Gründung/Fundamentierung und Gebäude beim Skelettbau, • Gebäude und Dachtragsystem durch Kraftaufnahme und Standsicherheit (Beulung, Knickung) herstellen, und die auch die Kräfte (Gewichtskräfte, Windkräfte) der Außenwand übernehmen. Es sind deshalb Einzelstützen und Doppelstützen mit oder ohne Kranaufnahme zu unterscheiden, Abb. 24.5. • Außenstütze: • Giebelstütze: • Doppelstütze:
• Windverband:
Halbe Binder- und Dachaufnahme, Kranschienenaufnahme bei Bekranung, Wandaufnahme, Windlastaufnahme, Aufnahme von Leitungen, Galerieaufnahme. Wandaufnahme, Windlastaufnahme, Bühnenaufnahme. Zwei halbe Binder- und Dachaufnahme, Kranschienenaufnahme bei Bekranung, Leitungsaufnahme, Aufnahme von Einbauten, eine Doppelstütze oder zwei Einzelstützen (mit oder ohne Verbund, mit oder ohne Raumeinbauten), Doppelstütze nur bei mehrschiffigen Gebäuden und Gebäudelängsausdehnungen (72 m). Gebäudesicherung gegen Verdrehung durch Lasten (Wind, Schnee, Kran), zwei Windverbände je Gebäudeseite und im 72 m-Bereich je Dachhälfte, Statik, Standsicherheit.
24.2 Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden
761
Abb. 24.5 Grundriss eines Fabrikgebäudeaufbaus
Rahmen Bei Rahmenkonstruktionen wirkt der Rahmen als statische Einheit. Als Äquivalent zur Stütze wird vom Rahmenstiel gesprochen. Binder Bauelement über zwei Außenstützen. Gebräuchliche und geeignete Binder sind, Abb. 24.6:
Abb. 24.6 Stützen-Binder-Varianten. a Binderarten. b Stützen-Binder-Konstruktion. c StützenBinder-Unterzug-Konstruktion
762
• • • •
24 Fabrikgebäude
Stahlbetonbinder, Fachwerkbinder (Stahl, Holz), Stahlprofilbinder, Verbundholzbinder.
Werden mehr Binder aus Stützenabstandsgründen benötigt, sind Unterzüge erforderlich, Abb. 24.6.
24.2.5
Fußboden
Der Fußboden ist ein Gebäudeteilsystem, das den Gebäuderaum erdberührend oder nicht erdberührend (Mehrgeschossbau) nach unten horizontal begrenzt, erdphysikalische Einflüsse dämmt, Versorgungs- und Entsorgungsteilsysteme aufnehmen kann und statische sowie dynamische Kräfte von Ausrüstungen und Ausstattungen aufnehmen muss. • Erdphysikalische Einflüsse sind aufsteigende Feuchte, Erdstrahlung und über das Erdreich übertragene Immissionen (Erschütterungen, Schwingungen, Vibrationen, Stöße). • Statische Kräfte sind Gewichtskräfte (Einzel- oder Flächenkräfte) von technologischen Ausrüstungen (Maschinen bzw. Betriebsmittel), von Ausstattungen (Betriebsunterstützungsmittel), von Produkten, Ver- und Entsorgungsgegenständen, Personen und von Verkehrsmitteln. • Dynamische Kräfte entstehen durch Betriebsmittelbewegungen (Transport), durch Betriebsmittelelementebeweglichkeit (stoßende und periodische Bewegungen von Kraft- und Arbeitsmaschinen, ↑ Maschinenaufstellung), die zu Vibrationen und Schwingungen führen. Zu den letzten beiden Kraftgruppen gehören die Belastungen durch den Fabriktransport bzw. -verkehr (Verkehrslast). Der Fußboden muss die Kräfte insgesamt aufnehmen, woraus sich sein Aufbau erklärt, Abb. 24.7 und 24.8.
Abb. 24.7 Fußbodenaufbau
24.2 Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden
763
Abb. 24.8 Fußbodenbeispiele. a Gebäudefußboden mit Versorgungskanal und Maschinenfundament. b Gebäudefußboden und Maschinenaufstellboden (Ver- und Entsorgungsgeschoss). c Gebäudefußboden und Maschinenaufstellebenen
Wegen der hochbeanspruchten Fußböden wird die Trag- und Schutzschicht bevorzugt aus unterschiedlichen Betonen hergestellt. Die Tragschicht mit Einfachoder Zweifach-Bewehrung (Vermeidung von Rissbildungen) und die Schutzschicht aus verschleißfestem Faserbeton, ohne oder mit Oberflächenbehandlung (Farbharze). Für die MVI hat sich eine Tragschichtdicke von ≥300 mm für alle Normalfälle bewährt. Besonderheiten kann es bei den Maschinenaufstellungen und bei Transportwegen geben. Die flexibelste und störungsfreieste Form der Maschinenver- und -entsorgung ist die im Fußboden, jedoch fehlen hier noch „intelligente“ Lösungen. Für die Ver- und Entsorgung im Fußboden bieten sich nur wenige Lösungen an: • Ver- und Entsorgung über Fußbodenkanäle, Abb. 24.8a, 24.9, • Ver- und Entsorgung über gestelzte Fußböden, Abb. 24.8b,
Abb. 24.9 Fußbodenkanalvarianten für die Systemver- und -entsorgung. a Ver- und Entsorgungskanäle in den Gebäuderandzonen. b NUR Längskanäle mit Trennung von Ver- und Entsorgung. c Längs- und Querkanäle: einseitig oder zweiseitig
764
24 Fabrikgebäude
• Ver- und Entsorgung über Ver- und Entsorgungsraster, Abb. 24.10, • Ver- und Entsorgung über modulare Fußbodensegmente.
Abb. 24.10 Fußbodenkanalrasterung (a, b – Abstandsmaße)
24.2.6
Gebäudeaußenwand und Gebäudeöffnungen
Durch das bevorzugte Anstreben von Kompakt- und Verbundbauten kann der Aufwand für Außenwände und für die Gebäudeöffnungen klein gehalten werden. Da sie Gebäudeaufgaben übernehmen, sind sie jedoch unverzichtbar. Außenwand und Außenwandfenster Außenwände begrenzen den Gebäuderaum zur Umwelt und müssen folgende Aufgaben übernehmen: • Witterungs- und Außenschutzfunktion (Niederschlag, Wind, Immissionen, Strahlen, Anfahrschutz), • Dämmfunktion (Wärmedämmung, Lärmdämmung, Strahlendämmung, Branddämmung), • Sicht- und Lichtfunktion (Sicht nach Außen, Tageslichteinfall), • Zugangsfunktion (Tore, Türen, natürliche Lüftung, Ausstattungsanbringung), • Architekturfunktion (Ästhetik, wahrnehmende Gestaltung, Kennzeichnungen, Werbung, Farbe).
24.2 Grundaufbau von Produktions- und Lagergebäuden
765
Außenwände sind für Gebäudeöffnungen flexibel und variabel, wenn sie keine Trag- und Stützfunktionen übernehmen müssen. Durch die wirkungsvollere Gebäudebeleuchtung über Oberlichte hat die kostenaufwendige Seitenbeleuchtung über Fenster nur noch eine Sicht- und Lichtfunktion im Wandarbeitsbereich, Abb. 24.11.
Abb. 24.11 Außenwandvarianten (ohne Dachdarstellung). a Paneel – Außenwand mit Seitenfensterfläche – Verhältnisdarstellung. b Außenwand durch Ausmauerung mit natürlicher Seitenbeleuchtung (BH – Brüstungshöhe; FH – Fensterhöhe)
Tore und Türen Tore und Türen sind Gebäudeöffnungen für den Materialfluss (Tore) und für den Personenfluss (Türen). Sie sind eingebaute (Außen-)Wandelemente, die mit den gleichen Funktionen (Dämmung, Licht) wie die Wand auszulegen sind. Hinzu kommen • die Öffnungs- und Schließfunktion, • die Flucht- und Rettungsfunktion und • die Freihaltefunktion (freier Zu- und Abgang, keine Verstellungen, Kennzeichnungen). Die Auslegung der Tore erfolgt nach folgenden Gesichtspunkten: • Breiten- und Höhenauslegung (Lichtraum-, Baurichtmaße), Konstruktionsraum, • Öffnungs- und Schließspielzeit (Schnelllauf-Spiraltor t = 2 × 2 s; Rolltor t = 2 × 21 s), • Energieverlustminderung durch das Arbeitsspiel, die Luftströmung, Öffnungszeit, Wärmedämmung, Vermeidung einer Wärmeschleuse, Antriebsleistung, Dichtheit, • Verschließbarkeit, Verriegelbarkeit, Sichterkennung, Nichtbrennbarkeit, • Sicherheit (Anfahrschutz, Gefahrenschutz, Lichtschranke, Lichtgitter, Not-Halt, …), • Torsteuerung (Funk, Induktion, Drucktaster, Programme, Antrieb, Lastspielzähler, …). Unabhängig vom Konstruktionsprinzip kommen für die Fabrik Zugangs-, Brandund Fluchttüren und -tore in einfacher oder doppelter Form (Verschlusstor, Arbeitstor) in Betracht. Fluchttüren und -tore unterliegen speziellen Anforderungen (nach
766
24 Fabrikgebäude
außen öffnend, ohne Automatik). Das Gebäude muss deshalb modular so aufgebaut sein, dass Tore und Türen an jede Stelle, außer im Stützenbereich, in die Außenwand mit Fußbodenkontakt eingebaut werden können. Oberlichte und Rauch-Wärme-Abzugs-Anlagen (RWA) Oberlichte und RWA sollten in Kombination projektiert werden, da beide eine Gebäuderaumbeleuchtung ermöglichen. Oberlichte sind in Abhängigkeit von ihrer zu erreichenden Lichtwirkung für die • allgemeine Raum-Tagesbeleuchtung, • arbeitsplatzorientierte Tagesbeleuchtung oder • arbeitsplatzorientierte allgemeine Raum-Tagesbeleuchtung und der Sonneneinstrahlung (Blendung, Stroboskopie, keine Südanordnung) tageszeitabhängig auszulegen und im Dach anzuordnen, Abb. 24.12.
Abb. 24.12 Oberlicht- und RWA-Anordnungen (Beispiele). a Beleuchtungsprinzip und Beleuchtungsgrade durch Oberlichte („Sonneneinstrahlung“ als Tageslicht). b Oberlichtkuppeln/RWAGleich- oder Ungleichverteilung. c Oberlichtband in First-Längsanordnung. d Oberlichtband in Queranordnung. e Oberlichtband in First-Längsanordnung mit Oberlichtkuppeln/RWA
Bei den RWA treffen Analogien zum Oberlicht zu. Statt des Arbeitsplatzes ist der Brandlastbereich, und für den Beleuchtungsgrad B ist ein Abzugsgrad A zutreffend, der mit der Systemhöhe nach oben im Wert kleiner wird! Durchbrüche Durchbrüche sind häufig für den Gebäudeerhalt, die Umweltbelastung (Aerosole, Lärm) und für die Gebäudearchitektur störende Gebäudeöffnungen, die zudem noch individuell (unsystematisch) angeordnet werden, aber für die Ver- und Entsorgung erforderlich sind. Beispiele: Schornsteine, Abgasrohre, Absaugrohre, Fortluftrohre, Versorgungsrohre. Eine geordnete Anordnung (in der Länge und Höhe),
24.3 Typisierung der Fabrikgebäudedimension
767
Abdichtung und das Rohr-in-Rohr-Prinzip (Schwingungsminderung, Abdichtung) müssen möglich sein.
24.3
Typisierung der Fabrikgebäudedimension
Mit der Typisierung von Fabrikgebäuden werden mehrere Vorteile erreicht. Beispiele sind: • Durchsetzung der projektierenden Arbeitsweise in der gesamten Fabrikprojektierung, • einheitliche Fachsprache der beteiligten Projektanten für Bau-, Fabrik-, Spezialprojekte, • Durchsetzung der rationellen Bausteinprojektierung durch Wiederholprojekte, • Rationalisierung der Gebäudefertigung und weitere Entwicklung des ökonomischen Metallleichtbaus, • Verminderung der Bemaßungsaufwendungen durch Projektierungsraster, • Durchsetzung einer projektierungsgerechten Maßordnung auf der Basis von Rastermaß und Baurichtmaß (Baurichtmaß = Rastermaß, ↑ Layoutprojektierung). Grundlage der Typung sind die in den Abb. 24.13 und 24.14 dargestellten und nachfolgend erläuterten Grundregeln.
Abb. 24.13 Typungsfähiger Grundaufbau von Fabrikgebäuden (Beispiel Rahmenkonstruktion)
768
24 Fabrikgebäude
Grundregel 1: Das Fabrikgebäude wird durch die Stützenanordnung bestimmt Nicht die gebäudeumschließende Hülle, sondern das Tragsystem bestimmt den Raum und die Flächen des Fabrikgebäudes. Der Stützenabstand als Achsabstand (Systemlinienabstand) AA liefert den Maßsprungwert in der Längen- und Breitenausdehnung. Die Anzahl der Achsabstände zAA führt zur Gebäudedimension in der Längen- (zAA,L) und in der Breiten- (zAA,B) Ausdehnung, Abb. 24.14.
Abb. 24.14 Gebäudedimension und Gebäudekennzeichnung. a Gebäuderasterung. b Gebäudeelementekennzeichnung
Grundregel 2: Die Maßordnung basiert auf einem Modul und auf Rastermaßen Der kleinste Maßsprung ist das Modulmaß M. Er beträgt M = 100 mm. Die Rastermaße sind das Einfache oder Mehrfache ( nR) des Modulmaßes. Sie entsprechen
24.3 Typisierung der Fabrikgebäudedimension
769
Baurichtmaßen und ermöglichen die vereinheitlichte Anwendung eines Projektierungsrasters, Gl. (24.1), (↑ Layoutprojektierung). Rastermaß R = M · nR
(Baurichtmaß)
mm oder m
(24.1)
Grundregel 3: Vereinheitlichung der Gebäudesegmente und Gebäudefelder Ein Gebäudefeld ergibt sich aus jeweils einem Achsabstand (systemlinienorientierter Stützenabstand) in der Längen- und der Breitenausdehnung. Die Gebäudefelder haben gleiche Flächengrößen (AA2). Das Gebäudesegment ist ein Gebäudeteil, das sich aus einem Achsabstand in der Längenausdehnung über die gesamte Breitenausdehnung ergibt, Abb. 24.13. Grundregel 4: Die Systemlinien bestimmen definitiv die Systemmaße Die typisierte Gebäudedimension basiert auf den drei Gebäudeabmessungen • Systemlänge SL, • Systembreite SB, • Systemhöhe SH, die durch Systemlinien begrenzt werden. Die Systemlinien sind als Systemaußen-, Systemmittel- und Systeminnen-Randlinien zu definieren, Abb. 24.15 und 24.16. Die beste Vereinheitlichung wird mit Systemmittel-Randlinien erreicht.
Abb. 24.15 Systemliniendefinition. a Äußere Systemrandlinien. b Mittlere Systemrandlinien (Vorzug). c Innere Systemrandlinien
Abb. 24.16 Systemhöhendefinition (OFF – Oberfläche Fußboden). a Systemhöhe bei RahmenKonstruktionen. b Systemhöhe bei Stützen-Binder-Konstruktionen. c Systemhöhe bei Räumen mit Decke (Mehrgeschoßkonstruktionen)
770
24 Fabrikgebäude
Der Systemraum nach Abb. 24.15 und 24.16 ist in einen Systemnutzraum und in einen Systemkonstruktionsraum zu untergliedern, wobei der Systemnutzraum für die Nutzung durch die Fabriktechnologie bereitzustellen ist. Fabrikprojektant und Bauprojektant haben somit unterschiedliche Raumbetrachtungen durch ihre Arbeit und können im Rahmen der Fabrikprojektierung parallel wirken, wenn der Systemnutzraum bzw. der Gebäudesystemraum (SL · SB · SH) vom Fabrikprojektanten bestimmt wurde. Grundregel 5: Einheitliche Gebäudekennzeichnung Die Gebäudetypung erfordert eine vereinheitlichte Gebäudekennzeichnung in der Längen-, Breiten- und Höhenausdehnung. Das sollte nach Abb. 24.14, 24.15b und 24.16 erfolgen. Die Längenausdehnung (Systemlänge) wird mit Zahlen für jede Stütze (oder jeden Rahmenstiel), beginnend links oben mit der Zahl c für die erste Stütze und nach oben rechts in fortlaufender, ununterbrochener Zahlenfolge sowie bei Doppelstützen ( m – n ) ohne die Randzwischenstützen gekennzeichnet, Abb. 24.14. Die Kennzeichnung der Breitenausdehnung (Systembreite) erfolgt fortlaufend mit Buchstaben für jede Stütze, beginnend mit dem Buchstaben A bei der Stütze M. Doppelstützen bei mehrschiffigen Gebäuden erhalten jeweils einen Buchstaben ( x – y ). Grundregel 6: Vereinheitlichte Gebäudeabmessungen durch Maßsprung Durch Maßsprünge wird ein Grundsatz der Typung in die Praxis umgesetzt. Tabelle 24.3 enthält einen in der Praxis üblichen Vorschlag. Der Maßsprung ist ein aus dem Modul abgeleitetes Rastermaß als Kleinst-, Klein- oder Großrastermaß (↑ Layoutprojektierung).
Tabelle 24.3 Gebäudeabmessungen zur Fabrikgebäudetypung (Zahlenangaben in m)
24.4 Gebäuderaumformen und Gebäudeintegration
771
Mit der Typung entsteht eine Grundlage für die Typisierung der Gebäudekonstruktion von Flach-, Hallen-, Shed- und Mehrebenen- (-geschoß) -bauten. Der zeitliche Arbeitsaufwand der Projektanten wird geringer.
24.4
Gebäuderaumformen und Gebäudeintegration
Die Produktion und die Lagerung in der Fabrik erfordern Zweckbauten mit großen Räumen, die nach veränderten Vorgaben aus den Produktionsprozessen eine Wandlung der Technologie mehrfach zulassen müssen. Hieraus ableitend haben sich quaderförmige Fabrikgebäude bzw. Fabrikgebäudekomplexe in ein- oder mehrschiffiger Ausführung mit oder ohne Attika durchgesetzt, häufig auch ohne eine gleichgeformte Erweiterung. Durch die jahrelang durchgeführte Zonen-Generalplanung entstanden auch Fabriken als unansehnliche Gebäude- und Bebauungsgemische, worunter die Fabrikästhetik leidet, was vermieden werden muss.
24.4.1
Gebäuderaumformen
Das Raumgebilde Fabrikgebäude muss im Kontext zur ↑ Fabrikstandortbebauung, zur gleichgeformten Erweiterung und zur Fabrikwandlung stehen, Abb. 24.1. Mit Ausnahme der Bürogebäude können unter weitgehender Beachtung des Brandschutzes Kompaktbauten in mehrschiffiger und modularer Bauweise alle raumfordernden Fabrikbereiche in ein Fabrikgebäude (Fabrik = Fabrikstätte) oder in einen Fabrikgebäudekomplex (Fabrik = Σ Fabrikstätten) einbezogen werden. Zwei kombinierbare geometrische Grundformen können das Problem lösen, Abb. 24.17.
Abb. 24.17 Geometrische Fabrikgebäudeformen (E – Erweiterungsrichtungen). a Modular-quaderförmiges Kompakt-Fabrikgebäude (3-dimensional) mit Flächenverteilung des Materialflusses. b Modular-polyederförmiges Kompakt-Fabrikgebäude (2-dimensional) mit Zentralverteilung des Materialflusses
772
24 Fabrikgebäude
Beide Grundformen erfüllen die Anforderungen an die Modularität und modulare Erweiterbarkeit der Fabrik durch das Fabrikgebäude. Die Vor- und Nachteile sind im konkreten Einzelfall zu prüfen. Das modular-quaderförmige KompaktFabrikgebäude enthält die in der Abb. 24.18 aufgeführten Einzelformen in begrenzter oder standortbegrenzter Ausführung.
Abb. 24.18 Einzelformen des modular-quaderförmigen Fabrikgebäudes in vereinfachter Aufrissdarstellung
Rundbauten mit ihren günstigen Flächenverhältnissen haben sich trotz mehrfacher Versuche noch nicht als Fabrikgebäude für die Produktion und Lagerung durchgesetzt. Das scheint auch nur in Verbindung mit dem modular-polyederförmigen Kompakt-Fabrikgebäude wirtschaftlich möglich zu sein, Abb. 24.19. Die geometrische Fabrikgebäudeform gibt der Fabrik die Architektur und diese sollte u. a. auch auf den Fabrikinhalt hinweisen, z. B. stehen Schornsteine für energieintensive Fabriken. Ungeachtet der gewählten äußeren Fabrikarchitektur ist auch immer zugleich die Innenarchitektur zu beachten. Diese hängt besonders von der In-
Abb. 24.19 Rundbauvarianten in Grundrissdarstellung
24.4 Gebäuderaumformen und Gebäudeintegration
773
nenausstattung und der Raumnutzung ab. Die Raumnutzung bestimmt erstrangig die geometrische Fabrikgebäudeform. Hier einzuschließen sind auch die Raumnutzung durch Ausstattung und Bewegungen sowie die Fabrikmobilität. Abbildung 24.20 enthält ausgewählte Beispiele mit einer Teleskopbekranung und Aufstellebenen.
Abb. 24.20 Ausgewählte Beispiele für die technologische Raumnutzung und Teleskopbekranung von Fabrikgebäuden
24.4.2
Gebäudeintegrationen
Fabrikgebäude entstehen für einen ganz bestimmten Zweck und sollten für diesen Zweck auch alle Elemente und räumlichen Bereiche enthalten, d. h., autonom integrieren und nicht noch weitere Gebäude- und Raumforderungen verursachen. Mit Bezug auf die technologischen und produktionsrelevanten Fabriksysteme in Fabrikstätten sind die in der Tabelle 24.4 aufgeführten Anforderungen raumnutzend
774 Tabelle 24.4 Zielrichtungen der Gebäudeintegration und Gebäudeausnutzung
24 Fabrikgebäude
24.4 Gebäuderaumformen und Gebäudeintegration
775
funktionell und, so weit möglich, technisch zu integrieren, um Wege, Räume, Zeitverluste und Aufwendungen zu minimieren. Ausgewählte Entwicklungsvarianten zur Gebäudeintegrationen von Einbauten und Einhausungen sowie eine integrative Betrachtung von Technologie, Raum und Fabrikgebäude enthält Abb. 24.21.
Abb. 24.21 Kombinierte Lösungen für mehrstufige Produktionssysteme mit Teleskopförderer, Wirksystemintegration und Bauwerksintegration. a Entwickelte Basislösung. b Räumliche Verdichtung. c Verfahrensintegrierte Maschinen. d Bauwerksintegration
Das Fabrikgebäude muss verstärkt unter dem Energieaspekt (Raumwärme-, Licht-, Bewegungsenergie) von allen beteiligten Projektanten in funktioneller, technischer und räumlicher Sicht betrachtet werden, um die festgefahrenen Ansichten zu widerlegen, dass das Fabrikgebäude groß auszulegen ist und viel Gebäuderaum benötigt wird. Dem stehen gegenwärtig gegenüber: • geringe Raumnutzungen von zAB → Es verbleibt ein Restvorrat zV,Rest als Lagerungsbestand.
• Sicherheitsvorratsbedarfsmenge zV,Si zV ,Si = tV ,Si · DSi = const.
ME
(25.12)
804
25 Fabriklagersystem
Wegen der Abnahmeunsicherheit bei kundenanonymer Produktion sollte der Sicherheitsvorrat nicht null sein. Der Vorrat oder die Vorratssicherheitszeit sind abzuschätzen. Extreme sind eine Produktartmenge = 1 ME oder eine bestimmte Abnahmemenge. • Zusatzlagerungsbedarfsmenge zV,Zu zV ,Zu = (zV , A + zV ,Si ) · fV , A = const.
ME
(25.13)
Der Zuschlagfaktor fV,A berücksichtigt Schwankungen. Einflüsse sind Ausschuss, Unvollständigkeit der Produkte, Beistellungen, Durchsatz- und Abnahmeschwankungen. Sofern nicht ermittelbar, kann ein Wert von fV,A ≥ 0,12 angenommen werden. Die Praxis erreicht auch Werte von fV, A = 0,25. • Zuführungsdurchsatz DZu Bezugsbasis für DZu sind die Wirk- bzw. Arbeitssysteme, die den letzten Arbeitsgang am Produkt ausführen. Im Regelfall sind das keine Arbeitssysteme der Verpackung, sondern technologische Wirksysteme entsprechend der Produkttechnologie. Zu beachten sind: • Zuführungen von den Arbeitssystemen (letzter Arbeitsgang), • Zuführungen durch Beistellungen aus dem Eingangslager (Ersatzteile, Normteile), • Zuführungen durch Zukauf (Produktergänzung). • Mengeneinheiten ME Mengeneinheiten in kundenanonymen Ausgangslagern sind Produkte als Stückund Transporteinheit, Produkte in Transporteinheiten (TE) oder Produkte als Stückeinheit mit Beistellungen in Transporteinheiten. Es ist mit einer unterschiedlichen Lagerungstechnik zu rechnen. • Berechnungsabweichungen Abweichungen von der Berechnung nach den Gln. (25.10–25.13) sind durch Besonderheiten möglich. Hierzu gehören u. a.: 1. Besondere Wünsche des Auftraggebers zur Lagerungsgröße durch die Veränderung der Vorratszeiten zwecks Erhöhung der Vertriebssicherheit. Es werden der Sicherheitsvorrat zV,Si und der Zusatzvorrat zV,Zu erhöht. 2. Ausweitung der Handelsfunktion (Distribution). 3. Ausgangslager außerhalb der Fabrik mit Erhöhung des Gesamtvorrates.
• Für Ausgangslager der kundenanonymen Produktion sind die Lagerungsmethoden nach Tabelle 25.5 und die zugehörigen Berechnungen (Gln. (25.8) und (25.9)) zutreffend.
25.4 Lagerungssystem
805
• Wird nach der Betreibungsstrategie „Verkauf von der Maschine“ verfahren, reduziert sich die Ausgangslagerung. Es verbleibt das Materialfluss-Sammel- und Verteilsystem (in umgekehrter Flussrichtung) nach Abb. 25.12. • Erfolgt die Ausgangslagerung im technologischen Fabriksystem, wird die Berechnung im Rahmen der ↑ Speicherbedarfsmengen oder nach Gl. (25.14) unter Beachtung der Liegezeiten und einer Zwischenlagerung durchgeführt. e
zV , A j =
(zL · zTE,L · tL )i j
i=1
e
(25.14)
ME
(zL · zTE,L · teff ,TE )i j
i=1
25.4.3.2
Lagerungsmengenbedarf für die Kundenauftragsproduktion
Es ergeben sich deutliche Berechnungsabweichungen zur Ausgangslagerung der kundenanonymen Produktion. Zu berücksichtigen sind folgende Abweichungen, Abb. 25.16: 1. Es ist im Regelfall kein Sicherheitsvorrat (zV,Si = 0) zur Auslieferungssicherung erforderlich. Die Sicherheit muss durch die terminlich fixierte Produktfertigstellung erreicht werden. 2. Der Zusatzbedarf ist produktbezogen und enthält vertraglich definierte Beistellungen. Hierzu gehören auch Montagebeistellungen für Montagen (Systemmontagen) am vereinbarten Aufstellungsort des Abnehmers. 3. Es kann ein Konsignationslagerungsvorrat möglich sein, der für den Abnehmer (Kunde) kommissionsgerecht bis zu den Abholungen gelagert wird. Die hier notwendige Lagerungsmenge ist eine vertraglich festgelegte Menge. 4. In Ausnahmefällen kann der Montageort in der Fabrik auch der Lagerungsort bis zur Abholung sein. Montagefläche und Lagerungsfläche sind miteinander abzustimmen. 5. Bei großen Produkten (Systeme, Fahrzeuge) mit Korrosionsschutz und Mobilität kommt eine Außenlagerung für das Produkt und eine Lagerung im Raum für Beistellungen in Frage. Beide Lagerungsbedarfe sind zu ermitteln. 6. Im Rahmen der Fabrikneuprojektierung sind die konkreten vertraglichen Bedingungen noch nicht bekannt. Vom Auftraggeber sind vertragliche Rahmenbedingungen vorzugeben oder der Projektant ermittelt den Lagerungsmengenbedarf unter Zuhilfenahme von Lagerungsberechnungsmodellen, beispielsweise nach Abb. 25.16. • Gesamtlagerungsmengenbedarf (Vorratsnennbedarf zV,N, Abb. 25.16) zV ,N = zV ,A (Max) + zV ,K(Max) + zV ,Zu + zV ,Si
ME
(25.15)
806
25 Fabriklagersystem
• Maximale Zuführungsmenge zV,A max, Gl. (25.11) und (25.16) zV , A(Max) =
e
zV ,Produkti + zV ,Rest
ME
(ME : Produkte)
(25.16)
ME
(ME : Produkte)
(25.17)
i=1
zV ,Produkt =
tDis teff ,Produkt
≡
tV teff ,Produkt
Die Dispositionszeit tDis (h/System) ist eine Betreibungsgröße, die zu ermitteln oder festzulegen ist. Eine Übereinstimmung ( tDis ≡ tV) mit der Vorratszeit ist anzustreben. Die effektive Produktherstellungszeit teff,TE (h/TE · System) bezieht sich nur auf den letzten Arbeitsgang, Abb. 25.17. Es bestehen Analogien und Unterschiede zur Eingangslagerung nach Abb. 25.13.
Abb. 25.17 Bedarfsanforderungen an die Ausgangslagerung
Die Anzahl der zu lagernden Produkte muss immer ganzzahlig sein. Das gilt auch bei Verwendung von Durchschnittswerten. • Sicherheitsbedarfsmenge zV,Si Dieser Bedarfsanteil kann nicht bei der Zuführungsmenge zV,A auftreten. Er ist bei den Beistellungs- und Konsignationsmengen zu berücksichtigen. • Konsignationslagerungsbedarfsmenge zV,K Vertraglich festzulegende oder nach Gl. (25.17) zu berechnende Lagerungsbedarfsgröße. • Zusatzlagerungsbedarfsmenge zV,Zu Sie enthält Mengen, die im Lagerungszuführungsbedarf nicht berücksichtigt werden. Dazu gehören Ergänzungs-, Montage- und Ersatzteile, Bedienungsanleitungen, Bordwerkzeug, Verpackungsgestelle, -material usw. • Mengeneinheiten ME Die Mengeneinheiten sind Produkteinheiten, differenziert nach Produktstücken und Produktteilen sowie nach Transporteinheiten. Die Vielfalt ist groß und uneinheitlich.
25.4 Lagerungssystem
807
• Soweit möglich, sollten Ausgangslager nur dann ausgeprägt projektiert werden, wenn Konsignationen und Aufträge vorliegen. Hierzu sind Strategien und Festlegungen erforderlich. Eine umfangreiche Ausgangslagerung ist nicht mit einem wirtschaftlichen Erfolg gleichzusetzen. Die Erfahrungen beweisen das Gegenteil. • In den Ausgangslagern werden im Regelfall die Funktionen Verpacken und Kommissionieren realisiert. Verpackungsmaterial, Leerbehälter, Transportgestelle, Zurrgurte, rutschhemmende Matten sind im Ausgangslager als Lagerungsgegenstände zu berücksichtigen.
25.4.4
Lagerungsbewegungsbedarf
Lagerungsbewegungen führen zur Auslegung des Lagerungsbewegungssystems, das die Lagerungsbedienung bzw. den eigentlichen Lagerungsfluss ausführt. Es wirkt von der Übergabestelle des Übergabesystems bis zum Lagerungsplatz und umgekehrt, Abb. 25.12. Folgende Bewegungsvorgänge sind zu berücksichtigen (↑ Bewegungsbedarfsmengen):
25.4.4.1
Bewegungsprozesse und Förderspiele
Bewegung 1:
Einlagerungsbewegungen Bewegungsvorgänge von der Gegenstandsübernahme bis zur Einlagerung am Lagerungsplatz. Förderspiel der Einlagerungsbewegungen Fö, E:
z Fo, E = z Fo + zU = 3 Fo + 2 U Bewegung 2:
Bewegungen/Forderspiel
(25.18.1)
Auslagerungsbewegungen Bewegungsvorgänge vom Lagerungsplatz bis zur Gegenstandsübergabe. Förderspiel der Auslagerungsbewegungen Fö, A:
z Fo, A ≡ z Fo, E = z Fo + zU = 3 Fo + 2 U
Bewegungen / Forderspi iel
(25.18.2)
808
Bewegung 3:
Bewegung 4:
25 Fabriklagersystem
Einlagerungsbewegungen bei Rückgaben Bewegungsvorgänge von der Gegenstandsübernahme bis zur Einlagerung am Lagerungsfach. Förderspiel Fö, R ≡ Förderspiel Fö, E Umlagerungs- bzw. Umstapelungsbewegungen Fall 1:
Bewegungsvorgänge von einem Lagerungsfach zu einem anderen Lagerungsfach in einem Lagerungsbereich (Lagerungsgang)
Förderspiel Fö, U1:
Fall 2:
Bewegungsvorgänge mit Umstapelungen (Blocklager) zur Entnahme eines Lagerungsgegenstandes und mit oder ohne Rückstapelung
Förderspiel Fö, U2:
Fall 3:
Bewegungsvorgänge von einem Lagerungsfach zu einem anderen Lagerungsfach in einem anderen Lagerungsbereich (Lagergang)
Förderspiel Fö, U3:
Bewegung 5:
Kommissionierbewegungen im Lagerungssystem Fall 1:
Bewegungsvorgänge zur Gegenstandsübernahme in einem Lagerungsbereich
Förderspiel Fö, KO1:
25.4 Lagerungssystem
Fall 2: Fall 3: Bewegung 6:
809
Bewegungsvorgänge zur Vorbereitung der Kommissionierung außerhalb des Lagerungssystems Bewegungsvorgänge zur Gegenstandsentnahme in mehreren Lagerungsbereichen
Kombinierte Lagerungsbewegungen als Mehrfachförderspiele Fall 1:
Einlagerung und Auslagerung
Fö, K1 = (Fö, E + Fö, A) ⇒ zFö,K1
(25.18.3.1)
zFö, K1 = (zFö + zÜ )E + (zFö + zÜ )A − 1 Fö
(25.18.3.2)
zFö,K1 = (3 Fö + 2 Ü ) + (3 Fö + 2 Ü ) − 1 Fö = 5 Fö + 4 Ü
Fall 2:
25.4.4.2
(25.18.4)
Auslagerung und Einlagerung, Gln. (25.18.3) und (25.18.4) Es sind weitere Bewegungskombinationen möglich, die jeweils als Einzelfall zu ermitteln sind.
Gesamtbewegungsbedarf
Lagerungen unterscheiden sich u. a. auch durch die Bewegungsprozesse während der Lagerung. Deutliche Unterscheidungen liegen bei folgenden Bedingungen vor: 1. Nur-Einlagerungssystem (Ressourcenlager Typ 2, Abb. 25.1) Diese Lagerungssystemart enthält nur die Eingangsbewegungsprozesse. Bewegungsmenge: zFö, E = (zFö, h ) · tBZ
Forderungen BZ
(25.19.1)
810
25 Fabriklagersystem
2. NUR-Auslagerungssystem (Ressourcenlager Typ 1, Abb. 25.1) Auslagerungsprozesse kennzeichnen diese Lagerungssystemart.
Bewegungsmenge: zFö, A = (zFö, h ) · tBZ
Förderungen BZ
(25.19.2)
3. NUR-Ein- und Ausgangslagerungssystem (Vorratslagerung Typ 1, Abb. 25.1) Realisierung von Einlagerung ( zFö,E > 0), Vorrat über eine lange Zeit ( zFö → 0), Umschlag ( zFö,U → 0) und Auslagerung ( zFö,A > 0). Beispiel: Vorratslager (Handel, Distribution, Güterverkehrszentrum)
Bewegungsmenge: zFö, h =
(zFö, E + zFö,U + zFö, A ) BMZF, Fö
Förderungen (25.19.3) h
4. Sammel- und Verteil-Lagerungssystem (SV-Lagerungssystem Typ 1 Mehrfache Ein- und Auslagerungen, Relationen ( zFö,R) und Übergaben für eine Gegenstandsart sind typisch für diese Lagerungssystemart. Beispiel: Fabrikeingangs- oder Fabrikausgangslager Bewegungsmenge: zFö,E + zFö,R + zFö,U + zFö,A zFö,h1 = BMZF, Fö zFö,h2 =
Förderungen h
zFö,E + zFö,R + zFö,U + zFö,KO2 + zFö,A BMZF,Fö
Förderungen h
(25.19.4)
(25.19.5)
5. Kommissionierlagerungssystem (SV-Lagerungssystem Typ 2) Hauptaufgabe dieser Lagerungssystemart ist das Kommissionieren, d. h., das bedarfsgerechte Bereitstellen von Gegenstandsarten für Abnehmer. Beispiel: Zuschnittlager, Normteilelager, Montagelager, … Bewegungsmenge: zFö,E + zFö,KO1/3 + zFö,R + zFö,A zFö,h = BMZF, Fö
Förderungen h
(25.19.6)
6. Sammel- und Verteil-Gesamtlagerungssystem (SV-Lagerungssystem Typ 3) Das Gesamtlagerungssystem bezieht in das SV-Lagerungssystem Typ 1 weitere Lagerungssystemtypen (Vorratslagerungssystem Typ 1, SV-Lagerungssystem Typ 2) integrativ ein, Abb. 25.1.
25.4 Lagerungssystem
811
Bewegungsmenge: zFö,E + zFö,U + zFö,R + zFö,KO1/3 + zFö,KO2 + zFö,A zFö,h = BMZF, F Förderungen h
(25.19.7)
Die zu realisierende Förderzeit ergibt sich aus dem Kehrwert der Gl. (25.19.3– 25.19.7).
25.4.4.3
Fördermittelanzahl
Die Fördermittel werden nach ihrer Größe und Art (↑ Betriebsmitteldimensionierung) in Abhängigkeit von der Lagerungsart bestimmt. Ihre Anzahl ergibt sich nach Gl. (25.20). Fördermittelanzahl zFö,h (Lagerungssystem) zBM , Fö = (ganzzahlig) zFö,h (Fördermittel)
Fördermittel
(25.20)
Die Berechnung kann getrennt nach Lagerungssystembereichen oder in gesamter Form erfolgen. In jedem Fall ist auf eine Vereinheitlichung der Fördermittelgröße und -art zu achten. Hiervon hängen insbesondere die Aufwendungen für die Betreibung und Erhaltung ab. Spezifische Bedingungen aus der zeitlichen Auslastung und dem Bewegungsbereich (ein Regalgang oder mehrere Regalgänge mit Umsetzung) sind durch die Lagerungssystemstrukturierung optimal zu lösen.
25.4.5
Zwischenlager
Zwischenlager, beispielsweise nach Abb. 25.4, sind Fabriklager mit langen Zwischenliegezeiten (Ausgleichszeiten tDis durch Betreibungsstrategie) der Produkte. Sie sind deshalb als unwirtschaftlich für die Fabrik einzuordnen. Sofern sie doch gewollt sind, wird der Lagerungsbedarf mit den Methoden zur Ermittlung der ↑ Speicherbedarfsmengen berechnet. Bezugsbasis sind die Beziehungen zwischen den Arbeitssystemen und über die technologischen Fabriksysteme. Es werden zwei Zwischenlagerformen unterschieden, Abb. 25.18: 1. Zwischenlager als Langzeitspeicher für die technologischen Fabriksysteme, (große Störungs- und Unterbrechungszeiten), Abb. 25.4. 2. Zwischenlager mit einbezogener Kommissionierung für die technologischen Fabriksysteme mit Produktmontagen (Kommissionierlager). Beide Formen führen zu erhöhten Materialflussaufwendungen.
812
25 Fabriklagersystem
Abb. 25.18 Formen der Zwischenlagerung in Fabriken
25.4.6
Lagerungsarten
Die Art der Lagerung gibt darüber Auskunft, wie das Lagergut mit welchem Ordnungszustand durch unterstützende Mittel aufbewahrt bzw. gelagert wird. Mit der Lagerungsart werden die Grundlagen für die Lagerungstechnik und für die Lagerungssysteme geschaffen. Ausgehend vom Zustand des Lagergutes und nach den Prinzipien der Aufnahme und Aufbewahrung sind die Lagerungsaufnahmearten nach Tabelle 25.6 und die Lagerungsaufbewahrungsarten nach Tabelle 25.7 zu unterscheiden. Sie sind voneinander abhängig und führen zu den Lagerungsarten, Abb. 25.19. Tabelle 25.6 Lagerungsaufnahmearten von Gegenständen
25.4.7
Lagerungsprinzipien
Lagerungsprinzipien können auf die Aufnahme- und Aufbewahrungsarten, d. h., auf die Lagerungsarten und auf Prinzipiengruppen ausgerichtet werden. Sie ergeben sich aus Entwicklungen und dienen der Projektierung.
25.4 Lagerungssystem Tabelle 25.7 Lagerungsaufbewahrungsarten
Abb. 25.19 Lagerungsarten
813
814
25.4.7.1
25 Fabriklagersystem
Technisch-räumliche Lagerungsprinzipien
Diese Prinzipiengruppe dient der Entwicklung und Projektierung der Lagerungstechnik. Sie sind abhängig vom zu lagernden Gegenstand. Tabelle 25.8 enthält ausgewählte Beispiele.
Tabelle 25.8 Technisch-räumliche Lagerungsprinzipien (vereinfachte Beispiele)
25.4 Lagerungssystem
25.4.7.2
815
Technisch-zeitliche Lagerungsprinzipien
Die Lagerungstechnik enthält neben den Unterstützungsmitteln (Behälter, Gestelle) eine Lagerungs-Aufbewahrungstechnik und eine Lagerungs-Bewegungstechnik zur Realisierung der Bewegungsrelationen. Aufbewahrungstechnik und Bewegungstechnik führen durch ihr zeitliches Verhältnis zur Dynamik bzw. zur Mobilität. Abbildung 25.20 verdeutlicht in einfacher Form die Zusammenhänge und die relative Übereinstimmung von Lagerungs- und Speicherungsprinzipien.
Abb. 25.20 Gruppierung der Lagerung nach der Bewegung
25.4.7.3
Räumlich-zeitliche Lagerungsformen
Für die Lagerung treffen die räumlich-zeitlichen Prinzipien der ↑ Materialflusstechnik und die daraus ableitbaren Organisationsformen zu. 25.4.7.4
Lagertechnikübersicht
Die Tabellen 25.9–25.11 enthalten eine von JÜNEMANN (1989), EVERSHEIM (1996), JÜNEMANN, SCHMIDT (2000), erarbeitete Übersicht zu den technischen Lagerungslösungen.
816 Tabelle 25.9 Statische Lagerungstechnik (Übersicht von JÜNEMANN)
25 Fabriklagersystem
25.4 Lagerungssystem Tabelle 25.10 Überwiegend kombinierte Lagerungstechnik (Übersicht von JÜNEMANN)
817
818
25 Fabriklagersystem
Tabelle 25.11 Dynamische und mobile Lagerungstechnik (Übersicht von JÜNEMANN)
25.4.8 Ausgewählte Hinweise zur Projektierung von Lagerungssystemen Lagerungssysteme in der Fabrik sind komplexe Materialflusssysteme zum Sammeln, Aufbewahren und Verteilen von fabriklichen Gütern. Sie sind Bestandteil von Flusssystemen außerhalb von technologischen Fabriksystemen. Auf Grund der Betreibung durch den Fabrikbetrieb werden sie verschiedentlich als Logistiksystem bezeichnet. In die Fabrik einbezogene Lagerungssysteme sind materialflusstechnische und produktionsrelevante Fabriksysteme, die aus der Sicht der Fabrikanforderungen projektiert werden und ausschließlich Flussaufgaben der Fabrik erfüllen müssen. Mit der Abb. 25.10 wird der grundsätzliche Projektierungsalgorithmus eines Lagerungssystems dargestellt. Er ist auf jede Gruppe von Lagerungsgegenständen (Produktmaterial, Betriebsmittel, Betriebsstoffe, Produkte) übertragbar. Die besonderen Unterscheidungen liegen im Lagerungsprogramm begründet. Es besteht eine Projektierungsanalogie zu den ausführlich behandelten Speichern (↑ Speicherbedarfsmengen, ↑ Speicherdimensionierung, ↑ Produktflusssystemflächen, ↑ Produktflusssystemraum). 25.4.8.1
Notwendigkeitsprüfung von Lagerungssystemen in der Fabrik
Das Lagerungssystem wird als Eingangs-, Zwischen- oder Ausgangslagerungssystem entsprechend der Bedarfsanforderungen der technologischen Fabriksysteme
25.4 Lagerungssystem
819
und der Fabrikaußenbeziehungen für Gegenstandsgruppen im eigenständigen Fabriklagersystem oder als integraler Bestandteil des technologischen Fabriksystems gebildet. Hierauf wird das Lagerungsprogramm ausgerichtet. Ohne diese Notwendigkeitsprüfung und ohne einen ermittelten Lagerungsmengenbedarf ist die Entscheidung für ein Lagerungssystem subjektiver Natur. Hinweis:
25.4.8.2
Ein Fabriklagersystem kann mehrere Lagerungssysteme für unterschiedliche Gegenstandsgruppen (Produktmaterial, Betriebsstoffe) enthalten. Grobentwurf des Lagerungssystems
Für jede Lagerungskonzeption ist ein Lagerungssystementwurf zu erarbeiten. Dieser Grobentwurf wird durch folgende Komponenten beeinflusst, Abb. 25.21: • • • • • •
Lagerungsmengenbedarf, geordnet nach den Aufnahmeprinzipien, Tabelle 25.6, Lagerungsart nach Abb. 25.19, technisch-räumliches Lagerungsprinzip nach Tabelle 25.8, Lagerungsbewegung nach Abb. 25.20, Inhalt der Systemstruktur als Aufbauorganisation, Ablauforganisation mit den Folgewirkungen auf die Tätigkeitsorganisation.
Mit dem Beispiel in der Abb. 25.21 wird der Inhalt verdeutlicht.
Abb. 25.21 Lagerungssystemaufbau (Beispiel: Regallagerung). a Dimensionierter Lagerungsbedarf (Darstellung entspricht einer Blocklagerung). b Relationsrealisierungskomponenten. c Organisation des Lagerungsaufbaus
Lagerungs-Ablauforganisation Über die Ablauforganisation wird die technische, räumliche und zeitliche Funktionsfolge als Lagerungsprozess über die Einlagerung, Lagerung und Auslagerung gesteuert. Wichtige Komponenten der Ablauforganisation sind der Zugriff und die Gegenstands-Lagerungsplatz-Zuordnung. Die Organisationsformen enthält Tabelle 25.12.
820
25 Fabriklagersystem
Tabelle 25.12 Ablauforganisationsform von Lagerungssystemen
Die Ablauforganisation ist Hauptinhalt der Betreibung. Beeinflusst werden der Lagerungsmengenbedarf, der Bewegungsbedarf, die Übersichtlichkeit und die Tätigkeiten (Tätigkeitsorganisation) des Lagerungssystems. Es sind deshalb Entscheidungen zur Kommissionierung im Lagerungssystem, zu den Vorbereitungstätigkeiten der Ein- und Auslagerung, zu den Prüf-, Überwachungs- und andere Tätigkeiten (Inventuren) zu treffen. 25.4.8.3
Synthese des Lagerungssystems
Die Gesamtsynthese muss die Teilsysteme des Lagerungssystems enthalten. Teilsysteme sind, Abb. 25.12, 25.14, 25.22 und 25.23: • das Aufbewahrungssystem für die Lagerungsmengen (Vorratssystem), • das Bewegungssystem für die Relationsrealisierung (Aufnahme → Lagerplatz – Übergabe → Verflechten, Kommissionieren → Lagergutübernahme → Abgabe) durch Fördertechnik, • das Übergabesystem für die Einlagerung und das Übergabesystem für die Auslagerung, • das Ein- und Ausgabesystem mit den vorbereitenden und nachbereitenden Tätigkeiten für die Aufnahme und Abgabe. Es gibt Übereinstimmungen mit dem Produktfluss und mit der Speicherung, so dass hierauf nicht weiter eingegangen wird. 25.4.8.4
Flusssysteme des Lagerungssystems
Das adäquate Flusssystem zum technologischen Fabriksystem (Produktflusssystem) ist das Lagergegenstandsflusssystem. Es kann eine große Spannweite errei-
25.4 Lagerungssystem
821
chen (Kapitel 5, Teil 1, ↑ Betriebsmittelfluss, …). Zusätzlich sind die üblichen Flusssysteme zu projektieren. Abbildung 25.22 enthält eine Übersicht.
Abb. 25.22 Zu projektierende Flusssystemgruppen und Teilsysteme (vereinfachte Darstellung)
25.4.8.5
Flächen und Räume von Lagerungssystemen
Lagerungssysteme erfordern wie jedes Fabriksystem ganz bestimmte fußbodenberührende Flächen und Raumausprägungen. Als produktionsrelevantes und materialflusstechnisches Fabriksystem besteht eine Ähnlichkeit zu den Produktflusssystemen mit Speicherungen. Das ermöglicht eine Übertragung der Projektierungsgrundlagen (↑ Produktflusssystemflächen, ↑ Produktflusssystemraum) auf das Lagerungssystem. Die zu berücksichtigenden Flächen- und Raumanteile eines Lagerungssystems enthält Abb. 25.23.
822
25 Fabriklagersystem
Abb. 25.23 Flächen- und Raumanteile eines Lagerungssystems
Erläuterungen 1. Lagerungsgrundfläche: Orthogonalprojektion des Lagerungsgegenstandes auf die tragende Ebene der Lagerung, Abb. 25.24
Abb. 25.24 Ermittlung der Lagerungsgrundfläche für eine Lagerungseinheit. a Grundrissfläche (mit Konturen). b Ersatzfläche (ohne Konturen)
2. Lagerungsgrundraum: Durch den Lagerungsgegenstand verursachter Verdrängungs- oder Ersatzraum ( VE), Abb. 25.24, Gl. (25.21). VG = AG · hG VE = AE · hG,max
m3 /Gegenstand m3 /Gegenstand
(25.21.1) (25.21.2)
25.4 Lagerungssystem
823
Abb. 25.25 Ermittlung der Lagerungsplatzfläche AP (lÜ – Überlagerungslänge der Abstandsmaße). a Lagerungseinzelplatz. b Lagerungsplatzgruppe
3. Lagerungsplatzfläche: Unter Beachtung von Sicherheitsabstandsmaßen dimensionierte Fläche für einen Lagerungsgegenstand, Abb. 25.25. 4. Lagerungssystemplatzfläche: Unter Beachtung von Systemlinien gleichmäßig gerasterte Lagerungsplatzfläche eines Lagerungssystems (Regal), Abb. 25.26.
Abb. 25.26 Lagerungssystemplatzfläche (n – Anzahl der Transporteinheiten = zTE /Spalte). a Lagerungssystemspalte (dTE,R = 1) mit Lagerungssystemeinzelplatzfläche. b Lagerungssystemeinzel- und -mehrfachplatzfläche (Lagerungsdichte durch dTE,R = 2 oder dTE,R = n)
5. Lagerungs- und Lagerungsgesamtfläche eines Lagerungssystems Einbezogen werden die Systemeinzelflächen AP,Sy, die mögliche Anzahl Transporteinheiten/Einzelregalzeile zTE,Z, die Regalzeilenanzahl/Einzelregal zZ,R, die
824
25 Fabriklagersystem
Grundzeilen/Regal zZ,G, die Regalanzahl zR und die Lagerungsdichte/Spalte dTE,R, Gl. (25.22). Lagerungsfläche zTE,Z ALG = AP,Sy · · zZ,G dTE,R
m2 /Lagerungssystem
(25.22.1)
Lagerungsgesamtfläche ALG,g = ALG · zZ,R · zR
m2 /Lagerungssystem
(25.22.2)
6. Sicherheitsabstandsmaße si: Abstandsmaße zur Vermeidung von Bewegungskollisionen • Manuell beeinflusste Bewegungen → si ≥ 150 mm → si1 • Technisch – manuelle Bewegungen → si ≥ 100 mm → si2 • Automatisiert realisierte Bewegungen → si ≥ 50 mm → si3 7. Lagerungsplatzraum: Unter Beachtung von Höhenbewegungen dimensionierter Raum für einen Lagerungsgegenstand, Abb. 25.27
Abb. 25.27 Ermittlung des Lagerungsplatzraumes. a Einzelplatz. b Flexible Gruppenplätze. c Bewegung über Lagerungsgut
8. Lagerungssystemplatzraum: Unter Beachtung von Systemlinien gleichmäßig oder ungleichmäßig gerasterter Lagerungsplatz einer Systemzeile und einer Systemspalte, Abb. 25.28. 9. Lagerungsgrund-, Lagerungs- und Lagerungsgesamtraum: Es werden die unter 5. genannten Bedingungen zugrunde gelegt. Gesamter Lagerungsgrundraum VLG VLG =
e i=1
VG i
m3 /Lagerungssystem
(25.23.1)
25.4 Lagerungssystem
825
Abb. 25.28 Ermittlung des Lagerungssystemplatzraumes ( VP,Sp – Systemspaltenraum in m3/ Spalte). a Ungleiche Zeilenrasterung einer Lagerungssystemspalte. b Gleiche Zeilenrasterung und Mehrplatzsystem einer Lagerungssystemspalte (Beispiel mit dTE,R = 3)
Lagerungsgesamtraum VLG VLG = VP,Sp ·
zTE,Z · zZ,R · zR dTE,R
m3 /Lagerungssystem
(25.23.2)
Lagerungsgesamtraum VLG,g VLG,g = VLG + VSi + VKo + VSo
m3 /Lagerungssystem
(25.23.3)
VKo – Konstruktionsgesamtraum VSi – Sicherheitsraum über dem Regalsystem ( hsi ≥ 300 mm) VSo – Sonstiger Lagerungsraum (Beispiel: Nichtnutzung des Bereiches zwischen dem Fußboden und der 1. Lagerungszeile) VSi = ALG,g · hsi
m3 /Lagerungssystem
(25.23.4)
• Die Inhalte der Erläuterungen 1. bis 9. sind auf eine Transporteinheit übertragbar. Das heißt, die Einlagerung von Gegenständen in eine Transporteinheit hat Lagerungscharakter. Es entsteht das Prinzip „Lagerung in einem Lagerungsmittel“. • Von Ausnahmen abgesehen, sollte jede Lagerung räumliche Ordnungsprinzipien enthalten, um die notwendige Übersicht zu schaffen. Diese Ordnungsprinzipien haben Einfluss auf die Flächen- und Raumgröße, insbesondere auf die Bewegungsfläche und den Bewegungsraum. Das Ordnungsprinzip entspricht der Sys-
826
25 Fabriklagersystem
temstruktursystematik der technologischen Fabriksysteme (Kapitel 5, Teil 1). Es legt die räumlichen Anordnungen und die Bewegungsräume fest.
25.4.9
Lagerungssystembewertung
Die Güte eines projektierten Lagerungssystems kann durch eine Vielzahl von ↑ Kennzahlen geprüft und bewertet werden. Herausragende praktische Bewertungsgrößen sind Lagerungskapazität, Zugriffszeit und Nutzung. Lagerungskapazität Die Lagerungskapazität ist die Aufnahmemenge des Lagerungssystems. Die Einheitsgrößen der Kapazität sind in diesem Fall Stück, m3 oder kg ( t) im Lagerungssystem. In praktischer Vereinfachung wird für Stück (Anzahl der Lagerungseinzelgegenstände, z. B. 1.000 Stangen) die Stückmenge des Gegenstandsträgers (Transporteinheit, Lagerungseinheit, z. B. 100 Kassetten) angegeben. Beispiele: Palettenlager mit 25.000 Stellplätzen oder Behälterlager mit 50.000 Transporteinheiten (Größe 1). Zugriffszeit Die Zugriffszeit wird auf die Zeit der Auslagerung bezogen. Sie beinhaltet die Zeitdauer von der Veranlassung bis zur Abgabe und enthält die Zeitanteile Auslagerungszeit ( tA) mit der Förderzeit ( tFö), Umschlagzeit tU (Technikwechsel) und den Übergabezeiten ( tÜ) sowie die Umstapelungszeit tUM, Gl. (25.25). Zugriffszeit tZu = tA + tUM = tFö + tÜ + tU + tUM
h/Vorgang · System
(25.24)
Nutzung Eine Lagerungsnutzung wird räumlich, zeitlich sowie wirtschaftlich, weniger technisch, bewertet, Abb. 25.29. Am vielfältigsten ist die räumliche Nutzungsbewertung. Die Lagerungsbewertung benötigt jeweils eine Bezugsgröße. Diese Bezugsgröße sollte die Transporteinheit TE als Lagerungseinheit sein. Damit haben die räumliche ( VTE, ΣVTE), die zeitliche ( zFö,TE; tFö,TE), die technologische ( zFu,TE) und die wirtschaftliche ( VW,TE, tUM,TE) Bewertung einen gleichen Bezug. Die Transporteinheit kann gleichfalls mit Kennzahlen bewertet werden. Beispiel: Raumnutzung. Gesamtraumbewertung ηR = ηR,Sy1 · ηR,TE
0 ≤ ηR ≤ 1
(25.25)
In der Praxis werden für R bei Regallagerungen Werte von R ≥ 0,25 erreicht.
25.5 Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme
827
Abb. 25.29 Ausgewählte Kennzahlen zur Lagerungssystembewertung
25.5
Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme
Jedes Lagersystem enthält nach Abb. 25.2 das Lagerungssystem und jeweils ein oder ein integriertes Lagereingangs- und Lagerausgangssystem, Abb. 25.12. Entfällt das Lagerungssystem, bleibt das erläuterte Materialfluss-Sammel- und -Verteilsystem mit den Bestandteilen Eingangssystem, Sammel- und Verteilsystem und Ausgangssystem. Die Projektierungsunterschiede verdeutlicht Abb. 25.30.
Abb. 25.30 Unterscheidung von Lagersystem und Materialfluss-Sammel- und -Verteilsystem (MF-SVS). a Lagersystem mit Eingangs-, Ausgangs- und Lagerungssystem. b MaterialflussSammel- und Verteilsystem
828
25.5.1
25 Fabriklagersystem
Funktionsbestimmung
Die Ein- und Ausgangssysteme enthalten deutlich mehr Funktionen als die Lagerungssysteme. Wichtige Funktionen, die im Einzelfall zu präzisieren sind, enthält Abb. 25.31. Mit der Abb. 25.31 werden folgende projektierungsrelevante Aussagen getroffen: 1. Die Funktionsarten für den Lagereingang und Lagerausgang unterscheiden sich durch ihren Inhalt, die Zuordnung im Materialflussprozess, ihren Bezug zum Gegenstandszustand, ihren Beitrag zur Bildung des Materialflussprozesses (P0 … P9) und durch die Notwendigkeit einer Kommissionierung. 2. Es sind technologische (Zustandsändern) und flusstechnologische (Entpacken, Verpacken, Prüfen, …) Funktionen zu beachten. Diese Funktionen führen zu ↑ Arbeitssystemen im Lager. 3. Die Bewegungsfunktionen enthalten überwiegend Entscheidungsfunktionen mit den Orientierungen Verteilen oder Sammeln. Das unterstützt die Zuordnung, dass Lagerein- und Lagerausgangssysteme Materialfluss-Sammel- und -Verteilsysteme (MF-SVS) sind.
Abb. 25.31 Funktionen und Grobprozesse (P) des Lagereingangs (E) und Lagerausgangs (A)
25.5 Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme
829
4. Bei jeder Lagersystemprojektierung der Fabrik sind vier MF-SVS zu unterscheiden, die funktionell zu bestimmen sind: • • • •
Lagereingangs-Sammel- und Verteilsysteme (L-SVS-EIN), Lagerausgangs-Sammel- und Verteilsysteme (L-SVS-AUS), Lagereingangs- und Lagerausgangs-Sammel- und -Verteilsysteme (L-SVS), Materialfluss-Sammel- und Verteilsysteme (MF-SVS, ohne Lagerungssystem).
Der Lagerungsmengenbedarf und die Prozessaufwandsziele bestimmen das zu projektierende System. 5. Die Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme enthalten überwiegend eine Ein-Richtungsnetzstruktur (↑ Relationen). Die Flussrichtung ist eindeutig. Materialfluss-Sammel- und -Verteilsysteme basieren auch auf Mehr-Richtungsnetzstrukturen. 6. Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme können jeweils auf der Basis unterschiedlich ausgeprägter Prozesse entstehen. Die in der Abb. 25.31 aufgezeigten Prozesse (PE-0–PE-9 und PA-0–PA-9) sind nur in Teilen kombinierbar und technisch integrierbar. Der konkrete Projektierungsfall entscheidet über den endgültigen Prozessaufbau.
25.5.2
Projektierungshinweise
Wegen der technologischen und flusstechnologischen Funktionen werden die Sammel- und Verteilsysteme wie technologische Fabriksysteme (Kapitel 5, Teil 1) projektiert. Die Material-Eingangs- und -Ausgangsflüsse entsprechen einem Produktfluss mit der Einbeziehung von Arbeitssystemen. Es liegt eine parallele Projektierung von Eingangs- und Ausgangssystemen vor. Diese parallele Projektierung ist wegen der möglichen Nutzung gleicher Betriebsmittel oder Flächen notwendig. Beispiele enthält Abb. 25.32:
• Zuführen und Abführen • • • • •
→ Gleichzeitigkeit, Flächenermittlung, Wartezeiten, …, Entladen und Beladen → Gleichzeitigkeit, gleiches Betriebsmittel (Stapler), …, Eingangs- und → Gleichzeitigkeit, gleiche Betriebsmittel, Ausgangsprüfung gleiche Personen, …, Sammeln und Verteilen → gleiche Wege, gleiche Betriebsmittel (Stapler), …, Technologische Funktionen → Zuschnitt, Grobdrehen, …, Kommissionierung → Gleichzeitigkeit, gleiche Personen, gleiche Fläche, …,
830
25 Fabriklagersystem
Abb. 25.32 Grundvarianten zur Zuordnung von Lagereingangs- und -ausgangssystemen
• In die Projektierung sind alle Gegenstandsflüsse der Systemflussgruppen (↑ Betriebsmittelfluss, Energiefluss, Informationsfluss, Betriebsstofffluss, ↑ Personenfluss) einzubeziehen. • In den Ein- und Ausgangsbereichen erfolgen keine Lagerungen, sondern Speicherungen in den Flusssystemen oder Arbeitssystemen. Diese Speicherungen haben gleichfalls Eingänge (Zuführung) und Ausgänge (Abführung). Sie sind als Elemente oder Teilsysteme des Flusssystems zu projektieren (↑ Speicherbedarfsmengen, ↑ Speicherdimensionierung). • Problematisch sind die Leerbehälter wegen der Artvielzahl, der Brandlast (Holzpaletten), der Zustände (Verwendung, Instandsetzung, Aussonderung), des Eigentums (eigene, fremde) und ihrer Spezifik. Ausreichende Flächen und Räume sowie eine gute Ordnung für den Leerbehälterfluss sind unbedingt notwendig. • Zweck, Inhalt und Größe der Sammel- und Verteilsysteme sind abhängig vom Lagerungssystem oder vom technologischen Fabriksystem. Auf die sich daraus ergebenden Flussprozesse ist die Betreibung auszurichten. • Durch die Ähnlichkeit der Lagereingangs- und Lagerausgangsprozesse sind auch die Flächen- und Raumanteile ähnlich, Abb. 25.33. Im Praxisfall können sie jedoch in ihren Ausprägungen erheblich differieren, so dass eine Vorausberechnung ohne Kenntnis der Dimensionierung schwer möglich ist.
25.6
Fabriklagersysteme und Fabriklagerstätten
Fabriklager werden zeitlich nach den und in Abhängigkeit von den technologischen Fabriksystemen als räumlich offene, teiloffene (überdachte, Teilwände) oder geschlossene Lagersysteme projektiert. Nach der Entscheidung über ihre Notwendigkeit und den Zweck muss auch eine Eindeutigkeit zur Zuordnung getroffen werden. Je nach Fabrik- und Lagergröße ergeben sich die Möglichkeiten nach Abb. 25.34.
25.6.1
Fabriklagersysteme
Fabriklagersysteme enthalten die Teilsysteme Lagerungssystem, Lagersammel- und -verteilsystem als kombiniertes System von Lagereingangs- und Lagerausgangs-
25.6 Fabriklagersysteme und Fabriklagerstätten
Abb. 25.33 Flächen- und Raumanteile der Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme
Abb. 25.34 Lagerzuordnungsvarianten in der Fabrik (ohne Kombinationen)
831
832
25 Fabriklagersystem
system, die Schutzsysteme, Versorgungssysteme und Entsorgungssysteme sowie die Betreibungs-, Erhaltungs- und Lenkungssysteme, Abb. 25.35. Fabrikeinzel- und Fabrikzentrallagersysteme sind zu unterscheiden.
Abb. 25.35 Orientierung zur Systemprojektierung von Fabriklagern
Funktionsbestimmung Die Funktionen und Prozesse werden durch das Lagerungs- und die Sammel- und Verteilsysteme bestimmt. Zusatzfunktionen und Zusatzprozesse sind durch die Einbeziehung weiterer Aufgaben (technologische, betreibende, erhaltende Aufgaben) möglich. Das Lagersystem verliert seine Eigenständigkeit als Lager, wenn eine Produktproduktion integriert wird. In diesem Fall wird es zu einem technologischen Fabriksystem mit integrierter Lagerung (nicht umgekehrt). Es ist dann nach dem Technologieaspekt zu projektieren.
25.6 Fabriklagersysteme und Fabriklagerstätten
833
Dimensionierung Die Dimensionen der Lagerteilsysteme werden für jedes Teilsystem gesondert projektiert. Das ist auf Grund der Aufgabenunterschiedlichkeit ein Zwang, der einzuhalten ist. Besonders sichtbar wird dieser Zwang bei den Betriebsmitteln (Regal, Bediengerät bei der Lagerung, und Arbeitssysteme bei den Ein- und Ausgangssystemen), Flächen und Räumen. Flächen und Räume sind in Anlehnung an die Abb. 25.23 und 25.33in getrennter Form zu ermitteln, da technische Integrationen noch selten sind.
• Fabriklagersysteme sind produktionsrelevante Fabriksysteme, die durch die Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme eine Ähnlichkeit zu den technologischen Fabriksystemen aufweisen. Folglich sind sie auch wie technologische Fabriksysteme zu projektieren. In der räumlichen Ausprägung (Raumhöhe) kann das Lagerungssystem durch die Verwendung von Hochregalen jedoch erheblich abweichen. Das bedeutet, dass die Systemhöhen von Lagerungssystem und Lagereingangs- und Lagerausgangssystemen verschieden sind. Dieser Unterschied wird aufgehoben, wenn die Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme in mehreren Ebenen projektiert werden, Abb. 25.36. Es entstehen ein dreidimensionaler Materialfluss und eine Grundflächenreduzierung.
Abb. 25.36 Materialfluss und Systemhöhen von Lagersystemen (Beispiel in Seitenansicht). a Eine Sammel- und Verteilebene. b Mehrere Sammel- und Verteilebenen
• Fabriklagersysteme enthalten die flussbedingten Teilsystemgruppen nach Abb. 25.35, die für das Lagerungssystem und für die Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme aufgabengerecht zu dimensionieren sind. Ausgeprägte Versorgungssysteme entstehen beispielsweise in Nahrungsgüterfabriken durch die Kühlung der Nahrungsmittel im Lagerungssystem. • Der Gesamtflächenbedarf des Fabriklagersystems ergibt sich aus den Flächenanteilen nach Tabelle 25.13. Für jeden Flächenanteil sind auch die Systemhöhen und die Systemräume zu ermitteln. Das erfolgt in Analogie zum technologischen Fabriksystem (Kapitel 5,
834
25 Fabriklagersystem
Tabelle 25.13 Übersicht zur Gesamtermittlung der Flächen und Räume von Fabriklagersystemen
Teil 1). Die Teilsystemflächen und die Gesamtteilsystemflächen sind gesondert zu berechnen, Gl. (25.26). Teilsystemfläche n A TS j = ALTS i j · (1 − ηÜ,A1 )
m2 /Teilsystem
(25.26.1)
i=1
Teilsystemgesamtfläche ATS j = (A TS j + ATS, Zu j ) (1 − ηÜ, A2 )
m2 /Teilsystem
(25.26.2)
25.6 Fabriklagersysteme und Fabriklagerstätten
835
Strukturierung Das Lagerungssystem und die Lagereingangs- und Lagerausgangssysteme werden gesondert strukturiert. Es treffen die Systemgrundstrukturen nach Kapitel 5, Teil 1, zu. Während bei den Lagerungssystemen die Systemstruktur relativ schnell ermittelbar ist, sind bei den Lagereingangs- und Lagerausgangssystemen Entscheidungen zur Integration erforderlich. 1. Getrennte Strukturierung des Lagereingangs- und des Lagerausgangssystems in Folge getrennter Aufgaben (Rohmaterial, Vertrieb) und Anordnungen. 2. Gemeinsame Strukturierung durch eine ersetzende Arbeitsweise bei ähnlichen Funktionen (Be- und Entladen) und einseitiger Anordnung (Abb. 25.32). 3. Integrative Strukturierung als zentrales Sammel- und Verteilsystem. Die Anzahl Strukturvariationen entspricht denen der technologischen Fabriksysteme und ist abhängig von der zeitlichen Auslastung der Systemelemente. Diese Strukturierung ist auch notwendig, wenn die Lagersysteme durch Integration Bestandteil der technologischen Fabriksysteme werden, Abb. 25.34 und 25.37.
Abb. 25.37 Beispiel für eine Lagerintegration in das technologische Fabriksystem
25.6.2
Fabriklagerstätte
Eine Fabriklagerstätte ist eine flusstechnologische Fabrikwirkungsstätte mit den Hauptinhalten Gegenstandslagerung, Gegenstandssammlung und -verteilung für die Systeme der Fabrik. Fabriklagersysteme enthalten dann zusätzlich • • • • • •
sanitäre und soziale Bereiche, den Lagerbetrieb (Betreibung, Erhaltung, Lenkung, Außenbeziehungen), das Raumbauwerk zur Fabriklagerstättenbildung, die Systeme der Raumversorgung und -entsorgung, einen Raumbetrieb, den Standort mit den Anbindungen (Zufahrten, Versorgung, Rampen, …).
836
25 Fabriklagersystem
Tabelle 25.14 Lagerstättenformen in der Fabrik
Die Anordnung in der Fabrik muss auf die Produktion ausgerichtet sein. Zu unterscheiden sind, Tabelle 25.14 und 25.15: • Fabrikeinzellagerstätten, • Fabrikeingangslagerstätte für die Beschaffung, Kooperation und Fabrikversorgung, • Fabrikausgangslagerstätte für den Vertrieb, die Kooperation und Fabrikentsorgung, • integrierte Fabrikzentrallagerstätte.
• Fabriklagerstätten können ein großes Integrationspotential enthalten und ermöglichen den Aufbau der Gesamtfabrik auf der Basis von zwei Grundfällen: • Grundfall 1:
Die Fabrik besteht nur aus technologischen Fabrikwirkungsstätten mit integrierten Lagersystemen und Fabriksystemen.
25.6 Fabriklagersysteme und Fabriklagerstätten
837
Tabelle 25.15 Fabriklagerstättenbildung (ohne Personenfluss)
• Grundfall 2:
Die Fabrik enthält technologische und flusstechnologische Fabrikwirkungsstätten. Beide führen zu einem hohen funktionellen Integrationsniveau und zu gesamtbetrieblichen Bereichen.
838
25 Fabriklagersystem
Abb. 25.38 Projektierungsmethodik von Fabriklagerstätten (Z – Zyklus; stark vereinfacht)
• Der Projektierungsumfang ist von den angestrebten Integrationen (Tabelle 25.15) abhängig. Jede Fabriklagerstätte stellt deshalb einen Projektierungseinzelfall mit dem dominanten Fabriklagersystem dar. Die beabsichtigten Integrationen dürfen die Funktionalität des Lagersystems nicht stören. • Die Lagerstättenprojektierung erfordert eine einzuhaltende Folge, Abb. 25.38. Zuerst wird das Lagerungssystem und zum Schluss die Fabriklagergesamtstätte zyklisch projektiert. Die Projektierungszyklen (Z1–Z6) sind einzuhalten, auch wenn eine Gesamtkonzeption erarbeitet wird. • Jedes der integrierten Zusatzsysteme kann ein Lagerungssystem enthalten. Zu prüfen ist in solchen Fällen eine Integration oder Teilintegration mit dem Lagerungssystem der Produktion oder eine von der Produktion losgelöste Integration.
Literatur
839
Eine besondere Beachtung müssen ↑ Gefahrstoffe, energietragende Stoffe (Brandlast), Archive und Chemikalien erfahren. • Fabriklagerstätten sind keine „Ruhestätten“, sondern unverzichtbare Bestandteile der Gesamtfabrik. Sie können als autonome Bereiche und unabhängig von der Eigentumsform projektiert werden. In ausgeprägter Form durch Zentralisation und Integration sind sie Güterverkehrszentren gleichzusetzen. Die Anzahl der Verkehrsträger ist hierbei kein Entscheidungskriterium. • Die Projektierungsvorschriften der technologischen Fabriksysteme und Fabrikwirkungsstätten sind auf die Fabriklagersysteme und Fabriklagerstätten übertragbar.
Literatur EVERSHEIM W, SCHUH G (1996) Betriebshütte – Produktion und Management. Springer, Berlin JÜNEMANN R (1989) Materialfluss und Logistik. Springer, Berlin JÜNEMANN R, SCHMIDT T (2000) Materialflusssysteme. Springer, Berlin MARTIN H (2004) Transport- und Lagerlogistik. Vieweg, Wiesbaden
26
Fabrikstandortbebauung
Fabrikstandortbebauung: Belegung der Fabrikstandortfläche durch Bauwerke.
26.1
Bebauungsanforderungen
Die Notwendigkeit einer Bebauung durch Bauwerke leitet sich aus den Trag-, Stützund Schutzfunktionen der Bauwerke für die technologischen, infrastrukturellen und ultrastrukturellen Funktionen der Fabrik ab. Dabei sind standortflächenbeanspruchende Bauwerksgruppen zu berücksichtigen, die auch in die zu genehmigende Grundflächenzahl des Fabrikstandortes eingehen, Abb. 26.1. Alle Bauwerke haben eine Tragkonstruktion, bewirken eine Trümmerlast bei Einsturz und erfordern eine Standortfläche für ihre Aufstellung. Diese Fläche enthält eine • Bauwerksgrundrissfläche durch die maximale Außenlänge, Außenbreite oder den Außendurchmesser, • Abstandsfläche (si = a ⋅ L; a ≥ 0,15 m), die bauwerksumlaufend eingeht (Bauungenauigkeit, Entwässerung, …), • Außenver- oder -entsorgungsfläche für die Bauwerks-Ver- und -Entsorgung. Alle Bauwerke nach Abb. 26.1 werden in die bebaute/bebaubare Standortfläche eingerechnet. Zu beachten sind Bauwerkslasten (Einzellast in N, Flächenlast in N/m2), Verkehrslasten (Achs- und Radlasten) und Trümmerlasten (kg/m2).
26.2
Bebauungsarten
Es sind drei Bebauungsgrundarten und vier kombinierte Bebauungsarten zu unterscheiden, Tabelle 26.1.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_26, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
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842
26 Fabrikstandortbebauung
Abb. 26.1 Bauwerksgruppierung für die Fabrikstandortbebauung
Einzelbebauung: Einzelaufstellung mit allseitiger Zugangs- oder Berührungsmöglichkeit des Bauwerkes. Einzelgebäudeeignung: Einstättenfabrik, Gefährdungsinhalte: Brand-, Explosions-, Lärm-, Trümmer-Gefährdung; Quarantäne, Feuchtebereiche, …
• Randanordnung der NUR-Trag- und Stützbauwerke, Zwangszuordnung der befahrbaren Bauwerke, • Hohe Aufwendungen für Weglängen, Wärmebedarfe, Fabrikverkehr, Instandhaltungen, Versorgung, • Störungen: Toröffnungen, Erweiterungsbegrenzungen, Außen-↑ Rohrleitungssysteme, • Überdachte Verbindungswege; („Hüttenfabrik“). Verbundbebauung: Bauwerksverbund mit unterschiedlichen Gebäuden (Raumbauwerken) und wenigen Innenwänden.
26.2 Bebauungsarten
843
Tabelle 26.1 Bebauungsarten
Gebäudeeignung: Angepasste Gebäudegröße an den fabriklichen Inhalt.
• Vermeidung unterschiedlicher Dachhöhen („Schneesack“-Bildung), • Beachtung: Dachentwässerung, Dachinstandhaltung, Höhenerweiterung, Entlüftung über das Dach, Ästhetik, • einheitliche Bekranung über alle Gebäude ist nicht möglich. Kompaktbebauung: Bauwerksverbund mit Gebäuden gleicher Systemhöhe und wenigen Innenwänden. Gebäudeeignung: Für alle Fabriken mit mehreren Fabrikwirkungsstätten und Lagern.
• Anstreben gleicher Dachformen (Sattel-, Shed-Dach), • Anstreben einer gleichen Bekranung für alle Gebäude mit Kranübergabestellen, • Beachtung: teilweise Dachinnenentwässerungen, Raumluftentsorgung über das Dach, umfangreiche Oberlichtfläche und Rauch-Wärme-Abzugsanlagen, Trennung von Raumluftzufuhr und Raum-/Absaug-Fortluft, • Günstig: Einbauten zwischen den Stützen, Erweiterung in Länge und Breite.
844
26 Fabrikstandortbebauung
Kombinierte Bebauung Eine in fast allen Belangen anpassbare Bebauungsform, wenn die Vorteile der Kompakt- mit der Einzelbebauung in Verbindung gebracht werden, d. h., Kompaktfabrikgebäude und Anordnung der Einzelbauwerke in den Standortrandzonen ohne Erweiterungsbegrenzung des Kompaktbaus, Beispiel nach Abb. 26.2.
Abb. 26.2 Kombinierte Fabrikstandortbebauung (Prinzipbeispiel)
26.3
Projektierungsbeeinflussung
Die Fabrikstandortbebauung ist eine Gesamtaufgabe des Fabrikprojektanten unter Einbeziehung von Bauprojektanten, Versorgungsprojektanten und, soweit es geht, von Genehmigungsgremien mit folgenden Aufgaben und Zielstellungen: Bebauungsziele • Flächengünstige Bebauung mit der Zielfunktion → Flächenminimum. • Flussgünstige Bebauung mit der Zielfunktion → Flusswegminimum. • Minimale Zu- und Ausfahrten, Standortanbindungs- und Bauwerksanschlussstellen. • Abstandsmaßeinhaltung und Festpunktvermeidung (Erweiterungsbehinderung). • Ruhender Verkehr (Fahrzeugparken) angrenzend an den Zu-, Ein- und Ausfahrtbereich, vor dem oder im Fabrikstandort. • Erweiterungsbeachtung in zwei Flächenrichtungen und einer Höhenrichtung bei Büro-, Sozial-, Versorgungsbauwerken. Bebauungsplan • Bauliche Bebauungsvorgabe von Genehmigungsbehörden (B-Plan). • Ergebnis einer Bebauungsplanung durch Bauwerksanordnung. • Grundsätzlicher Bauwerks- und Standortgrenzenbezug mit Flächendarstellung/nachweis von bebaubarer/bebauter und nicht bebaubarer/nicht bebauter/nicht zu bebauender Fläche.
26.3 Projektierungsbeeinflussung
845
Fabriklayout • Flussorientierte Darstellung der Bebauung am Fabrikstandort (↑ Layoutprojektierung). • Flussunterscheidende Darstellung der Fabrikstandortbebauung (Produktfluss, Versorgungs-, Entsorgungsflüsse, Personenflüsse, Brandbekämpfungsfluss, …) mit den Standortanbindungsstellen und Bauwerksanschlussstellen. • Extremdarstellung bis zur Arbeitssystemanordnung. Grenzbebauung: Genehmigungspflichtige Bauwerksanordnung direkt an der Fabrikstandortgrenze (0 … 1 m – Bereich): • Fall 0: • Fall 1: • Fall 2: • Fall 3:
Keine Genehmigung für eine Grenzbebauung. Grenzbebauung mit Flächenbegrenzung (A < 30 m2, L ≤ 9 m, H ≤ 3 m) nach Landesbauordnung ohne Nachbarschaftszustimmung. Keine Nachbarschaftszustimmung bei Bebauungen (>30 m2) im Grenzbereich. Baulasteintrag der Grenzbebauung im Grundbuch des Nachbargrundstückes.
Bebauungshöhen: Die aus den Bauwerkshöhen ableitbare Bebauungshöhe wird durch die vorgeschriebene Baumassenzahl (BMZ) und den Standortgrenzabstand beeinflusst. Soweit in den Bebauungsvorgaben nichts vorgeschrieben ist, gelten die Regeln nach Abb. 26.3.
Abb. 26.3 Bebauungsregeln. a Verbund- und Einzelbebauung. b Kompaktbebauung
Abstandsmaße Unterscheidung von Grenzabstandsmaßen (g), Sicherheits- (si), Durchfahr- (d2), Durchgangs- (d1), Abstell- (a), Instandhaltungs- (w) und Bauwerksabstandsmaßen (b), Abb. 26.4.
• Die Bebaubarkeit des Fabrikstandortes wird durch gesetzliche Vorgaben begrenzt. Diese Begrenzung wird durch die
846
26 Fabrikstandortbebauung
Abb. 26.4 Bei der Bebauung zu berücksichtigende Abstandsmaße (ohne Zufahrtabstände). a Abstandsmaßlayout. b Objekt-Abstandsmaß-Zuordnung. c Mindestabstandsmaße in mm
• Grundflächenzahl GRZ (Verhältniszahl von Bebauungs- und Standortfläche), • Baumassenzahl BMZ (Verhältniszahl von Bauwerksvolumen und Standortfläche in m3/m2), • Geschoßflächenzahl GFZ (Verhältniszahl von Bauwerksbruttogesamtfläche zur Standortfläche), • Grenzbebauung (Beachtung von Grenzabstandsmaßen) herbeigeführt. • Bei gleicher Grundflächenzahl erreichen Kompaktbebauungen die für die Fabrik günstigen höheren Raumvolumina. Die Bebauungsprojektierung sollte deshalb mit der Prüfung einer Kompaktbebauung beginnen und mit einer Rest-Einzelbebauung enden. • Projektiert wird die Gesamtbebauung unter Einschluss der Erweiterungen. Realisiert wird in Bebauungsabschnitten bis zur Gesamtbebauung.
27
Fabrikverkehrssystem
Fabrikverkehrssystem: Bewegungssystem der Fabrik zur Beförderung von Personen und Sachgütern auf dafür vorgesehenen Verkehrswegen.
27.1 Allgemeine Grundlagen Der Begriff Verkehr entstand im 18. Jh. (niederl., dt.; verkeren) für das Bewegen von Handelswaren. Er erreichte in der zweiten Hälfte des 19. Jh. seinen kennzeichnenden Höhepunkt, da jede Bewegung mit Beförderungsleistungen als Verkehr (Straßen-, Schienen-, Flug-, Wasser-, Luft-, Brief-, Funk-, Schnell-, Nachrichten-, Schwerlast-, Fähr-, LKW-, PKW-, Fahrrad-, Fahrzeug-, Taxi-, Omnibus-, Reise-, Berufs-, Linien-, Durchgangs-, Ausflugs-, Fremden-, Pendel-, Orts-, ruhender, fließender, stockender Verkehr) bezeichnet wurde, ähnlich, wie heute bei der Logistik. Die Fabrik benötigt den Verkehr aus drei Gründen: • zur Anbindung der Fabrik durch die Verkehrsarten für die Realisierung des gesamtfabriklichen Verkehrs (Personen, Güter) und zur Durchführung des Fabrikbetriebes, Abb. 27.1, • zur Realisierung der innerfabriklichen Relationen zwischen den Fabrikstätten, • zur Realisierung der außerfabriklichen Relationen (Beschaffungsrelationen: Lieferer → Fabrik; Vertriebsrelationen: Fabrik → Kunde). Ein Verkehr ist immer an fixierte Verkehrswege als Tragsysteme und an Verkehrsmittel gebunden. Das gilt für den Transport nicht in jedem Fall, so dass Transport als äquivalenter Begriff (Begriff seit der Antike; Schienentransport, Lufttransport, …) für die Verkehrsdurchführung verwendet wird (Beachte: Bahnfahrt, Luftfahrt, …). Schwerpunkt des Fabrikverkehrs ist der Straßenverkehr bzw. -transport. Straßenverkehr Straßenverkehr bedeutet das Bewegen (die Beförderung) von Personen und Gütern auf landgebundenen Straßen (fixiertes Wegsystem als Tragsystem) mit geeigneten Straßen – Bewegungsmitteln. Charakteristische Merkmale enthält Abb. 27.2.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_27, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
847
848
27 Fabrikverkehrssystem
Abb. 27.1 Einordnung des Fabrikverkehrs
27.2
Systeme, Teilsysteme und Elemente des Fabrikverkehrs
Nicht jede Verkehrseinrichtung in der Fabrik führt zu einem eigenständigen Fabrikverkehrssystem, so dass hier Differenzierungen in Elemente und Teilsysteme des Fabrikverkehrs und eine Zuordnung zu anderen Fabriksystemen (Eingangs- oder Ausgangslager) erforderlich werden, Abb. 27.3. Verkehrssysteme der Fabrik sind Materialflusssysteme, die folgende Aufgaben lösen müssen: • Güterbewegung zum und vom Fabrikstandort sowie im Fabrikstandortbereich, • Personenbewegung (Beförderung) zum und vom Fabrikstandort sowie zu und von den Fabrikstätten, • Umschlag von Gütern durch das Be- und Entladen, • Personenumschlag am oder im Fabrikgelände durch Aus-, Um- und Einsteigen an Haltestellen des öffentlichen Verkehrs oder des Fabrikpersonenverkehrs, • die behinderungsfreien Zu- und Ausfahrten im Schnittstellenbereich öffentlicher Verkehr und Fabrikstandortverkehr, • Realisierung des ruhenden Verkehrs am oder auf dem Fabrikstandort. In Verbindung mit den unterschiedlich einzubeziehenden Verkehrstechnikgebieten führen die Aufgaben zu einem Querschnittsprojekt durch die Projektierungsgemeinschaft von Fabrikprojektant und Verkehrsprojektant (Spezialprojektant). Gemeinsame Basis ist die allgemeine Gliederung der Fabrik-Verkehrseinrichtungen und des Fabrikverkehrs nach Abb. 27.3. Zum Fabrikverkehr gehören: • der Fabrikstandortverkehr als interner Fabrikverkehr (fließend, ruhend), • der Fabrikkooperationsverkehr als externer Fabrikverkehr, • der Fabrikanbindungsverkehr (Zufahrten, Ausfahrten).
27.2 Systeme, Teilsysteme und Elemente des Fabrikverkehrs
849
Abb. 27.2 Grobe Übersicht über die charakteristischen Merkmale des Straßenverkehrs
27.2.1
Ermittlung der Projektierungsbasis
Das Ergebnis der Technologischen Fabrikprojektierung ist die Projektierungsbasis für die spezielle (logistikorientierte) Verkehrsprojektierung im Sinne eines ↑ Projektierungsprogramms oder einer Aufgabenstellung. Aufgaben der Fabrikprojektierung enthalten die Tabellen 27.1 und 27.2.
850
27 Fabrikverkehrssystem
Abb. 27.3 Zu projektierende Gebiete des Fabrik-Verkehrs (Hauptorientierung: Straßenverkehr)
27.2.2
Fabrikstraßen und Fabrikwege
Fahrstraßen für den Pkw- und Lkw-Verkehr werden in Abhängigkeit von der zugelassenen Geschwindigkeit wie Landes- und Bundesstraßen und in Abstimmung mit den ↑ Produktflusssystemflächen ausgelegt. Auf die kostenwirksame Straßenflächengröße (≥40% der Gesamtgebäudefläche) wirken die Straßenführung (Geraden, Biegungen, Ein- oder Mehr-Richtungsverkehr, Verkehrsmagistralen) und die Geschwindigkeitsbegrenzung mit der Stufung 50 km/h, 30 km/h und 10 km/h (Umschlagbereiche), Tabelle 27.3. Personenwege sind dagegen wie ↑ Personenfluss –
27.2 Systeme, Teilsysteme und Elemente des Fabrikverkehrs
851
Tabelle 27.1 Grundaussagen zur Projektierungsbasis durch die Fabrikprojektierung
Wege in Gebäuden auszulegen. Tabelle 27.3 enthält Orientierungswerte, die für den Einzelfall zu prüfen sind.
27.2.3
Rampensysteme
Rampensysteme gehören zu den so genannten allgemeinen Transportanlagen für den LKW- und den Bahn-Güterverkehr zur Höhenabstimmung von Fahrzeuglade-
852
27 Fabrikverkehrssystem
Tabelle 27.2 Projektierungsbasis durch die Fabrikprojektierung
Tabelle 27.3 Orientierungswerte für die Straßen- und Wegbreiten
flächen- und Fabriksystemfussbodenhöhe. Als bauliche Systeme sind sie kostenaufwendig und als Festpunkte störend, so dass hinsichtlich der Notwendigkeit, Größe und des Rampenprinzips, Abb. 27.4, Einzelprüfungen empfohlen werden. Jedes Rampensystem ist ein Umschlag- bzw. Übergabesystem, das durch • Zufahrt- und Ausfahrtbewegungsflächen, • Prüff lächen,
27.3 Ruhender Fabrikstraßenverkehr
853
Abb. 27.4 Rampensysteme. a Kombinationstafel zur Systematisierung der Rampenprinziplösung. b Beispiel: Fabrik- oder Fabrikeingangslager
• Umschlaglagerflächen und zusätzlich durch • Ver- und Entsorgungs-, Betreibungsflächen usw. wie ein technologisches Fabriksystem (unter dem Logistikaspekt) zu projektieren ist.
27.3
Ruhender Fabrikstraßenverkehr
Unter einem ruhenden Verkehr wird das Abstellen von Fahrzeugen aller Art auf dafür vorgesehenen Flächen oder in dafür vorgesehenen Systemen verstanden. Das dadurch entstehende Fahrzeugparken ist ein kostspieliger Sachverhalt durch die Flächen- oder Systembereitstellung ohne wirtschaftlichen Ertrag. Da alle Fahrzeugarten einzubeziehen sind, ergeben sich geringe Flächennutzungsgrade, aber es geht auch nicht ohne diese Dienstleistung. Zu beachten sind die Anforderungen nach Abb. 27.5.
854
27 Fabrikverkehrssystem
Abb. 27.5 Fahrzeuggruppen für den ruhenden und bewegten Fabrikverkehr
Für das Fahrzeugparken sind zunächst einfache Anordnungsregeln zu entscheiden, die zum Standort des Fahrzeugparksystems führen: • Mitarbeiterfahrzeuge vor der Fabrik („vor dem Fabriktor“), • Fahrzeuge für Mitarbeiter mit Behinderung (Rollstuhl) in der Fabrik (am Eingang zum Arbeitsplatz, am Arbeitsplatz), • Fahrzeuge von Besuchern vor der Fabrik (am Eingang, Extraparkplatz), • Fahrzeuge von Kooperationspartnern: Kurzzeitparken vor der Fabrik (Anmeldung), Langzeitparken in der Fabrik zur Arbeitsausführung, • Fahrzeuge der Lieferer und Abnehmer: Kurzzeitparken vor der Fabrik (Anmeldung), Kurzzeitparken vor der Ent- oder Beladestelle, • Fabrikfahrzeuge in der Fabrik am Haupteinsatzort. Auch wenn durch die Grundzuordnungen mehrere Fahrzeugparksysteme erforderlich werden, so sind immer der Zweck, die Sicherheit und Ordnung von entscheidender Bedeutung.
27.3.1
Fahrzeugparksystemarten
Je nach Menge der zu parkenden Fahrzeuge, dem Flächen- und Raumanspruch, der Bewegungsform und dem Bau- und Betreibungsaufwand werden unterschiedliche Fahrzeugparksystemarten unterschieden, die nicht nur für eine Fabrik zur Anwendung kommen, Tabelle 27.4. Fabriken der Zukunft werden bei zunehmender Autonomie der Fabrikstätten mechanische oder kombinierte Fahrzeugparksysteme integrieren, die eine Außen-
27.3 Ruhender Fabrikstraßenverkehr
855
Tabelle 27.4 Grundarten von Fahrzeugparksystemen
anbindung an die öffentlichen Straßen haben. Abbildung 27.6 enthält geeignete Beispiele.
27.3.2
Fahrzeugparkplatzflächen
Für die Fahrzeugparkplatzflächen werden häufig Richtwertgrößen vorgegeben, die beispielsweise für alle Pkw-Bauarten gelten, was unrealistisch ist. Fahrzeugbreiten,längen und -radstände verändern sich. Bei einer angemessenen Geschwindigkeitsbegrenzung (von 10 km/h) liegen in der Praxis die Gesamtflächenwerte, bezogen auf den Fahrzeugstellplatz, die Durchgangsmaße und die Zu- und Abfahrtsflächen, bei 17 … 25 m2/Pkw und 32 … 42 m2/Lkw als Planungswertgröße vor. Projektierte Werte können hiervon durch die Systemlösung abweichen. Eine relative Genauermittlung ist nur durch eine Projektierung mit folgenden Bedingungen möglich: • Anwendung der Ersatzflächenmethode mit dem Bezug Fahrzeugersatzfläche, • Beachtung von Personenbehinderung und Gepäck, • Stellplatzordnung des Fahrzeugparksystems. Abbildung 27.7 enthält die Berechnungsgrundlagen und die Berechnungsbedingungen, die der Dimensionierung anderer Systeme (↑ Arbeitsplatzf lächendimensionierung und den ↑ Produktflusssystemflächen) ähnlich sind.
856
27 Fabrikverkehrssystem
Abb. 27.6 Ausgewählte Beispiele für Fahrzeugparksysteme (HELBING et al.). a Parkplatzfläche. b Beispiel 1: Kombiniertes Fahrzeugparksystem. c Beispiel 2: Mechanisches Fahrzeugparksystem (Hochregalprinzip)
Mit der Abb. 27.7 werden auch verschiedene Fahrzeugstellplatztypen dargestellt, die mit Typ 1 und Typ m gekennzeichnet wurden. Der Stellplatztyp beeinflusst die Stellplatzflächengröße und kann mit der Ersatzflächenmethode ermittelt werden.
• Die Flächenanteile eines Fahrzeugparksystems entsprechen in den Grundzügen den zu projektierenden Teilen von Fabriksystemen. Zu projektieren sind: 1. Stellplatzgesamtfläche (Bezug: Gewichtete mittelgroße bis große Fahrzeugabmessungen (Länge: 4,90 m, Breite: 1,80 m, Türöffnungsbreite: 1,05 m → AStellplatz (Typ) = 17,325 m2/Pkw -Typ) 2. Bewegungs-Wegefläche (Zu- und Ausfahrten, Ein- und Ausparken, Wenden) 3. Betriebsmittelfläche (Stellplatzkennzeichnung, Unterstützungsmittel) 4. Versorgungsfläche (Lichtversorgung, Sanitär, …) 5. Entsorgungsfläche (Abfallstoffbehälter, Reinigung, Entwässerung, …) 6. Erhaltungsf läche (Anfahrschutz, Begrenzungen, Pannenhilfe)
27.3 Ruhender Fabrikstraßenverkehr
857
Abb. 27.7 Bei der Fahrzeugparkplatzprojektierung zu beachtende Abstandsmaße (ohne Zufahrtund Ausfahrtmaße)
7. Betreibungsfläche (Ein- und Ausfahrtkontrolle, Signalanlagen, Schranken, Parkautomaten, Beschilderung, …) 8. Lenkungsfläche (Ausnahme, in Fabriken nur selten, Leitsysteme) 9. Zusatz- und Sonderflächen (Erweiterungsfläche, Begrünung, Notausfahrt, Gehwege) 10. Freie Fläche (Geometriekorrektur) Zusätzlich: Bauwerksflächen, Sanitärflächen, Umschlagf lächen usw. • Sehr unterschiedlich ist die Anzahl parkender Fahrzeuge. Hierfür müssen Grundregeln eingeführt werden: 1. Fabrikfahrzeuge • Stellplatzanzahl = Fahrzeuganzahl bei Nutzfahrzeugen, • Stellplatzanzahl = Fahrzeuganzahl bei Dienst-Pkw,
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27 Fabrikverkehrssystem
• Lager-/Speicherdimensionierung bei Wechselbrücken, • Kooperationspartnerfahrzeuge sind wie Fabrikfahrzeuge zu behandeln. 2. Beraterfahrzeuge • Stellplatzanzahl ⇒ obere gewichtete Schätzmenge bei Pkw, • Unterscheidung nach Kurzzeit- und Langzeitparken, • Gleichzeitigkeitsschätzung. 3. Mitarbeiterfahrzeuge • Bezugsbasis ist der maximale ↑ Personenfluss (Schichtwechsel), • Stellplatzanzahl (20 … 80% der Mitarbeiteranzahl) ⇒ Schätzungsmenge durch Beeinflussungen ist zu konkretisieren, • Beeinflussungen sind: öffentlicher Personennahverkehr, Einzugsbereich, regionales und lokales Fahrverhalten (Sommer, Winter, Fahrrad, Pkw, Fahrgemeinschaften, Fremdnutzung, …).
Literatur HELBING KW et al (1993) Autoparksysteme, Forschungsbericht zum Projekt 905/92. Ingenieurgesellschaft HELBING & PARTNER, Wismar
28
Fertigungsform
Fertigungsform: Nach technischen, räumlichen, zeitlichen oder organisatorischen Aspekten geordnete Aufbauform der Fertigung, die durch typische Grundformen vertreten wird, die Fertigungsorganisation beschreibt und Basis der Projektierung von Fertigungssystemen ist. Die Fertigungsform ist ein Begriffsvertreter für Produktionsform mit der Spezifik für die Produktionsgrundstufen Teilefertigung und Erzeugnisfertigung. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
AS AUS dT
– – Elemente/Takt
EIN fW FA HW na na,W
– Rüstungen/Wechsel – Wechsel/a ⋅ System ME/a ME/Wechsel
nTE tO tRü tRü,ges tT V ΔtT
Stück/Gruppe ZE/Stück ⋅ System ZE/Rüstung ⋅ BM h/a ⋅ System ZE/Takt ⋅ Stück – ZE/Takt ⋅ Stück
↑ Arbeitssystem Systemausgang, Ausgangsspeicher Taktdichte (Element: AK – Arbeitskraft, BM – Betriebsmittel, …) Systemeingang, Eingangsspeicher Wechselfaktor Fertigungsabschnitt Wechselhäufigkeit des Systems Jahresproduktmenge (Stückzahl) Menge zwischen den Wechseln (Umstellungen) Gruppenstückmenge (-anzahl) Operative Gesamtgrundzeit eines Produktes Einzelrüstzeit (nach REFA: tr) Gesamtsystemrüstzeit Taktzeit (min – minimale, G – Gruppe) Verkettung, technische Verbindung Taktzeitdifferenz
28.1
Fertigung
Fertigung enthält die generierenden Produktionsgrundstufen (Grundstufen 3 und 4) zur Herstellung von Stückgütern als Gebrauchsprodukte mit einer sehr großen Produktart- und Werkstoffbreite. So breit gefächert wie die Produktarten ist auch die K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_28, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
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860
28 Fertigungsform
Fertigung in ihren realen Formen in der Praxis. In starker Vereinfachung kann die Fertigung nach Abb. 28.1, zur Schaffung einer groben Übersicht, gegliedert werden. Der Doppelcharakter der Fertigung leitet sich dabei aus der Eigenverwendung von Produkten für ein anderes zu fertigendes Produkt sowie aus der Herstellung von Produkten für eine endgültige Nutzung durch Menschen ab. Einige Beispielprodukte in Abb. 28.1 dienen dem Verständnis.
Abb. 28.1 Grundsystematik der Fertigung (vereinfachte Übersicht mit Beispielprodukten)
Das zeitliche Verhältnis von Teilefertigung und Erzeugnisfertigung (Montage) beträgt in der Industrie etwa 60:40.
28.2
Charakteristische Merkmale von Fertigungsformen
Fertigungsformen basieren auf Prinzipienkombinationen von Komponenten technischer, räumlicher und zeitlicher Art. Solche Komponenten enthalten die Aufbau-, Ablauf- und Tätigkeitsorganisation mit ihren Merkmalen, Abb. 28.2. Das bedeutet, dass die jeweilige Form der Fertigung nicht nur aus den Merkmalen einer Komponente entwickelt werden kann. Andererseits können auch nur ausgewählte Merkmale Berücksichtigung finden, da unter Einbeziehung aller Merkmale eine Vielzahl (>106) von Fertigungsformen
28.2 Charakteristische Merkmale von Fertigungsformen
861
entsteht, aber das Grundsätzliche nicht sichtbar gemacht werden kann. Unter Beachtung der beeinflussenden Merkmale nach Abb. 28.2 und den damit verbundenen Prinzipien ist es zweckmäßig, Fertigungsgrundformen (Kapitel 5, Teil 1) zu definieren, Abb. 28.3, die eine Beschreibung der Fertigung ermöglichen, einfach auswählbar sind und eine Basis für die Fertigungssystemprojektierung bilden. Es entsteht ein Zusammenhang von Fertigungsgrundform und Fertigungssystem. Bei der Projektierung hingegen müssen alle Merkmale in konkreter Form und Ausprägung berücksichtigt werden.
Abb. 28.2 Beeinflussende Komponentenmerkmale zur Bildung von Fertigungsformen
862
Abb. 28.3 Fertigungsgrundformen und ihre Anwendungsgebiete
28 Fertigungsform
28.2 Charakteristische Merkmale von Fertigungsformen
863
Wegen der Vielzahl möglicher Fertigungsformen (Merkmals- bzw. Prinzipienkombinationen aus Abb. 28.2) wird an dieser Stelle auf eine detaillierte Darstellung verzichtet und stattdessen auf die unterscheidbaren Fertigungsgrundformen orientiert, Abb. 28.3. Das erfolgt für die Projektierung unter Hinzuziehung charakterisierender Tätigkeitsmerkmale, der wesentlichen Anwendungsgebiete (Systemhierarchien) und der möglichen Fertigungssysteminhalte. Der sehr stark vereinfachte Auswahlalgorithmus wird in Abb. 28.4 dargestellt. Die Charakteristik der Fertigung ist in Tabelle 28.1 enthalten.
Abb. 28.4 Vereinfachter Auswahlalgorithmus zur Bestimmung der möglichen Fertigungsgrundform
• Mit zunehmender Stufigkeit der Fertigung kann die Wahrscheinlichkeit der praktischen Realisierung in einem Fertigungssystem abnehmen. Ursachen sind häufig die Produktgröße, Produktkomplexität und mögliche geringe zeitliche Auslastungen. Letzteres kann technologisch durch die Projektierung verbessert werden.
864
28 Fertigungsform
Tabelle 28.1 Charakteristische Merkmale der Fertigungsgrundformen (
– Wirk-, Arbeitssystem)
28.3 Punktfertigungen
865
• Die Wirtschaftlichkeit der Fertigung erhöht sich mit der Fertigungsstufigkeit in einem Fertigungssystem. Geringe Wege, Materialflussfunktionen, Betreibungs- und Logistikaufwendungen sowie hohe Qualitäten sind die wirtschaftlichen Vorteile. • Jede Prozessgrundstruktur kann durch eine Form der Verteilfertigung praktisch realisiert werden, da die Verteilfertigung keine direkte Prozessstrukturbindung hat. • Die Spezialisierung der Fertigung und die damit verbundenen Formen der Fertigung werden vom Fabrikprojektanten nach dem minimalen Aufwandsaspekt bestimmt. Folgende Spezialisierungsformen sind praktisch möglich: 1. Fertigungsstufenspezialisierung: einstufige Fertigung, mehrstufige (komplexe) Fertigung, teilstufige (geteilte) Fertigung. 2. Produktspezialisierung: Gegenstandsspezialisierte Fertigung • ganzheitliche Teilefertigung, • geteilte Teilefertigung. Erzeugnisspezialisierte Fertigung • ganzheitliche Montage, • geteilte Montage (Vormontage, Endmontage). 3. Verfahrensspezialisierung: Verfahrensspezialisierte Fertigung • „Werkstattfertigung“ (Teilefertigung: Drehen in einem Abschnitt, …), • „Montagefertigung“ (Schrauben, …, Prüfen), • „Abschnittsweise Fertigung“ (Wärmebehandlung, Farbgebung, …). 4. Tätigkeitsspezialisierung: Bedienungsspezialisierte Fertigung (Hand-, Automatenspezialisierte Fertigung) • Einzelplatzspezialisierung (Einzelstellenarbeit), • Mehrmaschinenspezialisierung (Mehrstellenarbeit, Mehrmaschinenbedienung), • Gruppenspezialisierung (Gruppenarbeit). 5. Kombinierte Fertigungsformen, Abb. 28.3. 6. Integrierte Fertigungsformen, Abb. 28.3.
28.3
Punktfertigungen
Punktfertigungen oder punktförmige Fertigungen werden auch als Einzelplatzfertigungen bezeichnet. Sie werden als ↑ Arbeitssystem projektiert, realisiert und betrieben. Das Arbeitssystem entspricht einem Punktfertigungssystem, da eine vollstän-
866
28 Fertigungsform
dige Produktherstellung (Einzelteil als Fertigteil oder Einzelerzeugnis) in einem Arbeitsgang ermöglicht wird, Abb. 28.5.
Abb. 28.5 Fertigungssysteme der Punktfertigung (Beispiele). a Teilefertigungssystem. b Erzeugnisfertigungssystem (Montage). c Punktfertigungssystem als Fertigungsabschnitt (Teilefertigung, Erzeugnisfertigung oder andere Produktionen)
Punktfertigungen können einen Fertigungsabschnitt als komplexes Punktfertigungssystem bilden, wenn mehrere (≥2) Punktfertigungssysteme („Punkthäufung“) in diesem Abschnitt realisiert werden, Abb. 28.5. Typisches Beispiel ist die konzentrierte Aufstellung von Drehautomaten („Automatensaal“). Punktfertigungen sind sowohl für Teilefertigungen, Erzeugnisfertigungen als auch für Instandsetzungen, Kommissionierungen usw. zutreffend, wenn die Bedingungen einer Punktfertigung, insbesondere eine Nichtverflechtung mit anderen Wirk- oder Arbeitssystemen, erfüllt sind. Darüber hinaus können sie Bestandteil von Fertigungsbereichen sowie der Verteilfertigung sein und in den räumlichen Anordnungsformen Punkt-, Linien-, Flächen- und Raumanordnung realisiert werden. Es treffen die Systemgrundstrukturen nach Kapitel 5 (Teil 1) zu.
• Punktfertigungen können im übertragenen geometrischen Sinn als Einzelpunkt (ein Arbeitssystem als Fertigungssystem) oder als Punkthäufung (mehrere Arbeitssysteme als Fertigungssysteme) verstanden werden, REUTER (1981). • Wegen der Fähigkeit der Punktfertigung, in einem Punktfertigungssystem ein Produkt vollständig herstellen zu können, sollte aus Rationalitätsgründen diese Fertigungsform als das immer anzustrebende „Fertigungsformideal“ gelten. • Die hier nicht näher betrachteten Baustellenfertigungen entsprechen weitgehend der Punktfertigung durch Punkthäufung mit einer größeren ↑ Arbeitsdichte. • Besonders in der Montage und Instandsetzung entstehen punktförmige Fertigungen durch die Aufhebung von arbeitsgangorientierten Arbeitsteilungen. Durch die Integration von Arbeitsgängen zu einem Arbeitsgang erhöht sich der Punktfertigungsanteil. Die Projektierung muss hierauf Einfluss nehmen.
28.4 Linienfertigungen
28.4
867
Linienfertigungen
Linienfertigungen bzw. linienförmige Fertigungen entstehen durch eine linien- oder linienförmige Anordnung der Wirk- und Arbeitssysteme nach der technologischen Arbeitsgangfolge entsprechend der Produkttechnologie. Sie werden auch als Reihenfertigungen bezeichnet, da die Wirksystemanordnung in einer Reihe (=Linie) erfolgt und das zeitliche Durchlaufprinzip Reihenverlauf zur Anwendung kommt. Unabhängig davon, ob diese Fertigungsform als Linien- oder Reihenfertigung bezeichnet wird, sind folgende projektierungsrelevante Sachverhalte von Bedeutung: 1. Es besteht eine Übereinstimmung von Produkttechnologie und der Reihenfolgeanordnung der Wirk- bzw. Arbeitssysteme im System. 2. In Linienfertigungen können ein Produkt oder eine Produktgruppe ganz oder nur teilweise hergestellt werden. In jedem Fall ist eine ↑ Technologische Vereinheitlichung der Produkttechnologieinhalte erforderlich. Es muss eine Typentechnologie ohne Rücklaufverflechtungen vorliegen. 3. Auf Grund von statischen und dynamischen Arbeitsgangzeitunterschieden müssen dezentrale Ausgleichs- und Störungsspeicher zwischen den Arbeitssystemen projektiert werden. Linienfertigungen können als direkt, indirekt, oder adaptiv gekoppelte Systeme mit den Bedingungen nach Abb. 28.6 entstehen.
Abb. 28.6 Produktflussformen der Linienfertigungen. a Direkt gekoppelt. b Indirekt gekoppelt. c Adaptiv gekoppelt
4. Die Anordnungslinien der Wirk- bzw. Arbeitssysteme im Linien-Fertigungssystem müssen nicht einer Geraden entsprechen. Es sind alle geometrischen Linienformen möglich. Voraussetzung ist, dass nur eine Anordnungslinie und ein eindimensionaler Produktfluss vorliegen, Tabelle 28.2, die zu einander abzustimmen sind. 5. Über den Produktfluss werden entweder die Wirksysteme oder die Arbeitssysteme verbunden, Abb. 28.7. Dieses Verbinden wird auch Verkettung genannt, die wiederum in vier Grundformen und zehn Realisierungsformen in einer Ebene auftreten kann, Abb. 28.8. Über- oder Unterflurverkettungen erhöhen die Variantenanzahl der möglichen Außenverkettungen. 6. Linienfertigungen der Erzeugnisfertigung unterscheiden sich von denen der Teilefertigung durch die Produktflussanzahl. Bei der Erzeugnisfertigung haben der Montageobjekt- bzw. der Erzeugnisfluss die Strukturdominanz. Insbesondere der kommissionierte Teilefluss wird dem Erzeugnisfluss mit den Verkettungsprinzipien adaptiv zugeordnet, Abb. 28.9.
868
28 Fertigungsform
Tabelle 28.2 Linienformen der Linienfertigung und der Fließfertigung
Abb. 28.7 Unterscheidung von Wirksystem- und Arbeitssystemverbindung. a Wirksystemverbindung als Innenverkettung eines Arbeitssystemkomplexes. b Arbeitssystemverbindung (Außenverkettung)
• Linienfertigungen sind mit dezentraler und (oder) zentraler Fördertechnik für die Produktflüsse, jedoch nicht mit einem Zentralspeicher für die Ausgleichs- und Störungsspeicherung (↑ Speicherbedarfsmenge) realisierbar. Im Falle einer Zentralspeicherung kommt das Verteilprinzip (Übergang zur Verteilfertigung) mit
28.4 Linienfertigungen
– Arbeitskraft, Abb. 28.8 Verkettungsprinzipien (Auswahl, der Verkettung V. b Lösungen der Teilefertigung (Beispiele)
869
– Förderelement). a Tableau
Abb. 28.9 Grundfälle der gleitenden Erzeugnisfertigung mit Erzeugnis- und kommissioniertem Teilefluss. a Dezentrale Speicherung mit arbeitsgangbezogener Kommissionierung. b Dezentrale Speicherung mit erzeugnisbezogener Kommissionierung. c Gezonte Zentralspeicherung mit arbeitsgangbezogener Kommissionierung
einem zwei- oder dreidimensionalen Produktfluss (Teile-, Erzeugnisfluss) zum Einsatz. • Jeder Produktfluss einer Linienfertigung kann mit den Verkettungsprinzipien nach Abb. 28.8 aufgebaut werden. Die Fertigungsgrundform Linienfertigung bleibt erhalten, wenn der dominante Produktfluss den Bedingungen nach Tabelle 28.1 entspricht. Dominante Produktflüsse sind: • der Teilefluss bei der Teilefertigung, • der Erzeugnisfluss (Montageobjektfluss) bei der Erzeugnisfertigung, • der Kommissioniereinheitenfluss bei der Kommissionierung. • Alle weiterhin benötigten Produktflüsse werden dem dominanten Produktlinienfluss zugeordnet. • Fertigungssysteme der Linienfertigung sind durch die Linienanordnung der Wirk- oder Arbeitssysteme und durch den linienförmigen Produktfluss relativ
870
28 Fertigungsform
einfach zu projektieren und zu betreiben. Ein bestimmter Projektierungsaufwand ist für die ↑ Technologische Vereinheitlichung und für die Verkettungskonstruktion vorzusehen. • Linienfertigungen finden ihre häufigste Anwendung in den hierarchisch niedriger geordneten technologischen Fabriksystemen (Fertigungssysteme als Arbeitssystemkomplex oder Fertigungsabschnitt, Teil 1, Kapitel 3). Werden Fertigungsabschnitte oder -bereiche linienförmig aufgebaut, entstehen gleichfalls Linienfertigungen, Abb. 28.10. Wegen der Entfernungen zwischen und in den Fertigungsabschnitten sind diese jedoch nicht immer erkennbar.
Abb. 28.10 Linienfertigungen von hierarchisch unterschiedlichen Fertigungssystemen. a Arbeitssystemkomplex. b Fertigungsabschnitt (FA). c Fertigungsbereich
28.5
Fließfertigung
Fließfertigung: Örtlich fortschreitende, zeitlich bestimmte, lückenlose Folge von technologischen Vorgängen der Produktfertigung (i. A. KIENZLE, MÄCKBACH) Fließfertigungen entstehen auf der Basis von Linien- und Ein-Richtungsnetzfertigungen unter besonderer Einbeziehung der zeitlichen Strukturkomponenten • Parallelverlauf als zeitliches Durchlaufprinzip und • Fließstruktur als zeitliche Struktur. Zur Erreichung dieser Einflussnahme sind zeitliche Abstimmungen durch Taktung erforderlich, Abschnitt 28.5.4. Die Fertigungsgrundform Fließfertigung wird in drei weitere Grundformen untergliedert, Abb. 28.11, die unterschiedlich zu projektieren und zu betreiben sind. Seit Einführung der Fließfertigung durch HENRY FORD (1913, USA) und ihrer wissenschaftlichen Beschreibung (KIENZLE u. MÄCKBACH 1926) entstand eine Begriffsvielfalt (Fließstraße, -linien, -reihe, -abschnitt, Takt-, Transferstraße, Fließband, Taktfertigung, …), die mit den Fachbegriffen Fließfertigung für die Fertigungsgrundform und Fließfertigungssystem für das konkrete technologische Fabriksystem im Allgemeinen ersetzbar sind.
28.5.1 Aufbaugrundformen der Fließfertigung Konstante Fließfertigung Kennzeichnende Merkmale der konstanten Fließfertigungsform sind:
28.5 Fließfertigung
871
Abb. 28.11 Aufbaugrundformen der Fließfertigung (ohne punktförmige Fließfertigung)
• ein Produkt der Fertigungsgruppierung nach Abb. 28.1 in einem Fließfertigungssystem mit relativ konstanten Zeitaufwendungen, • eine Produktionsstückzahl, die das wirtschaftliche Betreiben über einen langen Zeitraum (>6 Monate) mit einer zeitlichen Auslastung (ηZ ≥ 0,85) konstant sichert, • eine Konstanz der Arbeitsgangfolge, Wirksysteme und Unterstützungsmittel über den wirtschaftlichen Betreibungszeitraum (Automobilbau etwa bis 7 Jahre). Konstante Fließfertigungssysteme enthalten als Wirksysteme häufig auf die Technologie des Produktes ausgerichtete Sondermaschinen, die auch gesondert konstruiert werden. Gruppenfließfertigung Gruppenfließfertigungen unterscheiden sich von der konstanten Fließfertigung durch folgende Merkmale: • zwei oder mehr Produkte der Fertigungsgruppierung nach Abb. 28.1 in einem Fließfertigungssystem, • hohes Niveau der ↑ Technologischen Vereinheitlichung der Produkte (Typentechnologie) hinsichtlich Arbeitsgangfolge, Arbeitsgangzeit und Wirksysteme, • gleichzeitiger Produktdurchlauf als Produktgruppe oder Reihenfolgedurchlauf der Produkte ohne wesentliche Umrüstungen des Fließfertigungssystems, • wirtschaftliche Betreibungssicherheit über die Gesamtstückzahl der Produktgruppe. Gruppenfließfertigungssysteme sind als flexible Fließfertigungssysteme einzuordnen.
872
28 Fertigungsform
Wechselfließfertigung Die Wechselfließfertigung enthält die gleiche Charakterisierung wie die Gruppenfließfertigung. Sie unterscheidet sich von dieser durch den Reihenfolgedurchlauf und den Wechsel der Produktarten nach einer Umrüstung des Gesamtsystems, Abb. 28.12. Wechselfließfertigungssysteme sind deshalb variable Fließfertigungssysteme.
Abb. 28.12 Charakteristische Merkmale der Fließfertigungsgrundformen
28.5.2
Technisches Niveau der Fließfertigung
Manuelle Fließfertigung Manuelle oder auch Handfließfertigungen stellen das niedrigste technische Niveau dar. Sie sind unter dem Aspekt der humanen Fertigung zu projektieren (Taktzeit). Kennzeichnende Merkmale sind: • Ausführung von Arbeitsgängen und Produktflussbewegungen durch menschliche Arbeit, • Einsatz von technischen Unterstützungsmitteln (Zustandsänderung und Bewegung), • überwiegende Begrenzung auf die Erzeugnisfertigung (Montage), • Taktzeitbegrenzung (≥32 s/Takt) infolge der menschlichen Muskelbelastung, • notwendige Erholungspausen für Arbeitskräfte durch Stillstand oder Arbeitskräfteaustausch („Springer“, Arbeitskräfterotation). Manuelle Fließfertigungen sind inhuman, wenn die Taktzeit sehr klein und die Taktwirkung durch automatisierte Produktflusssysteme auf den Menschen groß ist. Mit der weiteren Technikentwicklung verlieren sie ihre Bedeutung. Mechanisierte Fließfertigung Die mechanisierten oder auch Maschinenfließfertigungen stellen ein technisches Niveau dar, das durch Technik für die Zustandsänderung und für den Produktfluss geprägt ist. Vorbereitungs-, Prüf-, Einstell- und Geschicklichkeitsarbeiten werden noch manuell ausgeführt, da der technische Aufwand hierfür noch unwirtschaftlich ist.
28.5 Fließfertigung
873
Automatisierte Fließfertigung Automatisierte Maschinen, Industrieroboter, Rechnersteuerungen, automatisierter Produktfluss und kein direkter Eingriff durch Menschen in die Produktfertigung sind charakteristische Merkmale dieser Fließfertigung. Der Mensch wirkt mittelbar und unterstützend, insbesondere durch Überwachungs-, Umrüstungs-, Einstell- und Instandhaltungsarbeiten. Die höchste Form ist erreicht (Teilefertigung), wenn das Fließfertigungssystem „mannlos“ über die Schichten der Woche betreibbar ist. Automatisierte Fließfertigungssysteme werden technologisch projektiert, wirksystem- und flusssystemorientiert konstruiert (konstruktive Projektierung) und programmiert.
28.5.3
Technologische Vorbereitung durch Projektierung
In Abhängigkeit von den Aufbauformen und dem angestrebten technischen Niveau sind Projektierungsleistungen in grober, feiner und feinster Form notwendig. Das schließt technologische Planungsleistungen ein. Hauptarbeiten des Projektanten sind in der Abb. 28.13 mit der Übertragung auf die anderen Fertigungsformen aufgeführt. Von besonderer Wichtigkeit für eine Fließfertigung sind die Entscheidungen über die • Fließfertigungseignung von Produkten (Konstruktionseinfluss), • Fließfertigungsform mit dem Technikniveau und die, • Wirtschaftlichkeit. Investitionsaufwand, Existenzzeitraum und Wirtschaftlichkeit sind voneinander abhängig und erfordern eine Variantenbewertung. In die Vorbereitung sind Technologen und Konstrukteure einzubeziehen.
28.5.4
Taktzeit und Abstimmungen
Taktzeit: Konstantes Zeitintervall der Produktzustandsänderungen und des Produktflusses einer Fließfertigung Der Takt ist die technologische Größe einer Fließfertigung und ersetzt den Begriff Arbeitsgang der Produkttechnologie. Unabhängig von einer vorliegenden Produkttechnologiedokumentation wird die Taktzeit in Abhängigkeit vom ↑ Zeitfonds ZF und von der (im Regelfall: Jahresstückzahl) Produktstückzahl na nach Gl. (28.1) ermittelt. • Taktzeitorientierung: tT =
ZF · dT na
ZE/Stück · BO
(28.1.1)
874
Abb. 28.13 Grobalgorithmus zur Projektierung von Fließfertigungen
28 Fertigungsform
28.5 Fließfertigung
875
Vereinfachungsgrundsatz 1: In erster Näherung werden die Bezugsobjekte BO in der Fließfertigung durch eine Taktdichte dT zu Takten übergeleitet (Ansatz: dT = 1 BO/Takt; 1 ZE/Stück ⋅ BO = 1 ZE/Stück ⋅ Arbeitsgang ⇒ 1 ZE/Stück ⋅ Takt) • Maschinelle Fließfertigung: tT =
BMZF · dT ,BM na
ZE/Stück · Takt
(28.1.2)
• Manuelle Fließfertigung: tT =
PZF · dT ,AK na
ZE/Stück · Takt
(28.1.3)
Bei der maschinellen Fließfertigung wird als Zeitfonds in praktischer Form ein schichtabhängiger verfügbarer Betriebsmittelzeitfonds BMZF herangezogen, der um den Zeitanteil tRÜ ges (Produkt aus Rüstzeit tRü und Rüstanzahl (Einrüstung, Umrüstung, Rüstkorrekturen) zRü) reduziert wird, Gl. (28.2). Das Rüsten geschieht im System an allen Wirksystemen zur gleichen Zeit tx. Reale maschinelle Taktzeit tT =
BMZF − tRü,ges na
ZE/Stück · Takt (28.2)
Analoges gilt auch bei der manuellen Fließfertigung. Taktanzahl: Notwendige Anzahl unterschiedlicher Takte als Zustandsänderungsvorgänge j eines Fließfertigungssystems Ohne Einbeziehung der Rüstzeit wird die erforderliche Taktanzahl des Fließfertigungssystems nach Gl. (28.3) errechnet und danach genau bestimmt. Die Taktanzahl muss ganzzahlig sein. Es wird die gesamte operative Arbeitsgangzeit tO des Produktes i (≈ Grundzeit tg nach REFA) herangezogen, Abb. 28.14. m
Taktanzahl
zT =
tO j
j=1
tT
Takte/System
(28.3)
Vereinfachungsgrundsatz 2: Mit den technologischen Vorgängen j = 1 … m wird das Fließfertigungssystem gebildet und begrenzt. Vereinfachend kann der Bezug System entfallen. Die endgültige, reale Taktanzahl mit den Taktinhalten wird zuerst durch die Grobund dann durch die Feinabstimmung unter Berücksichtigung der Taktdichte dT ermittelt, Abb. 28.14.
876
28 Fertigungsform
Abb. 28.14 Taktbildung durch Grobabstimmung (Beispiel: Operative Zeit ≈ Grundzeit nach REFA). a Produkttechnologie vor der Taktbildung. b Produkttechnologie nach der Taktbildung durch Grobabstimmung
Grobabstimmung (MÜLLER u. REUTER 1981) Die Aufgabe der Grobabstimmung besteht in der Ermittlung real notwendiger Takte und der Realisierbarkeitsentscheidung für eine Fließfertigung. Abgestimmt werden die technologischen Vorgänge der Takte, die Taktvorgangszeiten, die ↑ Arbeitsdichte und die Anzahl Wirksysteme, Abb. 28.14. Das erfolgt durch Projektierungsaktivitäten unter Hinzuziehung von Lösungsfällen nach Tabelle 28.3. Die Tabelle 28.3 Lösungsfälle der Grobabstimmung zur Taktbildung
28.5 Fließfertigung
877
Grobabstimmung ist beendet, wenn eine objektive Entscheidung für oder gegen eine Fließfertigung getroffen wurde. Feinabstimmung Die Feinabstimmung ist nur bei einem positiven Entscheid für eine Fließfertigung notwendig. Mit ihr sollen die Bedingungen für eine ideale Taktzeit, Abb. 28.14b), geschaffen werden. Eine ideale Taktzeit liegt vor, wenn die Zeitdifferenzen der Takte gleich Null sind, Gl. 28.4. Ideale Taktzeit tT = tT min
ZE/Takt · Stück
Taktzeitdifferenz tT = tTj − tTj+1 → 0 Durchsatzdifferenz D = Dj − Dj+1 → 0
(28.4.1) ZE/Takt · Stück
(28.4.2)
ME/ZE · Takt
(28.4.3)
Die Forderung nach einer Taktzeitdifferenz ΔtT → 0 hat drei Gründe: • Jede Taktzeitdifferenz führt zur Unterschiedlichkeit des ↑ Durchsatzes (Wirksystem). • Jede Taktzeitdifferenz erfordert eine Ausgleichsspeicherung (↑ Speicherbedarfsmenge). • Jede Taktzeitdifferenz ist gegen eine Wirtschaftlichkeit des Fließfertigungssystems gerichtet, was zum Negativentscheid oder zu einem Entscheid für eine Gruppenarbeit (tätigkeitsspezialisierte Montage) mit einer realen Zeitvorgabe führen kann. Möglichkeiten der Feinabstimmung sind (i. A. MÜLLER u. REUTER 1981): 1. Verbesserung der technologischen Werte durch konstruktive Produktänderungen (Zugabenreduzierung, Toleranzen, Vereinfachungen, …). 2. Veränderung der technologischen Zeitwerte durch Verfahrensverbesserungen (Schnittkraft-, Vorschub-, Schnitttiefen-, Drehzahlerhöhung, Bewegungs-, Hilfsvorgangsreduzierung, …, Wirksystemtausch). 3. Verbesserung der technologischen Werte durch Veränderung der Unterstützungsmittel und -stoffe (Spezialwerkzeuge, Vorrichtungen, Schneidwerkstoffe, Kühlschmierstoffe, Temperieren, Warmhalten, …). 4. Verbesserung der technologischen Werte durch Zu- und Abführungsgestaltungen der Wirksysteme (Durchsatzdichteerhöhung, durchlaufende Spannvorrichtungen, Vermeidung von Umspannungen, geringe Lageveränderung, kommissionierter Teilefluss, …). 5. Minimierung von Unterstützungsvorgängen (Ein-/Ausschaltungen, Späneabführung, Bedienelementeanordnung, Produktprüfungen, …). 6. Automatisierung der Vorgänge und Vorgangsstufen (Steuerung, Messtechnik, Prüftechnik, Bewegungen, Bereitstellungen, Überwachungen, Entscheidungen, …). 7. Arbeitskraftzuordnung nach den Kraft-, Intelligenz- und Bewegungsanforderungen.
878
28 Fertigungsform
8. Optimierung der ↑ Arbeitsgestaltung für Arbeitskräfte und von Arbeitssystemen (Weglängen, Momente, Beleuchtung, Lärm, Behaglichkeit, …). 9. Optimierung der Systemein- und -ausgangsbedingungen (Bereitstellspeicherung, Entnahmen, Abgaben, Ausgleichsspeicherung, …). 10. Beseitigung jeder Art von Störungen (Umrüstintervalle, Ausfallmöglichkeiten, Flusshemmnisse, Werkzeugbruch, Programmfehler, …).
28.5.5
Besonderheiten von Gruppen- und Wechselfließfertigungen
Gruppenfließfertigung Gruppenfließfertigung ermöglicht die Herstellung von unterschiedlichen Produktarten, die technologisch ähnlich sein müssen, in einem Fließfertigungssystem ohne Umrüstung des Systems auf die einzelne Produktart. Gegenüber der konstanten Fließfertigung ist ein höheres Flexibilitätsniveau zu projektieren. Das erfordert folgende Beachtungen: 1. Ermittlung der Taktzeit der Produktgruppe. Je nach Zusammenstellung der Produktgruppe und Durchlauffolge kann die Taktzeit in kleinen Spannbreiten variieren, Abb. 28.15.
Abb. 28.15 Gruppentaktzeit. a Gruppendurchlauf. b Gruppenfolgedurchlauf. c Anteilsfaktor fF. d Taktzeitflexibilität
28.5 Fließfertigung
879
2. Die Maßnahmen der Grob- und Feinabstimmung sind die gleichen, wie im Abschnitt 28.5.4 erläutert. Besonderheiten sind zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere Flexibilitätsansprüche: • Teilefertigung:
• Erzeugnisfertigung:
Durchlauffolge, Werkzeuge, Vorrichtungen, Produktträger, Kühlschmierstoffe, Werkstoffe, Toleranzen, Messtechnik, Schneidwerkstoffe, Schnittkräfte, Zugaben, Späne, Antriebsleistung, … Durchlauffolge, Werkzeuge, Vorrichtungen, Produktträger, kommissionierter Teilefluss, ↑ Arbeitsdichte, …
Wirken die Flexibilitätsansprüche störend oder erfordern sie zuviel Unterstützungszeiten, muss eine andere Form der Fließfertigung oder der Fertigung gesucht werden. Wechselfließfertigung Im Gegensatz zur Gruppenfließfertigung erfolgt bei der Wechselfließfertigung eine Systemausrüstung für jede Produktart der Gruppe, Abb. 28.12. Der Vorteil der geringeren Gesamtrüstzeit geht verloren und die Taktzeiten wechseln mit jeder Umrüstung. Die Anteile der Einzelprodukte an der Fließfertigung ergeben sich aus dem Anteilsfaktor fF nach Abb. 28.15. In Abhängigkeit von der Größe dieser Anteile können die Wechsel mit den Umrüstungen abgeschätzt werden, Abb. 28.16.
• Die Taktanzahl sollte bei der Gruppen- oder Wechselfließfertigung für alle Produktarten gleich sein. Das erfordert eine Vereinheitlichung der Wirksysteme, Produkttechnologien und des Produktflusses. Im Beispiel der Abb. 28.16 wurden 11 Takte (errechnet: 11,42 … 11,40) aus der errechneten Taktanzahl, bei geringer Erhöhung der Taktzeit, gewählt. Es liegt eine Gleichheit der Produkttechnologien vor, wobei die Taktanzahldifferenz (errechnete – gewählte Anzahl) durch die gestaltende Projektierung aufgehoben werden muss. In den Ausnahmefällen ungleicher Taktanzahlen werden Wirtschaftlichkeitsnachweise notwendig. • Gruppen- und -Wechselfließfertigungen, die in überwiegender Anzahl bei der Erzeugnisfertigung zum Einsatz kommen, werden besonders durch das montagegerechte Konstruieren beeinflusst. Bei der Produktgruppenbildung ist deshalb eine konstruktive Vereinheitlichung durch konstruktive Überarbeitungen wünschenswert.
28.5.6 Ausgewählte Projektierungshinweise Nach der Bestimmung der Fließfertigungsform wird die Systemsynthese mit dem Schwerpunkt Strukturierung und folgenden Projektierungsaufgaben durchgeführt: 1. Ermittlung der Systemstabilisierung durch „Pufferungen“ und Redundanzen
880
28 Fertigungsform
Abb. 28.16 Berechnungsansatz für die Gruppen- und Wechselfließfertigung (Beispiel)
Die Konzentration liegt auf den Flusssystemen, nicht auf dem Wirksystem. Schwerpunkte der Pufferungen sind: • Speicherungen im Produktflusssystem (↑ Speicherbedarfsmengen, ↑ Speicherdimensionierung), • Speicherungen im Betriebsmittelfluss, insbesondere Werkzeugreserven,
28.6 Ein-Richtungsvernetzte Fertigung
881
• Arbeitskräfteausgleich durch Springer und zur Pausenüberbrückung (Instandhaltungspersonal, andere Arbeitskräfte).
2.
3.
4.
5.
6.
Hierfür sind die Flusssysteme mit ihren Elementen ausreichend, aber nicht über zu dimensionieren. Im Regelfall kommen linienförmige Systeme nach Tabelle 28.1 und den Abb. 28.7 bis 10 in Betracht. Hier liegen Strukturierungsaufgaben vor. Bei Erzeugnisfließfertigungen von mehrstufigen Produkten (Aggregate, Fabrikate) kommen auch einrichtungsvernetzte Strukturen zur Anwendung, die sich aus mehreren Liniensystemen aufbauen, Tabelle 28.3. Die linienförmigen Teilsysteme müssen nicht in jedem Fall Fließfertigungen sein. Alle Fertigungsgrundformen können einem Fließfertigungssystem zugeordnet werden. Der Takt bestimmt den Produktfortschritt und den Bewegungsverlauf des dominanten Produktflusses (Teilefluss oder Erzeugnisfluss). Entsprechend den anwendbaren zeitlichen Strukturen (Fließstruktur und Rhythmusstruktur) muss die Produktbewegung zeitgebunden (Materialflussprinzipien) sein. Das bedeutet einen taktgebundenen, rhythmischen und periodischen Bewegungsverlauf mit Wiederholung in allen Fließfertigungsteilsystemen und für die Flussausgänge der in die Fließfertigung integrierten Fertigungsformen. Die Bewegungsverläufe der weiterhin notwendigen Produktflusssysteme (kommissionierter Teilefluss) sind ebenfalls in gleicher Form zeitgebunden oder zeitpunktgebunden (Termin). Diese Flusssysteme können deshalb mit anderen zeitlichen Strukturen projektiert werden. Das trifft auch für die Systemeingänge des Fließfertigungssystems zu. Alle Flächen und Räume sind wie bei allen technologischen Fabriksystemen zu projektieren. Unterschiede liegen lediglich bei mobilen Takten (Bedienweg der Arbeitskraft, Weglängenbegrenzung, …), den Transportwegen (mehrere Produktflüsse) und der Instandhaltung (allseitige Zugänglichkeit) vor. Die kleinste Ausprägung der Fließfertigung ist in einem Arbeitssystem möglich, in dem die Zuführungs- und Abführungszeit, Abb. 28.5a, b, mit der Taktzeit des Wirksystems abgestimmt wird. Die größte Ausprägung entsteht bei einer Fließfertigung über alle Produktionsbereiche der Fabrik. In diesem Fall kommt die Fließfertigungsform 5 oder 9 nach Tabelle 28.4 zur Anwendung. Bei Fließfertigungen mit mehreren zu koppelnden Fließfertigungsteilsystemen wird jedes System individuell aber in Abstimmung mit dem Gesamtsystem projektiert. Die Kopplungsstellen sollten auch Fließcharakter haben. Eine zeitliche Abstimmung von Kopplungsstelle und Teilsystemen ist anzustreben.
28.6
Ein-Richtungsvernetzte Fertigung
Kennzeichnende Merkmale der Ein-Richtungsvernetzten Fertigung sind, Tabelle 28.5: • Verzweigter, zweidimensionaler Materialfluss als Verteil- oder Sammelfluss in nur einer Richtung,
882
28 Fertigungsform
Tabelle 28.4 Fließfertigungsformen (ohne Darstellung der Flusstechnik)
• Ein-Richtungsorientierte Vernetzung der Prozessstruktur (Relationen) und des Systems, • Reihen- und kombinierter Verlauf als zeitliches Durchlaufprinzip. Tabelle 28.5 enthält die zutreffenden Fertigungsformen.
• In der praktischen Realisierung ist die Ein-Richtungsvernetzung nicht mehr deutlich erkennbar, so dass vereinfachend von vernetzten Fertigungsformen gesprochen werden kann.
28.6 Ein-Richtungsvernetzte Fertigung
883
Tabelle 28.5 Grundlagen (Beispiel) und Grundformen der Ein-Richtungsvernetzten Fertigung
• Die realen Fertigungsformen der Ein-Richtungsvernetzten Fertigung ergeben sich aus den Grundformen der Tabelle 28.5 und den dezentralen, überwiegend indirekten Kopplungen mit dezentralen Ausgleichsspeichern zwischen den Bezugsobjekten und zugeordneten Systemeingangs- und -ausgangsspeichern.
884
28.7
28 Fertigungsform
Mehr-Richtungsvernetzte Fertigungen
Mehr-Richtungsvernetzte Fertigungen weisen die größtmögliche Vernetzung mit folgenden Merkmalen auf: • Verzweigter, zweidimensionaler Materialfluss als Verteil- und Sammelfluss mit je einen oder mehreren Eingangs- und Ausgangsflüssen, • Vernetzung der Prozessstruktur und des Systems in mindestens zwei Richtungen durch vorwärts- und rückwärtsgerichtete sowie zyklische ↑ Relationen, • Reihen- und kombinierter Verlauf als zeitliches Durchlaufprinzip sowie Zeitpunkt- und Verteilprinzip als zeitliche Strukturen. Vereinfachungen des Systemaufbaus sind nur durch räumliche Anordnungen der Bezugsobjekte und des dominanten Flusssystems möglich. Tabelle 28.6 verdeutlicht diese Aussage.
• Mehr-Richtungsvernetzte Fertigungen können vereinfachend als vernetzte Fertigungen bezeichnet werden. • Die reale Fertigungsform der Mehr-Richtungsvernetzten Fertigung entsteht durch Speicherzuordnungen zu den Bezugssystemen. Beim Fertigungsabschnitt sind nur Arbeitssystemspeicher oder Arbeitssystem- und Abschnittssystemspeicher in den Formen Eingangs-, Ausgleichs- und Ausgangsspeicher zu unterscheiden. Ihre Anordnung ist der Bezugssystemanordnung identisch.
28.8
Verteilfertigungen
Verteilfertigungen entstehen durch ↑ Integrationen des Produktflusssystems. Die Verteilfertigungsformen können aus folgenden Aspekten entstehen: • Einbeziehung jeder Prozessgrundstruktur in einzelner oder in gruppierter Form, • Realisierung der Prozessgrundrelationen im Fertigungssystem durch ein zentrales Verteil- und Sammelsystem (VSS), • Zwei- oder dreidimensionaler Produktfluss durch das Verteil- und Sammelsystem mit verschiedenen Verteilformen, • Reihen-, kombinierter und Parallelverlauf (Ausnahme) als zeitliches Durchlaufprinzip, • Verteil-, Zeitpunkt-, Rhythmusstruktur als zeitliche Strukturen; Möglichkeit der Fließstruktur in den Arbeitssystemen oder im Verteil- und Sammelsystem, • Verwendung von Zentralspeichern (ZSP) oder, als Ausnahme, von Dezentralspeichern in den Bezugsobjekten (Arbeitssysteme, -komplexe, Abschnitte) und von zentraler Bewegungstechnik sowie von Systemein- und -ausgangsspeichern.
28.8 Verteilfertigungen
885
Tabelle 28.6 Grundlagen (Beispiel) und Grundformen der Mehr-Richtungsvernetzten Fertigung
Die Tabellen 28.7 und 28.8 charakterisieren diese Fertigungsgrundform.
• Verteilfertigungen sind flächen- oder raumförmige Fertigungen mit einer hohen Raumnutzung durch den Zentralspeicher (Teil 1, Kapitel 5). Der Produktfluss
886 Tabelle 28.7 Grundlagen (Beispiel) und Grundformen der Verteilfertigung
28 Fertigungsform
28.8 Verteilfertigungen
887
Tabelle 28.8 Kombinierbare Lösungsmerkmale von Verteilfertigungen mit Zentralspeicher (ZSP)
888
28 Fertigungsform
ist durch den Zentralspeicher im Regelfall dreidimensional. Hieraus leiten sich Anforderungen (Systemhöhe, Flächenlasten) an das ↑ Fabrikgebäude ab. • Die praktische Eignung der Verteilfertigung liegt in der räumlichen Konzentration der ↑ Speicherbedarfsmengen, in der Einbeziehung von Lageraufgaben zur Reduzierung von ↑ Fabriklagersystemen und in der Tatsache, dass jede Prozessgrundstruktur räumlich verdichtet realisierbar ist. Unter Verwendung von EURO-Paletten und EURO-Behältern wird eine hohe Flexibilität und Variabilität (Umstellungen, Austausch) der Fertigung für veränderte Produktgruppen erreicht. • Es wird die Integration der Produktionsstufen Teilefertigung und Montage, einschließlich der Kommissionierung, für Erzeugnisgruppen ermöglicht. Hier liegen die praktischen Vorteile in • den kurzen Wegen, im geringeren Bewegungsaufwand bei gleichzeitiger Erhöhung der Übersichtlichkeit, • der Gesamtflächenreduzierung von bis zu 35% gegenüber den getrennten Fertigungen von Einzelteilen und Aggregaten (Beispiele: Hydraulikbaugruppen), • Qualitätsverbesserungen durch die Aufhebung der personellen Anonymität, in der Erhöhung der Systemautonomie und in • vereinfachten organisatorischen Steuerungen (PPS). • Verteilfertigungen mit statischen Zentralspeichern vereinfachen den Fabrikaufbau durch Vereinheitlichung der technologischen Fabriksysteme. Zwischenlager können eliminiert und Fabrikein- und -ausgangslager integriert oder reduziert werden. Das Ursächliche der Fabrik, die Produktherstellung, wird sichtbar.
28.9
Erweiterung der Fertigungsgrundformen
Die erläuterten sechs Fertigungsgrundformen sind die für die Praxis am bedeutungsvollsten hinsichtlich der Anwendungshäufigkeit und Rationalität. In der Praxis sind die Fertigungsgrundformen durch die Einbeziehung weiterer kennzeichnender Aspekte zu Fertigungsformen zu erweitern. Wegen der dadurch entstehenden Begriffsproblematik sollten nur die Grundformen genannt und mit den Erweiterungen erläutert werden. Abbildung 28.17 verdeutlicht die Zusammenhänge.
• Die Spezialisierung der Fertigungsgrundform führt zu einer Erweiterung mit dem Begriff Fertigungsform. Diese Erweiterung ist auch zu projektieren. Sie ist die Fertigungsform, die vom Fabrikbetrieb genutzt wird. • Jede Fertigungsgrundform muss mindestens durch eine Systemgrundstruktur (Kapitel 5, Teil 1) realisierbar sein und mehrere Erweiterungsformen nach Abb. 28.17 ermöglichen. Die Erweiterungsformen selbst haben keine eigene Systemgrundstruktur.
28.9 Erweiterung der Fertigungsgrundformen
889
Abb. 28.17 Zusammenhang von Fertigungsgrundform und Fertigungsspezialisierung (TF – Teilefertigung; EF – Erzeugnisfertigung)
• In der hierarchischen Systemordnung (Kapitel 3, Teil 1) können die Fertigungsgrundformen nur bis zum Fertigungsabschnitt sichtbar gemacht werden. Die Erweiterungsform erfordert Zusatzkomponenten und kann dadurch kaum sichtbar dargestellt werden.
890
28 Fertigungsform
Abb. 28.18 Fertigungsbereiche unterschiedlicher Art als komplexe Fertigungssysteme (Fertigungssystembeispiel ohne Vollständigkeit der Transportwege). a Fertigungsbereich mit linienförmiger und vernetzter Fertigung. b Fertigungsbereich als Verteilfertigung
• Fertigungsbereiche können unterschiedliche Fertigungsformen enthalten, da sie aus mehreren Fertigungsabschnitten bestehen. In diesem Fall eignen sich besonders Verteilfertigungen, Abb. 28.18.
28.10
Zusammenhang von Fertigungsform und Fertigungssystem
Fertigungsformen sind nach einheitlichen zeitlichen, räumlichen und technischen Gesichtspunkten aus der Produkttechnologie (Wirksysteme, Produktfluss) abgeleitete Gruppenvertreter für Fertigungssysteme zum Sichtbarmachen der unterschiedlichen Fertigungen, Abb. 28.19. Sie werden nach den genannten Gesichtspunkten gruppiert, für ein Produkt oder für eine Produktgruppe bestimmt bzw. ausgewählt und durch Niveauaspekte erweitert. Sie sind sowohl die Basis (Fertigungsgrundform) als auch das Ergebnis (Fertigungsform) der Systemprojektierung. Fertigungssysteme sind technologische Fabriksysteme, die immer eine Fertigungsgrundform enthalten. Die Fertigungsform selbst ist kein Fertigungssystem, aber die Grundlage für die Projektierung des Fertigungssystems (Kapitel 5, Teil 1). Die in den Teilgebieten erläuterten Projektierungsvorschriften kommen umfangreich zur Anwendung.
• Die erläuterten Fertigungsgrundformen treffen nicht nur für die Produktionsgrundstufen 3 (Teilefertigung) und 4 (Erzeugnisfertigung durch Montage), sondern für alle Produktionsgrundstufen (Materialproduktion, Energieproduktion,
28.10 Zusammenhang von Fertigungsform und Fertigungssystem
891
Abb. 28.19 Projektierungszusammenhang von Fertigungsform und Fertigungssystem
Fertigung, Instandsetzung, Verwertung usw.) sowie für die Kommissionierung u. a. Gebiete (Flusssysteme) zu. Die Ursache der Übertragbarkeit liegt im Prozess- und Systemcharakter einer Fertigungsform. Diese ist historisch aus den Fertigungsorganisationsformen (Kombination von räumlicher Prozessstruktur und zeitlichem Durchlaufprinzip) als Erweiterung hervorgegangen (REUTER 1981). Wegen ihrer Anwendungsmöglichkeit für alle Produktionsgrundstufen (Kapitel 2, Teil 1) sind sie in allgemeiner Übertragung Produktionsformen, die hier mit der Spezifik Fertigung (Stückgutproduktion) erläutert wurden. • Arbeitsdichte, ↑ Integration, ↑ Materialflusstechnik, ↑ Produktflusssystemflächen, ↑ Produktflusssystemraum, ↑ Relationen, ↑ Speicherbedarfsmengen, ↑ Speicherdimensionierung, ↑ Technologische Vereinheitlichung.
892
28 Fertigungsform
Literatur KIENZLE O, MÄCKBACH F (1926) Fließarbeit. VDI, Berlin MÜLLER G, REUTER H-K et al (1981) Technologische Planung – Maschinenbau (bearbeitete Auflage). Technik, Berlin REUTER H-K (1981) Fertigungsformen im Maschinenbau. Dissertation B, Technische Universität, Dresden
29
Feststoffentsorgung
Feststoffentsorgung: Aufgabengebiet von Fabriken zur Erfassung, Sammlung, Aufbereitung, Verwendung, Verwertung, Lagerung und zum Transport von zu entsorgenden Stückgütern und ↑ Abführungsmaterial.
29.1
Notwendigkeit und Gruppierung der Feststoffentsorgung
Jeder materielle Gegenstand der Fabrik unterliegt durch das Betreiben zu einem bestimmten Zeitpunkt der Entsorgung. Damit sind eine Vielfalt artungleicher Gegenstände und Mengen, Kategorisierungen (Fraktionierung) sowie unterschiedliche Entsorgungsdurchsätze verbunden, die sowohl die Projektierung als auch den Fabrikbetrieb beeinflussen. Wird nicht entsorgt, können die Fabriksysteme nicht betrieben und versorgt werden, woraus sich ein Flusszwang ableitet, der von der System- und der Fabrikbetreibung zu erkennen, zu steuern und zu regeln ist. Mit dem einfachen Bezug zu den Feststoffen ergibt sich der in Abb. 29.1 dargestellte und zu projektierende Zusammenhang. Feststoffe als 3A-Abfälle (ALT-Betriebsmittel, AB-Produkte, AB-Fallfeststoffe) sind Sekundärrohstoffe, die einen materiellen und finanziellen Wert besitzen und die als • Produkte und Produktteile wiederverwendet (→ regenerative Produktion), • Sekundärrohstoffe in den Formen 1. Stoffliche Verwertung (→ reversible Materialproduktion), 2. Energetische Verwertung (→ reversible Energieproduktion) genutzt und als • Wiederverwendungsgut durch eine Langzeit-Zwischenlagerung (reversibles Rohstofflager) aufbewahrt werden können. Hieraus leitet sich eine zu projektierende „Entsorgungsphilosophie“ ab, die Kreislaufwirtschaft genannt wird. Wirtschaftlich begründbar ist sie durch
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_29, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
893
894
29 Feststoffentsorgung
Abb. 29.1 Zusammenhang und Gruppierung der Feststoffentsorgung (3A-Abfälle)
• zeitliche Begrenzung der Primär-Ressourcen (Erze, Energieträger), • die zunehmend sporadische Primär-Rohstoffpreisgestaltung. Die Aufgabe der Fabrikprojektierung besteht bei diesem Problemkreis darin, durch • Projektierung der Fabriksysteme das Problem Feststoffentsorgung technologisch bei allen Projektierungsgrundfällen ganzheitlich zu beachten, • Feststoffentsorgungssysteme als Fabriksysteme die Aufgabenstellungen der regenerativen und reversiblen Produktion zu lösen. Wegen der notwendigen ganzheitlichen Betrachtungen werden hier über die einfache Feststoffentsorgung hinausgehende, grobe Lösungsziele behandelt, Abb. 29.2. Die Begriffe Feststoff und Entsorgung dürfen nicht zu eng als „Müll“ und Entsorgung durch Deponieren (Endlagerung ohne Stoffnutzung) verstanden werden, sondern eher als
29.1 Notwendigkeit und Gruppierung der Feststoffentsorgung
895
Abb. 29.2 Projektierungsgebiete bei der Feststoffentsorgung
• Feststoffe, die die in der Abb. 29.1 beispielhaft aufgeführten Gegenstände als Feststoffprodukte, Feststoffteile und Feststoffteilchen (Feststoffpartikel) beinhalten, • Sammeln, Aufbereiten und Abführen für eine Wiederverwendung und -verwertung in einer reversiblen Produktion, Abb. 29.3.
Abb. 29.3 Gebiete der Feststoffentsorgung mit den Projektierungsaufgaben
896
29.2
29 Feststoffentsorgung
Verwendung von ALT- und AB-Produkten und von AB-Fallfeststoffen
Feststoffverwendung gehört zur regenerativen Produktion und führt zur Mehrfachnutzung durch Wiederverwendung, insbesondere von ALT-Produkten als Erzeugnis und ALT-Produktbauteilen durch Regenerierung, Abb. 29.4. Problematisch ist die Wiederverwendung von Feststoffteilchen, die u. U. durch Sintern eine Verwendung finden können. Liegt ein Entscheid zur Verwendung vor, der abhängig ist von den Produktpreisen und von der Produktlebensdauer, sind die hierfür notwendigen Systeme der Aufbereitung und Regenerierung – fabriklich oder volkswirtschaftlich – zu projektieren.
Abb. 29.4 Vorgehensweise bei der ALT-Produkt- und AB-Produkt-Verwendung
Zur großen Gruppe der Regenerierung gehören die • Aufarbeitung, • Rekonstruktion (Produkterneuerung und -veränderung) und die • Modernisierung (Zeitgemäße Produktverbesserung). Hierfür sind eigenständige, spezialisierte technologische Fabriksysteme als Regenerierungssysteme oder Fabriken als Regenerierungsfabriken (oder auch Recyclingfabriken) erforderlich.
29.3 Verwertung von ALT- und AB-Produkten sowie von AB-Fallfeststoffen
897
Die Strategien zur Produktverwendung gehen von folgenden Überlegungen aus: Strategie 1:
Strategie 2:
Strategie 3:
Strategie 4:
Ungleiche Lebensdauer der Bauteile und Baugruppen eines Produktsystems, die zeitgemäß durch Ersatz auszugleichen ist, um die Leistungs-, Funktions- und Gütesicherung zu gewährleisten ⇒ Produkterhaltungsaspekt durch Instandsetzung. Produktlebensdauerabhängiger und zunehmender Instandhaltungsaufwand, der dem Umfang einer Erneuerung nahekommt, aber die Leistungs-, Funktions- und Gütesicherung nicht dauerhaft gewährleistet ⇒ Produkterhaltungsaspekt durch Modernisierung. Die Entwicklung neuer Produkte und Produktteile führt zum Widerspruch zwischen Neuheit (Stand der Technik) und Leistungs-, Funktions- und Gütesicherungsstand vorhandener Produkte ⇒ Produkterneuerungsaspekt. Reduzierter Material-, Energie- und Arbeitseinsatz durch Wiedernutzung gebrauchsfähiger Bauteile mit produktoptimaler Lebensdauer ⇒ Ökonomieaspekt.
Weitere Strategien werden durch den Produktions- und Ökologieaspekt beeinflusst. Der technologische und der logistische Entsorgungsaufwand können auf die drei Fälle • direkte oder indirekte Überleitung eines Entsorgungsflusses in einen Versorgungsfluss der Fabrik, • inner- und außerfabriklicher Entsorgungsfluss sowie • regenerative Produktion in der Fabrik oder in einer Spezialfabrik eingeengt werden. Die Systeme werden wie technologische Fabriksysteme projektiert.
29.3
Verwertung von ALT- und AB-Produkten sowie von AB-Fallfeststoffen
Sind die ALT- Produkte nicht durch Regenerierung wiederverwendungsfähig, sollten sowohl sie als auch die AB-Produkte und die AB-Fallfeststoffe aus Ressourcengründen einer Verwertung zugeführt werden. Es nehmen der Umfang und der Aufwand an Erfassungs-, Sammlungs-, Aufbereitungs-, Lager- und Transportsystemen zu, und im Regelfall die Eigenverwertungsmöglichkeit und die Vergütung ab. Die Aspekte und Ziele verdeutlicht ansatzweise Abb. 29.5. Stoffliche Verwertung Eine stoffliche Verwertung bedeutet die Stoffnutzung von 3A-Abfällen.
898
29 Feststoffentsorgung
Abb. 29.5 Feststoffentsorgungsverhältnisse (c … h – Entsorgungsstufen)
Beispiele • Neue Materialerzeugung durch Schmelzen (Metalle, Glas) oder als Schmelzzugabe. • Neue Materialerzeugung durch Sintern (Metalle, Keramik). • Rohmaterialherstellung durch Granulate (Kunststoffe, Mineralien) usw. Sie setzt eine Erfassung, Sammlung, Aufbereitung (Sortieren, Zerkleinern, Trennen), sortenreine Lagerung sowie den fabriklichen und außerfabriklichen Transport voraus.
29.4 Feststoffentsorgung durch die dualen, speziellen und kommunalen Entsorgungssysteme 899
Energetische Verwertung Die energetische Verwertung erfordert einen Heizwert der Feststoffe, damit • eine Verbrennung in einem Kraftwerk (NUR-Feststoffe oder Feststoffzugabe) oder • eine Pyrolyse (Entgasung) und energetische Gasnutzung (Methan) ermöglicht werden. Aus wirtschaftlichen Gründen (Wert, Entsorgungslogistikaufwand) ist eine fabrikliche Eigennutzung vor einer außerfabriklichen Nutzung zu prüfen und zu projektieren. Tabelle 29.1 verdeutlicht die Vorteile durch die stoffliche Verwertung ausgewählter Abfälle.
Tabelle 29.1 Beispiele für die Energieeinsparpotentiale und Vorteile bei der stofflichen Verwer tung (KOCH, HELBING et al (1994))
29.4
Feststoffentsorgung durch die dualen, speziellen und kommunalen Entsorgungssysteme
Die geordnete Feststoffentsorgung der Gruppe AB-Fallfeststoffe nach Abb. 29.1 kann in die bestehenden lokalen und regionalen Entsorgungen eingebunden werden. Diese Entsorgungssystemgruppen setzen Anforderungen voraus: • Unterteilung der Erfassungssysteme nach der Behälter- und Sammelorganisation, Abb. 29.6, • geordnete Sortierung der Feststoffabfälle in Behältern unterschiedlicher Abmessungen, Werkstoffart (Stahlblech verzinkt, Kunststoff), Inhaltsgröße und Zweck, Abb. 29.7,
900
29 Feststoffentsorgung
Abb. 29.6 Einteilung der Erfassungssysteme nach der Organisationsform
Abb. 29.7 Überblick über die Einsatzfelder verschiedener Sammelsysteme
• • • •
Ordnungsgliederung nach Wertstoffen und Abfallreststoffen, Abb. 29.8, Zuteilungsordnung der Entsorger, Abb. 29.9, Bereitstellung der Entsorgungsbehälter entsprechend der Entsorgungssysteme, Entsorgungsgebühren nach Maßgabe.
Durch die vorgegebenen Anforderungen und Bedingungen wird die fabrikliche Projektierung stark eingeengt. Sie konzentriert sich auf die Lösung folgender Aufgaben: • Ermittlung des Entsorgungsprogramms und der Behälteraufstellungsorte für die Abfallgetrennterfassung in den einzelnen Fabrikbereichen der Gesamtfabrik.
29.4 Feststoffentsorgung durch die dualen, speziellen und kommunalen Entsorgungssysteme 901
Abb. 29.8 Einteilung der Systeme zur Getrennterfassung von Abfällen und Wertstoffen
• Ermittlung der Behälterart, -größe und -anzahl für jeden Aufstellungsort entsprechend des fraktionierten Abfallaufkommens und der Brandlast. • Flächenermittlung je Behälteraufstellungsort in Abhängigkeit von • der Behälterartmenge und Behältermenge, einschließlich einer Wechselreserve, • der Bedienung/Zugänglichkeit für Personen und Technik, • der Behälterstandortreinigung (Geräte-, Betriebsstoffbereitstellung), • der Standortkennzeichnung und des Abfallhol-, -bringbetriebes,
902
29 Feststoffentsorgung
Abb. 29.9 Entsorgervoraussetzungen
• einer eventuellen Geruchsabsaugung und Standorthygiene sowie vom • Behälterwechsel und Behältertransport (Fahrzeug, Stapler, Kran). • Gesamtfabrikliche Abfallentsorgungsplanung (Betreiben, Erhalten, Haftung, Abfallentsorgungsbelegfluss bis zur Archivierung, Hol-, Wechsel- und Bringezyklen). • Vorgabe der Tätigkeits-, Hygiene-, Gesundheits-, Arbeits-, Brand-, Umwelt- und Sicherheitsschutzvorschriften und Kennzeichnung dieser Vorgaben. • Sonderaufgaben: Sonderabfall, Abbruchabfall, Brandlast, Asbest, Kontaminierung, ↑ Gefahrstoffe, …. Für die Gesamtfabrik kann die Abfall-Feststoffentsorgung nur in Abstimmung mit der Entsorgung biogener Abfallstoffe (Grünschnitt, Essenreste) und der AbfallFlüssigkeitsentsorgung (Schmutzwasser, Öle, Fette) einer guten Lösung zugeführt werden. Voraussetzung ist das Abfallentsorgungsprogramm, Abb. 29.10. • Die äußere Qualitätsbeurteilung einer Fabrik erfolgt häufig nach dem Ordnungszustand der fabriklichen Abfallerfassung, -sammlung und -lagerung am Fabrikstandort und in den Fabrikstätten. Sichtbar wird hier auch die vergessene und nicht durchgängige Projektierung. • Abfallzwischenlagerungen können in offener, teiloffener (überdacht) oder geschlossener (Raumbauwerk) Form ausgeführt werden. Mit einer geschlossenen Ausführung werden das höchste Ordnungs-, Technik- und Hygieneniveau sowie die geringste Klimabelastung erreicht. • Mit dem Ansteigen der Primärrohstoffpreise in Folge knapper werdender Ressourcen metallhaltiger Mineralien (Erze) ist davon auszugehen, dass nicht nur die ALT- und AB-Produktverwendung und -verwertung eine aufgewertete Be-
29.5 Späneentsorgung
903
Abb. 29.10 Aufbereitungsmerkmale der Entsorgungsprogramme
deutung erhalten, sondern auch die AB-Fallfeststoffe. Die Fabrikprojektierung muss sich hierauf verstärkt orientieren.
29.5
Späneentsorgung
Späne fallen in allen materialverarbeitenden Fabriksystemen und Fabriken durch Fertigungsverfahren (Abtrenntechnik) der Rohteile- und Einzelteilefertigung in unterschiedlichen Mengen und Arten an. Zwei wesentliche Tendenzen beeinflussen insbesondere die Späneanfallmenge und die Projektierung der Späneentsorgung. Tendenz 1:
Spanmengenzunahme (Spanmenge je Bezugszeit) • Zunehmend höhere Zerspanungsleistungen (Schnittlänge, Schnitttiefe, Vorschub) durch höhere installierte Maschinenantriebsleistungen, • Werkzeugverbesserungen (Standzeit, Schneidstoffe, Beschichtung, Werkzeugwechselzeitenminimierung, integrierte Werkzeugspeicher), • Betreibungsverbesserungen (anteilige Grundzeiterhöhung, Steuerungssysteme, Erhöhung der technischen Arbeitssystemintegration).
904
29 Feststoffentsorgung
Tendenz 2:
Spanmengenabnahme • Materialeinsatzabnahme durch Veredlungserhöhung der Produkt-Werkstoffe, • Abstimmungsverbesserung von Rohteil- und Fertigteilform (mehr Urformen, mehr Umformen, mehr Fügen durch Schweißen), • Qualitätserhöhung (weniger Ausschuss, weniger Nacharbeit, weniger Materialeinsatz, weniger unverkaufte Produkte).
Die Spanmenge eines Produktes wird über die Produkttechnologie vom Konstrukteur (80%) und Technologen (20%; Arbeitsvorbereitung) durch die Verhältnisse nach Gl.(29.1) bestimmt. • Abproduktmenge mAB; Zielstellung: mAB → 0! mAB1 = mE − mF = Einsatzmasse − Fertigmasse in kg/Stück
(29.1.1)
mAB2 ≡ Spanmenge + Reststückmenge in kg/Stück
(29.1.2)
• Fertigungstechnologieniveau FT; Zielstellung: FT → 1! ηFT = 1 −
mAB2 ≤1 mE
(29.1.3)
• Materialnutzungsniveau M; Zielstellung: M → 1! ηM =
mF ≤1 mE
(29.1.4)
• Materialbedarfsfaktor fM; Zielstellung: fM → 1! fM =
mE 1 = ≥1 mF ηM
(29.1.5)
Beispiel Ein negativer Spitzenwert für M liegt bei 0,35 (Düsenhalter für Dieselmotoren) und bedeutet: • 65% Spanmasse/Produkt ohne großen wirtschaftlichen Verkaufswert, • 65% unwirtschaftlicher Personen-, Flächen-, Energie-, Transport-, …, -aufwand. Für die Produktionsgrundstufe Einzelteilefertigung liegen die Niveauwerte für M in den Bereichen 0,40 … 0,80. Sie sind deutlich verbesserungswürdig und beeinflussen die Flächengröße, den Personeneinsatz, den Energieaufwand sowie die
29.5 Späneentsorgung
905
Bewegungen in der Fabrik und zwischen den Fabriken in den genannten Größenordnungen („Späneproduktion“). Es ist somit eine Aufgabe der Fabrikprojektierung, diese Verhältnisse nicht nur zu beachten, sondern auch entwicklungsbedingt zu verbessern.
29.5.1
Späneentsorgungsprogramm
Das Späneentsorgungsprogramm ist zuerst ein Späneentsorgungs- ↑ Projektierungsprogramm und wird nach der Projektierung und Realisierung zu einem Späneentsorgungs-Betreibungsprogramm für die dann vorliegenden Realitäten umgewandelt. Mindestanforderungsangaben zum Späneentsorgungs-Projektierungsprogramm enthält Abb. 29.11. Folgende Konkretisierungen sind erforderlich:
Abb. 29.11 Wesentliche Merkmale des Späneentsorgungsprogramms
Spanformklassen Metallspäne können in die geometrieorientierten Spanformklassen 1 bis 8 nach Tabelle 29.2 eingeordnet werden. Holz- und Kunststoffspäne erweitern die Spanformklassen. Sie sind flugfähig und erfordern andere Entsorgungssysteme.
906
29 Feststoffentsorgung
Tabelle 29.2 Spanformklassen von FRÖHLICH (für Stahl)
Spanwerkstoff Eine Spangruppierung muss zuerst nach dem Werkstoff (Stahl, Gusseisen, Buntmetallgruppen, …) erfolgen und sollte zur Getrennterfassung, Sammlung, Aufbereitung und stofflichen Verwertung führen. Spanzustand Hierzu gehören die Reinheitszustände (trocken, ölig, emulgiert, giftbehaftet, verschmutzt), die Anforderungen an die Aufbereitung stellen. Technologische Vorgänge und Funktionen Zu den technologischen Grundvorgängen gehören: die Erfassung, die Sammlung und die Aufbereitung mit den Ausführungszuordnungen, z. B. Erfassen am Wirksystem (Späneerzeuger) durch die Arbeitskraft des Arbeitssystems. Das Sammeln und Transportieren sind Materialflussfunktionen, so dass der technologische Schwerpunkt bei der Späneaufbereitung liegt. Wesentliche Aufbereitungsfunktionen können sein: • Entölen
• Sortieren
• Entemulgieren • Entgiften
• Trennen
• Zerkleinern (Brechen, Schneiden, Shreddern) • Verdichten (Paketieren, Pressen, Drücken)
• Kommissionieren • Befüllen
• Schützen (Verschließen, atmosphärischer Schutz) • Prüfen (Wiegen, Werkstoffanalyse)
• Trocknen
29.5 Späneentsorgung
907
Schüttdichte Durch die Spanformvielfalt in reiner und gemischter Form ist die Schüttdichte der Späne deutlich geringer als die Werkstoffdichte und führt zu hohen Transportaufwendungen bei geringen Schüttdichten, Gl. (29.2). Sie stellt somit eine projektierungsrelevante Größe dar. Schuttdichte Sp =
Werkstoff RSp
kg/m3 ; t/m3
(29.2)
Mit der Spanraumzahl RSp liegt eine Umrechnungsgröße vor, die durch Wiegen oder durch Schätzung ermittelt werden kann. Ihre Spannweite liegt zwischen (1 …) 3 < RSp < 100 und beträgt • RSp = 80 … 90 für völlig ungebrochene Späne (Klasse 1 nach Tabelle 29.2), • RSp = 3 … 10 für gut bis sehr gut gebrochene Späne (Klasse 7 nach Tabelle 29.2).
29.5.2
Ermittlung der Spänemengen
Die der Späneentsorgungsprojektierung zu Grunde zu legenden Spänemengen basieren häufig auf Schätzungen unterschiedlicher Genauigkeit, Erfassungen (mit Erfassungsblättern) oder auf groben Berechnungen, da die Bemühungen der Feinermittlung nicht in einer vernünftigen Relation zum Aufwand stehen. Eine allgemeingültige Vorgehensweise enthält deshalb die Abb. 29.12.
Die Berechnungsgrundlagen nach Abb. 29.12 ermöglichen folgende Projektierungsansätze: • • • • •
Eine Gruppierung der Spanmengen mit einem Bezug zu den Laufindizes. Eine Gruppierung für jedes Wirk-, Arbeits- und technologisches Fabriksystem. Eine Vereinheitlichung der Spänebehälter für die Arbeitssysteme der Fabrik. Eine relative Genauermittlung über den Spänefaktor fSp(2) in kg/h ⋅ kW. Die Herstellung der Projektierungsbasis mit einer Genauigkeit von ± 10%.
29.5.3
Stand der Technik
Die Späneentsorgung der Vergangenheit ist nicht für eine Zukunftstransformation geeignet, so dass neue Wege mit folgenden Zielen gegangen werden müssen:
908
Abb. 29.12 Grundlagen zur Ermittlung der Spanmengen eines Systems
29 Feststoffentsorgung
29.5 Späneentsorgung
909
• Vermeidung der Spänekontakte durch Arbeitskräfte, da hier der Arbeitskräfteausfall durch Verletzungen hoch ist (Unfallschwerpunkt). • Integrierte Späneerfassung und -förderung im Wirksystem bis zum Spänebehälter oder bis zum Späneentsorgungssystem der technologischen Fabriksysteme. • Suche nach geeigneten Verwertungen und Ausrichten der Späneentsorgung nach der Verwertungsmöglichkeit, Abb. 29.13.
Abb. 29.13 Späneaufbereitungs- und Späneverwertungssystem
Beispiele • Stahl- und Gusseisenspäne → 100%ige Verwertung durch Urformen, • Aluminium-, Messing-, Bronze-, Kupfer-, Edelmetallspäne → 100%ige Verwertung, • Holzspäne → 100%ige Verwertung durch direkte oder indirekte Stoffnutzung (Pellets) oder Energienutzung (Verbrennung) oder Spanplattenherstellung, • Kunststoffspäne → stoffliche Verwertung (Granulieren → Kunststoffprodukt) oder energetische Verwertung (Verbrennung), • Ausnahme: Kunstprodukte aus Spänen. • ENTölung, ENTemulgierung, ENTgiftung usw. der Späne in der Fabrik ohne große Transportwege und Kontaminierungsmöglichkeiten und Rückführung der Öle und Emulsionen (Kühlschmierstoffsystem) zum Ausgangssystem. • Integration der ENT-Technologien als Arbeitssysteme in das technologische Fabriksystem.
29.5.4
Funktionen, Prozesse und Systeme der Späneentsorgung
Mit der Späneentsorgung sind drei Prozesskomplexe zu beachten, die zu den Späneentsorgungsteilsystemen führen. Es sind zu unterscheiden, Abb. 29.14:
910
29 Feststoffentsorgung
Abb. 29.14 Prozesskomplexe und Funktionen der Späneentsorgung Tabelle 29.3 Sinnbildliche Systematisierung der Späneerfassung und -sammlung
29.5 Späneentsorgung
911
• die Späneerfassung am Entstehungsort (Wirksystem), • die Spänesammlung im technologischen Fabriksystem und in der Fabrik, • die Späneaufbereitung vor dem Wiedereinsatz (reversible Verwertungsproduktion). Späneerfassung Eine Späneerfassung ist am Wirksystem (spanabhebende Werkzeugmaschinen der MVI und Holzindustrie, Ausnahme: Umformpresse) und im Arbeitssystem notwendig. Prozessorientiert sind die Lösungen nach Tabelle 29.3 und technisch die Lösungsprinzipien nach Tabelle 29.4 möglich. Tabelle 29.4 Technische Prinzipien der Späneerfassung
Spänesammlung Die Spänesammlung wird nach dem Späneerfassungssystem und dem Verwertungssystem ausgerichtet und kann Elemente der Späneaufbereitung enthalten. Hauptfunktionen sind Ortsveränderung (Fördern, Transportieren), Lagern mit Kommissionieren und ENT-Technologiefunktionen (Entölen, Entemulgieren, …), Tabelle 29.5. Integrierte Lösungen entstehen unter Einbeziehung der Aufbereitung (Abb. 29.14). Hinsichtlich der Spänesammlungstechnik sind zu unterscheiden:
912
29 Feststoffentsorgung
Tabelle 29.5 Spänesammlungsgrobprozesse (unvollständige Auswahl)
1. Spänelagerung:
Spänelagerung: Spänetransportbehälter (EURO-Behälter, Container (Abroll-), Kammern, Bunker, Spezialbehälter, …).
2. Späneförderung:
• Stapler mit Kippeinrichtung für Transportbehälter, • Mechanische Fördertechnik (Gliederband-, Schnecken-, Trogketten-, Harpunen-, Stoß-, Kratz-, Schubstangen-, Schwingrinnenförderer), • Pneumatische Förderung (Flug-, Schubförderung), • Hydraulische Förderung (Ausnahme). • Magnetische Förderung.
• Das projektierte Niveau der Spänesammlung sollte dem Niveau des projektierten technologischen Fabriksystems gleichkommen und mindestens dem Stand der Technik entsprechen. • Die Spänesammlungsfördertechnik wird nach den Bewegungsanforderungen wie ein Produktflusssystem – mit der Besonderheit Spanform – projektiert. Wenige Förderspiele und hohe Flexibilität führen zum Stapler- und Behältereinsatz.
29.5 Späneentsorgung
913
• Spänefördertechnik wird für alle Anwendungsformen (Flur-, Seiten-, Überflur-) im Regelfall gekapselt ausgeführt, um den Zugriff durch Arbeitskräfte zu unterbinden. Die mit diesen Lösungen in Verbindung stehenden Nachteile, wie sehr hoher Verschleiß und ungünstige Instandhaltungsergonomie, sind zu beachten. • Pneumatische Fördersysteme erhalten einen Vorzug (Kapselung, staubhaltiger Span), wenn die Flugfähigkeit der Späne gegeben ist (Holz, Kunststoff, Leichtmetalle). • Die Spänelagerungstechnik wird durch die Organisationsform der Verwertung beeinflusst. Auch hier gilt der Ganzheitsgrundsatz der Projektierung. Späneaufbereitung Späneaufbereitung ist aus Aspekten der Ökologie (Kontaminierungsvermeidung), Ökonomie (Preis, Menge) und der Technologie (Verwertung) eine notwendige Aufgabe. Aufwand und Nutzen sind unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben abzuwägen. Das trifft insbesondere für das Zerkleinern (Brechen, Schneiden, Shreddern) und Verdichten (Paketieren) zu. Andererseits sind gering verdichtete Späne nicht hochofentauglich, da sie „verbrennen“ (Schlackebildung) und keine Schmelze bilden. Die Späneaufbereitung enthält unterschiedliche Projektierungsaufgaben, Tabelle 29.6, und führt zu • Arbeitssystemen, • technologieanalogen Fabriksystemen, Abb. 29.13 oder zu • zentralen Fabrikwirkungsstätten, die ganzheitlich zu projektieren sind. Tabelle 29.6 Späneaufbereitungssysteme
914
29.6 29.6.1
29 Feststoffentsorgung
Entsorgungsbesonderheiten Staub als Feststoff
Staube als Partikel werden als Feststoff eingeordnet und durch Absaugen und Aufsaugen mit einer Filterung über ↑ Absaugsysteme entsorgt. Die partikelbehafteten und zu entsorgenden Filter dürfen durch Entnahme und Transport keine Partikel freigeben! Staubentsorgung ist in jedem Fall eine mehrstufige Entsorgung – im Regelfall – ohne Verwertung.
29.6.2
Biogene Feststoffe
Biogene oder biotische Feststoffe können nach den Entsorgungswegen in die Kategorien Verbrennung und aerobe oder anaerobe Vergärung untergliedert werden. Eine Verwertung durch Verbrennung ist bei allen ligninhaltigen Stoffen (Holz) durch Biomassekraftwerke gegeben. Aerobe Vergärung bedeutet Kompostierung (Kompostierbehälter, Komposthalde) und Humusbildung (Bodengare). Anaerobe Vergärung erfordert einen Bioreaktor, der über die Vergärung (psychophil, mesophil, thermophil (46–70°C)) methanhaltiges Biogas (Methangehalt ca. 63 … 72%) und Gärreste erzeugt. Wesentliche Größen sind dabei der organische Trockensubstanzgehalt und die unsortierten Beimengungen (Metalle, Kunststoffe). Die biogene Entsorgung ist ein Grenzgebiet von Feststoff- und Flüssigkeitsentsorgung. Sie sollte in der modernen Fabrik mit Kantinenversorgung nicht fehlen.
29.6.3
Industrieansiedlung auf der Basis der Abfallverwertung
Die Abfallentsorgung einer Fabrik, eines Fabrikkomplexes oder einer Region kann industriell mit den Zielen der Energie- und Sekundärstoffgewinnung umgesetzt werden, sofern dieses gewollt wird. Es entsteht eine Abfallverwertungsfabrik mit den folgenden Systemkomplexen (HELBING et al (1995)): • • • • • • •
Eingangslagersysteme sehr großer Dimension, Abfallaufbereitungssysteme, Thermische Abfallverwertungssysteme (Vorzug: Pyrolyse), Granulataufbereitung als Betonzuschlagstoff, Bioreaktorsysteme (Biogasproduktion, BHKW; Gärrestaufbereitung als Dünger), Biomassekraftwerk, Sekundärrohstoffaufbereitung,
Literatur
915
• energienutzende Produktionen und • Ausgangslager mit hoher Sortentrennung. Hinzu kommen alle infra- und ultrastrukturellen Systeme sowie die gesamtbetrieblichen Bereiche einer Fabrik.
• Das große Gebiet der Feststoffentsorgung muss durchgängig, vom Wirksystem bis zur Gesamtfabrik über die Arbeitssysteme, Flusssysteme, Fabriksysteme und Fabrikwirkungsstätten, „aus einer Hand“ projektiert werden, da sonst ein fabriksystemeinheitliches Niveau nicht erreichbar ist. • Feststoffentsorgung kann durch die Verwertung zu Produktionen mit ökonomischen Vorteilen führen. Über eine Ein- oder Ausgliederung der Verwertung kann aber nur als Einzelfall, nicht generell, entschieden werden. • Mit zunehmender Rohstoffknappheit wird die wirtschaftliche Sekundärrohstoffnutzung durch oder über die Feststoffentsorgung zunehmen. Die Zunahme muss zukunftsorientiert mitprojektiert werden. • ↑ Abführungsmaterial, ↑ Gefahrstoff, ↑ Material, ↑ Produktflusssystemfläche, ↑ Produktflusssystemraum, ↑ Projektierungsprogramm, ↑ technologische Vereinheitlichung.
Literatur FRÖHLICH J (1998) Produktionssystematik II – Fabrikökologie/Entsorgungslogistik, Lehrbrief. Technische Universität, Dresden, Fakultät Maschinenwesen HELBING KW et al (1994) Industrieansiedlung auf der Basis kommunaler Abfälle, Wismar: Forschungsbericht 139/93 (Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft BMWi) HELBING KW et al (1995) Entwicklung von ganzheitlichen Systemen für die Bioabfallentsorgung, Wismar: Forschungsbericht 565/94 (Förderung durch das BMWi) KOCH TC (1991) Ökologische Müllverwertung – Handbuch für optimale Abfallkonzepte, 3. Aufl. Karlsruhe: L. F. Müller
30
Flexibilität
Flexibilität: Anpassungsfähigkeit von materiell-technischen Systemen und Systemelementen an variierende Aufgaben und Prozesse ohne Veränderung der Funktion, Dimension und Struktur.
30.1
Systemgruppierung
Anpassungsfähigkeit ist eine zu projektierende Eigenschaft von Systemen und Systemelementen, die durch • Flexibilität (Elastizität, Dehnbarkeit, Regulierbarkeit) und • ↑ Variabilität (Veränderbarkeit, Umstellbarkeit, Wandlungsfähigkeit) beschrieben werden kann. Eine besondere Bedeutung hat dabei die Wechselwirkung zwischen Aufgabe, Prozess und Synthese des ↑ Systems. Dementsprechend sind konstante (starre, unveränderbare), flexible (anpassbare) und variable (veränderbare) Systeme der Fabrik und daraus ableitbare Kombinationen zu unterscheiden, Abb. 30.1. Konstante Fabriksysteme Als konstante Systeme sind solche einzuordnen, die für eine Produktart ausgelegt werden und während der Systemlaufzeit keine Veränderungen durch Umstellungen, Neueinstellungen, Variationen oder durch andere Betriebsweisen erfahren. Das Niveau der Anpassungsfähigkeit an andere Produktarten ist gleich oder fast null (F → 0, V → 0). Jede Produktartänderung erfordert eine neue Systemprojektierung. Flexible Fabriksysteme Flexible Systeme werden auch als elastische Systeme bezeichnet. Sie werden für Produktartgruppen (Teilegruppen, Erzeugnisgruppen, Betriebsmittelgruppen, …) projektiert und erreichen nur für die Merkmale dieser Gruppen die Anpassungsfähigkeit. Ihre Anwendungsbreite ist in der Praxis am größten. Die Ursachen liegen in den verschiedenen Formen der Anpassungsfähigkeit durch die folgenden Möglichkeiten begründet:
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_30, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
917
918
30 Flexibilität
Abb. 30.1 Systemgruppierung nach der Flexibilität mit Beispielzuordnungen (Fließfertigung)
1. Systemflexibilität durch eine VON-BIS-Betriebsweise. 2. Systemflexibilität durch Überdimensionierungen bzw. Redundanzen. 3. Systemflexibilität durch Merkmalsschwankungen und -veränderungen. In allen Fällen bleibt die projektierte Systemstruktur unverändert! Variable Fabriksysteme Variable Systeme werden für wechselnde Produktarten oder Produktartgruppen projektiert. Es sind wandlungsfähige Systeme, die folgende Fälle ermöglichen: 1. Systemvariabilität durch Systemumstellbarkeit. 2. Systemvariabilität durch Systemmodularität (Modulaustausch). 3. Systemvariabilität durch Systemerweiterungen oder -einengungen (-wandlungen). Jeder Fall führt zu einer Strukturveränderung des Systems, die zu projektieren ist.
30.2 Flexibilitätsgebiete von Systemen
919
Die Projektierungs- und Systeminvestitionsaufwendungen nehmen von den konstanten zu den variablen Systemen im Regelfall zu, so dass der Zweck und das Ziel der Anpassungsfähigkeit zu bestimmen sind. Diese Aussage ist für • Merkmale des Projektprogramms, • alle Systemelemente und • alle Flusssysteme eines Fabriksystems zu prüfen und ein Gleichmaß der Anpassungsfähigkeit für alle Systemteile in Abhängigkeit von der Gesamtsystemaufgabe (Produktionsprogramm) und den spezifischen Systemaufgaben (Flusssysteme, Versorgung, Entsorgung, …) anzustreben. Es unterscheiden sich die Projektierungsaufgaben von Fabriksystemen, die nachfolgend erläutert werden.
30.2
Flexibilitätsgebiete von Systemen
Die Flexibilität eines Systems muss aus den Anforderungen der Systemaufgabe sowie ihren Wirkungen auf den Systemprozess und die Systemsynthese abgeleitet werden, Abb. 30.2. Zu beachten ist dabei, dass die Systemaufgabe aus dem Systemprogramm (↑ Projektierungsprogramm) gebildet wird, und damit ein Bezug zu den Programmmerkmalen herzustellen ist, Abschnitt 30.3. Der Inhalt der Abb. 30.2 verdeutlicht, dass die Systemflexibilität mehrere Anteile hat. Ihre Ausprägung wird durch die Merkmals- und Prozessflexibilität im System bestimmt und kann nur durch die Systemprojektierung hergestellt werden.
Abb. 30.2 Gruppierte Teilgebiete der ganzheitlichen Systemflexibilität
Ein System kann als ein flexibles System eingeordnet werden, wenn die Teilgebiete, Abb. 30.2, auch Anpassungsfähigkeiten enthalten und die dimensionelle und strukturelle Systemflexibilität Merkmals- und Prozessflexibilitäten einbezieht.
920
30 Flexibilität
Dadurch wird es vereinfachend möglich, Systeme als merkmals- und prozessflexibel einzuordnen und die Systemsynthese mit der Funktionsbestimmung, Dimensionierung und Strukturierung hierauf auszurichten. Es ergibt sich ein Projektierungszwang mit folgender Aussage: Werden die Merkmale der Systemaufgabe als (merkmals-) flexibel und die Systemprozesse als (prozess-) flexibel definiert, so sind zu ihrer Erfüllung im System oder Systemelement auch die Bestandteile der Systemsynthese (Systemfunktion, Systemdimension und Systemstruktur) durch Projektierung als (system-) flexibel zu definieren.
30.3
Merkmalsflexibilitäten des Systems
Ein flexibles System der Produktion enthält durch das Systemprogramm die gleichen Merkmale wie konstante oder variable Systeme. Die Unterscheidung entsteht durch die Merkmalsausprägung in VON-BIS-Wertebereichen, beginnend mit den Produktarten. Beispiel • Ist ein technologisches Fabriksystem in der Lage, mehrere Produktarten einer Produktgruppe herzustellen, so ist es produktartflexibel. • ↑ Druckluftversorgungssysteme sind wegen der nur einen Produktart Druckluft im Regelfall nicht produktartflexibel. Sie können jedoch flexible Merkmale (regulierbare VON-BIS-Druckwerte, bedarfsanpassbare Ölhaltigkeit, Feuchte, …) durch Regulierung der Systemelemente enthalten. Die für die Produktion in der Fabrik anzustrebende und zu projektierende Flexibilität muss • aus dem Produktionsprogramm abgeleitet (als Produktart oder Produktartmenge), • in den ↑ Projektierungsprogrammen durch die Programmmerkmale aufbereitet und • als Aufgabe für die Systemelemente und Teilsysteme formuliert werden. Das erfolgt durch die VON-BIS-Werte- und Regelungsermittlung, Abb. 30.3. Begonnen wird mit den Wirksystemen, von denen dann die Flexibilitätsforderungen an die Flusssysteme abgeleitet werden. In Abb. 30.3 wird der Zusammenhang erläutert und Abb. 30.4 enthält wichtige Merkmale. Jedes Merkmal M in der Abb. 30.4 muss unter den Gesichtspunkten • Flexibilitätsanforderung an das zu projektierende System und Systemelement, • nutzbare Flexibilitätsausprägung nach der Projektierung des Systems und • genutzte Flexibilität des Systems durch den Systembetrieb betrachtet werden.
30.3 Merkmalsflexibilitäten des Systems
921
Abb. 30.3 Aktivitäten zur Ermittlung der Merkmalsflexibilitäten von Systemelementen und Systemen
Die Flexibilität eines Systems kann deshalb auf der Basis der einzelnen Merkmalsflexibilitäten (Beispiele: produktgeometrie-, verfahrens-, durchsatzflexibel) definiert und beschrieben werden, ohne zunächst die Ausprägung (VON-BIS-Bereich, „Dehnung“, Abb. 30.3) anzugeben. Es ergibt sich vereinfachend eine merkmalsdefinierte Systemflexibilität mit einem Merkmalsflexibilitätsgrad ȘF,M. Das Niveau der Merkmalsflexibilität kann nur für Einzelmerkmale nach Gl. (30.1) für die zwei Fälle • von der Systemaufgabe über das Systemprogramm geforderte Merkmalsflexibilität und • vom System angebotene Merkmalsflexibilität ermittelt werden. Fall 1 ( F,M1 ) entspricht einer Anforderung durch das Produktionsprogramm. Fall 2 ( F,M2 ) wird durch eine Systemprojektierung erreicht, Abb. 30.3. ηF,M 1 =
DM Dehnungswert des Merkmals M = Ausprägungswert des Merkmals M AM
(30.1.1)
ηF,M 1 =
(MVON − MBIS ) ≤1 AM
(30.1.2)
922
30 Flexibilität
Abb. 30.4 Flexibilitätsbeeinflussende Merkmale von technologischen Fabriksystemen
DM + DM ,Zu (Erweiterung durch Projektierung) Gesamtausprägungswert des Systemmerkmals DM ,E(projektiert) = ≤1 AM ,E(projektiert)
ηF,M 2 = ηF,M (Sy) = ηF,M (Sy)
(30.1.3) (30.1.4)
30.4 Prozessflexibilität des Systems
923
Beispiel 1 Für eine Produktartgruppe mit drei Produktarten ist für das konstruktive Merkmal Durchmesser d die Merkmalsflexibilität zu ermitteln.
Hinweise • Die Flexibilitätsgrade sind relative Niveaukennzahlen. Es ist zweckmäßig, den VON-BIS-Bereich der Flexibilität anzugeben (z. B. 100 mm oder von 20 bis 120 mm Durchmesser). • Merkmalsflexibilitäten werden nur für Produktartgruppen ermittelt, nicht für einzelne Produktarten. Dadurch sind die Merkmalsflexibilitäten immer Einzelflexibilitäten der Produktartgruppe. • Merkmalsflexibilitäten charakterisieren die Systemaufgabe. Das ↑ Projektierungsprogramm muss unter diesem Aspekt aufbereitet werden.
30.4
Prozessflexibilität des Systems
Prozesse mit ihren Prozesselementen (Funktionen), Relationen und Strukturen erreichen eine Flexibilität, wenn die Prozesselemente, Prozessrelationen und die Prozessstruktur des Systems eine Anpassungsfähigkeit an zu verändernde Systemaufgaben (Programmmerkmale) ohne Systemstrukturveränderung ermöglichen. Die Prozessflexibilität muss dazu drei Komponenten enthalten, die • Prozessfunktionsflexibilität (oder Funktionsflexibilität), • Prozessrelationsflexibilität (oder Relationsflexibilität) und die • Prozessstrukturflexibilität. Betrachtet werden die Prozesse in dem Fabriksystem, speziell in den Wirk-, Arbeitsund Flusssystemen, die in der Lage sind, die Merkmale des Produktionsprogramms im System zu realisieren.
924
30 Flexibilität
30.4.1
Funktionsflexibilität
Prozessfunktionen werden aus den Merkmalen des Produktionsprogramms (Abschnitt 30.3, Technologische Prozessfunktionen) und aus der Systemkonzeption abgeleitet. Die Projektierung ihrer Flexibilität erfolgt in Analogie zu den Merkmalsflexibilitäten, Abb. 30.3. Die entsprechenden Aktivitäten zur Projektierung der Prozessfunktionen enthält in vereinfachter Form die Abb. 30.5.
Abb. 30.5 Aktivitäten zur Ermittlung der Prozessfunktionsflexibilität im Fabriksystem
Die Prozessfunktionsflexibilität des Systems bezieht sich erstrangig auf die Arbeitsgänge (Wirkfunktionen), dann auf die Bewegungsfunktionen (Flussfunktionen) und nachfolgend auf die Potentialfunktionen (Betreibungsfunktionen), die als technologische Prozessfunktionen im Beispiel 2 erläutert werden, Gl. (30.2). System-Funktionsflexibilität: FFu, Sy = FAg ; FF ; FB
(30.2)
• Wirkfunktionen ≡ Arbeitsgangfunktionen → Arbeitsgangflexibilität, FAg • Bewegungsfunktionen ≡ Flussfunktionen → Flussflexibilität, FF • Potentialfunktionen ≡ Betreibungsfunktionen → Betreibungsflexibilität, FB
30.4 Prozessflexibilität des Systems
925
Beispiel 2 In einem technologischen Fabriksystem sollen 3 Produktarten einer Produktgruppe mit jeweils 3 Arbeitsgängen flexibel produziert werden. Lösung
Hinweise • Die Systemlösungsvorschläge unterscheiden sich durch die Arbeitsweise. • Die Systemlösungsvorschläge sind produktart- und arbeitsgangflexibel. • Funktionsflexibilitätsniveau ηF,Fu = 1 −
zFu − 1 zFu,max − 1
Systemvariante 1: ηF, Fu(Ag) = 1 −
4(WS − Art) − 1 = 0,625 9(Arbeitsgänge) − 1
Systemvariante 2: ηF, Fu(Ag) = 1 −
1(WS − Art) − 1 =1 9(Arbeitsgänge) − 1
• Vereinfachend wird die WS-Art (Drehmaschine) einer Arbeitsgang-Art (Dreharbeitsgang) gleichgesetzt. • Die weiter zu projektierende Vorzugsvariante kann durch die zeitliche Auslastung noch Veränderungen unterliegen.
Aus der Darstellung im Beispiel 2 wird deutlich, dass die Arbeitsweise der Elemente einen bedeutenden Einfluss auf die Funktions- und Relationsflexibilität des Systems, d. h., auf die Prozessflexibilität, hat. Funktionsflexibilität, Elementeartmenge und Systemarbeitsweise stehen im engen Zusammenhang zur ↑ Integration.
926
30.4.2
30 Flexibilität
Prozessrelationsflexibilität des Systems
Durch die (Prozess-)Relationsflexibilität des Fabriksystems wird der Zusammenhang von Produkttechnologierelationen der Produktgruppe und Systemprozessrelationen unter dem Aspekt der Anpassung, Vereinheitlichung und Ausführbarkeit hergestellt. Ist das System mit den Systemprozessrelationen in der Lage, die Produkttechnologierelationen der Produktgruppe in beliebiger Reihenfolge der Produktarten zu realisieren, gilt es als relationsflexibel. Elemente, Teilsysteme und Struktur des Systems müssen die Relationsflexibilität im Systembetrieb dauerhaft realisieren können. Die Systemrelationsflexibilität FR,Sy enthält die folgenden Teilkomponenten, Gl. (30.3): • Eingangsrelationsflexibilität FRE, • Ausgangsrelationsflexibilität FRA, • Verflechtungsrelationsflexibilität FRV mit den Unterscheidungen • Vorwärtsrelationsflexibilität FRV,V (Vorlauf, vorlaufflexibel) • Rückwärtsrelationsflexibilität FRV,R (Rücklauf, rücklaufflexibel). • System-Relationsflexibilität: FR,Sy = FRE ; FRA ; FRV ,V ; FRV ,R
30.4.2.1
(30.3)
Eingangsrelationsflexibilität des Systems (Beispiel 3)
Die Relationsflexibilität des Systemeingangs wird in Abhängigkeit der Produktartmenge der Produktgruppe und der Eingangsrelationen bestimmt. Sie wird von der ↑ technologischen Vereinheitlichung der Eingangsrelationen beeinflusst. Beispiel 3 Für die Produktgruppe nach Beispiel 2 ist die Eingangsrelationsflexibilität des Systems (4 Wirksysteme) zu bestimmen.
30.4 Prozessflexibilität des Systems
927
Hinweise zum Beispiel 3 • Verteilfertigungen mit Zentralförderer erreichen das höchste Niveau der Eingangsrelationsflexibilität (↑ Fertigungsformen). • Die Relationsflexibilität des Systemeingangs kann unterschieden werden in • vom Prozess gefordert und • vom System angeboten. RE, WS vorhanden 2 = = 0, 5 (gefordert) RE, WS möglich 4 4 = = 1 (angeboten) 4
ηF, RE1 = ηF, RE2
• Unter Beachtung der Relationsdichte ( dR = Produktarten P/Relation) kann das Relationsflexibilitätsniveau differenziert werden. Es sind die Werte RE · dRE bei der Berechnung zu berücksichtigen.
30.4.2.2 Ausgangsrelationsflexibilität des Systems (Beispiel 4) Die Ausgangsrelationsflexibilität des Systems wird wie die Eingangsrelationsflexibilität ermittelt und projektiert. Jedoch werden hier nur die Ausgangsrelationen beachtet. Die Unterscheidung „vom Prozess gefordert“ und „vom System angeboten“ gilt gleichfalls. Beispiel 4 Zu bestimmen und zu projektieren ist die Ausgangsrelationsflexibilität des Systems (4 Wirksysteme) für das Beispiel 2.
30.4.2.3
Verflechtungsflexibilität des Systems (Beispiel 5)
Mit der Verflechtungsflexibilität wird eine Aussage getroffen, wie das System die Prozessverflechtungsrelationen realisiert und welche Form der Produktion (↑ Fertigungsform) dadurch entsteht.
928
30 Flexibilität
Hinweise zum Beispiel 4 • Verteilfertigungen mit Zentralförderer können jede Relationsausgangsflexibilität realisieren. • Das Niveau der Relationsausgangsflexibilität erreicht folgende Werte: 1. Vom Prozess gefordert: ηF, RA1 =
RA, WS vorhanden 3 = = 0,75 RA, WS möglich 4
2. Vom System angeboten: ηF, RA2 =
RA, WS angeboten 4 = =1 RA, WS möglich 4
• Das Projektierungsziel: ηF,RA2 ≥ ηF,RA1 erfüllt praktische Forderungen nach einem hohen Flexibilitätsniveau.
Beispiel 5 Für die Produktgruppe nach Beispiel 2 ist die Verflechtungsflexibilität zu bestimmen und zu projektieren.
Hinweise • Die gewählte Systemlösung ist eine Verteilfertigung mit Zentralförderer (Variante 1) und mit Zentralspeicher (Variante 2). • Verteilfertigungen sind verflechtungsrelations- und anordnungsflexibel. • Die Verflechtungsrelationsflexibilität erreicht folgendes Niveau: RV , V + RV , R vorhanden 1. Vom Prozess gefordert: ηF, RV 1 = RV , V + RV , R möglich 3+1 = 0,33 6+6 RV , V + RV , R angeboten = RV , V + RV , R möglich
= 2. Vom System angeboten: ηF, RV 2
=
6+6 =1 6+6
• Für die Ermittlung der Relationsmengen werden VON-NACH-Matrizen empfohlen (Beispiel 6).
30.4 Prozessflexibilität des Systems
30.4.2.4
929
Relationsgesamtflexibilität des Systems (Beispiel 6)
Die Relationsgesamtflexibilität setzt sich aus den drei erläuterten Anteilen in ihrer Gesamtheit zusammen und wird für die Fälle • vom Prozess gefordert und • vom System angeboten ermittelt. Das Beispiel 6 erläutert die Grundlagen. Beispiel 6 Für die Produktgruppe nach Beispiel 2 ist die Relationsgesamtflexibilität zu bestimmen.
Hinweise • Die ↑ Fertigungsform Verteilfertigung ermöglicht immer flexible Fabriksysteme der Teile- und Erzeugnisfertigung. Besonders stark ausgeprägt ist die Relationsflexibilität. • Das Verteil- und Sammelsystem besteht aus einem zentralen Fördersystem bei direkter Flusskopplung oder aus einem zentralen Förder- und Speichersystem bei einer indirekten oder adaptiven Flusskopplung. Das Speichersystem erfordert zur Bedienung weitere Relationen, insbesondere raumbestimmte Relationen, die bei der Projektierung zu beachten sind. Sie bestimmen die räumliche Flexibilität des Systems mit. • Das zentrale Fördersystem wird durch den zeitlichen Relationsaufwand (Förderzeit der Relationen) in seiner Ausprägung begrenzt.
930
30 Flexibilität
30.4.3
Flexibilität der Prozessstruktur von Systemen
Flexible Systeme Bei den flexiblen Systemen ist die Prozessstruktur des Systems eine projektierte Größe, die entweder • nur eine Grundstruktur oder • mehrere Grundstrukturen mit den erläuterten Funktions- und Relationsflexibilitäten (Abschnitte 30.4.1 und 30.4.2) enthält. Die hieraus entstehende und zu projektierende Prozessstrukturflexibilität des Systems führt zu ein- und mehrwertigen Prozessstrukturen, Tabelle 30.1.
• Die Prozessstrukturwertigkeit ist ein Ausdruck der Prozessstrukturflexibilität des Systems. Nach Tabelle 30.1 können 15 Prozessstrukturflexibilitäten von Systemen unterscheiden werden: • • • •
Vier einwertige Prozessstrukturen als Grundstrukturen eines Systems, sechs zweiwertige System-Prozessstrukturen, vier dreiwertige System-Prozessstrukturen und eine vierwertige System-Prozessstruktur.
Betrachtungsaspekt ist die Einbeziehung von Prozessgrundstrukturen. • In Erweiterung ergeben sich durch die Einbeziehung der Grob- und Feinstrukturen weitere Prozessstrukturflexibilitäten, die hier nicht weiter, wegen der Vielfalt, erläutert werden. Hinzu kommen noch Prozessstrukturflexibilitäten durch adaptive Kopplungen und Durchlauf-Variationen. • Alle Prozessstrukturflexibilitäten können nur durch die Struktur der ↑ Fertigungsform Verteilfertigung praktisch realisiert werden. Sie ermöglicht darüber hinaus eine geordnete Systemprojektierung und einen übersichtlichen Systembetrieb. Die Ursache dieser Möglichkeiten liegt in der Schaffung von Zwangsrelationen, Abb. 30.6: Variable Systeme Im Gegensatz zu den flexiblen ermöglichen die variablen Systeme eine Anpassung an die Einzelprozessstruktur der mehrwertigen Prozessstrukturen nach Tabelle 30.1. Über die Notwendigkeit dieser Strukturanpassung ist ein Projektierungsentscheid erforderlich. Ursachen sind die mit der Strukturanpassung verbundenen wirtschaftlichen Fragen. Hierzu gehören beispielsweise:
30.4 Prozessflexibilität des Systems
931
Tabelle 30.1 Formen der Prozessstrukturflexibilität im System (vereinfachte Beispiele mit vier Wirksystemen in Reihenanordnung)
932
30 Flexibilität
Abb. 30.6 Zwangsrelationen bei der Verteilfertigung (Erläuterung in Tabelle 30.1)
• • • •
Aufwendungen für die Systemstrukturanpassung (Umstellung, …). Zusatzflächen und -räume für die Austauschelemente. Anlauf- und Einarbeitungsaufwendungen. Durchsatzminderungen bzw. Fehldurchsatz in der Anpassungszeit.
Diese wirtschaftlichen Fragen begrenzen das Streben nach variablen Systemen und der damit verbundenen Systemwandlungsfähigkeit. Zur Unterstützung der Projektantenentscheidung enthält Tabelle 30.2 eine vereinfachte Gegenüberstellung von Flexibilität und ↑ Variabilität.
Tabelle 30.2 Möglichkeiten und Grenzen der Prozessstrukturflexibilität und -variabilität
30.4 Prozessflexibilität des Systems
30.4.4
933
Flexibilität der Produkttechnologie und des Produktdurchlaufs
Zwischen der Produkttechnologie und dem Produktdurchlauf besteht über die Prozessflexibilität des Systems ein Zusammenhang, der bei der Systemprojektierung von Bedeutung ist. Besonders beeinflusst wird die Relationsflexibilität. Eine Produkttechnologie kann als flexibel definiert werden, wenn für eine Produktart • wechselnde Ausprägungen der technologischen Merkmale auftreten, Abb. 30.4, • die Relationen über die Arbeitsgangfolge unterschiedlich ausgeprägt sind. Im Beispiel 7 wird der Zusammenhang erläutert. Beispiel 7 Die Produktgruppe nach Beispiel 2 ist auf ihre technologische Durchlaufveränderung und Vereinheitlichung zu untersuchen.
Hinweise zum Beispiel 7 • Die Integration von Arbeitsgängen führt immer zur Verminderung der Relationsanzahl und zur Erhöhung der Arbeitsganginhalte (Funktionsflexibilität). Arbeitsgangaufteilungen erreichen die entgegengesetzten Wirkungen. • Die Produktdurchlaufflexibilität wird durch die Reihenfolgeveränderung der Arbeitsgänge erreicht. • Mit der ↑ technologischen Vereinheitlichung der Arbeitsgangfolgen werden die Relationen vereinheitlicht. Im Beispiel wird von einer vernetzten in eine linienförmige Prozessstruktur übergeleitet. • Im Ergebnis der Untersuchungen sind Neuberechnungen zur Flexibilität notwendig.
934
30 Flexibilität
Arbeitsgangfolgeänderungen führen zu variablen Produkttechnologien. Diese sind besonders für die Systembetreibung und für die Projektierung der Relationen von Bedeutung.
30.5
Systemsyntheseflexibilität
Die Systemsyntheseflexibilität wird nur durch eine Projektierung möglich. Sie enthält die in der Abb. 30.2 aufgeführten Flexibilitätsarten und die Auslegung für ein definiertes Systemprogramm. Ohne eine bewusste und sachorientierte Projektierung können gravierende Fehler entstehen, die insbesondere in einer • überdimensionierten oder in einer • unterdimensionierten Flexibilität der Teilsysteme und des Gesamtsystems auftreten. Basis für die Projektierung der Systemsyntheseflexibilität sind die Merkmals- und Prozessflexibilitäten.
30.5.1
Funktionelle Systemflexibilität
Der besondere Einfluss auf die funktionelle Systemflexibilität erfolgt durch die erläuterte Prozessflexibilität, insbesondere durch die Funktions-, Relations- und Prozessstrukturflexibilität. Die besonderen Aufgaben zur Herstellung der funktionellen Systemflexibilität sind: • Ermittlung der programmorientierten Funktions-, Relations- und Strukturflexibilität für jedes Systemelement, Arbeitssystem, Teilsystem und Flusssystem, • Abstimmung, Vergleich, Anpassung und Vereinheitlichung der Funktions- und Relationsflexibilitäten über die Teilsysteme und Flusssysteme sowie • Herstellung eines Bezuges zu den einzelnen Merkmalsflexibilitäten. Anzustreben ist ein Gleichmaß der Flexibilitäten über die Teilsysteme und Flusssysteme. Bestimmende Elemente sind die Wirksysteme. Folgende Projektierungsfolge sollte eingehalten werden: 1. Herstellung des Bezuges von Systemprogramm und Wirksystem. 2. Ausrichtung der Flusssysteme des Arbeitssystems auf das Wirksystem. 3. Durchgängige Flexibilitätsbestimmung für das Produktflusssystem mit der Variantenbildung zur Systemkonzipierung. 4. Ausrichtung der versorgenden und entsorgenden Flusssysteme auf die Arbeitssysteme und das Produktflusssystem. 5. Flexibilitätsbestimmung für die Betriebssysteme und für das Gesamtsystem. 6. Aufbereitung der ↑ Projektierungsprogramme für alle Teilsysteme und Flusssysteme.
30.5 Systemsyntheseflexibilität
30.5.2
935
Dimensionelle Systemflexibilität
Die dimensionelle Systemflexibilität wird durch die Merkmals- und die funktionelle Systemflexibilität bestimmt. Beeinflusst werden besonders die • funktionsgerechte Dimensionierung der Systemelemente und Flusssysteme, • betreibungsgerechte Dimensionierung der Teilsysteme und Flusssysteme. Die beanspruchungsgerechte Dimensionierung (Statik, Betriebsfestigkeit) hat, außer bei Bewegungselementen, nur einen geringen Einfluss auf die Flexibilität. Zu vermeiden ist die Erreichung einer hohen Flexibilität durch Überdimensionierung der Systemelemente. Unterdimensionierungen weisen auf eine ungenügende Beachtung der Merkmalsflexibilitäten hin. 30.5.2.1
Flexible Systemelementedimension
Die flexible Elementedimension des Systems ist eine auf die Systemprogrammmerkmale ausgerichtete einstellbare bzw. regulierbare Dimension. Einstellbar und regulierbar sind nur solche Elementefaktoren, die die Dimension des Elementes bestimmen. Solche Faktoren werden unter den Begriffen ↑ Betriebsmitteldimensionierung, ↑ Speicherdimensionierung usw. erläutert und sind elementeartabhängig. In allgemeiner Form ist der Inhalt der Abb.30. 7 zutreffend. Die Spezifika sind aus
Abb. 30.7 Einflussgruppen auf die Flexibilität der Elementedimension
936
30 Flexibilität
den dimensionierungsbeeinflussenden Faktoren und den projektierten Elementemerkmalen (Beispiel 8) abzuleiten.
30.5.2.2
Flexible Flusssystemdimension
Flexibilität einer Flusssystemdimension erreicht eine über alle Elemente des Flusssystems abgestimmte Flexibilität. Flexibilitätsabstimmung bedeutet: • gleiche Flexibilität der statischen sowie der dynamischen Systemelemente, • Ausschluss von einzelnen flexibilitätsbestimmenden Elementen, • Ausschluss von angebotenen Flexibilitäten, die nicht genutzt werden. Mit der notwendigen Abstimmung wird auf den ökonomischen Aspekt der Flexibilität hingewiesen. Abbildung 30.8 soll den Sachverhalt verdeutlichen.
Abb. 30.8 Grundfälle der Flusssystemdimension mit den Wirkungen auf die Gesamtflexibilität des Fabriksystems
30.5.2.3
Flexible Systemraumdimension
Der Systemraum (↑ Arbeitsraum, ↑ Produktflusssystemraum) ist eine zu dimensionierende Größe, die Abmessungen (Länge, Breite, Höhe), technologische Flächenanteile bzw. Flächenelemente (Anordnungsflächen, Bewegungsflächen), arbeitskraftbedingte (Luftvolumen, Behaglichkeitsvolumen) und raumformabhängige (Polyeder, Zylinder) Volumina enthält. Die Raumflexibilität durch Anpassungen an Systemprogrammänderungen erstreckt sich somit auf die aufgeführten Raumfakto-
30.5 Systemsyntheseflexibilität
937
Beispiel 8 Der Wirkraum eines Wirksystems (Drehmaschine) ist unter dem Aspekt einer zukunftsfähigen Flexibilität für eine Produktgruppe zu dimensionieren.
Hinweise • Die Projektierungsschritte Programm-Merkmalaufbereitung Umwandlung des Programm-Merkmals in ein System-Merkmal Auslegung der Flexibilität des Systemelementes sind einzuhalten. Der Projektant kann ein Merkmal mehrmals beeinflussen. Diese Beeinflussungen dürfen nicht zur Überdimensionierung führen. • Merkmalszuschläge für Bewegungen, Unebenheiten, Elementeforderungen usw. können nicht der Flexibilität zugerechnet werden. • In den praktischen Fällen wird von einer Überdimensionierung gesprochen, wenn die Werte der Auslegung mehr als 15 % über dem projektierten Systemmerkmalswert liegen. • Maschinenangebote sind hinsichtlich ihrer flexiblen Dimension unter den Aspekten der projektierten Systemmerkmale und der dimensionellen Flexibilität genau zu prüfen. Der Ausprägungsfaktor fd und andere Faktoren sind zu beachten
ren, zusätzlich auf die Raumbegrenzungen durch Bauwerksteile (Wände, Fußboden, Decke) sowie auf die Raumver- und -entsorgung. In der Vergangenheit wurden und in der Gegenwart werden die Systemräume selten unter dem Flexibilitätsaspekt und dafür häufig durch Überdimensionierung projektiert. Das führte und führt zu Flexibilitätseinschränkungen einzelner Raumfaktoren. Mit dem Inhalt der Abb. 30.9 soll auf die zu projektierende Raumflexibilität hingewiesen werden. Systemraumflexibilität bedeutet die Veränderung der in Abb. 30.9 aufgeführten Faktoren durch Anpassungen an die wechselnden Systemaufgaben. Jede Raumbegrenzung durch Bauwerkselemente steht einer Systemraumflexibilität entgegen. Besonders einengend ist eine solche Begrenzung bei ↑ Arbeitssystemen.
938
30 Flexibilität
Abb. 30.9 Einflussfaktoren auf die Systemraumflexibilität
30.5.3
Strukturelle Systemflexibilität
Der Zusammenhang zwischen Systemelementemenge, Systemelementeanordnung und Systemrelationen wird durch die Systemstruktur zum Ausdruck gebracht. Auf die Struktur und die strukturelle Systemflexibilität wirken Merkmale durch die Systemmerkmalsflexibilität, Prozesse durch die Systemprozessflexibilität, Funktionen durch die funktionelle Systemflexibilität und Dimensionen durch die dimensionelle Systemflexibilität, Abb. 30.2. Bei einer dimensionierten Systemelementemenge, die nicht variabel ist, deren Elemente aber eine geforderte Eigenflexibilität aufweisen, kann die strukturelle Systemflexibilität nur noch durch die räumliche und technische Systemstruktur unter weitgehender Beachtung der zeitlichen Struktur ermöglicht werden. Die hier vorliegenden Zusammenhänge sind im Teil 1, Abschnitt 5.4 umfangreich dargelegt. Folgende Sachverhalte definieren die strukturelle Systemflexibilität: 1. Ein technologisches Fabriksystem ist strukturell flexibel, wenn das Produktflusssystem mit einer zentralen Fördertechnik realisiert wird, Tabelle 30.1. Die relationsrealisierende Fördertechnik muss sowohl die Wirk- oder Arbeitssysteme und die Produktsystemspeicher sowie die Systemein- und -ausgänge verbinden können, Abb. 30.10. 2. Die strukturelle Flexibilität von technologischen Fabriksystemen kann nur durch die ↑ Materialflusstechnik, die Raumanordnung der Systemelemente und das relationsrealisierende Verteil- und Sammelsystem ermöglicht werden, Abb. 30.10. Das Verteil- und Sammelsystem muss selber Merkmalsflexibilitäten, Prozessflexibilitäten und eine angemessene dimensionelle Flexibilität aufweisen. 3. Die Strukturkomponente Systemelementeanordnung muss eine Flexibilität durch • Systemelementeumstellung ohne Systemelementeaustausch (nur Ersatz) und ohne Veränderung der Systemelementemenge, Abb. 30.11,
30.5 Systemsyntheseflexibilität
939
Abb. 30.10 Strukturflexible Fabriksysteme (ausgewählte Beispiele der Verteilfertigung). a Strukturflexibles Fabriksystem mit Zentralförderer und Zentralspeicher (Zentrales Verteil- und Sammelsystem). b Strukturflexibles Fabriksystem mit Zentralförderer und Dezentralspeicher
Abb. 30.11 Flexibilitätsbeispiele der Systemelementeanordnung. a Projektierte Anordnungsflexibilität mit Anordnungsvariationen. b Realisierte Anordnungsflexibilität zur Zeit tx
Abb. 30.12 Gezonte und flexible Anordnungsformen von Speicher- oder Systemelementen. a Gezonte Speicherung oder Elementeanordnung. b Flexible Speicherung oder Elementeanordnung
• Bedienung der Bezugselemente (Wirksysteme, Arbeitssysteme), Abb. 30.10, und Speicherelemente, Abb. 30.12, sowie durch • Realisierung unterschiedlicher zeitlicher Strukturen, Tabelle 30.3, ermöglichen. Eine projektierte Systemerweiterung oder Systemverkleinerung ist Bestandteil der strukturellen Systemflexibilität.
940
30 Flexibilität
Tabelle 30.3 Formen der zeitlichen Strukturflexibilität im System
Für technologische Fabriksysteme ist eine strukturelle Systemgesamtflexibilität zu beachten, die aus der • Prozessstrukturflexibilität nach Tabelle 30.1, • technisch-räumlichen Systemstrukturflexibilität, Abb. 30.10 bis Abb. 30.12, und • zeitlichen Systemstrukturflexibilität nach Tabelle 30.3 abzuleiten ist. Die damit in Verbindung zu bringende Systemprojektierung folgt den Einzeldarstellungen in den aufgeführten Abbildungen sowie Tafeln und vermeidet eine nicht überschaubare Gesamtdarstellung.
30.6
Projektierung der Systemflexibilität
Eine projektierte Systemflexibilität muss in Übereinstimmung mit wirtschaftlichen Zielen und dem Systemprogramm stehen. Das führt zu einer Dominanz der Merkmalsflexibilitäten des Systems, Abb. 30.4, die das gesamte Flexibilitätsniveau des Systems bestimmen. Projektiert wird das notwendige, nicht das mögliche Flexibilitätsniveau. Zu berücksichtigen sind dabei Erweiterungen (Faktor fE,M), Akzelerationen mit dem fixierten Zukunftsstand der Technik und der ↑ Kapitalbedarf. Unter Beachtung dieser Aspekte ist die Projektierungsfolge nach Abb. 30.13 einzuhalten. Folgende Hinweise sollen den Projektierungsprozess unterstützen.
30.6 Projektierung der Systemflexibilität
Abb. 30.13 Flexibilitätsorientierte Systemprojektierung
941
942
30 Flexibilität
Programmaufbereitung Das aus dem Produktionsprogramm (Planungsvorgabe) abzuleitende ↑ Projektierungsprogramm muss unter dem Aspekt der Produktartflexibilität eine Produktgruppe enthalten, die aus mindestens zwei Produktarten besteht. Wichtige Projektierungsaktivitäten der Programmaufbereitung sind: • Gruppierung der konstruktiven, technologischen und planungsorganisatorischen Merkmale der Produktgruppe, Abb. 30.4. • Kontrolle der Merkmals- und Produktartvollständigkeit. • Ermittlung der Ausprägung und des Dehnungsbereiches (VON-BIS-Werte) für jede Merkmalsgruppe j in den Formen vorhanden und erweitert projektiert, Beispiel 1. Die Erweiterung der Ausprägung und des VON-BIS-Dehnungsbereiches erfolgt unter verschiedenen Aspekten: 1. Die Ausprägung und der Dehnungsbereich werden durch eine Planung in Folge von Programmerweiterungen (Erweiterungsfaktor fE), Füllproduktionen, ↑ Kooperationen vorgegeben. In diesem Fall entspricht, unter Beachtung von Sicherheitsbelangen, fE = fE,vorgegeben. Voraussetzung ist eine definitive Bekanntheit der Erweiterungseinflüsse zu einem bestimmten Zeitpunkt. 2. Die Ausprägung und der Dehnungsbereich unterliegen einer Stochastik. Es wird eine Schätzung durch den Projektanten erforderlich. In den meisten praktischen Fällen wird der Erweiterungsfaktor fE mit fE,projektiert ≤ 0,15 angenommen. 3. In der praktischen Systemprojektierung kann eine Erweiterung durch die Einbeziehung von Angeboten eintreten. Besonders hier können Überdimensionierungen auftreten, wenn die Erweiterung durch das Angebot über der vorgegebenen oder projektierten Erweiterung liegt, Gl. (30.4). fE, Angebot Bedingung: fE, projektiert ≈ fE, Angebot oder ≈1 (30.4.1) fE, projektiert Vermeidung: fE, Angebot > fE, projektiert oder
30.6.1
fE, Angebot < fE, projektiert (30.4.2)
Projektierungsentscheide
Besonders zur Projektierung des Flexibilitätsniveaus von Systemen sind Projektierungsentscheide zu empfehlen. Sie berücksichtigen: • wirtschaftliche und technologische Vergleiche und Kontrollen, • die Vermeidung von Unter- oder Überdimensionierungen der Wirk- und Flusssysteme sowie des Gesamtsystems, • ökonomische Auswirkungen des Flexibilitätsniveaus (↑ Kapitalbedarf, Aufwendungen).
30.6 Projektierung der Systemflexibilität
30.6.2
943
Systemflexibilitätskonzeption
Unter dem besonderen Aspekt der Flexibilität werden Systemkonzeptionen in Varianten erstellt und durch eine ↑ Bewertung verglichen. Schwerpunkte sind: • die restriktiven Erfüllungen der Merkmalsflexibilitäten, ihre Auswirkungen auf die Flexibilität der Systemelemente und Flusssysteme sowie auf die funktionelle, dimensionelle und strukturelle Flexibilität der Systemelemente und Flusssysteme, • die funktionelle, dimensionelle und strukturelle Flexibilität der Prozesse und Systeme, • die Systemgesamtflexibilität. In Abb. 30.14 wird der Projektierungszusammenhang verdeutlicht.
Abb. 30.14 Projektierungszusammenhang bei der Konzeptionierung flexibler Systeme
Die Systemvarianten sollten sich besonders in den Prozess- und Syntheseflexibilitäten unterscheiden. Durch die Bewertung und den Vergleich der Systemvarianten wird eine Optimierung durchgeführt. Die auszuwählende und zu projektierende Systemvariante muss die optimale Flexibilität des Systems enthalten.
30.6.3
Flexibilitätsniveau
Das Flexibilitätsniveau wird durch Niveaukennzahlen und absolute oder relative Wertegrößen zum Ausdruck gebracht. Wegen der Vielzahl möglicher Einzelflexibi-
944
30 Flexibilität
litätsniveaus bringt ein berechnetes Gesamtniveau keine Aussage zur Projektierung des Fabriksystems. In praktischer Vereinfachung wird • eine grobe Kennzeichnung des Fabriksystems als flexibel empfohlen, wenn Merkmalflexibilitäten, Prozessflexibilitäten und Syntheseflexibilitäten vorhanden sind, • der Dehnungsbereich (VON-BIS-Wert) der Einzelflexibilität angegeben, • eine detaillierte Kennzeichnung der Flexibilität des Fabriksystems durch die Einzelflexibilitäten mittels Dehnungsbereich und Flexibilitätsgrad ȘF j (Beispiel 1) empfohlen. Das ist jeweils für Wirksysteme, Arbeitssysteme, Flusssysteme, Teilsysteme, Fabrikgesamtsysteme und für die Gesamtfabrik möglich. Auf die Erläuterungen zur Flexibilität und auf den Zusammenhang nach Abb. 30.14 kann Bezug genommen werden.
• System- oder Fabrikkooperationen sollten das gleiche Flexibilitätsniveau wie die Systeme der Fabrik aufweisen. Aus diesem Grund sind die ↑ Kooperationen auch in einfacher Form zu projektieren und nicht nur festzulegen. • Die Arbeitskraft ist Element eines Fabriksystems und kann hinsichtlich der Flexibilität wie ein Systemelement betrachtet werden. Das Besondere einer Arbeitskraft wird u. a. durch die Arbeitsinhalte (Tätigkeiten, Selbstständigkeit, Bewegungsmenge, Intelligenzeinsatz, …) zum Ausdruck gebracht. Sogenannte Funktionspläne oder Stellenbeschreibungen sind unter dem Aspekt der Flexibilität (VON-BIS-Angabe) genauer zu erarbeiten.
31
Gefahrstoffe
Gefahrstoffe: Stoffe und Gegenstände unterschiedlicher Zustandsformen, von denen durch ihre Herstellung, Nutzung, Veränderung, Lagerung, Bewegung oder Entsorgung eine Gefahr für Mensch, Natur und Technik ausgeht oder ausgehen kann.
31.1
Berücksichtigung bei der Projektierung
Gefahrstoffe jeglicher Art müssen bei jeder Systemprojektierung gesondert behandelt werden. Als erster Grundsatz gilt die Vermeidung von Gefahrstoffeinsatz, Gefahrstoffherstellung und Gefahrstoffkontakt. Der Begriff impliziert zwei Sachverhalte, • den Stoff, von dem eine Gefahr (Stoffgefahr) ausgehen kann und • die Gefahr, mit den Gefahrenwirkungsarten, Abb. 31.1. Eine Gefahr hat ein Gefahrenpotential, das den möglichen Schadensumfang nach Reversibilität oder Irreversibilität sowie Kurzzeit- oder Langzeitwirkungen kennzeichnet. Zur Schadensabwehr gehört deshalb die Gefahrenabwehr. Für die Fabrik bedeutet dies eine Gefahrenabwehr durch • eine vorsorgliche Systemprojektierung (Fabrikaufbauorganisation), • einen die Vorschriften einhaltenden Fabrikbetrieb (Ablauf- und Tätigkeitsorganisation). Die Fabrikprojektierung geht dabei im Wesentlichen von den Inhalten der Abb. 31.2 aus.
31.2
Gefährdung und Gefahr, Schädigung und Schaden
Geht von einem Gegenstand, Element oder Stoff eine Gefährdung aus, so muss der Gegenstand als Gefahrengegenstand (gefährlicher Gegenstand) und der Stoff als Gefahrstoff eingeordnet werden. Die Gefahr liegt dann in der Wahrscheinlichkeit einer Schädigung K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_31, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
945
946
31 Gefahrstoffe
Abb. 31.1 Gefahrenklassen und Gefahrenmerkmale (i. A. FRÖHLICH 1998, BUNDESANSTALT 1990)
• • • •
des Gegenstandes oder des Stoffes selbst, der Gegenstände und Stoffe des direkten Umfeldes, der Gegenstände und Stoffe des erweiterten Umfeldes, der Gegenstände und Stoffe des weiten Umfeldes.
Ist eine Schädigung eingetreten, entsteht ein Schaden, der berechnet, vergleichend geschätzt oder vergleichend bewertet wird. Das bedeutet, der Schaden ist entweder ein ideeller Schaden (nicht berechenbar, nicht schätzbar) oder ein materieller Schaden (Personenschaden, Sachschaden). Immer ist der wahrscheinliche Schaden das Maß für die Gefährdungsermittlung und Gefahreneinordnung, auf die die Fabrikprojektierung Bezug nimmt, Abb. 31.3.
31.2 Gefährdung und Gefahr, Schädigung und Schaden
Abb. 31.2 Einfluss und Aufgaben der Fabrikprojektierung zur Gefahrenabwehr
Abb. 31.3 Schädigungswahrscheinlichkeiten durch Gefahrstoffgefährlichkeit
947
948
31 Gefahrstoffe
Die Gefährlichkeit eines Gefahrstoffes (oder Gefahrengegenstandes) liegt in seiner potentiellen Gefahrenwirkung nach den Gefahrenarten (Abb. 31.1), seiner Wirkungsmenge und der Wirkungsspezifik, Gl.(31.1) und (31.2): • Gefahrenlast der Art j e Gj = mi · c i i=1
Gefahrenlast
(31.1)
j
• Spezifische Gefahrenlast der Art j gj =
Gj BE
Gefahrenlast/Bezugseinheit
(31.2)
Die Gefahrstoffmenge m (Wirkungsmenge) und die Gefahrstoffwirkungsspezifik c (z. B. Heizwert H0) führen zur Gefahrstoffeinordnung. Das Ausmaß der Gesamtgefahrenwirkung muss aus den Schädigungswahrscheinlichkeiten I bis III nach Abb. 31.3 abgeleitet bzw. ermittelt werden, wobei weitere Detaillierungen (Personen-, Sach-, Umweltschaden) und Kenntnisse des Umfeldes notwendig sind. Das ist nur über Schädigungszonenbetrachtungen unter Beachtung des möglichen Schadens S möglich, Gl. (31.3). Schaden S1 = Personenschaden SP + Sachschaden SS + Umweltschaden SU
(31.3.1)
Schaden S2 = (SP + SS + SU )I + (SP + SS + SU )II + (SP + SS + SU )III
(31.3.2)
Zu beachten ist weiterhin die Tatsache, dass die Schadenszonen nach Abb. 31.3 zusätzlich eine Gefahrenlast G unterschiedlicher Art einbringen und sich dadurch der Gefahrenfortschritt und die Gefahrenbreite (alle Gefahrenarten nach Abb. 31.1) erhöhen. Typisches Beispiel ist der Brand (↑ Brandschutzsysteme). Während der Sachschaden noch relativ über den Bestandswert und die Wiederherstellung des projektierten Zustandes ermittelbar ist, kann der Personenschaden SP ( SP = SP I + SP II + SP III) und der Umweltschaden SU ( SU = SU I + SU II + SU III) nur sehr schwer eingeschätzt werden. Hier sind gutachterliche Ermittlungen durch Sachverständige eine Möglichkeit.
31.3
Gefahrstoffeinordnung
Der Fabrikprojektant muss die gesetzlichen Vorschriften bei der Projektierung von Fabriken und allen Systemen der Fabrik umfassend beachten, um Schaden und Haftungen abzuwenden. Ohne Vollständigkeit enthält Abb. 31.4 eine wichtige und zu beachtende Übersicht.
31.3 Gefahrstoffeinordnung
949
Abb. 31.4 Auswahl wichtiger gesetzlicher Vorschriften zur Einordnung und Behandlung von Gefahrstoffen i. A. BUNDESAMT, PFLAUMBAUM et al
In weiterer Folge der Gefahrstoffeinordnung erfolgt auch eine Einordnung und Genehmigungsbedürftigkeit der Anlagen (Fabrik und einzelne Fabriksysteme, auch ↑ Fabriklagersysteme) als • anzeigebedürftige Anlagen, • erlaubnisbedürftige Anlagen usw., wodurch Systembegrenzungen (z. B. Lagermengen) möglich sind und Bewertungen gefordert werden, Gl. (31.4), FRÖHLICH (1998). • Potentielles Risiko RP Rp = W ⋅ F
(31.4.1)
W – Wirkpotential (Bewertung nach Gefahrenhinweisen t R-Sätze) F – Freisetzungspotential (bewertete Kennzahl) • Relatives Risiko RR RR = RP ⋅ V V – Verminderungsfaktor durch das Umfeld (Gebäude)
(31.4.2)
950
31 Gefahrstoffe
RR = G ⋅ V
(Verminderte Gefahrenlast G nach Gl. (31.1))
(31.4.3)
Die Risikofaktoren W und F können beispielsweise der TRGS 440 entnommen werden.
31.4
Gefahrgutlagerung
Eine Gefahrgutlagerung ist in jedem Fall mit hohen Projektierungsanforderungen an die Schutzsysteme (z. B. ↑ Brandschutzsysteme), dem Streben nach geringen Lagermengen und vielen Betriebsvorschriften sowie Verboten verbunden. Beispiel: brennbare Flüssigkeiten. Die Einordnung erfolgt in Gefahrenklassen, Tabelle 31.1 Tabelle 31.1 Gruppierung brennbarer Flüssigkeiten (nach VbF-Verordnung über brennbare Flüssigkeiten)
Für die Gefahrstofflagerung am Arbeitsplatz bzw. im Arbeitssystem sind geringe Lagermengen von < 1.000 L ( AII) in Sicherheitsschränken (Feuerwiderstandsklasse F 20 … F 90) und nur für die Zeit einer Schicht zulässig. Gefahrstofflagerklassen Lagerklassen enthalten eine Gefahrstoff-Lagerzuordnung mit den Empfehlungen zur Getrennt- oder Gemischtlagerung. Für dieses schwierige Problem liegt eine Empfehlung vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) als ein Lösungsvorschlag vor, dem in Abstimmung mit den Genehmigungsbehörden (↑ Genehmigungsverfahren) gefolgt werden kann, Tabelle 31.2.
31.5
Besonderheit Aerosol
Aerosole (lat.: aer; griech.: aero = Luft; lat.: solvere = lösen): Kolloid-disperses Stoff-Gasgemisch, das aus feinstverteilten Feststoff – oder Flüssigkeitspartikeln in einem Trägergas, im Regelfall Luft, besteht.
31.5 Besonderheit Aerosol
951
Tabelle 31.2 Gefahrstofflagerungsklassen von BLANK(1993)
Fabrikaerosole sind in Abhängigkeit von der Stoffpartikelgröße in drei Gruppen einzuteilen, Abb. 31.5 und 31.6, die unterschiedliche gefährdende Wirkungen auf die Arbeitskräfte der Fabrikbereiche haben und deshalb zu entsorgen sind. Zur Entsorgung werden bevorzugt ↑ Absaugsysteme mit Partikelfilterung oder -abscheidung projektiert und eingesetzt.
952
31 Gefahrstoffe
Abb. 31.5 Gruppierung der Aerosolarten und Entstehungsverfahren
Abb. 31.6 Gruppierung und Charakterisierung von Aerosolen (von WIECZOREK 1991)
31.6 Pflichtaufgaben des Fabrikprojektanten
31.6
953
Pflichtaufgaben des Fabrikprojektanten
Die Grundpflicht des Fabrikprojektanten besteht in der Entwicklung gefahrloser Fabriksysteme und im Schaffen der Voraussetzungen für einen gefahrlosen Fabrik-
Abb. 31.7 Grundpflichten und Maßnahmen im Umgang mit Gefahrstoffen
954
31 Gefahrstoffe
betrieb durch die Beachtung der Gefahrstoffe bei der Systemprojektierung. Dazu bedarf es der Hinzuziehung von Fachberatungen (Medizinischer Dienst, Ämter), Spezialprojektanten und der strikten Gesetzesbeachtung. Die Abb. 31.2 und 31.7 enthalten zur Orientierung ausgewählte Aufgaben, die sich in den Projekten unterscheiden. Jeder als Gefahrstoff eingeordnete Stoff (Regelfall Betriebsstoff) erfordert ein oder mehrere Flusssysteme, die Bestandteil von • Arbeitssystemen, • technologischen Fabriksystemen oder der • Gesamtfabrik (innerfabriklich und außerfabriklich) sein können, Abb. 31.8. Die Flusssystemprojektierung und die Gefahrenermittlung müssen ausnahmslos ganzheitlich und durchgängig, vom außerfabriklichen Fluss bis zu den Wirkstellen des Arbeitssystems und vom Arbeitssystem bis zum außerfabriklichen Fluss sein.
Abb. 31.8 Projektierungsmodell für Gefahrstoffflusssysteme (vereinfacht, ohne Standort)
Literatur
955
• Gefahrstoffe sind überwiegend den Betriebsstoffen zuzuordnen. Sie erfordern je Gefahrstoffart ein Flusssystem, das mit großer Aufmerksamkeit zu projektieren ist und einer behördlichen Genehmigung und Abnahme bedarf. • Gefahrstoffflusssysteme erfordern den höchsten Umfang an Gesundheits-, Arbeits-, Brand-, Umwelt- und Sicherheitsschutz-(GABUSS)-Systemen und -Maßnahmen. Die Maßnahmen in Form von Betriebsanweisungen sind Bestandteil eines Projektes. • An die Realisierung des GABUSS-Projektes (↑ Schutzgüte) für Gefahrstoffe schließt sich eine Erstbelehrung für die dann wirkenden Mitarbeiter an. Diese Erstbelehrung (Unterweisung, Schulung) ist Bestandteil der Systemerprobung und muss zeitlich und materiell Beachtung finden.
Literatur BLANK H (1993) So liegen Sie richtig. Chemikalienlager erfordern umfassende Planung. Umweltmagazin, 10, S. 54–55 BUNDESAMT für Arbeitsschutz (1990) Gefahrstoffe – Umgang mit Gefahrstoffen, Manuskript BUNDESAMT für Arbeitsschutz (1986) Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BundesImmissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft), GMBl. S. 95 BUNDESANSTALT für Arbeitsschutz (1990) Gefahrstoffe – Umgang mit Gefahrstoffen, Manuskriptdruck FRÖHLICH J (1998) Produktionssystematik II – Fabrikökologie/Entsorgungslogistik, 12. Lehrbrief. Technische Universität, Dresden PFLAUMBAUM W et al (1997) Gefahrstoffliste 1997, Gefahrstoffe am Arbeitsplatz, BIA-Report 1/97, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften WIECZOREK J (1991) Die wirtschaftliche Druckluftstation – Planung und Installation, Gräfelfing/München: Resch
32
Genehmigungsverfahren
Genehmigungsverfahren: Behördlicher und fachrechtlicher Vorgang zur Prüfung, Zulassung, Bewilligung, Erlaubniserteilung und Ausführungsgenehmigung von vorgelegten Projektunterlagen für Fabrikinvestitionsvorhaben und den Betrieb von Fabriken, überwachungspflichtigen Fabriksystemen und Fabriksystemelementen.
32.1
Gesetzliche Basis
Jede Fabrikinvestition mit Bauanteil, Umwelteinfluss und Schutzanspruch bedarf der Genehmigung durch fachrechtliche Genehmigungsbehörden zur Einhaltung von Gesetzesvorgaben. Aus der großen Menge von Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften, Bestimmungen und Festlegungen durch den Staat, die Länder und Kommunen sind im Rahmen der Projektierung und Genehmigungsplanung in ihrer Konsequenz zu beachten (Auswahl): • • • • • • • • • • • •
Arbeitsstättenrichtlinie (ASR), Arbeitsstättenverordnung (ArbstV), Aufzugsverordnung (AufzV), Baugesetzbuch (BaugB), Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG); Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV), Dampfkesselverordnung (Dampf kV), Druckbehälterverordnung (DruckbehV), Landesbauordnung (LBO-); Landesbauvorlageverordnung (BauVVO-), Naturschutzgesetz (NSG); Landschaftsschutzgesetz (LSG), Störfallverordnung (Stör-V), Verordnungen der Berufsgenossenschaften (VBG), und viele weitere Gesetzesunterlagen.
Für die praktisch tätigen Projektierungseinrichtungen ist eine Projektierungs-GesetzDokumentation mit den projektierungsrelevanten Gesetzen, Verordnungen, Bestimmungen, Festlegungen, Normen (DIN, ISO, EN) und Fachvorschriften (VDI, VDE, Berufsgenossenschaft, …) von Wichtigkeit, die durch Festlegungen der jeweils zutreffenden Kommune oder Regierung ergänzt werden muss. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_32, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
957
958
32.2
32 Genehmigungsverfahren
Genehmigungsarten
Zu unterscheiden sind Baugenehmigungsverfahren und Betriebserlaubnisgenehmigungsverfahren (BlmSchG).
32.3
Baugenehmigung
Der Baugenehmigung geht eine Baugenehmigungsvorlage voraus. Das ist eine Projektdokumentation, die speziell auf das Genehmigungsverfahren ausgerichtet ist und einem Plandokument als Ergebnisdokumentation der Genehmigungsplanung entspricht. Sie wird aus den Projektlösungen der Fabrikprojektierung abgeleitet (Teil 1, Abschnitt 4.4)
32.3.1
Bauvoranfrage
Mit einer Bauvoranfrage wird in einer frühen Projektierungsphase (Projektstudie, Vorprojektierung) die grundsätzliche Zustimmung (keine Genehmigung) zum Investitionsvorhaben am fixierten Standort von der Genehmigungsbehörde (Bauordnungsamt) eingeholt. Das Vorhaben wird dadurch öffentlich (!), das spätere Genehmigungsverfahren beschleunigt und die Genehmigungsplanung inhaltlich durch Hinweise der Genehmigungsbehörde sicherer. Der Umfang der Antragsunterlagen ist gering.
32.3.2
Baugenehmigungsverfahren
Baugenehmigungen werden nur für eingereichte Bauvorlagen (Genehmigungsplandokument) und bei Übereinstimmung mit der Bauvorlageverordnung, Landesbauordnung, den Staatsgesetzen nach einer Prüfung durch Prüfungsorgane erteilt. Das Verfahren kann durch fehlende Unterlagen verzögert oder durch qualitativ hochwertige, abgestimmte und vollständige Unterlagen beschleunigt werden.
32.3.3
Genehmigungsdokumentation (Bauvorlage)
Wesentliche Inhalte der Bauvorlage als zu genehmigendes Dokument sind: 1. Bauantrag: Schriftlicher Antrag, Formblatt, Unterschrift(en), Inhaltsverzeichnis, Kostenschätzung, Bauherr
32.3 Baugenehmigung
959
2. Pläne: Lageplan (Maßstab 1 : (500); Nordrichtungspfeil); Katasterplan (Flurkarte); Bebauungsplan (eingemessene Bauwerke und Anlagen); Topografische Karte (Maßstab 1 : (10.000); Schutzgebiete, Hauptwindrichtung) 3. Standortvorgaben: • Rechtsträgerschaft (Grundbuchauszug; Pachtvertrag), • Planungsunterlagen (Zustimmung der Kommune zum Vorhaben; Einordnung in die Bauleitplanung; Beschlussunterlage; Flächennutzungsplan; Bebauungsplan; Erschließungsplan; Umkreis-, Nachbarschaftsplan) 4. Zusagen: Anbindungszusagen (Verkehr, …); Versorgungszusagen; Entsorgungszusagen; Begrünung; Nachbarschaftszustimmungen 5. Betriebsstättenbeschreibung: Technologie, Arbeit, Wirkungen, Stoffeinsatz, Produkte, Produktionsdurchsatz; Fabriksysteme, Ver- und Entsorgung, … 6. Bauwerkskonstruktion: Grund-, Aufriss-, Schnittdarstellungen, Bauwerksbeschreibung, Raum-, Flächenberechnungen (Brutto-, Netto-, Nutz-, Verkehrsflächen, …) 7. Standsicherheitsnachweis: Tragwerksstatik, Baugrundgutachten, Hydrologisches Gutachten, Gründungen, … 8. Bauwerksnachweise: Schallschutz, Wärmeschutz, Brandschutz, Brandbekämpfung; Belichtung, Fensterfläche, Anschlüsse 9. Standortnachweise: Fahrzeugstellplätze; Grundflächenzahl (GRZ), Geschoßflächenzahl (GFZ), Baumassezahl (BMZ); Grenzabstandsmaße, Abriss-/Entsorgungs-, Nichtbeeinträchtigungs-, Begrünungs-, Grenzbebauungs-, Flächennachweis, … 10. Vorlagen: • Bauvorlageberechtigung (einschließlich Versicherung) des Planers, Architekten, Projektanten, Statikers, • Baukostenaufwand, • Erteilte Teilgenehmigungen; Zustimmungen, Zusagen, Gutachten, • Vorlagen nach Aufforderung
32.3.4
Genehmigungs- und Prüforgane
Das Bauordnungsamt ist die zentrale Baugenehmigungsstelle. Es bezieht – kostenpflichtig – ständig oder durch Einzelfallentscheid weitere Fachbehörden, Fachgremien oder Fachpersonen in das Genehmigungsverfahren nach Bedarf ein, wodurch sich die hohe Exemplaranzahl der Bauvorlageunterlagen erklärt. Hierzu gehören (örtlich namentlich verschieden) unterschiedliche Verwaltungsstrukturen nach Tabelle 32.1. Die Baugenehmigung ist gebührenpflichtig und wird nach der Bezahlung erteilt. Teilgenehmigungen sind möglich. Umbaugenehmigungen oder Ergänzungsgenehmigungen sind analog den Neugenehmigungen mit einem hohen Ist-Zustandsbezug anzufertigen.
960
32 Genehmigungsverfahren
Tabelle 32.1 Vom Bauordnungsamt einbezogene Einrichtungen in Baugenehmigungsverfahren (Grobübersicht)
32.4
Betriebsgenehmigung
Betriebsgenehmigungen für Fabriken, Fabriksysteme und Fabriksystemelemente (von den Behörden als Anlagen benannt) werden nach der Erfüllung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der (4.) Bundesimmissionsschutzverordnung(en) erteilt und bei Nichterfüllung nicht erteilt. Zu unterscheiden sind: • • • • • •
Vorbescheide, Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von Anlagen (Fabrik), Teilgenehmigung, Zulassung zum vorzeitigen Beginn, Ausnahmeregelungen, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP).
Die Genehmigungen, Erlaubnisse, Zulassungen usw. werden auf der Basis von Genehmigungsunterlagen von in den Ländern eingerichteten Genehmigungsverfahrensstellen (Staatliche und Landesämter für Umwelt und Natur, Landesumweltamt) nach einer tiefgründigen Prüfung für das Projekt als Ganzes oder für Teile davon erteilt.
32.4 Betriebsgenehmigung
32.4.1
961
Genehmigungsdokumentation
Es werden entsprechend der Genehmigungsganzheit gleiche Unterlagen für Einzelund Gesamtbescheide mit unterschiedlicher Inhaltsausprägung als Vorlagen erwartet, die in Kontaktgesprächen zu präzisieren sind. Hauptinhalte sind: 1. Antrag: • Anschreiben, Inhaltsverzeichnis, Kosten, Termine, Unterschriften, Träger, • Betriebsratserklärung zum Arbeitsschutz, • Erläuterungen zum Antrag: Ist-Zustand, Genehmigungsumfang, Auswirkungen auf die Nachbarschaft und Allgemeinheit: Luftverunreinigung, Geräusche, Erschüttungen, wassergefährdende Stoffe, Frisch- und Abwasser, Anfall und Verbleib von: Reststoffen, Abfall (↑ Abführungsmaterial, ↑ Feststoffentsorgung), Abwärme, …, Tiere, Pflanzen; Landschaftsbild, Boden-, Klimabelastung, Biotope, Schutzgebiete ⇒ Beachtung der Veröffentlichungswürdigkeit, • Antragsgegenstand: Genehmigungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zulassungen, Teilgenehmigungen, Vorbescheide, …, • Veröffentlichung der Antragsunterlagen: Ja/Nein (Begründungen). 2. Standortangaben: • Rechtsträgerschaft, Grundbuchauszug, Pachtvertrag, Flurplan, • Topografische Karte (M1 : 10.000/25.000) mit Hauptwindrichtung (Wetteramt), Emissionsquellen, Standortgrenzen, Beeinträchtigungsausgrenzung (Pflanzen, Tiere, Klima, Boden, Landschaft); Schutzgebiete. 3. Bauvorlage ⇒ Bei Neuerrichtung, siehe Abschnitt 32.3.3 4. Betriebs- und Anlagenbeschreibung ⇒ Formale und Formblattbeschreibung • Anlagen: Durchsatz und Aufbau; Kennzeichnende Größen, • Produkte und Stoffe: Einsatzstoffe, Zwischen-, Neben- und Endprodukte, wassergefährdende Stoffe, Rest- und Abfallstoffe; Abwasser, Abwärme, • Verkehr: Innerfabriklicher und Umfeldverkehr, An- und Abtransporte, PkwVerkehr (An- und Abfahrten), • Betriebszeiten: Schichtsysteme, Dauer, Wechselzeiten, • Verfahren: Grundoperationen, Grundreaktionen, • Betriebsstörungen (mögliche): Ja/Nein; Reaktionen, Maßnahmen, Auswirkungsbegrenzung, • Brandschutz: Brandlast, Maßnahmen, Löscheinrichtungen, Brandbekämpfung, Löschwasserrückhaltbecken (Dimension), ↑ Brandschutzsystem, • Emissionen/Immissionen: Lärm (Einzelgeräusche, Betriebsgeräusche, Schallleistungspegel in dB(A), Bezugspunkte, Tageszeitpunkte, Tag, Nacht, ↑ Arbeitsgestaltung), Luftverunreinigung; Erschütterungen; Maßnahmen (bautechnisch, organisatorisch, technologisch, operativ): Schutzmaßnahmen der Allgemeinheit und der Nachbarschaft, Prognosen, ↑ Schutzgüte, • Arbeitsschutz: Arbeitnehmerzahl (männlich, weiblich); Maßnahmen, Erfüllung der Arbeitsstättenverordnung und Arbeitsstättenrichtlinien, Gefahrstoff-
962
• • • •
32 Genehmigungsverfahren
verordnungseinhaltung (↑ Gefahrstoffe); Ausnahmeregelungen, Sanitär- und Sozialräume, Beleuchtung (↑ Lichtversorgung); Rettungs- und Fluchtwege; Sichtverbindungen, Lüftung, Raumtemperaturen (↑ Luftversorgung), Fluss-Schemata: Fließbilder nach DIN 28004 (Materialfluss, Verfahrensfluss, Abluft), Anlagentechnische Unterlagen: Zeichnungen (Brenner, Feuerung, Entstaubung, …), ↑ Maschinenaufstellung (Raumbezug): Objekt-Platz-Raum-Zuordnung; Genehmigungsbedürftigkeit, baulicheAusführung, Maschinenbefestigung, Stückliste mit Maschinendaten (Länge, Breite, Höhe, Anschlüsse, …), Formulare nach Vorgabe.
5. Erlaubnisbedürftige Anlagen ⇒ Liste der erlaubnisbedürftigen Anlagen • Verordnungserfüllung (Brennbare Flüssigkeiten, Dampfkessel, Druckbehälter, Aufzug); Gasanlagen (Acetylen, Propan, Butan…); Explosionsgefährdende Räume: Abfüllanlagen; Arbeitsraumnutzung (Silo-, Lackier-, Lacktrocknungs-, Kälte-, Förder-, Schweiß- und Schneidanlagen; Kraftbetätigte Türen und Tore); Aerosole, • Baubeschreibung, Sicherheitseinrichtungen, Maßnahmen, • Baustellen (Großbaustellen): Organisation, Sicherung. 6. Störfallverordnungserfüllung ⇒ Prüfung der Störfälle (!) • Sicherheitspflichten: Verhinderung, Begrenzung, Vermeidung, Schutz des Personals, Fehlbedienungen, Wartung, Prüfung, Überwachung, • Alarm- und Gefahrenabwehrpläne, • Sicherheitsanalysen, • Ausnahmeantrag. 7. Umweltverträglichkeitsprüfung ⇒ Gesonderte Bearbeitung und Genehmigungsdokumente • Anlagentechnische Unterlagen: Fundamente, Zeichnungen, Beschreibungen, • Feuerungstechnische Unterlagen: Brennereinbau, Brenner, Öl/Gas/Holz-Feuerung, sicherheitstechnische Anlagen, • Kesseltechnische Unterlagen: Art, Erlaubnisantrag, Zeichnungen, ↑ Rohrleitungssysteme, Fließschemata, E-Leitungsplan, • Entstaubungsanlagen: Filter, Abscheider, Zeichnungen, ENT-Technologien, • Sicherheitsdatenblätter der eingesetzten Stoffe, • Abwasserentsorgung, • Abfall- und Reststoffentsorgung: Gesamt, überwachungs- und besonders überwachungsbedürftige Abfallstoffe (Entsorgungs-Material; Kühlschmierstoff, Kühlschmierstoffsysteme, ↑ Feststoffentsorgung, ↑ Gefahrstoffe), • Wassergefährdende Stoffe. 8. Landschaftspflege ⇒ Begrünung, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Bäume, …) 9. Wärmenutzung ⇒ Wärmenutzungsverordnung
32.4 Betriebsgenehmigung
963
• Wärmenutzungskonzeption: Maßnahmen, Wirkungen, • Energetische Prozessbeschreibung: Energieträger, Anlagen, Verfahren, Energiemengen, Energieformen, Abwärme, Abgabe (Eigennutzung, an Dritte), Wirkungsgrade, • Energiesparmaßnahmen, • Energetische Verfahrensoptimierung, • Energiefluss und Energiebilanz. 10. Erklärungen ⇒ Verbindliche Aussagen mit Rechtskraft nach Unterschrift • Betriebseinstellung: Sicherstellung, dass bei Betriebseinstellung keine umweltschädlichen Wirkungen (Gefahren, Nachteile, Belästigungen) auftreten, • Entsorgungssicherung: Kostenbereitstellung für Entsorgungsaufwendungen bei Betriebsstilllegung, • Kostenübernahme: Genehmigungsverfahren, Veröffentlichungen, Gutachten, Sachverständige, • Sonstige Erklärungen: Zusätze, Einzelprobleme.
32.4.2
Schutzgüteäquivalenz
Betriebsgenehmigungen entsprechen einer Betriebsschutzgüte, die nur aus Projektdokumentationen abgeleitet werden kann, diese ergänzt und alle Inhalte zum GABUSS enthalten muss (↑ Schutzgüte).
32.4.3
Genehmigungs- und Prüforgane
Die Genehmigungsverfahrensstellen sind landeshoheitliche Einrichtungen, die Prüfungen veranlassen, selbst durchführen und aus dem Kreis von Prüforganen (Abschnitt 32.3.4) die zutreffenden auswählen und einsetzen. Die baulichen Vorlagen werden auch hier vom Bauordnungsamt geprüft und genehmigt. Umfangreiche Tiefenprüfungen werden für Anlagen mit besonderer Erlaubnisbedürftigkeit durchgeführt, (Inhaltspunkte 5, 6 und 7 im Abschnitt 32.4.1).
• Verfahren für die Erteilung von Betriebsgenehmigungen können äußerst langwierig sein und den Zeitrahmen für die Fabrikinvestition deutlich vergrößern. Dem kann nur durch gute Genehmigungsunterlagen, gute Abstimmungen, große Fachlichkeit und eine Voranfrage entgegen gewirkt werden. • Der Fabrikprojektant unterliegt bei den Betriebsgenehmigungen, wie der Auftraggeber, den Umweltstrafgesetzen hinsichtlich Haftung, Strafgebühren und Haft. Die sich daraus ergebenden Streitprozesse können den Investitionsprozess nochmals verzögern.
33
Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche
Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche: Für den Fabrikbetrieb notwendige ultrastrukturelle Bereiche, die den Fabriksystemen nicht oder nur teilweise zugeordnet werden können, überwiegend gesamtbetriebliche Fabrikaufgaben erfüllen, durch menschliche, unternehmerische und staatliche Bedürfnisse entstehen, fabrikintern oder kooperativ in zentraler oder dezentraler Form realisierbar und durch Tätigkeitsorganisation zu regeln sind.
33.1
Bereichsgruppierung
Eine Fabrik ist nicht nur allein Wirkungsstätte der Produktion, sondern im Sinne der Ökonomie auch ein Wirtschaftsobjekt als Unternehmung mit vielfältigen ultrastrukturellen internen und externen Aufgaben, die entweder vom Gesetzgeber oder selbst vorgegeben, nachzuweisen (Statistik, Archive) und fabrikindividuell zu regeln sind. Diese gesamtbetrieblichen Aufgaben erfordern • menschliche, technische, räumliche, zeitliche, energetische und andere Aufwendungen, • eine fabrikindividuelle organisatorische Behandlung und Projektierung. Da eine Fabrik ohne diese Aufgabenbereiche nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, soll hier das Grundsätzliche in eingeengter Form, beginnend mit der Übersicht in der Tabelle 33.1, Berücksichtigung finden.
33.2
33.2.1
Projektierungsvoraussetzungen und Projektierungsbasis Projektierungsvoraussetzungen
Bevor die gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche projektiert werden können, sind die folgenden Voraussetzungen einer Klärung zuzuführen: K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_33, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
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966
33 Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche
Tabelle 33.1 Gruppierte Übersicht über die gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche
1. Bekannt sein müssen in dimensionierter Form alle mit der Produktion in Verbindung stehenden Arbeits-, Fluss-, Fabriksysteme und Fabrikstätten. 2. Die Fabrik muss mindestens in ihren Grundzügen als Gesamtfabrik derart strukturiert sein, dass die Weglängen in und zwischen den Fabrikstätten unter Beachtung der Personendichte (↑ Personenfluss) ermittelbar sind.
33.2 Projektierungsvoraussetzungen und Projektierungsbasis
967
3. Die Personenanzahl für die Produktion und für die produktionsrelevanten Bereiche muss dimensioniert worden sein. 4. Es müssen Vorstellungen über die gesamtbetrieblichen Aufgaben (Tabelle 33.1), insbesondere zu den Ingenieur-, logistischen und kaufmännischen Tätigkeiten (Aufgabenkomplexe 1 bis 6 nach Tabelle 33.1, Abb. 33.1) vorliegen. 5. Die sozialen Leistungen und die Dienstleistungen für die Mitarbeiter müssen bekannt sein.
Abb. 33.1 Aufgabenfelder der technologischen Produktionsvorbereitung (Auswahl)
968
33 Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche
6. Vom Auftraggeber oder vom späteren Fabrikbetreiber müssen die Geschäftsaufgaben der Fabrik und die damit verbundenen Geschäftsprozesse definiert worden sein. 7. Vorauszusetzen sind Absichten zur Berufsausbildung und zur Qualifizierung von Mitarbeitern in der Fabrik. 8. Bekannt sein müssen die Lösungsvorstellungen oder Lösungen zur Fabriklogistik, insbesondere zur außerfabriklichen Logistik mit den Verkehrsträgern. 9. Es werden alle Vorstellungen und Lösungen zu den fabriklichen Ein- und Ausgangslagern vorausgesetzt (Beschaffungs- und Vertriebsstrategien). 10. Es werden Vorstellungen zum Umfang der Forschung und Entwicklung (Produkt-, Verfahrens-), der Fabriksicherheit und zu den Besonderheiten erwartet. Durch die Klärung dieser Schwerpunkte, bei denen sich der Fabrikprojektant aktiv durch seine Kenntnisse und Erfahrungen einbringen muss, liegt eine grobe Programmvorstellung vor, die zyklisch im Verlaufe der Projektierung durch Einbeziehung des Auftraggebers zu verfeinern ist.
33.2.2
Ermittlung der Projektierungsbasis
Die notwendige Projektierungsbasis wird im Regelfall durch ein konzeptionelles Arbeiten mit Varianten ermittelt, Abb. 33.2. Dabei haben die ↑ Integration und die ↑ Flexibilität eine große Bedeutung.
Abb. 33.2 Einflüsse zur Herstellung der Projektierungsbasis
33.3 Projektierungsaufgaben
969
• Das Konzeptionieren der gesamtbetrieblichen Bereiche ist im Regelfall eine Gemeinschaftsarbeit von Auftraggeber, Fabrikprojektant und Fabrikplaner mit der Verantwortungszuordnung zur Fabrikplanung und mit protokollarischer Zustimmung durch den Auftraggeber. • Beim Konzeptionieren müssen die Aufgabenermittlung und ihre Erfüllung im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, nicht das Bauwerk für die Unterbringung der gesamtbetrieblichen Bereiche. • Sofern Kooperationsleistungen gewünscht werden, sind hierzu auch Entscheidungen zu treffen: • Kooperationsleistungsart, -umfang und -verantwortung sowie Befugnisse, • Realisierung der Kooperationsleistung in oder außerhalb der Fabrik, • räumliche und technische Anforderungen an die Fabrik, die wie fabrikeigene Leistungen mitzuprojektieren sind. • Die Konzeption sollte, unter Beachtung der Spezifika, im Ergebnis die Erarbeitung differenzierter Aufgabenstellungen (Fabrikprojektierung, Bauwerksprojektierung, Spezialprojektierung, Auftraggeber) ermöglichen.
33.3
Projektierungsaufgaben
33.3.1 Aufgabenverteilung Auf Grund der fachlichen Zuständigkeit des Fabrikprojektanten für Fabrikfunktionen, Fabrikfluss und Fabrikstruktur und des Bauprojektanten für die Bauwerke ist eine Aufgabenteilung objektiv zwischen diesen Projektbeteiligten notwendig. Tabelle 33.2 enthält eine praktikable Aufgabenzuordnung.
33.3.2
Projektierungsanalogien
Die Projektierung der gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche wird durch Analogiebetrachtungen zu den Systemen der Produktion vereinfacht. Es gelten die erläuterten Projektierungsfolgen mit einer stärkeren Hinwendung zur Person und zum Raum.
970
33 Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche
Tabelle 33.2 Aufgabenverteilung bei der Projektierung gesamtbetrieblicher Fabrikbereiche
Beispiele für den Bürobereich: 1. Wirksystem → Büro-Arbeitstisch; Rechnereinheit 2. ↑ Arbeitssystem → Büro-Arbeitssystem Arbeitsplatz → Büro-Arbeitsplatz ↑ Arbeitsraum → Büro-Arbeitsraum 3. Flusssysteme →Flusssysteme für Gegenstände, Technik und Raum 4. Fabriksysteme → Bürosysteme der Fabrik 5. Fabrikwirkungsstätte → Bürowirkungsstätte der Fabrik Die Unterschiede bestehen besonders in den Arbeitsaufgaben, im Maschineneinsatz (Technikkomponente), in der Nutzung des geistigen Potentials des Personals, in der Arbeitshaltung (stehend, sitzend), in den Arbeitsgestaltungsfaktoren (Lärm, Schmutz, Schwingungen, Luftzustand, Ausstattungen, …) und in den dominanten Gegenstandsflüssen (Produktfluss) in der Produktion.
33.3.3
Projektierungsbeispiel: Büroarbeitssystem
Bei der Projektierung der gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche dominieren noch die Räume, insbesondere die Büroräume. Richtig ist die Bezeichnung Büroarbeits-
33.3 Projektierungsaufgaben
971
system (der Fabrik), da der Büroraum nur einen Raum darstellt, der für ein Büroarbeitssystem aus den bekannten Schutzgründen erforderlich ist. In vereinfachter Form enthält Abb. 33.3 ein Projektierungsbeispiel.
Abb. 33.3 Vereinfachtes Projektierungsbeispiel für ein Büroarbeitssystem
Mit der Charakteristik des Büroarbeitssystems müssen alle Angaben für die Elementeanordnung, für die Ver- und Entsorgung von System und Raum usw. vorliegen, damit das System und das übergeordnete System projektiert werden können. Die entgegenstehenden Ansichten zu • Einzel- und Gruppenbüros (Einzel- und Gruppen-Arbeitssystem), • Großraumbüro (Bürosystem) unterliegen einer Bewertung bzw. Optimierung hinsichtlich einer • Flächenreduzierung (etwa 15% bei Großraumbüros) oder einer • störungsfreien Arbeitswirkung (z. B. Einzelbüro für Personen mit geistigen Tätigkeiten) mit im Regelfall höheren Arbeitsleistungen.
972
33 Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche
• Alle Büros für leitende Mitarbeiter unterliegen einer individuell ausgerichteten System- und Raum-Charakteristik und Raumgröße. Dabei sollte ein ausgewogenes Maß zu den Raumgrößen der Mitarbeiter angestrebt werden. • Die Büroraumgröße für den Personenbezug leitet sich nicht aus der Grundrissfläche ab, sondern aus dem Raumluftvolumen (Bruttoraumvolumen abzüglich der durch Ausstattung entstehenden Belegungsräume, ↑ Arbeitsraum). In diesem Zusammenhang sind die Staubemissionen (Luftbewegung, Rechner) besonders zu beachten. Sie erfordern größere Raumluftvolumina.
Abb. 33.4 Ausgewählte Dienstleistungen einer Fabrik als Wirtschaftsunternehmen
33.4 Besonderheit Dienstleistungen
973
• Der Trend zu den ökonomisch günstigen autonomen Fabrikwirkungsstätten der Produktion beeinflusst die Größe der gesamtbetrieblichen Fabrikbereiche. Eine ausgeprägte Zentralisierung der gesamtbetrieblichen Bereiche steht dieser Entwicklung (Fabrikwege in der Fabrik) entgegen. • Bei der Übernahme von gesamtbetrieblichen Fabrikaufgaben durch Kooperationspartner in der Fabrik, sind die Büros wie fabrikzugehörige Einrichtungen unter dem besonderen Aspekt der ↑ Flexibilität zu projektieren. Flexibilitätsaspekte sind u. a. Erweiterungen oder Einengungen sowie Wechsel der Kooperationspartner. • Als problematisch werden Büroarbeitssysteme mit Teilzeitarbeit angesehen, da sich im Regelfall zwei Teilzeit-Arbeitskräfte den gleichen Arbeitsplatz nicht teilen. Höheren Arbeitsintensitäten stehen häufig größere Flächenanforderungen gegenüber.
33.4
Besonderheit Dienstleistungen
Dienstleistung: Unternehmerische Tätigkeit der Fabrik, die keine direkten produkterzeugenden Funktionen enthält, zum Betreiben, Lenken und Erhalten der Fabrik und zur Bedürfnisbefriedigung der Mitarbeiter und Kooperationspartner während ihres Fabrikaufenthaltes menschliche, technische und natürliche Leistungen erfordert und Aufwendungen verursacht. Dienstleistung setzt etwas Vorhandenes in materiell-gegenständlicher Form voraus, auf das sie orientiert wird. Vereinfachend kann ein Bezug zu den Kategorien Mensch (M), Technik (T) und Natur (N) hergestellt werden, Abb. 33.4.
34
Gleichzeitigkeit
Gleichzeitigkeit: Projektierungsgröße, die ein gleichzeitiges Arbeiten, Wirken, Fließen, Bedienen oder Verbrauchen der Elemente eines Systems und der Systeme einer Gesamtfabrik zum Ausdruck bringt. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
B
–
F P
– W, kW
t tB V
ZE h/BZ · System – –
ȘG
–
Belastungsäquivalent (IN – installiert, V – Verbraucher, E – Erzeuger, eff – effektiv, max – maximal, Wirk – Wirkungen) Fabrik Energetische Leistung (IN – installierte, V – Verbraucher, E – Erzeuger, eff – effektive, max – maximale) Zeitpunkt, Bezugszeit Effektive Betreibungszeit Verbraucher Widerstandsbeiwert (Einbauten, Ȝ – Rohrleitung, F – Fabrik) Gleichzeitigkeitsgrad (g – gewählt, gew – gewichtet, F – Fabrik-, F – Fluss-, B – Bedien-, W – Wirk-)
34.1
Gleichzeitigkeitsarten
Gleichzeitigkeit bringt eine bestimmte Beziehung von Belastungen mehrerer Elemente eines Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt zum Ausdruck, Tabelle 34.1. Wirkungsgleichzeitigkeit: Gleichzeitigkeit der Elemente in einem Wirksystem oder in mehreren Wirksystemen zur Realisierung von Verfahren (Werkzeugmaschine, Pumpe, Verdichter, Speicher, Rechner, Fördermittel). Diese Gleichzeitigkeitsart beeinflusst die technische Belastung, den Verbrauch und die effektive Wirkungszeit, Abb. 34.1. Flussgleichzeitigkeit: Gleichzeitiges Fließen unterschiedlicher Gegenstände in einem Flusssystem (↑ Rohrleitungssystem, Transportwegraum, Versorgungsverteilsystem, Entsorgungssammelsystem; Energiefluss, Informationsfluss, Personenf luss). K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_34, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
975
976 Tabelle 34.1 Gleichzeitigkeitsarten (Beispiele)
Abb. 34.1 Beispiel für die Wirkungsgleichzeitigkeit eines Wirksystems
34 Gleichzeitigkeit
34.2 Systemgleichzeitigkeit
977
Das Besondere dieser Gleichzeitigkeitsart liegt in der räumlichen Belastung und im Speicherbedarf, Tabelle 34.2. Tabelle 34.2 Beispiele für die Flussgleichzeitigkeit
Bediengleichzeitigkeit: Gleichzeitigkeit der Prozesse in einem Fabriksystem, die durch zu bedienende Anforderungen (Maschinenbedienung, Speicherbedienung, Abnahmebedienung, zuführende Bedienung) entsteht. Diese Gleichzeitigkeitsart beeinflusst die technische Belastung des bedienenden Elementes und die Speicherbildung, Abb. 34.2 und 34.3.
Abb. 34.2 Beispiele für die Bediengleichzeitigkeit
34.2
Systemgleichzeitigkeit
In einem Fabriksystem treten die erläuterten Gleichzeitigkeitsarten gleichzeitig oder ungleichzeitig, aber nicht als mathematisches Produkt auf. Eine mathematische Produktbildung ist nur innerhalb einer Gleichzeitigkeitsart möglich und systemübergreifend als projektierungsrelevante Größe notwendig, Abb. 34.3. Die bekannten Kopplungsfälle der Materialflusstechnik wirken auf die zu projektierende Gleichzeitigkeit. Direkt gekoppelte Flusssysteme erfordern eine Flussgleichzeitigkeit, die zu steuern ist. Indirekte Flusskopplungen (Speichereinsatz) führen zu einer Unterbrechung der System-Flussgleichzeitigkeit und zu einem höheren Systemaufwand durch Speicherung und Teilsystemprojektierung.
978
34 Gleichzeitigkeit
Abb. 34.3 Unterschiede der Systemgleichzeitigkeit
34.3
Ermittlung der Projektierungswerte
34.3.1
Gesamtanschlusswerte
Von Bedeutung für die Systemprojektierung sind die Beeinflussungen der Größe von Erzeugerelementen und der Systemanbindung, insbesondere des ↑ Durchsatzes von Anschlusselementen. Diese Projektierungswerte sind über die Gl. (34.1) und (34.2) ermittelbar. Ein Systemflussmodell sollte unterstützend hinzugezogen werden, Abb. 34.4 und 34.5. Eine Aussage zur Einbindung oder Nichteinbindung der Widerstandsbeiwerte ist zu treffen, da sie die Gleichzeitigkeit beeinflussen. • Ermittlung des Erzeugerdurchsatzes DE des Systems k (ohne – Beachtung) ⎡ ⎤ m DV ηG,k (34.1.1) DE, k = · (1 + fE )⎦ ·⎣ ηN ,E · ηZ,k · (1 − ηV ,Ü k ) η N ,V j j=1 k
ME/ZE · System
• Ermittlung der energetischen Leistung des System-Erzeugerelementes PE,k ⎤ ⎡ m Pin ηG,k (34.1.2) PE, k = · (1 + fE )⎦ ·⎣ ηN ,E · ηZ,k · (1 − ηV ,Ü, k ) η N ,V j j=1 k
kW/Erzeuger
• Ermittlung des Durchsatzes für die Fabrik DF DF =
ηN ,E
n ηG,F DE, k · (1 + fE ) · · ηZ,F · (1 − ηV ,ÜF )
(34.2.1)
k=1
ME/ZE · Fabrik
34.3 Ermittlung der Projektierungswerte
Abb. 34.4 Ersatzmodell zur Ermittlung der Durchsatzprojektierungswerte (Beispiel)
Abb. 34.5 Ersatzmodell zur Ermittlung der energetischen Projektierungswerte (Beispiel)
979
980
34 Gleichzeitigkeit
• Ermittlung des energetischen Leistungsanschlusses für die Fabrik PF =
G , F N , E ⋅ Z , F ⋅ (1 − V ,UF )
n
⋅ ∑ PE , k ⋅ (1 + f E )
kW/Fabrik
(34.2.2)
k =1
Die Gl. (34.1) und (34.2) verdeutlichen den Einfluss der Gleichzeitigkeit auf die zu projektierenden Systembereiche. Mit der zeitlichen Systemauslastung Z erfolgt eine Korrektur bis zur Vollnutzung. Der Faktor fE berücksichtigt eine System- bzw. Fabrikerweiterung (definitiver Wert, geplanter Wert oder fE ≤ 0,25), der technische Nutzungsgrad N beinhaltet das technische Niveau des Verbrauchers ( N,V < 1) und des Erzeugers ( N,E) durch Leistungs- oder Stoffnutzung, und die Niveaukennzahl V,Ü berücksichtigt die Verluste durch Leitungslängen, Leitungseinbauten und Leitungskompliziertheit (allgemein: 0,05 < V,Ü < 0,25). Mit Widerstandsbeiwerten werden Reibungen und Einbauten (↑ Rohrleitungssysteme) berücksichtigt, die in V,Ü eingehen oder gesondert als Mehrbelastung (1 + fE + ) einzubeziehen sind. Das heißt, mit zunehmender Anzahl Einbauten werden sowohl die Übertragungsverluste ( V,Ü) als auch die notwendigen Erzeugerdurchsätze größer, Abb. 34.4. Für Vorprojektierungen, die mit großen Unsicherheiten bei den Verbrauchswerten behaftet sind, werden die Ausdrücke (1 + fE) in den Gl. (34.1) und (34.2) ersetzt durch • Fall 1: (1 + fE + fSt) oder • Fall 2: (1 + fSt), wobei fSt einen Stochastikfaktor verkörpert.
34.3.2
Gesamtverbrauchswerte
Der im Voraus bestimmbare Verbrauchswert ist von der Betreibungszeit und dem betrachteten Bezugszeitraum abhängig, Gl. (34.3). Er ist häufig sehr ungenau, da die genauen Betreibungsverhältnisse nicht bekannt sind. Im praktischen Betrieb sind die Verbrauchswerte zu messen (Verbrauchszähler). • Stoffverbrauch (Durchsatz) ⎤ ⎡ m D V · tB ⎦ ηG · Dk = ⎣ ηN ,E · (1 − ηV ,Ü ) j=1 ηN ,V j
ME/BZ · System
(34.3.1)
k
• Energieverbrauch ⎡ Pk = ⎣
ηN ,E
⎤ m ηG PIN · tB ⎦ · · (1 − ηV ,Ü ) j=1 ηN ,V j
k
kWh/BZ · System (34.3.2)
34.4 Beispiel zur Ermittlung des Verbrauchsgleichzeitigkeitsgrades
34.4
981
Beispiel zur Ermittlung des Verbrauchsgleichzeitigkeitsgrades
Verbrauchsgleichzeitigkeitsgrade können aus Messergebnissen berechnet und als Kennzahl für definierte Systeme k (z. B. Beleuchtungssystem 0,85 ≤ ȘG ≤ 1,0) ermittelt werden, Gl. (34.4). • Verbrauchsgleichzeitigkeitsgrad G,V
G ,V , k
⎡ ⎤ ⎢ ⎥ Dgemessen ⎥ ⎢ =⎢ m ⎥ ⎢ ∑ DV , j ⎥ ⎢⎣ j =1 ⎥⎦ k
0 ≤ G ,V ≤ 1
(34.4.1)
• Elektrischer Leistungsgleichzeitigkeitsgrad G,V
G ,V , k
⎡ ⎤ ⎢ ⎥ Peff gemessen ⎥ = ⎢⎢ m ⎥ ⎢ ∑ PIN , j ⎥ ⎢⎣ j =1 ⎥⎦ k
0 ≤ G ,V ≤ 1
(G ,V ≡ G ,V el . )
Tabelle 34.3 Beispiel zur Ermittlung eines Gleichzeitigkeitsgrades
(34.4.2)
982
34 Gleichzeitigkeit
Durch mehrfaches Messen zu verschiedenen Zeitpunkten (hoch belastete Schicht) und Berechnen kann die Kennzahl unter Angabe der Systembedingungen (Verbraucheranzahl, Jahreszeit) ermittelt und auf vergleichbare Systeme übertragen werden. Ist die Kennzahl nicht ermittelbar, muss der Gleichzeitigkeitsgrad beispielhaft unter Beachtung der Gl. (34.1) und (34.2) berechnet (durch Schätzung) und bewertet werden, Tabelle 34.3.
• Der für die Systemprojektierung wichtige Gleichzeitgkeitsgrad erreicht nur selten den Wert G = 1. Die Wertespannweite für Einzelsysteme liegt in der Praxis etwa bei 0,1 ≤ G ≤ 0,95. Für die Gesamtfabrik werden Werte G < 0,70 (Elektroenergie) erreicht. • Den Projektanten wird eine über Jahre gehende eigene Ermittlung empfohlen, um die Abschätzung für zu projektierende Systeme sicherer zu gestalten. • Die Gleichzeitigkeitsarten nach Tabelle 34.1 treffen auch für die Projektierung selbst zu, und zwar • Gleichzeitigkeit der Teilprojektbearbeitung (Wirkungsgleichzeitigkeit) • Gleichzeitigkeit des Projektanteneinsatzes aus mehreren Teilprojekten (Bediengleichzeitigkeit bzw. Tätigkeitsgleichzeitigkeit).
35
Instandhaltung
Instandhaltung (IH): Gesamtheit der technischen und organisatorischen Mittel, Vorgänge und Maßnahmen zur Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung des Funktions-, Leistungs- und Güteniveaus von materiellen Objekten während ihrer Wirkungs- und Lebenszeit durch Wartung, Inspektion und Instandsetzung.
35.1
Gegenstand, Aufgaben und Gebiete der Instandhaltung
Gegenstand der Fabrikinstandhaltung als Teilgebiet der Erhaltung sind die Fabriksysteme mit ihren Teilsystemen und Elementen (System-Instandhaltung). Die Instandhaltungsaufgaben nach Abb. 35.1 werden durch die in den Normen (DIN EN 13306, DIN 31051, VDI 2895, VDI 2888, VDI 2893 usw.) erläuterten Gebiete und Methodengruppen der Instandhaltung sowie durch Funktionen realisiert, Abb. 35.2.
Abb. 35.1 Aufgaben der Instandhaltung und der Systemerhaltung
Die Systeme der Fabrik werden zum Instandhaltungsgegenstand (IH-Objekt), wenn an ihnen eine Instandhaltungsmaßnahme nach Abb. 35.2 im Stillstand oder während des Betriebes vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet wird. Das Fabriksystem ist somit
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_35, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
983
984
35 Instandhaltung
Abb. 35.2 Gebiete der Instandhaltung nach DIN EN 13306 und Zuordnung von Instandhaltungsfunktionen und Instandhaltungsmethoden
• ein Objekt der Produktion, das projektiert, realisiert und betrieben werden muss, • ein Objekt der Instandhaltung, das für die Produktionsdurchführung zu erhalten ist. Systeminstandhaltung ist nur eine Komponente der Systemerhaltung im Allgemeinen. Es bestehen Wechselwirkungen zur Systemerneuerung (Modernisierung) und Systemstabilisierung, Abb. 35.1. Aus der Projektierungs- und Betreibungssicht von Fabriksystemen ergeben sich in Verbindung mit der Instandhaltung zwei Betrachtungsfelder: 1. die Instandhaltung als technische Dienstleistung (Wartung, Inspektion, …) zur Funktions-, Leistungs- und Güteerhaltung des Fabriksystems mit der Berücksichtigung der Instandhaltung bei der Systemprojektierung (instandhaltungsgerechte Projektierung) und beim Systembetrieb (instandhaltungsgerechtes Betreiben), 2. die Instandhaltung, insbesondere die Instandsetzung (regenerative Produktion), mit der Projektierung von eigenständigen Instandhaltungssystemen als technologische Fabriksysteme.
35.2 Technologiebezug, Stufigkeit und Aufbauorganisationsformen der Instandhaltung
35.2
985
Technologiebezug, Stufigkeit und Aufbauorganisationsformen der Instandhaltung
Die Instandhaltung folgt der Technologiedefinition hinsichtlich der Komponenten Technik, Organisation und Erfahrung. Sie kann als die Gesamtheit der naturwissenschaftlichen, technischen und organisatorischen Gesetzmäßigkeiten sowie der menschlichen Erfahrungen zur Erhaltung, Wiederherstellung und verbessernden Veränderung während der Lebens- und Wirkungszeit materieller Produkte (Gegenstände, Objekte, Systeme) verstanden werden. Im Regelfall sind alle technologiebekannten Begriffe übertragbar und zutreffend, Tabelle 35.1. Tabelle 35.1 Vergleich von Neuherstellung und Wiederherstellung von Produkten und Systemen (ohne Inspektion)
986
35 Instandhaltung
Das regenerative Produktionsgebiet Instandsetzung wird noch sehr unterschiedlich betrachtet – von der Reparatur bis zur Grundinstandsetzung. Zwei Richtungen sind deutlich zu unterscheiden, Abb. 35.3:
Abb. 35.3 Gliederung der Instandhaltung nach technologischen Aspekten
1. Die Instandsetzung zur Erhaltung des Produkt- oder Systembetriebes. 2. Die Instandsetzung zur Erneuerung von Produkten und Systemen. Die erste Richtung wird mit dem Begriff Reparatur verwechselt. Reparatur ist ein vorübergehender Notbehelf (Flicken, Stopfen, …) und als Begriff veraltet. Für die zweite Richtung werden drei Begriffe verwendet: Grundinstandsetzung, Sanierung und Rekonstruktion. Grundinstandsetzung und Sanierung führen zum Aufgabenerhalt mit technischen Verbesserungen oder Erneuerungen. Rekonstruktionen bewirken eine Aufgabenveränderung mit Grundsubstanzerhalt und aufgabenerfüllenden Neuerungen. Jede Organisationsgrundform der Instandhaltung (Kombination aus Wartung, Inspektion und Instandsetzung), Abb. 35.4, kann in den folgenden Formen projektiert und ausgeführt werden: • Integration der Instandhaltung in ein Fabriksystem als Teilsystem (dezentrale Systeminstandhaltung), • fabrikzentral in einem Instandhaltungssystem als zentrales Fabriksystem, • produktionsrelevante Fabrikstätte einer Fabrik („Nebenproduktion“) • produktionsrelevante Instandhaltungsfabrik (Instandhaltungsunternehmen).
35.3 Instandhaltungsflächen
987
Abb. 35.4 Instandhaltungskombinationen in Fabriksystemen und Fabriken
35.3
Instandhaltungsflächen
Für die Erhaltung jedes Fabriksystems während der Systemlebenszeit sind Instandhaltungen und Veränderungen zu berücksichtigen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist der Zusammenhang zwischen Realisierungsform und Instandhaltungsfläche. Realisierungsform 0: Teilsystemintegrierte Instandhaltung Die Aufgaben der Instandhaltung müssen bei der Projektierung der Arbeitssysteme, Erzeugungssysteme und Flusssysteme berücksichtigt werden, Abb. 35.5 und 35.6. Hierzu enthält Abb. 35.5 das Grundsätzliche und Abb. 35.6 das Spezifische der Instandhaltungsf läche.
Abb. 35.5 Flächenelement „Instandhaltungsfläche“ für Arbeits-, Erzeugungs- und Flusssysteme
Realisierungsform 1: Systeminstandhaltung als Teilsystem des Fabriksystems Unter Beachtung der immer zutreffenden Realisierungsform 0 werden alle systemrelevanten Teile der Systeminstandhaltung als flächenwirksames Teilsystem im Fabriksystem realisiert, Abb. 35.7.
988
35 Instandhaltung
Abb. 35.6 Ermittlungsgrundlagen für die Instandhaltungsfläche. a Wartungsfläche in der Bedienfläche (Arbeitsfläche). b Inspektionsfläche und Wartungsfläche in der Bedienfläche (Arbeitsfläche). c Objektinstandsetzungsfläche
Abb. 35.7 Beispiel für die Systeminstandhaltungsfläche in einem Fabriksystem
Realisierungsform 2: Instandhaltungssystem als produktionsrelevantes Fabriksystem Überlegungen zu einer zentralen Instandhaltungsdurchführung ermöglichen die Realisierung von komplexen Instandhaltungssystemen in der Fabrik. Kerninhalt des wie ein technologisches Fabriksystem zu projektierenden Systems ist die Instandsetzung mit mobilen Wartungs- und Inspektionsdurchführungen. Abbildung 35.8 enthält die Flächenanteile.
35.3 Instandhaltungsflächen
989
Abb. 35.8 Projektierungsinhalte und Flächenanteile von Instandhaltungssystemen
Realisierungsform 3: Fabrik-Instandhaltungsstätte Für die Instandhaltung wird eine eigenständige Fabrikstätte mit einem oder mehreren Instandsetzungssystemen für die Gesamtfabrik vorgesehen. Produkt- und Systeminstandhaltung werden konzentriert. Es wird eine regenerative Produktion mit den Flächenanteilen nach Abb. 35.8 ermöglicht. Realisierungsform 4: Instandhaltungsfabrik als Gesamtfabrik (Abschnitte 4 bis 6, Teil 1) Realisierungsform 5: Instandhaltung durch Kooperation Notwendige Voraussetzungen sind die Existenz der Realisierungsform 0 sowie die Bereitstellung von Flächen (Ersatzteile, Fahrzeuge, Betriebsmittelnutzung, …) für die Kooperationspartner.
36
Integration
Integration: Herstellen der Systemganzheit durch Einbeziehung, Vereinigung, Zusammenschluss, Vervollständigung oder Ergänzung und Erreichen eines Systemgefüges durch Verbindung oder Verschmelzung von Systemteilen.
36.1
Grundlagen
Integration ist eine äußerst wichtige Projektierungsstrategie, die den Grundaufbau, den Aufwand und die technischen Eigenschaften von Systemen grundsätzlich beeinflusst und dadurch Projektierungsaktivitäten der Systemprojektierung initiiert. Diesen wichtigen Zusammenhang soll Abb. 36.1 verdeutlichen.
Abb. 36.1 Projektierungsbeeinflussungen von Systemen durch Integration
Die Inhalte der Abb. 36.1 treffen für die Flusssysteme, Arbeitssysteme, Fabriksysteme und Fabrikwirkungsstätten einer Gesamtfabrik zu, so dass über diese Systeme im Rahmen der Fabrikprojektierung Abstimmungen notwendig werden. Diese K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_36, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
991
992
36 Integration
Abstimmungen erfolgen durch das Integrieren als eine Aktivität des Projektanten. Ziele sind optimal integrierte Einzelsystem-, Gesamtsystem- und Gesamtfabriklösungen. Aufgabeninhalte der Integration und des Integrierens sind: • Das Einbeziehen, Vereinigen, Zusammenschließen, Vervollständigen oder Ergänzen zur Bildung einer Gesamtheit eines Betrachtungsobjektes, beispielsweise einer Aufgaben-, Prozess- oder Systemgesamtheit mit dem Ziel, eine Ganzheit zu schaffen ⇒ Funktionelle Integration. • Verbinden, Verketten oder Verschmelzen der Elemente und Teilsysteme eines Betrachtungsobjektes, um im Rahmen der geschaffenen Ganzheit oder Gesamtheit ein Systemgefüge zu erreichen ⇒ Technische Integration. Entsprechend der Systemdefinition sind die Systemganzheit und die Systemgesamtheit durch eine funktionelle Integration herzustellen. Das Systemgefüge wird durch eine technische Integration geschaffen. Dabei sind Anwendungsfelder, Formen, Arten, Prinzipien, Komplexe und Methoden der Integration, Abb. 36.2, und die Begriffe Ganzheit und Gesamtheit, Gl. (36.1), sowie Systemdimension und Systemstruktur zu beachten, die nachfolgend erläutert werden.
Abb. 36.2 Integrationsgruppierung
36.2 Ganzheit und Gefüge von Betrachtungsfeldern und Systemen
36.2
993
Ganzheit und Gefüge von Betrachtungsfeldern und Systemen
36.2.1
Neubildung von Ganzheiten
In der Fabrikprojektierung ist die Ganzheit das Bezugsniveau der Integration. Diese Ganzheit für eine Betrachtungseinheit ist • • • •
relativ, unterschiedlich in der Bezugsmenge, nur durch ein Integrationsniveau I = 1 mathematisch zu beschreiben, auf den Tripelkomplex nach Abb. 36.3 zu beziehen und
Abb. 36.3 Unterscheidung von gesamter und relativer Aufgabenganzheit
• durch die formulierte Aufgabenstellung in der Folge Prozessaufgabe ⇒ Prozessganzheit und Systemaufgabe ⇒ Systemganzheit mit den Auswirkungen auf die Kooperation beschreibbar, Gl. (36.1), Tabelle 36.1. Ganzheit = Gesamtheit + Nichtintegration (durch Kooperation) Ganzheit = Gesamtheit + Kooperation
Menge/System
Menge/System
(36.1.1)
(36.1.2)
Jede Kooperation wirkt einer Zielstellung von Ganzheit = Gesamtheit entgegen.
994
36 Integration
Aufgaben der Fabrik sind in der praktischen Vereinfachung die Produktionsbzw. die ↑ Projektierungsprogramme. Sie beinhalten die Aufgabenmerkmale und ihre Umsetzung durch die Prozesse in den Systemen. Es sind zu beachten: 1. Ist die durch das Produktionsprogramm gestellte Aufgabe nicht ganzheitlich in einem System realisierbar, dann sind • mindestens zwei oder mehr als zwei Fabriksysteme zu projektieren, • Kooperationen als innerfabrikliche oder außerfabrikliche Kooperation einzuleiten und auch zu projektieren, • die Aufwendungen an Technik, Raum und Zeit mit ökonomischen Negativfolgen verbunden (Logistik, Betreibung, Zusatzaufgaben), • die aufgabenabhängige Ganzheit durch mehrere Aufgabengesamtheiten zu realisieren, Gl. (36.2), für die eigene Prozesse und Systeme erforderlich sind, Systemaufgabenganzheit = Systemaufgabengesamtheit + Kooperationsaufgabengesamtheit + Zusatzaufgaben Merkmale/System
(36.2)
• außerfabrikliche Kooperationen mit Aufgabenkooperationen für die zusätzlichen Prozesse und Systeme erforderlich. 2. Die Systemganzheiten enthalten die Systemaufgabenganzheiten, die Systemprozessganzheiten und die Systemgefügeganzheit. Das bedeutet: • Bei reduzierter Aufgabenganzheit erreichen die Prozesse für diesen reduzierten Aufgabenanteil auch nur noch eine reduzierte Prozessganzheit als Prozessgesamtheit. • Eine reduzierte Prozessganzheit kann durch eine Prozess-Nichtintegration oder Prozess-Kooperation nochmals reduziert werden, Gl. (36.3) und Abb. 36.4. Systemprozessganzheit = Prozessgesamtheit + Prozessnichtintegrationsanteil + Zusatzprozesse Fu-menge/System
(36.3)
• Durch eine Prozessnichtintegration wird die Systemaufgabenganzheit nach Gl. (36.2) weiter reduziert und die Menge der Prozesskooperationen mit den damit verbundenen Funktionen und Relationen erhöht, Abb. 36.4. Systemgefüge: Wirkender Zusammenhalt eines Systems durch seine Systemstruktur Die Systemgefügeganzheit kann nur durch die Systemstruktur S und die damit verbundenen Strukturkomponenten erklärt werden, Gl. (36.4).
36.2 Ganzheit und Gefüge von Betrachtungsfeldern und Systemen
995
Abb. 36.4 Unterscheidung von Prozessganzheit und Prozessgesamtheit
S = [ME; AE; RMA] S ME AE RMA
(36.4)
– Systemstruktur als Systemgefüge der Systemkomponenten – Ganzheit der Elementemenge des Systems – Ganzheit der Elementeanordnung im definierten Systemraum – Relationsganzheit über die Systemelementemenge ME und die Elementeanordnung AE
Bedingungen für die Systemganzheit sind: 1. Die Systemelementemenge muss der Systemaufgabenganzheit und der Systemprozessganzheit entsprechen. Bei einer Systemelementenichtintegration wird die Systemganzheit in eine Systemgesamtheit überführt, was mit weiteren Systemkooperationen durch • Systemelementekooperationen, • Aufgabenkooperationen und • Prozesskooperationen verbunden ist, Abb. 36.5. Bei einem sehr hohen Grad der Nichtintegration ist die Ökonomie des Systems in Frage zu stellen. 2. Die Systemelementeanordnung muss in einem definierten Systemraum erfolgen. Projektierungsbedingung ist eine angemessene räumliche Systemdichte und Systemübersichtlichkeit.
996
36 Integration
Abb. 36.5 Unterscheidung von Systemganzheit und Systemgesamtheit
3. Die Systemrelationsganzheit muss die Systemelemente mit ihrer räumlichen Anordnung sowie die Systemein- und -ausgänge im vollen Umfang verknüpfen. Das setzt Bewegungselemente (Fördermittel, Bewegungstechnik) voraus. Die Aussagen zu den Aufgaben-, Prozess- und Systemganzheiten sind allgemeingültig. Für die Produktkonstruktion und Systemprojektierung haben sie jedoch einen methodischen Hintergrund. Kein technisches Gebiet ist ohne diesen methodischen Hintergrund in der Lage, wirtschaftlich funktionierende Produkte oder Systeme zu entwickeln. Es ist immer eine Ganzheit anzustreben, auch wenn diese durch mehrere Gesamtheiten zu realisieren ist. Mehrere Gesamtheiten führen zu höheren Aufwendungen durch eine höhere Systemanzahl und notwendigen ↑ Kooperationen mit den zusätzlichen Ein- und Ausgängen.
36.2.2
Ganzheitsniveau und zu projektierende Systemganzheit
Die Ganzheitsbildung ist der Hauptinhalt der funktionellen Integration, so dass das Ganzheitsniveau ein funktionelles Integrationsniveau ist und durch den funktionellen Integrationsgrad ermittelt und bewertet werden kann, Tabelle 36.1.
36.2 Ganzheit und Gefüge von Betrachtungsfeldern und Systemen Tabelle 36.1 Berechnungsgrundlagen zur Ermittlung des Ganzheitsniveaus
997
998
36 Integration
• Die Relativität der Ganzheiten wird durch den Integrationsgrad und durch die damit geschaffene Projektierungsbasis zum Ausdruck gebracht. Bei gleichem Ganzheitsniveau sind die zu integrierenden ( ME,g) und die integrierten ( ME,B) Mengen der Systeme unterschiedlich. • Eine Ganzheit kann nur innerhalb von Ganzheitsgrenzen zum Ausdruck gebracht werden. Es sind mindestens zwei Ganzheitsbegrenzungen zu unterscheiden, die anzustrebende und die erweiterte Ganzheitsbegrenzung, Abb. 36.6. Bei erweiterten Ganzheitsgrenzen sind zusätzlich die Systemanbindungen (Relationen, Schnittstellen, Zusatzbereiche, …) mit zu beachten, Gl. (36.5). Ganzheit = Gesamtheiten + Anbindungen + ( Kooperationen) Mengen
(36.5)
Abb. 36.6 Systembegrenzungen
• Die Begriffe „Ganzheitliche Projektierung“ und „Ganzheitliche Betrachtung“ sind zu differenzieren. Die ganzheitliche Projektierung wird auf den Inhalt der Abb. 36.6 bezogen. Die ganzheitliche Betrachtung bezieht die Ganzheit eines Flusssystems oder einer Produktion mit den notwendigen Kooperationen, mindestens der angrenzenden Bereiche (Lieferer, andere Fabriken, Vertrieb usw.) ein. Das sind im Regelfall die innerfabriklichen und außerfabriklichen Peripheriebereiche. • Der Projektant bestimmt als verantwortliche Person das Ganzheitsniveau eines Systems der Fabrik und einer Fabrik. Sein Ziel muss stets das Anstreben eines hohen Ganzheitsniveaus sein, da Systeme mit einem geringen Ganzheitsniveau fabrikökonomisch, volkswirtschaftlich und ökologisch höhere bewegungsverursachte Kosten durch Logistiksysteme (ohne ursächliche Wertschöpfung) bedingen.
36.3 Integrationsfelder
999
• Die Ganzheit hat auch eine große Bedeutung bei Rationalisierungen durch Anpassungsprojektierungen, Abb. 36.7. Rationalisierungseffekte und Ganzheitsniveau sind direkt voneinander abhängig und erreichen bei höheren Niveaus bessere Werte.
Abb. 36.7 Charakterisierung der konstruktiven und technologischen Integration
36.3
Integrationsfelder
Als ein Integrationsfeld wird ein Untersuchungsgebiet beschrieben, das durch Wirkungsgrenzen, Ein- und Ausgänge begrenzt wird und innere und äußere Peripherien enthält. In der Technik muss die konstruktive und technologische Integration unterschieden werden. Beide Gebiete sind Gegenstand der Projektierung im Allgemeinen und der Fabrikprojektierung im Besonderen. Die Fabrikprojektierung ist konstruktiv, konstruktiv-planerisch und technologisch (technisch-organisatorisch) orientiert, so dass beide Integrationsgebiete unterschiedlich bei der Fabriksystemprojektierung und der Gesamtfabrikprojektierung zu beachten sind, wie es in Abb. 36.7 vereinfacht erläutert wird. Gegenstand der konstruktiven Integration ist das zu konstruierende Produkt oder das zu projektierende Produkt als System. Die technologische Integration hat alle technologiebezogenen Belange der Produktion, der Produktion in der Fabrik und der Produktion in den Systemen der Fabrik sowie die technologischen Inhalte der
1000
36 Integration
zu projektierenden bzw. zu konstruierenden Produkte zum Gegenstand. Die Untersetzungen erfolgen nach den Gebieten in der Abb. 36.2.
36.4
Integrationsformen
Im Rahmen der Gesamtintegration werden die funktionelle (funktionsorientierte) und die technische (technikorientierte) Integration als die dominanten Formen (Durchführungsformen) der Integration und des Integrierens unterschieden. Sie weisen eigene Gesetzmäßigkeiten, Zielstellungen und Methoden bei gleichen Bezugsgegenständen oder Bezugsbereichen auf. Abbildung 36.8 verdeutlicht den Zusammenhang.
Abb. 36.8 Zusammenhang, Ziele und Differenzierung der funktionellen und technischen Integration
36.4.1
Funktionelle Integration
Hauptaufgabe der funktionellen Integration ist das Schaffen oder Bilden von Ganzheiten bzw. Gesamtheiten durch EINBEZIEHUNG, ZUSAMMENSCHLIESSUNG, VERVOLLSTÄNDIGUNG, ERGÄNZUNG, VEREINIGUNG oder AUS-
36.4 Integrationsformen
1001
SCHLIESSUNG der für eine Aufgabenerfüllung notwendigen Gegenstände, Merkmale, Funktionen, Relationen, Flusssysteme und Elemente. Die hier notwendigen Tätigkeitsgebiete werden im Abschnitt 36.2 umfassend erläutert. In praktischer Vereinfachung kann die funktionelle Integration im Gegensatz zu Abschnitt 36.2 auch (beginnend mit dem Produktflusssystem) aus einer • Gegenstandsintegration (Aufgabe) und einer • Funktionsintegration (Prozess) mit Aussagen für die ↑ Kooperation realisiert werden. Gegenstandsintegration Eine Gegenstandsintegration kann jeweils nur für ein Flusssystem vorgenommen werden, da beispielsweise Produkte und Betriebsmittel als Gegenstände nicht gleichen Zielen dienen. Es wird zuerst von den Produkten ausgegangen und vorausgesetzt, dass Produktkonstruktionen die Merkmale des Produktionsprogramms bilden und beeinflussen. Die Integration wird dann für Arbeitssysteme durchgeführt. Danach erfolgen die Integrationen für die weiterhin notwendigen Gegenstandsartgruppen (Betriebsmittel, Betriebsstoffe usw.). In Verbindung mit der Funktionsintegration ergeben sich die in der Abb. 36.9 erläuterten Zusammenhänge, die auf die zu- und abzuführenden Gegenstände übertragbar sind.
Abb. 36.9 Funktionelles Integrationsniveau eines Flusssystems
Funktionsintegration Einer Funktionsintegration muss eine Gegenstandsintegration vorausgehen, da nur von den einbezogenen Gegenständen die Funktionen integrierbar sind. In praktischer Vereinfachung werden die Arbeitsgänge ( zAg, MAg) als Funktionen (Wirkfunktionen) bei den Produkten zum Ansatz gebracht. Ein Beispiel enthält Tabelle 36.2.
1002
36 Integration
Tabelle 36.2 Beispiel zur Ermittlung der funktionellen Integrationsgrade (Gleichungen aus Abb. 36.9; K – Kooperation; P – Produktart; Sy – System)
Auf die möglichen negativen Auswirkungen der Nichtintegration wurde bei der ↑ Kooperation hingewiesen. Ihre Auswirkungen setzen sich durch die Einbeziehung weiterer Funktionsgebiete (Technologische Prozessfunktionen, Prozessstrukturbeeinflussung) fort und erfordern eine zusätzliche Funktionsmenge (relationsbedingte Bewegungs-, Potential- und Betreibungsfunktionen), die bei einer Ganzheit in einem System (Abb. 36.3 bis 36.5, und. 36.9) nicht erforderlich wird.
• Die vereinfachte praktische Ermittlung der funktionellen Integration unter Einbeziehung von Arbeitsgängen ist in ihrer Genauigkeit für Vor- und Grobprojektierungen ausreichend. Für technologische und konstruktive Feinprojektierungen sind alle Funktionsmengen (Bewegungs- und Potentialfunktionen) Voraussetzungen. Hierzu gehört auch die Projektierung der Betreibung. • Eine Systemautonomie kann nur geschaffen werden, wenn die funktionelle Integration im Niveau den Wert I,F → 1 erreicht, was eine funktionelle Systemganzheit bedeutet. • Für die Fabrik in ihrer Gesamtheit kann die funktionelle Integration nur sinnvoll für die einzelnen Fabrikhierarchien (Arbeitssysteme, Flusssysteme, technologische Fabriksysteme, Fabrikwirkungsstätte, Gesamtfabrik, Fabrikperipherien) ermittelt und bei der Projektierung beachtet werden, da eine ganzheitliche Ermittlung für die Fabrik noch nicht beherrschbar ist. • Nicht integrierte Gegenstände und Funktionen oder Merkmale führen zu Systemen an anderer Stelle (anderes Fabriksystem, Kooperationssysteme, Logistiksysteme), die auch zu projektieren sind.
36.4 Integrationsformen
1003
• Das Ziel der funktionellen Integration sind im IDEAL-Fall punktförmige technologische Fabriksysteme (↑ Fertigungsform). • Das Projektieren funktioneller Integrationslösungen mit hohem Niveau ( I,F1 ≥ 0,25) beginnt bei der ersten Projektierungsstufe, der Projektanalyse/Projektkonzeption, und ist bei der Projektsynthese ein Zwang. Projektierungswirkungen sind das • Schaffen der Projektierungsbasis, • Bestimmen des Projektierungsumfangs und • Ermitteln des Rahmens für die technische Integration. Ein Projektieren ohne Integrieren und Integration ist objektiv deshalb nicht möglich.
36.4.2
Technische Integration
Die technische Integration zielt auf das VERBINDEN (VERKETTEN) und VERSCHMELZEN der durch die funktionelle Integration geschaffenen Basis (Merkmale, Funktionen und Elemente). Der technischen Integration muss immer eine funktionelle Integration vorausgehen. Mit den Begriffen Verbinden und Verschmelzen sind zwei Zielrichtungen der technischen Integration verbunden: • die lösbare Verbindung von Elementen durch Verkettung und • die nichtlösbare Verbindung von Elementen durch Verschmelzung. Besonders die zweite Richtung führt zu neuen Elementearten oder zu Erfindungen und hat einen großen Einfluss auf die Systemstruktur. Abbildung 36.10 verdeutlicht den Zusammenhang. Technisches Integrationsniveau Das technische Integrationsniveau wird durch die erreichte Dichte (Merkmalsdichte, Funktionsdichte, Elementedichte) und Integrationsgrade, Abb. 36.10, insbesondere durch die Verschmelzungen, zum Ausdruck gebracht. Beim technischen Integrationsgrad I,T nach Gl. (36.6) sind drei Besonderheiten zu berücksichtigen: • die Arbeitskraft als Systemelement, • die Technisierung und • der Verbleib mindestens eines technischen Elementes (M … – 1) in Gl. (36.6). ηI ,T = 1 −
Mt E,Sy − 1 Mt E,Sy − 1 Mt E,Sy − 1 =1− =1− ≤1 Mt E,g − 1 Mt E,max − 1 MFu,g − 1
(36.6)
MtE,Sy ist die durch Verschmelzung erreichte technische Systemelementeartmenge des projektierten Systems. MtE,g bedeutet die insgesamt mögliche technische Elementemenge, die sich bei einer Elementefunktionsdichte von dFu = 1 Funktion/Ele-
1004
36 Integration
Abb. 36.10 Erläuterungsbeispiele zur technischen Integration (M – Menge, MM – Merkmalsmenge)
ment ergibt. Das entspricht der maximal möglichen Elementemenge MtE,max, die der Gesamtfunktionsmenge MFu,g identisch ist. Es ergibt sich eine objektive Bezugsbasis nach Gl. (36.7). MFu,g = MtE,g · dFu,E ≡ MtE,max
(36.7)
Arbeitskraft als Systemelement Bei der technischen Integration werden nur technische Mittel (Betriebsmittel aller Art) betrachtet. Die Arbeitskraft als Systemelement wird deshalb bei der funktionellen Integration beachtet und bei der technischen Integration nicht. Berücksichtigt werden die von der Arbeitskraft ausgeführten Funktionen. Im übertragenen Sinn kann die Arbeitskraft mit den Gleichungen nach Abb. 36.10 charakterisierend bewertet werden.
36.5 Integrationsgebiete
1005
Technisierung Die technische Integration impliziert die Technisierung durch die Funktionsdichte, Gl. (36.8). Technisierungsgrad ηT =
Technische Systemelementemenge MtE,Sy Funktionelle Systemelementemenge MFu,Sy
(36.8.1) Technische Elementeartmenge MtE,Sy =
MFu,Sy dFu
Sy − Elemente
(36.8.2)
Elementeverbleib Bei einer maximal möglichen technischen Elementeverschmelzung muss eine Systemelementart erhalten bleiben, wenn das System noch existent sein soll, Gl. (36.6). Diese eine Elementart ist das ideale technische Verschmelzungsziel mit der Bedingung nach Gl. (36.9). dFu,E =
Funktionen Funktionen des Systems Funktion = ≥1 Element Element Element
(36.9)
Technische Prinzipien durch technische Integration Die technische Integration durch Verbindungen bringt technische Prinzipien hervor, die organisatorische Wirkungen (Materialflussprinzipien) haben. Grundsätzliche Prinzipien sind • das Übereinstimmungsprinzip von Funktion und Element (Funktionsmenge entspricht der Elementemenge), • das Integrationsprinzip (Elementemenge ist kleiner als die Funktionsmenge). Das Differenziationsprinzip (eine Funktion erfordert mehrere Elemente) ist gesondert zu betrachten, Abb. 36.11. Technische Prinzipien durch Elementeverschmelzung Elementeverschmelzungen entstehen insbesondere durch Wirkprinzipienkombinationen. Sie führen zu neuen Elementearten, Elementeentwicklungen und Erfindungen. Die Erfindungsmethodik basiert auf der Kombination physikalischer Prinzipien (↑ Kombinatorik), Abb. 36.12.
36.5
Integrationsgebiete
Integrationen sind durch den Projektanten zielgerichtet, kreativ, gebietsorientiert und entsprechend der technischen Machbarkeit durchzuführen. Unterschieden werden die Integrationsgebiete Verfahrensintegration und Flussintegration, Abb. 36.13. In dieser Reihenfolge ist die Verfahrens- vor der Flussintegration wegen der größeren Wirkungen durchzuführen.
1006
36 Integration
Abb. 36.11 Technische Prinzipien durch technische Integration (Beispiele)
Abb. 36.12 Ausgewählte Beispiele für Elementeverschmelzungen (VER – Versorgung)
Beispiel Verfahren benötigen Flussfunktionen für die Relationsrealisierung. Werden Verfahren miteinander integriert, entfallen die relationsbedingten Flussfunktionen. Der Zusammenhang wird in Abb. 36.13 erläutert.
36.6 Art und Weise der Integration
1007
Abb. 36.13 Wirkungsfelder der Verfahrens- und Flussintegration (Praxisbeispiel)
Hauptziele der Verfahrens- und Flussintegration zur Systemaufwandsreduzierung sind: • • • • •
Kleinstmögliche Verfahrensmenge als Einzelarbeitsgänge, kleinstmögliche Arbeitssystemartanzahl eines Fabriksystems, kleinstmögliche Anzahl Flussteilsysteme, kleinstmögliche Anzahl Systemein- und Systemausgänge als Anbindungsstellen, Vereinigung von Teilefertigung, Kommissionierung und Erzeugnisfertigung (Montage), Ergebnis: Komplexe bzw. mehrstufige Fertigungssysteme, • Vermeidung fabriklicher Zwischenlager und anderer Lager (Ein-, Ausgangslager).
36.6 Art und Weise der Integration Die Art und Weise der funktionellen und technischen Integration führt zu den Integrationsmethoden. Hier sind zu unterscheiden:
1008
36 Integration
• Die Integration gleichartiger oder ungleichartiger Merkmale, Gegenstände, Funktionen, Elemente, Teilsysteme und Flusssysteme. • Die Integration hierarchiegleicher oder hierarchieungleicher Merkmale, Funktionen, Elemente oder Teilsysteme. • Die Integration bei Neuprojektierungen und bei Anpassungsprojektierungen.
36.6.1 Artgleiche und artungleiche Integration Die zu integrierenden Objekte (Merkmale, Funktionen, ... ) sind gleicher Art oder ungleicher Art. Das Ergebnis ihrer Integration führt zu anderen Objekten, Abb. 36.14.
Abb. 36.14 Beispiele für artgleiche und artungleiche Integration
Erfindungsmethodisch bietet die artorientierte Integration die besten Möglichkeiten, da es möglich ist, über einfache oder mehrfache Funktionskombinationen Entwicklungsaufgaben und Lösungen abzuleiten, Abb. 36.15. Das ist in einer zeitbeengten Projektierung nicht immer möglich, aber der Vorschlag einer neuen Lösung kann mindestens bei der idealen Entwicklungsprojektierung als Variante vorgelegt werden.
36.6.2
Hierarchische Integration
Die hierarchische Integration ist eine besondere Form der artorientierten Integration mit einer anderen Bezugsbasis. Anstelle der Funktionen einer Hierarchieebene sind Systemhierarchien mit ihren Funktionen durch
36.6 Art und Weise der Integration
1009
Abb. 36.15 Aus Funktionskombinationen abgeleitete System-Entwurfsvorschläge
• Flussteilsysteme bei der Flussintegration, Abb. 36.13, • unterschiedliche Produktionsstufen bei der Verfahrensintegration Gegenstand der Integrationsbetrachtung. Die Schwierigkeit und Begrenzung dieser Integrationsart sind im technischen Bereich durch die Bereitstellung von Wirkprinzipien und technischen Lösungen begründet, beispielsweise durch eine kombinierte technische Lösung von Stapler, Laufkran, Regalbediengerät und Handhabungsroboter. Was durch die Fördertechnik noch nicht mit einem hohen technischen Integrationsniveau möglich erscheint, kann mit einer Lager- und Speicherintegration über mehrere Produktionsstufen relativ problemlos durch die Lager- und Speicherintegration in ein Produktionssystem umgesetzt werden, Tabelle 36.3.
• In der praktischen Neuprojektierung wird die hierarchische Integration durch teilsystemarme Flusssysteme und mehrstufige technologische Fabriksysteme, insbesondere durch die Integration von Teilefertigung, Kommissionierung und Montage realisiert. • Es gilt der Grundsatz: Wird nicht gelagert oder gespeichert, so sind für diese Vorgänge keine Förderbewegungen erforderlich, Abb. 36.16.
1010
36 Integration
Tabelle 36.3 Zielrichtungen der Lagerintegration in die Speicher der technologischen Fabriksysteme
36.6.3
Stufen- und schrittweise Integration
Für die stufen- und schrittweise Integration ist eine Ausgangsbasis Voraussetzung, beispielsweise nach Abb. 36.13. Diese Integrationsweise ist möglich, wenn • bei der Neuprojektierung ein Entwurf vorliegt und • im Rahmen von Rationalisierungen Fabriksysteme oder Fabriken existent sind. Stufenweises Integrieren bedeutet die Vereinigung oder Verschmelzung benachbarter oder nicht benachbarter Flussteilsysteme oder Verfahrensstufen eines Systems, Abb. 36.16 und 36.17. Es ergeben sich 1-stufige (benachbarte Teilsysteme) und mehrstufige Integrationen. Hierbei entfallen die zwischengeschalteten koppelnden
36.6 Art und Weise der Integration
Abb. 36.16 Integrationsstufen von Flusssystemen
Abb. 36.17 Technische Integration mit funktionellen und räumlichen Auswirkungen
1011
1012
36 Integration
Teilsysteme, aber nicht im jedem Fall die Funktionen, so dass Funktionskombinationen und -integrationen noch zu beachten sind.
• Die Integration und das Integrieren erstrecken sich über alle Phasen und Stufen der Fabrikprojektierung. Hauptanwendungsfeld ist jedoch die Projektsynthese. • Für die praktische Projektierung werden eine durchgängige Integrationsbeachtung und mindestens eine Projekt-/Lösungsvariante höherer Integration empfohlen. Die entwicklungsbedingten Defizite werden besser sichtbar. • So genannte horizontale (Verfahrensintegration) und vertikale (Flussintegration) Integrationsformen bringen einen Raum- und keinen Funktionsbezug, wie es die Projektierung erfordert, zum Ausdruck. Die horizontale Integration entspricht hier der Verfahrensintegration und die vertikale Integration der Flussintegration. Da die Projektierungslösungen ganzheitlich sein sollten, muss auch die Integration selbst ganzheitlich angewendet werden. • Mit der Integration und durch die Integration sind folgende Grundsätze zu beachten: 1. Vor der Automatisierung eines Systemelementes, Teilsystems oder Systems müssen aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus Integrationsuntersuchungen durchgeführt werden. Wird nicht integriert, ist der Gesamtautomatisierungsaufwand überproportional hoch. Grundsatz: ⇒ Zuerst Integrieren, dann Automatisieren! 2. Das wirtschaftliche Optimum eines Systems – auch der Fabrik – liegt zwischen den Extremen: • eine Elementart (hohe Integrationsdichte) und • eine Elementeartmenge, die der Gesamtmenge (geringe Integrationsdichte) entspricht. Grundsatz: ⇒ Zuerst integrieren, dann optimieren! 3. Im Rahmen einer Fabrikrationalisierung müssen die Aufwendungen den Aufgaben angepasst und minimiert werden. Minimieren bedeutet auch eliminieren. Grundsatz: ⇒ Rationalisierung durch Elementeeleminierung und Integration! • ↑ Arbeitsdichte, ↑ Arbeitssystem, ↑ Fertigungsform, ↑ Flexibilität, ↑ Projektierungsprogramm, ↑ System, ↑ Technologische Vereinheitlichung.
37
Kapitalbedarf
Kapitalbedarf: Geldwertmenge, die zur Realisierung von Fabrikinvestitionen und zum Anlauf des Fabrikneubetriebes für Lieferungen, Leistungen und Abgaben insgesamt bereitgestellt werden muss.
37.1
Bedarfsanforderungen
Kapital hat einen Objekt- und Wirtschaftsbezug, ist nicht unbegrenzt verfügbar und unterliegt im Rahmen von Investitionsvorhaben strengen Ausgabenkontrollen durch den Auftraggeber und Finanzierungseinrichtungen (Banken, Subventionsgebern). Der Objektbezug wird durch das Investitionsvorhaben hergestellt. Es beinhaltet die in der Abb. 37.1 durch Kapital zu deckenden Aufwandsbereiche. Die Aufwandsbereiche nach Abb. 37.1 können nach DIN 276 (Kosten im Hochbau; unvollständig für die Belange der technologischen Fabrikprojektierung) oder in die Hauptgruppen • Investitions-Bauleistungen (Gesamtheit der Bauwerke), • Investitions-Ausrüstungsleistungen (Gesamtheit der Technologie), • Investitions-, Zusatz- und Nebenleistungen (Gesamtheit der vorbereitenden, ergänzenden und nachbereitenden Tätigkeiten) gegliedert und untersetzend kalkuliert werden.
37.2
Investitionskalkulation
Investitionskalkulationen werden in Abhängigkeit von den Projektierungsphasen und Projektierungsstufen unterteilt. Beispiele sind:
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_37, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1013
1014
• grobe Schätzform (Vergleichsobjekte, Erfahrungen) • grobe Ermittlungsform (Kennzahlenermittlung) • feine Ermittlungsform (Basis nach der Dimensionierung) • feinste Ermittlungsform (Angebotsorientierung) • genaue Ermittlungsform (Projektvollständigkeit) • vertragsgenaue Ermittlungsform (verbindliche Angebote)
37 Kapitalbedarf
⇐
Projektstudien
⇐
Vorprojektierung
⇐
Entwurfsprojektierung
⇐
Entwurfsfeinprojektierung
⇐
Entwurfsdetailprojektierung
⇐
Ausführungsprojektierung
Dadurch liegt für den Auftraggeber eine untergliederte Investitionskostenermittlung als „Kostenrahmen“, nicht als Kostendogma, vor. Je genauer die Positionen aus der Abb. 37.1 in die Investitionskostenermittlung einbezogen werden, desto geringer ist der verbleibende Abweichungsbereich während und nach der Investitionsrealisierung.
Abb. 37.1 Kapitalaufwendungen von Fabrikinvestitionen
37.2 Investitionskalkulation
1015
37.2.1 Aufwendungen für Bauleistungen Grundlage der Baukosten sind eine Bauplanung, Bauwerksprojektierung, die Einzelbauwerke und das Kalkulationsschema nach DIN 276. Die Genauigkeit der Kostenermittlung nimmt mit dem Planungs- und Projektierungsfortschritt bei gleichem Kalkulationsschema zu.
37.2.2 Aufwendungen für Technologieleistungen Hierunter werden alle ortsfesten und ortsveränderlichen Betriebsmittel und Ausstattungen verstanden, die Gesamtinhalt der Fabriksysteme ohne Bauwerk und Bauwerksausrüstungen sind. Eine fabriksystemabhängige und gesamtfabrikliche Untergliederung mit Hauptausrüstungen, Ausrüstungen und Ausstattungen ist zu empfehlen. Beispiele sind: 1. Technologische Verfahren 9. Entsorgungstechnik 2. Produktflusstechnik 10. Personenfluss 3. Energieversorgungstechnik 11. Sicherheitstechnik 4. Betriebsstoffversorgungstechnik 12. Schutztechnik 5. Informationsflusstechnik 13. Kooperationen 6. Fabrikbetreibungstechnik 14. Bildung 7. Instandhaltungstechnik 15. Gesamtbetriebliche Bereiche 8. Lenkung und zusätzlich 16. Erstausstattungen, Erstbefüllungen, Erstbereitstellungen 17. Sonderausrüstungen für die Investitionsdurchführung (Differenzaufwendungen) 18. Betriebsbereitschaftsaufwendungen (ohne 16.) 19. Anlaufaufwendungen (Schulungstechnik, Einarbeitungstechnik, Anlauf, Einlauf) 20. Besondere Lieferungen und Leistungen (Fahrzeuge, Ausgleichsleistungen)
Eine Kontrolle und Abstimmung mit der Bauleistungskalkulation ist notwendig, da im Regelfall bei jeder Fabrikinvestition Ungenauigkeiten (Überziehung der Investitionssumme um 10% … 30%) entstehen.
37.2.3
Zusatz- und Nebenleistungen
Diese Kostenhauptgruppe unterlag und unterliegt den größten Sparzwängen, führt zu Investitionskostenabweichungen durch nicht Vorhersehbares, wird noch häufig
1016
37 Kapitalbedarf
prozentual kalkuliert und hat viele kleinere Aufwandspositionen. Hierzu gehören nach Abb. 37.1 Aufwendungen für sonstige Lieferungen und Leistungen: • Honorare für Planungen, Projektierungen, Beratungen, Bewertungen durch Dritte, • Abfindungen, Provisionen, Freimachungen, Erwerbssteuern durch Kaufleistungen, • Gebühren, Abgaben, Steuern, Abnahmen, Prüfungen, Genehmigungen durch Behörden, • Recherchen, Dokumentationen, Präsentationen, Versuche zum Investitionsobjekt, • Leistungen durch den Auftraggeber, • Finanzierungsleistungen durch Kredite zum Investitionsobjekt. Auch hier ist eine detaillierte Kalkulation zu empfehlen.
37.3
Kapitalbewertungen
Neben den wirtschaftlichen Bewertungen zum Investitionsvorhaben (Rendite, …) sind die Aufwendungen selbst zu bewerten. Tabelle 37.1 enthält hierzu Empfehlungen, die durch technologische ↑ Kennzahlen vertiefend untersetzt werden können. Es entstehen Investitionsbewertungsprogramme. Tabelle 37.1 Bewertungskennzahlen für Fabrikinvestitionen (ohne Grundstückskosten)
38
Kennzahl
Kennzahl: Angabe zur quantitativen und qualitativen Bewertung und Charakterisierung definierter Merkmale oder Merkmalsbeziehungen und Grundlage von Methoden der Kennzahlenprojektierung. Kurzzeichen AAP AAP,B AAP,E AAP,fr AAP,G AAP,IH AAP,SP AAP,St AAP,V AAP,BM AAP,Zu f fA,LL fAP mFÖT mG mTE mTHM tB,b tRü W
38.1
Einheit 2
m /AP m2/AP m2/AP m2/AP m2/AST m2/AP m2/AP m2/AP m2/AP m2/AP m2/AP – m2/AP ⋅ Person – kg/FÖM kg/Stück kg/TE kg/THM min/Stück ⋅ Ag min/Los ⋅ Ag Menge
Erläuterung Flächengröße des Arbeitsplatzes eines Arbeitssystems Bedienf läche eines Arbeitsplatzes Entsorgungsfläche eines Arbeitsplatzes Freie Fläche eines Arbeitsplatzes Grundrissfläche der Arbeitsstelle (Wirksystem) Instandhaltungsfläche eines Arbeitsplatzes Speicherfläche eines Arbeitsplatzes Steuerungsfläche eines Arbeitsplatzes Versorgungsfläche eines Arbeitsplatzes Fläche für den VWP-Fluss eines Arbeitsplatzes Zusatzfläche (Erweiterung, Sonstiges) Flächenfaktor, allgemein Flächenfaktor für die Lenkung und Leitung Flächenfaktor eines Arbeitsplatzes Fördermittelbewegungsmasse Stückmasse, Massegruppe, Gegenstandsmasse Transporteinheitsmasse Transporthilfsmittelmasse Betriebsmittelbelegungszeit Rüstzeit (nach REFA: tr) Wichtungssumme eines Faktors, eines Merkmals
Merkmal
Merkmal: Kennzeichnende Eigenschaft zur Charakterisierung und Unterscheidung von Objekten, Vorgängen und Vorgaben oder Sachverhalten. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_38, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1017
1018
38 Kennzahl
Ein technologischer Sachverhalt mit bestimmtem Inhalt ist der Arbeitsgang einschließlich seiner Ausprägung (Arbeitsgangzeit). Merkmalsausprägungen sind • qualitativ, wenn die Merkmale ohne Zahlenwert und mit Einheit dargestellt werden (Arbeitsgang — 30 —; Werkstoffart: St 52; Fertigungsart: Mengenbereich), • quantitativ, wenn die Merkmale durch Zahlen dargestellt werden, (Stückzeit in min/Stück ⋅ Ag; Rangfolgen (1, 2, 6, 4, 5, 3), Stückzahlen in Stück/BZ).
38.2
Kennzahlengebiete
Kennzahlen gelten nur für die Anwendungsgebiete, für die sie erarbeitet wurden. Beispiele Technologie Konstruktion Projektierung Planung
38.3
→ Technologische Kennzahlen, Technologie-Kennzahlen → Konstruktive Kennzahlen, Konstruktions-Kennzahlen → Projektierungs-Kennzahlen → Planungs-Kennzahlen • technologische Planungskennzahlen • betriebliche Planungskennzahlen • ökonomische Planungskennzahlen
Kennzahlenarten und Kennzahlenbegriffsinhalte
Kennzahlenarten unterscheiden sich durch Ihren Zweck, Inhalt und durch ihre Anwendung, Abb. 38.1, HELBING (1978, 1981, 2003). Zustandskennzahlen: Kennzahlen, die den bestehenden Zustand von Elementen oder Systemen mit Hilfe von Merkmalen oder Merkmalsbeziehungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder für einen bestimmten Zeitraum (Mittelwert oder Zustandsänderung) zum Ausdruck bringen, Abb. 38.2. Niveaukennzahlen: Kennzahlen, die ein Niveau des Ist-Zustandes und eines anzustrebenden Zustandes durch Differenzen oder Verhältnisse zum Ausdruck bringen. Anzustrebender Zustand bedeutet optimaler Zustand, Soll-Zustand, maximaler Zustand, minimaler Zustand, Vorgabe-, Bestwert-, Höchstniveau-Zustand. Niveaus und Niveaukennzahlen können in absoluter und relativer Form auftreten, Abb. 38.3.
38.3 Kennzahlenarten und Kennzahlenbegriffsinhalte
Abb. 38.1 Gliederung der Kennzahlenarten
Abb. 38.2 Beispiel für die grafische Darstellung von Zustandskennzahlen
Abb. 38.3 Niveauarten
1019
1020
38 Kennzahl
Für die Fabrik wird ein sogenanntes nutzbares Potentialniveau projektiert, das vom Fabrikbetrieb aktiv ausgeschöpft werden kann. Folglich sind folgende Niveaukennzahlen zu unterscheiden: • • • • •
Absolute Niveaukennzahlen als Niveauhöchstwerte (N0), Potentielle Niveaukennzahlen als mögliche Potentialhöchstwerte (N1), Projektierte Niveaukennzahlen als Potentialwerte der Fabriksysteme (N2), Aktiv erreichte Niveaukennzahlen als Betriebswerte der Fabriksysteme (N3), Niveaukennzahlen als Wirkungs- und Nutzungsgrade (Ș), Gln. (38.1) und (38.2). η1 =
Ist − Zustandswert 0 1 → realer Zustand (K < Kzul ) ⎪ ⎩ fRL >> 1 → belasteter Zustand (K > Kzul )
(43.4.1)
1086
43 Luftversorgung
Raumluftzustandsgrad: ηRL =
1 ; fRL
0 ≤ ηRL ≤ 1
oder
ηRL =
1 · 100 fRL
in %
(43.4.2)
Zu beachtende Grundforderungen sind: • Außenluftstrom V˙ AU 1 = V˙ AU min ≥ 20 m3 /h · Person • Büro V˙ AU ≥ 30 m3 /h · Person • Sozialraum V˙ AU ≥ 30 m3 /h · Person • Fabrikstätte V˙ AU ≥ 20 m3 /h · Person • Außenluftstrom V˙ AU 2 m3 • Geruchsquellen (Tabakrauch) V˙ AU 2 ≥ 20 h·Pers + V˙ AU 1 m3 • Ausdunstungen (Deodorant) V˙ AU 3 ≥ 10 h·Pers + V˙ AU 1
• Kohlendioxidgehalt, • Pathogene Mikroorganismen: unzulässig, Verbot, Umfeldkontrolle, • Raumluftfilterung: notwendige Funktion zur Reinhaltung der ZU-Luft durch Außenluft und UM-Luft, • Raumluftwärme: Wärmezustand durch ↑ Wärmeenergieversorgung, • Außenluftanteil V˙ AU ≥ 0, 5 · V˙ ZU m3 /h Raumluftführung: Die Luftführung im Raum ist bei allen Lüftungsarten zu beachten, jedoch bei der freien Lüftung nicht immer ideal umzusetzen. Tabelle 43.3 enthält wichtige Grundformen. Mit der Luftführung in Verbindung zu bringen sind: • Technische Prinzipien: • Räumliche Prinzipien: • Lüftungsweg:
Sauglüftung, Drucklüftung, Gleichdrucklüftung, punktförmige, linienförmige, linien-flächenförmige, flächenförmige ZU- oder AB-Luftstellen Querlüftung, Deckenlüftung, Fußbodenlüftung
Systemluftführung: Hierunter werden die Luftwege im Lüftungssystem verstanden, wodurch die Qualität der Luftarten beeinflusst wird, Abb. 43.8. Die für die Raumluft wichtige ZU-Luftqualität ist über Abb. 43.8 bestimmbar: • Fall 1: • Fall 2: • Fall 3: •
Fall 4:
ZU1 = AU
→ ZU-Luftqualität = Außen-Luftqualität = Raum-Luftqualität ZU2 = AU + UM → ZU-Luftqualität = Misch-Luftqualität ZU3 = AU + (T oder TK; BF oder EF) → ZU-Luftqualität mit Klimafunktionen ZU4 = AU + UM + (T + TK + MI + BF + EF + …) → ZU-Luft = Klimasystemqualität
Lüftungsart: Art und Weise der ZU-Lüftung und AB-Lüftung bestimmen das zu projektierende Raumlüftungssystem und die damit verbundene Behaglichkeit.
43.3 Luftversorgungsbedarf
1087
Tabelle 43.3 Luftführungsformen im Raum (ohne Mehrfachkombinationen und Modifikationen)
Abb. 43.8 Luftarten
Als Lüftung wird der Austausch von Raumluft gegen eine zuzuführende Luft (AU-, UM-Luft) verstanden. Das kann ohne technische (natürliche Lüftung) oder mit technischer (Zwangslüftung) Beeinflussung erfolgen. Die technische Beeinflussung erfolgt ohne (freie Lüftung) oder mit Kraft- und Arbeitsmaschinen (maschinelle Lüftung mit Verdichtern und Energieverbrauch) für den Lufttransport, Abb. 43.9. Eine Fabrikeignung haben besonders die freien Lüftungsarten, die Lüftungen mit Außenluft, die Teilklimalüftungen (Heizen, Kühlen) und Lüftung mit Umlauf bei Systemlüftungen. Jede Lüftungsart führt zu einem Lüftungssystem. Lüftungsstörungen: Besonders Raumlüftungen können personenstörende Beeinflussungen verursachen, die zu vermeiden sind. Hierzu gehören die in der Tabelle 43.4 aufgeführten beispielhaften Fälle.
1088
43 Luftversorgung
Abb. 43.9 Lüftungsarten (i. A. DIN 1946/1)
43.3.3.3
Raumzuluftbedarf
Für die Auslegung des Raumlüftungssystems sind der AB-Luft- und der ZU-Luftbedarf die bestimmenden Größen. Unter der Annahme, dass die ZU-Luftmenge gleich der AB-Luftmenge sein muss, liegt der Schwerpunkt der Bedarfsermittlung unter Beachtung wichtiger Einflüsse bei der ZU-Luft, Gl. (43.5).
43.3 Luftversorgungsbedarf
1089
Tabelle 43.4 Behaglichkeitsstörende Faktoren in Fabrikstätten
Der ZU-Luftbedarf ist entsprechend der Raumnutzung und der Luftversorgungsaufgabe unterschiedlich zu ermitteln. Auswahlhaft sind folgende Fälle zu beachten: Fall 1:
NUR-Lüftungsbedarf des Raumes mit Außenluft V˙ ZU ,P für die Raumnutzung durch Personen.
V˙ ZU ,P ≡ V˙ AU
m3 /h · Raum
V˙ ZU ,P1 = zW ,L · VR,L
V˙ ZU ,P2 = V˙ P · zP
(43.6.1) m3 /h · Raum
V˙ ZU ,P min = zW ,L min · VR,L = 0, 5 . . . 1 h−1 · VR,L
m3 /h · Raum
(43.6.2) (43.6.3)
1090
43 Luftversorgung
VR,L V˙ P zW ,L zP
Fall 2:
maximales Raumluftvolumen in m3 ( VR,L = Raumvolumen VR – Elementeanordnungsvolumen VE) – Lüftungsbedarf einer Person in m3/h ⋅ Pers. – Raumluftwechselzahl in h−1 – Personenzahl in Personen/Raum (Personenaufenthalt im Raum)
–
NUR-Lüftungsbedarf des Raumes für die Raumnutzung durch Personen und Systeme (Grundfälle für nach Abb. 43.5) mitden Luftversorgungen die Verfahren V˙ ZU ,V und für das Betreiben V˙ ZU ,B .
• Bedarfswert V˙ ZU 1 = V˙ ZU ,P +
V˙ ZU ,V + V˙ ZU ,B · (1 + fE + fSo )
(43.7.1)
m /h · Raum ⎞ ⎛ m ˙V V =⎝ + V˙ ZU ,V E + VZU ,V So ⎠ η N ,T j j=1 3
V˙ ZU ,V = zW ,L V · VR,L
(43.7.2)
m 3 /h · Raum V˙ ZU ,B = fB · V˙ ZU ,V = zW ,L B · VR,L
⎛ ⎞ m ˙ VB =⎝ + V˙ ZU ,B E + V˙ ZU ,B So ⎠ η N ,T j j=1 m3 /h · Raum
• Projektierungswert V˙ ZU 2 = V˙ ZU ,P +
ηG · V˙ ZU ,V + V˙ ZU ,B 1 − ηV,Ü
(43.7.3)
m 3 /h · Raum
(43.7.4)
In die Berechnungen müssen die Systemelementebedarfe (V˙ ZU ,V j und V˙ ZU ,B j ), die Systemerweiterungsbedarfe (V˙ ZU ,V E und V˙ ZU ,B E ), oder die Erweiterungsfaktoren ( fE) sowie die nicht direkt erfassbaren Elementebedarfe ( VZU ,V So und VZU , B So bzw. als Faktor: f So,V , f So, B ) eingehen. Von Bedeutung sind weiterhin die technischen Nutzungsgrade ηN ,T der Luft im Verfahren und die Unterscheidung von Bedarfswert und Projektierungswert. Beim Projektierungswert sind die ↑ Gleichzeitigkeit ηG und Übertragungsverluste ηV ,U¨ zu berücksichtigen. Der personenbedingte ZU-Luftbedarf V˙ ZU ,P bleibt unverändert und ist in jedem Fall zu gewährleisten. Fall 3:
ZU-Luftbedarf für die Raumluftversorgung durch aufbereitete Luft bei Sicherung des Lüftungsbedarfes (Fall 1 und Fall 2) Luftaufbereitung bedeutet den Einsatz von Raumluft-Klimasystemen. Zur Luftaufbereitung gehören nach DIN 1946:
43.3 Luftversorgungsbedarf
1091
1. Heizen (Winterbetrieb) Teilweise oder vollständige Sicherung der Raum- ↑ Wärmeenergieversorgung ˙ H ,R ) durch die Raumluftversorgung. (Q ˙ H ,R = m ˙ H · c · ρ · (ϑi − ϑa ) Q m ˙H c ρ ϑi ϑa
– – – – –
(43.8.1)
kJ/s oder kW, MW
Massefluss, Massestrom spezifische Wärmekapazität Dichte der Luft angestrebte behagliche Raumtemperatur Temperatur der angesaugten und zu erwärmenden Außenluft
Heizlast QH ,R = Transmissionsheizlast + Lüftungsheizlast kJ/h; kW m ˙H =
˙ H ,R Q hZU − hi
in kg/h
oder
V˙ H =
˙ H ,R Q (hZU − hi ) · ρ
(43.8.2)
in m3 /h (43.8.3)
hZU – Zuluftenthalpie in kJ/kg (AUßen-, UM-Luft, AU + UM) hi – Raumluftenthalpie in kJ/kg (AB-Luft) V˙ H – führt zum ZU-Luftbedarf der erwärmten Luft V˙ ZU ,H . 2. Kühlen (Sommerbetrieb) ˙ K,R ) entsteht durch AB-Wärme des Systems, von Personen, ProDie Kühllast (Q dukten (Wärmebehandlung) und durch Sonneneinwirkung. m ˙K =
˙ K,R Q hi − hZU
in kg/h
oder V˙ K =
˙ K,R Q (hi − hZU ) · ρ
in m3 /h
(43.9)
Der Kühllastvolumenstrom V˙ K führt über die AB-Luftmenge zur benötigten ZULuftmenge. 3. Befeuchten oder Entfeuchten Das Be- und Entfeuchten sichert den Raumklimazustand durch eine qualitative Raumfeuchte (0,2 ≤ x ≤ 0,65). Klimazonen sind zu beachten. m ˙F =
m ˙W |xi − xZU |
in kg/h
oder
V˙ F =
m ˙W |xi − xZU | · ρ
in m3 /h
(43.10)
xi – absolute Feuchte der Raumluft in %, als Grad (0 ≤ ηF ≤ 1) oder kg/kg xZU – absolute Feuchte der Zuluft in kg/kg ( x kg Wasser in 1 kg Luft) m ˙ W – Wasser-Feuchtelast der Luft in kg/h Auch bei einer vollständigen Luftaufbereitung treten nicht alle Funktionen gleichzeitig auf. Es werden der maximal auftretende Luftbedarf für die weitere Projektierung genommen und die anderen Bedingungen werden eingerechnet. Es ist Gl. (43.7.4) mit V˙ ZU durch Luftaufbereitung zu korrigieren, Gl. (43.11)
1092
43 Luftversorgung
V˙ ZU 3 = V˙ ZU 2 + V˙ ZU (Luftaufbereitung)
Fall 4:
m3 /h
(43.11)
Örtliche Schadstoffabsaugung Aus energetischen und gesundheitshygienischen Gründen sind die durch die Verfahren anfallenden Luftschadstoffe (Aerosole mit Kvorh) wegen ihrer Raumausbreitung nicht durch eine Gesamtraumlufterneuerung („Raumluftverdünnung“) mit mehrfacher Raumluftentsorgung (Luftwechselzahl) über die AB-Luft (AB-Luftmenge = ZU-Luftmenge), sondern über eine örtlich konzentrierte Absaugung zu entsorgen. Energetisch zweckmäßig und wirtschaftlich effizienter sind ↑ Absaugsysteme. Das bedeutet eine zusätzliche Beachtung der Absaugluft mit dem ZU-Luftausgleich ( V˙ ZU ,AB ).
V˙ ZU 4 = V˙ ZU 3 + V˙ ZU ,AB
m3 /h
(43.12.1)
m3 /h
(43.12.2)
oder V˙ ZU 4 = V˙ ZU 2 + V˙ ZU ,AB
• Der ZU-Luftbedarf muss in zwei Größen als Bedarfswert und Projektierungswert ermittelt werden, um die realen Betreibungsverhältnisse berücksichtigen zu können. • Bei den Lüftungsbedarfswerten sind minimale und mittlere (maximale und minimale) Werte für die Projektierung nicht zu verwenden. Es werden die über einen bestimmten Zeitraum errechneten oberen Werte (mehrere Maximalwerte) als gewichtete Werte verwendet, die unter Beachtung der ↑ Gleichzeitigkeit erforderlich sind. • Die technologisch notwendige Luftversorgung sollte aus energetischen Gründen nicht über eine hygienische Luftversorgung des Raumes abgedeckt werden. Es müssen die Projektierungsgrundfälle nach Abb. 43.1 Beachtung finden.
43.4
Projektierungsgrundlagen für freie Lüftungssysteme
Freie Lüftungsarten nach Abb. 43.9 haben gegenüber den maschinellen Lüftungsarten Vor- und Nachteile, die bei dem zu projektierenden Einsatz Berücksichtigung finden müssen. Vorteile:
• Nutzung der natürlichen Klimafaktoren (Wind-, Auftriebsdruck, Höhenlage), • keine zu installierende elektrische Energie für den Lufttransport, • natürliche Behaglichkeit der tätigen Menschen im Raum.
43.4 Projektierungsgrundlagen für freie Lüftungssysteme
Nachteile:
43.4.1
1093
• Abhängigkeit der Funktionalität und ZU-Luftmenge von den Klimafaktoren der Außenluft, • erhöhter Lüftungswärmebedarf, • keine Möglichkeit einer qualitätsverbessernden Luftaufbereitung.
Wirkungsweise von freien Lüftungssystemen
Freie Lüftungen sind natürliche Lüftungen mit einer Zwangsführung der Luft im Raum durch Undichtheiten (Mauerwerk), Fugen (Fenster-, Tür-), Öffnungen (Fenster, ZU- und AB-Luftöffnungen), Dachaufsätze (AB-Luftelement) und Schornsteine. Ihre Wirkung wird durch Druckunterschiede von Außen- und Raumluft erzielt: • Winddruck: • Auftriebsdruck:
Windanströmung → Überdruck, Windabströmung → Unterdruck, Thermischer Differenzdruck durch Dichteunterschiede von Außen- und Raumluft (Δp).
Es nehmen die Raumhöhe, Bauwerkshöhenlage, Bauwerksgeometrie und die ZULuft- und AB-Luftstellen Einfluss auf die Wirkungsweise, Abb. 43.10 und 43.11.
Abb. 43.10 Entstehungsweise der freien Lüftung (Beispiel). a Lüftungsmodell. b Ersatzbild. c Berechnungsgrundlagen
43.4.2 Auslegung des freien Lüftungssystems Die Berechnung erfolgt nur überschlägig, da nicht alle Strömungsverhältnisse berücksichtigt werden können, Abb. 43.12.
1094
43 Luftversorgung
Abb. 43.11 Freie Lüftungssysteme mit Fabrikstätteneignung (ΔH = HAB − HZU). a Fugen-/Öffnungslüftung. b Dachaufsatzlüftung. c Schornsteinlüftung
Abb. 43.12 Dimensionierung und Gestaltung von freien Lüftungssystemen
43.5 Projektierungsgrundlagen für einfache maschinelle Lüftungssysteme
43.5
1095
Projektierungsgrundlagen für einfache maschinelle Lüftungssysteme
Einfache maschinelle Lüftungssysteme ermöglichen, wie freie Lüftungssysteme, entweder eine NUR-Lüftung oder eine NUR-Lüftung mit einer Luftaufbereitungsfunktion mit Verdichtern. Vorteile:
Nachteile:
43.5.1
• Keine bzw. geringe Funktionsabhängigkeit von Außen-Klimafaktoren, • Kombinationsmöglichkeit mit freien Lüftungssystemen, Abb. 43.9, • Möglichkeit der Integration einer Raumklimafunktion (Heizen, Befeuchten, Entfeuchten oder Kühlen). • Einsatz elektrischer Energie und hohe Betriebskosten für den Lufttransport, • Lärm durch Verdichter und Staubwirbelung an den ZU- oder ABLuftöffnungen, • kein energiesparendes UM-Luftsystem.
Wirkprinzipien
Einfache maschinelle Lüftungssysteme sind in den Ausführungsformen nach Abb. 43.13 und mit oder ohne ↑ Rohrleitungssystem für die Luftverteilung der ZULuft und Luftsammlung für die AB-Luft realisierbar. Ohne die Integration einer Luftaufbereitungsfunktion werden die Systeme als NUR-Lüftungssysteme eingeordnet, Abb. 43.13. Mit der Integration einer Luftaufbereitungsfunktion erfolgt eine technische Einordnung als • Luftheizungssystem bei Zuordnung einer Lufterwärmung (Heizen der ZU-Luft) oder • Luftbefeuchtungssystem bei Zuordnung einer Luftbefeuchtung (Befeuchten der ZU-Luft) usw.
43.5.2 Auslegung von NUR-Lüftungssystemen Die Berechnung erfolgt für jede in der Abb. 43.13 dargestellte Systemart nach den Vorschriften in der Abb. 43.14.
• Die Grundprinzipien nach Abb. 43.13 kommen auch für Systemlüftungen direkt oder zusätzlich zur Raumlüftung zur Anwendung. Diese sind zuerst zu projektieren und dann die Folgen (AB-Luft oder ZU-Luft) bei der Raumlüftung zusätzlich zu beachten.
1096
43 Luftversorgung
Abb. 43.13 Wirkprinzipien der einfachen maschinellen Lüftungssysteme. a Belüftungssystem als Drucksystem. b Entlüftungssystem als Saugsystem. c Be- und Entlüftungssystem als Gleichdrucksystem
• NUR-Belüftungssysteme sollten wegen der damit verbundenen Schadstoffe mit Raumausbreitung (Abgase, Rauche) nicht ohne Luftfilterung zur Anwendung kommen. • Energetisch günstig sind auch Kombinationen von freien Lüftungssystemen für einen „Normallastbetrieb“ und NUR-Lüftungssysteme (ZU- oder AB-Luftsysteme) für einen erhöhten „Lastbetrieb“. • Bei der Auslegung sind die Formen Grundlastbetrieb als Normalbetrieb und maximaler Lastbetrieb mit verstärkter Regelung für erhöhten Lastbetrieb zu empfehlen, Abb. 43.15.
43.6
Raumklimasysteme
Raumklimasysteme stellen die technisch höchste Form der Raumluftversorgung dar. Sie enthalten als Luftversorgungssystem
43.6 Raumklimasysteme
Abb. 43.14 Auslegung von einfachen maschinellen Lüftungssystemen
Abb. 43.15 Kombination von Lüftungssystemen (Beispiel)
1097
1098
43 Luftversorgung
• ein Erzeugungssystem als lufttechnisches System (raumlufttechnische Zentrale) für die Luftzustandsänderungsfunktionen, Abb. 43.16,
Abb. 43.16 Funktionen der Raumklimasysteme im Erzeugungssystem (DIN 1946)
ein Luftverteilungssystem als ZU-Luft-↑ Rohrleitungssystem, ein oder kein UM-Luftsystem als ↑ Rohrleitungssystem mit AB-Wärmenutzung, ein Luftsammelsystem als AB-Luft-↑ Rohrleitungssystem, umfangreiche Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie Luftfilter- und Abscheidetechnik, • keine freien Lüftungsanteile.
• • • •
Abbildung 43.17 enthält den Grundaufbau.
Abb. 43.17 Grundaufbau (Ersatzschaltbild) von Raumklimasystemen mit Außenluft
Auch Raumklimasysteme haben Vor- und Nachteile, die durch die Projektierung kaum verändert und nur begrenzt beeinflusst werden können. Vorteile:
• Relative Funktionsunabhängigkeit von den Außen-Klimafaktoren,
43.6 Raumklimasysteme
Nachteile:
43.6.1
1099
• Einsatz auch bei Belastungen der Umwelt (Staub, Rauche), • klimaregulierte Behaglichkeit im Raum. • Sehr hoher Energieverbrauch und Erhaltungsbedarf für das Betreiben, • sehr hoher Projektierungs- und Investitionsaufwand sowie Flächenbedarf, • Verbreitung von Krankheitserregern (Legionellen, Pilze, Sporen, …), • Systembegrenzung durch Fabrikstättenerweiterung.
Raumklimasystemtypen
Aus den Funktionskombinationen nach Abb. 43.16 sind 10 unterschiedliche Lufterzeugungssysteme möglich, die den Umfang des raumlufttechnischen Systems (genannt Zentrale) bestimmen, die Luftkonditionierung realisieren und die Raumluft in ihrer geforderten Qualität bereitstellen. Die 10 möglichen Lufterzeugungssysteme sind mit den folgenden Ausführungsformen des Luftverteilungs- und -sammelsystems (ZU- und AB-Luftsystem) kombinierbar, Abb. 43.18, woraus Systemtypen abzuleiten sind, die standardisiert werden können und für die zugeschnittene Projektierungsgrundlagen zutreffen.
Abb. 43.18 Integrationsstufigkeit des Luftverteil- und -sammelsystems
Insgesamt sind 70 Typen möglich, von denen für die Fabrik nur wenige Typen von besonderem Interesse sind.
43.6.2
Projektierungsvorgänge
Ausgangsbasis der Projektierung sind ein ↑ Projektierungsprogramm für die Raumluftversorgung und ein skizzierter Grundaufbau als Systemkonzeption für das Lufterzeugungssystem (raumlufttechnische Zentrale) sowie das Luftverteil- und -sammelsystem (Abb. 43.18). Wegen des großen Umfanges können hier nur ausgewählte Projektierungshinweise aus technologischer Sicht gegeben werden, Abb. 43.19.
1100
Abb. 43.19 Projektierungsfolge für Raumklimasysteme
43 Luftversorgung
43.6 Raumklimasysteme
1101
43.6.3 Ausgewählte Projektierungshinweise Die Projektierung beginnt bei den ↑ Rohrleitungssystemen, speziell bei den Versorgungsstellen, und endet bei der Gestaltung des Lufterzeugungssystems. Als raumlufttechnische Zentrale entspricht das Lufterzeugungssystem einer infrastrukturellen Fabrikstätte mit eigenem Produkt (Luft als Versorgungsprodukt), eigenen Flusssystemen und eigener Ver- und Entsorgung und Betreibung. • Produkt: • Flusssysteme:
• Raumbauwerk:
Konditionierte Luft (Temperatur, Feuchte, Mischung, Schadstoffe → 0) Produktfluss Verfahrenselemente und Verfah(„Luftfluss“): rensrelationen Betriebsstofffluss: Luftzusatzstoffe (Wasser, Geruchsstoffe), Luftentzugsstoffe (Wasser, Schadstoffe, Filter) Betriebsenergiefluss: Elektrische Energie, Wärmeenergie, Licht, … Betriebsmittelfluss: Nur wenige Unterstützungsmittel Informationsfluss: Technischer und organisatorischer Informationsfluss Personenfluss: Für das Betreiben und Erhalten Beachtung von Versorgung, Entsorgung und Systembetrieb. Mit Standort, Raumbetreibung, Raumver- und -entsorgung.
Hinweise zu den ↑ Rohrleitungssystemen: Die Berechnungen sind nur über eine grafisch dargestellte Systemkonzeption möglich, Abb. 43.20. Das konzipierte Rohrleitungssystem wird in Teilstrecken gegliedert und teilstreckenweise dimensioniert, Abb. 43.21.
Abb. 43.20 Beispiel für eine Systemkonzeption als Ersatzschaltbild zur Ableitung der Berechnungsbedingungen für die ZU-Luftversorgung
1102
43 Luftversorgung
Abb. 43.21 Schematische Darstellung des ZU-Luftversorgungssystems als Berechnungsgrundlage
Berechnet werden nach dem Verdichter bei ZU-Luftleitungen und vor dem Verdichter bei AB-Luftleitungen, MÜLLER (2004): • Druckverluste in Abhängigkeit von der Rohrreibung ( ) und von Einbauten ( ȗ), • Flusskontinuität V˙ = f (d, v¯ ) für die Einzelleitungen und die Gesamtleitung, • Rohrleitungsdurchmesser d für Einzelleitungen und Gesamtleitung (Abstimmungen), • Geschwindigkeiten v (Austritts-, Fluss-, „Verdichter“-) mit Nachweis. Weitere Hinweise: • Rohrquerschnitt:
A{ = A □ ; U{ U□
Genutzt werden runde oder eckige Querschnittsformen. Systeme mit großen Volumendurchsätzen verwenden höhenbegrenzte Rechteckquerschnitte. Es ist der vergleichbare (gleichwertige) „Durchmesser“ dgl zu berechnen, Gl. (43.13), um die Berechnungsgrundlagen (Rohrreibungsbeiwert Ȝ, Reynoldszahl Re, …) des Rohres ({) auf rechteckige Rohrkanäle (
) zu übertragen. d = dgl. gl
4·A U
m
(43.13.1)
Für Rechteckquerschnitt mit den Seitenlängen b und h: b·h π · d2 = 4·π ·d 2 · (b + h)
• Abzweigform:
⇒
d = dgl. =
2·b·h (b + h)
m
(43.13.2)
Aus strömungstechnischer Sicht sind runde und quadratische Querschnitte vorteilhaft einsetzbar. Stumpfer Abzweig (90°, große ȗ-Werte) und schräger Abzweig (> 30). Werden mehr Berechnungsschritte benötigt, liegt die Ursache häufig in der nicht richtigen Anwendung der Regel 2 im Schritt 5.
1158
47 Optimierung
• Sind mehr anzuordnende Objekte vorhanden als Standorte, wird mit einer entsprechend hohen Anzahl fiktiver Standorte gerechnet. Ihnen werden überhöhte Matrixwerte zugeordnet. • Ist die Objektanzahl kleiner als die Standortanzahl, werden fiktive Objekte eingeführt. Die Matrixwerte erhalten für die fiktiven Objekte den Matrixwert = 0. • Die Eignung der Ungarischen Methode ist zwar auf punktförmige Systemprozesse begrenzt, jedoch können unterschiedliche Hierarchiebezüge zutreffen.
Beispiele • Wirksysteme oder Arbeitssysteme eines technologischen Fabriksystems, • technologische Fabriksysteme ohne Verflechtung in einer Fabrikwirkungsstätte, • Fabrikwirkungsstätten ohne Verflechtung in einer Fabrik, • Fabriken ohne Verflechtung in einem Industriegebiet.
• Mit der Optimierung der Objekt-Platz-Zuordnungen ist eine Flächengrößenprüfung bei ungleichen Objektflächenanforderungen und ungleichen Standortflächenangeboten verbunden. Objekte, die flächengrößenbedingt nicht auf bestimmte Standortflächen angeordnet werden können (Restriktion), erhalten erhöhte Entfernungswerte für diese restriktiven Standorte. Eine Zuordnung wird dadurch ausgeschlossen.
47.3.2
Objekt-Platz-Zuordnungsoptimierung mit modifizierten Näherungsmethoden
Voraussetzung sind Systeme mit Prozessverflechtungen der Systemelemente, die aufgrund ihrer Verflechtungsausprägungen optimal räumlich anzuordnen sind. Tabelle 47.2 enthält zur Erläuterung ein Beispiel. 47.3.2.1
Modifiziertes Dreieckverfahren von SCHMIGALLA
Die beschriebene Methode berücksichtigt nicht die Systemein- und -ausgangswerte, sondern nur die Werte (Durchsatz, Transporthäufigkeit) der Systemprozessverflechtung. Methodenschritte mit praktischer Vereinfachung und Beispiel Schritt 1: Ermittlung der Berechnungsmatrix mit den Durchsatzwerten oder (besser) den Transporthäufigkeitswerten der Objekte zueinander. Berechnungsbasis ist das Ergebnis aus Tabelle 47.2. Schritt 2: Auswahl des maximalen Matrixwertes in der Berechnungsmatrix und Anordnung der ausgewählten Objekte in einem Dreieckgitter (-raster).
47.3 Objekt-Platz-Zuordnungsoptimierung Tabelle 47.2 Ermittlung der Berechnungsbasis für die Optimierung
1159
1160
47 Optimierung
Schritt 3:
Übertragen der Matrixwerte für die ausgewählten Objekte in eine Berechnungstafel. Summieren der Tafelwerte, Auswahl des Objektes mit der höchsten Tafelwertsumme und Anordnung des ausgewählten Objektes zu den schon angeordneten Objekten in dem Dreieckgitter entsprechend der vorliegenden Verf lechtungen.
Schritt 4:
Erneute Anwendung des Schrittes 3 mit den angeordneten Objekten und endgültige Festlegung der Transportwegführung.
Schritt 5:
Anwendung des Schrittes 3 bis zur endgültigen Anordnung aller Objekte. Die Schrittanzahl entspricht im Maximum → (m − 2). Flächenmäßige Umsetzung der optimalen Lösung mit eventueller Veränderung der Anordnungszuordnung, Abb. 47.3.
Schritt 6:
Abb. 47.3 Lösungsdarstellung. a Maßstäbliche Darstellung der optimalen Lösung (Transporthäufigkeit HT). b Räumliche Darstellung der optimalen Lösung mit Flächenprüfung (Groblayout)
47.3 Objekt-Platz-Zuordnungsoptimierung
1161
• Die Methode ist für eine größere Objektanzahl noch manuell beherrschbar, da die zuletzt verbleibenden Objekte zwar anzuordnen sind, aber nicht in jedem Fall rechnerisch in ihrer Reihenfolge berechnet werden müssen. • Gegenüber der im Original beschriebenen Methode (SCHMIGALLA 1970) wird eine Transportwegorientierung empfohlen, die der praktischen Umsetzung nahekommt (Schritt 3 und Abb. 47.3). • Mit der Methode wird eine optimale Anordnungsreihenfolge ermittelt, die durch den Projektanten räumlich, entsprechend der vorliegenden Verflechtungsrelationen, umzusetzen ist. Hierbei können Fehler durch die Nichtbeachtung der Objekt-Relationswertgrößen entstehen. • Durch einen Anschluss der Berechnungsfolge an die Berechnungsmatrix (Schritt 1) kann die Optimierungsberechnung praktisch vereinfacht werden, Abb. 47.4. Damit entfallen die einzelnen Berechnungstafeln. Die Schrittfolge bleibt wie erläutert erhalten.
Abb. 47.4 Vereinfachte Lösungsermittlung
47.3.2.2
Modifiziertes Zuordnungsverfahren
Diese Methode erhält gegenüber dem modifizierten Dreieckverfahren von SCHMIGALLA (1970) eine weitere Modifizierung durch • die Berücksichtigung der Systemein- und -ausgänge (getrennt oder zusammen), • Bereitstellung von räumlichen Anordnungsstandorten und durch den • Wegfall der Dreieckanordnung.
1162
47 Optimierung
Methodenschritte mit Beispiel Schritt 1: Ermittlung der richtungsunabhängigen Transporthäufigkeitsmatrix (alternativ: Durchsatzmatrix) HT, Tabelle 47.2, mit den zu unterscheidenden Varianten: V1 mit getrenntem Ein- und Ausgang; V2 mit zusammengefasstem Ein- und Ausgang, Abb. 47.5 und 47.7.
Abb. 47.5 Herstellen der Optimierungsbasis. a Matrix mit getrennten Ein- und Ausgängen. b Mögliche Objektstandorte (Zuordnungslayout). c Matrix mit gemeinsamen Ein- und Ausgang
Schritt 2:
Schritt 3: Schritt 4: Schritt 5:
Auswahl des maximalen Verflechtungswertes in der Berechnungsmatrix (Matrixvariante V1 oder V2) und Anordnung der werterealisierenden Objekte in der Berechnungstafel. Streichen der ausgewählten Objekte für die Weiterberechnung, Abb. 47.6. Übertragen der Matrixwerte für die ausgewählten Objekte in die Berechnungstafel. Summieren der Tafelwerte, Auswahl, Kennzeichnung und Streichung des Objektes mit dem höchsten Tafelwert. Erneute Anwendung des Schrittes 3, bis alle Objekte ausgewählt wurden. Zuordnung der Objekte zum Zuordnungslayout, Abb. 47.7, und Darstellung der Lösung in einem Groblayout.
• Die endgültige Lösung wird bei dem modifizierten Zuordnungsverfahren durch einen Variantenvergleich auf der Basis der realen Transportweglängen bestimmt. Dadurch erhält dieses Optimierungsverfahren eine weitere Modifizierung. • Durch die Einbeziehung der Ein- und Ausgänge erreicht das modifizierte Zuordnungsverfahren gegenüber dem modifizierten Dreieckverfahren eine höhere Projektierungsrealität, wie die Abbildungen 47.3 und 47.7 verdeutlichen. • Die Zuordnungsmatrix (Abb. 47.5b) kann nicht bereitstellbare Standorte enthalten. Diese sind zu kennzeichnen (X).
47.4 Allgemeine Optimierungsziele bei der Systemprojektierung
1163
Abb. 47.6 Berechnungsmatrix mit Berechnungstafel für das vereinfachte Zuordnungsverfahren
Abb. 47.7 Lösungsvorschläge als Varianten
47.4 Allgemeine Optimierungsziele bei der Systemprojektierung Zusätzlich zur wichtigen Transportweglängenoptimierung, Abschnitt 47.3, enthält die Systemprojektierung weitere Optimierungsaufgaben, die häufig nicht mit mathematischen Methoden, sondern durch Zielfunktionserfüllungen gelöst werden können. Dazu gehören auswahlhaft die Problemstellungen in der Tabelle 47.3.
1164
47 Optimierung
Tabelle 47.3 Optimierungsaufgaben und Optimierungsziele der Systemprojektierung (Auswahl)
Literatur
1165
Literatur BECKERT M et al (1977) Wissensspeicher für Technologen- Betriebs- und Arbeitsgestaltung, Nutzenrechnung, Operationsforschung. Fachbuchverlag, Leipzig DANTZIG GB (1966) Lineare Programmierung und Erweiterung. Springer, Berlin EGERVÁRY E (1931) On combinatorial properties of matrices. Mat. Lapok 38, Debrecen FLOOD M M (1953) On the Hitchcock Distribution Problem. Pac. J. Math. 3, Nr. 2 KÖNIG D (1936) Theorie der endlichen und unendlichen Graphen: Kombinatorische Topologie der Streckenkomplexe. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig KREKO B (1973) Lehrbuch der linearen Optimierung, 6. Aufl. Wissenschaften, Berlin KUHN H W (1955) The Hungarian Method for Assignment Problem. Nav. Res. Log. Quart 2, Nr. 1/Nr. 2 MANTEUFFEL K et al (1977) Betriebs- und Arbeitsgestaltung, Nutzensrechnung, Operationsforschung.Fachbuchverlag, Leipzig MANTEUFFEL K et al (1977) Operationsforschung in BECKERT (1977) SCHMIGALLA H (1970) Methoden zur optimalen Maschinenanordnung. Technik, Berlin
48
Personalbedarfsermittlung
Personalbedarfsermittlung: Teilgebiet der Projektsynthese zur vorausschauenden funktionellen, dimensionellen und strukturellen Bestimmung der erforderlichen Personen für den Betrieb eines definierten Systems und der Gesamtfabrik.
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
DPGA dAK fp
ME/ZE ⋅ VBE VBE/AS, AK/AS –
fQ j kNE MEVergl MQ PZF
– – – ME/VBE Anzahl h/a · Person h/a · VBE h/a · Produktgruppe h/d · Person h/d · Person Personen/BE VBE/BE Schichten/d · AS – –
Produktionsgrundarbeiterbezogener Durchsatz Arbeitskräftedichte (Schichtbeachtung) Personalanteilsfaktor (A – Produktionsmitarbeiter, F – Führungskraft, E – Entwicklungskraft) Qualifizierungsfaktor, Qualifikationsfaktor Laufindex für Personengruppe j = 1(1) m Koeffizient der Normerfüllung Mengeneinheit, VBE-bezogene Mengeneinheit Qualifikationsmerkmale Verfügbarer Personalzeitfonds
teff, a tEinsatz tNutz zP zSch Ü Z,P
48.1
Effektive technologische Zeit (Bearbeitungszeit) Mögliche Personeneinsatzzeit Effektiv nutzbare Personeneinsatzzeit Personalmenge, -anzahl einer Berechnungseinheit Schichtanzahl Überlagerungsgrad von Arbeitstätigkeiten Personeller Zeitnutzungsgrad
Personalbegriff
Personal (etrusk.-lat.): Gesamtheit der Personen als Beschäftigte in einer juristischen Einheit (Fabrik als Unternehmen). Häufig auch als Synonym für Belegschaft, Angestellte oder Mitarbeiter verwendet. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_48, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1167
1168
48 Personalbedarfsermittlung
Die begriffliche Auslegung zum Personal ist breit gestreut und für gleiche Sachverhalte mit unterschiedlichen Benennungen versehen. Zum vereinfachten Verständnis ist folgendes Ordnungsbild für die Projektierung möglich, ohne dass dadurch Einengungen für Produktionsbetriebe entstehen. • Arbeitskraft: Person, die unmittelbar oder mittelbar durch körperliche und geistige Arbeit einen direkten oder indirekten Beitrag zur Erfüllung des Produktionszieles der Fabrik leistet. Eine ordnende Differenzierung ist durch Wirkungsbereiche, Berufsgruppen und Technikeinsatz möglich. Beispiele • Produktionsgrundarbeiter (PGA): Person für die zustandsändernden Verfahren am Produkt ⇒ Zerspanungsfacharbeiter, … • Produktionsmitarbeiter: Person für die Realisierung der unterstützenden Produktionsprozesse, wie beispielsweise Logistik ⇒ Lagerarbeitskräfte, Transportarbeitskräfte, … Erhaltung ⇒ Instandhaltungsarbeitskräfte, … Verwaltung ⇒ Büroarbeitskräfte; Abrechnungsarbeitskräfte, …
• Führungskraft: Person, die das Unternehmensgeschäft oder Teile davon und den Fabrikbetrieb strategisch, technisch und operativ nach außen und innen lenkt und leitet. Eine Gliederung in Wirkungsbereiche ist möglich, eine Zuordnung zu Berufsgruppen nicht in jedem Fall nötig. • Entwicklungskraft: Person, die durch kreatives und gestalterisches Arbeiten auf die Entwicklung des Unternehmensgrundzieles oder des Unternehmens einwirkt. Hierzu gehören die Bereiche Forschung und Entwicklung, Konstruktion, Technologie, Projektierung, Erprobung usw. • Auszubildender: Person, die sich in der Ausbildung eines Berufes mit Abschlussprüfung befindet. Nicht zeitgemäß sind die Begriffe Hilfs-, Produktionshilfsarbeiter, Werker, usw. Die durch Projektierung ermittelten Personen werden zum Personal, wenn sie in einem Beschäftigungsverhältnis mit der Fabrik als Unternehmen stehen.
48.2 Allgemeine Personalbedarfsermittlung Die Personalbedarfsermittlung folgt den Inhalten der Projektsynthese, beispielsweise nach Abb. 48.1. Dabei ist immer zu beachten, dass das Personal ein äußerst flexibles Element der Produktion ist, aber Besonderheiten und eigenen Veränderungen unterliegt.
48.2 Allgemeine Personalbedarfsermittlung
1169
Abb. 48.1 Projektierung der Personalsynthese
48.2.1
Personal – Funktionsbestimmung
Die vom Personal auszuführenden Funktionen sind aus den Prozessen der Produktion abzuleiten und in Tätigkeitsmerkmale für die Dimensionierung umzusetzen. Das verdeutlichen beispielhaft Abb. 48.2 und die bei den Prozessen erläuterten Zusammenhänge (Technologische Prozessfunktion).
Abb. 48.2 Aufgabenbestimmung für die Personenbedarfsermittlung
1170
48 Personalbedarfsermittlung
Aus der Ermittlung der Funktionen sind die personenrelevanten Größen abzuleiten. Dazu gehören u. a.: • Tätigkeitsmerkmale und Tätigkeitsbewertungen, • Anforderungsprofile und Qualifikationsanforderungen, • Arbeitsinhaltsdichte für Einzelpersonen oder Personengruppen.
48.2.2
Personendimensionierung
Die Personendimensionierung entspricht einer funktionell-qualitativen Dimensionierung. Sie ist nicht gleichzusetzen mit einer Personaleinstellung, sondern wirkt als eine Anforderung, Abb. 48.3.
Abb. 48.3 Dimensionierung der Arbeitskraft ( AK ) nach Größe und Art. a Ermittlungsvorgänge zur Bestimmung der Arbeitskraft-Größe. b Ermittlung der Arbeitskraft-Art
48.2.3
Personenstrukturierung
Hierunter ist die Zuordnung der Personenanzahl zu ↑ Arbeitssystemen, Systemen der Produktion oder Fabrikbereichen und die damit verbundenen hierarchiegleichen und hierarchieungleichen Relationen/Beziehungen der Personen in den Systemen und zwischen den Systemen zu verstehen.
48.3 Berechnung der Personenanzahl
48.3
1171
Berechnung der Personenanzahl
48.3.1
Vergleichsmethode
Die Personenbedarfsmengenermittlung erfolgt durch eine Vergleichsberechnung. Als Vergleichsobjekte oder -systeme sind geeignet: • Systeme des eigenen Unternehmens, • Systeme eines anderen Unternehmens, über die Kenntnisse vorliegen, • Erfahrungswerte von Experten (Fabrikprojektanten), die Kenntnisse über vergleichbare Systeme haben. Die Genauigkeit der berechneten Werte hängt vom Vergleichsbezug ab. Berechnungsbasis sind Vergleichswerte, das Ergebnis sind Vollbeschäftigteneinheiten (VBE) oder Personen. zP1 ≈
MESoll · (1 + fE ) MEVergleich · kNE
VBE/System
(48.1.1)
zP2 ≈
MESoll · (1 − fE ) MEVergleich · kNE
VBE/System
(48.1.2)
48.3.2
Summarische Kennzahlenmethode
Die Berechnungsmethode setzt ↑ Kennzahlen und im Regelfall Kenntnisse zum ↑ Durchsatz voraus. Sie ist sehr einfach in der Handhabung sowie für die Bestimmung der Personenanzahl und Berechnungskontrolle sehr gut geeignet. zPGA =
D DPGA
(48.2)
VBE/System
zP = zPGA + (zPGA · fPA ) + (zPGA · fPF ) + (zPGA · fPE )
VBE/System
(48.3) zP = zPGA + (zPGA ·
fp )
VBE/System
(48.4)
Die ursächliche Berechnung erfolgt für die Anzahl der Produktionsgrundarbeiter. Sie ist die Basis für die Berechnung der anderen Personenmengen. Werteangaben müssen für die Produktivität ( DPGA in ME/ZE · PGA) und für die strukturorientierten Kennzahlen ( fP) vorliegen.
1172
48 Personalbedarfsermittlung
48.3.3
Detaillierte Kennzahlenmethode auf Zeitbasis
Die Berechnungsmethode setzt die Kenntnis der ↑ technologischen Zeiten, der ↑ Arbeitsdichte, der Normerfüllung (NE) und der ↑ Zeitfonds detailliert voraus. Die Berechnung erfolgt häufig für Berufsgruppen der Produktionsgrundarbeiter. e
zPGA j =
+ zPGA
PZFj e
zPGA j =
teff ,aij · dAK j
i=1
te i j · dAK j
i=1
PZFj · kNe
zPGA j =
(48.5.1)
VBE/System
+ zPGA
|BMZF − PZF|j · dAK j PZFj
(48.5.2)
VBE/System
(48.6)
VBE/System
Hinweis: 1. |BMZF − PZFBM | ist eine vereinheitlichte Bezugsgröße in h/a 2. Mittlere Arbeitskräftedichte dAK,m dAK,m =
dAK1 · zBM 1 + dAK2 · zBM 2 + . . . + dAK n · zBM n n
zBM j
VBE/System
j=1 n
dAK,m =
(48.7.1)
dAK j · zBM j
j=1 n
VBE/System
(48.7.2)
zBM j
j=1
3. zBM n − Anzahl der BM mit dAk(n) = n · AK/BM
Eine Korrektur der Berechnung ist durch die Mehrstellenbedienung, insbesondere die Mehrmaschinenbedienung MMB (Bezug: Maschinengruppe), erforderlich. Hieraus leitet sich eine Betriebsmitteldichte dBM ( BM/AK), eine Wirksystemdichte dWS (Wirksysteme/AK) oder eine Technikdichte dT (technische Elemente/AK) ab. Beispiel 2 – MB → dAK = 0,50 AK/BM; zBM = 2 BM → dBM = 2 BM/1 AK 4 – MB → dAK = 0,25 AK/BM; zBM = 4 BM → dBM = 4 BM/1 AK oder → dAK = 0,50 AK/BM; zBM = 4 BM → dBM = 4 BM/2 AK (AK-Gruppe)
48.3 Berechnung der Personenanzahl
1173
Diese, für die rechnerische Ermittlung der Produktionsgrundarbeiteranzahl bevorzugt anzuwendende Methode, ist für alle Personengruppen geeignet, sofern detaillierte Zeitkennzahlen vorliegen. Ist das nicht möglich, muss die Ermittlung der übrigen Personengruppen nach Gl. (48.3) oder mit der Stellenplanmethode erfolgen.
48.3.4
Stellenplanmethode
Sind die erläuterten Berechnungsmethoden nicht anwendbar, so kann die Stellenplanmethode sehr hilfreich sein. Grundlage der Methode stellt eine tätigkeitsorientierte Personal-Organisationsstruktur als Stellenplan dar, die verschiedentlich Organigramm genannt wird. Nicht die Organisationsstruktur ist von Bedeutung, sondern die Arbeits- oder Tätigkeitsstelle, die zu besetzen ist, Abb. 48.4 und Gl. (48.8). zP j = dAK j · zSch j
zP =
m
Personen/d · Arbeitssystem
zP j · (1 − ηÜ )
Personen/System
(48.8.1)
(48.8.2)
j
Abb. 48.4 Grundaufbau einer Personal-Organisationsstruktur (Stellenplan)
Diese Methode ist häufig nicht objektiv und erschwert eine genaue Stellenberechnung durch Tätigkeitsüberlagerungen und Teilzeitbeschäftigung.
1174
48 Personalbedarfsermittlung
48.3.5
Schichtabhängige Personenanzahl
In Abhängigkeit von tariflichen Bedingungen (Arbeitszeit, Pausen) und der Tageszeitnutzung werden im Regelfall 1-, 2-, 3- und 4-Schichtregime sowie Sonderschichten bzw. Sonderschichtsysteme (6-Stundentag) unterschieden. Das 4-Schichtregime bezieht die Sonnabende (SA) und Sonntage (SO) als Arbeitstage ein. Dadurch wird der Betriebsmittel- ↑ Zeitfonds groß und erreicht die größte Kalender-ZeitfondsNutzung sowie den größten Personeneinsatz je Betriebsmittel. Tabelle 48.1 enthält eine Übersicht. Tabelle 48.1 Auswirkungen der unterschiedlichen Schichtregime (Orientierungswerte)
48.4
Personennutzung
Eine Personennutzung ist unter drei Aspekten zu empfehlen: die Zeitnutzung, die Qualifikationsnutzung und die Kraftnutzung, Abb. 48.5. • Zeitnutzung (Abb. 48.5)
zP ηZ,P1 = err. ≤ 1 zPgewählt
Abb. 48.5 Darstellung der Zeitnutzungsfälle durch Personen
(48.9.1)
48.5 Hinweise zu den beeinflussenden Faktoren der Personalkosten
1175
ηZ,P2 =
tNutz ≤1 tEinsatz
(48.9.2)
• Qualifikationsnutzung ≡ Potentialnutzung → Qualifikationsfaktor fQ (48.10)
Fall 1: Fall 2: Fall 3:
fQ = 1, Übereinstimmung der geforderten mit der vorhandenen Qualifikation fQ < 1, die Qualifikation ist nicht ausreichend fQ > 1, die Qualifikation entspricht nicht der Arbeitsstellenanforderung.
• Kraftnutzung: Die Kraftnutzung ist in folgende Bereiche zu unterscheiden: • Körperkraftnutzung, • psychische Kraftnutzung, • Intelligenznutzung. Eine Besonderheit der Personennutzung liegt beim Anlauf neuer Fabriken und Fabriksysteme. Der Anlauf folgt mathematischen Gesetzen und führt objektiv zu Steigerungen des ↑ Durchsatzes und zu Zeitsenkungen, Abb. 48.6.
Abb. 48.6 Personennutzung beim Anlauf von Fabriken und Fabriksystemen
48.5
Hinweise zu den beeinflussenden Faktoren der Personalkosten
Nicht das Entgelt, sondern nur die personalkostenbeeinflussenden Faktoren sind bei der Projektierung von Fabriken und Fabriksystemen und insbesondere bei der Projektierung von Systemen des Fabrikbetriebes von beachtenswertem Interesse. Da sich die Personalaufwendungen sehr deutlich von den Betriebsmittelaufwendungen unterscheiden, sollen die Faktoren hierzu für die Arbeitskräfte genannt werden, Abb. 48.7.
1176
48 Personalbedarfsermittlung
Abb. 48.7 Personalbeeinflussende Faktoren
Die realen oder geschätzten Personalkosten sind Inhalt der wirtschaftlichen Investitionsfinanzierung und der Unternehmenskonzeption. Hieraus ergibt sich ein Schwerpunkt der Fabrikplanung.
• Die Personenbedarfsermittlung erfolgt im Rahmen der Projektierung zyklisch und für männliche und weibliche Personen getrennt. Sie muss genau sein, da die Personenmenge die Bezugsgröße für die Flächen- und Raumberechnungen ist. Außerdem interessiert den Auftraggeber bereits in einem frühen Stadium der Projektierung die Personenmenge, Beispiele in Tabelle 48.1 und 48.2.
48.5 Hinweise zu den beeinflussenden Faktoren der Personalkosten
1177
Tabelle 48.2 Personenbedarfsermittlung (Beispiel: Vorprojekt; N – Normalschicht)
• Die Ermittlung der Gesamtpersonenmenge eines Vorhabens wird zweckmäßiger Weise tabellarisch durchgeführt, Tabelle 48.2. Sie muss alle Angaben zur Menge, Gliederung und Projektierungsbasis enthalten. • Der Projektant muss beachten, dass die Personenanzahl mit den Kostenfolgen Bestandteil der Unternehmenskonzeption wird, die durch die Fabrikplanung oder vom Fabrikbetreiber zu erarbeiten ist. Eine Fehlberechnung kann zur Ablehnung oder – etwas später – zur Unwirtschaftlichkeit des Vorhabens führen. • Die zeitliche Nutzung Z,P von Personen wird durch Tätigkeitszuordnungen, Mehrstellenarbeit und Einstellungen aus wirtschaftlichen Gründen mit dem Ziel Z,P = 1 angestrebt. Für die, von den Personen abhängigen Projektierungen (Flächen, Wege, …) sind höhere Personenanzahlen anzunehmen. Es ist die Fabrikentwicklung insgesamt zu berücksichtigen. • ↑ Arbeitsdichte, ↑ Personenfluss, ↑ technologische Zeiten, ↑ Zeitfonds.
49
Personenfluss
Personenf luss: Gesamtheit der einzelnen oder gruppierten, ein- oder mehrmaligen Personenbewegungen über die Relationen der Fabrik, um eine wirksame Fabrikarbeit oder eine sanitäre und soziale Bedürfnisbefriedigung der Personen in der Fabrik zu sichern.
49.1
Personenfluss-Projektierungsprogramm
Der Personenfluss ist ein Materialfluss, der nur unter Berücksichtigung personeller Besonderheiten sowie der Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften richtig projektiert werden kann. Da ein Großteil der ↑ Schutzgüte personeller Art, der Personenfluss technologischer Art und die Person individueller Art sind, entstehen gegenüber anderen Flusssystemen Abweichungen, die durch die Projektierung weitgehend beachtet und geordnet werden müssen. Abbildung 49.1 enthält in einfacher
Abb. 49.1 Personenbesonderheiten K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_49, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1179
1180
49 Personenfluss
Abb. 49.2 Zusammenhang von Personengruppen und Personenflussarten Tabelle 49.1 Ausgewählte Merkmale des Personenfluss-Programms
Form das Besondere und Abb. 49.2 die Personengruppen und Personenflussarten. Tabelle 49.1 zeigt eine Übersicht zum Personenfluss- ↑ Projektierungsprogramm und Abb. 49.3 charakterisiert den Tages-Leistungsverlauf einer arbeitenden Person.
49.2
Hinweise zur Personenflussprojektierung
Die Projektierung des Personenflusses kann auf die Personengehwege, Personengehkanäle, Personentüren und auf die Barrierefreiheit sowie auf die Personenverkehrswege der ↑ Fabrikverkehrssysteme eingeengt werden. Es wird mit der
49.2 Hinweise zur Personenflussprojektierung
1181
Abb. 49.3 Idealisierte Tagesleistungs-Fehler-Kurve einer arbeitenden Person
Doppelaufgabe Personenwegermittlung und -wegartbestimmung im Rahmen einer Funktionsbestimmung begonnen.
49.2.1
Personenwegarten
In Abb. 49.4 werden die Personenwegarten übersichtlich dargestellt. • Bedienwege sind Bestandteil der Arbeitsplatzfläche von Arbeitssystemen und dort zu projektieren (↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung, ↑ Arbeitsraum). • Durchgangswege sind Personenwege mit seitlicher oder/und oberer Begrenzung in teiloffener oder geschlossener Form. Hierzu gehören auch die Türen, Tunnel usw. Die lichte Mindesthöhe beträgt h = 2,00 m, bei längeren Durchgängen
Abb. 49.4 Personenwegübersicht
1182
49 Personenfluss
Tabelle 49.2 Personenwegdimensionen (ASR – Arbeitsstättenrichtlinie)
sollte h ≥ 2,20 m gewählt werden. Die lichte Breite ist in Abhängigkeit von der Personenanzahl zP immer größer als die staatliche Vorgabe (ASR) auszulegen, Tabelle 49.2. Die Personenweglängen, -breiten und -flächen müssen gesamtfabriklich durchgehend projektiert werden. • Verbindungswege: Personengehweg zwischen zwei Raumorten mit einer oder zwei Richtungen. Diese Wegart ist aus den Raumbeziehungen (VON-NACH) abzuleiten und nach Maßgabe in geradliniger Form anzuordnen. Da nicht jede VON-NACH-Beziehung einen eigenen Weg, sondern nur einen eigenen Zugangsweg erforderlich macht, sind Kombinationen aus Verteil- und Sammelweg und Zugangsweg zu suchen, Abb. 49.5.
Abb. 49.5 Personenweganordnungsvarianten (Wegabmessungen nach Tabelle 49.2; Optimierung nach Personenwegflächen). a Längsanordnung der Bezugsraumorte. b Queranordnung der Bezugsraumorte
• Zugangswege: Diese Wegeart ist für die Fabrik kurz auszuführen, da sie 1. nur zu bestimmten Tageszeiten, besonders zum Arbeitsbeginn, -ende und zum Schichtwechsel beansprucht wird, aber durch die höhere Personenanzahl relativ groß auszulegen ist;
49.2 Hinweise zur Personenflussprojektierung
1183
2. nur für Einzelpersonen zutreffen kann (Büro-, Archivzugang); 3. für Fahrzeugparksysteme, Betriebsveranstaltungen (Familien, Gäste) auch zutreffend sind. Zweckmäßiger Weise sollten hierfür Regelungen (Ausnahmen) angestrebt werden (z. B. Betriebsruhe und Transportwegnutzung). • Treppenwege: In der Produktion sollte jede Art von Treppenwegen vermieden werden, außer bei Maschinenaufstellebenen, Bühnen- und Galerieeinbauten, da hier die Flussdichte relativ gering ist. Als unzulässige Projektierungen gelten: 1. Abweichungen von der Schrittmaßformel (Schrittmaß S = 630 … 650 mm), Abb. 49.6. 2. Treppen ohne Handlauf (bei mehr als 10 Stufen je Treppe) und Podest 3. Podest ohne Stauraumbeachtung 4. Treppenwege gehen mit zweifacher Länge in die Fluchtwegberechnung ein.
Abb. 49.6 Treppenwegverhältnisse. a Treppensteigung. b Treppenbreite
• Fluchtwege: Flucht- und Rettungswege werden gemeinsam betrachtet. Sie sind nur gesondert zu bemessen, wenn sie bei den anderen Wegarten nicht berücksichtigt wurden. Ihre Besonderheit liegt im Folgenden: 1. Direkte Wegführung in freie Außenbereiche 2. Begrenzte Fluchtweglänge ( 1.000 m2) angenommen werden. Haupteinflüsse sind die Ein- und Ausgangsbereitstellung und die Transportbahnhofsfunktion TBHF.
1202
50 Produktflusssystemfläche
Abb. 50.14 Schnittstellenfunktionen der Übergabesysteme 2 (vereinfacht)
50.4
Produktfluss-Bewegungs- und Transportfläche
Die Fabrik und die Systeme der Fabrik benötigen für die Aufgaben- und Prozessrealisierungen raumbildende Flächen für die Materialbewegung in und zwischen den Systemen. Diese als Transportflächen bezeichneten Bewegungsflächen sind aufgabenabhängig zu projektieren und können entsprechend ihrer Bedeutung gruppiert werden, Tabelle 50.3.
50.4.1
Systembedienwege
↑ Arbeitssysteme haben keine ausgeprägten Bedienwege, sondern eine Arbeitsfläche mit Bedienflächenanteil als Bewegungsfläche, ↑ Arbeitsplatzflächendimensionierung. Technologische Fabriksysteme benötigen Produktflusswege für die Teilsystemverbindungsrealisierung (Speicher → AS, AS → AS, AS → Speicher, Systemeingang-AS, usw.). Diese Produktflusswege müssen unterschiedliche Fälle beachten: Fall 1: Fall 2: Fall 3: Fall 4:
Nur-Produktflussrealisierende Verbindungs- und Bedienwege als Speicherbedienwege (Abb. 50.5, Tabelle 50.1, Abb. 50.6, Tabelle 50.2, Abb. 50.9; Wegkategorie 0) Arbeitssystemintegrierte Produktflusswege (Abb. 50.12 und 50.13) ohne Wegkennzeichnung (Wegkategorie 0) Produktflusswege für die Arbeitssystemverflechtung, Tabelle 50.2 und Abb. 50.15, mit Wegkennzeichnung (Wegkategorie 1) Materialflusswege zur Realisierung mehrerer Materialflussarten (Tabelle 50.3) und Besonderheiten (z. B. Maschinenumstellung, Havarie, Rettung) mit jeweils gesonderter Kennzeichnung (Wegkategorie 2)
50.4 Produktfluss-Bewegungs- und Transportfläche
1203
Tabelle 50.3 Aufgabencharakterisierung von Bewegungsflächen und Wegen
50.4.2
Systemumlauftransportwege
Systemumlaufwege (Wegkatagorie 2) dienen weniger zur Produktflussrealisierung als vielmehr der allseitigen Zugänglichkeit zu den Arbeitssystemen (Betriebsmittel, Personen, Maschinenumstellung) sowie für Havarielösungen, Abb. 50.16.
1204
50 Produktflusssystemfläche
Abb. 50.15 Arten von Systembedienwegen für den Produktfluss (Wegkategorien). a Transportweg als Produktflussweg mit Verteil- und Sammelfunktion. b Transportweg als Produktflussweg mit Übergabe-, Verteil- und Sammelfunktion
Abb. 50.16 Ausgewählte Beispiele für Systemumlaufwege
50.4.3
Produktfluss-Transportwegarten und Transportwegberechnung
Die Transportwegberechnung ist – Ausnahme Personenweg – nicht auf die Materialflussart, sondern auf die zu bewegenden Gegenstände und auf die Flussrichtungen orientiert. 1. Ein-Richtungstransport, Abb. 50.17
Abb. 50.17 Maßliche Verhältnisse beim Einrichtungstransport
50.4 Produktfluss-Bewegungs- und Transportfläche
1205
2. Begegnungstransport oder Zwei-Richtungstransport, Abb. 50.18
Abb. 50.18 Maßliche Verhältnisse beim Begegnungstransport (ungünstig für Umlaufwege)
3. Transportweg für Kurvenfahrt Transportwege mit Krümmungen oder Kurven benötigen größere Flächen als gerade Transportwege oder Winkelgangwege (Abb. 50.8), Abb. 50.19.
Abb. 50.19 Transportwegbreite bei Kurvenfahrt
4. Transportwege in Zu- und Abfahrtbereichen von baulichen Elementen Transportwege bei baulichen Festpunkten (Wand, Stütze) oder Durchbrüchen (Tor) erfordern in diesen Bereichen einen weiteren Randsicherheitsbereich mit Anfahrschutz in Fahrtrichtung, Abb. 50.20.
Abb. 50.20 Maßliche Verhältnisse bei Durchfahrttransportwegen
1206
50 Produktflusssystemfläche
5. Transportweganbindungen Für bestimmte fabrikliche Verhältnisse und Bedingungen sind Transportfahrrouten, beispielsweise im Fahrplantransport, von Bedeutung. In diesen Fällen sind sogenannte Transportbahnhöfe als Umschlagsysteme (Übergabesysteme 2) notwendig. Solche Umschlagsysteme werden der Transportfläche, nicht der Transportwegfläche, zugerechnet und besitzen sogenannte anteilige Transportwege, Abb. 50.21. Die Berechnung erfolgt analog der Abb. 50.17 bis 20.
Abb. 50.21 Prinzipe von Anbindungstransportwegen
6. Transportwegführung und Transportwegflächenberechnung Transportwege dienen der Bewegung und dürfen nicht mit anderen, als in der Tabelle 50.3 genannten Flächen, insbesondere nicht mit flächenbelegenden Elementen, überlagert werden. Darüber hinaus sind zu beachten: • Geradführung der Transportwege, • wenig Kurven, Durchfahrten, Krümmungen, Wendungen usw., • eindeutige Kennzeichnung (Randkennzeichnung und Richtungskennzeichnung), • deutliche Unterscheidung von Bedien-, Umlauf- und Haupttransportweg, • bevorzugter Ein-Richtungstransportweg bei Bedien- und Umlauftransportwegen, • Vermeidung von baulichen Behinderungen (Durchfahrten, Tore, Stützen, usw.) Die Berechnung der Transportwegfläche ist nach Gl. (50.10) möglich. ATW = ATW gerade + ATW ungerade + ATW,Zu
m2
(50.10.1)
ATW gerade – Gerader Transportweg ATW ungerade – Vom Geradtransportweg abweichende Fläche (Kurve, Krümmungen) ATW,Zu – Zusatztransportwegfläche (Durchfahrten) ATW gerade = bTW · lTW
m2
(50.10.2)
50.4 Produktfluss-Bewegungs- und Transportfläche
50.4.4
1207
Transportfläche durch Überflurtransport
Überflurtransporte (Überflurförderungen) haben nur wenige Vorteile (Flächenüberlagerung, Beladung von oben). Zu den Nachteilen, die zur Forderung von Transportflächen führen, gehören, Abb. 50.22: • Zugangs- und Abgangsflächen für Senkrechttransporte (Förderung durch Aufzüge, ATW,Zu) • Anschlagflächen für die Ladungsaufnahme und -sicherung, ALast, • Flurtransportzusatzwege für die Überflurbedienung ATW,Zu2, • Verlustflächen durch Bedienwegeinengungen (Randfläche, Kran) AVerlust. AT,Ü = ATW ,Zu + ALast + AVerlust
m2
(50.11)
Abb. 50.22 Transportflächen durch Überflurtransport. a Transportfläche durch Zugangs-wege ( ATW,Zu). b Anschlagfläche (Lastsicherung) ( ALast). c Verlustflächen durch Überflurtransport (Krane) (AVerlust ≡ Afrei)
50.4.5
Transportzusatzfläche AT,Zu
Transportzusatzflächen AT,Zu ergeben sich aus den Anforderungen 3 bis 9 der Tabelle 50.3 hinsichtlich des Produktflussbezuges, beispielsweise durch Zufahrten, Abfahrten für Haveriebedingungen. Einzelheiten enthalten die nachfolgenden Abschnitte.
50.4.6
Gesamtproduktfluss-Bewegungs- und Transportflächen
Jedes Teilsystem des Produktflusses benötigt eine Fläche für die flächenbelegenden Elemente und zu deren Bedienung die Bewegungsflächen. Bewegungsflächen, zu denen die Transportflächen gehören, dürfen nicht mit flächenbelegenden Elementen beansprucht werden. Das trifft sowohl für fest angeordnete als auch für beweglich
1208
50 Produktflusssystemfläche
angeordnete Elemente (Paletten, Betriebsmittel) zu. Die Möglichkeit der Flächenüberlagerung Ü,B ist nur bei den Bewegungsflächen gleicher oder ähnlicher Art bei gleicher Nutzung eines technischen Bewegungsmittels (Bediengerät oder Stapler) möglich. Es ergeben sich folgende Flächenverhältnisse: • Flächenüberlagerung durch Projektierung ηÜ,B = 1 −
APF,B Layout n
j=1
ηÜ,B
(50.12.1)
oder
(APF,B errechnet )j
APF,Büberlagert =1− APF,B Layout
0 ≤ ηU¨ ,B ≤ 1
(50.12.2)
Ist Ü,B > 1, so wurden die Größen der Flächenanteile j falsch oder fehlerhaft vorausbestimmt. • Bewegungsflächenanteil durch Transportflächen des Produktflusssystems APF,TB = (ATW + AT ,Ü + AT , Zu )err · (1 − ηÜ,T )
m2/System
(50.13.1)
APF,TB – Effektiv notwendige Transportfläche des Produktflusses ATW – Transportwegfläche AT,Ü – Transport-Überflur-Fläche AT,Zu – Transportzusatzfläche Ü,T – Transportflächenüberlagerungsgrad • Gesamte Bewegungsfläche des Produktflusssystems APF,B1 = (APF,SPB + APF,ÜB + APF,TB )projektiert
m2/System
(50.13.2)
APF,B1 – Effektive Gesamtbewegungsfläche = projektierte Gesamtbewegungsfläche APF,SPB – Effektiv notwendige Speicherungsbewegungsfläche APF,ÜB – Effektiv notwendige Übergabebewegungsfläche APF,TB – Effecktiv notwendige Transportfläche (Gl. 50.13.1) APF,B2 = (APF,SPB + APF,ÜB + APF,TB )err · (1 − ηÜ,B1 )
(50.13.3)
m /System 2
• Gesamte Bewegungsfläche des Produktflusssystems eines technologischen Fabriksystems unter Einbeziehung der Bewegungsflächen von Arbeitssystemen ⎡ ⎛ ⎞⎤ m APF,B3 = ⎣APF,B + ⎝ AAP,B j ⎠⎦ · (1 − ηÜ,B2 ) m2/System (50.13.4) j=1
• Gesamte auf die Fabriksystemfläche APF,FSB zu beziehende Fabrikbewegungsfläche APF,FB als Projektierungskennzahl
50.5 Produktfluss-Betriebsmittelfläche
fA,B =
APF,FB APF,FSB
1209
m2/m2
(50.14)
• Die Kommissionierung kann ein weiteres Teilsystem des Produktionsflusses sein. Günstig ist eine Einordnung als Arbeitssystem. • Die Verpackung kann in Analogie zur Kommissionierung behandelt werden. • Kommissionierung und Verpackung besitzen mehrere Produktflusssysteme. Eine Integration in das technologische Fabriksystem ist im Bereich (in der Nähe) des Übergabesystems 2 (Systemein- und -ausgang) günstig, Abb. 50.14.
50.5
Produktfluss-Betriebsmittelfläche
Betriebsmittelflächen des Produktflusses sind Flächen für die vorübergehende Bewegungsruhe. Mit dieser häufig vergessenen Fläche werden berücksichtigt: • das Abstellen der Bewegungsmittel (Stapler, Anhänger, Schlepper, usw.) außerhalb der Bewegungs- oder Transportwege, AAb,BM, • das geordnete Ablegen (Speichern, Lagern, Bereitlegen) von Zusatzgeräten und Zubehör (Anbaugeräte, Lastaufnahmemittel: Traversen, Seile, Ketten, Gurte, …) ALAM, • die Zugänglichkeit zu den abgestellten oder abgelegten Betriebsmitteln als Bewegungsfläche, AT,BM, • die Aufstellfläche bei ortsfesten Betriebsmitteln (Aufzüge), AG,BM, • notwendige Konstruktions- und Sicherheitsflächen AKo,BM, ASi,BM. APF,BM = AAb,BM + ALAM + AT ,BM + AG,BM + AKo,BM + ASi,BM
(50.15.1)
m /System 2
APF,BM j = (ABM ,Belegung + ABM ,Bewegung + AKo,BM + ASi,BM )j
(50.15.2)
m /Element 2
• Zu den Betriebsmittel-Abstellflächen gehören auch die „Endstell“-Flächen von überflurgeführten Bewegungsmitteln, z. B. Krane. • Auch wenn eine Zentralisierung dieser Flächen – nur in Teilen möglich – in der Fabrik erfolgt, müssen diese trotzdem systembezogen ermittelt und beachtet werden.
1210
50.6
50 Produktflusssystemfläche
Produktfluss-Erhaltungsfläche
Die Elemente des Produktflusssystems unterliegen den Bedingungen der ↑ Instandhaltung, des Schutzes und der Sicherheit. Es sind sowohl für die ortsgebundenen als auch für die ortsmobilen technischen Systemelemente Erhaltungsflächen vorzusehen. Dazu gehören: • die Wartung (Pflege): technische Dienste (Betriebs- und Verkehrssicherheit), Batterieladen, Füllstandsausgleich, Reinigungsplätze usw., • die Inspektion (Technische Diagnose): Hauptuntersuchungen, Prüfungen (einschließlich Prüfmassenlagerung), Revisionen, • Instandsetzungen: Teiletausch, Baugruppentausch, Systemelementetausch, • Verbesserungen: Systemelementemodernisierung, -erweiterung. • Schutzeinrichtungen (Anfahrschutz, Stopper, Rammbock, …), • Sicherheitseinrichtungen (Verschluss, Zugangserweiterung, …). Zu den Erhaltungsflächen gehören auch, sofern nicht zentral ausgeführt: • Ersatzteillagerungsflächen (besonders Verschleißbauteile, häufig auch gebrauchte Altteile), • Flächen für die Systemelementeumstellung, • Prüfflächen (Hebezeugprüfung, Vermessung).
• Erhaltungsflächen, Abb. 50.5, sind systemelementegebunden, systemgebunden oder fabrikzentral zu betrachten. • Erhaltungsflächen können bis zum auftretenden Instandhaltungsfall mit anderen Flächen, beispielsweise der Betriebsmittelfläche, überlagert werden.
50.7
Produktfluss- Versorgungsfläche
Dieser Flächenanteil enthält zu realisierende Aufgaben des Produktflusses für den Systembetrieb. Dazu gehören: • Elektroenergieversorgung (Hauptverteilung, Kabel, Steckdosen, Anschlüsse, …), • Betriebsstoffversorgung (Tankanlagen für Kraftstoffe, Öle, Fette, Säuren, …), • Betriebsmittelversorgung (ausgewählte Vorrichtungen, Werkzeuge, Prüf- und Messmittel, Leerpaletten, Leerbehälter, Zurrgurte, Matten, …), • Informationsversorgung (Beachte Systembetreibung). Der Flächenanteil ist gering und kann nur für Ausnahmen zentralisiert werden.
50.10 Produktfluss-Betreibungsfläche
50.8
1211
Produktfluss-Entsorgungsfläche
Die Produktfluss-Entsorgungsfläche ist eine häufig vergessene und nicht flussgerecht projektierte Fläche. Sie ist systembezogen zu berücksichtigen (↑ Abführungsmaterial, ↑ Feststoffentsorgung): • AB-Produktentsorgung (Späne, Reststücke Zunder, Abgrat), • Abfallentsorgung (sortenreine Verpackungsabfälle), • Altteileentsorgung (Schrottteile, defekte Transporthilfsmittel). Die Produktfluss-Entsorgung hat überwiegend • eine oder mehrere Speicherungsflächen und • Bewegungsflächen, die entsprechend der Abschnitte 50.3 bis 50.6 projektiert werden.
50.9
Produktfluss-Zusatzflächen
Zusatzflächen sind notwendige Flächen für • Systemerweiterungen (Systemausdehnung in der Länge oder Breite), • Systembesonderheiten (Kennzeichnungen, Waagen, Autokraneinsatz, Mehrhebezeugeinsatz, Prüfräume usw.). Diese bei der Systemprojektierung zu berücksichtigende Fläche kann bis zum Anwendungsfall für andere – vorübergehende – Aufgaben genutzt werden. Als eine praktische Unsitte muss die Nutzung dieser Fläche für Lagerungszwecke angesehen werden.
50.10
Produktfluss-Betreibungsfläche
Sofern nicht systemelementeintegriert ausgeführt, sind zu beachten: • Flächen für technische Steuerungen (Schaltschränke, Steuerungsanlagen, …), • Flächen für organisatorische Steuerungen (PPS, Stapler-Informationssysteme, Speicherverwaltungssysteme, …), • Flächen für die Lenkung, Leitung und Kontrolle (Büroräume), • Flächen für Personenwege, einschließlich Fluchtwege. Die Personenweglängen, -breiten und -flächen müssen gesamtfabriklich durchgehend projektiert werden (↑ Personenfluss).
1212
50.11
50 Produktflusssystemfläche
Freie Produktflussfläche
Die freie Produktflussfläche ist eine bei der Projektierung zu berücksichtigende Fläche, die sich aus geometrischen Verhältnissen der einzelnen Flächenanteile und Flächenelemente ergibt, Abb. 50.5. Dieser Flächenanteil ist zu minimieren und deshalb gesondert zu behandeln. Wird sie nicht bewusst genutzt, entstehen im praktischen Betrieb Lager.
50.12
Produktfluss-Gesamtfläche und Flächenkennzahlen
Ein technologisches Fabriksystem ist durch die Gesamtarbeitssystemfläche und durch die Produktfluss-Gesamtfläche flächenseitig geprägt. Insbesondere durch ungünstige Dimensionierungen der Bewegungsflächen können Überdimensionierungen entstehen. Es empfehlen sich deshalb Flächenintegrationsprüfungen:
• Speicherungsfläche und Belegungsfläche
ASP ⇒ Min! • Bewegungsfläche AB ⇒ Min! Für eine Kontrollrechnung zur Erreichung der Zielfunktionen sind Kennzahlenbildungen nach Tabelle 50.4 günstig. Tabelle 50.4 Flächenkennzahlenbildung (Beispiele)
Die ermittelten Flächenkennzahlen dienen zur Variantenbewertung, zum Vergleich mit anderen Systemen, zur Projektgütebewertung (auch indirekt zur Pro-
50.12 Produktfluss-Gesamtfläche und Flächenkennzahlen
1213
jektantenbewertung) und als Projektierungskennzahlen für andere Projekte. Das schließt die Verwendung als Planungskennzahlen nicht aus.
• Systemkooperationen, Fabrikkooperationen, Fabrikeingangs-, -zwischen- und -ausgangslager führen zu weiteren Bewegungsflächen durch die Transportflussverflechtungen in der Fabrik. • ↑ Arbeitssystemflächendimensionierung, ↑ Fabriklagersystem, ↑ Fabrikverkehrssystem, ↑ Fertigungsform, ↑ Personalfluss, ↑ Produktflusssystemraum, ↑ Speicherdimensionierung.
51
Produktflusssystemraum
Produktflusssystemraum: Gesamtheit von Belegungs- und Bewegungsraum der Teilsysteme eines Produktflusssystems und Teilraum von technologischen Fabriksystemen. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
b, B B Bh h, H j l, L si
m – – m – m m
VAS VFS VPF VR
m³/AS m³/System m³/System m³/BO
R
–
Breite (G – Gegenstand, E – Element, L – Lichtraum) Bewegung Behaglichkeit Höhe (G – Gegenstand, E – Element, L – Lichtraum) Laufindex für die Randzone Länge (G – Gegenstand, E – Element, L – Lichtraum) Sicherheitsabstandsmaß (fr – freibleibend, B – in der Breite, L – in der Länge, H – in der Höhe) Arbeitssystemraum, (↑ Arbeitsraum) Fabriksystemraum Produktflusssystemraum Raumvolumen (H – Hüll-, Si – Sicherheits-, Ko – Konstruktions-, Sy – System gesamt-, G – Gegenstandsbelegungs-, eff – aktiv genutzter, B – Bewegungs-, E – Elemente-, R – Rand-) Raumnutzungsgrad
51.1
Teilsystemräume
Es gilt der Grundsatz: Wo eine Grundfläche oder Fläche ist, da ist auch ein Raum erforderlich, und wo ein Raum ist, kann gleichzeitig kein anderer Raum mit anderen Funktionsinhalten sein. Die Räume der Fabrik und der Fabriksysteme werden in Abhängigkeit von den Flächenanteilen des Systems bestimmt. Zur räumlichen Projektierung gehören • die räumliche Anordnungsprojektierung, • die Flächenprojektierung und • die Raumprojektierung. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_51, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1215
1216
51 Produktflusssystemraum
Es ist der Zusammenhang von Technik, Raum und Zeit zu beachten. Zur Durchführung der Raumprojektierung von Produktflusssystemen – sowie für alle Systeme – müssen bekannt sein: • die funktionell bestimmten und dimensionierten Produktflussteilsysteme, • die Entwürfe oder Vorstellungen zur technischen und räumlichen Systemstruktur, • die vorausbestimmten ↑ Produktflusssystemflächen. Die Kennzeichnung der Systemräume erfolgt in Anlehnung an die Systemflächen, Abb. 51.1.
Abb. 51.1 Raumarten und Raumbeeinflussung durch technische Integration
51.2
Raumarten
Systemräume sind in die unterscheidbaren Grundräume Belegungsraum und Bewegungsraum zu gliedern, Abb. 51.2, und projektierungsgerecht zu differenzieren.
51.2.1
System-Belegungsraumarten
Belegungsräume sind nachweislich zu projektieren. Das erfolgt systematisch durch die funktionelle Bestimmung, Dimensionierung, Strukturierung und Gestaltung der zu beachtenden Raumarten, Abb. 51.2. • System-Hüllraum: Gesamtsystemraum, der sich aus den maximalen Abmessungen der Systemkonstruktion (Bezug 1) oder der Systembewegung (Bezug 2)
51.2 Raumarten
1217
Abb. 51.2 Systemraumarten
zuzüglich der Sicherheitsabstandsmaße in der Längen-, Breiten- und Höhenausdehnung ergibt, Gl. (51.1). VR,Hüll = (LBezug + siL ) · (BBezug + siB ) · (HBezug + siH )
m3/System (51.1)
• System-Belegungsraum: Notwendiger Systemraum zum Aufstellen, Anordnen, Befestigen oder Belegen durch statische, sich nicht selbst bewegende Systemelemente, Produkte oder Gegenstände, die behinderungsfrei ein- oder mehrmalig bewegt oder bedient werden müssen. • Elemente-Belegungsgrundraum: Ein durch statische Elemente geforderter Raum (Elementeraum), der nicht weiter untergliedert werden kann, Abb. 51.3. • Potentieller Belegungsraum: Verfügbarer Raum, der von Elementen ohne Behinderungen aktiv oder passiv belegt werden kann, Abb. 51.4. • Bewegungs-Belegungsraum: Für die behinderungsfreie Durchführung von Bewegungen am oder für ein statisches Element notwendiger und der Gegenstandsbelegung zuzurechnender Raum. Zu unterscheiden sind: • Bewegungen für das einmalige oder mehrmalige Aufstellen oder Anordnen von statischen Elementen, z. B. Maschinen,
1218
51 Produktflusssystemraum
Abb. 51.3 Beispiele für unterschiedliche Elemente-Grundräume
Abb. 51.4 Zusammenhang von Belegungsraum VR,G und Systembelegungsraum VR, Sy
• Bewegungen für das mehrmalige Abstellen oder Ablegen von Flussgegenständen, z. B. Lagerung oder Speicherung von Stückgütern. • Sicherheitsraum: Notwendiger Belegungsraum, der einen Schutz vor Kollisionen gewährleisten soll, Abb. 51.5. • Konstruktionsraum: Raum, der durch überwiegend statische Betriebsmittelkonstruktionen entsteht, Abb. 51.5. Statische Konstruktionen sind Stützen, Riegel, Wände, Decken und Fußböden. Der Konstruktionsraum entspricht im Regelfall einem Konstruktionshülloder -ersatzraum. Konstruktionsbedingte Hohlräume werden nur in Ausnahmefällen beachtet.
• Konstruktionsräume entstehen grundsätzlich bei Einhausungen und Gestellkonstruktionen, wie Regale oder Lagergestelle. Überproportional raumbildend
51.2 Raumarten
1219
Abb. 51.5 Beispiele für Konstruktions- und Sicherheitsräume. a Regalkonstruktion. b Z-Regal (belegt und leer). c Fabrikgebäude mit Einhausungskonstruktion (↑ Arbeitsraum, ungünstiges Praxisbeispiel)
sind so genannte Doppelkonstruktionen (Raum in Raum), die, sofern möglich, zu vermeiden sind. • Konstruktionen erfordern Sicherheitsräume, die das Raumnutzungspotential einengen. Ohne deutliche Höhennutzungen entstehen nur geringe potentielle Belegungsräume.
51.2.2
System-Bewegungsraumarten
Jede Bewegung mit technischen Mitteln erfordert einen Bewegungsraum und zusätzlich mindestens Sicherheitsräume zur Kollisionsvermeidung. Die Projektierung der Bewegungsräume muss sorgfältig und nachweisbar erfolgen. Es sind zu beachten: • System-Bewegungsraum: Notwendiger Systemgesamtraum zum behinderungsfreien Betreiben durch Bedienung, Orts- und Lageveränderung von statischen Gegenständen (Maschinen, Transporteinheiten) mit technischen Elementen, Abb. 51.2 • Elemente-Bewegungsraum: Von technischen Elementen zur Durchführung von Bewegungen geforderter Raum, der nicht durch Gegenstände belegt werden darf, Abb. 51.6 und 51.7.
Abb. 51.6 Elemente-Bewegungsraum bei Bekranungen
1220
51 Produktflusssystemraum
Abb. 51.7 Lichtraum und Elemente-Hüllbewegungsraum
Es werden drei Arten von Elemente-Bewegungsräumen unterschieden: 1. Effektiver Elemente-Bewegungsraum: Gesamtraum, der nur bei Bewegung des technischen Elementes durch Verdrängung entsteht. 2. Elemente-Hüllbewegungsraum: Gesamtraum, der durch die Bewegung des technischen Elementes unter Beachtung von Sicherheitsabstandsmaßen entsteht und häufig als Lichtraum (lichter Raum) bezeichnet wird, Abb. 51.7. 3. Freier Elemente-Bewegungsraum: Gesamtraum, der durch Vorschriften zur Elementebewegung entsteht, frei bleiben muss und nicht durch andere Bewegungs- oder Belegungsräume genutzt werden kann. • Konstruktionsraum: Notwendiger Tragsystemraum zur Aufnahme der Traglasten und zur Führung von technischen Bewegungsmitteln, Abb. 51.8. Es sind zu unterscheiden: 1. Der effektive Konstruktionsraum, der durch die Trag- und Führungskonstruktion entsteht. 2. Der freie Raum, der durch die Trag- und Führungskonstruktion keine direkte Bewegungsnutzung ermöglicht.
Abb. 51.8 Konstruktionsraum, freier Bewegungsraum und aktuell notwendiger Bewegungsraum
51.2 Raumarten
1221
• Erhaltungsraum: Zur Durchführung von Instandhaltungen, Revisionen und Prüfungen notwendiger Raum. Hierzu gehören u. a. die Räume für Wartungspodeste. Eine Nutzung anderer Räume für Erhaltungsmaßnahmen ist möglich, sofern die Zugänglichkeit gesichert wird. • Sicherheitsraum: Objektiv frei bleibender Raum zur Vermeidung von Berührungen, Kollisionen oder Unfällen durch Bewegungen mit Elementen oder Gegenständen. Es werden unterschieden, Abb. 51.9: • Rand-Sicherheitsraum für Konstruktionen, • Rand-Sicherheitsraum durch Bewegungen. Die Rand-Sicherheitsräume VSi,R ergeben sich durch Sicherheits-Flächen in den Randlagen: • • • • •
vorderer Rand-Sicherheitsflächenraum bei Konstruktionen, hinterer Rand-Sicherheitsflächenraum bei Konstruktionen, seitlicher Rand-Sicherheitsflächenraum, oberer Rand-Sicherheitsflächenraum, unterer Rand-Sicherheitsflächenraum.
Abb. 51.9 Rand-Sicherheitsraumflächen. a Grundrissdarstellung. b Aufrissdarstellung
• Sicherheitsabstandsmaß: Abstandsmaß, das erforderlich ist, um Behinderungen, Berührungen, Kollisionen oder Unfälle zu vermeiden. si = n · MSi
m
(51.2)
n – Anzahl: n = 1 bei Konstruktionen (allgemein), n ≥ 2 bei manuell bedienten Geräten (Stapler, Fahrzeuge, ...), n = 0,5 bei Konstruktionen mit kurzen Wegen und geringen Geschwindigkeiten (Regalbediengerät). MSi – Sicherheitsmodulmaß: MSi1 = 100 mm bei konstruktionen MSi2 = 150 mm ohne konstruktionen
1222
51.3
51 Produktflusssystemraum
Geometrische Raumbildung durch Gegenstandsbewegungen
Gegenstände mit Bewegungen erzeugen geometrische Räume, die zu projektieren sind. Die Unterscheidungen liegen in der ortsfesten Anordnung und in der weggeführten Gegenstandsbewegung. In allgemeiner Form sind Gegenstände • zu bewegende Gegenstände (Paletten, Behälter), • bewegliche Gegenstände (Maschinen, Krane, Roboter, Stapler). Die erzeugten Raumgeometrien durch Bewegung sind Zylinder- und Polyederformen, Tabelle 51.1, die als Bewegungskanäle bezeichnet werden können. Tabelle 51.1 Geometrische Bewegungsräume (Beispiele)
51.4
Raumhöhenbestimmung
Raumhöhen führen für die Systemflächen zu den Raumvolumen von Fabriken. Die Großzügigkeit der Fabrikraumbestimmung durch den Produktfluss erfolgt praktisch noch ohne Berücksichtigung der negativen energetischen Auswirkungen und geringen räumlichen Nutzungen durch Wirksysteme (Gegenwärtiger Zustand:
51.4 Raumhöhenbestimmung
1223
R ≤ 0,17). Eine Hauptursache für diesen unbefriedigenden – projektierten und realisierten – Zustand stellt die angestrebte Bekranung dar, die zu fast 90% nicht für den Produktfluss, sondern für andere Materialflüsse (Beispiel: Maschinenumstellung) eingesetzt wird. Kostengünstige Fabrikraumsystemhöhen SH liegen zwischen 4,80 m … 6,00 m … 7,20 m. Ab Systemhöhen von SH ≥ 6,00 m werden bevorzugt Laufkrane (häufig für den eventuellen Bedarf) eingesetzt. In den nachfolgenden Beispielen werden Lösungsprinzipien für die Raumhöhenbestimmung durch den Produktfluss aufgeführt, Abb. 51.10. Zu beachten ist dabei immer die Behaglichkeitshöhe für tätige Menschen im ↑ Arbeitssystem (↑ Arbeitsraum).
Abb. 51.10 Raumhöhenbestimmende Produktflusselemente (Beispiele). a Höhenbestimmendes Element: Stapler. b Höhenbestimmendes Element: Zentralspeicher. c Höhenbestimmendes Element: Kran über Kran. d Höhenbestimmendes Element: Traverse und Kran
Die Beispiele zur Höhenbestimmung von Fabrikräumen durch den Produktfluss verdeutlichen zugleich folgende, bei der Projektierung zu beachtende, Regeln als Hinweise.
1224
51 Produktflusssystemraum
• Bekranungen mit Laufkranen in Gebäuden führen immer zu großen Fabriksystemhöhen, äußerst ungünstigen Raumnutzungsgraden, sehr hohen Raumenergieaufwendungen und schweren Gebäudekonstruktionen. • Gebäudebekranungen, die nicht dem Produktfluss dienen, sind häufig überflüssige Ausstattungen, wenn die Materialflussaufgabe durch andere technische Elemente (Stapler, Autodrehkran, Luftkissentransport) ausgeführt werden kann. • Die zu bestimmende Gebäudesystemhöhe SH durch den Produktfluss muss gesamtfabriklich, d. h., nicht nur für ein Gebäude betrachtet werden, um eine räumliche Nutzungsflexibilität der Gesamtfabrik zu gewährleisten. Günstig ist, sofern Bekranungen als günstig eingeschätzt werden, ein einheitliches Bekranungssystem über alle Fabrikgebäude mit Produktflussaufgabe. Die Wirkung entspricht dann einem Hängebahnsystem. Abbildung 51.11 enthält ein Beispiel.
Abb. 51.11 Gebäudebekranung für den Produktfluss (Laufkrane, Hängekrane)
• Das Gebäudetragsystem ist zugleich das statische Krantragsystem, so dass nachträgliche Bekranungen mit sehr hohen Kostenaufwendungen, Störungen und Einengungen verbunden sind. Eine optimale Lösung besteht • in der Tragsystemausbildung des Gebäudes für eine Bekranung, • in der Nachrüstung der Krane nach Bedarf, • in der Traglastoptimierung der Krane durch Parallelbekranung (zwei Parallelüberfahrstellen). • Parallelbekranung erreicht eine höhere Produktflussflexibilität gegenüber der Einzelbekranung, erfordert jedoch Traversen, Abb. 51.12. Die Gesamttraglast ist eine verteilte Einzeltraglast mit dem Vorteil der geringeren Tragsystemausbildung.
51.4 Raumhöhenbestimmung
1225
Abb. 51.12 Kran-Parallelbetrieb
• Eine räumliche Bewertung der Produktflusslösung kann sowohl über die Höhenverhältnisse, Abb. 51.12, als auch über die Räume erfolgen. Die Grundaussagen sind analoge Aussagen mit der Übertragung auf ähnliche Verhältnisse. • Bei der Raumgrößenbestimmung und insbesondere bei der Raumhöhenbestimmung sind weitere objektive Einflüsse zu beachten. Dazu gehören: • • • • • •
Schadstoffkonzentration im Raum, Versorgungssysteme (Klimaanlagen, Leitungssysteme, …), Brandschutzanlagen (Brandwarn-, Brandlöschsysteme), Raumbeleuchtung, Raumentsorgungssysteme (Raumluft), optische Höhenverhältnisse.
• Raumhöhenbestimmungen sind so genau wie möglich durchzuführen, da • eine Raumhöhenerweiterung kaum oder nur mit hohem Aufwand möglich ist und • die Raumhöhe eine große Wirkung auf die Gebäudeinvestitionskosten hat. • ↑ Arbeitsystem, ↑ Bewegungsbedarfsmengen, ↑ Materialflusstechnik, ↑ Produktflusssystemfläche, ↑ Variabilität
52
Projektierungsgrundsätze
Projektierungsgrundsätze: Gesetzmäßigkeiten, Prinzipien oder Regeln als Ergebnis theoretischer und praktischer Analysen bestimmter Vorgänge zur Objektivierung der Projektierung, i. A. ROCKSTROH. Die Grundsätze sind ein Beitrag zur wissenschaftlichen Vertiefung und zur praktischen Durchführung der Projektierung. Sie schaffen Rahmenbedingungen für die Methoden und unterstützen die Erarbeitung optimaler Projektlösungen, ohne dass die Kreativität und die Weitsicht des Projektierungsingenieurs eingeengt werden. Ganzheitsgrundsatz: Ganzheitlichkeit von Systemen und Projekten Der Grundsatz fordert eine Ganzheitssicherung der einzubeziehenden Sachverhalte und Relationen eines Systems durch die Projektierung in einem Projekt, damit das System im Systembetrieb ganzheitlich, nach Möglichkeit autonom und wirtschaftlich wirken kann. Abbildung 52.1 verdeutlicht das Wesentliche. Der Ganzheitsgrundsatz wird auf alle Systeme und Sachverhalte der Fabrik und der Fabrikprojektierung bezogen und schließt die Ermittlung von Folgewirkungen ein. Beispiele zur Ganzheitsbetrachtung • Produkt-, → Produktions-, → Fabriksystem-, → Projekt-, Realisierungsganzheit • Technologie, Ergonomie, Ökologie, Ökonomie, Autonomie, Fabrikbetrieb • Aufgaben-, → Prozess-, → Systemganzheit (Merkmal → Funktion → Element) • Komplexität, Gesamtheit, Kooperation, Durchgängigkeit, Funktionalität, Integration
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_52, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1227
1228
52 Projektierungsgrundsätze
Abb. 52.1 Beispiel eines Systemprojektierungsmodells zur System- und Projektganzheit für ein Arbeitssystem (stark vereinfacht, ohne Kooperation)
Stufengrundsatz: Stufung von Systemen und Projektierungslösungen Zur Vermeidung von Arbeiten zum falschen Zeitpunkt ist eine Stufung bei der Bearbeitung von Projektierungsaufgaben zur Lösungsfindung erforderlich. Eine Stufung der Projektierung beinhaltet immer auch eine Verfeinerung vom Groben zum Feinen, eine Synthese vom Feinen zum Ganzen und eine Detaillierung vom Ganzen bis zum Detail. Der Grundsatz charakterisiert die Projektierungsvorgehensweise und nimmt Einfluss auf die Projektierungsmethoden und -methodik.
52 Projektierungsgrundsätze
1229
Die ganzheitliche Projektierung erfolgt in Stufen und in Schritten mit Projektierungsaktivitäten des Projektanten, Abb. 52.2.
Abb. 52.2 Layoutstufung (Stufungsbeispiel: grob – fein – feinst – detailliert)
Variantengrundsatz: Projektieren in Varianten und Optimieren mit Varianten Das aus der Projektierungsaufgabe zu erarbeitende Projekt stellt einen systematisch gegliederten Komplex von Einzellösungen dar, deren Zielstellung jeweils Bestlösungen bzw. optimale Lösungen sein sollen. Die Gesamtheit der Einzeloptima führt nicht zwangsläufig zur optimalen Lösung des Gesamtsystems. Eine optimale Lösung ist nur unter Beachtung des Variantengrundsatzes, der Optimierung und der Akzeleration möglich. Es sind folgende Beeinflussungen zu beachten: 1. Voraussetzung zur Ermittlung von Varianten Varianten sollen ein hohes Maß an Objektivität und bewertbaren Unterschieden haben, die aus beeinflussbaren Faktoren abzuleiten sind, Gl. (52.1) und (52.2). Projektlösung P = f (konstante, restriktive, variable Faktoren)
(52.1)
Projektvariante PV = f (bewertbare variable Einflussfaktoren)
(52.2)
1230
52 Projektierungsgrundsätze
• Die konstanten Faktoren ermöglichen keine Variantenbewertung, da sie für alle Varianten gleichermaßen auftreten. • Die restriktiven Faktoren führen zum Ausschluss von Varianten, da sie keine Legalität gewährleisten. • Varianten sind nur durch gleiche, variable und bewertbare Faktoren untereinander vergleichbar. 2. Variantenerarbeitung Der praktische Regelfall besagt, dass zur Ableitung einer Lösung mindestens • drei vergleichbare Varianten mit • mindestens 10 (besser 20) variablen Einflussfaktoren ohne Restriktionen und konstante Einflussfaktoren erforderlich sind. Eine vierte Variante ist im Regelfall der Ist-Zustand. Theoretisch ergibt sich die mögliche Variantenanzahl aus den Gesetzmäßigkeiten der ↑ Kombinatorik. 3. Variantenstufung Die Arbeit mit Varianten unterliegt u. a. auch dem Stufengrundsatz. Eine solche Stufung ist für jede Projektierungsstufe möglich und wünschenswert, Abb. 52.3.
Abb. 52.3 Variantenstufung
4. Variantenbewertung Die Variantenbewertung erfolgt durch qualitativ und quantitativ orientierte Methoden und Verfahren der ↑ Bewertung. 5. Variantenauswahl In Abhängigkeit vom Variantenbewertungsverfahren wird grundsätzlich die Variante mit den meisten Vorteilen hinsichtlich der Zielaufgabenerfüllung ausgewählt. Dabei ist darauf zu achten, dass die ausgewählte Variante verbesserbar ist, z. B. bei den Faktoren, bei denen die anderen Varianten bessere Bewertungen erzielten. 6. Weiterarbeit mit Varianten Die am besten bewertete Variante ist Gegenstand der weiteren Projektierung. Die nicht ausgewählten Varianten werden der jeweiligen Projektdokumentation als Nachweis beigefügt.
52 Projektierungsgrundsätze
1231
Vereinheitlichungsgrundsatz: Systematisieren, Gruppieren und Vereinheitlichen von Sachverhalten, Systemen und des Projektierens An der Projektierung von Fabriken sind mehrere Ingenieurberufsgruppen beteiligt, die nach gleichen und verständlichen Regeln arbeiten sollten, • um zusätzliche Erläuterungen zu vermeiden, • damit keine „Übersetzungen“ erforderlich sind und • das gemeinsame Arbeiten und Wirken auf das Kreative ausgerichtet werden. 1. Systematische Gliederung Die systematische Gliederung bezieht sich auf Systeme, Projektdokumentationen, Ausschreibungen, Prozesse, Räume, Aufgaben und andere Sachgebiete. Wichtig ist, dass das Nachfolgende immer auf dem Vorhergehenden aufbaut und dadurch die logische Vorgehensweise erkennbar wird. 2. Einheitliche Sprache Forderungen: • Gleiche Begriffe bzw. Bezeichnungen für den gleichen Sachverhalt. • Gleiche Inhalte und Bedeutungen für den gleichen Begriff. • Gleiche ↑ Projektierungssinnbilder für gleiche Sachverhalte, … 3. Elementarisierung durch Ordnungssysteme Elementarisierung bedeutet die Gliederung einer Ganzheit oder Gesamtheit in Teilsysteme und Elemente nach einem Ordnungssystem. 4. Typisierung von Lösungen, Algorithmen und Vorgängen Dieser Grundsatz führt zu starken Vereinfachungen des Projektierens und der Ergebnisdarstellungen. Beispiele sind Typen- ↑ Arbeitssysteme, Typen-Projekte (Wiederholungsprojekte), Typentechnologie, ↑ technologische Vereinheitlichung. 5. Maßordnung (↑ Layoutprojektierung) Beispiele • Projektierungsraster als Industrieraster (1, 2, 3, 6 m) • Maßbezugspunkte, Maßgenauigkeit ( ± 1 mm) • Gebäude- und Layoutkennzeichnung (Zahlen c, Buchstaben ࿆)
6. Maßsysteme und Einheiten Für das Maßsystem gilt das internationale Einheitensystem SI (Systém International d’ Unités). Das Messen einer Größe besteht in dem quantitativen Vergleich dieser Größe mit einer Größe gleicher Art, die durch die Konvention als Einheit festgelegt wurde. Von Bedeutung ist die Arbeit mit Berechnungsgleichungen. Zu unterscheiden sind: • allgemeine Gesamtgleichung:
1232
52 Projektierungsgrundsätze
• Größengleichung: • zBM =
Dm Dm, BM
(ganzzahlig) BM-Anzahl
(52.3)
• Einheitengleichung: (für Gl. (52.3))
• zugeschnittene Größengleichung: • t=
1 km · h · 3600 s s ⇒ t= = 360 s v 10 km · h
(52.4)
Die Einheitengleichung ist immer zugleich eine Kontrolle zur Richtigkeit der Berechnung. Im Rahmen der Projektierung kommt es besonders auf den Bezug und die Bezugseinheiten an, wobei auf die • Richtigkeit (z. B. Arbeitsgangszeit: Zeiteinheit/Arbeitsgang ⋅ Arbeitsgegenstand) und • Vergleichbarkeit durch gleiche Einheiten für gleiche Sachverhalte zu achten ist. Vereinfachungsgrundsatz: Vereinen und Vereinfachen von Systemen und Projekten Die Vorteile des systematischen Arbeitens werden deutlich erweitert, wenn Informationshäufungen zu Gruppen zusammengefasst und als vereinte Größe weiter betrachtet werden. Das Klassifizieren, Gruppieren und Vereinheitlichen steht in einem engen Zusammenhang mit den Zielstellungen der Vereinfachung, Vereinheitlichung und der Integration sowie der Bildung von ↑ Typenvertretern, Projektbausteinen usw. Nachweisgrundsatz: Nachvollziehbarkeit, Beweis und Gleichheit des Projektierens Projekte sind Projektdokumentationen, in denen alle Projektierungsergebnisse in textlich – erläuternder, grafisch – bildlicher, mathematisch – berechneter, modellhafter und verdichtet – übersichtlicher Form dargestellt werden. Jedes Ergebnis, jede Darstellung und jede Annahme muss von anderen Fachpersonen (Gutachter, Auftraggeber, Auftragnehmer, …) nachvollzogen werden können. Hierbei geht es nicht nur um die Glaubhaftigkeit, sondern um die Objektivität der Ergebnisermittlung und -darstellung. Das trifft sowohl für eine Unterteilung des Gesamtprojektes in Teilprojekte, als auch für einzelne Projektierungsaktivitäten zu.
52 Projektierungsgrundsätze
1233
Die Forderung nach der Gleichheit leitet sich aus dem sich häufig zu wiederholenden Schleifenprozess der Projektierung ab, Abb. 52.4. Der Wiederholungsgrad ist besonders bei noch unerfahrenen Projektierungsingenieuren hoch.
Abb. 52.4 Schleifenprozess des Projektierens
Realisierungsgrundsatz: Realisierbarkeit von projektierten Systemen Jedes erarbeitete Projekt muss auf seine Realisierbarkeit geprüft werden. Dabei sind zunächst zwei Realisierbarkeitsformen zu unterscheiden: 1. Realisierbarkeit ohne Zwänge Es ist zu prüfen, ob das Projekt überhaupt realisierbar ist und worin die Realisierungsgrenzen begründet sind. 2. Realisierbarkeit für den Auftraggeber Hier liegen die Grenzen häufig beim ↑ Kapitalbedarf und der damit verbundenen Wirtschaftlichkeit. Beispiele • Projektkontrolle: Aufwand, ↑ Kapitalbedarf, Lösungsänderungen, … • Projektierungsentscheide: Berechnungsentscheid, Variantenentscheid, … • Realisierungsstufen: Fabrikabschnitte, Bauabschnitte, das „Notwendige“, … Erweiterungsgrundsatz: Veränderbarkeit und Erweiterbarkeit von Systemen und Standorten Das System, wie auch das Projekt, müssen so geplant, projektiert und realisiert werden, dass • Systemerweiterungen in mindestens eine Richtung und Standorterweiterungen in mindestens zwei Richtungen, Abb. 52.5, sowie • Veränderungen vor und nach der Realisierung
1234
52 Projektierungsgrundsätze
ohne große Mehraufwendungen möglich sind. Ein Mehraufwand ist nur bei Veränderung oder Erweiterung von Systemelementen gerechtfertigt. Dieser Grundsatz ermöglicht insbesondere die ↑ Variabilität von Systemen und die Vermeidung von (immer) störenden Fest- bzw. Fixpunkten!
Abb. 52.5 Erweiterbarkeit (E) und Veränderbarkeit von Standorten und Systemen. a Erweiterbarkeit des Systems am Standort und des Standortes. b Erweiterbarkeit und Veränderbarkeit des Systems durch Projektlösungen
Fortschrittsgrundsatz: Innovation und Fortschritt der Systeme und der Projektierung Unter besonderer Beachtung der Akzeleration ist bei der Projektierung immer der neueste Stand des technischen, organisatorischen, ergonomischen und ökologischen Niveaus zu berücksichtigen und, soweit wirtschaftlich vertretbar, auch umzusetzen. Die hierdurch erreichten Ergebnisse sollen • „Vorzeigecharakter“ besitzen, • ein Unikat mit hohem Innovationsgehalt darstellen, • das Technologieniveau für eine gewisse Zeit (≥10 Jahre) bestimmen. Systeme mit einem hohen Niveau können nur von kreativen Projektanten mit einem hohen Projektierungsniveau erarbeitet werden. Synergiegrundsatz: Nutzung von Erfahrungen, Analogien und Synergien Die bei der Projektierung vorliegende Breite an Sachverhalten, Technikgebieten und Erkenntnissen ist groß und muss trotzdem zum Erreichen eines hohen Projektniveaus ganzheitlich unter Beachtung des Innovationsaspektes Berücksichtigung finden. Eine rationelle Methode besteht in der Nutzung und Weiterentwicklung von Erkenntnissen anderer Fachgebiete. Recherchen, Analysen und Ableitung von weiterführenden Erkenntnissen durch Synergieeffekte, Analogiebetrachtungen und Erfahrungsaustausche sind somit Grundfähigkeiten des kreativen Projektanten, um Bestlösungen und Innovationen zu erzielen. Projektierung bedeutet auch • die Erkenntnisse der Vergangenheit zu beachten, • den Entwicklungsstand der Gegenwart zu kennen und • die Projekte mit Nutzung der Erfahrungen zukunftsorientiert zu gestalten.
Literatur
1235
Literatur ROCKSTROH W (1977) Die technologische Betriebsprojektierung; Band 1: Grundlagen und Methoden der Projektierung. Verlag Technik, Berlin
53
Projektierungsprogramm
Projektierungsprogramm: Gesamtheit von Merkmalen und Merkmalsausprägungen, die gezielt auf die Projektierung von Systemen ausgerichtet sind und die Systemaufgabe definieren. Zu unterscheiden sind technologische, konstruktive und gestalterische Projektierungsprogramme für jedes zu projektierende System.
53.1
Technologische Programme
Basis jeder Projektierung ist ein Aufgaben auslösendes Programm. Für die Fabrik und die technologischen Fabriksysteme sind es Produktionsprogramme, für die Fabrikversorgung sind Versorgungsprogramme voranzustellen, usw. Das Produktionsprogramm liefert die definierten Eingangsinformationen zur Projektierung einer Fabrik und von Fabriksystemen. Es repräsentiert den Kern der Projektierungsaufgabe, wird dadurch zum auslösenden Sachgegenstand der Fabrikprojektierung und durch eine zielgerichtete Aufbereitung zum Projektierungsprogramm. Für die Projektierung sind zu unterscheiden, Abb. 53.1: • das Produktprogramm (Gegenstandsbezug der Projektierung mit Mengenangaben), • das aufbereitete Produktionsprogramm (Gegenstands-, Technologie-, Vorgabebezüge), • das aus dem Produktionsprogramm abgeleitete Systemprojektierungsprogramm, • das projektierte Systemprogramm. Das projektierte Systemprogramm ist die Basis des Fabrik- bzw. des Systembetriebes. Betreibungsprogramme unterscheiden sich von den Projektierungsprogrammen durch die Aktualität (Tagesprogramm, Monatsprogramm, …) des Systemprogramms.
53.2
Produktprogramm
Produktprogramm: Gesamtheit der Mengenbedarfe von Produkten, die als Produktion in der Fabrik bzw. in den technologischen Systemen der Fabrik realisiert werden sollen. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_53, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1237
1238
53 Projektierungsprogramm
Abb. 53.1 Einordnung der Programme in den Projektierungsprozess Tabelle 53.1 Mindestangaben zum Produktprogramm (Beispiele)
Die Mindestangaben eines Produktprogramms sind die Produktart und die Produktmenge. Für sehr frühe Phasen der Projektierung kann das Produkt in fiktiver Art vorliegen. Tabelle 53.1 enthält ausgewählte Beispiele.
53.3 Erfassung und Aufbereitung von Produktionsprogrammen
1239
Das Produktprogramm ist für die Produktion durch folgende Angaben bedarfsgerecht aufzubereiten: 1. Angestrebte Produktionstiefe (Ermittlung durch die Gegenstands- ↑ Integration) und ↑ Kooperation (außerbetriebliche und innerfabrikliche Kooperationsvergabe) 2. Kooperationsübernahme (Füllproduktion, Ergänzungsproduktion) 3. Zukaufteile und Zukaufteilezustand (Grad der Fertigungsvollständigkeit) 4. Norm- und Standardteile 5. Anteile für Ausschuss und Nacharbeit (getrennte Darstellung) 6. Anteilige Ersatz- und Garantieproduktmenge.
53.3
Erfassung und Aufbereitung von Produktionsprogrammen
Produktionsprogramm: Konstruktive, technologische und planerische Merkmale und Merkmalsausprägungen, die die Produktion in einem Fabriksystem oder in der Fabrik insgesamt charakterisieren. Die IST-Zustandserfassung und -bewertung von Produktionsprogrammmerkmalen und -ausprägungen ist zeitaufwendig und häufig nur lückenhaft möglich. Diese LüTabelle 53.2 Inhalt einer Produkt-Grobtechnologie-Dokumentation (vereinfachtes Beispiel)
1240
53 Projektierungsprogramm
Tabelle 53.3 Merkmalsmenge des Produktionsprogramms für eine Produktart (Stückgutproduktion)
53.4 Arten und Aufbereitung von Projektierungsprogrammen
1241
cken sind durch Untersuchungen (Befragungen, Annahmen oder Schätzungen) zu schließen. Empfohlen werden protokollarische Festlegungen und Erfassungsdurchführungen mit dem Auftraggeber, beispielsweise für die technologischen Produktmerkmale, Tabelle 53.2. Die Erfassung erfolgt manuell, rechnerunterstützt und projektbezogen. Mit den Informationen der Tabelle 53.3 werden Merkmalsorientierungen gegeben, die für Stückgut – Produkte der Metallverarbeitenden Industrie von allgemeingültiger Art sind. Vervollständigungen erfolgen im Regelfall vor Ort. Zur Aufbereitung gehören bei umfangreichen Programmen: • • • •
die Vollständigkeit der Merkmale und Merkmalsausprägungen, das Klassifizieren und Gruppieren (Gruppenbildung), Abb. 53.2, die konstruktive und ↑ technologische Vereinheitlichung, die Ermittlung von ↑ Kennzahlen und VON-BIS-Wertebereichen (↑ Flexibilität).
Abb. 53.2 Vorgehensweise bei der Gruppierung von Produkt- und Gegenstandsarten
53.4 Arten und Aufbereitung von Projektierungsprogrammen Das aufbereitete Produktionsprogramm wird zu Projektierungsprogrammen für technologischen Fabriksysteme, wenn es • für die konzipierten Fabriksysteme als Projektierungsbasis aufbereitet wurde und • alle von der Projektierung (nachfolgende Projektierungsstufe) benötigten Merkmale und Merkmalsausprägungen enthält, Tabelle 53.3, • die alleinige Projektierungsbasis ist.
1242
53 Projektierungsprogramm
Auf Grund der vorliegenden Merkmalsbasis (Tabelle 53.1 bis Tabelle 53.3) sind drei Projektierungsprogrammarten zu unterscheiden (Teil 1, Kapitel 5):
Definitives Projektierungsprogramm Es liegen alle Projektierungsinformationen in Form von Merkmalen und Merkmalsausprägungen vor. Das Projektierungsprogramm entspricht weitgehend dem Produktionsprogramm für Produktionsaufgaben. Die Informationen der Tabelle 53.2 sind lediglich zu vereinheitlichen bzw. zu vereinfachen. Eingeengtes Projektierungsprogramm Die Informationen liegen wie beim definitiven Projektierungsprogramm vor, jedoch in einem Umfang, der für die Projektierung nicht beherrschbar ist. Es muss für die Zwecke der Projektierung eingeengt werden. Es wird mit Gruppenmerkmalen (VON – BIS – Werte) oder mit ↑ Typenvertretern projektiert, Abb. 53.2 gilt analog. Die Programmaufbereitung konzentriert sich auf Konstruktive Merkmale → technologische Merkmale → Planungsmerkmalszuordnung, • die Vereinheitlichung: Konstruktive Vereinheitlichung → ↑ technologische Vereinheitlichung, • die Typenvertreterbildung und -umrechnung.
• die Gruppierung:
Dem Aufbereitungsaufwand stehen Vorteile aus den Vereinheitlichungen gegenüber. Indifferentes Projektierungsprogramm Beim indifferenten Programm liegen zunächst nur Mengenvorgaben (Durchsatz, Beispiele 1 bis 3 in Tabelle 53.1) und Angaben zum Technologiebereich (Gesenkschmiede, Farbgebung, …) vor. Das gesamte Programm muss aufbereitet werden, beispielsweise nach Abb. 53.3. Beim indifferenten Programm ist auch auf die Vollständigkeit der drei Merkmalsgruppen nach Tabelle 53.3 zu achten. Statt Einzelausprägungen liegen hier gruppierte Merkmale und Merkmalsausprägungen vor. Die Projektierung erfolgt auf der Basis von Gruppentypenvertretern und mittels Kennzahlen.
53.5
Hinweise für andere Projektierungsprogramme
Alle Projektierungsprogramme enthalten die Merkmalskategorien nach Tabelle 53.3.
53.5 Hinweise für andere Projektierungsprogramme
1243
Abb. 53.3 Aufbereitung des indifferenten Projektierungsprogramms
53.5.1
Vertriebsprogramme
Vertriebsprogramme werden aus Produktprogrammen abgeleitet, durch Vertriebsstrategien (Distribution) ergänzend erweitert und wie Produktionsprogramme aufbereitet. Es sind Grundsätze zu beachten, Abb. 53.4.
53.5.2
Beschaffungsprogramme
Beschaffungsprogramme enthalten mehrere Programmkomponenten, Tabelle 53.4.
1244
53 Projektierungsprogramm
Abb. 53.4 Produktdistributionsgrundfälle Tabelle 53.4 Komponenten des Beschaffungsprogramms
Sie werden aus den Systemprojektierungen abgeleitet und für die Projektierung von ↑ Fabriklagersystemen und ↑ Kooperationen aufbereitet.
53.5.3
Kooperationsprogramme
Gesamtheit der konstruktiven und technologischen Merkmalsbeziehungen • zwischen den Fabriksystemen der Fabrik (innerfabrikliche Kooperation), • zwischen den Teilen einer Fabrik (zwischenfabrikliche Kooperation), • zwischen der Fabrik und anderen Fabriken oder Einrichtungen (außerbetriebliche Kooperation). Gleich welche Kooperationsart anfällt, es sind im Programm die durch Kooperation hervorgerufenen Ein- und Ausgangsbereiche der Fabrik, der Fabrikteile oder der Fabriksysteme zu beachten (↑ Kooperation). Das Kooperationsprogramm ist mit
53.5 Hinweise für andere Projektierungsprogramme
1245
allen anderen Projektierungsprogrammen abzustimmen. Es kann Bestandteil der anderen Programme sein und wird wie das Produktionsprogramm aufbereitet.
53.5.4
Materialflussprogramme und Flusssystemprogramme
Jeder Materialfluss erfordert zu seiner Projektierung ein Projektierungsprogramm. Die Vielfalt ist aufgrund der zu bewegenden, zu lagernden und zu steuernden Gegenstände und Gegenstandsflüsse sowie der Funktionen (Tabelle 53.5) der Fabriksysteme sehr groß. Allgemeine Merkmale enthält Tabelle 53.6. Differenzierungen entstehen durch die Gebiete der ↑ Materialflusstechnik in Fabriksystemen und in der Fabrik. Bei den Flussprogrammen werden die konstruktiven in konstruktivtechnische Merkmale und die technologischen in flusstechnologische Merkmale übergeleitet.
53.5.5
Versorgungsprogramme
Jedes Fabriksystem (auch die Versorgungssysteme) erfordert ein Versorgungsprogramm für jeden zu versorgenden Gegenstand (Flusssysteme), einschließlich der Energiearten. Die Besonderheit liegt in den Veränderungen der Gegenstandszustände: Anfangszustand, Erzeugungszustand, Gebrauchszustand und Zustand nach Gebrauch, Tabelle 53.7. Ein Produktionsprogramm ist für die Versorgungsproduktion notwendige Voraussetzung bei der Gesamtprojektierung.
53.5.6
Entsorgungsprogramme
Entsorgungsprogramme sind den Versorgungsprogrammen ähnlich. Sie unterscheiden sich besonders in den technisch-physikalischen Merkmalen deutlich und durch eine geringere Programmanzahl (↑ ABführungsmaterial, ↑ Feststoffentsorgung).
53.5.7
Erhaltungsprogramme
Erhaltungsprogramme sind den Produktionsprogrammen ähnlich. Bezugsobjekte sind vorwiegend die Betriebsmittel. Eine starke Differenzierung ist notwendig, Tabelle 53.8.
1246 Tabelle 53.5 Funktionen mit Schwerpunkt Materialfluss
53 Projektierungsprogramm
53.5 Hinweise für andere Projektierungsprogramme
1247
Tabelle 53.6 Merkmalsmenge von Materialflussprogrammen (verallgemeinerte Auswahl)
53.5.8
Logistikprogramm
Erweiterung besonders der Vertriebs-, Beschaffungs- und Kooperationsprogramme um die logistischen Betreibungsfunktionen. Eine Abstimmung mit den Fabrikbetreibungsprogrammen ist unbedingt erforderlich.
1248
53 Projektierungsprogramm
Tabelle 53.7 Merkmale von Versorgungsprogrammen (allgemein für Flusssysteme)
53.5.9
GABUSS – Programm
Die Programmableitung erfolgt indifferent vor und definitiv während bzw. nach der Systemprojektierung. Eine Programmdifferenzierung vom Einzelarbeitssystem über die Fabriksysteme zur Gesamtfabrik ist notwendig. Wegen der ↑ Schutzgüte – Funktionen kann dieses Programm auch Schutzgüteprogramm (Schutzgüteprojekt) genannt werden. Wesentliche Einzelprogramme enthält Tabelle 53.9.
53.6 Programmvervollständigung
1249
Tabelle 53.8 Erhaltungsprogramme
Tabelle 53.9 Schutzgüteprogramme
53.5.10
Projektierungsrelevante Ergänzungsprogramme
Programme zur Vervollständigung der technologischen Gesamtfunktion von Fabriken enthält Tabelle 53.10.
53.6
Programmvervollständigung
Projektierungsprogramme bilden die Grundlage von Einzelprojekten und präzisierten Aufgabenstellungen. Sie müssen noch folgende Angaben enthalten:
1250
53 Projektierungsprogramm
Tabelle 53.10 Projektierungsergänzungsprogramme
• • • •
Hinweise zur Projektierungsphase (Vor- oder Entwurfsprojektierung), Projektierungsfeinheit (Grob-, Fein-, Detail-, Ausführungsprojektierung), Abstimmungen (Projektanten, Lieferer, Fachorgane, …), Beratungen und Berater (Fach-, Rechts-, Finanzberatung, …).
• Die Programmerarbeitung ist eine teilprojektorientierte analytische, planerische und konzeptionelle Arbeit. Programme sind die Projektierungsbasis und ihre Genauigkeit bestimmt die Projektgüte. Größte Sorgfalt und einvernehmliche Abstimmungen sind Bedingungen. • Die Fabrik benötigt zu ihrer Entstehung weitere technologieorientierte Programme, die aus den projektierten Systemen als Aufgaben der Fabrikplanung abzuleiten sind. Hierzu gehören beispielsweise: • • • • • •
Personalprogramme Einarbeitungsprogramme Anlaufprogramme Einlaufprogramme Realisierungsprogramme Erprobungsprogramme
• • • • • •
Betreibungserstprogramme Ausschreibungsprogramme Investitionsprogramme Tätigkeitsprogramme Finanzierungsprogramme Lenkungsprogramme
• Wie für die technologische Projektierung, müssen auch für die konstruktive und gestalterische Projektierung definierte Projektierungsprogramme als Aufgabenstellungen erarbeitet werden. Ihre Anzahl ist jedoch deutlich geringer. • Projektierungsprogramme sind Aufgabenstellungen für die Projektierung. Deshalb ist die Feinheit bzw. Präzisierung der Programme nicht ohne Bedeutung. Aus der Projektierung abgeleitete Systembetreibungsprogramme erhalten den Status Präzisiertes (Fein-, Feinst-) Programm. • ↑ Abführungsmaterial, ↑ Bedarfsermittlung, ↑ Durchsatz, ↑ Fertigungsform, ↑ Feststoffentsorgung, ↑ Flexibilität, ↑ Gefahrstoffe, ↑ Kooperation, ↑ Material, ↑ Technologische Vereinheitlichung, ↑ Schutzgüte, ↑ Technologische Zeiten, ↑ Typenvertreter, ↑ Zeitfonds
54
Projektierungssinnbild
Projektierungssinnbild: Vereinfachte Modellbilddarstellung ohne Maßstab mit einer bestimmten, abstrakten und wiederholbaren Projektierungsaussage zu einem definierten Zweck.
54.1 Ausgangsbasis und Zweck Sinnbilder sind abstrakte modellhafte Darstellungen zur Vereinfachung der Arbeit mit einer eindeutigen Bedeutung, die mehrfach mit gleicher Zweckaussage verwendet werden. Das Sinnbild sollte logisch und deshalb in der Art und Aussage eineindeutig sein. Die Fabrikprojektierung benötigt und verwendet wegen der notwendigen Fachgebietsbreite eine große Anzahl von Sinnbildern, die einem Ordnungssystem nach Tabelle 54.1 zuzuordnen sind. Es sind keine Modelle, unterstützen diese jedoch, so dass auch statt Sinnbild der Begriff Modellunterstützungselement verwendbar ist. Sinnbilder sind vorwiegend zwei- oder dreidimensional darzustellen. Tabelle 54.1 Ordnungssystematik der Sinnbildzuordnung
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_54, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1251
1252
54 Projektierungssinnbild
54.2 Allgemeine Projektierungssinnbilder Allgemeine Sinnbilder sind in der Projektierung auch in allgemeiner Form zu verwenden. Sie dienen der abstrakten, konkretisierten, verdichteten und übersichtlichen Darstellung von Sachverhalten. Der Hauptzweck besteht in der heuristischen Darstellung von Vorgangsfolgen in Algorithmen und in der Kurzfassung von textlichen Erläuterungen. Tabelle 54.2 enthält wichtige Sinnbilder. Tabelle 54.2 Allgemeine Sinnbilder zur Projektierungsunterstützung
54.3 Merkmalssinnbilder
54.3
1253
Merkmalssinnbilder
Merkmalssinnbilder sollen das eindeutige Erkennen des Merkmals ohne weitere textliche Erläuterungen ermöglichen. Das Typische oder das Besondere des Merkmals muss sichtbar werden, um das Merkmal erkennen oder deuten zu können. Diese Sinnbildkategorie ist noch uneinheitlich. Tabelle 54.3 enthält eine Übersicht.
Tabelle 54.3 Sinnbilder zur Kennzeichnung von Merkmalen
1254 Tabelle 54.3 (Forsetzung)
54 Projektierungssinnbild
54.4 Funktionssinnbilder
54.4
1255
Funktionssinnbilder
Funktionssinnbilder erleichtern die Darstellung von Prozessen durch ihre Verknüpfung. Sie werden im Regelfall nur zweidimensional dargestellt. Tabelle 54.4 enthält eine Übersicht mit den Sinnbildern zur Darstellung und Charakterisierung von Funktionen als Prozesselemente. Tabelle 54.4 Sinnbilder mit Funktionsinhalt
1256
54 Projektierungssinnbild
Tabelle 54.4 (Forsetzung)
54.5
Elementesinnbilder
Diese Sinnbildgruppe ist Gegenstand der Modellprojektierung, der Systemkonzipierung und Basis der Systemprojektierung sowie der Systementwicklung. Es sind überwiegend zweidimensionale und in Ausnahmefällen, zur besseren Sichtbarmachung, dreidimensionale Darstellungen. Sie unterscheiden sich von einem bildlichen Modell durch ihre Vereinfachung und einem fehlenden Maßstab. Tabelle 54.5 enthält eine Übersicht und lässt die große Bedeutung für die Projektierung erkennen.
54.5 Elementesinnbilder Tabelle 54.5 Elementesinnbilder
1257
1258 Tabelle 54.5 (Forsetzung)
54 Projektierungssinnbild
54.5 Elementesinnbilder Tabelle 54.5 (Forsetzung)
1259
1260 Tabelle 54.5 (Forsetzung)
54 Projektierungssinnbild
Literatur
1261
• Projektierungssinnbilder sind unterstützende Projektierungsmittel zur Rationalisierung der Projektierung. Sie können skizziert, gezeichnet oder über Datenspeicher rechnerunterstützt verwendet werden. Rationell sind auch sogenannte Architektenschablonen, Abb. 54.1, die für räumliche Ausstattungen (Modelle) zur Anwendung kommen.
Abb. 54.1 Architektenschablone im Maßstab 1 : 100
• Die Bedeutung von Projektierungssinnbildern nimmt mit zunehmender und fachübergreifender Vereinheitlichung zu. Den größten Beitrag hierzu leisten die Projektanten selbst. • Projektierungssinnbilder sind ein Teil der Projektierungsfachsprache. Sie vereinfachen die Projektierungstätigkeit, die Projektdokumentation und das Fachgespräch. Auch ohne eine Standardisierung ermöglichen sie eine Rationalisierung der Projektierung.
Literatur KUHN A (1995) Prozessketten in der Logistik. Praxiswissen, Dortmund WIRTH S (2002) 10 Jahre regionale Netz- und Fabrikstrukturen, Tagungsband: Tage des Betriebsingenieurs 2002. Technische Universität, Chemnitz
55
Relationen
Relationen: Sachlich notwendige Verbindungen für den strukturellen Zusammenhalt und zur Anbindung eines Systems.
55.1
Grundlagen
Im Rahmen der Projektierung müssen Relationen immer aus der Sicht der Systemtheorie nach Gl. (55.1) betrachtet werden. Das bedeutet, es existieren Elemente M, die in einer bestimmten, genau zu definierenden Beziehung (Relation) R stehen. System = [M ; R]
(55.1)
R – Relationen über die Elementemenge M Das betrachtete System und seine Relationen müssen eineindeutig sein. Hieraus leiten sich auch die Vielfalt und die Mengen von ↑ Systemen und Relationen ab, Tabelle 55.1. Eine weitere Gruppierung in technologische, konstruktive und gestalterische Relationen sowie in ZU- und AB-Flussrelationen, FOrt- und UM-Laufflussrelationen ist für die Projektierung insgesamt von Wichtigkeit. Relationen eines Systems sind in Eingangs-, Verbindungs- und Ausgangsrelationen zu gliedern, die ideeller, immaterieller oder realer Natur sein können. Ideelle Relationen sind die Relationen eines gedachten oder eines zu projektierenden Systems. Immaterielle Relationen entstehen durch das projektierte System. Reale Relationen sind Relationen eines realisierten Systems. Alle Relationsarten haben grundsätzlich gleiche Aufgaben, unterscheiden sich aber in der realen Ausführung und sind die Grundlage für die Flusssystembildung, -projektierung und -betreibung, Abb. 55.1. Relationen sind Verbindungen, Verflechtungen, Kooperationen oder Beziehungen für unterschiedliche Aufgaben, Sachverhalte und Gegenstände. Sie führen aus
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_55, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1263
1264 Tabelle 55.1 Relationsbezug (Auswahl)
Abb. 55.1 Beispiel der Relationsbedeutung für die Projektierung
55 Relationen
55.1 Grundlagen
1265
dieser Sicht zum Systemzusammenhalt (Systemgefüge) und zu den gegenstandsabhängigen Flusssystemen. Relationen benötigen jedoch immer Bezüge als Quellund Zielobjekte, ohne die eine Relation oder ein System nicht existent ist. Den Gesamtzusammenhang verdeutlicht Abb. 55.2.
Abb. 55.2 Zusammenhang von Relationsgegenstand und Relationsfunktion
Ein Gegenstandsflusssystem sowie dessen Flussprozess haben, technologisch betrachtet, einen technischen, räumlichen und zeitlichen Relationsaspekt. Hinzu kommen weitere Relationen, Abb. 55.3. Aus den Abb. 55.2 und 55.3 kann für die Projektierung die Tatsache abgeleitet werden, dass Verbindungsrelationen und Einwirkungsrelationen zu unterscheiden sind, so dass für einen Sachverhalt (Gegenstandsbewegung, Vorgang) mehrere Relationen zutreffend sind, Tabelle 55.2. Die Verbindungsrelationen sind die ursächlichen, und die Einwirkungsrelationen sind die zusätzlich erforderlichen Relationen. Relationen treten mit unterschiedlichen Aufgaben in Erscheinung, Abb. 55.4, und sind für die Projektierung Flussfunktionenträger, die auf die Prozesse und Systeme durch ihre funktionelle Ausprägung dimensionell und strukturell wirken. Die Kenntnisse über die Relationen sind damit eine Grundvoraussetzung zur funktionellen, dimensionellen und strukturellen Projektierung von Prozessen und Systemen.
1266
55 Relationen
Abb. 55.3 Ausgewählte Relationswirkungen
Tabelle 55.2 In den Flusssystemen und auf die Flusssysteme wirkende Relationen (Übersicht)
55.2 Aufgabenrelationen
1267
Abb. 55.4 Grundrelationsarten (S – Systemschnittstelle)
55.2 Aufgabenrelationen Aufgabenrelationen (AR) sind merkmalsorientierte Relationen, die über die Aufgabe eines Systems im Rahmen des Systemprogramms wirken und die Systemaufgabe in ihrem Zusammenhalt bestimmen, Abb. 55.5. Die Bezugsobjekte sind Einzelmerkmale M, Merkmalskomplexe MK (Teilaufgaben oder Aufgabenteile) und deren Ausprägungen. Sie ermöglichen eine Aufgabenstrukturierung und eine Berechnung der Aufgabendimension, Gl. (55.2). Aufgabenprogramm = [MM ; RM ] = [Merkmalsmenge; Merkmalsrelationen] Aufgabenprogramm = [MMK ; RMK ] = [Merkmalskomplexmenge; Merkmalskomplexrelationen]
(55.2.1) (55.2.2)
1268
55 Relationen
Abb. 55.5 Relationen einer Fabrik (Beispiel)
In der praktischen Projektierung werden die prozess- und systembeeinflussenden Anforderungen (Aufgaben durch Merkmale) und Systemprojektierungsaufgaben aus den Aufgabenrelationen abgeleitet. Das erfolgt • für jede Relation einzeln als VON – NACH – und NACH – VON – Beziehung für die Systemaufgabenbeeinflussung, • für die einzelnen Gegenstandsflüsse nach Tabelle 55.2 und • durch Verfeinerungen bis zum Aufgabenmerkmal. Nur über diesen Weg und in Verbindung mit dem Produktionsprogramm wird das ↑ Projektierungsprogramm eines Systems erarbeitet. Das ist mühsam, aber unbedingte Projektierungsvoraussetzung zur Erzielung guter Projektierungsergebnisse.
55.3
Einfache räumliche Prozessrelationen als Strukturbasis
Prozessrelationen sind gegenstandsorientierte Verbindungen über die Prozessbezugselemente (Arbeitsgänge oder Wirksysteme), Prozessfunktionsträger und prozessstrukturbildend. Die Prozessrelationsmenge und die Prozessverflechtung werden vom Projektanten durch Projektierung beeinflusst. Da jedes Fabriksystem einen Aufgaben realisierenden Prozess (in den Feinheiten Grund-, Grob-, Fein- und Feinstprozess) für jedes Flusssystem hat, ist die Prozessmenge eines Fabriksystems
55.3 Einfache räumliche Prozessrelationen als Strukturbasis
1269
Tabelle 55.3 Charakteristische Prozessrelationen und Charakterisierung der Grundprozessstrukturen
1270
55 Relationen
groß. Am übersichtlichsten sind die vier Grundprozessarten nach Tabelle 55.3, die nur die in Abb. 55.4 dargestellten Grundrelationen für einen Gegenstandsfluss beinhalten. Prozessrelationen haben eine große Bedeutung als Funktionsträger für die Flussprozesse, da Relationen selber noch keinen Prozessfluss ermöglichen. Die sachlichen Zusammenhänge sind in der Abb. 55.6 erläutert. Die Prozessrelationen verändern dadurch ihren Charakter, von der einfachen Verbindungsrelation zum Flussprozess.
Abb. 55.6 Prozessprojektierung mit Auswirkungen auf die Prozessfunktionen und Prozessrelationen (Beispiel)
55.4 Relationsdichte
55.4
1271
Relationsdichte
Prozesse unterscheiden sich bei gleicher Grundstruktur durch die Relationsdichte dR der Einzelverbindungen. Das führt im Regelfall bei Stückgütern zu besonderen Projektierungstätigkeiten hinsichtlich der • Unterschiedlichkeit der Einzelgegenstandsflüsse mit der Notwendigkeit zur Vereinheitlichung, • zeitlichen Prozessstruktur und der • technischen Systemauslegung für den projektierten Prozess. Hierzu enthält Tabelle 55.4 ein Beispiel.
Tabelle 55.4 Ermittlung der Prozessrelationsdichte für mehrere gleichartige Einzelgegenstandsflüsse in einem System (Beispiel nur für Stückgüter zutreffend)
1272
55 Relationen
Durch die Relationsdichte unterscheiden sich die einzelnen Flusssysteme deutlich. Beispiele Geringe Relationsdichte dR: Hohe Relationsdichte dR:
⇒ Energieflusssysteme ⇒ Betriebsstoffflusssysteme (Gas, Flüssigkeit, Stückgut) ⇒ Produktflusssysteme ⇒ Betriebsmittelflusssysteme
Besondere Zusammenhänge bestehen zwischen der Relationsdichte und dem ↑ Durchsatz, dem Durchlauf, der Arbeitssystembelegung, Abb. 55.7, der Speicherbedarfsbildung, der Objekt-Platz-Zuordnung, der Systemverflechtung durch Technik oder dem Transport und Verkehr, Abb. 55.8.
Abb. 55.7 Einfluss der Durchsatz- und Durchlaufgestaltung auf die Relations- und Produktflussdichte (Beispiel)
Abb. 55.8 Darstellung der Relationen und der Relationsdichten (Beispiel)
55.5 Prozesse mit Mehrfachrelationen
1273
Im Zusammenhang mit der Relationsdichte stehen auch die Inhalte der • Intensität (Belastung/m2, Relationen/m2 als Relationsintensität, …,), • Bewegungsmenge durch Förderspiele (Bezug: Zeit, Relation, Gegenstand, Produkt, Betriebsmittel, …) und die • Flussgrundprinzipien, Tabelle 55.5. Tabelle 55.5 Flussgrundprinzipien durch Prozessrelationen
55.5
Prozesse mit Mehrfachrelationen
Die Prozesse der Montage, Kommissionierung und Instandsetzung unterscheiden sich von der Teilefertigung durch die Anzahl der gleichzeitig wirkenden Produktflüsse, wie Tabelle 55.6 verdeutlicht. Unterschiedlicher Relationsinhalt bedeutet auch unterschiedliche Projektierung der Relationen bzw. Prozesse im System.
1274
55 Relationen
Tabelle 55.6 Mehrfachprozessrelationen (Schwerpunkt Kommissionierung)
Durch die unterschiedlichen Produktflüsse und ihrem Zusammenwirken entstehen Relationskombinationen. Bei gleicher Grundstruktur nach Tabelle 55.3 sind kombinierte Relationen und kombinierte Prozesse zu beachten, Tabelle 55.6. Der Anteil von Leerbehälterflüssen ist dabei nicht unerheblich.
55.6
Der räumliche Aspekt von Systemrelationen
Die räumliche Ausführung von Relationen führt zu den räumlichen Strukturen von Prozess und System. Das geschieht insbesondere durch die Anordnung der Relationsbezugselemente (Betriebsmittel) in einem geometrisch definierten Raum mit Raumkoordinaten. Es empfiehlt sich die vereinfachte Darstellung in einem Würfelmodell, Abb. 55.9. Durch die räumlichen Relationen werden die Geometrieformen der realen Verbindungen zu, zwischen und von den Objekten sowie die Anordnungslage der Bezugsobjekte beschrieben. Als Ergebnisse sind zu nennen:
55.6 Der räumliche Aspekt von Systemrelationen
1275
Abb. 55.9 Vereinfachtes und idealisiertes Raummodell (Würfelmodell) zur Definition von Relationen im Raum (ohne Höhenrasterdarstellung)
• Anordnungsdefinition (Maschinenanordnung, Rohrleitungspläne, Layout), • Koordinatendefinition der aus den räumlichen Relationen abzuleitenden Bewegungsrelationen, Abb. 55.10, • Relationswege (waagerechte, senkrechte, gerade, gewinkelte, … Wege), • Weg-Zeit-Relationen durch Technik (Geschwindigkeit), • Bewegungszeitermittlungsbasis (Transportzeit, Förderspielzeit, …), • Raumbeanspruchung und Raumnutzung. Eine räumliche Anordnungsdefinition ist die Grundlage für die dritte Strukturkomponente eines Systems nach Gl. (55.3) mit den Relationsuntersetzungen.
Abb. 55.10 Räumliche Koordinaten eines Systems (Beispiel ohne Handhabungsrelationen)
1276
55 Relationen
Systemstruktur = [ME ; AE ; RM , A ]
(55.3)
ME – Anzuordnende Elementemenge AE – Elementeanordnung im Raum (→ Relationsveränderung) RM,A – Relationen über die Elementemenge ME und über die Elementeanordnung AE Durch die Systemelementeanordnung im Raum wird der Prozess mit seiner Funktionsmenge auch in den Raum „gezogen“. Die Prozessrelationen werden durch die Systemrelationen realisiert, wobei die Unterscheidung von räumlicher Prozessrelation und räumlicher Systemrelation bleibt. Die Gesamtheit der räumlichen Systemrelationen bildet die Grundlage der räumlichen Systemstruktur.
55.7
Der technische Aspekt von Systemrelationen
Der technische Relationsaspekt wird durch die naturwissenschaftlichen Grundlagen, insbesondere durch die Formen der Bewegung, sowie durch Einflüsse der ↑ Integration und der Trag- und Stützfunktionen geprägt, Abb. 55.11. Die Relationen erhalten einen Bewegungscharakter, so dass in diesen Fällen von Bewegungsrelationen gesprochen werden kann, Abb. 55.12.
Abb. 55.11 Ansätze des technischen Aspektes von Systemrelationen
55.8
Zeitlicher Aspekt von Systemrelationen
Der zeitliche Relationsaspekt wird von der Zeitgleichheit, Abb. 55.13, und der ↑ Gleichzeitigkeit sowie von Kontinuität, Rhythmizität, Parallelität und Geschwindigkeit geprägt.
55.8 Zeitlicher Aspekt von Systemrelationen
Abb. 55.12 Relationsbewegungsformen (ohne Kombinationen)
Abb. 55.13 Abhängigkeit der zeitlichen Relationsmenge von der Zeitgleichheit
1277
1278
55 Relationen
Kontinuität Die Kontinuität von Systemrelationen bedeutet stetiges, lückenloses Wirken mit den Bedingungen: • Stillstandszeit = 0 (Keine Ausfallzeit der Wirksysteme durch Unterbrechungen), • Wartezeit = 0 (Kein Warten auf Abnahme, Weitergeben, Übergeben), • Ruhezeit = 0 (Keine EIN-AUSschaltfunktion, Ausschaltzeit, Einschaltzeit). Die Kontinuität ist relativ. Sind die genannten Zeitkomponenten gleich Null, kann die Relation kontinuierlich ausgeführt werden. Unterscheiden sich die Komponenten von Null, muss die Relation diskontinuierlich ausgeführt werden und es entstehen Speicher. Rhythmizität Die Rhythmizität ist abhängig von der Periodizität, Abb. 55.14.
Abb. 55.14 Rhythmizität von Systemrelationen
Geschwindigkeit Mit der Geschwindigkeit wird das Verhältnis von Technik, Raum (Weg) und Zeit der Relation zum Ausdruck gebracht.
55.9
Energetischer Aspekt von Systemrelationen
Jede Systemrelation ist energiebehaftet (Technik, Bewegung im Raum). Der energetische Bewertungsaspekt spielt deshalb bei der ganzheitlichen Projektierung von Systemrelationen eine bedeutende Rolle, so dass nach diesem und in Verbindung mit den räumlichen und zeitlichen Aspekten zu projektieren ist. Ganzheitlich betrachtet erfolgt dieses unter dem Ansatz nach Abb. 55.15.
55.10 Besonderheiten der Ein- und Ausgangsrelationen
1279
Abb. 55.15 Ansatz zur energetischen Relationsbewertung
55.10
Besonderheiten der Ein- und Ausgangsrelationen
Die Eingangs- und Ausgangsrelationen unterscheiden sich von den Verbindungsrelationen eines Systems durch Schnittstellen zu anderen Systemen. Diese Schnittstellen sind für den Systemein- und -ausgang verschieden und bestimmen trotzdem die Ganzheit des Systems. Der Projektant hat die Aufgabe, diese Schnittstellen zu definieren und damit die Systemganzheit oder die Systemgesamtheit (↑ Integration) zu bestimmen. Ein System gilt unter dem Relationsaspekt als ganzheitlich, wenn es einen Durchführungsbereich, einen Eingangsbereich und einen Ausgangsbereich sowie eine Systemkomplexität hat, die durch Übergabesysteme gekennzeichnet sind, Abb. 55.16.
Abb. 55.16 Systemganzheiten und Relativität der Ein- und Ausgangsrelationen
1280
55 Relationen
Das Bestimmen der Systemganzheit hat Einfluss auf die • Projektierung der Ein- und Ausgangsrelationen, von der Aufgabe über den Prozess bis zur Systemgestaltung und Kooperation, • Menge der Schnittstellen und der Übergabesysteme, • Systemausprägung durch Komplexität, Speicherung und Lagerung. Die Unterscheidung der Ein- und Ausgangsrelationen von den Verbindungsrelationen liegt in den Bezugselementen nach Tabelle 55.7, nicht in den sachlichen Inhalten begründet. Tabelle 55.7 Relationsunterscheidungen
Besonderheiten der Eingangsrelationen • Materialzustandsform nach Geometrie, Länge, Masse und Abmessungen muss nicht denen der Verbindungsrelationen entsprechen (Stange statt Einzelstück usw.), • Dispositionseinfluss auf die Speicherbedarfsgröße (Bereitstellung) und Eingangslagerungsmenge (↑ Fabriklagersystem), • systemfremde Bewegungstechnik für die Bereitstellung (Umschlag), • begrenzte Anzahl der Arbeitssysteme mit Eingangsrelationen, • Sammelrelationen bei der Montage, Kommissionierung und Instandsetzung, • Entpacken, Zählen, Wiegen, Identifizieren als Zusatzfunktionen, • Rohteile und Kooperationsteile bei der Teilefertigung, Kommissioniereinheiten bei der Montage, Instandhaltungsobjekte und Ersatzteile bei der Instandsetzung, • integrierter Materialfluss von Produkten und Betriebsmitteln (Werkzeuge) möglich, • Unterscheidung in Produktfluss, Betriebsmittelfluss und Betriebsstofffluss,
55.10 Besonderheiten der Ein- und Ausgangsrelationen
1281
• hoher Anteil Leerbehälterrelationen als Ausgangsrelationen oder (und) Eingangsrelationen, • kein oder ein Übergabesystem, mehrere Übergabesysteme möglich, Abb. 55.16. Besonderheiten der Ausgangsrelationen • Dispositionseinfluss auf die Ausgangsspeichergröße und Ausgangslagerungsmenge, • systemfremde Technik durch die Abnahme (Umschlag), • begrenzte Arbeitssystemanzahl mit Ausgangsrelationen, • hoher Anteil Leerbehälterfluss bei der Montage und Kommissionierung als Eingangsrelationen und Ausgangsrelationen, • Fertigteile und Kooperationsteile bei der Teilefertigung, • „Verkauf von der Maschine“ möglich,
Abb. 55.17 Relationen des Systemeingangs und Systemausgangs (Darstellung ohne Überführung der Ein- und Ausgangsflüsse in die Prozessverflechtungsflüsse, S – Systemschnittstellen). a Systemeingang. b Systemausgang
1282
55 Relationen
• Integration der Verpackung mit Verpackungsmaterialfluss (Eingangsrelationen), Etikettieren usw., • hoher Einfluss auf die Relationen durch fehlerhafte Systemsteuerung (falsches Produkt zum richtigen Termin), • Endkontrollbedingungen (Prüfen, Wiegen, Messen, Abnahme, Reinigung), • Ladungssicherungsaufgaben, • kein oder ein Übergabesystem, mehrere Übergabesysteme möglich, Abb. 55.16. Die Unterschiedlichkeit der Relationsbedingungen führt zu der Empfehlung, die Systemein- und -ausgänge als Teilsystem(e) zu projektieren, Abb. 55.17. Relationen mit ihren Beeinflussungen ermöglichen eine sichere Prozessprojektierung durch den Prozessaufbau mit Technologischen Prozessfunktionen (↑ Projektierungsprogramm). Eine Systemprojektierung mit dem Relationszusammenhang und mit Einfluss der technischen ↑ Integration ist notwendig.
• Die Projektierung unterscheidet sich von der Planung insbesondere durch die Bezüge zu den Relationen, da Relationen nicht geplant werden können. Dem Projektanten wird deshalb ein tiefes Eindringen in die Theorie der Relationen empfohlen. • Jedes System der Fabrik hat Eingangs-, Verbindungs- und Ausgangsrelationen, die einzeln und in komplexer Form vorliegen. Im Rahmen der Projektierung sind die Relationen für jedes Systemelement deutlich (grafisch) darzustellen, da sonst die Relationsarten, -mengen und -dichten nicht gleich erkennbar sind. • Ein- und Ausgangsrelationen enthalten im Regelfall Schnittstellen. Schnittstellen sind für den Gegenstandsfluss störend und erfordern Zusatzfunktionen (Kontrollfunktionen, Speicher). Ihre Anzahl ist deshalb zu minimieren. • Kleinere Systeme enthalten die gleichen Schnittstellen, Abb. 55.17, wie größere Systeme. Aus wirtschaftlichen Gründen ist deshalb die Fabriksystemanzahl einer Fabrik zu optimieren.
56
Rohrleitungssystem
Rohrleitungssystem: Flusssystem für die Sammel- und Verteilungsbewegung von flüssigen und gasförmigen Stoffen in umhüllten Konstruktionen mit Pumpen für die Flüssigkeitsbewegung, mit Verdichtern für die Gasbewegung, Abscheidern und Filtern für die Sicherung der Stoffreinheitsqualität sowie mit Ein- und Anbauten für die Flusssystembetreibung. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
a A dgl di
mm mm² mm mm
DN e fSt H Hgeo HV
mm m – m m m
k kS kV l pD pD,V = pV i pe pP pS Re sZu V
mm mm m³/h m Pa, N/m² Pa, N/m² Pa, N/m² Pa, N/m² Pa, N/m² – mm –
V˙ A V˙ an
m³/h m³/h
Ablagerungsdicke Leitungsquerschnitt Hydraulischer (gleichwertiger) Durchmesser Rohrinnendurchmesser (err – errechnet, gew – gewählt, NW – Nennweite) Nenndurchmesser (Durchmesser, Nennweite) Höhe (zur Veränderung der potentiellen Energie) Stochastikfaktor (≈0,15) Förderhöhe Geodätische Förderhöhe (D – im Drucksystem, S – im Saugsystem) Verlustförderhöhe (S – im Saugsystem, D – im Drucksystem) ≡ Druckverlust Δp Absolute Rauigkeit Äquivalente Sandrauigkeit Armaturvergleichszahl Rohrleitungslänge Druck am Druckstutzen Druck beim Verbraucher i Druck bei der Entnahme Prüfdruck Druck am Saugstutzen Reynoldszahl Rohrwandstärkezuschlag Verminderungsfaktor (V = 1 – gezogene Rohre, V = 0,7 – geschweißte Rohre, V = 0,9 – geprüfte Rohre) Volumenstrom im Anschlussrohr (Volumendurchsatz DV) Angegebener Volumenstrom (vom Hersteller)
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_56, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1283
1284
56 Rohrleitungssystem
Kurzzeichen V˙ V
Einheit
Erläuterung
m³/h
v
m/s
v¯ H L M p po Ȟ
m/s Pa · s – – – – – Pa, N/m² Pa, N/m² m²/s
Volumenstrom im Versorgungssystem (H – Hauptversorgungsleitung, A – Anschlussleitung, i – Verbraucher) Geschwindigkeit (V – beim Verbraucher, e – bei der Entnahme, D – am Druckstutzen, S – am Saugstutzen, gew – gewählt) Mittlere Durchflussgeschwindigkeit Dynamische Viskosität Rohrwiderstandsbeiwert Widerstandsbeiwert für Einbauten Hydraulischer Wirkungsgrad (0,85 … 0,98) Liefergrad Mechanischer Wirkungsgrad Druckverlust (E – Einbauten, R – Rohrleitung, V – Verbraucher) Druck an der Armatur (Bezugsdruck = 1 bar) Kinematische Viskosität
56.1 Allgemeines Rohrleitungen sind die häufigsten und zugleich die ältesten Transportsysteme für Flüssigkeiten und Gase über kurze und lange Wege. Antike Projektierungsbeispiele sind: • Wasserleitungen aus Ton: • Wasserbelüftungsleitungen: • Druckwindkessel: • Stadtwasserversorgung:
2500 v. u. Z. in Mesopotamien (→ Wasserversorgung), 1015–975 v. u. Z. in Jerusalem (→ Vermeidung anaerober Vergärungen), 250 v. u. Z. in Rom (→ Druck- und Mengenausgleich nach der Pumpe), 145 v. u. Z. in Rom (→ 90 km lange Wasserversorgungsleitung mit Aquädukten), 37 v. u. Z. in Rom ( Hauswasser-, Fabrikwasserversorgung).
Heute dienen Rohrleitungen in der Fabrik in Verbindung mit Pumpen und Verdichtern der Förderung von fließenden Stoffen (Medien, Fluide) in den folgenden Bereichen, Abb. 56.1: • Ver- und Entsorgung
• Rohrleitung, Einbauten und Pumpe ⇒ Flüssigkeitstransport durch Fördertechnik • Rohrleitung, Einbauten und Verdichter ⇒ Gastransport durch Fördertechnik
56.2 Projektierungsbeeinflussende Faktoren
1285
Abb. 56.1 Allgemeines Systemersatzmodell
• Fördertechnik:
• Pumpe und Rohrleitung ⇒ Fließförderung (Flüssigkeit und Partikel) • Verdichter und Rohrleitung ⇒ Flugförderung (Luft oder Gas und Schüttgut) ⇒ Schubförderung (Luft oder Gas und Stückgut) • Rohrleitung als Rinne ⇒ Fließförderung (Wasser und Schüttgut).
Für die drei Anwendungsbereiche sind Spezialprojektanten tätig. Der Fabrikprojektant muss das Verständnis für Rohrleitungssysteme besitzen und in der Lage sein, im Rahmen von Vor- und Entwurfsprojekten die Rohrleitungsprojektierungen (Funktionsbestimmung, Dimensionierung, Strukturierung) durchführen und Aufgabenstellungen ableiten zu können, Abb. 56.1, Tabelle 56.1.
56.2
Projektierungsbeeinflussende Faktoren
Die Rohrleitungsprojektierung konzentriert sich hauptsächlich auf die Projektsynthese und hier besonders auf die funktionelle, beanspruchungsgerechte und betreibungsgerechte Dimensionierung, ohne die Aufgaben der Projektanalyse (Konzeption, Projektierungsprogramm, Projektierungsbasis) und der Projektgestaltung (Ausführungs-, Schutzgestaltung) zu vernachlässigen, Tabelle 56.1. Sind die Angaben nach Tabelle 56.1 bekannt, liegt die Projektierungsbasis (Konzeption, ↑ Projektierungsprogramm) vor und es können die Dimensionierungsaufgaben nach Tabelle 56.2 und 56.3 durchgeführt werden.
1286
56 Rohrleitungssystem
Tabelle 56.1 Projektierungsbeeinflussungen
56.3
Durchsatz
Der Durchsatz (Volumenstrom) beeinflusst die Rohr- und die Erzeugerdimensionen, so dass bei Rohrleitungssystemen von den Verhältnissen nach Abb. 56.2 auszugehen ist.
56.3 Durchsatz Tabelle 56.2 Dimensionierungsaufgaben von Rohrleitungssystemen
Tabelle 56.3 Vergleichsrechnungen
1287
1288
56 Rohrleitungssystem
Abb. 56.2 Durchsatzverhältnisse bei Einzelrohr- und Mehrrohrsystemen. a Einzelrohrleitungssystem. b Rohrleitungsverteilungssystem
Schritt 1: V˙ V i =
Schritt 2:
Durchsatz in Verbraucherleitungen V˙ V i 1 ηN ,V
· V˙ i(an) · (1 + fE + fst )
e ηG · VV i 1 − ηV,Ü i=1
m3/h
1 · V˙ V , H 1 − ηV,Ü
V˙ V , A ≈ V˙ V , H
m3/h
(56.3.1)
(bei kurzen Anschlussleitungen)
m3/h
(56.3.2)
Durchsatz im Erzeuger V˙ E
V˙ E = V˙ V , A + V˙ E,Verlust =
1 · V˙ V , A ηL · η H
V˙ E,eff = ηL · ηH · V˙ E
m3/h
V˙ E, Verlust = V˙ E · [(1 − ηL ) · (1 − ηH )]
Schritt 5:
(56.2)
Durchsatz in Anschlussleitungen V˙ V , A
V˙ V , A =
Schritt 4:
(56.1)
Durchsatz in Hauptversorgungsleitungen V˙ V ,H
V˙ V , H =
Schritt 3:
m3/h
m3/h
(56.4.1) (56.4.2)
m 3/h
(56.4.3)
Niveaukennzahlen Liefergrad ( L = 0,88 … 0,92 bei V˙ ≤ 16 m³/h, (ȘL = 0,92 … 0,96 bei V˙ > 16 m³/h)
ηL = 1 −
V˙ Verlust ≤1 VV˙ , A
(56.5.1)
Hydraulischer Wirkungsgrad ( H = 0,85 … 0,98) ηH =
H ≤1 Htheoretisch
(56.5.2)
56.4 Rohrinnendurchmesser
1289
Übertragungsverlustgrad ( V,Ü § 0,05 bei einfachen Rohrleitungen, V,Ü § 0,15 bei komplizierten Rohrleitungen; zusätzlich: Verluste durch Undichtheiten) ηG ·
e
V˙ V i (an)
ηV, Ü =
i=1
V˙ E
≤1
(56.5.3)
Durchsatz im Saugsystem V˙ S
Schritt 6:
1 · V˙ E 1 − ηV,Ü
V˙ S =
m3/h
(56.6)
Beachte: Unterschiedliche Rohrleitungen bei Systemen mit Mischfunktionen!
56.4
Rohrinnendurchmesser
Folgende Berechnungsschritte sind durchzuführen: Schritt 1:
di err
Berechnung des Innendurchmessers für runde Rohre mit gewählter Geschwindigkeit # 4 · V˙ = mm (56.7.1) π · vgew Geschwindigkeit v aus Tabellenbüchern oder Tabelle 56.4
Tabelle 56.4 Geschwindigkeitsrichtwerte (i. A. ROCKSTROH, SIGLOCH)
Schritt 2:
Bestimmung des Innendurchmessers unter Beachtung von Ablagerungen, Abb. 56.3.
di = di err + 2 · a = di err + a1 + a2
Schritt 3:
mm
(56.7.2)
Nennweitenabhängige Rohrauswahl
d i err ≤ d i gew = dNW ≡ DN
mm
Gewinderohr (Zollrohr), geschweißtes oder gezogenes Rohr
(56.7.3)
1290
56 Rohrleitungssystem
Abb. 56.3 Rohrablagerungsarten. a Keine Ablagerungen. b Gleichmäßige Ablagerung. c Ungleichmäßige Ablagerung
Schritt 4: v¯ =
Nachweis der Geschwindigkeit mit gewähltem Durchmesser V˙ 4 · V˙ = Agew π · di2gew
Schritt 5: serr ≈
56.5
(56.7.4)
m/s
Rohrwerkstoff und Rohrwandstärke (Tabelle 56.2) pP · di gew · fSi + sZu V · δzul
mm
(56.7.5)
Druckverluste
Druckverluste entstehen in jedem Rohr durch Reibung, Einbauten, Undichtheiten als • Rohrreibungsverluste (λ) des Stoffflusses im Rohr (Strömung, Rauheit, ΔpR, Tabelle 56.2), Abb. 56.4 • Widerstandsverluste des Stoffflusses durch Einbauten (Widerstandsbeiwerte ζ für Rohrbogen, Rohrverzweigung, Filter, Abb. 56.8, Tabelle 56.2) und durch • geodätische Höhenverluste des Systems.
Abb. 56.4 Rohrströmungsverhältnisse. a laminare Strömung ( = f (Re); Re < 2320). b turbulente Strömung ( = f (Re, di/k))
56.5 Druckverluste
Schritt 1:
1291
Druckverluste durch Rohrreibung pR (Tabelle 56.2)
pR = λ
l ρ 2 · · v¯ (1 + fSi ) di 2
N/m2
(56.8.1)
Rohrreibungsbeiwert (Rohrreibungszahl)
Schritt 2: λ=
64 Re
λ=
0, 3164 Re−0,25
(für laminare Strömung) (für turbulente Strömung)
(56.8.2)
(56.8.3)
( aus Abb. 56.5)
Abb. 56.5 Rohrreibungswiderstandsdiagramm nach MOODY (von SIGLOCH)
Schritt 3: Re =
Reynoldszahl Re v¯ · di v¯ · di · ρ = ν η·g
η aus Abb. 56.6; ν aus Abb. 56.7 oder Tabellenbüchern
(56.8.3)
1292
56 Rohrleitungssystem
Abb. 56.6 Dynamische Viskosität Ș [Pa ⋅ s] von Flüssigkeiten und Gasen in Abhängigkeit von der Temperatur (von SIGLOCH)
Schritt 4: fR =
Rauigkeitsverhältnis fR di k Rauigkeit k aus Tabelle 56.5 oder vom Hersteller
Druckverluste durch Einbauten pE (Tabelle 56.2) e ρ N/m2 · v¯ 2 · (1 + fSi ) pE = ζi · 2 i=1
(56.8.4)
Schritt 5:
(56.8.5)
Widerstandsbeiwerte (Widerstandszahlen) ȗ aus Abb. 56.8 und 56.9
56.5 Druckverluste
1293
Abb. 56.7 Kinematische Viskosität [m²/s] von Fluiden (Flüssigkeiten und Gasen), abhängig von der Temperatur (von SIGLOCH)
Beziehung zwischen λ und ζ
Schritt 6:
ζλ = λ ·
l di
(56.8.6)
Armaturenvergleichszahl kV ( kV – Wert) # # ρ · pO pO ˙ kV = V · m3/h = V˙ · ρO · p ρO · g · HV
Schritt 7:
ζ kV =
di 2 kV
2 ·
π 2 p0 · 8 ρ0
(56.8.7)
(56.8.8)
1294
56 Rohrleitungssystem
Tabelle 56.5 Rohrrauigkeiten k (von SIGLOCH)
Abb. 56.8 Widerstandsbeiwerte (Widerstandszahlen) (von SIGLOCH). a Widerstandszahlen von rauen T-Verzweigungsstücken. b Widerstandszahlen von rauen, abgewinkelten Hosenrohren. c Widerstandszahlen von rauen Trennungs-Abzweigstücken. d Widerstandszahlen von rauen, gekrümmten Hosenrohren. e Widerstandszahlen von rauen Vereinigungs-Abzweigstücken. f Widerstandszahlen von rauen, Dehnungsausgleichern (Kompensatoren)
Abb. 56.9 Widerstandsbeiwerte von rauen Stahl-Krümmern mit δ = 90° (von SIGLOCH)
56.7 Pumpen und Verdichter
1295
Schritt 8:
Gesamtdruckverlust p e ρ 2 · v · (1 + fSi ) + HV p = (ζ )i + ζλ + ζkV 2 i=1
Schritt 9:
(56.8.9)
Sicherheitsfaktor fSi Zu beachten:
56.6
N/m2
• Vergleichswerte aus Vergleichsprojekten • Schätzung ( fSi § 0,15) • Vergleichsberechnungen und Nutzung von Erfahrungskennzahlen (Spezialprojektant).
Rohrleitungskennlinien und Projektierungshinweise
Rohrleitungskennlinien sind in Tabelle 56.6 und Projektierungshinweise in Tabelle 56.7 enthalten.
56.7
Pumpen und Verdichter
Rohrleitung und Erzeugersystem (Druckänderungssystem) müssen als Teilsysteme über die Rohrleitungskennlinie (Tabelle 56.6) mit der Arbeitskennlinie (Tabelle 56.6) von Pumpen oder Verdichtern in Übereinstimmung gebracht werden, damit das Gesamtsystem eine effektive Wirkung erreicht (Betriebskennfeld des Systems). Pumpen und Verdichter sind Arbeitsmaschinen, die einen Antrieb durch Kraftmaschinen (Motor, Kurbel und Handkraft) benötigen.
56.7.1 Allgemeine Gruppierung von Kraftund Arbeitsmaschinen Die Erfindung der Pumpe erfolgte deutlich später als die des Rohrsystems und deutlich früher als die der Verdichter („Luftpumpe“).
Beispiele • 250 v. u. Z.: „Archimedische Schraube“ als 1. Pumpe von ARCHIMEDES, Windrad für die Feldbewässerung und Brunnenwasserhebung, • 15. Jh.: Umfangreicher Saug- und Druckpumpeneinsatz sowie „Bewetterungspumpen“ als Verdichter im Bergbau nach dem Verdrängungsprinzip, • 1870: Wasserstrahlpumpe von BUNSEN).
1296
56 Rohrleitungssystem
Tabelle 56.6 Berechnungsgrundlage für Rohrleitungsstrukturen (vereinfacht)
56.7 Pumpen und Verdichter Tabelle 56.7 Projektierungshinweise
1297
1298 Tabelle 56.7 (Forsetzung)
56 Rohrleitungssystem
56.7 Pumpen und Verdichter
1299
Tabelle 56.8 Allgemeine Gruppierung der Kraft- und Arbeitsmaschinen (Beispielzuordnungen)
Kraft- und Arbeitsmaschinen werden nach dem Arbeitsprinzip und dem Arbeitsstoff gegliedert, Tabelle 56.8.
56.7.2 Auslegung von Pumpen für Rohrleitungssysteme Projektierungshauptaufgaben für Pumpen bestehen in der Dimensionierung, Auswahl und Anordnung in Rohrleitungssystemen für flüssige Stoffe sowie in der weiterführenden Fein- und Ausführungsprojektierung von Pumpenblöcken (Pumpensysteme) mit Verrohrung als Teilsysteme von ganzheitlichen Anlagen (System). Abbildung 56.10 enthält ein Anlagenprojektierungsbeispiel und Tabelle 56.9 eine Beeinflussungsübersicht. Dimensionierungsschritt 1: Ermittlung des Pumpendurchsatzes V˙ oder m ˙ Die Ermittlung des Durchsatzes für V˙ erfolgt nach Gl. (56.4) auf der Basis des Rohrleitungsdurchsatzes V˙ V , A , Abb. 56.2.
1300
56 Rohrleitungssystem
Abb. 56.10 Anlagenbeispiel mit Wirkelementen, Rohrleitungen und Pumpen (aus DIN 28004, Teil 1, Seite 10)
56.7 Pumpen und Verdichter
1301
Tabelle 56.9 Auslegung von Pumpen (P)
Dimensionierungsschritt 2: Pumpenförderhöhe H Als Förderhöhe H wird eine Höhe verstanden, um die ein kg Fluid verlustlos gehoben werden kann, wenn ihm eine spezifische Arbeit als kinetische und potentielle Energie (Tabelle 56.9) zugeführt wird, Gl. (56.9). Die Förderhöhe des Systems muss durch die Pumpenförderhöhe HP ermöglicht werden. Pumpenförderhöhe HP ≥ Systemförderhöhe H
(56.9.1)
Systemförderhöhe, Tabelle 56.9 H=
pD,V − pe vV 2 − ve 2 + + Hgeo + HV ρ 2·g
m
(56.9.2)
1302
56 Rohrleitungssystem
Pumpenförderhöhe HP =
pD − p S vD 2 − vS 2 + + Hgeo + HV ρ 2·g
m
(56.9.3)
Förderhöhenverlust HV HV = HV ,Saug + HV ,Druck
(56.9.4)
m
Die Pumpenförderhöhe entspricht einer Druckerhöhung der Pumpe zwischen dem Saug- und dem Druckstutzen, Gl. (56.10). Druck am Druckstutzen pD (Tabellen 56.2 und 56.9) pD = pD,V + p ≡ pD,max + pR + pE
N/m2
(56.10.1)
Druck am Saugstutzen pS (Tabellen 56.2 und 56.9) pS = pe + p
N/m2
(56.10.2)
Druckerhöhungsdifferenz p und Druckerhöhungsfaktor fD p = pD − pS fD =
pD pS
N/m2
(56.10.3)
(Nieder-, Mittel-, Hochdruck)
Dimensionierungsschritt 3:
Berechnung der Nutzleistung PN
PN = g · H · m ˙ = g · H · V˙ · ρ
Dimensionierungsschritt 4: Pin =
1 · PN ηL · ηH
1 · Pin ηm
(56.11.1)
W, kW
Ermittlung der indizierten Leistung Pin (Abschnitt 56.3, Schritt 5; Hersteller)
(56.11.2)
W, kW
Dimensionierungsschritt 5: PK =
(56.10.4)
Berechnung der Kupplungsleistung Pk
(ηm vom Hersteller)
W, kW
(56.11.2)
Dimensionierungsschritt 6: Pumpenauswahl Zu beachten sind alle Einflüsse nach Tabelle 56.2, 56.6, 56.9 und besonders Durchsatz, Förderhöhe und Pumpenkennlinie, Abb. 56.11, die mit der Rohrleitungskennlinie in Übereinstimmung zu bringen sind.
56.7.3 Auslegung von Verdichtern Die Auslegung von Verdichtern entspricht weitgehend der Auslegung von Pumpen, Abschnitt 7.2, mit den Unterscheidungen der Einsatzgebiete:
56.7 Pumpen und Verdichter
1303
Abb. 56.11 Kennfelder (Arbeitsbereiche) für Kolbenpumpen nach KLEINERT (Übersicht)
• ↑ Druckluftversorgungssysteme, • ↑ Absaugsysteme, • Raumlufttechnische Systeme (↑ Luftversorgung). Zu beachten sind weitere Besonderheiten wie • Förderung/Transport von gasförmigen Stoffen (geringere Aggressivität), • geringer ausgeprägte Saugrohrsysteme, Abb. 56.12, • Beachtung der allgemeinen Gasgesetze (Volumen = f (Druck, Temperatur, Gaskonstante)).
Abb. 56.12 Prinzipskizze für den Verdichtereinsatz
1304
56 Rohrleitungssystem
Abb. 56.13 Kennfelder (Arbeitsbereiche) für Verdichter nach KLEINERT (Übersicht)
Druckverhältnisse, Abb. 56.12, 56.13, 56.14 • Enddruck am Verdichter pD = pD, V + pRohr + pEinbau • Druckerhöhung
p = pD − pS ≡ pD − pe
N/m2
N/m2
(56.12.1) (56.12.2)
• Druckerhöhungsfaktor fD fD =
pD pS
≥1
f D ≤ 1, 1 f D = 1, 1… 3, 0 f D > 3, 0
Verdichter als Lüfter, Ventilator Verdichter als Gebläse Verdichter als Kompressor
• Pumpen und Verdichter können nur in Verbindung mit den Rohrleitungssystemen abgestimmt projektiert werden, damit das Betreiben über die Kennfeld-/ Kennlinienübereinstimmung (Betreibungsbereich, -punkt) gewährleistet wird. • Die Projektierungsdominanz liegt beim Rohrleitungssystem mit den Verbraucheranschlüssen, der darauf ausgerichteten Pumpen- oder Verdichterdimensio-
56.8 Abscheider und Filter
1305
Abb. 56.14 Auswahlbeispiel für Radialventilator (Katalogbild: SIEMENS; C, …, H – Bauarten)
nierung und der nachfolgenden abgestimmten Projektierung von Pumpe oder Verdichter und Rohrleitungssystem.
56.8 Abscheider und Filter Abscheider und Filter sind verfahrenstechnische Systemelemente oder Teilsysteme von rohrgeführten Flusssystemen der Ver- und Entsorgung zur Reinheitserhöhung von flüssigen oder gasförmigen Stoffen und Stoffgemischen durch physikalische, chemische oder biologische Trennung (Filtern bzw. Filtration, Abscheiden).
56.8.1
Notwendigkeit und Grundlagen
Filter und Abscheider haben in der Fabrik in erster Linie vorbeugende Schutz- und fabrikökologische Aufgaben, insbesondere Wirkungsminderungs- und Wirkungsschutzaufgaben, zu leisten. Sie sind eine zusätzliche Technik, da das angewendete
1306
56 Rohrleitungssystem
Abb. 56.15 Ökologiekomponenten, Wirkungsminderung und Wirkungsschutz durch Filter und Abscheider. a Wirkungsschutz für den Menschen. b Wirkungsschutz für die Technik. c Wirkungsschutz für die Umwelt
Verfahren keine Wirkungsbeseitigung ermöglicht. Das führt in jedem Fall zu Mehraufwendungen gegenüber dem Verfahrensideal, Abb. 56.15. Filter und Abscheider können nur bei fließfähigen Stoffen in rohrgeführten Flusssystemen zum Einsatz kommen, Abb. 56.16, und sind für das Betreiben mit energetischen und stofflichen Aufwendungen verbunden und stellen, allgemein betrachtet, einen Widerstand R dar.
Abb. 56.16 Beim Einsatz von Filtern und Abscheidern zu berücksichtigende Projektierungseinflüsse
Dieser Widerstand R nimmt bei mehrstufigen Ausführungen zu, so dass ganzheitliche Betrachtungen der Verhältnisse über die Gesamtstrecke Eingang → [Filtervorgang/Abscheidungsvorgang ] ⋅ Stufigkeit → Ausgang notwendig sind, Abb. 56.17.
56.8.2 Abscheider Abscheider sind verfahrenstechnische Wirksysteme als Vorrichtung, Apparat oder Anlage zur Trennung (Abtrennung) von abscheidbaren Stoffteilchen oder Stoffen
56.8 Abscheider und Filter
1307
Abb. 56.17 Sinnbildliche Darstellung der Abscheidung und Filterung. a ein- und mehrstufige Abscheidung. b ein- und mehrstufige Filterung (Filtrierung)
Abb. 56.18 Grobe Auswahl und Übersicht der Abscheiderarten
aus f ließfähigen Stoffgemischen unter Anwendung physikalischer, chemischer oder biologischer Verfahrensprinzipien. Abbildung 56.18 enthält eine grobe Übersicht.
56.8.3
Filter
Im Gegensatz zu Abscheidern sind Filter verfahrenstechnische Wirkelemente als Vorrichtung oder Apparat in Rohrleitungssystemen. Filtersysteme bestehen aus Filtern und Rohrleitungen. Das Trennen erfolgt durch Partikelzurückhaltung, woraus sich die Filteraufgabe, die Filterungsvorgänge (Filtration), der Filteraufbau und die Filterbenennungen erklären, Beispiel in Abb. 56.19. Filter bestehen im Grundaufbau aus einem Filtergehäuse verschiedener geometrischer Formen und auswechselbaren Filtereinsätzen mit Unterschieden im Aufbau (Membran, Schichtungen, Stufen) und in den Werkstoffen (Papier, Tuch, Vlies, Späne, Keramik, …), unterschiedlicher Durchlassfeinheit und Anwendung. Die Filtereinsätze (Filtermedium) werden für den Einmalgebrauch (häufiger Wechsel,
1308
56 Rohrleitungssystem
Abb. 56.19 Reinstwasseraufbereitungsanlage (Beispiel von ULTRAFILTER)
sofortige Entsorgung) oder Mehrfachgebrauch (Wechsel, Reinigung durch Druckstrahl oder Ultraschall, Aufbereitung durch Filtereinsatzprüfung, Einbau, Entsorgung) ausgelegt. Für die Projektierung von Bedeutung sind die Verbindungen zu Rohrleitungen, zur Vor- oder Nachschaltung von Abscheidern sowie die Möglichkeit der Integration in die Abscheider.
56.8.4
Bewertung
Die Qualität von Abscheidern und Filtern wird mit Niveaukennzahlen bewertet, dazu gehören, Abb. 56.20, SCHWISTER et al.:
Abb. 56.20 Abscheidungsverhältnisse bei Abscheidern und Filtern. a Abscheider. b Filter
• Abgeschiedene Menge je Zeiteinheit • Abscheidegrad ηAB ηAB1 =
KE − KA KA =1− ≤1 KE KE
(56.13.1)
56.8 Abscheider und Filter
K AB 2 =
1309
ppmE − ppm A ppmE
K AB 2 = 1 −
ppm A ppmE
= 1−
ppm A ppmE
≤1
oder
⋅ 100 ≤ 100%
(56.13.2) (56.13.3)
• Durchlassgrad ηD
KD =
m A m E
≡
VA ⋅ U A
VE ⋅ U E
≤1
oder
KD =
m A m E
⋅ 100 ≤ 100%
(56.14)
• Grad der Trennschärfe (Filter) ηT ηT =
56.8.5
Ausgangsdurchlassweite in μm dP A ≤1 = Eingangsdurchlassweite in μm dP E
(56.15)
Dimensionierungseinflüsse
Die Beeinflussung der Dimensionierung von Abscheidern und Filtern enthält Abb. 56.21 in grober technologischer Form. Fein- und Ausführungsdimensionierungen erfolgen u. a. durch die Hersteller.
Abb. 56.21 Dimensionierungsbeeinflussungen (Schwerpunkt: Filter)
Im Regelfall wird ein Filter pro Filteraufgabe gewählt und so mit der Filterwartung unter Berücksichtigung einer Redundanz abgestimmt, dass je Filteraufgabe maximal 2 gleichartige Filtereinsätze im Wechselbetrieb zum Einsatz kommen. Bei mehrstufigen Aufgaben werden die Filter mehrstufig ausgeführt, insbesondere durch Schichtungen oder Mehrfiltereinsatzausführungen, Abb. 56.22.
1310
56 Rohrleitungssystem
Abb. 56.22 Beispiel für einen Mehrfiltereinsatz
• Die Projektierung von Abscheidern und Filtern gilt als eine ausgesprochene Spezialprojektierung, die vom Hersteller übernommen wird. Die nicht so einfachen strömungstechnischen Berechnungen werden durch laborative Erprobungen umgangen, um praktisch gesicherte Angaben zu erhalten. • Abscheider und Filter weisen hohe bis sehr hohe Einbauwiderstandsbeiwerte auf, die das Mehrfache einfacher Rohrleitungen betragen können. Die Bereitstellung dieser Daten ( bei Neueinsatz, kurz vor dem Filterwechsel) ist nur durch den Hersteller möglich, da dem Projektanten die Informationen nicht bekannt sind. • Als praktische Projektierungsfolge gilt: Rohrsystem → Abscheider und Filter → Rohrsysteme → Pumpen und Verdichter → MSR-Ein- und -Anbauten → Gesamtrohrleitungssystem. • Entwurfs-, Fein- und Ausführungsprojektierungen werden unter weitgehender Zuhilfenahme von Herstellerkatalogen oder -angaben und Tabellenbüchern durchgeführt.
56.9
Vervollständigung und Anlagenentwicklung von Rohrleitungssystemen
Rohrleitungssysteme für die Ver- und Entsorgung enthalten zusätzlich zu den Verdichtern oder Pumpen, Abscheidern und Filtern weitere Ein- und Anbauten, die einen Einfluss auf die Ver- und Entsorgungssicherheit und Projektierung haben. Wichtige weitere Systemelemente sind: • Behälter (Druck-, Bereitstell-, Ausgleichsbehälter) als Speicher (↑ Speicherdimensionierung), • MSR-Elemente für die technische Systemsteuerung (Potentialsteuerung),
56.9 Vervollständigung und Anlagenentwicklung von Rohrleitungssystemen
1311
• Elemente für die organisatorische Steuerung (Betreibung, Datenerfassung, -verarbeitung), • Elemente für die Systemerhaltung (Podeste, Leitern, Kontrollpunkte). Von grundsätzlicher Bedeutung sind die Rohrleitungsprogrammaufgaben mit ihrer Unterscheidung und Projektierungsfolge: • Versorgungsprogramm: Verbrauchererfassung und Versorgungsbedarfsermittlung → Abscheider, Filter und Einbauten → Rohrleitungssystem → Pumpen oder Verdichter → MSR-Ein- und -Anbauten → Gesamtrohrleitungssystem der Versorgung. • Entsorgungsprogramm: Erfassung der Entsorgung beim Erzeuger und Entsorgungsbedarfsermittlung → Abscheider (Filter) und Einbauten → Rohrleitungssystem → Pumpen oder Verdichter → MSR-Ein- und -Anbauten → Gesamtrohrleitungssystem der Entsorgung. • Produktionsprogramm: Produktionsbedarfsermittlung → Systemkonzeption mit den verfahrenstechnischen Systemelementen (Rührer, Mischer, Kolonnen, Wärmetauscher, …) → Abscheider, Filter und Einbauten sowie Pumpen oder Verdichter → MSREin- und -Anbauten → Gesamtrohrleitungssystem (Produktion) → Versorgungssystem → Entsorgungssystem ⇒ Anlage als technologisches Fabriksystem ⇒ Weiterführung der Systemprojektierung.
• Durch die Vielfalt der in der Fabrik benötigten flüssigen und gasförmigen Stoffarten weist eine Fabrik auch eine Vielfalt und Vielzahl unterschiedlicher Rohrleitungssysteme auf. • Zu unterscheiden sind grundsätzlich Rohrleitungssysteme • als Flusssysteme in technologischen Fabriksystemen, • für die Versorgung sowie für die Entsorgung technologischer Fabriksysteme, • für die zentrale fabrikliche Versorgung sowie für die zentrale fabrikliche Entsorgung der technologischen Fabriksysteme (Gesamtproduktion, Standortanbindungsbezug), • für die dezentrale oder zentrale Fabrikraumversorgung sowie für die Raumentsorgung, • für die zentrale oder auch dezentrale Versorgung (Brandschutz) sowie Entsorgung (Entwässerung) der Gesamtfabrik. • Die Vielfalt an Rohrleitungssystemen macht ein Ordnungssystem der Rohrleitungsverlegung erforderlich, um die Rohrleitungserhaltung, -erweiterung und
1312
56 Rohrleitungssystem
-veränderung sowie die Fabriksystem- und Gesamtfabrikerweiterung nicht zu stören. Diese Ordnungsaufgabe muss der Fabrikprojektant übernehmen, da die Anzahl von Spezialprojektanten groß sein kann und ihnen die Gesamtinformationen fehlen.
Literatur ROCKSTROH W (1974) Technologische Betriebsprojektierung: Teilsysteme – Gestaltung. Technik, Berlin SCHWISTER K et al (2001) Taschenbuch der Verfahrenstechnik. Carl Hanser Verlag, Leipzig SIGLOCH H (1991) Technische Fluidmechanik. VDI, Düsseldorf ULTRAFILTER (2001) Produktkatalog. Ultrafilter GmbH, Haan
57
Schutzgüte
Schutzgüte: Qualitative und quantitative Aussage zu den Projektierungslösungen und über die Vorbeugungsmaßnahmen zum Schutz von Personen, Objekten, Elementen und Systemen der Fabrik sowie der Fabrikumwelt gegen interne, externe, ungewollte und gewollte (gewaltsame) Gefahren jeglicher Art.
57.1
Gegenstand und Notwendigkeit
Gefahren haben eine oder mehrere Ursachen und sind vorhersehbar oder nicht vorhersehbar, ungewollt oder gewollt. Jede Gefahr kann zu einem Schaden führen, und zwar als Reaktionseinzelwirkung oder als Reaktionsfolgewirkung. Die Gefahrenvermeidung, die Gefahrenminderung und der Gefahrenschutz sind im Rahmen der Projektierung von Fabriken eine notwendige Aufgabe, damit im Fabrikbetrieb keine Gefährdungen und Schäden auftreten. Diese Projektierungsaufgabe wird als Schutzgüte bezeichnet, mit einem Schutzgütenachweis – als Projekt – dokumentiert und auf die Gruppierung nach Abb. 57.1 differenziert bezogen.
Abb. 57.1 Gruppierung der Gefährdungskomplexe einer Fabrik
Die Schutzgüte muss die folgenden begrifflichen Inhalte berücksichtigen. Gefahr: Gefährdung: Schaden: Gefährlichkeit:
Wahrscheinlichkeit einer Wirkung, die zu einem Schaden führen kann. Einzel- oder Komplexursachen einer Gefahr. Qualitativer und quantitativer Verlust an Objekten und Subjekten. Reaktionsstärke einer Gefährdung, die zum Verlust eines Zustandes führen kann.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_57, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1313
1314
57 Schutzgüte
Gefahrenschutz: Gefahrenabwehr:
Vorbeugende Maßnahmen gegen das Auftreten von Gefahren. Vorbeugende Maßnahmen zur Bekämpfung von Gefahren.
Unter einer Maßnahme sind alle technischen und organisatorischen Lösungen, Regelungen und Vorschriften zu verstehen, die eine Vorbeugung, Begrenzung und einen Schutz vor Gefahren bewirken. Schutzmaßnahmen können erst definiert und beachtet werden, wenn die Gefahren eindeutig definiert bzw. erkannt worden sind.
57.2
Gefahrenkategorien und Einzelgefahren
Gefahren entstehen durch das Wirken von Menschen, Technik und Natur auf die Menschen, die Technik und die Natur. Diese drei Komponenten stehen in einem bestimmten Relationszusammenhang und definieren dadurch die Ökologie. In grundsätzlicher Form entstehen hieraus auch Gefahrenklassen, für die Vorschriften zum Schutz des Menschen, der Technik und der Natur zu erarbeiten, anzuwenden und nachzuweisen sind. Vorschriften sind in diesem Zusammenhang gesetzliche Schutzvorschriften, Projektierungsvorschriften und Betreibungsvorschriften zum Schutz vor Gefahren. Abbildung 57.2 enthält den allgemeinen Zusammenhang. Mit der Abb. 57.2 wird verdeutlicht, dass die Gefahren unterschiedliche Ursprünge haben. Zwei Hauptsachverhalte sind zu unterscheiden: • Gefahren innerhalb der Kategorien N
N
,
M
M
und
T
T
,
• Gefahren zwischen den Kategorien N
57.2.1
T
,
T
N
, …, .
Gefährdungen durch die Natur
Unter Natur wird hier vereinfachend das natürlich und künstlich Entstandene hinsichtlich der Flora, Fauna, Erde, Wasser, Licht und Luft mit den Klimafaktoren vorstanden, in dem der Mensch lebt und wirkt. Der Mensch ist von der Natur abhängig und muss zwangsläufig die Natur durch Maßnahmen erhalten und schützen. Dieser Regelkreis erfordert einen dauerhaften Schutzprozess und muss Bestandteil der Schutzgüte hinsichtlich der Arbeitsumwelt und des Arbeitsumfeldes sein. 57.2.1.1
Gefährdungen der Fabrik durch die Natur-Natur-Beziehung
Gefährdungen bei Natur-Natur-Beziehungen haben einen dominanten Einfluss auf die Wahl und den Gefahrenschutz des Standortes. Gebiete mit einer Katastrophenwahrscheinlichkeit sollten weiträumig gemieden werden. Abbildung 57.3 enthält ausgewählte Gefahren und Schutzmaßnahmen, die mit erheblichen Aufwendungen verbunden sind.
57.2 Gefahrenkategorien und Einzelgefahren
1315
Abb. 57.2 Gefahrenschutzkategorien und der Weg zur Schutzgüte
Abb. 57.3 Gefährdungen durch Natur-Natur-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
1316
57.2.1.2
57 Schutzgüte
Gefährdungen der Menschen in der Fabrik durch die Natur
Zusätzlich zu den Wirkungen nach Abschnitt 57.2.1.1 sind Gefährdungen des tätigen Menschen in der Fabrik durch natürliche Einflüsse zu beachten. Die Schutzmaßnahmen sind weniger aufwendig und direkt oder indirekt wirkend. Hinzu kommt, dass einige Gefahren erst nach längerer Zeit erkannt werden, und zwar nach dem Eintreten von gesundheitlichen Schäden. Der Zusammenhang wird mit dem Inhalt der Abb. 57.4 verdeutlicht.
Abb. 57.4 Gefährdungen durch Natur-Mensch-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
57.2.1.3
Gefährdungen der Fabriktechnik durch die Natur
Technikgefährdungen durch die Natur sind im Allgemeinen geringer als die Naturgefährdung durch Technik, Abb. 57.5.
Abb. 57.5 Gefährdungen durch Natur-Technik-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
57.2 Gefahrenkategorien und Einzelgefahren
57.2.2
1317
Gefährdungen durch Menschen
Gefährdungen entstehen durch das menschliche Bewusstsein (bewusst, unbewusst) und Handeln (gewollt, ungewollt). Diese Faktoren können nicht durch Projektierung sondern überwiegend nur durch Bildung, Vorschriften, Belehrungen und Haftungsverantwortung beeinflusst bzw. geregelt werden. 57.2.2.1
Gefährdungen des Menschen durch den Menschen
Diese Kategorie scheint einfach zu sein. Sie führt aber häufig zu den größten Schäden. Abbildung 57.6 enthält wesentliche Beziehungen und Aufgaben.
Abb. 57.6 Gefährdungen durch Mensch-Mensch-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
57.2.2.2
Gefährdungen der Natur durch den Menschen
Das ist eine Kategorie, die vom Bewusstsein des Menschen abhängt und durch Bildung, Erziehung und Wertschätzung beeinflussbar ist, Abb. 57.7.
57.2.2.3
Gefährdungen der Technik durch den Menschen
Seit der Entstehung von Fabriken sind ihre Technisierung, Mechanisierung und Automatisierung sowie ihr Bestandswert ständig zunehmend. Schadensfälle müssen ausgeschlossen oder stark eingeengt werden, Abb. 57.8.
1318
57 Schutzgüte
Abb. 57.7 Gefährdungen durch Mensch-Natur-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
Abb. 57.8 Gefährdungen durch Mensch-Technik-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
57.2.3
Gefährdungen durch Technik
Eine wesentliche Komponente des Gefährdungsschutzes liegt in der Beherrschbarkeit der Technik durch Technologie und Mensch. 57.2.3.1
Gefährdungen der Technik durch die Technik
Diese Kategorie nimmt mit zunehmender Automatisierung an Bedeutung zu. Sie erfordert Schutzmaßnahmen, deren Aufwendungen vom Wert und von der Mobilität der Technik abhängen, Abb. 57.9.
57.2 Gefahrenkategorien und Einzelgefahren
1319
Abb. 57.9 Gefährdungen durch die Technik-Technik-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
57.2.3.2
Gefährdungen der Menschen durch Technik
Gefährdungen des Menschen durch Technik sind im Regelfall mit schweren Folgen verbunden. Die Kräfteverhältnisse von Mensch und Technik sind ungleich und Ursache von Unfällen. Das darf aber nicht zu einer Technikfeindlichkeit durch Unwissenheit führen. Aus diesen Beziehungen entstanden der Arbeitsschutz und seine strengen Vorschriften, Abb. 57.10.
Abb. 57.10 Gefährdungen durch Technik-Mensch-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
57.2.3.3
Gefährdungen der Natur durch Technik
Mit der Industrialisierung der Produktion wurde die Natur durch den Technik- und Energieeinsatz ungeschützt belastet. Die sogenannten Öko-Systeme „erkrankten“,
1320
57 Schutzgüte
ganze Flora- und Faunabereiche wurden vernichtet. Von Wichtigkeit ist deshalb eine ökologische Technik, die auch dem neuesten Stand der Technik entspricht und keine ökologischen Belastungen verursacht. Es sind Schutzmaßnahmen notwendig, Abb. 57.11.
Abb. 57.11 Gefährdungen durch Technik-Natur-Beziehungen und Schutzmaßnahmen (Auswahl)
• Die aufgeführten Gefährdungen und Schutzmaßnahmen stellen eine Übersicht und keine Vollständigkeit dar. Besonders die Gefährdungen erreichen eine deutlich höhere Anzahl. Jede Gefährdung führt zu einer Gefahr. Tabelle 57.1 enthält ohne eine Zuordnung deshalb weitere Gefährdungen und Schutzmaßnahmen. • Begrifflich und inhaltlich sind das Einrichten und Betreiben von Fabrikstätten zu unterscheiden. Die Grundlagen für das Einrichten werden im Rahmen der Fabrikprojektierung erarbeitet. Sie muss die Forderungen aus der Betreibung einbeziehen und für die Betreibung die einzuhaltenden Maßnahmen vor dem Fabrikanlauf vorgeben. Diese Aufgaben gehören inhaltlich auch zur Fabrikplanung.
57.3
Schutzgebiete und Schutzaufgabenkomplexe
Die Gefahrenkomplexe nach Abb. 57.1 und die Gefahrenkategorien nach Abb. 57.2 bis Abb. 57.11 erfordern für ihren Gefahrenschutz unterschiedliche Schutzgebiete. Hierauf sind die konkreten Maßnahmen auszurichten. Tabelle 57.2 enthält die Schutzgebiete mit Beispielen, und Tabelle 57.3 weist auf die Projektierungskomplexität zur Schutzgüte hin.
57.4 Projektierungsansatz für den Schutzgütenachweis
1321
Tabelle 57.1 Zu beachtende Gefährdungen und Schutzmaßnahmen
Durch die Projektierung sind auch die Abhängigkeiten der Schutzgebiete voneinander zu berücksichtigen, wie Abb. 57.12 es verdeutlicht. Die damit entstandene Komplexität ist in Verbindung mit Tabelle 57.3 projektierungsrelevant.
57.4
Projektierungsansatz für den Schutzgütenachweis
Die Projektierung der Schutzgüte folgt der allgemeinen Projektierungsmethodik (Teil 1, Kapitel 4) mit Besonderheiten und den folgenden Schwerpunktzuordnungen zu den Projektierungsstufen (PRO-Stufen 0 … 9). Die endgültigen Schutzgütelösungen sind Bestandteil der Systemgestaltung.
1322
57 Schutzgüte
Tabelle 57.2 Schutzgebiete mit Beispielzuordnungen
PRO-Stufe 0: Projektierungsbasis • Systementwurfsprojekte als Projektierungsbasis, • Vorgabenermittlung aus gesetzlichen Vorschriften (Bundesimmissionsschutzgesetz und -verordnungen, Arbeitsstättenverordnung, Vorschriften der Berufsgenossenschaften, DIN, VDI, VDE, Inhalte der ↑ Genehmigungsverfahren, …) und aus Projektierungszielstellungen, • Schutzgüteart und -komplexität: Einzelschutzgüte, Tabelle 57.3, oder Arbeitsschutzgüte (nur Personenbezug). Technikschutzgüte (nur Technikbezug) oder Gesamtschutzgüte.
57.4 Projektierungsansatz für den Schutzgütenachweis Tabelle 57.3 Schutzaufgabenkomplexe mit Wirkungsbewertung
Abb. 57.12 Beziehungen der Schutzgebiete mit Wirkungsbewertung nach Tabelle 57.3
1323
1324
57 Schutzgüte
PRO-Stufe 1: Gefährdungsanalyse, Analyse des Ist-Zustandes • Erfassung möglicher Gefährdungen (Abb. 57.3 bis Abb. 57.11, Tabelle 57.1) und Ermittlung der Belastungswerte durch Berechnung, Schätzung oder Vergleich, • Bewertung und Zuordnung der Belastungen, Abb. 57.13, • Zielformulierung für Verbesserungen, Veränderungen, Projektierungen und Maßnahmen, Abb. 57.13.
Abb. 57.13 Gefährdungsanalyse mit den Wirkungszuordnungen
PRO-Stufe 2: Projektkonzipierung • Erarbeitung der Projekthierarchieordnung für die Schutzgüte, Abb. 57.14, • Unterscheidung von Elemente-, Fluss- und Systemschutzgüte, Abb. 57.14, • Systemintegrierte oder gefahrenspezialisierte Schutzgüte.
Abb. 57.14 Gruppierte Schutzgüteprojekte
57.5 Schutzgütebewertung
1325
PRO-Stufe 3: Ermittlung und Aufbereitung der Projektierungsprogramme • Unterscheidung von Aufgaben-, Projektierungs- und Maßnahmeprogramm, • Aufgabenprogramm: Notwendige Aufgabenstellungen für Entwicklungen, Neuprojektierungen, Veränderungen und Verbesserungen zur Gefährdungsbeseitigung, Abb. 57.13, • ↑ Projektierungsprogramm: Notwendig für Projektierungslösungen zur Gefährdungsminderung und zum Gefährdungsschutz; Vorgabe von technischen, technologischen und Planungsmerkmalen als Aufgabenstellung für jede Maßnahme, • Maßnahmeprogramm: Notwendig für die Erarbeitung von Unterlagen für den Fabrikbetrieb hinsichtlich Unterweisungen, Anwendungsvorschriften, Bedienungsanleitungen, Belehrungen, Schutzmitteleinsatz usw. zum Gefahrenschutz, • Informations- bzw. Merkmalsaufbereitung, -gruppierung und -vereinheitlichung, • Projektierungsbasis für die Projektsynthese. PRO-Stufen 4 bis 6: Projektsynthese (Systemsynthese, Schutzgütesynthese, …) • Funktionelle, dimensionelle und strukturelle Lösungserarbeitung in Varianten und unter Beachtung der ↑ Integration, ↑ Optimierung und ↑ Bewertung, • Realisierbarer Lösungsvorschlag mit einer ↑ Bewertung zur Erfüllung, • Strukturierter Maßnahmekatalog. PRO-Stufen 7 bis 9: Projektgestaltung (Systemgestaltung, Schutzgütegestaltung, …) • Lösungsgestaltung und Lösungsrealisierungsgestaltung im System, • Ausführungsunterlagen, Projektdokumentation, • Betriebsvorschriften. Wegen der großen Gefährdungsbreite (Abb. 57.4 bis Abb. 57.11, Tabelle 57.1), der Schutzaufgabenkomplexe (Tabelle 57.3 und Abb. 57.12) und der gesetzlichen Vorschriften können hier keine Einzellösungen projektierungsgemäß behandelt werden. Ausgewählte wichtige Beispiele sind unter den Begriffen ↑ Arbeitsgestaltung, ↑ Brandschutzsysteme, ↑ Lichtversorgung, ↑ Luftversorgung oder ↑ Maschinenaufstellung zu finden.
57.5
Schutzgütebewertung
Eine ↑ Bewertung der Schutzgüte ist immer problematisch. Subjektive Beeinflussungen und Vorschriften ermöglichen keine objektive Gesamtbewertung. Der Projektant und die Gutachter sind auf die folgenden Bewertungsmethoden angewiesen.
1326
57 Schutzgüte
1. Erfüllungs-Kontroll-Methode Die Gefährdungen werden elemente- und (oder) systemorientiert in einer Tabelle aufgeführt, auf Wirkungsbeseitigung, Wirkungsminderung, Wirkungsschutz und Maßnahmenerarbeitung geprüft sowie mit möglichen und geltenden Vorgaben verglichen. Tabelle 57.4 enthält den Ansatz. Tabelle 57.4 Beispiel für die Erfüllungs-Kontroll-Methode
2. Technik-‚ Vergleichs-Methode Die elementeeigenen und die systemeigenen Gefährdungen werden mit Lösungen von materiell realisierten Vergleichsobjekten (Vergleichsprojekten) auf ihr Erfüllungsniveau und mit dem Stand der Technik verglichen und bewertet. Die Methode hat einen analogen Aufbau wie Tabelle 57.4 und muss das erreichte Niveau bezüglich des jeweils neuesten Standes der Technik sichtbar machen, Tabelle 57.5. In die Auswertung sind auch die in der Literatur dargestellten materiellen Lösungen als Vergleichsobjekte einzubeziehen. 3. Niveau-Bewertungs-Methode Grundlage bilden die Methoden der ↑ Bewertung auf der Basis von Niveaukennzahlen. Einzelbewertung mit einer Niveaukennzahl (Beispiel in Tabelle 57.4) oder Komplexbewertung mit den Produkten aus mehreren Niveaukennzahlen sind für Einzelsachverhalte oder für Komplexe von Sachverhalten zu unterscheiden. Empfohlen wird auch eine einmalige absolute Niveaubewertung zu einem Ideal- (z. B. Nachtruhe mit ≤55 dB(A)) oder Absolutwert (Tabelle 57.4). Das objektiviert die Einschätzung zum relativen Projektniveau.
57.5 Schutzgütebewertung
1327
Tabelle 57.5 Beispiel für die Technik-Vergleichs-Methode
• Der Schutzgütenachweis beinhaltet eine komplexe Lösungsdarstellung und -bewertung von Schutzgütegebieten (GABUSS). Diese Komplexität erfordert in den praktischen Fällen die Einbeziehung von Sachverständigen und sachkundigen Projektanten. • Schäden werden allgemein in Personen- und Sachschäden eingestuft. Hierfür schließt der Projektant für Projekte oder dauerhaft eine Versicherung ab. Fehlerhafte Schutzgüteprojekte sind allerdings schwer zu versichern. • Der Umfang eines Schutzgüteprojektes ist groß und zeitaufwendig. Trotz einer Gesamtprojektdarstellung ist eine parallele Erarbeitung im Rahmen der Systemprojektierungen unter Einschluss von Gutachten (Lärm, Wärmedämmung, …) zu empfehlen.
58
Speicherbedarfsmengen
Speicherbedarfsmengen: Funktions- und betreibungsgerechte Auslegungsanforderung an die Speicher von Flusssystemen.
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
ASP ASSP fSP fK,SP tAus tDis teff,TE
– – ME/AS – ZE ZE/AS ZE/Produktart ZE/Ag ⋅ TE
teff,L tS ÜSP zAS zSP
ZE/Ag ⋅ Los ZE/Ag ⋅ Produkt – AS/FS ME/System
zTE,L Z,BM
TE/Los –
Ausgleichs- und Störungsspeicher Arbeitssystemspeicher Summarische Speicherbedarfskennzahl (Ü – Übergabe) Speicherkorrekturfaktor Ausfall- oder Störungszeit des Arbeitssystems Dispositions- oder Bereitstellzeit (E – Eingangsarbeitsgänge, A – Ausgangsarbeitsgänge) Effektive technologische Zeit einer Transporteinheit (g – gewichtet, m – gemittelt) Effektive technologische Zeit eines Loses ↑ Technologische Zeit, Stückzeit (te oder tb nach REFA) Übergabespeicher Arbeitssystemmenge AS des Fabriksystems FS Speicherungsbedarfsmenge (A – Ausgangs-, E – Eingangs-, N – Nennspeicherbedarf, So – Sonstiger Speicher, ZSP – Zentralspeicher, Zu – Zusatzspeicher) Anzahl Transporteinheiten je Los Zeitlicher Nutzungsgrad des Wirksystems im Arbeitssystem
58.1
Speicheraufgaben
Speicher in den Flusssystemen der Fabriksysteme dienen zum Ausgleich sowie der Kompensation des Gegenstandsflusses in Folge von Durchsatz- oder Zeitunterschieden und Störungen entsprechend des zugrunde liegenden Prozesses im System, Abb. 58.1 und 58.2.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_58, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1329
1330
58 Speicherbedarfsmengen
Abb. 58.1 Aufgaben und Anteile der unterschiedlichen Systemspeicher eines Flusssystems
Eine Speicherung unterscheidet sich von einer Lagerung (Aufbewahrung, ↑ Fabriklagersystem) durch die nachfolgend genannten Einzelaufgaben bzw. zu realisierenden Funktionen: • • • • •
Ausgleichsfunktion zur Überbrückung von technologischen Zeitunterschieden, Kompensationsfunktion zur Überbrückung von Elementestörungen, Aufnahmefunktion zur Übernahme von ungleichen Gegenstandslieferungen, Abgabefunktion zur Realisierung einer Flussgleichmäßigkeit, Bereitstellfunktion zur Sicherung einer bedarfsgerechten Gegenstandsabgabe an Abnehmer, • Schutzfunktion zur Vermeidung von Gegenstandsverlusten. Die aufgeführten Aufgaben können gleichzeitig oder ungleichzeitig auftreten, was die Berechnung der Speicherbedarfsmenge erschwert. Einflüsse der Dynamik, Stochastik und Wahrscheinlichkeit des Systembetriebes bestimmen u. a. auch das Funktionieren der Speicher. Unterdimensionierungen wirken sich, technologisch gesehen, ungünstiger auf das Systemwirken aus als Überdimensionierungen. Im Regelfall wird der Weg der sicheren Dimensionierung gewählt. Die drei Systemeinzelspeicher nach Abb. 58.1 und 58.2 können einen ganzheitlichen Systemspeicher in der Ausführung ergeben, ohne dass dadurch die Speicherfunktionen verändert werden. Zu unterscheiden sind die Speicherung (das Aufnehmen, Ausgleichen und Bereitstellen von Gegenständen) und das Speichern (Speicherung und Bewegung innerhalb des Speichers). Aus Einfachheitsgründen werden vorwiegend die Begriffe Speichern und Speicherbedarf verwendet, ↑ Speicherdimensionierung, ↑ Fabriklagersystem.
58.2 Gegenstandsabhängige Speicherausführungsarten
1331
Abb. 58.2 Einflüsse auf die Speicheranforderungen von Produktflusssystemen
58.2
Gegenstandsabhängige Speicherausführungsarten
Unabhängig von der konkreten Speicheraufgabe nach Abb. 58.1 unterscheiden sich die Speicher aufgrund des zu speichernden Gegenstandes. Tabelle 58.1 enthält dazu eine Übersicht. Unterschiedliche Speicherausführungsformen bedeuten unterschiedliche Speicherbedarfsmengen und -konstruktionen in Folge des zu speichernden ↑ Materials oder der zu speichernden Flussgegenstände sowie der unterschiedlichen technologischen Anforderungen und Vorschriften, Abb. 58.2. Die nachfolgenden Speicherbedarfsberechnungen werden auf den Produktfluss von technologischen Fabriksystemen eingeengt. Die Berechnungsvorschriften sind auf andere Flusssysteme übertragbar.
1332
58 Speicherbedarfsmengen
Tabelle 58.1 Gegenstandsabhängige Speicherausführungsarten
58.3
Technologischer Systemspeicherbedarf
Technologisch bedingter Systemspeicherbedarf bedeutet eine Speicherbedarfsmenge (Gegenstandsmenge), die durch technologische Beeinflussungen entsteht, Abb. 58.2, wie beispielsweise durch • technologische Prozessfunktionen, Relationen und unterschiedliche Prozessfolgen im Flusssystem, • Differenzen der ↑ Technologischen Zeiten und des ↑ Durchsatzes, • unterschiedliche zeitliche Auslastungen der Systemelemente, • Ausfälle von Wirk- und Arbeitssystemen (Einzelelemente- oder Systemausfall), • Betreibungsstrategien und Besonderheiten (Eilaufträge) des Systembetriebes, • technologische Unterschiede der Produktionsprogrammmerkmale usw. Abbildung 58.1 und 58.2 sowie Tabelle 58.2 enthalten vereinfachte Übersichten. Für die praktische Bedarfsberechnung werden Vereinheitlichungen und Vereinfachungen angewendet: 1. Der Begriff Speicherbedarf berücksichtigt qualitative und quantitative Bedarfe als Anforderungen. Er wird übergreifend verwendet. Die hier nicht weiter behandelten qualitativen Speicherbedarfe sind: Schutzbedarf: Werte-, Reaktions-, Brand-, Licht-, …, Emissionsschutz, Eigenschaftsbedarf: ↑ Flexibilität, ↑ Variabilität, Füllung, …, Gütebedarf: Zugriffszeit und -vorgangsfolgen, Zusatzfunktionen, Störungsfreiheit, …,
58.3 Technologischer Systemspeicherbedarf
1333
Tabelle 58.2 Speicherungsgrundfälle des Produktflusses in technologischen Fabriksystemen
Der quantitative Speicherbedarf ist ein Mengenbedarf (Angabe: ME/Flusssystem ⋅ Bezugszeitraum ⋅ Gegenstandsart) zur Speicherung in einem Speicher. Er ist Bezugsschwerpunkt der Speicherbedarfsberechnung. 2. Speicher sind immer Flusssystemspeicher, die nur für ein gegenstandsabhängiges Flusssystem zutreffend sind. Ist das Flusssystem eindeutig definiert, kann der Bezug Flusssystem (vereinfachte Angabe: ME/Bezugssystem) bei der Berechnung entfallen. Wird die Betrachtung auf das Arbeits- oder Fabriksystem bezogen, muss der Bezug System erhalten bleiben. 3. Flusssysteme entstehen durch Relationen, Abb. 58.2, und das notwendige Fließen (Bewegung) der zutreffenden Gegenstandsart. Der Bezug Gegenstandsart wird vereinheitlicht. Die Gegenstandsart kann als • Einzelgegenstand (eindeutige Merkmale) oder als • Gegenstandsgruppe (verschiedene Speicherungsbedingungen der Einzelgegenstandsarten der Gruppe, Gruppenmerkmale) auftreten. • Zuordnungsgegenstände (Beispiel: Einzelteil der Teilefertigung und Baugruppe der Erzeugnisfertigung) können bei gleichen Flussbedingungen (Relationen, Transporteinheit, Ähnlichkeit, …) in die Berechnung einbezogen werden.
1334
58 Speicherbedarfsmengen
Es sind nur gleiche oder ähnliche Gegenstandsarten bei der Gesamtbildung der Speicherungsmenge zu berücksichtigen. Bei der Anwendung von Kennzahlen (Beispiele: Dispositionszeit tDis j, Durchsatz Dhj, Bedarfskennzahl fSp) entfällt diese Angabe, da Speicherbedarfskennzahlen auf Gegenstandsgruppen und auf Bezugsobjekte BO (Beispiele: Wirksysteme, Arbeitssysteme, …) bezogen werden. 4. Die Speicherungsmenge für einen Bezugszeitraum BZ trifft für die Eingangsund Ausgangs- sowie für die Bereitstellspeicherung und für die Ausgleichsund Störungsspeicherung zu. Es liegt entweder eine Dispositionszeitbindung (Angabe: ZE/BZ) für eine Bereitstellung vor oder es werden unterschiedliche Betrachtungszeiträume (unterschiedliche Gegenstände einer Gegenstandsgruppe bei der Ausgleich- und Störungsspeicherung) zum Ansatz gebracht. Bei gleichen Bezugszeiten BZ in gleichen Bezugszeiträumen kann der Bezug BZ entfallen. 5. Die Größe Mengeneinheit ME ist im praktischen Fall zu präzisieren. 6. Bei der Speicherbedarfsermittlung mit Berechnungsgleichungen sind immer gleiche Vereinfachungen und gleiche Bezüge zu berücksichtigen. Serienfertigungen erfordern mehrere Berechnungen für unterschiedliche Bezugszeiträume. Es liegen im Regelfall andere Produktgruppenzusammensetzungen in verschiedenen Bezugszeiträumen vor. Beispiele Stück → Einzelstücke, Stücksynonyme (Fass, Flasche, Produkt, …) Transporteinheit TE → Vorzugsgröße, Behälter, Palette, Kiste, …, mit Inhalt) Ladungseinheit LE → Waggons, Container mit TE, …, Flaschenbatterie)
58.3.1
Systemeingangsspeicherung
Die Systemeingangsspeicherung kann als eine strategische Speicherung zur versorgenden Sicherung der Systemwirkung angesehen werden. Die Eingangsspeicherstrategie bestimmt die Versorgung des Systems. In der Praxis sind mehrere Strategien gebräuchlich: Fall 1: Fall 2:
Fall 3:
Keine oder nur eine geringe Eingangsspeicherungsmenge und Realisierung der „Schlanken Produktion“ (Automobilbau, Kostengründe, sichere Lieferverträge, Voraussetzung: sichere Lieferung). Maximal mögliche Eingangsspeicherungsmenge zur Ressourcensicherung im System und Lieferaufwandssenkung (Gewinnverwendung, Chargen beim Lieferer, Lieferunsicherheiten, Ernteaufkauf, ↑ Fabriklagersystem). Eingangsspeicherungsmenge nach Bedarf (zwischen den Fabriksystemen).
Der Berechnung des Eingangsspeicherungsbedarfs ( zSP,E) liegen der Grundfall 1 nach Tabelle 58.2, die Verhältnisse nach Abb. 58.3, der ↑ Durchsatz und eine
58.3 Technologischer Systemspeicherbedarf
1335
Abb. 58.3 Verhältnisse der System-Eingangsspeicherung
Dispositionszeit zu Grunde, Gln. (58.1)–(58.3). Es liegt ein Aufnahmeproblem (Aufnahmebegrenzung) der Bereitstellung vor. 1. Durchsatzmethode • Einzeleingangsspeicherung tDis, E · Dh, E j ηZ, BM j
zSP, E j =
(ganzzahlig)
ME/AS
(58.1.1)
• Gesamteingangsspeicherung m
zSP, E =
zSP, Ej
(ganzzahlig)
ME/Fabriksystem
(58.1.2)
j=1
2. Kennzahlenmethode zSP, E =
m
zAS, E · fSP, E
j
(ganzzahlig)
ME/Fabriksystem
(58.2)
j=1
3. Zeitmethode zSP, E j =
zSP, E =
tDis, E ηZ,BM j · teff , TE j m
zSP, E j
(ganzzahlig)
(ganzzahlig)
ME/AS
ME/Fabriksystem
(58.3.1)
(58.3.2)
j=1
Die ermittelten Speicherungsmengen stellen eine Grundforderung dar, die betreibungsorientiert verändert werden kann, Abb. 58.4. Je nach Eingangsspeicherstrategie ist die Dispositionszeit klein – bei der schlanken Produktion – oder groß – bei der reservegesicherten Produktion – anzustreben.
1336
58 Speicherbedarfsmengen
Abb. 58.4 Mengen – Zeit – Verhältnisse von Bereitstellung und Speicherung für den Systemeingangsbereich
Die Eingangsspeicherungsmengen sind für jedes „Eingangsarbeitssystem“ zu ermitteln, zentralisiert ausgeführt zu summieren oder in den Arbeitsspeicher des Arbeitssystems zu integrieren. Der betreibungsbedingte Sicherheitsspeicherbedarf hängt von der Zulieferzuverlässigkeit ab und sollte erfahrungsgemäß 15% des errechneten maximalen Speicherbedarfs nicht unterschreiten. Der Systemeingangsspeicher erfordert eine Abstimmung mit dem Eingangslager der Fabrik (↑ Fabriklagersystem).
58.3.2
Systemausgangsspeicherung
Auch die Systemausgangsspeicherung kann als eine strategische Speicherung betrachtet werden. Strategische Aspekte sind u. a.: • Distributionssicherheit • „Verkauf von der Maschine“ • Vermeidung einer „Ladenhüterproduktion“
⇒ großer Speicherbedarf ⇒ Speicherbedarf → 0 ⇒ Hersteller (Arbeiter) kennt die Produktnachfrage.
Die Berechnung der Ausgangsspeicherungsmengen ist für den Grundfall 2 nach Tabelle 58.2 durchzuführen. Sie ist analog zur Eingangsspeicherberechnung durchzuführen und erfolgt für die in den Abb. 58.5 und 58.6 dargestellten Verhältnisse. Es liegt ein Aufbewahrungsproblem der Bereitstellung für Abnehmer vor, Gln. (58.4)– (58.6).
58.3 Technologischer Systemspeicherbedarf
1337
Abb. 58.5 Verhältnisse der System-Ausgangsspeicherung
Abb. 58.6 Modell zur Ermittlung der Ausgangsspeicherungsmengen
1. Durchsatzmethode • Einzelausgangsspeicherung zSP, A j =
tDis, A · Dh, A j ηZ, BM j
(ganzzahlig)
ME/AS
(58.4.1)
• Gesamtausgangsspeicherung zSP, A =
m
zSP, A j
(ganzzahlig)
ME/Fabriksystem
(58.4.2)
j=1
2. Kennzahlenmethode zSP, A =
m
zSP, A · fSP, A
j=1
j
(ganzzahlig)
ME/Fabriksystem
(58.5)
1338
58 Speicherbedarfsmengen
3. Zeitmethode zSP, A j =
zSP, A =
tDis, A ηZ, BM j · teff , TE j
m
zSP, A j
(ganzzahlig)
(ganzzahlig)
ME/AS
ME/Fabriksystem
(58.6.1)
(58.6.2)
j=1
Der Ausgangsspeicherbedarf ergibt sich nur aus den im System ausgeführten letzten Arbeitsgängen bzw. aus den Arbeitssystemen mit einem letzten Arbeitsgang. Bei zentraler Ausführung ist der Speicherbedarf zu summieren, bei dezentraler Ausführung in die betreffenden Arbeitssysteme (mit dem letzten Arbeitsgang) zu integrieren. Der Sicherheitsspeicherbedarfsanteil ist aus strategischen Gründen zu ermitteln. Der Streubereich der praktisch ermittelten Werte ist so groß, dass keine Empfehlungen in allgemeiner Form möglich sind. Eine Abstimmung mit den Eingangsspeichern anderer Systeme und mit dem Ausgangslager (Versandlager, Verkaufslager) der Fabrik ist zur Vermeidung ökonomischer Verluste anzustreben.
58.3.3 Ausgleichs- und Störungsspeicherbedarf Ausgleichs- und Störungsspeicher ergeben sich nach Abb. 58.2, 58.7 und Tabelle 58.2 aus unterschiedlichen Zielstellungen, sind ähnlich und müssen durch eine wechselseitige Betrachtung ermittelt werden, da bei einer Störung der Ausgleich entfällt bzw. bei einem Ausgleich keine Störung auftritt. Die Vielfalt der einwirkenden Faktoren auf die Speicherbedarfsgröße ist groß, so dass eine genauere Ermittlung nur durch eine aufwendige Simulation möglich wird, wobei genauer nicht genau bedeutet, da auch bei der Simulation nicht alle Einflussfaktoren mit ihren unterschiedlichen Wirkungen gleichzeitig berücksichtigt werden können. Die Praxis zeigt zudem, dass als überdimensioniert geltende Speicher im praktischen Sys-
Abb. 58.7 Verhältnisse der Verbindungsspeicherung (Ausgleichs- und Störungsspeicherung im Verteil- und Sammelsystem)
58.3 Technologischer Systemspeicherbedarf
1339
tembetrieb als solche nicht mehr erkennbar sind, da Speicher (auch Lager) immer „irgendwie gefüllt“ werden. Bei der Speichermengenbildung sind jeweils zwei durch eine Relation verbundene Arbeitssysteme und die durch die Produktarten zutreffenden technologischen Bedingungen zu beachten. Bei vernetzten Prozessstrukturen können die Relationen sowohl vorwärts [ j → ( j + 1)] als auch rückwärts [( j + 1) → j] gerichtet sein. Abbildung 58.8 verdeutlicht die Speicherbildung.
Abb. 58.8 Grundfälle der Ausgleichs- und Störungsspeicherbildung
Eine Ausgleichsspeicherung ist zum Ausgleich technologischer Zeitunterschiede (statischer und dynamischer Art) erforderlich, wenn die Arbeits- oder Wirksysteme und die Arbeitskräfte hoch ausgelastet werden sollen. Die Störungs- oder Kompensations-Speicherung dient zur Sicherung der Weiterarbeit der nicht gestörten Wirk- oder Arbeitssysteme eines Fabriksystems. Bei Zeitgleichheiten relationsverbundener Arbeitssysteme liegen keine Speicherungsanforderungen vor. Dieser Grundfall tritt bei Fließfertigungen durch zeitgleiche Abstimmungen auf. Bei vernetzten Prozessen der Einzel- bis Großserienfertigung kann das ausgeschlossen werden.
1340
58 Speicherbedarfsmengen
58.3.3.1
Vergleichs- und Schätzmethode
Die Speicherbedarfswerte werden Vergleichsobjekten entnommen und für die vorliegenden technologischen Systembedingungen korrigiert. Korrektureinflüsse sind: • Prozessvergleichbarkeit (Verflechtungsrelationsmenge; Arbeitssystemmenge, …) • Zeitliche Struktur (Weitergabeprinzip, ↑ Technologische Zeit der Zyklen, …) • Effektive Bearbeitungszeitdifferenzen Δteff,TE. Es kann nur der Ausgleichs- und Störungsspeicher ASP als Einheit betrachtet werden. zSP, ASP = zAS · fSP, A SP · fK, SP
58.3.3.2
(ganzzahlig)
ME/System
(58.7)
Summarische Kennzahlenmethode
Die Methode ist praktisch gut anwendbar, wenn Speicherbedarfskennzahlen vorliegen, beispielsweise nach Tabelle 58.3. Tabelle 58.3 Summarische Kennzahl des Ausgleichs- und Störungsspeicherbedarfs (ermittelt für die Teilefertigung mit einem Wirksystem WS je Arbeitssystem AS)
zSP, ASP = zAS · fSP, ASP
58.3.3.3
(ganzzahlig)
(58.8)
TE/WS
Durchsatzdifferenzenmethode
Die Methode ist für eine getrennte Ausgleichs- und Störungsspeicherbedarfsermittlung geeignet. Für den Ausgleichsspeicher werden Bezugszeiträume tBZ bestimmt, beispielsweise eine Woche, beim Störungsspeicher gilt die konkrete Ausfallzeit. Es liegen die in den Abb. 58.9 bis 58.11 dargestellten Verhältnisse vor. tBZ tBZ zSP, A j+1(1) = − (ganzzahlig) TE/ASj +1 (58.9.1) teff , TE j teff , TE j+1 zSP, A j+1(2)
= η
tBZ tBZ − ηZ, BM j+1 · teff , TE j+1 Z, BM j · teff , TE j (ganzzahlig)
TE/ASj +1
(58.9.2)
58.3 Technologischer Systemspeicherbedarf
1341
Abb. 58.9 Gewichtete technologische Zeit teff, TE g zur Speicherbedarfsermittlung (Aufnahme) für einen Produktionszeitraum (Beispiel; Wichtung noch nicht methodisch gesichert!)
Diese detaillierte Näherungsmethode verwendet keine maximalen, minimalen und durchschnittlichen Werte für teff, TE, sondern gewichtete Werte, die zwischen den durchschnittlichen und minimalen Werten für teff, TE liegen. Abbildung 58.9 enthält ein Beispiel mit der Kennzeichnung der in die Gewichtung einbezogenen Produktzeiten. Von Interesse sind auch die maximalen Zeitdifferenzen ǻtTE maxfür die • Bereitstellung von Transporteinheiten vor ASj+1 teff ,TE j max − teff ,TE j+1 min • Aufnahme von Transporteinheiten vom ASj+1 teff ,TE j min − teff ,TE j+1 max entsprechend den Bedingungen nach Abb. 58.9.
Abb. 58.10 Grafische Darstellung der Durchsatzdifferenzmethode. a Durchsatzdifferenz. b Speicherbedarfsmenge
1342
58 Speicherbedarfsmengen
Für das Beispiel in der Abb. 58.9 ergeben sich folgende Werte • maximale Ausgleichszeit für die Bereitstellung Δtmax,B = 5 Stunden (1. und 5.) • maximale Ausgleichszeit für die Aufnahme Δtmax,A = 4 Stunden (3. und 2.)
Damit beträgt die auszugleichende Zeit für den Ausgleichsspeicher 5 Stunden und absolut 9 Stunden. Für die Ausgleichsspeicherbedarfsermittlung werden 5 Stunden und zusätzlich eine dynamische Zeit, also (5 + x) Stunden, zugrunde gelegt. Im Rahmen eines Bezugszeitraumes kann mit den Produktfolgen variiert werden, was einer einfachen Simulation entspricht. Eine mehrmalige Anwendung der Methode für mehrere Produktionszeiträume ist zu empfehlen. Gebrochene Zahlenwerte der Speicherbedarfsgröße sind ganzzahlig aufzurunden.
Abb. 58.11 Abhängigkeit der Speicherbedarfsmenge (Ausgleichs- und Störungsspeicher eines Arbeitssystems) von der Bearbeitungszeit oder Ausfallzeit
58.3 Technologischer Systemspeicherbedarf
1343
58.3.3.4 Ausfallzeitmethode Für den Störungsspeicherbedarf ist auch die Zeitmethode nach Gl. (58.10) und Abb. 58.11 geeignet, die nur von einer auszugleichenden Zeit ausgeht. Eine auszugleichende Zeit ist auch die Rüstzeit, die tAus gleichgesetzt werden muss. tAus j (58.10) · zTE, L (ganzzahlig) TE/ASj +1 zSP, S j+1 = teff , L j Die Methode muss für die Gleichungselemente gewichtet werden, da ihre Ergebnisse unrealistisch sein können, beispielsweise bei tAus max, teff, L min und zTE, L max. Wichtungen nach dem Beispiel in Abb. 58.9 sind praktisch gut möglich. 58.3.3.5
Experimentelle Methoden
Eine genauere Speicherbedarfsermittlung ist nur mit der Simulation unter Beachtung der Modellierungseinflüsse nach Abb. 58.8 und 58.9 möglich. Es sind längere Experimentierzeiten notwendig, um realistische Speicherbedarfsmengen zu erhalten. Diese Methode ermöglicht die Einbeziehung der Bediengleichzeitigkeit durch Flussbewegungen und Flussvariationen (Produktdurchlauf). 58.3.3.6
Entscheidungen zur Speicherbedarfsgesamtmenge
Die Ausgleichs- und Störungsspeicherbedarfsmengen sind wie folgt zu behandeln: Schritt 1: Schritt 2:
Darstellung und Vergleich der Speicherbedarfsmengen von Ausgleichs- und Störungsspeicher je Arbeitssystem. Entscheidung zur Weiterverwendung der Ausgleichs- und Störungsspeicherungsmenge: • Ist der Ausgleichsspeicherbedarf größer als der Störungsspeicherbedarf, so ist der Ausgleichsspeicher der Ausgleichs- und Störungsspeicher. • Ist der Störungsspeicherbedarf größer als der Ausgleichsspeicherbedarf, so ist der Störungsspeicher der Ausgleichs- und Störungsspeicher.
Schritt 3:
Entscheidung zur Integration der Ausgleichs- und Störungsspeicher: • Zuordnung in den Arbeitsspeicher des Arbeitssystems → dezentrale Speicherlösung. • Einbeziehung in einen Systemspeicher → zentrale Speicherlösung (Zentralspeicher). Bei dieser Entscheidung sind die Eingangs- und Ausgangsspeicher mit zu beachten.
1344
58 Speicherbedarfsmengen
Schritt 4:
Sofern noch nicht erfolgt, sind die Speicher durch die zeitliche Auslastung der Wirksysteme zu korrigieren, da im Regelfall mit zunehmender zeitlicher Auslastung die Speicherbedarfe zunehmen, Abb. 58.12.
Abb. 58.12 Überschlägige Speicherkorrekturen durch zeitliche Auslastungen. a Ausgangsbasis. b Korrigierte Speicherbedarfsmengen
Schritt 5:
Ermittlung der Speicherzuschläge Speicherzuschläge ergeben sich nicht durch Berechnungsunsicherheiten, sondern infolge vieler anderer Einflüsse, beispielsweise bei • Reserve- und Redundanzbedingungen, • geringeren Füllmengen der Transporteinheiten oder Behälter, • Integration weiterer zu speichernder Elemente.
58.4
Zentralspeicherbildung
In der Serienfertigung mit hohen Relationsverflechtungen der Prozesse entstehen große Speicherbedarfe. Um trotzdem eine angemessene geringe Speichergrundfläche durch Raumnutzung zu erreichen, bieten sich Produktzentralspeicher mit einer Integration in das Fabriksystem an. Diese Form der Fertigung wird Verteilfertigung genannt, REUTER (1981), da der Produktfluss vollständig in verteilender und sammelnder Weise über den Zentralspeicher verläuft, Abb. 58.13, ↑ Fertigungsform. Zentralspeicherbildung bedeutet die ↑ Integration der Speicherbedarfsanteilmengen in einem zentralen Speicher. Es sind zu integrieren: • Die einzelnen Ausgleichs- und Störungsspeicher (Bezug: Arbeitssystemverflechtungen), • die Eingangsspeicher (Bezug: Arbeitssysteme mit dem ersten Arbeitsgang), • die Ausgangsspeicher (Bezug: Arbeitssysteme mit dem letzten Arbeitsgang). Zweckmäßig – und sofern möglich – ist die Integration weiterer Speicherbedarfe zSP,So bei palettierbaren Stückgutprodukten der Teile- oder Erzeugnisfertigung: • Übergabespeicher, Abschnitt 58.5 • Arbeitsspeicher der Arbeitssysteme,
58.4 Zentralspeicherbildung
1345
Abb. 58.13 Zentralspeicherlösung der Verteilfertigung mit Zentralförderung (Beispiel). a 2D – Modellskizze. b 3D – Modellskizze (segmentierte Speicher)
• • • • • • • • • • • •
fabrikliche Zwischenlager, die für die gleichen Produktarten aufgebaut wurden, fabrikliche Eingangslager mit Produkten des Fabriksystems, fabrikliche Ausgangslager mit Produkten des Fabriksystems, Vorrichtungen, Werkzeuge, Prüfmittel, Leerpaletten, Schonbehältermaterial (Zwischenlagen, Leisten), Montagespeicher bei mehrstufigen technologischen Fabriksystemen, Abschnitt 58.6, Spänebehälter, Betriebsstoffe als Stückgut, Verpackungsmaterial, Ersatzteile, Schaltschränke oder andere stückige Gegenstände.
Zentralspeicher ermöglichen eine Nutzung der „3. Dimension“ und den Aufbau eines Zusatzspeicheranteils, der zum Speicherbedarf hinzuzurechnen ist. Für die o. g. Speicheranteile kann der Zentralspeicher gezont oder integriert aufgebaut werden. Gezonter Zentralspeicheraufbau Diese Aufbauorganisationsform bedeutet eine Speicherbedarfssummation der Speicheranteile, Gl. (58.11), ohne Berücksichtigung des Speicherbedarfs zu bestimmten Zeitpunkten, Abb. 58.14. zSP 1 = zSP, E N + zSP, ASP N + zSP, A N
(ganzzahlig) TE/System
(58.11.1)
zSP2 = zSP 1 + zSP, So
TE/System
(58.11.2)
(ganzzahlig)
Integrierter Zentralspeicheraufbau Die integrierte Aufbauorganisationsform bedeutet eine überlagerte Speicherung der Speicherbedarfe zu bestimmten Zeitpunkten, wobei der ungünstigste Zeitpunkt
1346
58 Speicherbedarfsmengen
Abb. 58.14 Speicherbedarfsintegration bei gezonter Speicherung der Nennspeichergrößen
Abb. 58.15 Ermittlung des integrierten Zentralspeicherbedarfs (ohne sonstigen Speicherbedarfsanteil). a Eingangsspeicher. b Ausgleichs- und Störungsspeicher. c Ausgangsspeicher. d Gesamtspeicher
einen Speicherbedarf, wie bei der gezonten Speicherung ergeben kann, was praktisch sehr selten ist, Abb. 58.15. Im weitesten Sinne bedeutet integrierte Speicherung auch Gesamtspeicherung in einem System zu einem bestimmten Zeitpunkt. Für die Fabrik sind dann keine Eingangslager (Rohteile, Kooperationsteile), keine Zwischenlager zwischen den Fertigungssystemen und keine Ausgangslager (Versandlager, Verkaufslager, Vertriebslager) als gesonderte produktionsrelevante Fabriksysteme notwendig. Ein Ziel, das aus Ökonomie- und Autonomiegründen angestrebt werden sollte und durch die integrierte Behandlung von Teilefertigung und Montage (Erzeugnisfertigung) große Wirkungen zeigt.
58.5
Übergabespeicherung
In Abhängigkeit von der Prozessrealisierung durch technische Flusssystemelemente werden Übergabesysteme notwendig. Zwei Formen können bei einem System auftreten:
58.5 Übergabespeicherung
1347
Abb. 58.16 Übergabesysteme eines technologischen Fabriksystems mit der Zuordnung von Funktionskomplexen FK (Beispiel: Teilefertigungssystem)
1. Übergabesysteme des Fabriksystemein- und -ausgangs, d. h., zwischen Lieferer und Fabriksystem, sowie zwischen Fabriksystem und Abnehmer, Abb. 58.1, 58.14, 58.16. ⇒ Übergabesysteme 2 … m 2. Übergabesysteme in Folge technischer Nichtrealisierungen von Direktverbindungen zwischen einem Systemspeicher und den Arbeitsspeichern der Arbeitssysteme, Abb. 58.16. Dieser Fall erfordert zusätzliche technologische Prozessfunktionen des Übergabespeicherns und -förderns, wobei das Übergabespeichern ein Bereitstellen und Aufnehmen beinhaltet, Tabelle 58.4. ⇒ Übergabesystem 1 Tabelle 58.4 Speicherbedarfskennzahlen für das Übergabespeichern 1
zSP, ÜS1 = zAS · fSP, Ü 1
(ganzzahlig)
TE/System
(58.12)
Der Übergabespeicherbedarf zSP,ÜS1 ist bei der Speicheraufbauorganisation zu berücksichtigen, Abb. 58.14 und 58.15. Für das Übergabesystem ÜS2, Abb. 58.16, kann eine Berechnung des Speicherbedarfs nur in Abstimmung mit dem vorgeschalteten Fabriksystem (anderes Fabriksystem, Eingangslager, Kooperation, ↑ Fabriklagersystem) erfolgen. Dieser
1348
58 Speicherbedarfsmengen
Speicherbedarf ist für die Gesamtproduktflussdimensionierung zu ermitteln, im Regelfall aber nicht für einen Zentralspeicher zu berechnen.
58.6
58.6.1
Technologischer Produktspeicherbedarf bei der Montage und Kommissionierung Montage
Die Montage unterscheidet sich von der Teilefertigung insbesondere durch die Verfahren bzw. Wirksysteme und den Produktfluss (≥3 verschiedene Flüsse). Zu beachten sind: • ein Montageproduktfluss (Montageobjektfluss, Erzeugnisfluss), • ein Einzelteilefluss oder ein kommissionierter Einzelteilefluss (Fertigteile), • ein kommissionierter Teilefluss für Norm-, Zukauf- und Kooperationsteile. Dadurch ergeben sich mehrere kombinierbare Fälle, Tabelle 58.5, die Einfluss auf die Systemspeicherung nehmen. Tabelle 58.5 Produktflussvarianten der Montage
Die Speicherbedarfsberechnungen müssen für jeden Produktfluss gesondert, jedoch immer in Abstimmung mit dem Montageproduktfluss durchgeführt werden. Als Berechnungsgrundlagen sind die im Abschnitt 58.3 erläuterten Methoden geeignet. Es sind Besonderheiten zu beachten: 1. Eine höhere Arbeitsdichte (≥2 Arbeitskräfte pro Arbeitssystem) kann zu mehreren Einzelteileflüssen und kommissionierten Teileflüsse führen. Diese sind dann gemeinsam zu beachten. 2. Wird eine Ausgleichs- und Störungsspeicherung in Anspruch genommen, ruhen der Teile- und der kommissionierte Teilefluss. 3. Punktförmige Montagen benötigen nicht in jedem Fall einen Ausgleichs- oder Störungsspeicher. Beim Auftreten einer Störung wirkt das Arbeitssystem als Speicher.
58.6 Technologischer Produktspeicherbedarf bei der Montage und Kommissionierung
58.6.2
1349
Kommissionierung
Die Kommissionierung hat wie die Montage mindestens drei Produktflüsse, • den Kommissioniereinheitenfluss, • den Teilefluss und • den kommissionierten Teilefluss der Norm-, Zukauf- und Kooperationsteile, der in den Teilefluss integrierbar ist. Die Kommissionierspeicherung benötigt je nach Kommissionierprinzip (↑ Materialflusstechnik, ↑ Relation) • einen besonders großen Eingangsspeicher als Bereitstellspeicher in Folge des vorausgesetzten vollständigen Teilesortiments (Artikel, Positionen), • einen kleinen oder gar keinen Ausgleichs- und Störungsspeicher, • einen abnehmerbedarfsgerechten Ausgangsspeicher, • einen relativ großen Leerbehälterspeicher als Bereitstell- oder Aufnahmespeicher. Als Berechnungsmethoden sind die im Abschnitt 58.3 erläuterten Grundlagen zutreffend.
58.6.3
Integration von Teilefertigung und Montage
Aus fabriklicher Gesamtsicht sind Speicherbedarfsreduzierungen durch eine Produktionsstufenintegration besonders gut realisierbar. Die Ursache liegt in der funktionellen Integration der Ausgangs- und Eingangsspeicher benachbarter Produktions- bzw. Prozessstufen, Abb. 58.17 und 58.18, begründet.
Abb. 58.17 Beispiel für die integrierte Speicherung in mehrstufigen technologischen Fabriksystemen (↑ Fertigungsform). a Ausgangsspeicherung der Teilefertigung. b Eingangsspeicherung der Montage. c Integrierter Speicher
1350
58 Speicherbedarfsmengen
Abb. 58.18 Aggregatefertigungssystem mit zweistufiger Produktionsrealisierung (Teilefertigung und Montage)
Für Baugruppenfertigungen konnten Speicherbedarfsreduzierungen von • etwa 60% des Montageeingangsspeichers und • etwa bis zu 75% des Teilefertigungsausgangsspeichers praktisch ermittelt werden, HELBING et al. (1984).
• Der Speicherbedarf ist eine Anforderungsgröße, aus der die Speicherkapazität abgeleitet wird, die dann den Projektierungsbezug zur ↑ Speicherdimensionierung bildet. • Für die Fabrik sind technologische Speicherbedarfsermittlungen in drei Ebenen durchzuführen: 1. Ebene: 2. Ebene:
Technologischer Speicherbedarf des ↑ Arbeitssystems → Arbeitssystemebene → Arbeitssystemspeicherung Technologischer Speicherbedarf der produktionsdurchführenden Fabriksysteme → technologische Fabriksystemebene → Fabriksystemspeicherung
1351
Literatur
3. Ebene:
Technologischer Speicherbedarf der produktionsrelevanten Fabriksysteme (Lager) der Fabrik → Fabrikebene → Fabriklagerung
Zwischen den drei Ebenen sind wechselseitige Abstimmungen notwendig. • Speicher unterscheiden sich von Lagern durch die Aufbewahrungsfunktion. Bei Lagern ist die Aufbewahrungsfunktion dominant und bei Speichern eigentlich nicht vorhanden, wenn Bereitstellen, Aufnehmen, Ausgleichen nicht als Aufbewahrung verstanden werden. • Speicher sind nur auf ein Flusssystem zu beziehen. Lager der Fabrik können alle Flusssysteme der Fabriksysteme in den folgenden Formen einbeziehen: 1. Fabriksystemeingang und Fabrikeingangslager, 2. Fabriksystem und Fabriksystem über Zwischenlager, 3. Fabriksystemausgang und Fabrikausgangslager. Durch diese Beziehungen werden Fabriklager zu produktionsrelevanten Fabriksystemen (↑ Fabriklagersystem). • ↑ Arbeitssystem, ↑ Bedarfsermittlung, ↑ Fabriklagersystem, ↑ Materialflusstechnik, ↑ Speicherdimensionierung, ↑ Technologische Zeit, ↑ Technologische Vereinheitlichung.
Literatur Den Ausführungen liegen die methodischen Berechnungsunterlagen der Autoren zu Grunde. Notwendige Vertiefungen, Ergänzungen und Veränderungen muss der Fachliteratur auf den Gebieten Simulation und Operationsforschung entnommen werden. HELBING KW, RÜSCH A, JARASCH H (1984) Erfahrungen bei der Projektierung und Realisierung komplexer Fertigungssysteme, Fertigungstechnik und Betrieb, Heft 10, S. 606–610 REUTER H-K (1981) Fertigungsformen im Maschinenbau. Dissertation B, Technische Universität, Dresden
59
Speicherdimensionierung
Speicherdimensionierung: Aufgabe und Teilgebiet der Systemsynthese zur funktions-, beanspruchungs- und betreibungsgerechten Auslegung der Speicher eines Flusssystems von Fabriksystemen. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
bG bSP dSP h H j k KSP
m m TE/Segment m m – – ME/Speicher ME/System
lAS lÜ L nTE p s si SBS SHS SLS VSeg VSP
m m m Stück/TE Pa, MPa m m m m m m3/Segment m3/Speicher
zAST zE zG zL zR
AST/System Zeilen/Speicher Gänge/Speicher Lose/Speicher Speicher/System
Speicherbediengangbreite für Förderer Speicherbreite Speicherbelegungsdichte (Segment = Fach) Höhe (O – obere, U – untere) Raum- oder Systemhöhe Laufindex für Speicherart Laufindex für Speicheranzahl Speicherkapazität (B – betreibungsgerechte, So – sonstige, T – technologische;) (ME: Stück, TE, Segmente, Container, …) Arbeitssystemgesamtlänge Überlauflängen des Speicherförderers Verfügbare Aufstelllänge Transporteinheitengröße Druck (B – Betriebs-, P – Prüf-, H – hydrostatischer) Wandstärke Sicherheitsabstandsmaß Systembreite eines Speichersegmentes (-faches) Systemhöhe eines Speichersegmentes (-faches) Systemlänge eines Speichersegmentes (-faches) Bruttovolumen eines Speichersegmentes (-faches) Speicherraumvolumen (Ko – konstruktives, Si – sicherheitstechnisches, B – Brutto, S – Schüttgut, F – Flüssigkeit, B – Behälter) Anzahl Arbeitsstellen (Wirksysteme) Anzahl Speicherebenen Speicherbediengänge Losanzahl Anzahl Speicherreihen
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_59, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1353
1354
59 Speicherdimensionierung
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
zS zSP zTE
Segmente/Zeile TE/System TE/Speicher
zTE,L zZ
TE/Los Zeilen/Speicher
Anzahl Speicherspalten Speicherbedarfsmenge (-anzahl) (g – gesamt) Auf Transporteinheiten bezogene Speicherbedarfsmenge (-anzahl) Transporteinheiten eines Loses Anzahl Speicherzeilen oder Speicherebenen
59.1
Grundlagen
Die Funktionen des Speichers sind Speicherung und Speicherförderung. Ausgangsbasis der Speicherdimensionierung ist die technologisch notwendige ↑ Speicherbedarfsmenge. Der Begriff Speicherbedarfsmenge berücksichtigt die technologisch notwendigen Speicherfunktionen und die nicht zu unterschreitende Speicherungsgrundbedarfsmenge. Die funktionelle und betreibungsgerechte Speicherdimensionierung umfasst, Abb. 59.1, • • • • •
die Speicherkapazitätsermittlung als Speichergröße, die Bestimmung der Speicherart, die Abstimmung von Speicherung und Speicherbewegung, die Ermittlung der Speicheranzahl und die Speicherbewertung.
Die beanspruchungsgerechte Speicherdimensionierung beinhaltet die konstruktive Speicherauslegung.
Abb. 59.1 Hauptinhalt der Speicherdimensionierung
59.2 Stückgutspeicher
59.2 59.2.1
1355
Stückgutspeicher Ermittlung der Speicherkapazität als technologische Speichergröße
Mit der ↑ Speicherbedarfsmenge wird ein Bezug zu dem zu speichernden Gegenstand hergestellt. Speicherungsgegenstand ist ein ↑ Material-Flussgegenstand, der auf gleiche oder ungleiche Art in einem Fabriksystem bewegt und gespeichert werden kann. Günstig ist ein vereinheitlichter Materialflussgegenstand als Flusseinheit – hier allgemein als Transporteinheit TE bezeichnet – im System. Arbeitsspeicher des Arbeitssystems Die Arbeitsspeicher von Arbeitssystemen erreichen eine große Variationsbreite hinsichtlich der Eingangs-, Ausgangs-, Störungskompensations- und Ausgleichsspeicher. Sie sind aus Sicht der • ↑ Fertigungsform (keine oder nur kleine Speicher bei der Fließfertigung und ausgeprägte Speicher bei der vernetzten Fertigung), • Flussgleichmäßigkeit und Materialflusskopplung (keine Speicher bei Direktkopplungen und große Speicher bei Indirektkopplungen), • Arbeitssystemautonomie (große Speicher), • Integrationsabstimmung mit dem Systemspeicher (gesamte Einbeziehung oder keine Einbeziehung der Systemspeicherung), • Auswirkungen auf die Flächengröße des Arbeitssystems, • Systembetreibung und Automatisierung zu dimensionieren. Es treffen die Grundfälle nach Tabelle 59.1 zu. Diese Grundfälle sind für den Arbeitssystemein-, -ausgleichs- und -ausgangsspeicher als Speicherarten k in Abhängigkeit von der angestrebten ↑ technologischen Tabelle 59.1 Grundfälle der Arbeitssystemspeicher
1356
59 Speicherdimensionierung
Zyklus-Zeit zu differenzieren. Die Forderung Fertigungseinheit (TE) = Bewegungseinheit (TE) = Speichereinheit (TE) ist nur bei vereinheitlichten Transporteinheiten bedingt erfüllbar. Speicherkapazität Die Speicherkapazität wird in zwei Größen angegeben, in Einzelstück (vereinfacht Stück) und in Transporteinheiten TE mit Stück/TE, Gl. (59.1): • Einzelstückkapazität KSP je Speicherart j KSP k = zTE k · nTE
(ganzzahlig)
Stück/Speicher
(59.1.1)
• Transporteinheitenkapazität KSP je Speicherart j KSP k = zTE k
(ganzzahlig)
(59.1.2)
TE/Speicher
Transporteinheit als Speichereinheit eines Flusssystems ( j – Elemente des Flusssystems), Gl. ( 59.2) KSP =
m
(zSP · nTE )j
(ganzzahlig)
Stück/Speicher
(59.2.1)
j=1
KSP =
m
zSP j
(ganzzahlig)
(59.2.2)
TE/Speicher
j=1
Gesamtspeicherkapazität eines Flusssystems Die ↑ Speicherbedarfsmenge zSP ist als Transporteinheitenmenge berechnet worden. Bei der Ermittlung der Systemspeicherkapazität sind zu berücksichtigen, Gl. (59.3): • die errechnete technologische ↑ Speicherbedarfsmenge als Grundbedarf KSP,T , • ein betreibungsgerechter Zusatzbedarf für die Betreibungssicherheit KSP,B (Reservespeicher als Sicherheitsspeicher, Vorbeugung vor Nutzungsverlust → Puffer), • ein sonstiger Speicherbedarf aus Integrationszielstellungen KSP,So. KSP = KSP,T + KSP,B + KSP,So
(ganzzahlig)
TE/Systemspeicher
(59.3)
Die Gesamtspeicherkapazität führt zu einer Nennspeicherkapazität nach Abb. 59.2 als projektierte, maximale Speicherkapazität eines Fluss- oder eines Flussteilsystems und zum Begriff Speicherungssystem.
Abb. 59.2 Bestandteile der Gesamtspeicherkapazität
59.2 Stückgutspeicher
59.2.2
1357
Segmentierte Speicherkapazität
Stückgüter werden rationell – auf der Basis von Transporteinheiten – segmentiert gespeichert. Segmentierte Speicher sind geometrisch definierte Regale, Förderer, Blöcke oder Gestelle mit einem zeilen- und spaltenweisen Grundaufbau, Abb. 59.3.
Abb. 59.3 Segmentierte Stückgutspeicher (ausgewählte Beispiele). a Quaderförmiger Einzelregalspeicher. b Zylinderförmiger Regalspeicher. c Dynamischer Speicher. d Quaderförmiger Speicherblock
Segmentierte Speicher ermöglichen eine einfache Berechnung der Speicherkapazität KSP (Segment ≡ Speicherfach). • Einzelregal-Speicherkapazität KSP 1 KSP 1 = zS · zZ
(ganzzahlig)
Segmente/Speicher
(59.4.1)
1358
59 Speicherdimensionierung
• Gesamtregal-Speicherkapazität KSP 2 unter Berücksichtigung von Speicherreihen zR KSP 2 = zS · zZ · zR
KSP 3 =
zR
(ganzzahlig) Segmente/Speicher (gleich große Regale)
(zS · zZ )k
(ganzzahlig)
Segmente/Speicher
(59.4.2)
(59.4.3)
k=1
• Gesamtspeicherkapazität KSP 4 und KSP 5 unter Berücksichtigung der Speicherbelegungsdichte dSP ( dSP = 1, 2, 3 TE/Segment) KSP 4 = KSP 1 · dSP
(ganzzahlig)
TE/Speicher
(59.4.4)
KSP 5 = KSP 2 · dSP
(ganzzahlig)
TE/Speicher
(59.4.5)
KSP 6 =
zR
(zS · zZ · dSP )k
(ganzzahlig)
TE/Speicher
(59.4.6)
k=1
• Gesamtspeicherkapazität KSP 7 und KSP 8 unter Berücksichtigung der Stückzahl je Transporteinheit nTE KSP 7 = KSP 2 · dSP · nTE
(ganzzahlig)
Stück/Speicher
(59.4.7)
Beispiel Errechnete Speicherkapazität: KSP = 10 TE/Speicher Bedingung: Speicherbelegungsdichte dSP = 1 TE/Speichersegment Varianten nach Tabelle 59.2, ohne Beachtung von nTE
KSP 8 =
zR
(zS · zZ · dSP · nTE )k
(ganzzahlig)
Stück/Speicher
(59.4.8)
k=1
Mit der ermittelten Speicherkapazität ist die funktionelle Speichergröße bestimmt. Tabelle 59.2 Einfaches Berechnungsbeispiel der geometrisch möglichen Speicherkapazität in Varianten (Basisbedarf = 10 TE)
59.2 Stückgutspeicher
59.2.3
1359
Beanspruchungsgerechte Speicherdimensionierung
Diese Projektierungsaktivität gliedert sich in mindestens drei Aufgabenkomplexe: 1. Beanspruchungsgerechte Speicherdimensionierung Die beanspruchungsgerechte Dimensionierung wird durch den Hersteller nach einer Aufgabenstellung des technologischen Projektanten vorgenommen. Hauptgegenstand der Berechnungen sind das Regaltragsystem (Stütze und Riegel) und u. U. Sonderkonstruktionen durch Speicherintegrationen, Abschnitt 59.6. 2. Standsicherheitsnachweis und Aufstellungsnachweis Besonders Einzelspeicher erfordern einen Standsicherheitsnachweis (Kippmomente, Anfahrkräfte durch Stapler) und eine Fußbodenbefestigung. Das führt im Regelfall zu einer Begrenzung der Speicherhöhe. Bei einer, zu vermeidenden, Außenaufstellung sind Windlasten und Schutzmaßnahmen vor atmosphärischen Einflüssen zusätzlich zu berücksichtigen. 3. Ausbildung des baulichen Tragsystems Eine Speicheraufstellung unterliegt den gleichen Bedingungen wie die ↑ Maschinenaufstellung. Das bauliche Tragsystem (Fußboden) muss die statischen und dynamischen Kräfte des Speichers aufnehmen können. Eine Aufgabe, die häufig unterschätzt wird.
59.2.4
Speicherarten
Aus der Sicht der Fabrikprojektierung werden Speicher für die Fabriksysteme in • dezentrale Einzelspeicher • Zentralspeicher sowie in • statische, dynamische und kombinierte (adaptive) Ausführungen unterschieden, Abb. 59.4. Dadurch sind Speicheranpassungen an die unterschiedlichen Fabriksystemforderungen möglich, obwohl die Speicher für die technologischen Fabriksysteme als Produktflusselement strukturdominant sind. Ein Modell zur näherungsweisen Vorauswahl der Speicherart enthält Abb. 59.5. Die Strukturdominanz des Zentralspeichers ergibt sich durch seine Gesamtheit von Speicherung und Förderung (Förderer), wobei die Ausrichtung nach dem Zentralförderer erfolgt. Zentralspeicher bedeutet eine begriffliche Vereinfachung für das zentrale Produktflusssystem zur Realisierung der Verteil- und Sammelrelationen. Abbildung 59.6 verdeutlicht diese Vereinfachung durch die möglichen Anordnungsarten. Die Abb. 59.7 bis 59.9 enthalten unterschiedliche Speicherlösungen. Mit der Speicherartermittlung erfolgt ein Direkteinfluss auf die Form der Produktion (↑ Fertigungsform) und auf die Fabriksystemstruktur, so dass die endgültige Speicherart durch die Systemstrukturierung und durch die ↑ Bewegungsbedarfsmengen des Förderns bestimmt wird.
1360
59 Speicherdimensionierung
Abb. 59.4 Zentralspeicherarten
Abb. 59.5 Modell zur näherungsweisen Vorauswahl der Zentralspeicherart
59.2 Stückgutspeicher
1361
Abb. 59.6 Zentralspeicheranordnungsarten
Abb. 59.7 Regalspeichersystem für Bleche als Statischer Fertigungssystemzentralspeicher
59.2.5
Speicherförderung
Technologisch bedingte Speicher enthalten sowohl eine technologisch orientierte Speicherungskomponente als auch eine technologisch orientierte Bewegungskomponente zur Bedienung der einbezogenen technologischen Arbeitssysteme und der Speicher. Dabei entstehen unterschiedliche Förderbewegungen als Förderspiele (↑ Bewegungsbedarfsmengen).
1362
59 Speicherdimensionierung
Abb. 59.8 Hängebahnförder- und -speichersystem als dynamischer Zentralspeicher
Abb. 59.9 Kugelpalettenförder- und -speichersystem als kombinierter Zentralspeicher (Modell)
Tabelle 59.3 enthält ein Beispiel zum Verständnis. Zu beachten ist, dass die Speicherförderung in ihrer Ausprägung (maximale Förderspielzahl) die Speichergröße begrenzt.
59.2.6
Speicheranzahl
Die Speicheranzahl eines Produktflusssystems im technologischen Fabriksystem ist insbesondere abhängig von der geforderten Speicherkapazität, von der Aufstelllänge der Arbeitssysteme, von der räumlichen Dimension des Speichers und der daraus ableitbaren Speicherfrontlänge und -fronthöhe, Abb. 59.3 und 59.10. Das trifft für Zentralspeicher, aber auch für Einzelspeicher zu. Die Speicheranzahl ergibt sich aus der Variation von Speicherkapazität, Arbeitssystemaufstellungsgesamtlänge LAS und Raumhöhennutzung sowie aus der Abstim-
59.2 Stückgutspeicher
1363
Tabelle 59.3 Bewegungsvarianten eines technologischen Speichers (Beispiel: Statischer Zentralspeicher)
mung mit den Bewegungsraummaßen des Bediengerätes, da die Frontlänge ungünstig durch die Überlauflängen lÜ beeinflusst wird, Gl. (59.5). LF,ZSP =
L F,ZSP + lÜ1 + lÜ2 + 2si2 zR
≤ LAS (oder L)
m
(59.5)
Darüber hinaus kann für große technologische Fabriksysteme eine Trennung von Eingangsspeicher, Ausgleichsspeicher und Ausgangsspeicher im System günstig sein, besonders wenn dadurch die gesamtfabriklichen Eingangs-, Zwischen- und Ausgangslager entfallen.
1364
59 Speicherdimensionierung
Abb. 59.10 Räumliche Dimensionen eines statischen Zentralspeichers (Regalspeicher)
59.2.7
Speicherniveaubewertung
Technisches Speicherniveau Das technische Speicherniveau ist aus der technischen Speicherintegration, der Fähigkeit der technischen Weganpassung, der technischen Betriebsmittelnutzung und der technischen Bedienung abzuleiten. Konkret sind das die Speicherarten nach Abb. 59.4 und die Speicheranordnungen nach Abb. 59.6, die durch ihre Kombination auf die Strukturen der technologischen Fabriksysteme wirken, Tabelle 59.4. Tabelle 59.4 Strukturdominante Gestaltungsformen von Systemzentralspeichern
59.2 Stückgutspeicher
1365
Räumliches Speicherniveau 1. Speicherungsvolumen Das räumlich effektive und mit anderen vergleichbare Speicherungsvolumen ergibt sich aus dem Einzelfachraum (Segmenten) sowie den Speicherspalten und Speicherzeilen bzw. Speicherebenen, abzüglich der Konstruktions- und Sicherheitsräume, Gl. (59.6), Abb. 59.3. Brutto- und Netto-Speicherungsraum sind zu unterscheiden. • Brutto-Speicherungsvolumen VSP,B1 = VSeg · zS · zZ · zR = (SHS · SLS · SBS) · zS · zZ · zR
(59.6.1)
3
m /Speicher
• Netto-Speicherungsvolumen = Speicherfüllvolumen VSP = VSP,B − (VSP,Ko + VSP,Si )
m3/Speicher
(59.6.2)
Das Ziel der Projektierung liegt im Erreichen eines maximalen Speicherfüllvolumens als potentielles Speichernutzvolumen. • Speicherungsraumnutzung ηSP1 =
VSP (VSP,Ko + VSP,Si ) =1− ≤1 VSP,B VSP,B
(59.7)
2. Speicherraumvolumen Das Speicherraumvolumen bringt die maximale Raumbeanspruchung des Speichers zum Ausdruck und beinhaltet die Gesamtkonstruktion und Sicherheitsabstandsmaße in drei Dimensionen. Ableitend aus den Abb. 59.3 und 59.10 ergeben sich die Berechnungen für quaderförmige statische Speicher: • Speicherbreite: bSP = SBS + 2si1 BSP = zR · bSP + bG · zG
m/Regalspeicher
m/Regalspeicher
(59.8.1) (59.8.2)
• Speicherlänge: LSP ≡ LF,ZSP
(Gl. 59.5) m/Regalspeicher
(59.8.3.1)
• Speicherhöhe: HSP ≡ HF,ZSP
(Abb. 59.7)
m/Regalspeicher
(59.8.3.2)
• Speichervolumen: VSP,B2 = BSP · LSP · HSP
m3/Regalspeicher
(59.8.4)
• Speicherausnutzungsgrad ηSP2 =
VSP ≤1 VSP,B2
(59.9)
Zeitliches Speicherniveau Als zeitliches Speicherniveau (Speicherqualität) wird allgemein das Verhältnis von Speicherkapazität und Speicherzugriffszeit verstanden. Dieses Verhältnis ist nur bei
1366
59 Speicherdimensionierung
einer vollständigen funktionellen Integration der gesamten, objektiv notwendigen Produktspeicherung in das technologische Fabriksystem günstig zu gestalten. Nur in diesem Fall sind die Wege und damit die Zugriffszeit klein. Als „magische“ Zugriffszeit gelten 3 min/Vorgang.
59.3
Schüttgutspeicher
Schüttgutspeicher werden nach ihrer Verwendung in Abhängigkeit von der Schüttgutkorngröße eingeteilt, Abb. 59.11. Anwendbar sind auch Stückgutspeicher mit Transporteinheitenverwendung. Überwiegend kommen Behälter zur Anwendung.
Abb. 59.11 Schüttgutspeicherarten
Speicherkapazität Die mögliche Speicherkapazität als Speichervolumen VSp (Volumendurchsatz V˙ ) liegt deutlich unter dem geometrischen Behältervolumen VB. Ausnahmen bestehen bei Kammern. VSp,S = VSP,B − (V1 + V2 + V3 )
m3/Speicher
(59.10)
V1 – bedeutet eine Füllungsminderung im oberen Bereich durch Schüttung und natürlichen Schüttwinkel, V2 – bedeutet eine Minderung durch die sich bildende Bunker- oder Silobrücke, V3 – beinhaltet eine Füllungsminderung durch Anhaftungen (Wandhaftungen) und Entleerungsverhalten (Massenfluss oder Kernf luss).
59.4 Flüssigkeitsspeicher
1367
Beanspruchungsgerechte Dimensionierung Die beanspruchungsgerechte Dimensionierung muss das konstruktive und das betreibungsgerechte Dimensionieren beinhalten, da für jede Schüttgutart (Körnung, Reibung, Verfestigungsspannung usw.) Besonderheiten gelten.
59.4
Flüssigkeitsspeicher
Flüssigkeitsspeicher werden in Becken und Tanks, Kanister oder Fass sowie nach der Stoffgefährlichkeit in teiloffene oder geschlossene Behälter unterteilt, Abb. 59.12.
Abb. 59.12 Flüssigkeitsspeicherarten mit Fabrikeignung
Speicherkapazität Die Speicherkapazität als Speichervolumen (Volumendurchsatz) entspricht der möglichen Füllmenge VSp,F, Gl. (59.11). VSp,F = VSP,B − (V1 + V2 + V3 )
m3/Speicher
(59.11)
V1 – bedeutet eine, nur bei der Erstbefüllung zu beachtende, Dauersumpfmenge durch Ablagerungen, die nicht genutzt werden kann. V2 – bedeutet ein Sicherheitsvolumen durch Ausdehnung, Gasung des Stoffes. V3 – beinhaltet ein Schaumbildungsvolumen bei bestimmten Stoffen. Beanspruchungsgerechte Dimensionierung Bei Gefahrstoffen ist die beanspruchungsgerechte Dimensionierung nur von zugelassenen Einrichtungen durchführbar. Die Behälter benötigen eine Bauartzulassung.
1368
59 Speicherdimensionierung
Auffangwannen und Anfahrschutz gehören zur betreibungsgerechten Dimensionierung.
59.5
Gasdruckspeicher
Technische Gase werden im gasförmigen Zustand in Druckbehältern und im verflüssigten Zustand in Flüssiggastanks gespeichert, wobei stehende und liegende Formen zu unterscheiden sind, Abb. 59.13.
Abb. 59.13 Gasdruckbehälter mit Fabrikeignung
Speicherkapazität Die Speicherkapazität – ohne Flüssiggasbehälterbetrachtung – ist aus den allgemeinen Energie- und Gasgesetzen abzuleiten. Nicht das Volumen spielt als Speicherkapazität die dominante Rolle, sondern der Energiegehalt. p · V = m · R · t
Joule
(59.12)
Mit dem Energieinhalt folgt zugleich eine Zuordnung zur Druckbehälterkategorie. Es gilt für die beanspruchungsgerechte Dimensionierung und für das bedarfsgerechte Betreiben die gesetzliche Druckbehälterverordnung.
59.6
Hinweise für Aufgabenstellungen der Speicherdimensionierung
Der technologische Projektant als Generalverantwortlicher der Fabrikprojektierung muss in der Lage sein, fachliche Aufgabenstellungen für die beanspruchungsgerechte Dimensionierung zu erstellen. Diese Aufgabenstellungen werden aus der technologischen Projektierung, insbesondere der funktionsgerechten und betreibungsgerechten Projektierung, abgeleitet.
59.6 Hinweise für Aufgabenstellungen der Speicherdimensionierung
1369
Aufgaben der funktionsgerechten Projektierung 1. Ermittlung der funktionellen und betreibungsgerechten Speicherkapazität. 2. Bestimmen der stoffartabhängigen Speicher- bzw. Behälterart. 3. Funktionssicherheitsnachweis der gewählten Speicherart. 4. Materialzu- und -abführung mit Übergabestellen, Anschlussstellen und Systembzw. Raumzuordnung. 5. Fördermittelzuordnung bzw. Rohrleitungsführung mit Pumpen- oder VerdichterZuordnung. 6. Gefährdungseinordnung: Brandlast, Gefahrstofflast, Druckbehälterkategorie und Schutzgütesicherung. Anforderungen und Aufgaben der beanspruchungsgerechten Dimensionierung Aufgabe 1: Ermittlung der Lastannahmen, Kräfte, Momente und Drücke bzw. Flächenpressungen als • prozessbedingte Lasten: Druck, Prozesstemperatur, Prozessfeuchte, Prozesskorrosion, • nicht prozessbedingte Lasten: Gewichtskräfte, Schneelasten, Windlasten, atmosphärische Energie (Temperatur, Klima, Licht, Korrosion), Stahlbaulasten und Zuschläge, Abb. 59.14.
Abb. 59.14 Kraftermittlungsanalogie von Regal und Behälter
Aufgabe 2: Lastnachweise: L : Lzul ≤ 1
(59.13.1)
Einzelkräfte F F ≤ Fzul (Stützen, Knickung, Beulung, Biegung) Flächenkräfte q q ≤ qzul (Riegel, Fußboden, Aufstellung) Momente M M ≤ Mzul (Winde, Anfahren, Kippen) (Betriebsdruck, Prüfdruck, hydrostatischer Druck) Druck p p ≤ pzul Die Nachweise müssen die staatlichen Forderungen erfüllen und nachprüfbar sein.
1370
59 Speicherdimensionierung
Aufgabe 3: Ermittlung der Betriebsbeanspruchungsnachweise durch die prozessbedingten Einflüsse B : Bzul ≤ 1
(59.13.2)
• Festigkeitsnachweis ı
• • • •
Zugfestigkeit σZ ≤ σZzul Druckfestigkeit σD ≤ σDzul Scherfestigkeit ≤ zul İ ≤ İzul Ȧ ≤ Ȧzul ϑ ≤ ϑzul (Behälter) sK ≤ skzul (Innenwände)
Dehnungsnachweis İ Verformungsnachweis Ȧ Temperaturnachweis ϑ Verschleißnachweis
Aufgabe 4: Ermittlung der Wandstärken, besonders von Behältern s ≥ serr + s1 + s2 + s3
mm
(59.14)
Zu der errechneten Wandstärke (Beachte Doppelboden – oder Doppelwandausführung) serr sind für die materialberührende Wand Zuschläge erforderlich: s1 – bedeutet einen Zuschlag für Korrosion bzw. Erosion ( s1 > s3), s2 – berücksichtigt einen Toleranzausgleich ( s2 < s3), s3 – berücksichtigt Unterschiedlichkeiten durch die Herstellung (Umformung). Aufgabe 5: Schweißnahtnachweis Alle Schweißungen von tragenden Konstruktionen sind durch Berechnung und Ausführung nachzuweisen, Abb. 59.15. Gleiches gilt auch für Schraub-, Quetsch- und Lötverbindungen.
Abb. 59.15 Schweißnähte von Behältern
59.6 Hinweise für Aufgabenstellungen der Speicherdimensionierung
1371
Aufgabe 6: Erstabnahme mit Belastungserprobung, Zertifikat und Haftungsregelung
• Technologische Speicher sind keine Lager. Es fehlt die Funktion: Aufbewahrung und Ressourcenbildung (↑ Fabriklagersystem). • Technologische Speicher sind in ihrer Gesamtheit von Speicherung und Förderung zu projektieren. Hier liegen Berechnungsunterschiede vor: • Statische Stückgutspeicher:
• Dynamische Stückgutspeicher: • Flüssigkeitsspeicher: • Schüttgutspeicher - Grobkorn: - Feinkorn:
• Regalspeicherung und Bediengerät mit Fördergang, • Blockspeicherung und Stapler mit Transportweg. Integrierte und gleichzeitige Speicherung und Förderung, Behälterspeicherung, Pumpe und ↑ Rohrleitungssystem, Bunkerspeicherung und Stetig- oder Unstetigförderer, Silospeicherung und Verdichter mit ↑ Rohrleitungssystem (Flugförderung).
• Bei allen Druckberechnungen ist statt des Betriebsdrucks pB der Prüfdruck zu verwenden. Der Prüfdruck pP kann pP = 2 ⋅ pB betragen.
60
System
System: (griech.: Systema): 1. Ein Ganzes, eine Vereinigung, eine Zusammenstellung. 2. Menge von Elementen M (Objekte, Gebilde) zwischen denen ganz bestimmte Relationen R bestehen (Sy = [M, R], WINTGEN 1968), KLAUS u. BUHR (1974). 3. Systeme der Fabrik: Materiell-technisches Gebilde mit bestimmter Funktion, Dimension und Struktur, in denen die Aufgaben realisierenden Prozesse der Fabrik ablaufen. Systemtheorie: Geordnete Menge von Aussagen zu Systemen der objektiven Realität.
60.1 Allgemeine Systembeschreibung und Systemgliederung Systembegriff und Systementwicklung stehen im engen Zusammenhang zur Systemtheorie, die ein Anwendungsfeld vieler Technikwissenschaftsdisziplinen ist, so u. a. auch für die Projektierung. Ein System kann, ganz allgemein betrachtet, in eine hierarchische Ordnung gegliedert werden, Tabelle 60.1. Dabei ist der gegliederte Zusammenhang von Gesamtsystem – Teilsystem – Systemelement relativ. Ein Systemelement kann in der einen Technikdisziplin ein Systemelement, als nicht mehr teilbares Element, und in einer anderen Technikdisziplin ein Gesamtsystem sein. Von dieser Relativität sind die Fabrik und die Projektierung betroffen. Beispiel Für das Fachgebiet Fabrikprojektierung ist die Werkzeugmaschine 1. Systemelement eines technologischen Fabriksystems, 2. Teilsystem eines Arbeitssystems. Für den Hersteller ist das Fabrikat Werkzeugmaschine ein Gesamtsystem als Produkt bzw. Erzeugnis, das Teilsysteme (Baugruppen) und Systemelemente (Einzelteile) enthält.
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_60, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1373
1374
60 System
Tabelle 60.1 Systemhierarchie als Grundlage einer allgemeinen Systemgliederung und -beschreibung
Seit der Einführung der flexiblen automatisierten Fertigung in die Produktion von Fabriken werden die Begriffe Fertigungssystem und Produktionssystem mit gleicher und unterschiedlicher Deutung verwendet. Seit dieser Zeit (ab 1971) wurde das System in die wissenschaftliche Betrachtung der Fabrikprojektierung einbezogen. Für die Fabrikprojektierung ist die allgemeine Systembeschreibung nur eine allgemeine Basis, die deutlich vertieft bzw. erweitert werden muss. Das betrifft insbesondere • die Systemhierarchie, • die Systemkomplexität und • die Systemstruktur.
60.2
Systemhierarchie
Mit der Beschreibung der Systemhierarchie sind Systemordnungsebenen, -gliederungen und -verbindungen verbunden. Aus der Sicht der Fabrikprojektierung sind die in Tabelle 60.2 aufgeführten Ordnungsebenen Grundlage der Systemhierarchie und der Systemprojektierung. Dabei kann ein Teil des Systems und das Gesamtsystem nur zur Wirkung gebracht werden, wenn hierarchiegleiche und hierarchieverbindende Verhältnisse geschaffen werden. Diese Verhältnisse werden durch hierarchiegleiche und hierarchieverbindende Flusssysteme hergestellt. Unter der Voraussetzung, dass die Produktion • die Herstellung eines Produktes ganzheitlich ermöglicht, • mehrere Produktionsgrundstufen und -komplexe erfordert bzw. hat, • Flusssysteme einbezieht und Kooperationen beachtet,
60.2 Systemhierarchie
1375
Tabelle 60.2 Systemhierarchie ausgewählter Systeme (Beispiele)
Abb. 60.1 Vereinfachte Definition eines Produktionssystems Tabelle 60.3 Mögliche Gliederung der Produktionssysteme
kann sie mehrere hierarchisch geordnete Produktionssysteme nur für die generierende, regenerierende oder reversible sowie für die gesamte Produktion aufweisen, Abb. 60.1 und Tabelle 60.3. Die Benennung muss die Ordnung und den Produktionskomplex einschließen.
1376
60.3
60 System
Systemkomplexität
Die Komplexität eines Fabriksystems entsteht auf der Integrationsbasis durch • die Einbeziehung von Produktionsstufen (Arbeitsgänge, Produktionsgrundstufen), • die Einbeziehung der Ver- und Entsorgung (gesamt, teilweise), • die Stufung der notwendigen Flusssysteme (Material-, Energie-, Informationsflüsse). Sie beeinflusst die Systemganzheit, die Systemstruktur und den Systemaufwand (Technik, Raum, Zeit, Organisation, Betreibung, Erhaltung, …). In Abb. 60.2 wird der Zusammenhang verdeutlicht.
Abb. 60.2 Systemkomplexität mit dem Zusammenhang von Systemhierarchie, Flusssystemen und Strukturierung (sehr stark vereinfacht)
60.4
Systemstruktur
Die Systemstruktur hat im Unterschied zur Systembeschreibung drei Komponenten, Abb. 60.3. Sie unterliegt einer starken Differenzierung (Aufgabe, Prozess, System, Raum, Technik, Zeit) und beginnt bei den Teilsystemen ([ME, RE]). Die Systemerläuterungen werden in der Gesamtdarstellung dieses Buches beachtet!
Literatur
1377
Abb. 60.3 Vereinfachte räumliche Darstellung einer Systemstruktur (Beispiele). a Elementemenge (ME) und Relationen R über ME in Flächenanordnung (AE). b geordnete Elementeanordnung als Linie (AE) mit 2-dimensionalem Relationsverlauf. c Relationen über ME und AE im dreidimensionalen Raum (Raumanordnung)
Literatur KLAUS G, BUHR M (1974) Philosophisches Wörterbuch, 10. Aufl. Bibliographisches Institut, Leipzig WINTGEN G (1968) Zur mengentheoretischen Definition und Klassifizierung kybernetischer Systeme, Wissenschaftliche Zeitschrift XVII 16. Humboldt-Universität, Berlin, S. 867–885
61
Technologische Vereinheitlichung
Technologische Vereinheitlichung: Aufgabe und Zielstellung der Projektierung zur Erreichung von technologiebezogenen Ähnlichkeitsmerkmalen, Vereinfachungen und Einheitlichkeitspotentialen von Produktgruppen und Systemen.
Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
KM zBM zWS ȘV
– BM WS –
Konstruktionsmerkmal Menge Betriebsunterstützungsmittel ( KT – Komplexteil) Wirksystemmenge (Art-Wirksystemart) Vereinheitlichungsgrad ( k – konstruktiv, t – technologisch)
61.1
Notwendigkeit und Zielstellungen
Die technologische Vereinheitlichung ist eine Projektierungsaufgabe zur Schaffung einer Projektierungsbasis durch Vereinheitlichung von Merkmalen des Produktionsprogramms oder anderer Programme und zur Schaffung von Einheitlichkeitspotentialen des Programm realisierenden Systems durch Projektierung. Sie beginnt mit der technologischen Vereinheitlichung der Produktkonstruktionen, Abb. 61.1. Eine technologische Vereinheitlichung ist nur möglich, wenn mindestens zwei Produktarten einer Produktgruppe vorliegen. Das Vereinheitlichungsergebnis wird durch • Vergleich (Merkmalsvergleich, Funktionsvergleich, Relationsvergleich, Elementeartvergleich), • Ähnlichkeitsermittlung (Merkmals-, Funktions-, Relations-, Elementeartähnlichkeit) und • Veränderungsvorschläge (Unterschiedabbau, Ausgleich, Gleichmäßigkeit) ermittelt. Unterschiede, insbesondere von Konstrukteuren und Technologen hervorgerufen, sollen vermieden werden. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_61, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1379
1380
61 Technologische Vereinheitlichung
Abb. 61.1 Gebiete und Aufgaben der technologischen Vereinheitlichung
Beispiel Eine Produktart, von m Konstrukteuren konstruiert, kann zu (m − x) Produktkonstruktionen führen; eine Produktart, von m Technologen bearbeitet, kann zu (m − y) Produkttechnologien führen.
Sichtbar werden diese Unterschiede besonders durch Vergleiche bei Einzelteilegruppen, auf die hier weiter Bezug genommen wird, ohne eine Übertragung auf andere Produktarten auszuschließen.
61.2
Grundsätze zur technologischen Konstruktionsvereinheitlichung
Grundsatz 1: Grundsatz 2: Grundsatz 3:
Die Merkmale der Produktkonstruktion bestimmen unter Beachtung der Produktartmenge die Merkmale und Funktionen der Produkttechnologien, Tabelle 61.1. Gleiche konstruktive Produktmerkmale führen zu gleichen, mindestens aber ähnlichen Produkttechnologiefunktionen (oder -teilfunktionen, -verfahren) Jede konstruktive Ähnlichkeit führt zu einer technologischen Ähnlichkeit, Tabelle 61.2
61.2 Grundsätze zur technologischen Konstruktionsvereinheitlichung
1381
Tabelle 61.1 Produkttechnologiebeeinflussung durch die Produktkonstruktion (Beispiele)
Tabelle 61.2 Ähnlichkeitsvergleiche von Produkten
Grundsatz 4:
In Abhängigkeit von der konstruktiven Produktähnlichkeit leiten sich Ähnlichkeiten der Produkttechnologien ab, Tabelle 61.3: Fall 1: Fall 2: Fall 3: Fall 4:
Grundsatz 5:
Vollständige konstruktive Ähnlichkeit (Merkmalsgleiche Konstruktionen). Teilweise konstruktive Ähnlichkeit (Merkmalsähnliche Konstruktionen). In den Grundzügen konstruktive Ähnlichkeit (Merkmalsabweichende Konstruktionen). Keine konstruktive Ähnlichkeit (Merkmalsungleiche Konstruktionen).
Konstruktionsähnlichkeiten führen zu Produkttechnologieähnlichkeiten mit konstruktionsabhängigen Differenzierungen (REUTER 1974), Tabelle 61.4: ⇒ merkmalsgleiche Konstruktionen, ⇒ merkmalsähnliche Konstruktionen, ⇒ merkmalsabweichende Konstruktionen, • Individualtechnologie ⇒ Merkmalsungleiche Konstruktionen. • Typentechnologie • Gruppentechnologie • Rahmentechnologie
1382
61 Technologische Vereinheitlichung
Tabelle 61.3 Ähnlichkeit von gruppierten Produktkonstruktionen (Beispieldarstellung)
Tabelle 61.4 Ähnlichkeit von gruppierten Produkttechnologien (Beispieldarstellung), i. A. REUTER et al. (1979)
Grundsatz 6:
Produktkonstruktionen sind mit ihren Merkmalen auf vorhandene Systemtechnologien in den Differenzierungsformen nach Tabelle 61.3 abstimmbar.
Das Niveau der konstruktiven Vereinheitlichung kann mit einem konstruktiven Vereinheitlichungsgrad V,k berechnet und sichtbar gemacht werden, Gl. (61.1).
61.3 Produkttechnologievereinheitlichung e
ηV , k =
ηV , k
1383
(Konstruktive Merkmale der Gruppe)i
i=1
e · Konstruktive Merkmale des Bezugsteiles e
KMi i=1 = 0 ≤ ηV, k ≤ 1 e · KMKT
(61.1.1)
(61.1.2)
Das Bezugsteil BT (wegen der Gruppenvertretung auch Komplexteil KT genannt) ist ein fiktives oder reales Teil, das alle konstruktiven Merkmale in den Unterscheidungen grob, fein und feinst (detailliert) enthält und einen konstruktiven ↑ Typenvertreter verkörpert. Mindestens zwei Berechnungen werden durchgeführt. Die erste Berechnung enthält die Gruppenbildung und die zweite Berechnung weist auf die Verbesserungen nach den Veränderungen der Einzelteile der betrachteten Gruppe hin. Der Bezug erfolgt zur Tabelle 61.3. Die konstruktive Produktvereinheitlichung kann durch eine Produktklassifizierung vereinfacht und geordnet werden, wenn ein Klassifizierungssystem (Klassifikator) aufgebaut und angewendet wird, Abb. 61.2.
Abb. 61.2 Klassifikator für Produkteinzelteile
61.3
Produkttechnologievereinheitlichung
Die technologische Produktvereinheitlichung beinhaltet eine Merkmals- und eine Funktionsvereinheitlichung, die sich wechselseitig beeinflussen, besonders auf die Systemtechnologieausprägung wirken und eine direkte Abhängigkeit zur technologischen Produktkonstruktionsvereinheitlichung besitzen.
61.3.1
Technologische Produktmerkmalsvereinheitlichung
Vereinheitlicht werden im Rahmen der Produktionsprogrammaufbereitung (↑ Projektierungsprogramm) die Merkmale nach Abb. 61.1 für die in die Projektierung
1384
61 Technologische Vereinheitlichung
einbezogenen Produkte einer Produktgruppe durch Abstimmungen, Tabelle 61.5. Das Hauptziel besteht in der Vereinfachung und Reduzierung der Merkmalsarten, um das zu realisierende System und die Systembetreibung zu vereinfachen sowie günstige Produktionsformen (↑ Fertigungsformen) zu erreichen. Die Maßnahmen nach Tabelle 61.5 dienen der Abstimmung, Vereinfachung und der Korrektur durch Vergleiche innerhalb der Produktgruppe und mit bekannten Vergleichsprodukten. Es gilt der Grundsatz:
Gleiche Bedingungen führen zu gleichen Werten; ähnliche Bedingungen führen zu ähnlichen Werten.
Tabelle 61.5 Maßnahmen und Ziele der technologischen Produktmerkmalsvereinheitlichung
61.3.2
Technologische Produktfunktionsvereinheitlichung
Schwerpunkt der Untersuchungen sind die Arbeitsgänge, die damit in Verbindung stehenden Verfahren und Wirksysteme, sowie die Arbeitsgangfolgen. Abbildung 61.3 verdeutlicht die Vorgehensweise zur Ermittlung der Komplexteilarbeitsgänge.
61.3 Produkttechnologievereinheitlichung
1385
Abb. 61.3 Grundlagen zur Ermittlung des technologischen Vereinheitlichungsniveaus von Produkten einer Produktgruppe (Beispielrechnung)
1386
61 Technologische Vereinheitlichung
Mit der technologischen Produktvereinheitlichung wird eine Aussage • • • • •
zur Vereinheitlichung der Arbeitsgänge einer Produktgruppe, zur Arbeitsgangbelegung eines Wirksystems, zum Niveau der Verfahrens- ↑ Integration, zum Prozessstrukturaufwand durch ↑ Relationen, Tabelle 61.6, und zu den Forderungen an die Produktions- bzw. ↑ Fertigungsform
getroffen. Letzteres wird besonders durch weitere Bewertungen unterstützt. Hierzu gehören: • die Prozessverflechtungen durch die vor- und rückläufigen Relationen ( RV,V und RV,R), • die Systemanbindungen durch die Prozesseingangs- und -ausgangsrelationen ( RE und RA) mit den Darstellungen in der Tabelle 61.6. Das höchste Niveau liegt jeweils bei = 1 vor.
Tabelle 61.6 Aus der technologischen Produktgruppenvereinheitlichung ableitbares Prozessniveau
61.5 Systemtechnologiebildung
61.4
1387
Systemtechnologievereinheitlichung
Die Systemtechnologie wird durch den Systemprozess, die Systemelemente und die Systemstruktur geprägt. Sie muss die Produkttechnologien für die Produktkonstruktionen einer Produktgruppe realisieren können. Das bedeutet eine • Ausrichtung der Systemtechnologie auf die Anforderungen der Produkttechnologien durch die Projektierung, • Projektierung des Systems zur Realisierung einer Systemtechnologie für eine Produktgruppe, • Vereinheitlichung der Systemtechnologie aus Vereinfachungs- und Aufwandsgründen.
61.5
Systemtechnologiebildung
Die Systemtechnologie wird in Abhängigkeit der Produkttechnologie durch eine Projektierung stufen- und schrittweise im Rahmen der Projektsynthese gebildet bzw. entwickelt. Dabei sind drei (oder bei einer feineren Stufung auch mehr als drei) Betrachtungsstufungen von Bedeutung. 1. Systemverfahrenstechnologie: Einzubeziehende Technologieelemente sind die verfahrensrealisierenden Wirksysteme für die Produktzustandsänderungen. 2. Systemproduktflusstechnologie: Einzubeziehende Technologieelemente sind die dominanten ↑ Arbeitssysteme und der systemstrukturbestimmende Produktfluss. 3. Systemflusstechnologie: Zusätzlich zur Systemproduktflusstechnologie werden bevorzugt die Betriebsmittel- und Betriebsstoffflusselemente als Technologieelemente, und ergänzend die Energie- und Informationsflusselemente sowie die Personen und Organisationskomponenten in die Betrachtungen einbezogen. Mit dieser Technologiestufung werden das Verfahrenstechnische, das Strukturbildende und das Flusstechnische in die Systemtechnologie, in ihre Projektierungsund Vereinheitlichungsfolge einbezogen und so auch auf die einzelnen Flusssysteme übertragen. Das ermöglicht eine Vereinfachung der Projektierung, Abb. 61.4. Jede der acht in der Abb. 61.4 aufgeführten Gruppen hat Technologieeinfluss und ist gesondert in Verbindung mit jeder anderen Gruppe zu untersuchen. Dazu sind ↑ Bewertungen, Durchgängigkeitsprüfungen und Vergleichsrechnungen erforderlich, um Uneinheitlichkeiten auszuschalten und eine vereinheitlichte Gesamtsystemtechnologie zu erhalten. Bei der Systemtechnologieprojektierung sind immer die Technologiekomponenten • Technik (Wirksystemtechnik, Flusstechnik, Organisationstechnik, …), • Organisation (Aufbau-, Ablauf- und Tätigkeitsorganisation), • menschliche Erfahrung (Projektant, Wissenschaft und Fabrikarbeitskräfte)
1388
61 Technologische Vereinheitlichung
Abb. 61.4 Ausgewählte Faktoren, Gebiete und Aufgaben der Systemtechnologievereinheitlichung
einzeln und im Zusammenwirken zu beachten. Abbildung 61.4 enthält nur eine Auswahl beeinflussender Faktoren. In jedem Fall sind die Wechselwirkungen von Produkt und System zu beachten, Abb. 61.1. Das schließt Erweiterungen, Einengungen, Veränderungen, Anpassungen usw. nicht aus. Für Vergleichszwecke, Bewertungen und Niveaudarstellungen sind ↑ Kennzahlen geeignet.
Literatur
1389
• Die technologische Vereinheitlichung ist als ↑ Projektierungsgrundsatz eine wichtige Projektierungsaktivität zur Erreichung einer zukunftsfähigen Systemoptimierung. Hauptziele sind der Abbau von eingebrachten oder projektierten Uneinheitlichkeiten, das Erreichen von einheitlichen technologischen Systempotentialen und die gleich verteilte Systemrationalität. • Der Projektierungsaufwand für die technologische Vereinheitlichung wird als relativ hoch eingeschätzt. Im Gegenzug ergeben sich Vorteile für den Projektanten, eine gute und fehlerfreie Arbeit geleistet zu haben, und für den Auftraggeber ein gut durchdachtes und rationelles System zu erhalten. • Die Fähigkeit des Projektanten, rationelle Fabriksysteme projektieren zu können, zeigt sich besonders durch technologische Vereinheitlichungsergebnisse ohne Gleichmacherei und ohne Ausgliederungen. • Die technologische Vereinheitlichung geht auf Untersuchungen von KIENZLE u. MÄCKBACH (1926) und (insbesondere) von MITROFANOV (1960) zur Gruppenbearbeitung zurück. Die technologische Fabrikprojektierung hat die auf die Teilefertigung (Verfahren zur Einzelteileherstellung) eingeengten Untersuchungsergebnisse auf die Fabriksysteme deutlich erweitert.
Literatur MÄCKBACH F, KIENZLE O (1926) Fließarbeit. VDI, Berlin MITROFANOV SP (1960) Wissenschaftliche Grundlagen der Gruppentechnologie. Technik, Berlin REUTER HK (1974) Die technologische Vereinheitlichung als Grundlage einer neuen rationellen Form des Fertigungsprozesses, Tagungsmanuskript INFERT. Technische Universität, Dresden REUTER HK, HELBING KW, GRUNDIG C-G (1979) Gestaltung flexibler Fertigungsformen zur Erhöhung der Kontinuität des Fertigungsprozesses, 34, Heft 2. Technik, Berlin, S 73–77
62
Technologische Zeiten
Technologische Zeiten: Zeitlicher Aufwand für technologische Prozessvorgänge und Prozessrelationen in Systemen. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
p teff
– ZE/PA ⋅ BZ ⋅ BO
tfr tr
ZE/BO ZE/Los ⋅ BO
tT tÜ tZ
ZE/Takt ⋅ Stück ZE/BO ZE/PA ⋅ Stück
BO
–
Laufindex für Produktionsart Effektive Bearbeitungszeit (L – Los, TL – Teillos, AK – Arbeitskraft, BM – Betriebsmittel) Freie Zeit Rüstzeit (tr nach REFA; Projektierung tRü, V – vorbereitende, A – abschließende, B – Betriebsmittel) Taktzeit Überlagerungszeit durch Parallelität Zykluszeit (R – Reihen-, K – kombinierter-, P – Parallelverlauf) Bezugsobjekt (Betriebsmittel (Maschine) BM, Arbeitskraft AK, Arbeitsgang Ag)
62.1
Zeitgliederung nach REFA für Arbeitsvorgänge
Zur Ermittlung von Bedarfsmengen sind im Rahmen der Projektierung die Vorgabezeiten für Arbeitskräfte und Betriebsmittel von Interesse. Geht es um die Simulation von Handhabungszeiten oder ↑ Gleichzeitigkeitsgrade, ist eine Kenntnis bis zur Nutzungszeit bzw. bis zur Tätigkeitszeit notwendig, Abb. 62.1.
62.2
Nominelle technologische Zeiten
Die nominellen technologischen Zeiten sind Soll- oder Normzeiten, die wie Bruttozeiten behandelt werden und für alle Produktarten und Durchlaufmengen zu ermitteln sind. Die Zeiten sind zu differenzieren. K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_62, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1391
1392
62 Technologische Zeiten
Abb. 62.1 Zeitgliederung der Vorgabezeiten nach REFA (Kurzzeichen teilweise projektierungsorientiert)
• Betriebsmittel mit einem Bezug zum Arbeitsgang (Ag → BM):
1. Loszeit tL,B, n i j = (trB + nL · teB )i j
2. Transporteinheitszeit p trB tTE,B,n1 i j = + nTE · teB zTE,L ij tTE,B,n2 i j = (nTE · teB )i j
3. Jahresbelegungszeit ta,B,n1 j =
e
ZE Los · BM · Produktart
(62.1)
ZE TE · BM · Produktart
(62.2.1)
ZE TE · BM · Produktart
(62.2.2)
(zL · trB + na · teB )i j
i=1
4. Jahresgesamtbelegungszeit, Beispiel in Tabelle 62.1
ZE a · BM
(62.3)
62.3 Effektive technologische Zeiten
1393
Tabelle 62.1 Beispiel für die Ermittlung der nominellen Jahresbelegungszeit nach Gl. (62.3)
• Arbeitskraft: Jahresauftragsnormzeit
ta,n j =
e
(zL · tr + na · te )i j
i=1
ZE a · AK
(62.4.1)
Normzeittrennung in
• Jahresrüstzeit: tr,g j =
e
(zL · tr )i j
i=1
• Gesamtausführungszeit: te,g j =
e
(na · te )i j
i=1
62.3
ZE a · AK
(62.4.2)
ZE a · AK
(62.4.3)
Effektive technologische Zeiten
Für die Entwicklungs- und Nutzungsplanung sowie für die Projektierung können nur die effektiven technologischen Zeiten verwendet werden. Dazu sind die nominellen technologischen Zeiten durch Normerfüllungen und angestrebte reale Steigerungen der Produktivität zu korrigieren. • Betriebsmittel:
1. Loszeit teff ,L i j
tL,B,n i = kNE · (1 + kAP )
j
ZE Los · BM · Produktart
(62.5)
1394
62 Technologische Zeiten
2. Transporteinheitszeit teff ,TE i j =
tTE,B,n i kNE · (1 + kAP )
ZE BM · TE · Produktart
j
3. Jahresbelegungszeit teff ,a,B j =
kNE
ta,B,n · (1 + kAP )
j
(62.6)
ZE BM · a
(62.7)
• Arbeitskraft: 1. Jahresauftragszeit teff ,a j =
kNE
ta,n · (1 + kAP )
j
ZE a · AK
(62.8)
2. Jahresrüstzeit: im Regelfall ohne Korrektur, Gl. (62.4.2) • Korrektur: Normerfüllung NE in% (Leistungseinfluss der Arbeitskräfte) kNE =
NE 100
(62.9)
Steigerung der Produktivität AP(t) in %, Abb. 62.2 (Leistungseinfluss durch technologische Maßnahmen) kAP =
AP(t) 100
Abb. 62.2 Entwicklungsverläufe der Produktivitätssteigerung
(62.10)
62.4 Technologische Zykluszeit
62.4
1395
Technologische Zykluszeit
Die Berechnung von technologischen Zykluszeiten dient der Aussage, wie groß die minimal mögliche Zeit für den Durchlauf eines Produktes ohne Liege-, Transportund Ausfallzeit ist. Sie wird deshalb auch als minimale Durchlaufzeit bezeichnet und kann besonders für objektive Bewertungen der Durchlaufzeit herangezogen werden.
62.4.1
Reihenverlauf oder Losprinzip (Auftragsprinzip)
Bezugsbasis der Berechnung sind Aufträge oder Lose, die geschlossen von Arbeitsgang zu Arbeitsgang bzw. von Arbeitssystem zu Arbeitssystem weitergegeben werden.
Abb. 62.3 Vereinfachte Darstellung des Reihenverlaufs
tZ,R i =
m j=1
62.4.2
teff ,L i j
ZE Los · Produktart
(62.11)
Kombinierter Verlauf oder Teillosprinzip
Der kombinierte Verlauf führt gegenüber dem Reihenverlauf zu Zykluszeitverkürzungen infolge Durchlaufparallelität. Wegen der höheren Kompliziertheit in der Produktionsplanung und -steuerung ist die praktische Anwendung in der Teilefertigung noch gering. Bei großen Produktkonstruktionen – Schiffbau, Anlagenbau – ist die Anwendung häufiger. Es werden größere Zykluszeitverkürzungen ermöglicht. Der kombinierte Verlauf führt zu zwei Grundfällen, Abb. 62.4, die in Folge der Weitergabe entstehen. Der Grundfall 2 ist praktisch gut handhabbar.
1396
62 Technologische Zeiten
Abb. 62.4 Vereinfachte Darstellung des kombinierten Verlaufs. a Grundfall 1. b Grundfall 2
tZ,K i =
m j=1
teff ,L i j −
m−1
tÜ i j
j=1
ZE Los · Produktart
(62.12)
Für den Grundfall 2 sind in der praktischen Nutzung Weitergaberegeln zu empfehlen, damit keine freie Zeit tfr entsteht und das Los an einer Maschine geschlossen bearbeitet werden kann. • Regel 1:
Anordnung der gesamten Losbearbeitungszeit für den nachfolgenden Arbeitsgang ( j + 1) nach Fertigstellung des Teilloses 1, wenn die Losbearbeitungszeit teff ,L j+1 > teff ,L j ist. Anordnung des letzten Teilloses für den Arbeitsgang ( j + 1) nach dem letzten Teillos beim Arbeitsgang j, wenn die Losbearbeitungszeit teff ,L j+1 < teff ,L j ist.
• Regel 2:
Das Maß für die Parallelität stellt die Überlagerungszeit tÜ dar.
62.4.3
Parallelverlauf oder Fließprinzip
Dieses zeitliche Prinzip führt zur ↑ Fertigungsform Fließfertigung und ist für den Los-, Teillos-, und Einzelteildurchlauf geeignet. Der Durchlauf erfolgt zeitlich abgestimmt durch Taktzeiten. Es wird das höchste Niveau der Parallelität und Rhythmizität erreicht, Abb. 62.5.
tZ, P1 =
m j=1
tT j + (nL − 1) · tT
ZE Los · Produktart
(62.13.1)
62.5 Rüstzeit und Taktzeit
1397
Abb. 62.5 Vereinfachte Darstellung des Parallelverlaufs. a Ohne Rüstzeitbeachtung. b Mit Rüstzeitbeachtung
tZ,P2 = tr +
m
tT j + (nL − 1) · tT
j=1
ZE Los · Produktart
(62.13.2)
Die Durchlaufmenge nach dem Einrichten des Fließfertigungssystems kann ein Los, ein Auftrag, eine Serie oder auch die Jahresstückzahl sein. Ein Produktartwechsel, wie beim Reihen- oder kombinierten Verlauf, ist sehr selten und führt zur Wechselfließfertigung.
62.5
Rüstzeit und Taktzeit
Rüstzeit (tRü ): Technologische Vorbereitungs- und Abschlusszeit für einen Arbeitsgang zur Realisierung eines Loses oder Auftrages in einem Arbeitssystem, Abb. 62.6. Die Rüstzeit enthält das Einrichten, das Erproben (Probestück), das Bekanntmachen mit dem Auftrag und das Abbauen der eingerichteten Elemente eines Betriebsmittels oder Arbeitssystems sowie das Abrechnen des Auftrages.
Abb. 62.6 Rüstzeiten
1398
62 Technologische Zeiten
Taktzeit: Durch zeitliche Abstimmung erreichte technologische Zeitmenge eines Arbeitsganges (Takt) und einer Flussrelation (Weitergabe von Takt zu Takt) in einem Fließfertigungssystem mit gleichem Zeitinhalt je Takt, Abb. 62.7.
Abb. 62.7 Grobe Taktzeitermittlung (Beispiel). a Vor der zeitlichen Abstimmung. b Nach der zeitlichen Abstimmung
Die rechnerische Ermittlung der Taktzeit erfolgt durch einfache Berechnung der mittleren technologischen Vorgangszeiten als nicht zu unterschreitende Orientierungszeit oder durch Vorabstimmungen (Abb. 62.7). Der Taktinhalt muss technologisch sinnvoll sein, wenn technologische Vorgänge in Takte integriert werden. Das wird technologische (technische und organisatorische) Abstimmung genannt (↑ Fertigungsform).
62.6
Durchlaufzeit
Die Durchlaufzeit ist eine technologische Gesamtzeit für den Produktdurchlauf in der Produktion. Sie ist eine betreibungsabhängige Produktionsgesamtzeit für ein Produkt mit unterschiedlichen Bezügen (informationell, materiell, gesamt, produktionsstufig, …), vom Arbeitssystem bis zur Gesamtfabrik mit Kooperation, Abb. 62.8.
Abb. 62.8 Durchlaufzeitverhältnisse
62.6 Durchlaufzeit
1399
• Die notwendige Korrektur der nominellen Zeit durch die Normerfüllung und Produktivität zur Ermittlung der effektiven Zeitvorgabe kann auch durch eine direkte Zeitkorrektur erfolgen. Eine Doppelkorrektur durch verschiedene Personen ist zu vermeiden. Für die Projektierung ist nur die effektive Zeit von Bedeutung. • Bei den effektiven Zeiten ist zu berücksichtigen, dass sie für den Zeitpunkt nach dem Systemanlauf als projektierte Zeitwerte vorausbestimmt wurden. Ungenauigkeiten führen zu Unter- oder Überdimensionierungen der Betriebsmittel und Arbeitskräfte. • ↑ Arbeitsdichte, ↑ Betriebsmitteldimensionierung, ↑ Bewegungsbedarfsmengen, ↑ Durchsatz, ↑ Fertigungsform, ↑ Personalbedarfsermittlung, ↑ Speicherbedarfsmengen
63
Typenvertreter
Typenvertreter: Repräsentativer Alleinvertreter einer Sachgruppe in der Planung und Projektierung, der mit seinen Merkmalen, Merkmalsausprägungen und Merkmalsbeziehungen alle Elemente der Gruppe vertritt, für die er bestimmt wurde. Synonym für Gruppenvertreter. Kurzzeichen e j k
Einheit m,mm – –
M
–
P t Typ
– min/Ag ⋅ Produkt –
63.1
Erläuterung Schwerpunktabhängige Entfernung Laufindex für Arbeitsgang Umrechnungs- oder Übertragungsfaktor der Ausprägung des Merkmals eines Produktes (Gruppenelement) auf das gleiche Merkmal des Typenvertreters Merkmal eines Elementes oder Objektes (P – Produkt, Typ – Typenvertreter) Produkt Technologische Zeit Typenvertreter
Sachgruppenarten
Das Arbeiten mit Typenvertretern findet eine breite Anwendung, wenn die zu vertretenden Gruppen genau definiert sind, für die der Typenvertreter wirken soll. Solche Sachgruppen der Typenvertreterunterscheidung enthält Abb. 63.1. Am häufigsten werden im Rahmen der Projektierung Typenvertreter für die Produkte gebildet. Hierauf beziehen sich die folgenden Ausführungen.
63.2
Typenvertreter
Ein Typenvertreter ist nur dann repräsentativer Vertreter einer Sachgruppe, wenn er alle relevanten Merkmale, Merkmalsausprägungen und Merkmalsbeziehungen des zu Grunde zu legenden Gruppenprogramms vollständig und eindeutig vertreten K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_63, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1401
1402
63 Typenvertreter
Abb. 63.1 Typenvertreterunterscheidungen (ausgewählte Beispiele)
kann. Deshalb werden reale und fiktive Typenvertreter als Bezugsteile, Bezugssysteme, Komplexteile (↑ Technologische Vereinheitlichung) usw., Abb. 63.1, unterschieden. • Realer Typenvertreter: • Fiktiver Typenvertreter: Fall 1: Fall 2:
63.3
Reales Element einer Gruppe, das eine vollständige Merkmalserfüllung der Gruppe gewährleistet. Der Typenvertreter wird aus den Merkmalen der Gruppe gebildet. Es entsteht ein nichtreales Element. Ein reales Element stellt die Bezugsbasis dar und wird durch die fehlenden Merkmale, Beziehungen und Ausprägungen der Gruppe ergänzt. Es wird ein fiktives Element „konstruiert“, das alle Merkmale, Beziehungen und Ausprägungen der Gruppe enthält.
Merkmalsintegration
Durch die repräsentative Vertretungsaufgabe muss der Typenvertreter alle Merkmale der Gruppe integrieren. Diese Merkmale, ihre Ausprägungen und Beziehungen sind für jede Sachgruppenart unterschiedlich. Sie sind insbesondere der Inhalt des Sachgruppenprogramms. Für die Produktgruppen sind es die gegliederten Produktionsprogramme (↑ Projektierungsprogramm).
63.4 Umrechnungen der Gruppenelementemerkmale auf den Typenvertreter
1403
Vereinfachtes Beispiel für Produktgruppen • Konstruktive Merkmale: ⇒ Alle Merkmale aus den Produktkonstruktionsunterlagen + Produktkonstruktionsfunktionen + alle Teilearten der Produktgruppe • Technologische Merkmale: ⇒ Alle Merkmale aus den Produkttechnologieunterlagen + Stücklisten + Montageschemata + ↑ Technologische Vereinheitlichungen • Planungsorganisatorische Merkmale: ⇒ Alle Merkmale der Planungsvorgaben + alle Merkmale der Organisationsziele (-vorgaben) + Garantie, Nacharbeit, Ausschuss, ↑ Kooperation, … + Unternehmensentwicklungsziele (-vorgaben) Bei Nichtvorliegen der technologischen Merkmale für die Gruppenelemente ist zuerst ein konstruktiver Typenvertreter aus den Merkmalen der Konstruktionsunterlagen zu ermitteln. Daran anschließend erfolgt die Typenvertreteraufbereitung in folgender Vorgehensweise: Schritt 1: Schritt 2: Schritt 3: Schritt 4:
63.4
Prüfen der Korrektheit des konstruktiven Typenvertreters (real oder fiktiv). Ermitteln der planungs-organisatorischen Merkmale mit den Merkmalsausprägungen durch Planungsvorgaben. Erarbeitung der technologischen Merkmale mit den Ausprägungen und Beziehungen (Umrechnungen). Prüfwiederholungen, Kontrollen, Vergleiche.
Umrechnungen der Gruppenelementemerkmale auf den Typenvertreter
Die Umrechnungen bzw. das Übertragen der Gruppenmerkmale auf den Typenvertreter erfolgt nach Gl. (63.1) und (63.2), (Beispiele in Tabelle 63.1 und 63.2). Aus Übersichtsgründen wird jeweils nur ein Merkmal der Gruppe auf den Typenvertreter übertragen (Beispiele in den Tabellen 63.1 und 63.2). Ist der Typenvertreter ein reales Element, erhält er den Laufindex i = 1, und die Gruppe beginnt beim Laufindex i = 2 … e.
1404
63 Typenvertreter
Tabelle 63.1 Berechnungsbeispiel für realen Typenvertreter
Tabelle 63.2 Berechnungsbeispiel für fiktiven Typenvertreter (Fall 2)
• Umrechnungsfaktor ki j =
MP i j MTyp j
(63.1)
• Umrechnungsgleichungen für ein Merkmal mit Ausprägungen (Beispiele in Tabelle 63.1 und 63.2)
63.5 Beispiele für die Typenvertreterbestimmung von Produktgruppen
na i j = ki j · MP na Typ j =
e
Typenvertreterbezogene Produktstückzahl
Typ j
(na · k)i j
Typenvertreterstückzahl
1405
(63.2.1) (63.2.2)
i=1
tges j = (tTyp · na Typ )j
(63.2.3)
Übertragener Gesamtzeitaufwand eines Merkmales (Arbeitsgangzeit) tTyp ges =
m
tges
j
Gesamtzeitaufwand des Typenvertreters
(63.2.4)
j=1
• Kontrolle e m j=1 i=1
63.5
(t · na )i j =
m
tTyp ges j
(63.3)
j=1
Beispiele für die Typenvertreterbestimmung von Produktgruppen
Zuerst sind reale Produkte als Typenvertreter anzustreben bzw. zu wählen, die auch eine Mächtigkeit in der Gruppe haben und den technologischen Prozess 100%-ig enthalten, Tabelle 63.1. Ist das nicht möglich, wird ein fiktiver Typenvertreter bestimmt, dem die Merkmale der technologischen Prozesse aller Produkte der Gruppe zugeordnet werden, Tabelle 63.2.
• Typenvertreter dienen der Projektierungsvereinfachung durch Datenreduzierung. Sie sind auch für Projektierungen bei fehlenden praktischen Daten geeignet, da die fehlenden Daten über die Typenvertreter einfacher zu ermitteln sind. In der Betriebspraxis sind dann die Merkmale der Einzelelemente, beispielsweise des Fabrikbetriebes, der Beschaffung oder der Arbeitsplanung, Gegenstand des Arbeitens. • Typenvertreter können auch für einzelne Merkmale einer Gruppe oder eines Objektes (Unterscheidung: Typenmerkmal oder Merkmals-Typenvertreter) gebildet werden, wie die Abb. 63.2 verdeutlicht. • Für bestimmte Fälle kann ein Typenvertreter auch alle Gruppenmerkmale in maximaler und minimaler Form repräsentieren, Abb. 63.3. Ausgenommen hiervon sind jedoch die quantitativen Merkmalsausprägungen, beispielsweise die ↑
1406
63 Typenvertreter
Abb. 63.2 Beispiele für Merkmals-Typenvertreter
Abb. 63.3 Ergänzende Merkmale von Produkt-Typenvertretern (Beispiel)
technologischen Zeiten. Der Vorteil liegt im übersichtlichen Vergleich von Varianten, sowie im Erkennen der ↑ Flexibilitäten und der ↑ Technologischen Vereinheitlichung. • Nicht jede Merkmalsart muss oder kann auf den Typenvertreter umgerechnet werden. Für das ↑ Projektierungsprogramm sind Gruppierungen (VON – BIS – Werte) der Merkmalsart notwendig (Geometrie, Rautiefe, Werkstoff, u. a.)
64
Variabilität
Variabilität: Technische Eigenschaft eines Systems, durch Strukturveränderungen sich den ändernden Systemaufgaben anpassen zu können. Die erste Definition erfolgte 1975 von SCHMIGALLA: „Anpassungsfähigkeit eines Systems an sich verändernde Bedingungen des Produktionsprogramms durch Strukturveränderung“.
64.1
Grundlagen
Variabilität ist eine besondere Form der ↑ Flexibilität, die im Gegensatz zur merkmalsorientierten eine strukturorientierte Systemflexibilität und dadurch eine Wandlungsfähigkeit des Systems ermöglicht. In Abhängigkeit der Strukturdefinition von ↑ Systemen sind drei Arten der Systemvariabilität zu unterscheiden. • Systemelementemengenvariabilität (vereinfacht: Mengenvariabilität), • Systemelementeanordnungsvariabilität (vereinfacht: Anordnungsvariabilität), • Systemrelationsvariabilität (vereinfacht: Relationsvariabilität). In ihrer Gesamtheit ergeben die einzelnen Variabilitätsarten die Gesamtvariabilität, verbunden mit einer Aussage zur Wandlungsfähigkeit, eines Systems.
64.2 64.2.1
Variabilitätsarten von Systemen Systemelementemengenvariabilität
Diese am häufigsten auftretende Variabilitätsart entsteht bei einer Systemaufgabenanpassung durch Veränderungen der Systemelementemenge, Abb. 64.1. In Abhängigkeit von den Systemelementen ist die Struktur eines Systems veränderbar, so dass ein System unterschiedliche Strukturen aufweist. Gleiches trifft für jedes integrierte Flusssystem zu. Die Untersuchungen zur Mengenvariabilität K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_64, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1407
1408
64 Variabilität
Abb. 64.1 Einflussfaktoren auf die Systemelementemengenvariabilität
Abb. 64.2 Einfache Beispiele für die Systemelementemengenvariabilität (ohne Austausch). a Projektierte Systemstruktur mit bestimmter Flexibilität. b Systemelementemengen-variabilität durch Einengungen. c Systemelementemengenvariabilität durch Erweiterungen und Beistellungen
vereinfachen sich durch die Betrachtungen zur Einengung, Erweiterung und Beistellung (Redundanz, Ersatzelemente, Reserven, Kompensation) von Elementen eines Gesamtsystems, Flusssystems oder Flusssteilsystems. Einengungen und Arbeitskräftevariabilität sind häufig unproblematisch zu realisieren und zu projektieren. Der Projektierungsschwerpunkt liegt bei Erweiterungen und Beistellungen (Überbrückungselemente, Springer), die nicht vergessen werden dürfen, Abb. 64.2.
64.2.2
Systemelementeanordnungsvariabilität
Anordnungsvariabilität ist mit Umprojektierungen verbunden und kann schwer oder gar nicht möglich sein, wenn diese bei der Entwurfs- und Ausführungsprojektierung nicht berücksichtigt wurde, Abb. 64.3.
Abb. 64.3 Einflussfaktoren auf die Systemelementeanordnungsvariabilität
64.2 Variabilitätsarten von Systemen
1409
Unter der Voraussetzung, dass Arbeitssysteme, Flusssysteme und Fabriksysteme ganzheitlich sein sollen, muss auch ihre Anordnung im Raum ganzheitlich und zweckmäßig sein. So gesehen ist die Objekt-Platz-Zuordnung nicht nur eine Optimierungsaufgabe, sondern auch eine Voraussetzung für die Realisierung der Anordnungsvariabilität. Eine günstige Anordnungsvariabilität wird durch einen modularen Systemaufbau (Systemstruktur) erreicht. Das bedeutet, räumlich gleich große Arbeitssysteme und Flusssysteme des Fabriksystems sowie gleich große Wirkungsstätten der Fabrik anzustreben. Ein solches Variabilitätsideal ist mit der gegenwärtigen Technik noch nicht, aber mit Raummodulen erreichbar, Abb. 64.4 und 64.5.
Abb. 64.4 Beispiele für die Anordnungsvariabilität durch räumliche Module. a Projektierte Arbeitssysteme (Ist-Zustand). b Flächen- und Raummodule von Arbeitssystemen
Abb. 64.5 Beispiele für Anordnungsvariabilität durch Umstellungen
64.2.3
Systemrelationsvariabilität
Relationsvariabilitätsforderungen entstehen durch Mengen-, Anordnungs- und Prozessänderungen und sind auf die Flusssysteme bzw. auf die Flusssysteme der Elemente (Ausnahme: Arbeitskräfte; ↑ Personenfluss), begrenzt, Abb. 64.6 und 64.7. Eine angestrebte Relationsvariabilität wird durch die Arbeitsweise und technische ↑ Integration der Systemelemente beeinflusst. Mit der ersetzenden Arbeitsweise werden die technisch und räumlich auszuführenden Relationen in ihrer Ausprägung eingeengt, Abb. 64.8.
1410
64 Variabilität
Abb. 64.6 Einflussfaktoren auf die Systemrelationsvariabilität
Abb. 64.7 Beispiele für die Systemrelationsvariabilität
Abb. 64.8 Relationsvariabilitätssenkung durch ersetzende Arbeitsweisen. a Ergänzende Arbeitsweise. b Ersetzende Arbeitsweise (keine Relationsbegrenzung)
64.3
Systembetreibungsvariabilität
Die Variabilität in der Fabrik muss bei jedem Fabriksystem aus der Sicht der Systemstruktur (Systemaufbau) und Systembetreibung betrachtet und bei der Systemprojektierung beachtet werden. Das sind die Richtungen • Systemstrukturvariabilität (Abschnitt 64.2) und • Systembetreibungsvariabilität. Die Systemstrukturvariabilität verändert die Systemstruktur in kleinem oder großem Maße. Die Systembetreibungsvariabilität nutzt in bestimmten Zeiträumen nicht alle Systemelemente, Arbeitskräfte und Flusssysteme gleichermaßen, Abb. 64.9. Typisches Beispiel sind Systeme der Wechselfließfertigung.
64.5 Variabilität der Fabrik
1411
Abb. 64.9 Beispiel für die Systembetreibungsvariabilität. a Ergänzende Arbeitsweise. b Ersetzende Arbeitsweise
64.4
Variabilitätsniveau von Systemen
Das Gesamtvariabilitätsniveau ergibt sich als Produkt aus den Systemvariabilitätsarten mit der Bezugsbasis Systemstruktur, Gl. (64.1) und Abb. 64.10. Beispiel Mengenvariabilität: IV , M
Variable Menge der Systemstruktur b1 Bezugsmenge der Systeemstruktur
(64.1)
Abb. 64.10 Mögliche Darstellung des Variabilitätsniveaus
64.5
Variabilität der Fabrik
Fabrikwirkungsstätten, einschließlich der Arbeitssysteme, technologischen Fabriksysteme und Flusssysteme und die Gesamtfabrik ergeben durch ihre Variabilitäten das Variabilitätsniveau der Fabrik. Wandlungsfähige Fabriken sind solche mit hoher Variabilität, Elemente- oder Systemmobilität.
1412
64.6
64 Variabilität
Variabilität und Flexibilität
Variabilität und ↑ Flexibilität sind technische Systemeigenschaften, die nur durch die Systemprojektierung geschaffen werden können. Beide bestimmen das Gesamtflexibilitätsniveau eines Systems. Neue Systemlösungen entstehen dadurch nicht.
• Die Variabilität ist in einem ökonomisch vertretbaren Maße bei der Systemprojektierung in den Zeitstufen kurz-, mittel- und langfristig zu berücksichtigen. Das ökonomische Maß begrenzt eine mögliche Variabilität durch Überdimensionierung. • Als eine äußerst wichtige Variabilitätskomponente von Systemen gilt die Systemerweiterung für alle drei Variabilitätsarten. Diese Variabilität ist pflichtgemäß zu projektieren (Flächen, Räume, Anschlüsse, …). • Als eine Projektierungspflicht gilt auch die nachweisbare Projektierung der Betreibungsvariabilität. Sie bestimmt die Systemeinordnung in strukturstarre und strukturvariable Systeme mit.
65
Wärmeenergieversorgung
Wärmeenergieversorgung: Erzeugung, Bereitstellung und Verteilung von thermischer Energie (Wärme) für das Betreiben von Systemen und Räumen (Kurzbegriff: Wärmeversorgung)
65.1
Wärmeversorgungsgebiete in der Fabrik
Unterschieden werden in der Fabrik eine Systemwärmeversorgung und eine Raumwärmeversorgung, die gleiche oder ungleiche Anforderungen an die Bemessungsgrößen der Wärmeenergie stellen, Abb. 65.1. Bei gleichen Anforderungen können zentrale, bei ungleichen Anforderungen sollten dezentrale Wärmeversorgungssysteme projektiert, realisiert und betrieben werden.
65.2
Grundlagen der Wärmeenergieversorgung
Die Berechnungsgrundlagen entstammen der Thermodynamik (Wärmelehre) und können dort in der Fachliteratur vertiefend bezogen werden.
65.2.1
Wärme und Wärmefluss
Wärme ist eine thermische Energie und muss für die Belange der Fabrik in die zwei Formen • Wärmeenergiemenge Q (in MJ) für die einmalige Wärmezufuhr sowie ˙ für den dauerhaften Wärmefluss (Wärmedurchsatz in • Wärmeenergiemenge Q MJ/ZE) unterschieden werden, Abb. 65.2, Gln. (65.1) und (65.2). K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_65, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1413
1414
65 Wärmeenergieversorgung
Abb. 65.1 Gruppierung der zu projektierenden Wärmeenergieversorgungssysteme
˙ (Projektierungsansatz) Abb. 65.2 Wärmezufuhr Q und Wärmefluss (Q)
Der Wärmefluss entspricht einem Wärmeenergie- ↑ Durchsatz bzw. einer zeitbezogenen Wärmelast. Er wird auch Wärmestrom (MJ/ZE) genannt. Die einem Stoff (Körper, Fluid) zur Temperaturerhöhung zuzuführende Wärmeenergiemenge Q ist der zu erwärmenden Masse m (in kg) des Stoffes und einer angestrebten Temperaturdifferenz (Endzustand – Anfangszustand als ΔT (in K) oder als Δϑ bzw. Δt (in grd)) proportional. Hierin einzuschließen ist die spezifische
65.2 Grundlagen der Wärmeenergieversorgung
1415
Wärmekapazität c (in J/kg · K oder J/kg · grd) des Stoffes (z. B. Wasser: c = 4,1868 kJ/kg · K), CZICHOS et al. (2000). • Wärmebedarfsmenge Q Q = m · c · T
oder
Q = V · ρ · c · T
in J, kJ, MJ
(65.1)
˙ (Wärmefluss, Wärmedurchsatz) in J/ZE • Zeitbezogene Wärmebedarfsmenge Q ˙ =m Q ˙ · c · T
oder
˙ = V˙ · ρ · c · T Q
in J/s, W, kW, MW
(65.2)
Die Berechnungsgleichung (65.2) gilt für unterschiedliche Körper, Stoffe und ↑ Durchsätze. Die Durchsätze (m, ˙ V˙ ) sind die zu ermittelnden Projektierungsgrößen. Die Stoffdichten ȡ können der betreffenden Fachliteratur entnommen werden. Die Temperaturen sind zu bestimmende oder vorgegebene Bedingungsgrößen (Raumtemperatur, Wärmebehandlungstemperatur).
65.2.2
Wärmetransport
Für den Transport thermischer Energie sind die Wärmestrahlung, die Konvektion und die Wärmeleitung zu unterscheiden. Theoretische Grundlagen enthält die Fachliteratur der Thermodynamik und der Physik. Wärmestrahlung: Wärmetransport durch Abstrahlung des erwärmten Stoffes (Strahler) infolge elektromagnetischer Wellen auf die Körper der Umgebung (Empfänger) als unterscheidbare Temperaturstrahlung, Abb. 65.3: • Wärmestrahlung bei ϑ > 0°C → Wärmeempfindung des Menschen, Ultrarotoder Infrarotstrahlung, • Lichtstrahlung bei ϑ >> 0°C → Glühen des Körpers, Lichtbogen beim Schweißen.
Abb. 65.3 Unterscheidung von Wärme- und Lichtstrahlung
1416
65 Wärmeenergieversorgung
Konvektion: Wärmetransport durch Auftriebsströmung, die durch unterschiedliche Stoffmassedichten infolge von Temperaturunterschieden in den Stoffen (Gase, Flüssigkeiten) entsteht. Beispiele Konvektionsheizung (Heizkörper = Konvektor), Luftkonvektion beim Schweißen (Thermikkegel), Nutzung bei ↑ Absaugsystemen. Wärmeleitung: Wärmetransport durch Weitergabe thermischer Energie im Stoff (Gase, Flüssigkeiten, Festkörper) durch Stoß (Molekül – Molekül bei Gasen, Elektron – Elektron bei Metallen) oder über elastische Wellen (Phononen bei Festkörpern) in Richtung der niedrigeren Energiekonzentration (Temperatur). Voraussetzung für die Wärmeleitung ist ein Temperaturgefälle (Δϑ) im Stoff, eine Wärmeleitfähigkeit Ȝ (in W/m · K) des Stoffes und die Notwendigkeit einer Wärmestromdichte q˙ . q˙ =
Q A·t
in J/s · m2
oder
W/m2
(65.3)
Beispiele „Schwerkraftheizung“, Wärmebehandlung für die Stoffeigenschaftsänderung. Für den Wärmetransport in Baustoffen (Metalle, Mauerziegel, …) von Systemen und Bauwerkselementen sind die Verhältnisse nach Tabelle 65.1 von Bedeutung.
65.3
Technologische Verfahrenswärme
Die technologische Verfahrenswärme wird auch Prozesswärme genannt. Sie be˙ die für die Durchführung von rücksichtigt die Wärmebedarfsmenge Q oder Q, technologischen Verfahren notwendig ist. Hierzu enthält Tabelle 65.2 ausgewählte Verfahrensgruppen. Die technologisch notwendige Wärmeenergie ist im Regelfall eine wirksystemintegrierte Energie, die bei der Konstruktion bzw. Projektierung des Wirksystems Berücksichtigung finden muss. In solchen Fällen ist die Wärmeenergieversorgung oder die Energieträgerversorgung (Brenngase) als Flusssystem (Energiefluss) Bestandteil der ↑ Arbeitssystem- und Fabriksystemprojektierung. Es sind zu beachten, Abb. 65.4: 1. die direkte Wärmeenergieerzeugung im Wirksystem, 2. die Wärmeenergieerzeugung im Arbeitssystem für das Wirksystem, 3. die Wärmeenergieerzeugung im technologischen Fabriksystem für eine Gruppe von Wirksystemen bzw. Arbeitssystemen.
65.3 Technologische Verfahrenswärme Tabelle 65.1 Wärmeübergangs- und Wärmedurchgangsverhältnisse
1417
1418
65 Wärmeenergieversorgung
Tabelle 65.2 Technologische Verfahren mit Wärmeenergieeintrag
Abb. 65.4 Projektierungsgrundfälle der technologischen Wärmeenergieversorgung
65.3 Technologische Verfahrenswärme
1419
Die Anforderungsvielfalt erfordert für die technologische Wärmeenergieversorgung Grundregeln, um die Versorgung mit und Nutzung von Wärmeenergie sinnvoll zu projektieren. Grundregel 1:
Grundregel 2:
Grundregel 3: Grundregel 4:
Anstreben der Integration des Wärmeerzeugers in das technologische Wirksystem, wenn es sich um eine punktuelle Wärmeenergie handelt, die nur für eine besondere Produktart notwendig ist. Zielgruppe: Verfahren der Stoffeigenschaftsänderung, Gießen und Schmelzen, Beizen und Galvanisieren, Warmbadreinigung, Einbrennlackierung. Nichteinsatz elektrischer Energie für die Erwärmung großvolumiger Produkte zur Eigenschaftsänderung. Einsatz elektrischer Energie zur Kurzzeiterwärmung (Induktion) kleinvolumiger Produkte. Einsatz von Brenngasen (technische Gase) mit hohen Heizwerten zum Erwärmen und Warmhalten von Produkten im Langzeitoder Dauerbetrieb. Nutzung von Restwärme eines Verfahrens als technologische Wärme des nachfolgenden Verfahrens, Abb. 65.5.
Abb. 65.5 Restwärmenutzung für nachfolgende Verfahren
Grundregel 5: Grundregel 6:
Abstimmung der Volumengrößen von Produkten und Wärmewirksystemen unter Beachtung des Wärmeeintrages und der Bewegungsrelationen, Abb. 65.6. Hohe Wärmedämmung und Kurzzeitöffnungen (Tür, Schleuse) ˙ AB ) (Abstrahdes Wärmewirksystems, wenn die Abwärme (Q lung, Konvektion) klein gehalten werden soll und keine Raumwärmeversorgung durch das System angestrebt wird.
Technologische Wärmeversorgungssysteme werden wegen der technologischen Verfahrensspezifik individuell in Abhängigkeit vom Verfahren, vom Wirksystem sowie vom Arbeits- oder Fabriksystem projektiert. Die Hersteller von Wirksystemen projektieren nur die Wärmeversorgung des von ihnen zu liefernden Systems. Alle anderen Wärmeversorgungssysteme sowie die zugehörige Ver- und Entsorgung sind vom Fabrikprojektanten bzw. von einem beauftragten Spezialprojektanten (Zulassung, Erfahrung) zu projektieren.
1420
65 Wärmeenergieversorgung
Abb. 65.6 Projektierungsansatz für technologische Wärmewirksysteme unter dem Volumen- und Bewegungsaspekt. a Gesamtsystemskizze. b Systemaufrissskizze
65.4
Wärmeenergie für das Betreiben von Systemen und Räumen
Systembetreibungswärme Die Systembetriebswärme ist für das Betreiben eines technologischen Fabriksystems erforderlich. Sie enthält die Wärmeversorgung, die für das Betreiben und Erhalten von Flusssystemen notwendig und nicht Bestandteil der technologischen Verfahrenswärme ist. Eine Analogie zur technologischen Verfahrenswärme liegt bei den Verfahren der Flusssysteme dann vor, wenn sie beispielsweise für die Erzeugung (Beispiel: Härten von Werkzeugen) Wärmeenergie benötigen. Tabelle 65.3 enthält eine Übersicht zur Orientierung. Raumbetreibungswärme Raumbetreibungswärme muss für die in den Räumen installierten Einrichtungen, Flusssysteme (technische Gebäudeausrüstungen) und für die Raumanschlüsse berücksichtigt werden. Sie dient der Raumnutzung durch Menschen und technische Elemente.
65.5 Raumwärme
1421
Tabelle 65.3 Beispiele für Wärmeenergiebedarfsanforderungen für das Betreiben
Beispiele sind Kochstellen, Frostschutz für Zuleitungen, Betriebsstofftemperierung, Warmwasserbereitung, Klimatisierung von Teilsystemen, Kantinenversorgung.
Im Regelfall kann die Raumbetreibungswärme über die elektrische Energie erzeugt und bereitgestellt oder über die Raumwärme abgesichert werden. Der Betreibungswärmebedarf ist gering, in der Ermittlung individuell und in der technischen Realisierung häufig dezentral. Wird die Versorgung der Betreibungswärme nicht projektiert, ist mit größeren negativen Wirkungen (Nachrüstungen, längere Wege, illegale Realisierungen, Frostschaden, Betriebshavarie usw.) zu rechnen.
65.5 65.5.1
Raumwärme Vorbemerkungen
Raumwärme dient der Herstellung eines Raumklimas zum thermischen Wohlbefinden (Behaglichkeit) der Menschen und zur Erfüllung von Klimaforderungen für technische Elemente und Systeme im Raum. Raumwärme ist nur eine Komponente des Raumklimas und muss mit der Komponente Raumluft (↑ Luftversorgung) zusammen betrachtet werden.
1422
65 Wärmeenergieversorgung
Abb. 65.7 Mensch-, Raum-, Arbeits- und Energieverhältnisse
Das thermische Wohlbefinden des Menschen hängt von den menschlichen Relationen ab, Abb. 65.7: • Mensch – Arbeit (Arbeitsbedingungen, Arbeitsschwere, Arbeitseinsatz), • Mensch – Raum (Arbeitsumwelt, Klima, Raumbelastungen, Raumfarbe), • Mensch – Mensch (Verträglichkeit, Freude, Ärger, Zuneigung). Hierauf wirken auch die menschliche Körpertemperatur (36,2 … 37,2°C) sowie eine biochemische (Nahrungsmittel QZU) und physikalische Temperaturregulation. Menschliche Arbeit, Wärmeabgabe und Raumtemperatur sind aufeinander abzustimmen, Abb. 65.8. Als Bezugsraum gilt der Behaglichkeitsraum (ϑ1, ϑ3, ↑ Arbeitsraum), nicht der gesamte Fabrikstättenraum (ϑ2, ϑ1 < ϑ2, ϑ3 < ϑ1).
65.5.2
Raumwärmebedarf
˙ (auch Raumwärmelast) und der RaumwärmezuEs sind der Raumwärmebedarf Q ˙ führungsbedarf QZU zu unterscheiden. Der Raumwärmebedarf ist der erforderliche Wärmeenergiefluss (Wärmestrom), der zum Erreichen einer geforderten Raumtemperatur, Abb. 65.8, notwendig ist. Er ˙ T und einen Lüftungswärmebedarf beinhaltet einen Transmissionswärmebedarf Q ˙ j und für ein ˙ QL , Gl. (65.4), Abb. 65.9. Ermittelt wird er für einen Einzelraum Q ˙ Gebäude QGeb . Für die üblichen praktischen Fälle wurde in der DIN 4701 der Be˙ N eingeführt. griff Norm – Wärmebedarf Q ˙N = Q ˙T +Q ˙L Q
oder
˙N = Q ˙ T ,N + Q ˙ L,N Q
in kW, MW
(65.4)
Der einem Raum über ein Wärmeversorgungssystem (Heizung) zuzuführende ˙ ZU ist eine um weitere Wärmezuführungen (durch Abwärme) Raumwärmebedarf Q reduzierte Größe, Gl. (65.5). Zu berücksichtigen sind: ˙ AB durch Systemelemente (Mensch Q ˙ M , Betriebsmittel Q ˙ BM , Arbeits• Abwärme Q ˙ AG , Beleuchtung Q ˙B: Q ˙ AB = Q ˙M +Q ˙ BM + Q ˙ AG + Q ˙B) gegenstand Q ˙ Rü der Raumlüftungswärme ( Ș • Wärmerückgewinnung Q ≤ 0,75 beim EinRü,max ˙ L) ˙ Rü = ηRü · Q satz von Wärmerückführungssystemen: Q ˙ ZU = Q ˙ N − (Q ˙ AB + Q ˙ Rü ) Q
kW, MW
(65.5)
65.5 Raumwärme
1423
Abb. 65.8 Arbeitsabhängige Raumtemperaturen (i. A. HETTINGER 1970), Arbeitskategorien (von BULLINGER 1994) und Raumbehaglichkeit (von HOESCH)
Abb. 65.9 Gebäude-Wärmemodell mit den Wärmeflüssen und Einflussfaktoren
1424
65 Wärmeenergieversorgung
˙ AB berücksichtigt die technologische Abwärme (Abschnitt 65.3) und Die Abwärme Q die Betreibungsabwärme (Abschnitt 65.4). Bei der Teilefertigung durch Abtrenn˙ AB = (0, 06 . . . 0, 09 . . . 0, 32) · Pin technik erreicht die Abwärme eine Größe von Q (kW) der installierten Leistung Pin. Montagearbeiten erreichen kleinere, Wärmebehandlungen deutlich größere Werte.
65.5.2.1
Raumtransmissionswärmebedarf
Transmissionswärme: Wärmeenergiefluss, den ein Raum durch Wärmeleitung an die Umgebung (Nachbarraum, Atmosphäre) über die Raumbauelemente abgibt (nach DIN 4701/1). Transmissionswärme muss als eine Verlustenergie aufgefasst werden, die keine Rückgewinnung ermöglicht. Sie beträgt etwa 40% der Gesamtraumwärme und kann nur durch eine sehr gute Wärmedämmung (Hinweis: Wärmeschutzverordnung und Tabelle 65.1) klein gehalten werden. Berechnungsgrundlagen enthält die DIN 4701 und Tabelle 65.4.
65.5.2.2
Raumlüftungswärmebedarf
Lüftungswärme: Wärmeenergiefluss, den ein Raum durch Bauwerksdurchlässigkeit und durch nachströmende (Außen-) Luft in Folge technischer Abluftsysteme an die Umgebung (Nachbarraum, Atmosphäre) abgibt (DIN 4701/01). Die Lüftungswärme ist direkt abhängig von der Raumlüftung (↑ Luftversorgung) und beinhaltet zwei Anteile, Gl. (65.6): ˙ Fl in Folge einer freien oder natürlichen Lüf• die erforderliche Lüftungswärme Q tung (Fugenlüftung, Baustoffdiffusion, Bauwerksundichtigkeiten) sowie ˙ RLT durch technische Lüftungssysteme (↑ Ab• die erforderliche Lüftungswärme Q saugsysteme, Raumklimasysteme als raumlufttechnische Systeme) bzw. Zwangslüftungen.
Besonders Zwangslüftungen orientieren auf die Raumluftqualität (Luftkonditionierung, Austrag von Aerosolen) und erfordern in Fabrikwirkungsstätten den höheren Lüftungswärmeanteil, Gl. (65.6.2) ˙ L1 = Q ˙ Fl + Q ˙ RLT Q
(Dominanz der freien Lüftung)
kW, MW (65.6.1)
˙ RLT · (1 + fFl ) kW, MW ˙ L2 = Q Q (65.6.2) (Dominanz der Zwangslüftung mit freiem Lüftungsanteil fFl )
Die Fabrik mit ihren Wirkungsstätten ist aus der Sicht der Lüftungswärme zu differenzieren, für die dann wirkungsstättenorientierte Berechnungen gelten, Tabelle 65.5.
65.5 Raumwärme
1425
Tabelle 65.4 Vorschriften zur Ermittlung des Normtransmissionswärmebedarfes eines Raumes nach DIN 4701
Lüftungswärmebedarf bei freier Lüftung Der Lüftungswärmebedarf wird für geschlossene Räume (geschlossene Öffnungen) und der Annahme berechnet, dass der Raum einen Luftaustausch zur Luftverbesserung (Raumluft: Abluft = Zuluft) über die Fugen der Öffnungen (Türen, Fenster, Luken, RWA) ermöglicht. Hieraus ergibt sich ein Mindestluft- und Lüftungswärme˙ L,min entsprechend der Berechnungen nach Gl. (65.7) und (65.8). bedarf Q ˙L = Q ˙ FL ≥ Q ˙ L,min Q
kW, MW
(65.7)
1426
65 Wärmeenergieversorgung
Tabelle 65.5 Fabriktypengruppierung nach der Lüftungsart
˙ FL = V˙ L · c · ρ · (ϑi − ϑa ) = m ˙ · c · ϑ Q
kW, MW
(65.8.1)
˙ FL = zW, L · VR,L · c · ρ · ϑ Q
kW, MW
(65.8.2)
˙ L,min = V˙ L,min · c · ρ · (ϑi − ϑa ) Q
kW, MW
(65.8.3)
˙ L,min = zW, L min · VR,L · c · ρ · ϑ Q
kW, MW
(65.8.4)
Es bedeuten: V˙ = V˙ L
m³/s
c
W/kg · K
ȡ
kg/m³
Dichte der angesaugten Luft ( ȡLuft ≈ 1,27 kg/m³)
ϑi ϑa zW,L
K, °C K, °C h−1
zW,L min
h−1
Raumtemperatur, Temperatur der abgeführten Luft Außenlufttemperatur, Zulufttemperatur Erforderliche (hygienische und technologische) Raumluftwechselzahl Hygienisch bedingte minimale Raumluftwechselzahl (≥ 0,5 h−1)
VR,L
m³
Erforderlicher Luftvolumenstrom zur Lufterneuerung ( ≡ V˙ ZU ) Spezifische Wärmekapazität der Luft ( cLuft = 1,0 kJ/kg · K)
Raumluftvolumen (= Raumvolumen – Ausstattungsvolumen)
Die genauere Berechnung konzentriert sich nach DIN 4701 auf die Ermittlung des Luftvolumenstromes (↑ Luftversorgung) unter Beachtung von Beeinflussungen:
65.5 Raumwärme
1427
1. Berechnungsansatz für Fugenlüftung (Fugen zwischen den Bauelementen) e (65.9) Annahme : V˙ L = ((a · l) · (pa − pi ) n ) i m3 /h i=1
a i l n pa pi
m³/m · h · Pa; Fugendurchlasskoeffizient (DIN 4701/2) m³/m · h · Pa2/3 – Laufindex für Bauelement (Tür, Fenster, Luke) eines Raumes m Fugenlänge (Fugen um die Tür, das Fenster, …) – Haustypexponent (2/3 für Einzelgebäude) Pa Außendruck am Bauelement Pa Innendruck am Bauelement
2. Winddruck Zu unterscheiden sind windangeströmte Gebäudewände (Überdruck, Außenluftzufuhr → Lüftungswärmebedarf) und nicht angeströmte Gebäudewände (Unterdruck, Innenluftabfuhr → kein Lüftungswärmebedarf). 3. Auftriebsdruck Thermischer Differenzdruck durch Dichteunterschiede von kalter Außenluft und warmer Innenluft. 4. Bauwerkstyp Beeinflusst wird der Lüftungswärmebedarf durch die Bauwerkstypen:
(a · l)angeströmt / (a · l)nicht angeströmt = 1/3 • Einzelgebäude (Einzelhaustyp):
• Reihengebäude (Reihenhaustyp): (a · l)angeströmt / (a · l)nicht angeströmt = 1 • Schachtgebäudetyp: mit Treppenhaus, Aufzugsschacht, Hochregallager ˙ FL max – im Fußbodenbereich) (Q ˙ FL max – im obersten Geschoß) • Geschoßgebäudetyp: Mehrgeschoßbauten (Q 5. Gebäudestandortlage Die Gebäudestandortlage (Höhenlage über Normal Null NN; freistehendes Gebäude, Gebäude im Gebäudekomplex) nimmt Einfluss auf die äußeren Gebäudeeinwirkungen durch meteorologische Bedingungen (Winddruck, Hauptwindrichtung HWR, Anströmung, Außentemperatur ϑa ). 6. Berechnungseinfluss durch Korrekturen (DIN 4701) c · ρ · (pa − pi )2/3 = Hh = εh · H
(Bezug zu Gln. (65.9), (65.1))
(65.10)
Es bedeuten: Hh
Hauskenngröße (DIN 4701/2)
h
Höhenkorrekturfaktor
H
Hauskenngröße für den Windeinfluss in 10 m (Gebäude-) Höhe (W · h · Pa2/3/m · K, Werte in DIN 4701/2, Tabelle 65.12)
Gebäudeschachttyp und Gebäudegeschoßtyp werden rechnerisch unterschieden.
1428
65 Wärmeenergieversorgung
Lüftungswärmebedarf bei zusätzlichen technischen Lüftungssystemen Kommen ↑ Absaugsysteme zum Einsatz, entsteht ein zusätzlicher Abluftstrom V˙ AB der Raumluft, der über die freie Lüftung durch einen zusätzlichen Zuluftstrom V˙ ZU ausgeglichen wird. Dieser Zuluftstrom muss unter Beachtung der Zulufttemperatur erwärmt werden. ˙ RLT = V˙ ZU · c · ρ · (ϑi − ϑZU ) Q
(Gln. (65.6.1), (65.8.1)) kW, MW
(65.11)
Lüftungswärmebedarf bei technischen Zwangslüftungssystemen Ohne Vernachlässigung der freien Lüftung ergeben sich bei technischen Zwangslüftungen durch raumlufttechnische Systeme (Raumklimaanlagen) höhere Luftwechselzahlen zW,L, eine Luftführung im Raum und eine Raumluftwärmenutzung der abzuführenden Luft. Erwärmt werden muss der Anteil zugeführter Außenfrischluft V˙ AU mit der Außenlufttemperatur ϑAU und der Anteil der Umluft V˙ UM mit der Umlufttemperatur ϑUM (vor dem Wärmeerzeuger), Gl. (65.12) ˙ RLT = V˙ AU · c · ρ · (ϑi − ϑAU ) + V˙ UM · c · ρ · (ϑi − ϑUM ) Q kW, MW
(65.12)
Gesamtgebäudewärmebedarf Die DIN 4701 geht von einem Norm – Gebäudewärmebedarf nach Gl. (65.13) aus ˙ N ,Geb = Q
m j=1
˙ T ,N j + ηG · Q
m
˙Lj Q
kW, MW
(65.13)
j=1
Es bedeuten: ˙ Q
ȘG j
kW, MW Wärmeenergiebedarf (T – Transmissions-, L – Lüftungs-) – Gleichzeitigkeitsgrad für den gleichzeitig wirkenden Lüftungswärmebedarf (in der DIN 4701 als ȟ mit ȟ = 0,5…0,7 angegeben) – Laufindex für die einzelnen Gebäuderäume
• Berechnungen zum Raumwärmebedarf können erst durchgeführt werden, wenn das technologische Projekt einer Fabrikstätte eindeutig vorliegt, das Bauwerk mindestens mit den Abmessungen, Öffnungen, Baustoffen, Bauelementen, der Wärmedämmung, der ↑ Lichtversorgung und der konzipierten ↑ Luftversorgung
65.5 Raumwärme
1429
bestimmt wurde. Das Bauwerk muss in seinen Bauelementen während der Wärmeversorgungsberechnung so verändert werden, dass durch die Berechnungswiederholungen eine optimierte Wärmeenergiebedarfsgröße ermöglicht wird. • Zweckmäßig ist eine Lüftungswärmebedarfsberechnung nur auf der Basis konzipierter Lüftungssysteme und unter Einbeziehung von Absaugsystemen. Für die ˙ Fl ), der technische AbsauglüfFabrikstätte sind deshalb der freie Lüftungs- (Q ˙ ˙ RLT ) -Wärmebedarf zu tungs- (QRLT , AB ) und der technische Zwangslüftungs- (Q beachten. Die Ermittlung erfolgt deshalb unter Zuhilfenahme von Systemersatzschaltbildern (Prinzipskizze, Systemstrukturschema). • Besondere Beachtung sollten so genannte Innenräume mit ihrem Lüftungsanspruch erfahren. Innenräume mit natürlichem Lüftungsanspruch sind zu vermeiden oder an Außenwänden anzuordnen. Ist diese Lösung nicht möglich, muss eine technische Zwangslüftung beachtet werden. • Die Raumwärmebedarfsberechnung der Fabrikstätte unterscheidet sich von der für Wohn- und Gesellschaftsbauten (DIN 4701 – Bezug). Unterscheidungsmerkmale sind: • Raumluftbelastung (Aerosole, Arbeitsplatzkonzentrationen für Emissionen, Luftwechselzahl, ↑ Absaugsysteme, …), • Bauwerkstruktur (Höhe, Breite, Länge, mit oder ohne Einbauten, ↑ Lichtversorgung, Öffnungen, Fußboden, Zuluft-, Abluftstellen, …), • Betreibung (Schichtbetrieb, flächenbezogene Personenzahl, Thermik durch Abwärme, Betreibungsdisziplin und -individualität der tätigen Personen, …), • Die DIN 4701 enthält auch Projektierungsannahmen, -werte und -beispiele. Für die Fabrikstätten sind die dort angeführten Projektierungswerte zu modifizieren bzw. abzuschätzen. 65.5.2.3
Jahresraumwärmebedarf
Nicht für die Projektierung der Wärmeversorgung, sondern für die Ableitung von • • • •
Energiekosten, Bereitstellmengen für Energieträger (Lagerungsmengen), Betreibungsstrategien, Planwerten für die Fabrikanlaufphase (Fabrikbetriebserstplanung)
aus der Wärmeversorgungsprojektierung hat die Ermittlung des Jahresenergiebe˙ a eine Bedeutung, Gl. (65.14). darfes Q ˙ a ≈ hT · eT · eB · eK · Q
Gt ˙ N ,Geb ·Q (ti − ta,min )
(65.14.1)
MJ/a
˙ a1 ≈ hAT · eT 1 · eB1 · eK1 · Q
Gt1 ˙ N ,Geb ·Q (ti − ta,min )1
MJ/a
(65.14.2)
˙ a2 ≈ hWT · eT 2 · eB2 · eK2 · Q
Gt2 ˙ N ,Geb ·Q (ti − ta,min )2
MJ/a
(65.14.3)
1430
65 Wärmeenergieversorgung
Es bedeuten: 1. Tagesstunden hT in h/d Beachtet werden die Tagesstunden (24 h/d) für die Heizungszeit. Wird die Tageszeit in die Zeitgruppen • Tagesarbeitszeit ( hAT) mit Volllastheizungsbetrieb und • Tageswarmhaltezeit ( hWT) mit reduzierter Raumtemperatur und Heizungsbetrieb unterteilt, was genauer ist, Gln. (65.14.1) und (65.14.2), so sind zwei zeitabhängige Berechnungen durchzuführen. 2. Temperatureinschränkungsfaktor eT (entspricht einem Nutzungsgrad ȘN,T) Er berücksichtigt Temperaturreduzierungen ϑi zur Normtemperatur ϑi,N $ ϑi bei hAT wird 0,7 ≤ eT1 ≤ 1,0 verwendet eT = (65.15) bei hWT wird eT 2 = ϑi /ϑi,N angesetzt ϑi,N (WT − Warmhalten) 3. Betriebseinschränkungsfaktor eB (Schätzung) Berücksichtigung finden Betriebsunterbrechungen, Anlaufbetrieb usw. Der Faktor eB entspricht einer angestrebten Verfügbarkeit ( ȘV(t) ≤ 1) 4. Korrekturfaktor eK (Schätzung) Da nicht alle ungünstigen Wärmebedarfsfälle zur gleichen Zeit eintreten, wird korrigiert. Der Korrekturfaktor eK ist dem Grad der ↑ Gleichzeitigkeit ȘG ähnlich. Die Werte liegen häufig bei 0,6 ≤ eK ≤ 0,8. 5. Gradtage Gt (°C · d/a, Grad-Celsius-Tage/Jahr) Die Gradtage sind eine Berechnungsgröße, die von Jahr zu Jahr unterschiedlich ist, eine mittlere Temperatur und die Heiztage berücksichtigt, Abb. 65.10.
Abb. 65.10 Modell zur Ermittlung der Gradtagzahl (Beispiel)
65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems
1431
Die Gradtage werden entweder berechnet (Abb. 65.10) oder der VDI 2067 entnommen und korrigiert. ˙ a1 ( hAT, Gl. (65.14.2)) und Q ˙ a2 ( hWT , Wird die Berechnung differenziert nach Q Gl. (65.14.3)) in genauerer Form durchgeführt, dann sind auch die Gradtage zu differenzieren. 6. Mittlere Temperaturdifferenz (Δϑi,m;Δϑa,m) Die Temperaturen gelten durch die vorhergehenden Berechnungen als bekannt oder müssen ermittelt werden (ϑi,m – DIN 4701/2, ϑa,m – Wetterdienst). Die Faktoren eT, eB, eK entsprechen in ihrer Gesamtheit weitgehend einem Grad der Gleichzeitigkeit ȘG. Unter Beachtung eines thermischen Nutzungsgrades ȘN,T und ˙ a für von Übertragungsverlusten ȘV,Ü kann der erforderliche Jahreswärmebedarf Q alle Räume oder Fabrikstätten k und für alle Grundfälle (Fernwärmeheizung, dezentrale oder zentrale Eigenerzeugung) nach Gl. (65.16) genauer berechnet werden. ˙ak = Q
ηG k Gtk ˙N k ·Q · ηN ,T k · (1 − ηV,Ü k ) (ϑi,m − ϑa,m )k
(65.16)
MJ/a · Fabrikstätte k ˙ a ist ein Raumwärme – Betreibungsbedarf. Er ermögDer Jahreswärmebedarf Q licht die Ermittlung des Gebrauchsenergieträgerbedarfes m ˙ E , Gl. (65.17), und der Raumwärmeenergiekosten. m ˙E =
˙a Q Hu · ηj
kg/a
(65.17)
j
Hu ist der untere Heizwert des gewählten Energieträgers (MJ/kg) und ΠȘ berücksichtigt die Wirkungsgrade des Wärmeerzeugungssystems (Heizung), Kapitel 7. Nach der VDI 2067 können die Heizkosten geordnet ermittelt werden.
65.6
Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems
Wie jedes Fabriksystem der Versorgung besteht das Wärmeenergieversorgungssystem aus einem Erzeugungs- und einem Verteilungssystem, die wiederum unterschiedliche Teil- und Flusssysteme enthalten. Die Projektierung beginnt bei den Wärmeenergieverbrauchern und endet bei der Versorgung bzw. Entsorgung des Wärmeenergieerzeugungssystems. In ihrer Gesamtheit ist sie als eine Spezialprojektierung einzuordnen, die von Projektierungsingenieuren der Berufsgruppe „Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik“ ausgeführt wird. Das trifft insbesondere für die Ausführungsprojektierung (Fachliteratur, Erfahrung) zu.
1432
65 Wärmeenergieversorgung
65.6.1
Wärmeversorgungsprogramm und Wärmeversorgungsbedarf
Das zuerst zu ermittelnde Wärmeversorgungsprogramm ist ein ↑ Projektierungsprogramm, das aus den projektierten, in frühen Projektierungsphasen aus den konzipierten – technologischen, infrastrukturellen und ultrastrukturellen – Fabriksystemen und Fabrikstätten abzuleiten ist. Dabei ist der Technologie-, Betreibungs- und Raumbezug zu unterscheiden, Abb. 65.1 und 65.11.
Abb. 65.11 Merkmale des Wärmeversorgungsprogramms (vereinfacht)
Aus dem Projektierungsprogramm sind Zuordnungen zu einem (zentralen) oder zu mehreren (dezentralen) Wärmeversorgungssystemen (Abb. 65.1, 65.4, 65.6 und 65.8; Tabelle 65.2 und 65.4) erforderlich. Hieraus ergibt sich die Gruppierung und Vereinheitlichung der Systembildung, die für jede Fabrik entsprechend der real vorliegenden Bedingungen, anders sind. Für jedes System ist die Wärmeverbraucherzuordnung nach Gl. (65.18) zu prüfen. zV =
zV ,T +
zB,T +
zB,R +
zR +
zSo +
zE
(65.18)
Wärmeverbraucher
Die Verbraucher zSo und zE können in genauer Weise jeder vorgenannten Verbrauchergruppe direkt zugeordnet werden.
65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems
1433
Es bedeuten:
ZB,T
Gesamtheit der zugeordneten Wärmeverbraucher eines zu → Q˙ V projektierenden Systems Technologische Verfahrensverbraucher (Technologische → Q˙ V ,T Fabriksysteme) Technologische Betreibungsverbraucher (Ver- und Entsorgung) → Q˙ B,T
ZB,R
Raum-Betreibungsverbraucher (Sanitär, Soziales, Lenkung)
→ Q˙ B,R
ZR
Raumwärmeverbraucher
→ Q˙ R
ZSo
Sonstige, noch nicht erfasste Wärmeverbraucher
→ Q˙ So
ZE
Wärmeverbraucher der Erweiterung
→ Q˙ E
zV zV,T
Beispiel zV ,T = zV ,Ti + zSo,T + zE,T zV ,Ti · (1 + fSo,T + fE,T ) zV ,T =
oder
Mit der gruppierten Zuordnung liegt die Projektierungsbasis für das Wärmever˙ V werden mit den in den Kasorgungssystem vor. Die Wärmebedarfsgrößen für Q ˙V pitel 4, 5 und 6 erläuterten Berechnungsvorschriften ermittelt. Dabei enthält Q nicht die Bedarfsgröße für die Erzeugungsanlage, sondern nur die Wärmemenge der Verbraucher Q˙Vi als Bezugsgröße des Gesamtsystems, Abb. 65.12.
Abb. 65.12 Vereinfacht dargestellter Grundaufbau eines Wärmversorgungssystems mit den Niveaubeeinflussungen
65.6.2
Wärmeverteilungssystem
Unter Extrabetrachtung einer direkten Wärmeversorgung (Wärmeversorgung im Wirksystem, Abb. 65.4, Raumwärmeversorgung mit Ofen) enthält ein Wärmeverteilsystem
1434
• • • • • •
65 Wärmeenergieversorgung
Wärmeträger als Nutzenergieträger, ein oder mehrere ↑ Rohrleitungssysteme (Wärmetransportsystem als Flusssystem), Wärmetauscher beim Verbraucher (Heiz-, Wärmekörper), Umlauffördersysteme (Pumpen-, Schwerkraftumlauf), Regulierungselemente (Durchsatz, Abnahmetemperatur < Zuführtemperatur), Sicherheitselemente (Entlüftung, Druckhaltung).
Bei geschlossenen Systemen ist das Wärmeverteilsystem ein Wärmeverteil- und -sammelsystem. Die Verteilung realisiert die Wärmezuführung (Vorlauf) zu den Verbrauchern und das Sammelsystem übernimmt die Wärmerückführung (Rücklauf) von den Verbrauchern (ϑZU > ϑRü), Abb. 65.12. Der Wärmeumlauf und der Wärmeträger (Öl, Wasser, Luft) beeinflussen die Projektierung. Wärmeträger Die Wärmezu- und -rückführung vom Wärmeerzeuger zum Wärmeverbraucher und vom Wärmeverbraucher zum Wärmeerzeuger erfolgt im Regelfall über einen geeigneten Wärmeträger. Wärmeträger sind Stoffe als Fluide oder als Ausnahme Stückgüter. Fluide Wärmeträger sind • • • •
Wasser (Warmwasser: ϑ ≤ 110°C; Heißwasser: ϑ ≤ 130°C), Öle (ϑ ≤ 150°C; Thermoöle: ϑ ≤ 250°C), Gase, Gasgemische (Luft: Warmluft; Heißluft), Dampf (Niederdruckdampf: ϑ = 100°C…130°C; Hochdruckdampf: ϑ ≥ 130°C).
Fluide Wärmeträger sind temperaturbegrenzt und benötigen für den Wärmetransport ↑ Rohrleitungssysteme. Der Wirkungsbereich des Wärmeversorgungssystems wird über das Fluid (wegen der Temperaturbegrenzung) eingeengt. Das führt zu fluidlosen Wärmeversorgungssystemen (überwiegend Erdgasfeuerung) in direkter Ausführung ohne ein ausgeprägtes Wärmeverteilsystem, Abb. 65.13, und ohne Sammelsystem.
Abb. 65.13 Beispiele für direkte Wärmeversorgungssysteme. a Beispiel: Wärmebehandlung. b Beispiel: Raumwärme
Rohrleitungssysteme für die Wärmeverteilung und Wärmerückführung ↑ Rohrleitungssysteme dienen bei der Wärmeverteilung dem Wärmeträgertransport vom Wärmeerzeuger zum Wärmeverbraucher (Bedarfsstelle) und im Regelfall vom Wärmeverbraucher zum Wärmeerzeuger, Abb. 65.12 und 65.14.
65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems
1435
Abb. 65.14 Vereinfacht dargestellter Grundaufbau eines Raumwärmesystems mit Erzeugungsund Verteilungssystem (Beispiel: Warmwasserheizung mit Pumpenumlauf, Pumpe im Vorlauf und unterer Verteilung)
Für die Berechnung der Rohrleitungen müssen bekannt sein: Wärmeträger, ˙ Druck beim Verbraucher, Rohrleitungsführung im Raum, RohrDurchsatz (Q), leitungslänge, Rohrleitungseinbauten und Rohrleitungsstruktur (Anschlussleitung, Versorgungsleitung, Ein- oder Zwei-Rohrsystem, Verbraucherleitung, Querschnittsveränderungen). Als eine entscheidende Dimensionierungsgröße gilt der Druck in der Verbraucherleitung. Dieser kann zur sicheren Wärmeversorgung nicht durch eine überdimensionierte Wärmetauschergröße ausgeglichen werden. Es werden Drucknachweisberechnungen notwendig. Im Regelfall werden die Vorlaufleitungen genau berechnet und die Rücklaufleitungsdimension wird der Vorlaufleitungsdimension angepasst. Aus Gl. (65.18) ist der vom Wärmeerzeuger an der Anschlussleitung bereitzu˙ V ,ZU nach Gl. (65.19) für jede einzelne Verbrauchestellende Wärmedurchsatz Q rartgruppe oder über alle Verbraucherartgruppen zu ermitteln. ˙ V ,ZU 1 Q
Q ˙ V ,T ˙ V ,So ˙ V ,E ηG,V Q Q ηG,T = + + + ... · · (1 − ηV,Ü ) (1 − ηV,Ü ) i ηN ,T ηN ,T ηN ,T i Q ˙R ˙ R,So ˙ R,E Q Q ηG,R kW + + + · (65.19.1) (1 − ηV,Ü ) ηN ,T ηN ,T ηN ,T l
˙ V ,ZU 2 Q
l
Q ˙ V ,T ηG,T ηG,V · · = · (1 + fSo + fE ) + . . . (1 − ηV,Ü ) (1 − ηV,Ü ) i ηN ,T i Q ˙ V ,T ηG,R · (1 + fSo + fE ) kW + · (65.19.2) (1 − ηV,Ü ) ηN ,T l
l
Die technischen (energetischen) Nutzungsgrade ȘN,T sind für jeden Verbraucher differenziert anzuwenden (Herstellerangaben). Der Geschlossenheitsgrad ȘG muss für
1436
65 Wärmeenergieversorgung
jeden Vorlaufleitungsstrang und für das Gesamtwärmeverteilungssystem Berücksichtigung finden. Bei Einstrang-Vorlaufleitungen entfällt ein Geschlossenheitsgrad ( ȘG,V). Gleiches trifft für die Berücksichtigung der Übertragungsverluste (Undichtheiten, Einbauten, Verzweigungen, …) durch den Übertragungsverlustgrad ȘV,Ü zu. Wärmetauscher Wärmetauscher realisieren die Wärmeabgabe beim Wärmeverbraucher. Die Wärmeabgabe erfolgt über ihre Flächengröße AW (z. B. Raumheizflächen bei Raumheizungen), Gl. (65.20). ˙V Q (65.20.1) m2 /System AW = k · (ϑm − ϑi ) AW ,R j =
˙ N ,R j Q k · (ϑm − ϑi )
m2 /Raum j
(65.20.2)
Es bedeuten: ˙V Q
k
kW, MW W/m² · K
ϑi
K, °C
ϑm =
ϑm
K, °C
beim Verbraucher bereitzustellende Wärmeenergiemenge Wärmedurchgangskoeffizient des Wärmetauschers (Herstellerangabe) Bedarfstemperatur (Raumtemperatur) beim Verbraucher Mittlere Wärmeversorgungstemperatur (Gl. (65.21))
ϑVorlauf + ϑRücklauf 2
K, °C
(65.21)
Bei Raumwärmeversorgungen werden im praktischen Systembetrieb Temperaturdifferenzverhältnisse gefahren. Beispiel: ϑVorlauf :ϑRücklauf = 90 : 70°C oder 80 : 60°C oder 70:50°C (Differenz = 20°C; ϑm = 80°C; 70°C oder 60°C)
Für die Raumwärmeversorgung enthält Abb. 65.15 gebräuchliche Wärmetauscher (Benennungen: Heizkörper, Wärmequelle).
Abb. 65.15 Wärmetauscher als Raumheizkörper nach MÜLLER (2004)
65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems
1437
˙ V herangezo• Zur planerischen Orientierung können folgende Raumheizlasten Q gen werden (Hinweis: Das sind keine Projektierungswerte):
• Fabrikwirkungsstätten • Büro-Außenwandeckraum • Büro-Außenwandraum (angeströmt) (nicht angeströmt)
17 … 35 W/m³ 45 … 70 W/m³ 35 … 45 W/m³ 23 … 35 W/m³
• Die Qualität der Wärmeversorgung wird insbesondere durch das Wärmeverteilungssystem und die damit notwendigen Druckverhältnisse bei den Wärmeverbrauchern sichergestellt. Angewendet werden das Gleichlaufprinzip (Gleichdruck bei den Verbrauchern) von TICHELMANN, Abb. 65.16, und eine Drucknachweisrechnung.
Abb. 65.16 Gleichlaufverteilung von TICHELMANN
• Raum-Fußbodenheizungen müssen bzgl. der Vorlauftemperatur im betrachteten Raum begrenzt werden (ϑZU ≤ 35°C), da sonst gesundheitliche Schäden bei Personen (Gicht) eintreten können. Ihre Fabrikeignung ist stark begrenzt. • Warmluftwerfer (Luftheizung; Sommer: Raumkühlung, Winter: Raumerwärmung; Lüftung) bilden beim Lufttransport Wärme- oder Kühlkegel (Wurfweite ≤ 12 m), die beim Menschen zu Erkältungskrankheiten führen bzw. führen können. Eine Fabrikeignung ist wegen der Erkältungsgefahr, Staubwirbelung, Lärmwirkung und des zusätzlichen Energiebedarfes (Lüfter, Gebläse) nicht gegeben. • Ist kein ausgeprägtes Wärmeverteilungssystem bei der Direkt-Wärmeversorgung (Abb. 65.13) erforderlich, so muss die Verteilung über das Energieträgerversorgungssystem realisiert werden (Beispiel: Infrarot-Wärmestrahlkörper mit direkter Erdgasfeuerung).
1438
65 Wärmeenergieversorgung
65.6.3
Wärmeerzeugungssystem als Heizungssystem
Wärmeerzeuger für die Raumwärmeversorgung werden nach dem Wärmeträger (Nutzenergieträger) in • • • • •
Warmwasserheizungssysteme (Hauptanwendungsfall, Abb. 65.14), Heißwasserheizungssysteme, Ölheizungssysteme (zunehmende Bedeutung), Luftheizungssysteme (geringe Bedeutung), Dampfheizungssysteme (abnehmende Bedeutung)
eingeteilt. Der Wärmeträger wird auf Betriebsvorlauftemperatur erwärmt. Den Grundaufbau eines Warmwassererzeugungssystems (mit Heizkessel) enthält Abb. 65.17.
Abb. 65.17 Strukturgrundaufbau eines Warmwassererzeugungssystems nach MÜLLER (2004)
Ohne weiteres Heranziehen anderer Heizungssysteme (Warmwassertherme, -boiler, Ölheizung usw.) soll nur das Grundsätzliche der Dimensionierung eines Warmwasser-Heizungssystems (für Büro, sanitäre und soziale Zwecke) aufgeführt werden. •
Erforderliche Kesselleistung QK ˙ K muss größer als Die vom Warmwassererzeuger zu erbringende Kesselleistung Q ˙ V ,ZU sein, Gl. (65.22). die durch das Verteilungssystem geforderte Wärmeleistung Q Hierin eingeschlossen sind alle Bedarfsträger (Gl. (65.19) und die Erweiterung ( fE). ˙ V ,ZU ˙K ≥ Q Q ˙K ≥ Q
˙ V ,ZU · (1 + fE + fSo ) ˙K ≥ Q Q
1 ˙ V ,ZU (1 + fE + fSo ) ·Q ηW · ηR · ηE
kW, MW
kW, MW
(65.22.1) (65.22.2)
65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems
1439
Es bedeuten: ˙ V ,ZU Q
kW, MW
Wärmebedarf des Verteilungssystems für alle Bedarfsträger
fE
–
Erweiterungsfaktor des Wärmeerzeugers (abhängig vom Verbraucherbedarf und der Verbraucheranzahl)
fSo
–
Faktor für noch nicht in Q˙ V ,ZU berücksichtigte Bedingungen
ȘW
–
Wirkungsgrad des Wärmeerzeugers (Aufbau, Verrohrung, ȘW ≥ 0,80)
ȘR
–
Wirkungsgrad der technischen Steuerung (Regelung, ȘR ≥ 0,90)
ȘE
–
Energetischer Wirkungsgrad (Feuerung, Heizkesselfläche, ȘE ≥ 0,85)
Erforderliche Heizkesself lächengröße AK: AK =
kK
˙K Q kK
m2 /System
W/m² · ZE
(65.23)
Heizkesself lächenbelastung (vom Hersteller)
Erforderliche Heizkesselanzahl zK, Abb. 65.18: zK =
AHK
AK AHK
m²/Kessel
(ganzzahlig)
Anzahl Heizkessel
(65.24)
Heizkesselfläche des Heizkessels (vom Hersteller)
Abb. 65.18 Kesselanzahl und Kesselsysteme. a Ein-Kessel-System. b Mehr-Kessel-System mit gleichen Kesselgrößen. c Mehr-Kessel-System mit ungleichen Kesselgrößen
Zu unterscheiden sind Ein-Kessel- und Mehr-Kessel-Systeme, die unter Beachtung • des Jahreszeitbetriebes (Winter, Frühjahr/Herbst, Sommer), • der Systemstabilisierung durch Redundanz, • der Erweiterungsausbaustufen in gleicher oder in unterschiedlicher Größe zu bestimmen sind. Brennstoffverbrauch mE,K und Brennstoffvorrat mE,L (Lagerung) mE, K1 =
˙K Q Hu · ηN , E
kg/ZE
(65.25.1)
1440
65 Wärmeenergieversorgung
mE,K2 =
˙K Q · tB,BZ Hu · ηN ,E
mE,L = mE,K2 · tL VE,L =
(65.25.2)
kg/BZ
(65.26.1)
kg/Vorratszeitraum
mE, L · (1 + fSi + fSu + fSch ) ρE
m3 /Lagerung
(65.26.2)
Es bedeuten: ˙K Q
Hu
kW, MW kW/kg
ȘN,E
–
tB,BZ h/BZ
Wärmebedarf des Verteilungssystems über alle Bedarfsträger Unterer oder mittlerer Heizwert des Brennstoffes (Kohle, Öl, Gas, …) Energetischer Nutzungsgrad des Brennstoffes (Kohle, Öl, Gas, …) Ursachen: Luftanteil bei Gas, Sandanteil bei Kohle, Beimischungen bei Öl (sofern nicht bereits in Hu berücksichtigt) Betriebszeit für einen Bezugszeitraum BZ
tL
h/SZ
Lagerungs-/Speicherzeitraum SZ für den Vorrat
VE,L
m³/Speicher Vorratslagerungsgröße
f
–
Lagerungszuschlagfaktor (Si – Sicherheitsvolumen, Su – Sumpf volumen, Sch – Schaumvolumen; fSu und fSch sind bei geringen Brennstoffmengen erforderlich)
ȡE
kg/m³
Dichte des Brennstoffes (Gebrauchsenergieträger)
Sicherheitseinrichtungen Sicherheitseinrichtungen (-elemente) sind für den gefahrlosen Systembetrieb notwendig. Hierzu gehören: • • • • • •
Regelungs-, Absperrungs-, Sicherheits- und Anzeigearmaturen, Sicherheitsvorlauf SV und Sicherheitsrücklauf SR, Abb. 65.14, Sicherheitsüberlauf SÜ, Ausgleichsbehälter (Wärmeträgerausdehnung, DIN 4751/2), Überlauf- und Entlüftungsleitungen, Sicherheitsstandrohr bei Dampf-Wärmeerzeuger.
Sicherheitsvorlauf SV und Sicherheitsrücklauf SR • Durchmesser (berechnet): % ˙K dS,V ≥ 15 + 1, 5 · Q
mm
(65.27.1)
% ˙K ≥ 15 + 1, 1 · Q
mm
(65.27.2)
dS,R
• Durchmesser (gewählt):
dS,V min ≥ 25 mm; dS,R min ≥ 25 mm
dS,V ≥ dS,R
• Durchmesser der Überlauf leitung: dS,Ü ≥ 25 mm
65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems
1441
Ausgleichbehältervolumen VB,Au VB, Au = V · β · ϑ · (1 + fZ )
m3 /Behälter
(65.28)
Es bedeuten: m³/System Fluidinhalt des Wärmeversorgungssystems (Erzeugung und Verteilung) 1/K Kubischer Ausdehnungskoeffizient (ȕ ≈ 0,5 · 10−3 K−1 für Wasser) Δϑ K Temperaturdifferenz zwischen maximaler Betriebs- und minimaler Befüllungstemperatur Zuschlagfaktor fZ – ˙ K = 40 kW → f = 0,80; Q ˙ K = 120 kW → f = 0,50; (Q Z Z ˙ K = 240 kW → f = 0,25) Q Z V
Ausgleichsbehälter sind störungsfrei in der Nähe und senkrecht zum Warmwassererzeuger anzuordnen. Zeitgemäße Systeme verwenden Druckausgleichsbehälter mit Membrane (Ausgleichsbereich, Membrane, Druckluftbereich).
• Wärmeerzeuger sind Systeme mit einer hohen installierten Leistung und einem hohen energetischen Betreibungsbedarf. Die Betreibungsgleichzeitigkeit der Verbraucher sollte ausschlaggebend für die zentrale oder dezentrale Ausführung sein. • In der Fabrik ist es häufig zweckmäßig, fabrikstättenorientierte Wärmeversorgungssysteme zu projektieren und zu betreiben. Als Vorteile sind zu nennen: • stunden- und schichtabhängige Betreibung, • Betriebsrauheit (Gießerei, Feingerätebau) und Fabrikstättensauberkeit, • Kostendirektzuordnung. Günstig sind Warmwasserheizungssysteme mit Radiatoren oder Plattenheizkörper für soziale, sanitäre und administrative Bereiche (Regelung am Wärmetauscher) und erdgasbefeuerte Infrarot-Dunkelstrahlsysteme für technologische Fabrikstätten (arbeitsbereichsorientierte Anordnung). • Energiesparende Maßnahmen müssen Gegenstand der Projektierung sein. Beispiele sind • Nutzung technologischer Verfahrensabwärme zur Raumwärmebedarfsdeckung durch Integration wärmeintensiver Wirksysteme in die technologischen Fabriksysteme und Vermeidung wärmeintensiver Technologiekonzentrationen (Wärmebehandlung), • Nutzung von erwärmter Abluft zum Erwärmen von Zuluft, • Verminderung jeglicher Überheizungsmöglichkeit durch Systembetrieb.
1442
65 Wärmeenergieversorgung
• Raumwärme- und Raumluftversorgung sind von einem Spezialprojektanten oder erfahrenen Fabrikprojektanten zu projektieren. • Erfahrungen zeigen, dass die größten Energieeinsparpotentiale und günstige Betriebsbedingungen erreicht werden, wenn der Fabrikprojektant zumindest hinreichende Kenntnisse zur Projektierung von Wärmeversorgungssystemen hat und die Projektierung direkt beeinf lusst.
65.6.4
Gesamtwärmeversorgungssystem
Das Gesamtwärmeversorgungssystem ist ein infrastrukturelles Fabriksystem mit wärmeenergetischen Aufgaben. Es besteht aus dem Wärmeerzeugungs-, -verteilungs-, -versorgung-, -entsorgungssystem mit integrierten Sicherheitssystemen (Betreibungsschutz, Brandschutz, ↑ Schutzgüte) und Betriebssystemen. Ohne das Wärmeverteilungssystem erfordern die genannten Teilsysteme einen Raum, so dass eine infrastrukturelle Fabrikwirkungsstätte (Heizung) entsteht, die wie eine Fabrikstätte zu projektieren ist, Abb. 65.19, auch wenn sie integraler Teil einer anderen Fabrikstätte ist.
Abb. 65.19 Beispielhafter Grundaufbau einer Wärmeversorgung als Fabrikstätte
Versorgungssysteme In Abhängigkeit vom Gebrauchsenergieträger (Brennstoff) sind Versorgungssysteme für den Wärmeerzeuger in geringer (Raumheizung) oder großer (Wärmekraftwerk) Ausprägung zu berücksichtigen und zu projektieren. Hierzu gehören unter Beachtung unterschiedlicher Größen: • Vorratslager (Tanks, Kammern, Bunker, ↑ Speicherdimensionierung), Gl. (65.26), für die Brennstoffbevorratung flüssiger und fester Brennstoffe (kaum Bevorratung von Heizgas). Befüllungsanschlüsse, ↑ Rohrleitungssysteme zum Wärmeerzeuger, Sicherheitselemente, Auffangwanne ( V > VE,L, Gl. (65.26)), Brandschutz-, Umweltschutzeinrichtungen usw. sind wichtige Bestandteile.
65.6 Grundlagen zur Projektierung des Wärmeversorgungssystems
1443
• • • •
Fördersysteme bei Verwendung fester Brennstoffe (Analogie zum Produktf luss) Elektroanlagen für den Gesamtbetrieb und für den Raum (Energiefluss). Betriebsstoffversorgung (Wasser, Luft (Zuluftleitung) mit V˙ ZU ≥ V˙ Verbrauch ). Betriebsunterstützungsmittel (Vorrichtungen, Werkzeuge, Messgeräte, ↑ Betriebsmittelfluss). • ↑ Druckluftversorgungssystem bei festen Brennstoffen (Feuerungsunterstützung, Anfahren). • ↑ Luftversorgung für die Räume. Entsorgungssysteme Wie bei der Versorgung müssen in Abhängigkeit vom Brennstoff Entsorgungssysteme unterschiedlicher Art und Größe beachtet und projektiert werden. Es sind zu berücksichtigen: • Rauchabzugssysteme (Schornstein, „Fuchs“, … mit Messstellen), • Systeme der Abproduktentsorgung (Ruß, Asche bei festen Brennstoffen: Kohle, Koks, Holz, Torf, Stroh, …). Entaschungssysteme erfordern eine Lagerung und eine Verwendungsprüfung für die Asche, • Auffangelemente für Überläufe, Altfilter, Instandhaltungen, • Abluftsystem oder Absaugsystem für die Räume (Aerosole, Wärme, Staub, …). Bauwerk Das Bauwerk als Raum oder Gebäude ist ein bauliches System mit ausgewählten Ansprüchen, die eine Unterscheidung von anderen Bauwerken erfordern. Zu beachten sind:
• geringe Tagesbeleuchtung (Seitenfenster, keine Oberlichte), wenn das Vorratslager (Öl als Brennstoff) integriert ist, • ausreichende Flächen für die Instandhaltung und den Schornsteinfegereinsatz, • Raumvolumen unter Beachtung der Abwärme des Wärmeerzeugers, • Anschlusswege für die Betankung (Tankwagengröße beachten!) oder für die Brennstofflagerung, • Schornsteinhöhe in Abhängigkeit von der Rauchgasgeschwindigkeit (Auftrieb), der Hauptwindrichtung, der Geruchsbelästigung anderer (Fabrik, Umfeld) und der Architektur (Sinnbild einer Fabrik durch den Energieeinsatz), • Fußbodenversiegelung bei Heizöleinsatz (Farbbehandlung, Fliesen).
• Die gesamte Wärmeversorgung der Fabrik ist mit den Begriffen ↑ Gefahrstoff, ↑ Brandschutz(-system) und Umweltschutz in Verbindung zu bringen. Die hierzu vorliegenden staatlichen Vorschriften sind strengstens zu beachten. Gleiches trifft für die Schornsteinfegerweisungen zu. • Wärmeerzeugung ist eine Produktion durch Energieumwandlung (Produktionsgrundstufe 2.1), die auch bezogen (Fernwärme) oder geliefert werden kann. Diese Verhältnisse sind bei der Projektierung der Eigenversorgung zusätzlich zu berücksichtigen.
1444
65 Wärmeenergieversorgung
• ↑ Absaugsystem, ↑ Betriebsmitteldimensionierung, ↑ Brandschutzsystem, ↑ Durchsatz, ↑ Fabriklagersystem, ↑ Feststoffentsorgung, ↑ Genehmigungsverfahren, ↑ Gleichzeitigkeit, ↑ Luftversorgung, ↑ Rohrleitungssystem, ↑ Speicherdimensionierung,
Literatur BULLINGER HJ (1994) Ergonomie. Teubner, Stuttgart CZICHOS H et al (2000) Hütte – Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften, 31. Aufl. Springer, BerlinSpringer DIN EN 12831 (2003) „Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der NormHeizlast“, Beuth, Berlin HETTINGER T (1970) Angewandte Ergonomie – Arbeitsphysiologische und arbeitsmedizinische Probleme der Betriebspraxis. Bartmann, Frechen MÜLLER H (2004) Heizungstechnik, Vorlesungsmanuskript und Kompendium. Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung, Wismar VDI 2067 (2000) Berechnung der Kosten von Wärmeversorgungsanlagen, Beuth, Berlin
66
Zeitfonds
Zeitfonds (ZF): Zeitvermögen eines technischen Elementes, einer Arbeitsperson oder eines Systems zur bestimmten Zwecknutzung, Bedarfsermittlung, Bewertung oder zum Vergleich für einen definierten Bezugszeitraum. Kurzzeichen
Einheit
Erläuterung
BO h T
– h d/BZ BO
tAus
h/BZ BO
TAus zsch
d/BZ BO Schichten/d
Bezugsobjekt (AK – Arbeitskraft, BM – Betriebsmittel) Stunden (T – Tages-, Sch – Schichtstunden) Tag (K – Kalender-, F – Feier-, A – Arbeits-, Aus – Ausfalltage, Aus, P – Personenausfalltage, Aus, BM – Betriebsmittelausfalltage) Ausfallzeit (BM – Betriebsmittel, P – Personen, t – technisch bedingte, o – organisatorisch bedingte, a – arbeitsphysiologisch und arbeitspsychologisch bedingte) Ausfalltage (P – Personen, BM – Betriebsmittel) Schichtanzahl
K. W. Helbing, Handbuch Fabrikprojektierung, DOI 10.1007/978-3-642-01618-9_66, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
1445
1446
66 Zeitfonds
66 Zeitfonds
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66 Zeitfonds
• Die verfügbaren Zeitfonds sind für jedes kapitalintensive Betriebsmittel einzeln und für Arbeitspersonen übergreifend zu ermitteln. Bei Arbeitspersonen wird die Teilzeitarbeit nicht berücksichtigt. Geschlechtliche Unterscheidungen sind beim Personalzeitfonds zu beachten. • Der Begriff „Nutzbarer Kalenderzeitfonds“ entspricht dem verfügbaren Betriebsmittelzeitfonds BMZF. Er sollte wegen der „Verwirrung“ nicht verwendet werden. • l Bedarfsermittlung, l Betriebsmitteldimensionierung, l Bewegungsbedarfsmengen, l Durchsatz, l Personalbedarfsermittlung.
Sachwortverzeichnis Teil I und Teil II
A Ablauforganisation, 43, 861, 1142, 1144 Abführungsmaterial, 497, 893 Absaugsystem, 505, 1092 Abscheider, 1305 Abstandsmaß, 238, 430, 441, 559, 845, 857, 1053, 1221 Abstimmung, 749, 873, 876, 1110, 1336, 1384, 1396 Aerosol, 499, 505, 950 Akzeleration, 643 Analyse, 101, 111, 464 Angebotsbewertung, 694 Anlauf, 113, 127, 465, 750, 1175 Anlaufplanung, 113, 125 Anordnungsprinzip, 253, 939, 1032, 1050 Anpassungsprojektierung, 89, 999 Anschlussstelle, 1253 Arbeitsdichte, 513 Arbeitsfläche, 238, 240 Arbeitsgestaltung, 517, 623 Arbeitshöhe, 239 Arbeitsinhalt, 227, 523, 591 Arbeitskomponente, 591, 624 Arbeitskraft, 236, 518, 591, 617, 1004, 1168, 1257 Arbeitsorganisation, 541, 591 Arbeitsplatz, 237, 546 Arbeitsplatzfläche, 240, 550 Arbeitsplatzflächendimensionierung, 545 Arbeitsraum, 237, 571 Arbeitsstätte, 585, 1056 Arbeitssystem, 66, 231, 265, 577, 591, 749, 970, 1148, 1228, 1257, 1355, 1409, 1416 Arbeitssystemprojektierung, 594 Arbeitssystemraum, 573 Arbeitswissenschaft, 518 Aufarbeitung, 896
Aufbauhierarchie, 63, 1374 Aufbauorganisation, 43, 60, 223, 861, 871, 985, 1345 Aufbereitung, 896, 909, 1090, 1240, 1403 Aufbereitungssystem, 731 Aufgabenrelation, 1267 Aufgabenstellung, 123, 1368 Aufstellebene, 554, 585 Aufwandsbewertung, 705, 1279 Ausführungsprojektierung, 103, 129, 429, 437 Ausgangsrelation, 1279 Ausstattung, 620, 646, 661, 1257 Außerbetriebnahmeprojektierung, 104 B Baugenehmigung, 958 Bausteinprojektierung, 174, 601 Bauwerk, 62, 333, 362, 753, 841, 1257 Bauwerkslast, 757, 1106 Bebauungsart, 841 Bedarfsart, 628 Bedarfsermittlung, 628, 670, 671, 727, 979, 1079, 1088, 1127, 1422 Bedarfsgruppe, 627 Bedarfszeit, 642 Bediendichte, 513 Behaglichkeit, 521, 581, 1060, 1083, 1089, 1422 Behaglichkeitsraum, 577 Bekranung, 757, 773, 1218 Beleuchtung, 540, 1059 Beleuchtungsart, 1063 Beleuchtungssystem, 1059 Belegungsfläche, 548, 553 Bestandsmodell, 748 Betreibungsluft, 1080 Betreibungsvariabilität, 1410 1449
1450 Betreibungswärme, 1420 Betriebserstplanung, 127, 454 Betriebsgenehmigung, 960 Betriebsmittel, 645 Betriebsmittelanordnung, 558 Betriebsmittelart, 647 Betriebsmitteldimensionierung, 645 Betriebsmittelfluss, 34, 35, 37, 265, 659 Betriebsmittelgröße, 650 Betriebsmittelgruppe, 651 Betriebsstoff, 669 Betriebsstofffluss, 34, 35, 37, 265 Betriebstechnik, 34, 42 Bewegungsbedarfsmenge, 252, 673, 806 Bewegungsform, 612 Bewegungshöhe, 579, 1217 Bewegungsprozess, 807 Bewegungsraum, 573, 611, 663, 1032 Bewertung, 348, 367, 587, 656, 693, 759, 826, 1016, 1021, 1175, 1279, 1308, 1325, 1364, 1382, 1386 Bewertungsmethode, 693 Bezug, 639 Bezugszeitraum, 639 Brandlast, 711 Brandschutz, 710 Brandschutzsystem, 709 D Detailprojektierung, 130 Dienstleistung, 973 Dimensionelle Projektierung, 227 Dimensionierung, 96, 229, 231, 242, 248, 509, 645, 1287, 1309, 1354, 1438 Durchlaufbewegung, 677 Durchlaufzeit, 1397 Durchsatz, 303, 309, 318, 418, 469, 1184, 1286 Durchsatzmethode, 679, 1335 Durchsatzschema, 743 Durchsatzniveau, 745 Druckverlust, 1290 Druckluftversorgungssystem, 723 E Eingangsrelation, 1279 Elementesinnbild, 1256 Energiefluss, 34, 265 Entsorgung, 40, 307, 374, 377, 416, 497, 621, 751, 893, 1310 Entsorgungsbedarf, 313 Entsorgungsprojektierung, 307, 380 Entsorgungsssystem, 69, 245, 505, 894
Sachwortverzeichnis Teil I und Teil II Entwicklung, 110, 601, 889, 1030 Entwicklungsfaktor, 44 Entwurfsprojekt, 118 Entwurfsprojektierung, 119, 130, 394 Ergonomie, 517 Erhaltung, 33, 328 Erprobung, 119 Erprobungsplanung, 456 Erkenntnisgewinnung, 186 Ersatzfläche, 552, 557 Ersatzflächenmethode, 242, 557 Ersatzmodell, 979, 1098, 1296 Erzeugnisfertigung, 21, 65, 217, 859 Erzeugungssystem, 297, 729, 1099, 1432 Experimentelle Methode, 564 F Fabrik, 9, 16, 22, 31, 65, 67, 388, 395 Fabrikanlauf, 465 Fabrikart, 22, 61, 68, 79, 114, 391, 396, 403 Fabrikbereitschaft, 458 Fabrikbereich, 49, 54, 67, 447 Fabrikbetrieb, 12, 76, 85, 383, 409, 454, 460, 953, 965, 1175 Fabrikbetriebssystem, 77 Fabrikentwicklung, 11, 44 Fabrikfluss, 399, 1184 Fabrikgebäude, 359, 371, 753, 1050, 1067, 1093, 1105 Fabrikgebäudefläche, 364 Fabrikgebäuderaum, 364, 584 Fabrikgesamtheit, 386 Fabrikgestaltung, 433 Fabrikkooperation, 386 Fabriklagerstätte, 835 Fabriklagersystem, 392, 779, 830, 1351 Fabriklayout, 421, 438, 845 Fabriklenkung, 414 Fabriklogistik, 381, 414 Fabrikmodellierung, 395 Fabrikplanung, 9, 85, 111, 115, 119, 383, 454, 1175 Fabrikprogramm, 186 Fabrikprojektant, 12, 19, 462 Fabrikprojektierung, 11, 13, 17, 19, 47, 87, 95, 113, 383, 429, 520, 947, 953, 998, 1151 Fabrikraum, 358 Fabrikrealisierung, 11, 450, 460, 462 Fabrikstandort, 423, 1051 Fabrikstandortbebauung, 753, 841 Fabrikstandortfläche, 419 Fabrikstätte, 63, 356, 580, 584
Sachwortverzeichnis Teil I und Teil II Fabrikstättenprojektierung, 355, 776, 1055, 1078 Fabrikstruktur, 412 Fabrikstrukturierung, 400 Fabriksystem, 49, 54, 60, 62, 63, 68, 79, 267, 291, 358, 359, 381, 497, 520, 594, 667, 750, 784, 893, 917, 1131, 1215, 1347, 1375, 1408, 1416 Fabriksystemprojektierung, 183, 380, 584, 1105 Fabriktechnologie, 754 Fabrikverkehr, 446, 848 Fabrikverkehrssystem, 848 Fabrikzonung, 441 Fahrzeugparksystem, 854 Farbgestaltung, 540 Feinprojektierung, 119, 130 Fertigungsform, 859 Fertigungsprozess, 202 Fertigungsspezialisierung, 889 Fertigungssystem, 219, 257, 861, 890, 1344 Feststoffentsorgung, 497, 510, 893 Feuerlöschausstattung, 719 Filter, 1305 Flächenanteil, 255, 341, 821, 988, 1188 Flächenberechnung, 545, 1189 Flächenelement, 240, 550, 822, 988 Flächenüberlagerung, 566, 1188, 1199 Flexibilität, 523, 917 Fließfertigung, 870, 1199, 1396 Flüssigkeitsspeicher, 1367 Flussbewegung, 674 Flussbereich, 682 Flussgegenstand, 674, 1122, 1141 Flusskopplung, 682 Flussprozess, 246, 662 Flusssystem, 74, 243, 247, 597, 1266, 1409 Flusssystemelement, 1258 Flusssystemprojektierung, 243, 399, 1258, 1264 Flusstechnik, 35, 43, 1131 Förderbedarf, 686 Förderdichte, 679 Förderfaktor, 681 Förderspiel, 679, 683, 687, 807, 1363 Förderung, 674 Funktionelle Projektierung, 196 Funktionsbestimmung, 96, 196, 200, 828, 1169 Funktionsdichte, 201, 1004 Funktionsintegration, 1001 Funktionskooperation, 1037 Funktionsmenge, 210, 666 Funktionssinnbild, 1255 Fußboden, 762
1451 G Ganzheitsniveau, 997 Gebäude, 365 Gebäudeart, 755 Gebäudeeinbau, 757, 776 Gebäudeintegration, 773 Gebäudekonstruktion, 755 Gebäudeöffnung, 764 Gebäuderaum, 364 Gebäudeprojektierung, 368 Gebäudetypung, 767 Gefährdung, 1313 Gefahrenpotential, 311, 945 Gefahrenschutz, 1320 Gefahrstoff, 945, 1126 Gegenstandsintegration, 1001 Gegenstandskooperation, 1037 Genehmigungsverfahren, 950, 958 Gleichzeitigkeit, 293, 975 Gesamtfabrik, 64, 79, 194, 385, 447 Gesamtbetriebliche Fabrikbereiche, 52, 447, 965 Gestaltende Projektierung, 95, 380 Gestaltung, 11, 64, 95, 101, 433, 436 Grundfunktion, 200, 597, 783, 1133 Grundprozess, 203 Grundrelation, 200, 597, 1267 H Handhabung, 212, 235, 616 Handhabungssystem, 211 I Informationsfluss, 33, 266 Instandhaltung, 983 Integration, 267, 335, 385, 395, 991, 1349 Investition, 1014 K Kapitalbedarf, 704, 1013 Katalogprojektierung, 174 Kennzahl, 164, 556, 827, 1016, 1017, 1127, 1212 Kennzahlenmethode, 241, 260, 555, 651, 1024, 1171, 1335 Kennzahlenprojektierung, 174 Kombinatorik, 1027 Kommissionierung, 1274, 1349 Komplexität, 68, 291, 310, 323, 329, 379, 592, 1321 Konstruktionsvereinheitlichung, 1380 Kooperation, 386, 390, 993, 1035
1452 L Lärm, 524 Lagerart, 780 Lagerfaktor, 790 Lagerungsausgang, 827 Lagerungsbedarf, 792, 949 Lagerungseingang, 827 Lagerungssystem, 792, 818, 1010, 1149 Lagerungstechnik, 814, 1134 Layout, 172, 240, 288, 305, 421, 438, 444, 845 Layoutprojektierung, 565, 1043, 1251 Lichtversorgung, 1055 Linienfertigung, 861, 1199 Lösungsbewertung, 695 Lüftungssystem, 1086 Luftraum, 581 Luftschadstoff, 506 Luftversorgung, 1077 Luftwechsel, 506, 1084 M Maschinenaufstellung, 577, 1105 Maßordnung, 1049, 1231 Maßstab, 172, 440 Material, 1121 Materialeigenschaft, 1126 Materialfluss, 31, 37, 73, 498, 743, 785, 801, 827, 1133, 1259 Materialflusselement, 1259 Materialflussfunktion, 1134, 1246 Materialflussprinzip, 1143, 1273 Materialflusstechnik, 35, 73, 1131 Materialflusssystem, 73, 786, 1137, 1247 Mathematische Methode, 178 Merkmal, 187, 921, 1017, 1123, 1180, 1240, 1253, 1379 Methodenbereich, 90 Modell, 143, 172, 1251 Modellierung, 145, 395 Modellprojektierung, 166, 565, 1046, 1251 Multimediale Projektierung, 177 N Neuprojektierung, 90, 1009 Niveaubewertung, 701, 1020 Niveaukennzahl, 587, 698, 922, 997, 1384 O Objektbereich, 90 Objekt-Platz-Zuordnung, 1153, 1409 Objektsteuerung, 131, 461
Sachwortverzeichnis Teil I und Teil II Operative Projektierung, 129, 460 Optimierung, 335, 1140, 1151 Organisationsform, 223 P Personalbedarfsermittlung, 1167 Personenfluss, 266, 852, 1179 Personenflussprojektierung, 1180 Personenwegart, 1181 Potential, 1020, 1175 Produkt, 19 Produktfluss, 36, 217, 264, 413, 607, 616 Produktflusssystem, 69, 248, 254, 271, 678, 1148, 1215, 1331 Produktflusssystemfläche, 1187 Produktflusssystemraum, 1215 Produktion, 15, 16, 24–27, 802, 918 Produktionsaufgabe, 24, 1239 Produktionsbereich, 24, 25 Produktionsfluss, 33, 36 Produktionsganzheit, 24, 390 Produktionsgebiet, 25 Produktionsgegenstand, 19 Produktionsgesamtheit, 25, 390 Produktionsorganisation, 224, 922 Produktionsprogramm, 1239 Produktionsstätte, 23, 355 Produktionsstufe, 29, 63 Produktionssystem, 65, 67, 1375 Produktionstechnik, 1131 Produktionstiefe, 1035 Produkttechnologie, 43, 922, 933, 1239, 1379 Produktprogramm, 19, 1237 Projekt, 102, 124, 136, 159, 469 Projektanalyse, 101, 185, 195 Projektarbeit, 120 Projektentwicklung, 118 Projektdokumentation, 136, 448, 463, 958, 961, 1046 Projektgenehmigung, 119, 126 Projektgliederung, 124 Projektgüte, 159 Projektierung, 13, 91, 109, 136, 155, 469, 818, 998, 1030, 1137, 1237, 1242, 1252, 1263, 1273, 1285, 1321, 1373, 1379, 1431 Projektierungsaktivität, 108, 145 Projektierungsalgorithmus, 165, 648, 908, 1025, 1072 Projektierungsart, 141 Projektierungsbasis, 46, 135, 200, 206, 849, 965, 1234 Projektierungsdokumentation, 449, 1049
Sachwortverzeichnis Teil I und Teil II Projektierungsentscheid, 107, 154 Projektierungsfolge, 53, 149, 601 Projektierungsgebiet, 93, 107, 895, 1078 Projektierungsgrundfall, 88, 786, 1063, 1078, 1082, 1418 Projektierungsgrundsatz, 1227 Projektierungskomplexität, 104, 593, 954 Projektierungsmethode, 160 Projektierungsmethodik, 135, 182, 838, 1151 Projektierungsnachweis, 778, 958, 1313, 1359, 1369 Projektierungsphase, 107 Projektierungsprogramm, 74, 138, 188, 190, 312, 602, 726, 754, 903, 905, 1237, 1432 Projektierungsprozess, 146, 148, 941 Projektierungsqualität, 156, 954 Projektierungsraster, 439, 764, 768, 1049 Projektierungsrelation, 147, 148, 154 Projektierungsschritt, 108, 146 Projektierungssinnbild, 1252 Projektierungsstufe, 107, 108, 146, 1322 Projektierungssystem, 153 Projektierungstätigkeit, 98, 969 Projektierungsverfahren, 162, 171 Projektierungsvorgang, 108, 147 Projektierungsvorschrift, 180 Projektierungsweise, 138 Projektierungszyklus, 105, 148, 838 Projektkonzipierung, 194 Projektorganisation, 133 Projektplanung, 125 Projektprüfung, 336, 393, 453 Projektsteuerung, 131 Projektstudie, 121 Projektsynthese, 102, 106, 649, 1169 Prozess, 200, 216, 663, 687, 1136, 1268, 1386 Prozessdimensionierung, 208, 1270 Prozessfunktion, 200, 225, 1169, 1255 Prozessgrundstruktur, 204, 1269 Prozesskopplung, 208, 212, 300, 682, 1270 Prozessrelation, 1268 Prozessstruktur, 203, 214, 219, 224, 930, 1147, 1269 Prozessstrukturierung, 216, 931 Pumpenauslegung, 1299 Punktfertigung, 865 R Räumliche Struktur, 268 Rampensystem, 851 Raumanteil, 346, 821
1453 Raumart, 572, 1216 Raumbewertung, 587 Raumeinbau, 757 Raumelement, 575 Raumentsorgung, 378 Raumhöhe, 1222 Raumklima, 1091, 1421 Raumklimasystem, 1096 Raumluft, 1082 Raumluftabsaugung, 507 Raumprojektierung, 1215 Raumtemperatur, 1423 Raumversorgung, 377, 1421 Raumwärme, 1421 Realisierungsgestaltung, 436 Realisierungsplanung, 119, 126 Redundanz, 654 Regenerierung, 896, 986 Rekonstruktionsprojektierung, 90 Relation, 202, 593 Relationsdichte, 1271 Relationsvariabilität, 1410 Ressource, 1123 Rettungsweg, 717 Rohrleitungssystem, 1095, 1259, 1283 Rohstoff, 1121 S Sammel- und Verteilsystem, 786, 827 Schalldämmung, 530 Schichtregime, 1174 Schüttgutspeicher, 1366 Schutzgüte, 352, 447, 960, 1249, 1313 Schutzmaßnahme, 1315 Schutzsystem, 352 Schwingungsgestaltung, 535 Späneentsorgung, 903 Speicher, 559, 609, 732, 782, 785, 1010, 1189, 1355 Speicherbedarfsmenge, 251, 1329 Speicherdimensionierung, 252, 1353 Speicherförderung, 1362 Speicherkapazität, 1357 Speicherspalte, 1189, 1198, 1357 Speicherungsgrundfall, 1333 Standort, 357, 423 Standortfaktor, 426, 1315 Standortuntersuchung, 427 Staub, 501, 914 Stellenplanmethode, 1173 Störkraft, 1107 Straßenbreite, 852 Struktur, 268
1454 Strukturelle Projektierung, 261 Strukturierung, 96, 266, 400 Strukturierungshierarchie, 264 Stückgutspeicher, 1355 Synthese, 102 System, 55, 183, 199, 226, 263, 917 Systemarbeitsraum, 576 Systemautonomie, 601 Systembauwerk, 333, 343, 360 Systembetreibung, 321, 1139 Systembetrieb, 319 Systemdichte, 348 Systemelementeraum, 576 Systementsorgung, 307 Systementwicklung, 282 Systemerhaltung, 326, 983 Systemfläche, 341, 822, 1187 Systemfunktion, 57, 225, 1246 Systemgestaltung, 279, 304, 522 Systemhierarchie, 1374 Systemintegration, 335 Systemkomplexität, 68, 74, 1228, 1279, 1376 Systemlayout, 288, 305, 1046, 1052 Systemlenkung, 332 Systemluftraum, 348 Systemoptimierung, 337, 586, 1152 Systemprojektierung, 87, 196, 227, 243, 261, 327, 523, 832, 861, 919, 1059, 1083, 1163, 1187, 1285, 1373 Systemraum, 344, 349, 833 Systemrelation, 1274 Systemspeicher, 1330, 1362 Systemstruktur, 261, 272, 938, 1147, 1376 Systemstrukturierung, 262, 268, 404, 606, 1147 Systemtechnologie, 43, 1142, 1387 Systemvariation, 337, 400, 1030 Systemversorgung, 289, 763 T Tätigkeitsorganisation, 43, 861 Technologie, 41, 42, 1122, 1131, 1379 Teilefertigung, 21, 28, 65, 859 Transportbahnhof, 1202, 1206 Transporteinheit, 676, 1125 Transportweg, 1191, 1204 Technologische Zeit, 684, 1391 Typenvertreter, 1401
Sachwortverzeichnis Teil I und Teil II U Übergabesystem, 211, 1201, 1346 Umweltverträglichkeit, 313, 1314 Unterstützungsmittel, 647, 661 V Variabilität, 932, 1407 Variantenbewertung, 695, 706 Variantenprojektierung, 1027, 1241 Verbraucher, 669, 1433 Verdichterauslegung, 1302 Vereinheitlichung, 1377 Verfahrenstechnik, 30, 43 Verfahrenswärme, 1416 Verfügbarkeit, 327 Vernetzte Fertigung, 881 Versorgung, 15, 38, 289, 374, 377, 416, 443, 621, 751, 1055, 1077, 1247, 1311, 1413 Versorgungsbedarf, 303, 417, 1420 Versorgungsfluss, 35 Versorgungsproduktion, 27 Versorgungsprojektierung, 290, 380 Versorgungssystem, 70, 246, 291, 721, 1431 Verteilfertigung, 683, 865, 884, 929, 939 Verteilsystem, 300, 691 Verteil- und Sammelsystem, 211, 219, 884 Verteilungssystem, 729, 1432 Verwertung, 897, 909 Volumendurchsatz, 690, 726 Vorprojektierung, 129, 136 W Wärmeenergieversorgung, 1091, 1413 Wegkategorie, 1202 Wichtung, 696 Winkelgang, 1193 Wirkkomponente, 30, 83 Wirkraum, 573 Wirksystem, 30, 66, 229, 235, 603, 662, 749, 1259, 1416 Z Zeitfonds, 1445 Zeitliche Struktur, 223 Zeitmethode, 684, 1173, 1335 Zentralspeicher, 1196, 1344, 1359 Zustandsänderung, 21, 30, 34, 37 Zwecklayout, 447 Zykluszeit, 1395