Inhaltsu ¨bersicht 1 2 3 4 5
Grundlagen Aktive Vierpole Rauschen Schaltungssimulation Praktischer Schaltungsaufbau
1 51 85 109 153
6
Operationsverst¨ arker
199
7 8 9 10 11
Widerst¨ ande Kondensatoren ¨ Spulen und Ubertrager Leitungen Resonatoren und Filter
265 315 357 409 447
12 13 14
Halbleiter Herstellung von Halbleiterbauelementen Kontakte
471 549 587
15
Halbleiterdioden
679
16 17 18 19
Bipolartransistoren Grundschaltungen mit Bipolartransistoren CAD-Modelle f¨ ur Bipolartransistoren Thyristoren
747 845 909 933
20 21 22 23 24 25
MOS-Feldeffekttransistoren Grundschaltungen der CMOS-Technik MOS-Speicherbausteine MOS-Leistungshalbleiter CAD-Modelle f¨ ur MOSFETs Sperrschichtfeldeffekttransistoren
973 1063 1115 1161 1191 1215
26 27 28 29 30 31
Grundlagen der Optoelektronik Detektoren f¨ ur optische Strahlung Solarzellen Lichtemittierende Dioden Displays Bildwandler
1241 1273 1321 1357 1403 1419
32 33
Sensorbauelemente Batterien und Akkumulatoren
1443 1469
Stichwortverzeichnis
1488
Michael Reisch Elektronische Bauelemente
Michael Reisch
Elektronische Bauelemente Funktion, Grundschaltungen, Modellierung mit SPICE 2., vollständig neu bearbeitete Auflage Mit 1125 Abbildungen und 67 Tabellen
123
Professor Dr. techn. Michael Reisch Hochschule für Technik und Wirtschaft/ Fachhochschule Kempten Bahnhofstraße 61-63 87435 Kempten/Allgäu E-mail:
[email protected] ISBN-10 3-540-34014-9 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-34014-0 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-60991-9 1. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1998, 2007 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Text und Abbildungen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. Verlag und Autor können jedoch für eventuell verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Satz: Digitale Druckvorlage des Autors Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Einbandgestaltung: Sergio Vitale, medionet AG, Berlin SPIN 10824317
7/3100/YL – 5 4 3 2 1 0
Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort zur 2. Auflage Dieses Buch wurde f¨ ur Studierende geschrieben, die sich etwas intensiver mit der Elektronik auseinandersetzen wollen, und soll ein n¨ utzlicher Begleiter durch das Elektronikstudium vom dritten Fachsemester bis zur industriellen Praxis sein. Neben diesem Einsatz im eigentlichen Studienbetrieb eignet sich das Buch wegen der Breite des abgedeckten Stoffs bestens als Nachschlagewerk und zum Selbststudium. Wer die seit nahezu drei Jahren vergriffene erste Auflage neben die zweite legt wird das Buch kaum wiedererkennen. Das Buch wurde neu formatiert, komplett neu gegliedert und weist statt der urspr¨ unglichen elf Kapitel nun 33 Kapitel auf. Durch diese st¨ arkere Gliederung wird der Inhalt transparenter und schneller auffindbar, was die Verwendung als Nachschlagewerk verbessert. Alle Kapitel wurden u ¨berarbeitet und zum Teil stark erweitert, mehr als ein Viertel des Texts und der Abbildungen wurden neu aufgenommen, und das Werk so auf den neuesten Stand gebracht. Dies gilt insbesondere f¨ ur die in den letzten Jahren dramatisch weiterentwickelte CMOS-Technik und Speichertechnologie. Neu hinzugekommen sind die Kapitel Displays, Sensorbauelemente sowie Batterien und Akkumulatoren. Ich glaube es ist keine Hochstapelei, wenn ich behaupte, daß das Werk einen großen Schritt vorw¨arts gemacht hat. Neben der Ber¨ ucksichtigung neuer Bauelemente und Entwicklungen wurden insbesondere die halbleiterphysikalischen Grundlagen der Bauelemente vertieft: Als essentielle theoretische Grundlagen der Halbleiterbauelemente ¨ werden die Physik von pn-Ubergang, Kurzbasisdiode, Schottky-Diode und MOS-Kondensator, das Gummel-Integral als Ausgangspunkt f¨ ur aktuelle Modelle des Bipolartransistors, die Charge-sheet N¨aherung als Ausgangspunkt ¨ f¨ ur aktuelle MOSFET-Modelle, und das Verhalten des pn-Ubergangs bei Beleuchtung als Ausgangspunkt f¨ ur ein gr¨ undlicheres Verst¨andnis der Wirkungsweise einer Solarzelle ausf¨ uhrlich ber¨ ucksichtigt. Kleingedruckte Abschnitte bieten weiterf¨ uhrende oder erg¨anzende Informationen und k¨onnen beim ersten Lesen u ¨bergangen werden. Der Inhalt dieser Abschnitte erscheint mir dennoch wichtig f¨ ur ein vertieftes Verst¨andnis der Halbleiterbauelemente. Gelegentlich sind diese Abschnitte auch etwas anspruchsvoller: Das Kleingedruckte hat es eben – wie so oft im Leben – manchmal in sich. Egal ob groß- oder kleingedruckt: Beim Lesen sollte der Bleistift und ein Schmierblatt f¨ ur Nebenrechnungen nie fehlen. Wie heißt das so sch¨on im Vorwort der Feynman Lectures on Physics: Reading without a pencil is ” daydreaming“. Insgesamt werden in den Literaturverzeichnissen mehr als 700 nahezu ausschließlich englischsprachige Arbeiten zitiert, nicht nur mit dem Ziel der Quellenangabe, sondern auch um Hinweise auf interessante weiterf¨ uhrende Literatur zu liefern. Ich weiß zwar, daß die meisten Studenten englischsprachige Ver¨offentlichungen weitr¨ aumig umgehen, m¨ochte aber dennoch empfehlen, pro Semester beispielsweise zwei Arbeiten (man muß ja nicht gleich u ¨bertreiben),
vi
die besonderes interessant erscheinen zu besorgen, und diese von vorne bis hinten durchzuarbeiten. Das ist m¨ uhsam – aber f¨ ur die sp¨atere Berufst¨atigkeit außerordentlich hilfreich. Und jetzt sollten Sie sich nicht mehr lange mit dem Vorwort aufhalten. Der Inhalt ist viel interessanter: Ich w¨ unsche Ihnen viel Spaß beim Studium. Kempten im September 2006 Michael Reisch
Aus dem Vorwort zur 1. Auflage Eine zeitgem¨aße Einf¨ uhrung in das Gebiet der elektronischen Bauelemente, und damit in die Grundlagen der Elektronik, muß meiner Meinung nach, neben einer Darstellung der physikalischen Grundlagen und der Anwendungen, einen Bezug zu den heutzutage in der praktischen Arbeit eingesetzten CAD-Hilfsmitteln herstellen. Ein in der Elektronik t¨atiger Ingenieur muß die Wirkungsweise elektronischer Bauelemente verstanden und eine Vorstellung von der Gr¨oßenordnung ihrer Kenngr¨ oßen haben, um sie kreativ einsetzen zu k¨onnen. Er muß mit den Kenngr¨ oßen und sonstigen Datenblattangaben so weit vertraut sein, daß er aus Herstellerunterlagen die f¨ ur die jeweilige Anwendung optimalen Bauteile ausw¨ ahlen kann. Er sollte u ¨ber Kenntnisse der Modellierung der Bauelemente in SPICE verf¨ ugen, um die modernen Verfahren des CAD m¨ oglichst effizient nutzen zu k¨onnen. Daneben muß er die analytische Rechnung mit vereinfachten Modellen zur Grobdimensionierung beherrschen – diese steht schließlich am Beginn einer jeden Schaltungsauslegung und ist auch f¨ ur das Verst¨ andnis der Schaltung unverzichtbar. Dieses Buch ist aus Vorlesungen entstanden, die ich in den Lehrgebieten Werkstofftechnik“, Elektronische Bauelemente“ sowie Optoelektronik“ ” ” ” vor Studenten der Elektrotechnik an der FH Kempten gehalten habe, und richtet sich in erster Linie an angehende Ingenieure. Es soll einer praxisorientierten Ausbildung dienen, was nicht bedeutet, daß f¨ ur theoretische Betrachtungen hier kein Raum w¨ are. Theorie und Praxis erg¨anzen sich und sind keine Gegens¨atze – schließlich ist das Gegenteil von praktisch“ nicht theoretisch“, ” ” sondern unpraktisch“. Erst durch das theoretische Verst¨andnis lassen sich ” Zusammenh¨ange erkennen, kann die ungeheure Vielfalt von Bauteilen und Effekten geordnet und der Wissensstoff zusammenfassend strukturiert werden. Ein Schwerpunkt der Ausbildung muß deshalb dem Aufbau einer breiten Grundlage dienen; Ingenieure sollten zumindest u ¨ber Grundkenntnisse auf dem Gebiet der Bauelementephysik, der Halbleitertechnologie und der Schaltungstechnik verf¨ ugen – auch um mit Partnern aus benachbarten Gebieten zusammenarbeiten zu k¨ onnen.
vii
Das Buch soll eine solide Grundlage f¨ ur die Elektronikausbildung (Schaltungstechnik, Mikroelektronik, Leistungselektronik, Optoelektronik) darstellen und als begleitende Lekt¨ ure bereits im Grundstudium von Nutzen sein. Behandelt werden aber auch weiterf¨ uhrende Themen, die Studierende an aktuelle Entwicklungen der angewandten Halbleiterelektronik heranf¨ uhren. Durch das umfangreiche Stichwortverzeichnis [. . .] sollen die Studierenden beim raschen Auffinden gesuchter Informationen unterst¨ utzt werden. Die mathematischen Voraussetzungen wurden bewußt gering gehalten: F¨ ur das Verst¨andnis der durchgef¨ uhrten Rechnungen sollten Grundkenntnisse in komplexer Rechnung, linearer Algebra, Differential- und Integralrechnung ausreichen. Zahlreiche Beispielrechnungen demonstrieren L¨osungsans¨atze und zeigen Gr¨oßenordnungen auf. H¨ aufig wird der in der Praxis gegangene Weg der Schaltungsdimensionierung durch analytische Rechnung und die Verifikation mittels Simulation durch explizites Gegen¨ uberstellen der Ergebnisse beschritten. Ein wichtiges Ziel ist dabei, Zusammenh¨ ange zu erkennen sowie L¨osungsans¨atze und -methoden einzustudieren – fertige Kochrezepte“ werden nicht geboten. ”
viii
Schreibweise, Formelzeichen Die in diesem Buch verwendete Schreibweise versucht den u ¨blichen Bezeichnungen sowie internationalen Standards (IEEE) weitestgehend zu entsprechen. Leider werden in der deutschsprachigen Lehrbuchliteratur f¨ ur manche Gr¨oßen andere Symbole verwendet als im Rest der Welt“. Dies gilt insbeson” dere f¨ ur die Bezeichnung von Spannungen – diese wurden in der deutschsprachigen Lehrb¨ uchern traditionell (DIN 1304) mit dem Symbol U bezeichnet, andernorts aber mit V . Da nach den neuen Normen ISO 31-5 und IEC 27-1 auch hierzulande das international gebr¨ auchliche Symbol V verwendet werden darf und da mittlerweile auch die im deutschsprachigen Raum ans¨assigen Hersteller in ihren Datenb¨ uchern elektrische Spannungen mit V bezeichnen, habe ich mich hier ebenfalls zu dieser Bezeichnung entschlossen.2 Von wenigen Ausnahmen abgesehen, besitzen die Buchstaben B, C, d, E, F , I, P , R, V , W , x die in der folgenden Tabelle aufgef¨ uhrte Bedeutung. Eine ausf¨ uhrliche Liste verwendeter Formelzeichen findet sich im Anschluß. Tabelle H¨ aufig verwendete Symbole Kurzzeichen f¨ ur Gr¨ oßen
Kurzzeichen f¨ ur Indices
C d E f I, i G L P, p R T t V ,v W x
B, b C, c D, d E, e eff F, f G, g R, r S, s th
Kapazit¨ at Abstand Elektrische Feldst¨ arke Frequenz Strom Leitwert Induktivit¨ at Leistung Widerstand Temperatur (absolut) Zeit Spannung Energie Ortskoordinate
Basis Kollektor Drain Emitter Effektivwert Vorw¨artsrichtung (Diode) Gate R¨ uckw¨artsrichtung (Diode) Source thermisch
Wird eine bestimmte Kenngr¨ oße, wie der in deutschsprachigen Lehrb¨ uchern h¨aufig mit m bezeichnete Emissionskoeffizient einer Diode, in SPICE mit einem anderen Symbol bezeichnet (im Beispiel N ), so wird die SPICE2 Volumina und Geschwindigkeiten werden zwar ebenfalls mit dem Symbol v bezeichnet, Formeln, in denen Spannungen und Volumina bzw. Spannungen und Geschwindigkeiten gleichzeitig vorkommen, sind jedoch vergleichsweise selten; außerdem sollte der Leser in den F¨ allen, in denen beide Gr¨ oßen gleichzeitig vorkommen, die unterschiedliche Bedeutung leicht aus dem Zusammenhang erkennen k¨ onnen. Diesbez¨ ugliche Einschr¨ ankungen gelten ohnehin f¨ ur nahezu s¨ amtliche Symbole: Das Zeichen T kann beispielsweise die (absolute) Temperatur bezeichnen, aber auch die Periodendauer; mit W wird sowohl eine Weite als auch die Energie bezeichnet ...
ix
Notation verwendet. Der leichteren Lesbarkeit in Formeln wegen werden SPICE-Parameter, die durch mehrere aufeinanderfolgende Großbuchstaben dargestellt werden, in Formeln als ein Großbuchstabe mit entsprechendem ur den Parameter XCJC). Hinsichtlich der Index dargestellt (z.B. steht XCJC f¨ Klein- und Großschreibung von Symbolen und Indizes werden ansonsten die folgenden Regeln angewandt: 1. F¨ ur Augenblickswerte zeitlich ver¨ anderlicher Gr¨oßen werden kleine Buchstaben verwendet. Die Gr¨ oßen i, v und p bezeichnen nach dieser Konvention zeitabh¨ angige Strom-, Spannungs- bzw. Leistungswerte. 2. F¨ ur zeitlich konstante Gr¨ oßen werden große Buchstaben verwendet. Die Gr¨oßen I, V und P bezeichnen demnach konstante Strom-, Spannungsbzw. Leistungswerte – oder aber Effektivwerte zeitlich ver¨anderlicher Gr¨oßen. 3. Indizes f¨ ur Großsignalgr¨ oßen – das sind Gr¨oßen, die vom Wert Null an“ ” gez¨ahlt werden – werden groß geschrieben (z.B. iC , IC , vBE , VBE ). 4. Indizes f¨ ur Kleinsignalgr¨ oßen – das sind Gr¨oßen deren Wert vom Arbeitspunkt aus gerechnet wird – werden klein geschrieben (z.B. vbe , ic ). Diese Schreibweise wird auch auf die Knoten und Elemente von Ersatzschaltungen u ¨bertragen: Knotennamen in Großsignalersatzschaltungen werden mit großen Buchstaben gekennzeichnet (z.B. E, S), Knotennamen in Kleinsignalersatzschaltungen mit kleinen Buchstaben (z.B. e, s). Elemente einer Großsignalersatzschaltung werden mit großen Buchstaben gekennzeichnet (z.B. R), die Elemente einer Kleinsignalersatzschaltung entsprechend mit kleinen Buchstaben (z.B. r). Mit rbb wird demzufolge der zwischen den Knoten b und b einer Kleinsignalersatzschaltung liegende Widerstand bezeichnet (Kleinsignalbasisbahnwiderstand, vgl. Kap.4). Bei einigen sehr h¨aufig vorkommenden Elementen wird zur Vereinfachung der Schreibweise von dieser Konvention abgewichen; statt gb e wird beispielsweise gπ geschrieben, statt gc e die Abk¨ urzung go . F¨ ur den zeitlichen Mittelwert einer zeitabh¨angigen, mit T periodischen Gr¨oße v(t) wird u urzung ¨blicherweise die Abk¨ 1 v = T
T
v(t) dt 0
verwendet. Der Effektivwert Veff = Vrms von v(t) ist definiert durch
Veff =
1 T
T
2
v (t) dt =
v2 .
0
Falls aus dem Zusammenhang ersichtlich ist, daß ein Effektivwert vorliegt, wird der Index eff“ nicht angeschrieben. ”
x
v
B E
8 0 0 m V
v
6 0 0
b e
(t) V
B E
4 0 0
v T
2 0 0
B E
(t)
0
Abb. 1. Zur Erl¨ auterung der verwendeten Notation
t
Beispiel Zur Erl¨ auterung der Zusammenh¨ ange wird Abb. 1 betrachtet. Diese zeigt den zeitabh¨ angigen Verlauf der Basis-Emitter-Spannung vBE (t) eines Bipolartransistors. Der Großsignalwert vBE nimmt dabei Werte zwischen 400 mV und 700 mV an; aus dem Diagramm entnimmt man f¨ ur die Zeitabh¨angigkeit von vBE (t):
Zeit t
0 < t ≤ T /3
vBE /mV
400 + 900
vbe /mV
−100 + 900
t T t T
T /3 < t ≤ 2T /3
400 + 900 −100 + 900
2 t − 3 T
2T /3 < t ≤ T
2 t − 3 T
400
−100
Der zeitliche Mittelwert der Spannung ist 2T /3 T /3 T 2 vBE t 1 t = dt + 900 − dt + 900 400 dt mV T T 3 T 0 0 T/3 T 1 400 T + 300 = 500 . = T 3 Vom Gleichanteil der Basis-Emitter-Spannung VBE = vBE aus wird der Wechselanteil angige Basis-Emitter-Spannung vBE (t) setzt sich aus vbe (t) gemessen: Die zeitabh¨ dem Gleichanteil VBE und dem Wechselanteil vbe (t) zusammen: vBE (t) = VBE + vbe (t) . Der Wechselanteil variiert im Beispiel zwischen −100 mV und 200 mV, sein Mittelwert ist Null. Wegen vbe = 0 folgt 2
2 2 2 + 2V 2 2 vBE = (VBE + vbe ) = VBE BE vbe + vbe = VBE + vbe ,
d.h. der Effektivwert VBE,eff der Spannung vBE ergibt sich aus dem Gleichanteil VBE und dem Wechselanteil vbe gem¨ aß 2 + v2 = 2 +V2 , VBE,eff = VBE VBE be be
xi 2 den Effektivwert des Wechselanteils bezeichnet. Der Effektivwert wobei Vbe = vbe des Wechselanteils im Beispiel folgt aus 2 2 2 Vbe 1 T /3 1 2T /3 t t = dt + dt 900 − 100 1000 − 900 T 0 T T T/3 T mV2 1 T + (100)2 dt = 104 T 2T/3 zu Vbe = 100 mV. Der Effektivwert des Großsignalwerts der Basis-Emitter-Spannung ist demnach
2 +V2 = VBE (500 mV)2 + (100 mV)2 = 509.9 mV . VBE,eff = be Er ist gr¨ oßer als der Gleichanteil.
Sinusf¨ormige Wechselgr¨ oßen werden in komplexer Schreibweise ausgedr¨ uckt in der Form
v(t) = Re[ v(t) ] = Re vˆ e jωt
mit der komplexen Amplitude vˆ. Der Betrag der Amplitude wird angegeben als vˆ = |ˆ v |. Diese Gr¨ oße gibt den Scheitelwert und nicht den Effektivwert der Gr¨oße an. Letzterer ergibt sich f¨ ur sinusf¨ormige Verl¨aufe als √ V = vˆ/ 2 . Die ebenfalls h¨ aufig anzutreffende Rechnung mit komplexen Effektivwerten √ V = vˆ/ 2 wird in diesem Buch nicht verwendet. In Ersatzschaltungen f¨ ur die Wechselstromanalyse werden zeitabh¨ angige komplexe Zeiger f¨ ur Spannung und Strom durch Unterstreichen angegeben; v bzw. i entsprechen demzufolge die Ausdr¨ ucke v = vˆ e jωt und i = ˆi e jωt . ¨ Die Beziehungen f¨ ur Ubertragungsfaktoren, Impedanzen, Admittanzen etc. sind Verh¨altnisse und unabh¨ angig von der angewandten Schreibweise; beispielsweise gilt V vˆ v Z = = = . ˆi I i Werden mehrere Impedanzen Z i parallel geschaltet, so lassen sich diese zu einer Impedanz
Z = Z1 Z2 · · · Zn =
1 1 1 + + ··· + Z1 Z2 Zn
−1
zusammenfassen. Das Zeichen “ entspricht dabei einem Rechenoperator, ” der die Addition der Kehrwerte der verkn¨ upften Ausdr¨ ucke mit anschließender Kehrwertbildung bewirkt. Die Rechenoperation “ wird vor den Strich” ” Operationen“ ( +“, −“) aber nach den Punkt-Operationen“ ( ·“, :“) aus” ” ” ” ” gef¨ uhrt.
xii
Physikalische Konstanten
Avogadro-Konstante
Nmol
6.02217 · 1023 mol−1
Bohrsches Magneton
µB = e¯h/2me
9.27408 · 10−24 J/T
Bohrscher Radius
a0
0.529166 · 10−10 m
Boltzmann-Konstante
kB
1.38062 · 10−23 J K−1
Elementarladung
e
1.602192 · 10−19 As
Faraday-Konstante
F = eNmol
9.648456 · 104 C/mol
Gaskonstante
R = kB Nmol
8.3143J K−1 mol−1
Influenzkonstante
0
8.8542 · 10−12 AsV −1 m−1
Induktionskonstante
−2 µ0 = −1 0 c
1.2566 · 10−6 V s A−1 m−1
Magnetisches Momemt ((Elektron) µe
9.2848456 · 10−24 J/T
Plancksche Konstante
h h = h/2π ¯
6.62620 · 10−34 Js 1.0546 · 10−34 Js
Ruhemasse des Elektrons
me
9.10956 · 10−31 kg
Ruhemasse des Neutrons
mn
1.67482 · 10−27 kg
Ruhemasse des Protons
mp
1.67261 · 10−27 kg
Ruheenergie des Elektrons
me c2
0.511 MeV
Rydbergenergie
WR
13.6 eV
Stefan-Boltzmann-Konstante
σS
5.67032 · 10−8 W/(m2 K4 )
Vakuumlichtgeschwindigkeit
c
2.997925 · 108 ms−1
xiii
Abgeleitete SI-Einheiten
Gr¨ oße
Name
Zeichen
MKSA
Kraft
Newton
N
kg m s−2
Energie
Joule
J
kg m2 s−2
Elektronenvolt
eV
1.6021892 · 10−19 J
Leistung
Watt
W
kg m2 s−3
Ladung
Coulomb
C
As
Spannung
Volt
V
kg m2 s−3 A−1
Kapazit¨ at
Farad
F
A2 s4 kg−1 m−2
Widerstand
Ohm
Ω
kg m2 A−2 s−3
Leitwert
Siemens
S
A2 s3 kg−1 m−2
Magnetischer Fluß
Weber
Wb
kg m2 s−2 A−1
Magnetische Induktion
Tesla
T
kg A−1 s−2
Induktivit¨ at
Henry
H
kg m2 A−2 s−2
Frequenz
Hertz
Hz
s−1
Winkel
Radiant
rad
1
Raumwinkel
Steradiant
sr
1
Lichtsrom
Lumen
Lm
cd sr
Beleuchtungsst¨ arke
Lux
lx
cd sr m−2
Energiedosis
Gray
Gy
m2 s−2
Dosis¨ aquivalent
Sievert
Sv
m2 s−2
Aktivit¨ at (radioaktive)
Becquerel
Bq
s−1
xiv
Formelzeichen Symbol
Bedeutung
Seite
ap ad agl av aα A∗ A3 AD Ai AI AI Aj Aje AGL AL AN AN Anpn Apnp AR Av bα B B BF , BF BR , BR BI BN Boff ciss cj cjc cje coss cox crss ct cµ cπ C CJ0 , CJ0 CN CJC , CJC CJE , CJE Cth
Verst¨ arkungsmaß (10 dB· log(Gp )) Differenzverst¨ arkung (Kleinsignal) Gleichtaktverst¨ arkung (Kleinsignal) Verst¨ arkungsmaß (20 dB· log(Av )) Wellengr¨ oßen (α = 1, 2) Richardson-Konstante Nichtlinearit¨ at (Widerstand) Differenzspannungsverst¨ arkung Stromverst¨ arkung Stromverst¨ arkung (Fotowiderstand) Rauschindex Sperrschichtfl¨ ache Fl¨ ache der Emittersperrschicht Gleichtaktverst¨ arkung Induktivit¨ atsfaktor (Vorw¨ arts-)Stromverst¨ arkung in Basisschaltung numerische Apertur (Glasfaser) Stromverst¨ arkung in Basischaltung (npn) Stromverst¨ arkung in Basischaltung (pnp) Widerstandsfaktor Spannungsverst¨ arkung (|H v |) Wellengr¨ oßen (α = 1, 2) B-Wert (Heißleiter) magnetische Flußdichte ideale Vorw¨ artsstromverst¨ arkung ideale R¨ uckw¨ artsstromverst¨arkung R¨ uckw¨ artsstromverst¨ arkung (Vorw¨ arts-)Stromverst¨ arkung (Emitterschaltung) Abschaltstromverst¨ arkung Eingangskapazit¨ at (MOSFET) Sperrschichtkapazit¨ at (Diode, Schottky-Diode) BC-Sperrschichtkapazit¨ at EB-Sperrschichtkapazit¨ at Ausgangskapazit¨ at (MOSFET) fl¨ achenspezifische Oxidkapazit¨at R¨ uckwirkungskapazit¨ at (MOSFET) Diffusionskapazit¨ at Kleinsignalkapazit¨ at der BC-Diode Kleinsignalkapazit¨ at der EB-Diode Kapazit¨ atsbelag (Leitung) cj (V = 0) Nennkapazit¨ at (Batterie) cjc (VBC = 0) cje (VBE = 0) W¨ armekapazit¨ at
19 205 205 19 72 658 278 199 19 1277 277 595 756 201 363 751 1265 936 936 368 18 72 287 357 762 762 750 750 958 994 620 795 795 994 667 994 626 795 795 410 620 1477 913 913 170
xv Symbol
Bedeutung
CMRR dB dF dj dox D D D˙ D∗ De Dn Dp e e E E0 ED Ee EG , EG Emax ESR fG fmax fT fT fy fβ g F F (M ) FZ FF g gd gm go gµ gπ G Gn G GB Gp GT Gth GZ hαβ
Gleichtaktunterdr¨ uckung Basisweite Desakkomodationskoeffizient Sperrschichtweite Oxiddicke Detektivit¨ at Energiedosis Energiedosisleistung modifizierte Detektivit¨ at Strahlungsflußdichte Diffusionskoeffizient f¨ ur Elektronen Diffusionskoeffizient f¨ ur L¨ocher Elementarladung (1.602 · 10−19 cm−3 ) Euler-Zahl (2.71828...) Elastizit¨ atsmodul Standardpotential Durchschlagsfeldst¨ arke (Dielektrikum) Bestrahlungsst¨ arke Bandabstandsspannung ¨ max. Feldst¨ arke im pn-Ubergang Equivalent series resistance Grenzfrequenz (Kapazit¨atsdiode) maximale Schwingfrequenz Transitfrequenz (OPV) Transitfrequenz (BJT) Steilheitsgrenzfrequenz β-Grenzfrequenz Kleinsignalleitwert Rauschzahl, Rauschfaktor Rauschfaktor (Lawinenmultiplaktion) Zusatzrauschzahl F¨ ullfaktor optischer Gewinn Kleinsignalleitwert (Diode) ¨ Ubertragungsleitwert (BJT) Ausgangsleitwert (BJT) R¨ uckwirkungsleitwert Eingangsleitwert (BJT) Generationsrate aquivalenter Rauschleitwert ¨ Ableitungsbelag (Leitung) Gummel-Zahl Leistungsverst¨ arkung Betriebsleistungsverst¨ arkung W¨ armeleitwert Gesetzliche Zeit Hybridparameter
Seite 202 754 360 591 552 1275 1465 1460 1275 1249 92, 509 509 − − 1460 1472 316 1248 775 592 329 721 800 206 796 798 796 7 104 1301 105 1334 1373 633 785 785 788 785 511 102 410 765 20 68 169 1326 60
xvi Symbol
Bedeutung
H He Hv IBB IBC IBE ICE ICBO ICEO ICES IDE IDSP IDSS IDSS IDC Ie IEBO IEC IH Ihν IKF IO IP IS , IS Isc IT Iv IZ J J J0 Jdark Jn Jn Jp kB k kDA K Km KP , KP l(i) L L Le LD Ln
magnetische Feldst¨ arke Bestrahlung Spannungs¨ ubertragungsfaktor Basisstromanteil (Rekombination im Basisgebiet) Basisstromanteil (Injektion in Kollektor) Basisstromanteil (Injektion in Emitter) von VBE gesteuerter Transferstromanteil (qB = 1) Kollektorreststrom Kollektor-Emitter-Reststrom (IB = 0) Kollektor-Emitter-Reststrom (VBE = 0) Strom der idealen EB-Diode S¨ attigungstrom (JFET) Drainreststrom maximaler S¨ attigungsstrom (JFET) Strom der idealen BC-Diode Strahlst¨ arke Emitterreststrom von VBC gesteuerter Transferstromanteil (qB = 1) Haltestrom Fotostrom Kniestrom Offsetstrom (OPV) Abschn¨ urstrom (JFET) S¨ attigungsstrom (Diode,Schottky-Diode) Kurzschlußstrom (Solarzelle) Transferstrom Lichtst¨ arke Strom durch Z-Diode (Sperrpolung) Stromdichte magnetische Polarisation Austauschstromdichte Dunkelstromdichte Elektronenstromdichte Teilchenstromdichte (Elektronen) L¨ ocherstromdichte Boltzmann-Konstante k-Faktor, Gauge-Faktor Koeffizient der dielektrischen Absorption Fotometrisches Strahlungs¨ aquivalent Fotometrisches Strahlungs¨ aquivalent (Maximalwert) ¨ Ubertragungsleitwertparameter Kleinsignalinduktivit¨ at Kanall¨ ange (MOSFET) Induktivit¨ atsbelag (Leitung) Strahldichte Debye-L¨ ange √ Diffusionsl¨ ange f¨ ur Elektronen ( Dn τn )
Seite 357 1248 18 754 754 754 760 812 812 813 763 1219 1017 1219 763 1247 812 760 935 1283,1334 600 202 1217 602, 658 1328 755 1250 711 265 358 1475 1420 503,520 523 503, 520 − 1459 319 1252 1252 980 10 980 410 1248 529 595
xvii Symbol Lp Lαβ m∗n m∗p M, M M M MJC , MJC MJE , MJE Me Mn Mp Ms0 MAG MAG MTTF n n0 ni nie np np0 nn0 N NEP NA NA− NC Nd ND ND+ Nhν NV NF p p0 pn pn0 pp0 Pnv PQ Pv Pzul PSRR qB Q Q
Bedeutung
Seite
Diffusionsl¨ ange f¨ ur L¨ ocher ( Dp τp ) Induktivit¨ atskoeffizienten effektive Masse (Elektron) effektive Masse (Loch) Gradationsexponent der Diode Magnetisierung Gegeninduktivit¨ at Gradationsexponent der BC-Diode Gradationsexponent der EB-Diode spezifische Ausstrahlung Multiplikationsfaktor f¨ ur injizierte Elektronen Multiplikationsfaktor f¨ ur injizierte L¨ocher S¨ attigungsmagnetisierung maximal verf¨ ugbare Leistungsverst¨arkung maximale stabile Leistungsverst¨arkung mittlere Lebensdauer Elektronendichte Elektronendichte im Gleichgewicht Intrinsische Dichte effektive intrinsische Dichte Elektronendichte im p-Gebiet Elektronendichte im Gleichgewicht (p-Typ) Elektronendichte im Gleichgewicht (n-Typ) Emissionskoeffizient der Diode (SPICE) Rausch¨ aquivalenzleistung Akzeptordichte Dichte ionisierter Akzeptoren Effektive Zustandsdichte im Leitungsband Tagesnummer Donatordichte Dichte ionisierter Donatoren Photonenzahl Effektive Zustandsdichte im Valenzband Rauschmaß (Rauschzahl in dB) L¨ ocherdichte L¨ ocherdichte im Gleichgewicht L¨ ocherdichte im n-Gebiet L¨ ocherdichte im Gleichgewicht (n-Typ) L¨ ocherdichte im Gleichgewicht (p-Typ) verf¨ ugbare Rauschleistung Pyroelektrischer Ladungskoeffizient Pyroelektrischer Spannungskoeffizient zul¨ assige Verlustleistung Betriebsspannungsdurchgriff normierte Basisladung“ des BJT ” G¨ ute W¨ armestrom
596 361 482 482 620 358 361 913 913 1247 615 616 387 71 71 190 487 494 488 497 595 495 494 602 1274 494 494 487 1324 494 494 1373 487 104 487 487 494 495 494 95 1313 1313 173 203 759 38 533
xviii Symbol
Bedeutung
QC Qj QL Qn Qr , Qrr Qs QT QTB QTC QTE r r rbb r ri,i ri,v rs rth rZ rZ∗ R R RBB RCC RDSon REE RGopt RK Rn RS , RS Rth Rth,JC Rth,CA Rth,CK RL S S S Si Sp Sv S αβ t tc td tg tfr
G¨ ute (Kondensator) Sperrschichtladung G¨ ute (Spule) fl¨ achenspezifische Inversionsladung Sperrverz¨ ogerungsladung Nachlaufladung Diffusionsladung Diffusionsladung im Basisgebiet Diffusionsladung der BC-Diode Diffusionsladung der EB-Diode Kleinsignalwiderstand Reflexionskoeffizient (Optik) Kleinsignalbasisbahnwiderstand Reflexionsfaktor Strom-Reflexionskoeffizient (Eingang) Spannungs-Reflexionskoeffizient (Eingang) (Kleinsignal-)Bahnwiderstand (Diode) transienter W¨ armewiderstand Kleinsignalwiderstand der Z-Diode (T = const.) Kleinsignalwiderstand der Z-Diode (T = TA + Rth P ) Rekombinationsrate Widerstandsbelag (Leitung) Basisbahnwiderstand Kollektorbahnwiderstand Einschaltwiderstand (MOSFET) Emitterbahnwiderstand Quellwiderstand bei Rauschanpassung Kontaktwiderstand aquivalenter Rauschwiderstand ¨ (Großsignal-)Bahnwiderstand (Diode) W¨ armewiderstand W¨ armewiderstand zwischen Bauteil u. Geh¨ause W¨ armewiderstand zwischen Geh¨ause und Umgebung W¨ armekontaktwiderstand R¨ uckflußd¨ ampung (return loss) Gate voltage swing Empfindlichkeit (Fotodetektor) Ordnungsgrad Spektrum (Rauschstrom) Oberfl¨ achenrekombinaionsgeschwindigkeit (L¨ocher) Spektrum (Rauschspannung) Streuparameter Transmissionskoeffizient Schonzeit (Thyristor) Verz¨ ogerungszeit (Laufzeit) Gruppenlaufzeit Vorw¨ artserholzeit (Diode)
Seite 325 620 367 668 692,953 692 626 756 794 794 8 1254 787 417 72 71 633 175 711 713 511 410 763 763 980 763 106 578 102 603 169 177 177 179 418 1017 1274 1404 87 596 87 73 1254 951 21 18 682
xix Symbol
Bedeutung
tgd tgr tgs tgt tPDH tPDL tq tr tϕ tan δ tan δL tan δKe TC TK TS TT , T U u ¨ vg vgr vn vnsat vph vp V V0 VAF VBF0 VBR VBR VBRCBO VBRCEO VBREBO VDsat VDSP VDSS VFB Vg0 VH VH VJ , VJ VN VO VP VS VT VTH
Z¨ undverzugszeit (Thyristor) Durchschaltzeit (Thyristor) Z¨ undausbreitungszeit (Thyristor) Z¨ undzeit (Thyristor) Anstiegsverz¨ ogerungszeit Abfallverz¨ ogerungszeit Freiwerdezeit (Thyristor) Anstiegszeit Phasenlaufzeit Verlustzahl (Dielektrikum) Verlustfaktor (Spule) Verlustfaktor (Kern mit Luftspalt)) Curie-Temperatur Kl¨ artemperatur Schmelztemperatur Transitzeit (Diode) Unilaterale Leistungsverst¨ arkung ¨ Ubertrgungsverh¨ altnis Gruppengeschwindigkeit Gruppengeschwindigkeit Driftgeschwindigkeit (Elektronen) S¨ attigungsgeschwindigkeit (Elektronen) Phasengeschwindigkeit Driftgeschwindigkeit (L¨ ocher) ¨ Spannungsabfall am pn-Ubergang Leerlaufspannung (Batterie) (Vorw¨ arts-)Early-Spannung Nullkippspannung Durchbruchspannung (Diode) R¨ uckw¨ artsdurchbruchspannung (Thyristor) Durchbruchspannung der BC-Diode Kollektor-Emitter-Grenzspannung (offene Basis) Durchbruchspannung der EB-Diode S¨ attigungsspannung (MOSFET) S¨ attigungsspannung (JFET) maximale S¨ attigungsspannung (JFET) Flachbandspannung Bandabstandsspannung (Extrapolation zu T = 0) Hall-Spannung Haltespannung Diffusionsspannung (Diode, Schottky-Diode) Nennspannung Eingangsoffsetspannung (OPV) Abschn¨ urspannung Entladeschlußspannung Temperaturspannung (kB T /e) Einsatzspannung (MOSFET, beliebiges VSB )
Seite 946 946 947 946 859 858 951 21 18 316 367 371 390 1403 1403 626 69 401 1245 413 502 502 1242 502 603 1476 761 934 613 934 813 816 813 981 1219 1219 665 489 534 935 590, 655 1476 202 1006 1476 8 987
xx Symbol
Bedeutung
Seite
VTO , VTO VTO VV VSWR WBn WC WF WFi WFn WFp Wg Whν WV Wχ WOZ xn xp XTI y αβ Y Yγ z αβ Z Z0 ZC Zi Zo ZV
Einsatzspannung (MOSFET mit VSB = 0) Abschn¨ urspannung (JFET) Varistorspannung (I = 1 mA) Stehwellenverh¨ altnis Barrierenh¨ ohe des Schottky-Kontakts (n-Typ) Leitungsbandkante Fermi-Energie Fermi-Energie im undotierten Halbleiter Fermi-Energie (n-Gebiet) Fermi-Energie (p-Gebiet) Energiel¨ ucke Energie eines Photons Valenzbandkante Elektronenaffinit¨ at Wahe Ortszeit n-seitiger Sperrschichtrand p-seitiger Sperrschichtrand Temperaturexponent des S¨attigungsstroms IS Leitwertparameter Admittanz Korrelationsadmittanz Widerstandsparameter Impedanz Wellenwiderstand Zustandsdichte (Leitungsband) Eingangsimpedanz Ausgangsimpedanz Zustandsdichte (Valenzband)
669 1217 307 418 656 477 487 488 497 497 477 1242 477 477 1326 591 591 607 55 13 13 62 13 412 489 65 65 490
Griechische Buchstaben: Symbol
Bedeutung
Seite
α α α αn , αp αSn , αSp αT αV αW αX αX2 αZ β
Absorptionskoeffizient Absorptionsgrad D¨ ampfungskonstante /Leitung) Ionisationskoeffizienten Seebeck-Koeffizienten Basistransportfaktor Spannungskoeffizient Weißsche Wechselwirkungskonstante Temperaturkoeffizient der Gr¨oße X quadratischer Temperaturkoeffizient der Gr¨oße X Temperaturkoeffizient der Z-Spannung NF-Kleinsignalstromverst¨ arkung (∂IC /∂IB )VCE
1259 1272 412 516 532 757 277 389 168 168 712 790
xxi Symbol
Bedeutung
Seite
β β βn γ γ, GAMMA γ γ γth δ δ δ ∆Wgapp 0 r ηd ηe ηv ηQ ηQ ηQ ϑA ΘA κ λ λ, LAMBDA λG µ0 µe µi µ ˜i µn µr µp µ∆ µrev ν Π ρ ρC σ σ σ σ σS τB
Phasenkonstante (Leitung) Stromindex (Varistor) ¨ Ubertragungsleitwertfaktor (n-Kanal MOSFET) Zenitdistanz Substratsteuerungsfaktor Spannungsindex (Varistor) Ausbreitungskonstante (Leitung) 411 spezifischer W¨ armekontaktwiderstand Deklination Eindringtiefe, Leitschichtdicke Verlustwinkel (Dielektrikum) Scheinbares bandgap narrowing Emissionsgrad relative L¨ angen¨ anderung Influenzkonstante (= 8.859 · 10−14 F/cm) Dielektrizit¨ atszahl differentielle Quantenausbeute Strahlungsausbeute Lichtausbeute Quantenwirkungsgrad (Solarzelle) Quantenausbeute (LED) Quantenwirkungsgrad Umgebungstemperatur in ◦ C Akzeptanzwinkel (Multimodefaser) Modulationssteilheit Ausfallrate Kanall¨ angenmodulationsparameter (SPICE) Grenzwellenl¨ ange Induktionskonstante (4 π nH/cm) effektive Permeabilit¨ at chemisches Potential elektrochemisches Potential Elektronenbeweglichkeit Permeabilit¨ atszahl L¨ ocherbeweglichkeit ¨ Uberlagerungspermeabilit¨ at reversible Permeabilit¨ at Frequenz (Photonen) Peltier-Koeffizient spezifischer Widerstand spezifischer Kontaktwiderstand mechanische Spannung spezifische Leitf¨ ahigkeit spezifische Leitf¨ ahigkeit (Halbleiter) Parameter f¨ ur DIBL-Effekt Stefan-Boltzmann-Konstante Basistransitzeit
412 307 982 1325 669 306 179 1324 267 315 498 1271 1460 315 315 1375 1248 1252 1328 1358 1284 169 1265 1362 189 990 1260 357 371 1473 1473 502 357 502 359 359 1242 183 265 660 1460 265 503 1031 1271 757
xxii Symbol
Bedeutung
Seite
τf τcn τis τhν τK τn τp τr τth τ ϕ φ φn φp Φ Φe Φv ψ ψ ψs Ω
Vorw¨ artstransitzeit Streuzeit (Elektronen) Selbstentladezeitkonstante Photonenlebensdauer Transitzeit (MOSFET) Lebensdauer f¨ ur Elektronen Lebensdauer f¨ ur L¨ ocher R¨ uckw¨ artstransitzeit thermische Zeitkonstante Dielektrische Relaxationszeit Stundenwinkel Fluß (magnetischer) Quasi-Fermipotential (Elektronen) Quasi-Fermipotential (L¨ocher) Oberfl¨ achenpotential bei starker Inversion Strahlungsleistung Lichtstrom Elektrostatisches Potential Azimut Oberfl¨ achenpotential Raumwinkel
794 502 324 1374 980 512 512 795 170 528 1325 10 531 531 987 1247 1251 527 1325 665 1246
Inhaltsverzeichnis
1.
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Elektrische Netzwerke, CAD-Werkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Ideale Netzwerkelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Widerst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Kapazit¨ aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Induktivit¨ aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Unabh¨ angige Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.5 Gesteuerte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Lineare Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Impedanzen, Admittanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Darstellung in Frequenz- und Zeitbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 1.3.3 Ubertragungsfaktor ...................................... 1.3.4 Der RC-Tiefpaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.5 Der RC-Hochpaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.6 RC-Bandpass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.7 Der LRC-Reihenschwingkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Nichtlineare Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Harmonische, Kompressionspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Intermodulation, Mischprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 5 6 9 10 11 11 12 12 15 18 23 30 35 38 45 45 47 50
2.
Aktive Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Transistoren als Verst¨ arker und Schalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Kleinsignalanalyse, Vierpolkenngr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Leitwertparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Die Wahl des Bezugspunkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Hybridparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Vierpoldarstellungen und Ersatzschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Kenngr¨ oßen beschalteter Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 2.3.1 Eingangsimpedanz, Ausgangsimpedanz, Ubertragungsfaktoren 2.3.2 Leistungsverst¨ arkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Stabili¨ at, MAG, MSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Reflexionskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 S-Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Verst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Gegenkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Mitkopplung, Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51 51 54 54 58 60 60 64 65 68 70 71 73 75 76 83 84
xxiv
Inhaltsverzeichnis
3.
Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.1.1 Autokorrelation, Wiener-Khintchine-Relation . . . . . . . . . . . . . . . 86 3.1.2 Rauschquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3.1.3 Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3.2 Rauschmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3.2.1 Schrotrauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.2.2 Thermisches Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3.2.3 1/f-Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3.3 Analyse rauschender Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3.4 Rauschende lineare Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 ¨ 3.4.1 Aquivalente Rauschbandbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3.4.2 Signal-Rausch-Verh¨ altnis, Rauschzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3.5 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
4.
SPICE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4.1 Steuerdatei, Netzliste, Modellanweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4.1.1 Die Netzliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4.1.2 Die .MODEL-Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4.1.3 Die .SUBCKT-Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4.2 Ergebnisausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4.2.1 Die .OUT-Datei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4.2.2 PROBE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4.3 Erste Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 4.3.1 Kennlinien, .DC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 4.3.2 Frequenzg¨ ange, .AC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.3.3 Einschwingvorg¨ ange, .TRAN-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4.4 Steuerbefehle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4.4.1 Gleichstromanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.4.2 Transientenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4.4.3 Frequenzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.4.4 Weitere Steueranweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 4.5 Unabh¨ angige Quellen V, I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4.5.1 Gleichquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.5.2 Wechselquellen (AC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.5.3 Zeitabh¨ angige Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.6 Gesteuerte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4.6.1 Lineare gesteuerte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4.6.2 Rauschquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 4.6.3 Nichtlineare gesteuerte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4.6.4 Analog Behavioral Modeling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4.7 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Inhaltsverzeichnis
xxv
5.
Praktischer Schaltungsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5.1 Leiterplatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 5.1.1 Substratmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 5.1.2 Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 5.1.3 Bedrahtete und oberfl¨ achenmontierte Bauteile (SMD) . . . . . . . . 157 5.1.4 Einlagen- und Mehrlagenleiterplatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 5.1.5 Layout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 5.1.6 Montage der Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.2 Hybridschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5.3 Verlustleistung und Eigenerw¨ armung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 5.3.1 Temperaturabh¨ angigkeit von Bauteilkenngr¨oßen . . . . . . . . . . . . . 168 5.3.2 W¨ armewiderstand, thermische Zeitkonstante . . . . . . . . . . . . . . . . 169 5.3.3 Thermische Ersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 5.3.4 Zul¨ assige Verlustleistung und W¨armeabfuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 5.3.5 W¨ armeabtransport, K¨ uhlk¨ orper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 5.3.6 Peltier-K¨ uhler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 5.4 Qualit¨at und Zuverl¨ assigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 5.4.1 Ausfallstatistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 5.4.2 Thermischer Streß, Arrhenius-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 5.4.3 Elektrostatische Entladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 5.5 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
6.
Operationsverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 6.1 Prinzipien, Kenndaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 6.1.1 NF-Kenngr¨ oßen, NF-Ersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 6.1.2 Frequenzverhalten und Kleinsignalmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 6.1.3 Kenngr¨ oßen f¨ ur transienten Großsignalbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . 208 6.1.4 Ausf¨ uhrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 6.2 Lineare Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 6.2.1 Der invertierende Verst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 6.2.2 Der nichtinvertierende Verst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6.2.3 Der Subtrahierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 6.2.4 Der Addierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 6.2.5 Der Integrierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 6.2.6 Der Differenzierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 6.2.7 Der Logarithmierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 6.2.8 Strom-Spannungs-Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 6.2.9 Negative Widerst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 6.2.10 Gesteuerte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 6.2.11 Gyrator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 6.2.12 Aktive Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 6.3 R¨ uckkopplung und Stabilit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 6.3.1 Gegenkopplung, Stabilit¨ atsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 6.3.2 Frequenzgangkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 6.4 Rauschen von Operationsverst¨ arkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 6.4.1 Rauschersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 6.4.2 Rauschen des nichtinvertierenden Verst¨arkers . . . . . . . . . . . . . . . 253 6.5 Makromodelle f¨ ur die Schaltungssimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 6.6 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
xxvi
Inhaltsverzeichnis
7.
Widerst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 7.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 7.2 Ohmsche Widerst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 7.2.1 Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung realer Widerst¨ande . . . . . . . . . 269 7.2.2 Drahtwiderst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 7.2.3 Massewiderst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 7.2.4 Schichtwiderst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 7.2.5 Potentiometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 7.2.6 Modellierung ohmscher Widerst¨ande in SPICE . . . . . . . . . . . . . . 285 7.3 Heißleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 7.4 Keramische Kaltleiter (PTC-Widerst¨ande) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 7.5 PPTC-Widerst¨ ande (Poly Switch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 7.6 Sicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 7.6.1 Feinsicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 ¨ 7.6.2 Uberlastschutz mit keramischen Kaltleitern . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 7.7 Varistoren (VDR-Widerst¨ ande) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 ¨ 7.8 Edelgasgef¨ ullte Uberspannungsableiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 7.9 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
8.
Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 8.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 8.1.1 Polarisationsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 8.1.2 Ionenleitung, Durchschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 8.1.3 Dielektrische Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 8.1.4 Ferroelektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 8.2 Bauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 8.3 Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung des realen Kondensators . . . . . . . . . . 324 8.3.1 Kenndaten, Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 8.3.2 Grenzspannungen, Pulsbelastbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 8.3.3 Parallelersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 8.3.4 Serienersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 8.3.5 Parallel- und Reihenschaltung von Kondensatoren . . . . . . . . . . . 331 8.3.6 Modellierung von Kapazit¨ aten in SPICE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 8.3.7 Anwendung: St¨ utz- und Abblockkondensatoren . . . . . . . . . . . . . . 334 8.3.8 Zuverl¨ assigkeit von Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 8.4 Ausf¨ uhrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 8.4.1 Metallpapierkondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 8.4.2 Folienkondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 8.4.3 Keramikkondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 8.4.4 Glimmerkondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 8.4.5 Elektrolytkondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 8.4.6 Doppelschichtkondensatoren, Ultracaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 8.5 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
Inhaltsverzeichnis 9.
xxvii
¨ Spulen und Ubertrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 9.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 9.2 Induktionskoeffizienten ausgew¨ ahlter Leiterformen . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 9.3 Definition von Induktivit¨ aten in SPICE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 9.4 Spulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 9.4.1 Ersatzschaltung und elektrisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 9.4.2 Drahtwiderstand, Kupferverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 9.4.3 Kernverlustwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 9.4.4 Effektive Permeabilit¨ at, Luftspalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 9.4.5 Wicklungskapazit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 9.4.6 Spuleng¨ ute, Verlustfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 9.4.7 Temperaturkoeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 9.4.8 Kernformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 9.5 D¨ ampfungsperlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 9.6 Vormagnetisierung, Drosselspulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 9.7 Eigenschaften und Modellierung ferro- und ferrimagnetischer Kernmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 9.7.1 Ferromagnetismus und Ferrimagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 9.7.2 Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 9.7.3 Beschreibung von Spulen mit Kern in PSPICE . . . . . . . . . . . . . . 391 9.7.4 Kernverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 ¨ 9.8 Transformatoren und Ubertrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 ¨ 9.8.1 Der verlustlose Ubertrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 9.8.2 Unvollst¨ andige Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 ¨ 9.8.3 Ubertragungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 9.8.4 Leistungs¨ ubertrager, Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 9.8.5 Beschreibung gekoppelter Spulen in SPICE . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 9.9 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408
10. Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 10.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 10.1.1 Leitungsgleichungen, Telegraphengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 10.1.2 Leitungswellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 10.1.3 Pulse auf Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 10.1.4 Kurze Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 10.1.5 Verlustlose Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 10.1.6 Leitung mit geringen Verlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 10.2 Leitung mit Beschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 10.2.1 Reflexionsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 10.2.2 Schaltvorg¨ ange auf verlustlosen Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 10.2.3 Eingangsimpedanz, Widerstandstransformation . . . . . . . . . . . . . 421 10.2.4 Spannungs¨ ubertragungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 10.2.5 RC-Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 10.3 Modellierung der Leitung in SPICE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 10.4 Leitungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
xxviii
Inhaltsverzeichnis
10.4.1 Zweidrahtleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 10.4.2 Koaxialkabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 10.4.3 Streifenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 10.4.4 Geschirmte Leitungen, Triaxialkabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 10.5 Verkoppelte Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 10.5.1 Ersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 10.5.2 Simulation verkoppelter Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 10.5.3 Wellen in zwei gekoppelten Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 10.6 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 11. Resonatoren und Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 11.1 Resonatoren und Filter mit RLC-Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 11.2 Leitungsresonatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 11.3 Schwingquarze und Quarzfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 11.3.1 Der piezoelektrische Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 11.3.2 Schwingquarze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 11.3.3 Quarzfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 11.4 Oberfl¨ achenwellenbauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 11.5 Dielektrische Resonatoren und Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 11.6 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 12. Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 12.1 Halbleitermaterialien, Leitungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 12.2 Grundelemente des B¨ andermodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 12.2.1 Energieb¨ ander, Bandschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 12.2.2 Zur Bandstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 12.2.3 Bloch-Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 12.3 Halbleiter im thermischen Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 12.3.1 Massenwirkungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 12.3.2 Zustandsdichte und Besetzungswahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . 489 12.3.3 Dotierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 12.3.4 Ladungstr¨ agerdichten im dotierten Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . 494 12.3.5 Lage der Fermi-Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 12.3.6 Stark dotierte Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 12.4 Halbleiter im Nichtgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 12.4.1 Driftstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 12.4.2 Diffusionsstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 12.4.3 Generation und Rekombination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 12.4.4 Grundgleichungen der Drift-Diffusions-Theorie . . . . . . . . . . . . . . 520 12.4.5 Abschirmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 12.4.6 Quasi-Fermipotentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 12.4.7 Thermoelektrische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 12.4.8 Galvanomagnetische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 12.4.9 Piezoresistiver Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 12.5 Eigenschaften ausgew¨ ahlter Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538
Inhaltsverzeichnis
xxix
12.5.1 Germanium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 12.5.2 Silizium-Germanium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 12.5.3 Siliziumkarbid (SiC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 12.5.4 III-V-Verbindungshalbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 12.6 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 13. Herstellung von Halbleiterbauelementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 13.1 Herstellung von Silizium-Einkristallen, Wafer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 13.2 Thermische Oxidation von Silizium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 13.3 Schichtabscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 13.3.1 Abscheidung isolierender Schichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 13.3.2 Abscheiden von Siliziumschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 13.4 Dotierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 13.4.1 St¨ orstellendiffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 13.4.2 Ionenimplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 13.5 Struktur¨ ubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 13.5.1 Belichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 ¨ 13.5.2 Atztechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 13.6 Metallisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568 13.7 Layout, Design Rules . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 13.8 Integration passiver Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 13.8.1 Widerst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 13.8.2 Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 13.8.3 Integrierte Induktivit¨ aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 13.9 Kontaktierung und Packaging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 13.9.1 Kontaktierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 13.9.2 Geh¨ ause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 13.10Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 14. Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 ¨ 14.1 PN-Ubergang: Gleichbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 14.1.1 Thermisches Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 14.1.2 Flußpolung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 14.1.3 Diodenkennlinie, Parameterbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602 14.1.4 Arbeitspunkt bei Spannungssteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 14.1.5 Temperaturabh¨ angigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 14.1.6 Sperrpolung, Durchbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611 ¨ 14.1.7 Low–High Uberg¨ ange, Epitaxialdioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617 ¨ 14.2 PN-Uberg¨ ange: Speicherladungen, Schaltverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 14.2.1 Sperrschichtkapazit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 14.2.2 Minorit¨ atsspeicherladung, Diffusionskapazit¨at . . . . . . . . . . . . . . . 625 14.2.3 Schaltverhalten, Ladungssteuerungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 ¨ 14.3 PN-Uberg¨ ange: Kleinsignalmodell und Rauschverhalten . . . . . . . . . . . . 632 14.3.1 Quasistatische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 14.3.2 HF-Diodenleitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
xxx
Inhaltsverzeichnis 14.3.3 Rauschen der pn-Diode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 14.4 Großsignalmodell der pn-Diode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 14.4.1 Ersatzschaltung und Modellanweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 14.4.2 Modellgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642 14.4.3 Modellgenauigkeit und Bauteiltoleranzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 14.5 Hetero¨ uberg¨ ange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648 14.5.1 Thermisches Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 14.5.2 Flußpolung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 14.5.3 Sperrschichtkapazit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 14.6 Metall-Halbleiter-Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 14.6.1 Schottky-Kontakte im thermischen Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . 654 14.6.2 Fluß- und Sperrpolung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 14.6.3 Niederohmige Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 14.6.4 Peltier-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 14.7 MOS-Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 14.7.1 Thermisches Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664 14.7.2 Akkumulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666 14.7.3 Inversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667 14.7.4 Tiefe Verarmung (Deep Depletion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673 14.7.5 Die Kapazit¨ at des MOS-Kondensators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674 14.7.6 Stromfluß durch das Gateoxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675 14.8 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677
15. Halbleiterdioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679 15.1 Gleichrichterdioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679 15.1.1 Aufbau und elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679 15.1.2 Kenndaten, Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681 15.1.3 Parallel- und Reihenschaltung von Gleichrichterdioden . . . . . . . 683 15.1.4 Einweggleichrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685 15.1.5 Zweipulsige Br¨ uckenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688 15.1.6 Spannungsvervielfacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689 15.1.7 Spannungsbegrenzung, Freilaufdioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 690 15.1.8 Schalten induktiver Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691 15.2 PIN-Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692 15.2.1 Lange PIN-Dioden, Leistungsgleichrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693 15.2.2 Kurze PIN-Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699 15.3 Schottky-Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705 15.3.1 Ersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705 15.3.2 Schottky-Dioden f¨ ur kleine Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707 15.3.3 Schottky-Dioden f¨ ur große Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 708 15.4 Z-Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 710 15.4.1 Kenngr¨ oßen, Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 710 15.4.2 Spannungsstabilisierung, Spannungsreferenz . . . . . . . . . . . . . . . . 715 ¨ 15.4.3 Uberspannungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 717 15.5 Varaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 719
Inhaltsverzeichnis
15.6
15.7
15.8 15.9
xxxi
15.5.1 Kapazit¨ atsdioden, Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 719 15.5.2 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724 15.5.3 Speichervaraktoren, Step-recovery-Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 Tunneldioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 728 15.6.1 Kennlinie der Esaki-Diode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 728 15.6.2 Kleinsignalbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 730 15.6.3 Oszillatoren mit Tunneldioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 731 15.6.4 Resonante Tunneldioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733 Laufzeitdioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735 15.7.1 IMPATT-Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735 15.7.2 BARITT-Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739 Gunn-Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 741 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 745
16. Bipolartransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 747 16.1 Einf¨ uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 747 16.2 Großsignalbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 754 16.2.1 Transferstrom, Basistransitzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 16.2.2 Stromverst¨ arkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 758 16.2.3 Elementares Großsignalmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759 16.2.4 Die Gummel’sche Transferstrom-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . 764 16.2.5 SPICE-Modellanweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 767 16.2.6 Kennlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 767 16.2.7 Das Ebers-Moll-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774 16.2.8 Temperaturabh¨ angigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775 16.2.9 Hochinjektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778 16.3 Kleinsignalbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 785 16.3.1 Das elementare Kleinsignalmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 785 16.3.2 NF-Hybridparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 16.3.3 T-Ersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 792 16.3.4 Transistorkapazit¨ aten und Grenzfrequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 16.4 Rauschverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 16.4.1 Effektive Rauschquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807 16.4.2 Rauschzahl, Rauschanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 811 16.5 Sperrverhalten, Grenzdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 16.5.1 Reststr¨ ome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 16.5.2 Grenzspannungen, Durchbr¨ uche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813 16.5.3 Der sichere Arbeitsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 16.6 Heterostruktur-Bipolartransistoren (HBTs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 819 16.7 Einzeltransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826 16.8 Integrierte Bipolartransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 831 16.8.1 Isolation der Kollektorbahngebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 832 16.8.2 Herstellung von Emitter- und Basisbahngebiet . . . . . . . . . . . . . . 834 16.9 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 842
xxxii
Inhaltsverzeichnis
17. Grundschaltungen mit Bipolartransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 845 17.1 Emitterschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 845 17.1.1 Arbeitspunkt, Verlustleistung, Gegenkopplung . . . . . . . . . . . . . . 845 17.1.2 Verlustleistung und Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 850 17.1.3 Frequenzgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 851 17.1.4 Schaltbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855 17.1.5 Verzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 863 17.1.6 Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 17.1.7 Darlington-Schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868 17.2 Kollektorschaltung (Emitterfolger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 870 ¨ 17.2.1 Ubertragungsfaktor, Ein- und Ausgangswiderstand . . . . . . . . . . 871 17.2.2 Frequenzgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 872 17.2.3 Komplement¨ are Endstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 876 17.3 Basisschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 878 17.3.1 Kaskode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 879 17.4 Diodenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 880 17.5 Stromquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 882 17.5.1 Einfache Stromspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 883 17.5.2 Wilson-Stromspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 885 17.5.3 Aktive Last . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 886 17.6 Differenzverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 888 ¨ 17.6.1 Ubertragungskennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 888 17.6.2 Differenz- und Gleichtaktverst¨arkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891 17.6.3 Analog-Multiplizierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 893 17.6.4 Schmitt-Trigger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 895 17.7 Bandabstandsreferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 897 17.8 Digitalschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 899 17.8.1 TTL-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 899 17.8.2 Emitter-Coupled Logic (ECL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 901 17.9 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 908 18. CAD-Modelle f¨ ur Bipolartransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909 18.1 Gummel-Poon Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909 18.1.1 Ersatzschaltung und Modellanweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909 18.1.2 Transferstrom, Gummel-Poon-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914 18.1.3 Stromverst¨ arkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916 18.1.4 Temperaturabh¨ angigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 918 18.1.5 Bahnwiderst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919 18.1.6 Parameterbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 924 18.2 Komplexere Modelle f¨ ur integrierte Bipolartransistoren . . . . . . . . . . . . . 928 18.3 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 932
Inhaltsverzeichnis
xxxiii
19. Thyristoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933 19.1 R¨ uckw¨ artssperrende Thyristoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 934 19.1.1 Aufbau und Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935 19.1.2 Herstellung von Thyristoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 938 19.1.3 Spannungs- und Stromgrenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 940 19.1.4 Sperrverm¨ ogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 941 19.1.5 Z¨ unden des Thyristors, Durchlaßzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 944 19.1.6 L¨ oschen des Thyristors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 950 19.1.7 Parallel- und Reihenschaltung von Thyristoren . . . . . . . . . . . . . . 954 19.1.8 Phasenanschnittsteuerung mit Thyristoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 955 19.2 Sonderformen des Thyristors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 956 19.2.1 Asymmetrisch sperrende Thyristoren, RCTs . . . . . . . . . . . . . . . . 956 19.2.2 Gate Turn-Off Thyristoren (GTO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 957 ¨ 19.2.3 Uberspannungsschutz mit Thyristoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 19.3 Modellierung von Thyristoren in PSPICE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960 19.4 DIACs und TRIACs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965 19.4.1 DIACs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965 19.4.2 TRIACs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 966 19.5 Unijunctiontransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 969 19.6 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972 20. MOS-Feldeffekttransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973 20.1 Einf¨ uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973 20.1.1 MOSFET-Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 974 20.1.2 Gegen¨ uberstellung von Bipolartransistor und MOSFET . . . . . . 976 20.2 Der MOSFET in einfachster N¨ aherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 978 20.2.1 Drainstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 979 20.2.2 Geschwindigkeitss¨ attigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984 20.2.3 Substratsteuereffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 987 20.2.4 Kennlinien im LEVEL1-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989 20.2.5 NF-Kleinsignalbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 992 20.2.6 Transistorkapazit¨ aten, Transitfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993 20.2.7 Der n-Kanal-MOSFET als Schalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995 20.2.8 P-Kanal-MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999 20.2.9 Temperaturverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1002 20.3 Kanalimplantation, Buried-channel-MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1004 20.3.1 Einstellen der Einsatzspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1004 20.3.2 Buried-channel-MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1005 20.4 Mehr zur Physik des MOSFET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009 20.4.1 Die Charge-sheet N¨ aherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009 20.4.2 Langkanal-MOSFETs, Gradual-channel N¨aherung . . . . . . . . . . . 1011 20.5 Elektrisches Verhalten von Kurzkanal-MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1020 20.5.1 Einsatzspannung, Kurzkanaleffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1020 20.5.2 Kanall¨ angenmodulation, Ausgangsleitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022 20.5.3 Bahnwiderst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022
xxxiv
Inhaltsverzeichnis
20.5.4 Gate Leakage, TDDB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1023 20.5.5 Source-Drain-Durchbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1025 20.5.6 Gate-Induced Drain Leakage (GIDL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1028 20.5.7 Unterschwellstr¨ ome, Drainreststrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1029 20.6 Kleinsignalbeschreibung des MOSFET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1032 20.6.1 Kleinsignalersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1032 20.6.2 Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1037 20.7 MOSFETs in integrierten Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1040 20.7.1 Herstellung integrierter CMOS-Bausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1040 20.7.2 Latchup . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1044 20.7.3 Die Idee der Skalierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1046 20.7.4 Degradation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1049 20.7.5 LDD-MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1051 20.7.6 Gatedielektrikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1053 20.7.7 Dotierstoffverteilung, Kurzkanaleffekte, Piezowiderstandseffekt 1054 20.7.8 SOI-MOSFETs, FinFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056 20.8 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1060 21. Grundschaltungen mit MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063 21.1 Grundschaltungen mit n-Kanal MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063 21.1.1 Sourceschaltung und nMOS-Inverter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063 21.1.2 Drainschaltung (Sourcefolger) mit n-Kanal-MOSFET . . . . . . . . 1068 21.2 Statische CMOS-Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1071 21.2.1 Der CMOS-Inverter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1071 21.2.2 Logische Verkn¨ upfungen in CMOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1080 21.2.3 Transfergate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083 21.2.4 Pseudo-nMOS-Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1087 21.2.5 Tristate-Treiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1089 21.2.6 Treiben großer kapazitiver Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1090 21.2.7 Flipflops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1091 21.2.8 Schmitt-Trigger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1094 21.3 Current-Mode Logik (MCML) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096 21.4 Dynamische CMOS-Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1098 21.5 Stub-Series-Terminated Logic (SSTL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1100 21.6 ESD-Schutzschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1101 21.7 Analogschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1102 21.7.1 Konstantstromquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1102 21.7.2 Stromspiegel, Konstantstromquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1103 21.7.3 Steuerbarer Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1105 21.7.4 Differenzverst¨ arker mit Stromspiegellast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1106 21.8 BiCMOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1111 21.9 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1113
Inhaltsverzeichnis
xxxv
22. Speicherbausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1115 22.1 SRAMs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1118 22.1.1 Single-port-SRAMs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1118 22.1.2 Schreib-Lese-Schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1121 22.1.3 Dual-port-SRAMs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1122 22.1.4 CAM, Assoziativspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1122 22.2 DRAMs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1124 22.2.1 Wortleitungstreiber (Boost-Schaltung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1125 22.2.2 Dynamischer Leseverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1128 22.2.3 Alpha-Teilchen, St¨ orsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1130 22.2.4 Zur Technologie von DRAM-Bausteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1131 22.2.5 Refresh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1135 22.2.6 Adressierung, Zugriffszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1136 22.2.7 Maßnahmen zur Verbesserung der Zugriffszeit . . . . . . . . . . . . . . . 1137 22.3 ROM, PROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1138 22.4 EPROMs, EEPROMs, Flash-Memory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1140 22.4.1 MOSFETs mit Floating Gate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143 22.4.2 EPROMs, EEPROMs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1145 22.4.3 Flash-EPROMs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1147 22.4.4 Zur Schaltungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1148 22.5 Alternative Speicherkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1151 22.5.1 FRAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1152 22.5.2 MRAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1155 22.5.3 PRAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1156 22.6 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1158 23. MOS-Leistungsbauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1161 23.1 Vertikale Leistungs-MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1162 23.1.1 Bauformen Vertikaler Leistungs-MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . 1162 23.1.2 Einschaltwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1165 23.1.3 Kompensationsbauelemente, CoolMOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1167 23.1.4 Eigenschaften, Kenndaten, Anwendungshinweise . . . . . . . . . . . . . 1170 23.1.5 Schaltbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1171 23.2 Laterale DMOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1178 23.3 IGBTs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1180 23.4 MOS-gesteuerte Thyristoren (MCTs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1186 23.5 Integration, Smart-Power ICs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1187 23.5.1 Hochvolt-CMOS-Prozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1187 23.5.2 BCDMOS-Prozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1188 23.5.3 SOI-Technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1189 23.6 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1189
xxxvi
Inhaltsverzeichnis
24. CAD-Modelle f¨ ur MOSFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1191 24.1 Einf¨ uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1191 24.2 LEVEL 1 - Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1193 24.3 LEVEL 3 - Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1197 24.3.1 Einsatzspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1198 24.3.2 Effektive Beweglichkeit, S¨ attigungsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . 1201 24.3.3 S¨ attigungsspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1203 24.3.4 Kanall¨ angenmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1203 24.3.5 Subthresholdstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1204 24.3.6 Transistorkapazit¨ aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1205 24.4 Weiterentwickelte MOS-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1209 24.4.1 Die BSIM-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1209 24.4.2 Charge-sheet Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1210 24.5 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1214 25. Sperrschichtfeldeffekttransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1215 25.1 Sperrschichtfeldeffekttransistoren (JFETs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1215 25.1.1 Kennlinien des JFET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1216 25.1.2 Großsignalmodell, Beschreibung in SPICE . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1221 25.1.3 Kleinsignalbeschreibung des JFET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1224 25.1.4 Verst¨ arkerstufe mit n-Kanal-JFET in Sourceschaltung . . . . . . . 1226 25.2 GaAs-MESFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1229 25.2.1 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1231 25.2.2 Dual-Gate-MESFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1233 25.2.3 SPICE-Modelle f¨ ur MESFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1233 25.3 MODFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1236 25.4 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1240 26. Grundlagen Optoelektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1241 26.1 Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1241 26.1.1 Photonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1242 26.1.2 Gruppengeschwindigkeit, Materialdispersion . . . . . . . . . . . . . . . . 1244 26.2 Strahlungsgr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1246 26.2.1 Radiometrische Strahlungsgr¨oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1247 26.2.2 Fotometrische Strahlungsgr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1249 26.2.3 Das fotometrische Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1253 26.2.4 Brechung und Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1254 26.3 Farbsehen und Farbmetrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1256 26.4 Absorption und D¨ ampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1259 26.5 Lichtwellenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1261 26.5.1 D¨ ampfung in Glasfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1262 26.5.2 Bandbreite-L¨ ange-Produkt von Lichtwellenleitern . . . . . . . . . . . . 1263 26.5.3 Multimodefaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1265 26.5.4 Gradientenfaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1267 26.5.5 Monomodefaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1268 26.6 W¨ armestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1270 26.7 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1272
Inhaltsverzeichnis
xxxvii
27. Detektoren f¨ ur optische Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1273 27.1 Kenngr¨ oßen f¨ ur Fotodetektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1273 27.2 Fotowiderst¨ ande (LDR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1275 27.2.1 Mechanismen der Fotoleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1275 27.2.2 Leitwert und Empfindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1276 27.2.3 Ansprechgeschwindigkeit und Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1278 27.2.4 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1279 27.3 pin-Fotodioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1283 27.3.1 Strom-Spannungs-Kennlinie und Empfindlichkeit . . . . . . . . . . . . 1283 27.3.2 Fotometrische Strahlungsmessung mit pin-Diode . . . . . . . . . . . . 1286 27.3.3 Beitr¨ age zum Fotostrom, Quantenwirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . 1288 27.3.4 Ersatzschaltung der pin-Diode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1289 27.3.5 Ansprechgeschwindigkeit, Grenzfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1290 27.3.6 Realisierung von pin-Fotodioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1292 27.3.7 Rauschen von pin-Fotodioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1293 27.3.8 Unitravelling-carrier Fotodioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1298 27.4 Avalanche-Fotodioden (APDs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1299 27.5 Schottky-Fotodioden, MSM-Fotodioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1303 27.6 Fotodioden mit lateraler Ortsaufl¨ osung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1304 27.7 Fototransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1306 27.7.1 Frequenzverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1308 27.7.2 Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1311 27.7.3 Heterostruktur-Fototransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1312 27.8 Pyroelektrische IR-Detektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1312 27.9 Photomultiplier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1318 27.10Farbsensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1319 27.11Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1319 28. Solarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1321 28.1 Sonneneinstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1322 28.1.1 Direkte, Diffuse und Globale Sonneneinstrahlung . . . . . . . . . . . . 1323 28.2 Spektrale Empfindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1328 28.3 Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1333 28.4 Einkristalline Solarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1337 28.5 Polykristalline Siliziumsolarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1347 28.6 D¨ unnschichtsolarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1347 28.6.1 Amorphe Siliziumsolarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1348 28.6.2 Heterostruktur-D¨ unnschicht-Solarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1350 28.7 Solarzellenarrays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1353 28.8 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1355
xxxviii
Inhaltsverzeichnis
29. Lichtemittierende Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1357 29.1 Leuchtdioden (LEDs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1357 29.1.1 Wirkungsweise und Kenndaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1357 29.1.2 Modulation des ausgestrahlten Lichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1362 29.1.3 Bauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1363 29.2 Laserdioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1371 29.2.1 Prinzip des Lasers und Schwellenbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1371 29.2.2 Abgestrahlte Leistung, Optischer Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1374 29.2.3 Temperaturabh¨ angigkeit und Abstrahlcharakteristik . . . . . . . . . 1376 29.2.4 Alterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1378 29.2.5 Bilanzgleichungen, Großsignalmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1379 29.2.6 Kleinsignalbetrieb, Modulationsgrenzfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . 1384 29.2.7 Bauformen kantenemittierender Laserdioden . . . . . . . . . . . . . . . . 1387 29.2.8 VCSELs, Oberfl¨ achenemittierende Laserdioden . . . . . . . . . . . . . . 1389 29.3 Optokoppler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1391 29.3.1 Kenngr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1391 29.3.2 Frequenzverhalten, Ansprechgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 1393 29.3.3 Galvanische Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1396 29.3.4 Lichtschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1399 29.3.5 Modellierung in PSPICE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1400 29.4 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1402 30. Displays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1403 30.1 Fl¨ ussigkristall-Anzeigen (LCDs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1403 30.1.1 Fl¨ ussigkristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1403 30.1.2 TN-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1405 30.1.3 STN-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1408 30.1.4 Reflektive Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1409 30.1.5 Ansteuerung in Matrix-Displays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1410 30.1.6 Hintergrundbeleuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1412 30.2 Plasma-Displays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1412 30.3 Vakuum-Fluoreszenz- und Field-Emission Displays . . . . . . . . . . . . . . . . . 1415 30.4 OLED-Displays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1417 30.5 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1418 31. Bildwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1419 31.1 Charge Coupled Devices . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1419 31.1.1 Surface Channel CCDs (SCCDs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1419 31.1.2 Buried-channel CCDs (BCCDs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424 31.1.3 Ladungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1427 31.1.4 CCD-Sensoren, Eigenschaften und Kenngr¨oßen . . . . . . . . . . . . . . 1428 31.1.5 Bauformen und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1433 31.2 CMOS-Bildwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1437 31.3 Bildwandler f¨ ur Farbbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1440 31.4 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1441
Inhaltsverzeichnis
xxxix
32. Sensorbauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443 32.1 Temperatursensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443 32.1.1 Widerstands-Temperatursensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443 32.1.2 Temperaturmessung mit Heißleitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1448 32.1.3 Halbleiter-Temperatursensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1449 32.1.4 Thermoelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1450 32.1.5 Thermopiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1452 32.2 Magnetfeldsensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1453 32.2.1 Hall-Sensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1453 32.2.2 Magnetowiderstandssensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1455 32.3 Dehnungsmeßstreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1459 32.3.1 Metallfolien-DMS, D¨ unnschicht-DMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1460 32.3.2 Halbleiter-DMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1461 32.3.3 Br¨ uckenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1461 32.4 Drucksensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1462 32.4.1 DMS-Drucksensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1462 32.4.2 Piezoresistive Silizium-Drucksensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1463 32.4.3 Kapazitive Drucksensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1463 32.5 Kapazitive Feuchtesensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1464 32.6 Detektoren f¨ ur Ionisierende Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1465 32.6.1 Ionisationskammern, Z¨ ahlrohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1466 32.6.2 Halbleiterdetektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1467 32.7 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1468 33. Batterien und Akkumulatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1469 33.1 Elektrochemische Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1469 33.1.1 Grundprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1469 33.1.2 Elektrodenprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1472 33.1.3 Kenngr¨ oßen, Spezifische Energie, Leistungsabgabe . . . . . . . . . . . 1476 33.1.4 Reihen- und Parallelschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1480 33.1.5 Betrieb mit Solarzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1482 33.2 Ultracaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1482 33.3 Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1485 33.4 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487
1 Grundlagen Elektronische Bauelemente sind die Grundbausteine jeder elektronischen Schaltung. Mit einer vergleichsweise geringen Anzahl unterschiedlicher Bauelemente lassen sich vielf¨ altige Funktionen realisieren – man denke nur an HiFi-Anlagen, Computer, Heizungssteuerungen, Fernsehtechnik, Einspritzregelung im Automobil, ABS oder die telefonische Vermittlung. Alle diese Techniken sind erst durch die Entwicklung der elektronischen Bauelemente m¨oglich geworden; ihre Weiterentwicklung profitiert wesentlich von deren Fortschritt – insbesondere in der Mikroelektronik. Der Aufbau elektronischer Schaltungen hat sich im Laufe der Zeit ver¨andert. Wurden fr¨ uher elektronische Schaltungen aus Einzelbauelementen zusammengel¨otet, so gibt es heute kaum mehr elektronische Schaltungen, in denen nicht mindestens ein integrierter Schaltkreis (IC) auftritt. Ingenieure, die mit der Entwicklung elektronischer Schaltungen betraut sind, finden heute ihr Einsatzgebiet in der Chip-Entwicklung“ oder in der Board-Entwicklung“. Im ” ” ersten Fall besteht ihre Aufgabe im Entwurf von integrierten Schaltkreisen mit spezifizierten Eigenschaften, im zweiten Fall in der Entwicklung von Leiterplatten, auf denen vorgefertige Bauelemente (einschl. ICs) zusammengeschaltet sind. Beide Einsatzgebiete erfordern eine profunde Kenntnis der Wirkungsweise elektronischer Bauelemente. Mit zunehmender Komplexit¨ at der Schaltungen ist der Einsatz von Versuchsschaltungen zur Schaltungsoptimierung nicht mehr gangbar. Abgesehen von den hohen Kosten w¨ urde die zur Fertigstellung einer jeden Versuchsschaltung ben¨otigte Zeit die Schaltungsentwicklung enorm1 verz¨ogern. Der Ingenieur muß deshalb in der Lage sein, die Eigenschaften seiner Schaltung im voraus zu berechnen. F¨ ur diese Aufgabe ben¨otigt er mathematische Modelle und Ersatzschaltbilder, mit denen er die Bauteileigenschaften beschreiben kann, sowie Kenntnisse in der Analyse elektrischer Netzwerke mittels analytischer Rechnung und Computersimulation. Dieses Kapitel bietet eine Zusammenfassung wichtiger Grundlagen aus der Theorie der elektrischen Netzwerke. Lesern die an einer breiteren Darstellung dieser Sachverhalte interessiert sind, kann z. B. [1–7] als empfehlenswerte Literatur genannt werden. 1
Bei der Entwicklung von integrierten Schaltungen oder von Schaltungen mit modernen Aufbautechniken gilt dies in besonderem Maße. Hier scheidet die Nachbildung der Schaltung mit diskreten Einzelbauteilen aus, da in den so realisierten Testschaltungen v¨ ollig andere parasit¨ are Kapazit¨ aten, Leitungsl¨ angen und Laufzeiten als im realen IC auftreten w¨ urden. Der Aufbau einer Testschaltung bedeutet hier also jedesmal die Herstellung einer kompletten integrierten Schaltung. Der Test ist außerdem stark erschwert, da mit konventionellen Meßverfahren nur die Knoten an der Peripherie zug¨ anglich sind.
2
1. Grundlagen
1.1 Elektrische Netzwerke, CAD-Werkzeuge Elektronische Schaltungen werden u ¨blicherweise mit einem Schaltplan beschrieben – dieser liefert eine symbolische Darstellung der Schaltung, legt die Verkn¨ upfung der elektronischen Bauelemente in der Schaltung fest und spezifiziert die eingesetzten Bauelemente. Ein Beispiel f¨ ur einen Schaltplan ist in Abb. 1.1 gezeigt. (1 ) R T
R
(7 )
2
4
T R
1
R 5
C
(3 ) T
5
(6 )
(4 ) 3
T
T R
1
R 6
4
v 2(t) 3
iE 4
iR
(2 )
v 1(t)
2
3
(5 ) iR R
7 7
(0 ) Abb. 1.1. Schaltplan eines elektronischen Verst¨ arkers
Das wichtigste Werkzeug zur Berechnung der Eigenschaften einer solchen Schaltung sind die Kirchhoffschen S¨ atze f¨ ur Schaltungen aus konzentrierten Elementen. Ihre Anwendung setzt voraus, daß die Wellenl¨ange λ der relevanten Signale groß ist im Vergleich zur Ausdehnung d der Schaltung λd.
(1.1)
Andernfalls ist der Wert des Potentials auf einer Leiterbahn der L¨ange d in nicht mehr vernachl¨ assigbarer Weise vom Ort abh¨angig. Aus Gl. (1.1) ergibt sich mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit c des Signals eine kritische Frequenz fcrit = c/d , die stets groß sein muß im Vergleich zu den Frequenzen f , mit denen die Schaltung betrieben wird.2 Gilt die Konzentriertheitsannahme (1.1), so be2
Ist diese Bedingung nicht erf¨ ullt, so sind anstelle der Knotenpotentiale v und Klemmenstr¨ ome i ortsabh¨ angige elektromagnetische Feldgr¨ oßen zu verwenden. Das Potential auf einer Leitung beispielsweise, muß dann als Funktion des Orts angesehen werden.
1.1. Elektrische Netzwerke, CAD-Werkzeuge
3
sitzt jeder Punkt einer Verbindung zwischen zwei Bauelementen ann¨ahernd dasselbe Potential. Die Verbindungsleitung l¨aßt sich dann als Knoten idealisieren. Jedem dieser Knoten kann ein Name α und ein Knotenpotential vα (oder v(α)) zugeordnet werden. Die Spannung vαβ (oder vα,β ) zwischen zwei Knoten α und β wird durch die Differenz der entsprechenden Knotenpotentiale bestimmt vαβ = vα − vβ . Die Spannung vαβ ist damit gr¨ oßer als null, wenn der Knoten α auf h¨oherem Potential liegt als der Knoten β. In Schaltpl¨anen wird die Spannung vαβ gew¨ohnlich als ein vom Knoten α zum Knoten β zeigender Spannungspfeil dargestellt. Meist wird einem Knoten der Schaltung das Potential null zugeordnet. Dieser wird im Schaltplan durch das Massesymbol gekennzeichnet (vgl. Abb. 1.1, Knoten 0). Der 1. Kirchhoffsche Satz ist der sog. Knotensatz: Die Summe der in einen Knoten hineinf ließenden Str¨ ome ist null. Auf den Knoten (5) der in Abb. 1.1 gezeigten Schaltung angewandt resultiert beispielsweise die Beziehung iR4 (t) + iE3 (t) = iR7 (t) . Von derselben Bedeutung wie der Knotensatz ist der 2. Kirchhoffsche Satz, auch als Maschensatz bezeichnet: Die Summe der Spannungsabf¨ alle zwischen Knotenpaaren, die einen geschlossenen Umlauf (Schleife) bilden, ist null. Auf die in Abb. 1.1 bezeichnete Masche angewandt resultiert beispielsweise v0,2 (t) + v2,3 (t) + v3,4 (t) + v4,5 (t) + v5,0 (t) = 0 . Durch konsequentes Aufstellen s¨ amtlicher Maschen- und Knotengleichungen erh¨alt man ein System von Gleichungen, dem die Schaltung gen¨ ugen muß. F¨ ur die Berechnung der Schaltungseigenschaften ist dies jedoch noch nicht ausreichend. Zus¨atzlich erforderlich ist die Kenntnis der Strom-Spannungs-Beziehungen der Bauelemente. Die Gesamtheit dieser Gleichungen wird in der Folge als Netzwerkgleichungen der Schaltung bezeichnet. Die L¨osung der Netzwerkgleichungen erm¨oglicht die Berechnung der Eigenschaften einer elektronischen Schaltung. Die Klemmenstr¨ ome realer elektronischer Bauelemente zeigen gew¨ohnlich komplizierte Abh¨ angigkeiten von der Temperatur sowie von der Frequenz und
4
1. Grundlagen
Amplitude der angelegten Spannung. F¨ ur die Berechnung ihres Verhaltens in elektronischen Schaltungen werden deshalb Ersatzschaltungen aus idealen Netzwerkelementen verwendet. F¨ ur jedes derartige Netzwerkelement sind Beziehungen definiert, die seine Klemmenstr¨ome zeitabh¨angig als Funktion der Klemmenspannungen beschreiben. Die Berechnung der Schaltungseigenschaften mit Bleistift und Papier“ er” fordert N¨aherungsannahmen, die zu einer oft erheblichen Ungenauigkeit 3 des Ergebnisses f¨ uhren. Wegen dieser Ungenauigkeit werden analytische Rechnungen nur f¨ ur eine Grobdimensionierung“ der Schaltung eingesetzt. F¨ ur ” genauere Berechnungen der Eigenschaften elektronischer Schaltungen stehen dem Ingenieur heute leistungsf¨ ahige CAD-Werkzeuge zur Verf¨ ugung. Diese l¨osen das zur Schaltung geh¨ orige System von Netzwerkgleichungen auf numerischem Weg. Das dominierende Programm f¨ ur die Analyse analoger elektronischer Schaltungen ist das an der Universit¨ at Berkeley entwickelte Programm SPICE 4 . Ausgehend von einer vom Benutzer zu erstellenden Schaltungsbeschreibung – der sog. Netzliste – und geeigneten, ebenfalls vom Benutzer vorzugebenden, Modellparametern f¨ ur die benutzten Bauelemente, stellt SPICE selbst¨andig die Netzwerkgleichungen auf und l¨ ost diese numerisch auf der Basis des modifizierten Knotenpotentialverfahrens. Dies erlaubt es dem Ingenieur, das Verhalten von Schaltungen mit tausenden von Bauelementen am Rechner zu studieren. Vor der langwierigen und teuren Anfertigung eines Laboraufbaus wird so mit Methoden der Netzwerkanalyse und der Computersimulation eine optimale Dimensionierung der Bauelemente erm¨oglicht. Die Schaltungssimulation ist dabei als Erg¨ anzung der analytischen Rechnung zu verstehen. Ein guter Schaltungsentwickler muß beide Werkzeuge beherrschen, um schnell ans Ziel zu kommen. Neben SPICE stehen heute f¨ ur die Entwicklung elektronischer Bauteile und Schaltungen eine Vielzahl von Simulationsprogrammen zur Verf¨ ugung. Diese lassen sich einteilen in Prozeß- und Bauelementesimulationsprogramme, Schaltungssimulationsprogramme auf der Grundlage von Netzwerkmodellen und Logiksimulationsprogramme (Abb. 1.2). Prozeß- und Bauelementesimulationsprogramme gr¨ unden auf einer direkten physikalischen Beschreibung. Sie sind von besonderem Interesse f¨ ur die Entwicklung elektronischer Halbleiterbauelemente. F¨ ur den Entwickler elektronischer Schaltungen sind vor 3¨
Uber deren H¨ ohe ist zudem meist wenig bekannt, da die Vereinfachung vorzugsweise zu Beginn der Untersuchung vorgenommen wird, ihre Auswirkung auf das Ergebnis demzufolge also nicht bestimmt werden kann. 4 Abk¨ urzend f¨ ur simulation programme with integrated circuit emphasis. Da der Text auf dieses Programm fortlaufend Bezug nimmt, wird in Kap. 4 eine zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Funktionen und M¨ oglichkeiten von SPICE gegeben. Diese sollte es auch dem diesbez¨ uglich nicht vorbelasteten Leser erm¨ oglichen, kurzfristig einfache Simulationen durchzuf¨ uhren.
1.2. Ideale Netzwerkelemente P ro z e ß - u n d B a u e le m e n te s im u la tio n
S c h a ltu n g s s im u la tio n
5 L o g ik s im u la tio n
h a n d h a b b a r e S c h a ltu n g s k o m p le x itä t e r fa ß te D e ta ils
Abb. 1.2. Klassifizierung der CAD-Werkzeuge hinsichtlich erfaßter Details und handhabbarer Schaltungskomplexit¨ at
allem die Schaltungs- und Logiksimulationsprogramme von Bedeutung. Bei der Schaltungssimulation wird eine, gegen¨ uber der rein physikalischen Be¨ schreibung vereinfachte, Modellierung verwendet: Der Ubergang zu einer Ersatzschaltung mit Knoten und Netzwerkelementen ersetzt die physikalische Beschreibung mittels partieller Differentialgleichungen durch eine Beschreibung mit gew¨ ohnlichen Differentialgleichungen. Dies reduziert zwar die Genauigkeit 5 etwas, erlaubt aber im Gegenzug die Vorhersage des Verhaltens elektronischer Schaltkreise mit mehreren tausend Bauelementen. Eine weitere Vergr¨oberung der Beschreibung der Bauelementeeigenschaften in Logiksimulatoren erlaubt eine weitere Steigerung der Komplexit¨at – derartige Programme erm¨oglichen die Simulation h¨ ochstintegrierter digitaler Schaltungen mit mehr als 100 000 Gatterfunktion. Die gegenl¨aufigen Tendenzen von Detailgenauigkeit und handhabbarer Komplexit¨ at sind in Abb. 1.2 illustriert.
1.2 Ideale Netzwerkelemente Reale Bauteile werden f¨ ur die Zwecke der Schaltungssimulation durch Ersatzschaltungen aus idealen Netzwerkelementen beschrieben. F¨ ur unsere Belange sind dies Zweipole mit genau definierten Strom-Spannungs-Beziehungen sowie gesteuerte Quellen. F¨ ur die Beschreibung aktiver Bauelemente werden zus¨atzlich gesteuerte Quellen ben¨ otigt. Ein Zweipol ist ein Schaltungselement mit zwei elektrischen Anschl¨ ussen, den Polen oder Klemmen. Der Strom, der durch die eine Klemme in den Zweipol hineinfließt, ist dabei gleich dem durch die andere Klemme aus dem Zweipol herausfließenden Strom. Ein Zweipol heißt passiv wirkend, wenn er elektrische Energie aufnimmt; gibt er elektrische Energie ab, so wird er als aktiv wirkender Zweipol bezeichnet. Abbildung 1.3 zeigt die f¨ ur die wichtigsten Zweipole verwendeten Symbole. 5
Durch Erh¨ ohen der Komplexit¨ at der verwendeten Ersatzschaltung kann die Genauigkeit (prinzipiell beliebig) erh¨ oht werden. Da dies aber den Rechenaufwand und damit die zum Durchf¨ uhren einer Simulation ben¨ otigte Zeit wieder vergr¨ oßert, wird hier ein Kompromiß eingegangen.
6
1. Grundlagen S y m b o l
B e d e u tu n g
D e fin itio n
u n a b h ä n g ig e S p a n n u n g s q u e lle
v = v (t)
u n a b h ä n g ig e S tr o m q u e lle
i = i( t)
( lin e a e r ) W id e r s ta n d
v ( t) = R i( t)
( lin e a r e ) K a p a z itä t
i( t) = C d v /d t
( lin e a r e ) In d u k tiv itä t
v ( t) = L d i/d t
a r b e its p u n k ta b h ä n g ig e r W id e r s ta n d
v ( t) = v [i( t) ]
a r b e its p u n k ta b h ä n g ig e K a p a z itä t
i( t) = d q /d t ; q ( t) = q [v ( t) ]
a r b e its p u n k ta b h ä n g ig e In d u k tiv itä t
v ( t) = d f /d t ; f ( t) = f [i( t) ]
id e a le D io d e
i( t) = IS [ e x p ( v /N V T
)-1 ]
Abb. 1.3. Symbole der wichtigsten zweipoligen Netzwerkelemente
1.2.1 Widerst¨ ande Ein Zweipol heißt Widerstand, falls die zwischen seinen Klemmen auftretende Spannung v(t) zu jedem Zeitpunkt durch den Klemmenstrom i(t) bestimmt ist v(t) = v[i(t)] .
(1.2)
Der Widerstand heißt linear oder ohmsch, falls Spannung und Strom zueinander proportional sind v(t) = R i(t) .
(1.3)
Der Proportionalit¨ atsfaktor R heißt Widerstand(swert), sein Kehrwert G = 1/R der Leitwert des Zweipols. Widerstandswerte werden in Ω (Ohm) angegeben, Leitwerte in S (Siemens) 6 ; dabei gilt 1Ω = 1 V/A
und
1 S = 1/Ω .
Wird der durch einen ohmschen Widerstand fließende Strom als Funktion der Spannung aufgetragen, so ergibt sich eine Gerade (Abb. 1.4). 6 In den USA wird statt Siemens oft die Einheit 1 mho (Lesen Sie das mal von rechts nach links!) verwendet (1 mho = 1 S).
S tro m
I
1.2. Ideale Netzwerkelemente lin e a r e r W id e r s ta n d
7
I = G
n ic h tlin e a r e r W id e r s ta n d
V d I = d V
I = f(V )
1 r
= g
lin e a r e N ä h e r u n g d e r K e n n lin ie im A r b e its p u n k t I0
E r s a tz s c h a ltu n g ( f ü r V > V r0 ) :
V V
V
r0
0
r r0
S p a n n u n g V
Abb. 1.4. Kennlinie f¨ ur einen linearen und einen nichtlinearen Widerstand
Bei einem nichtlinearen Widerstand ist das ohmsche Gesetz nicht erf¨ ullt. Die Kennlinie eines solchen Bauelements ist nichtlinear, ein Widerstandswert ist nicht definiert. Ist ein Arbeitspunkt (V0 , I0 ) auf der Kennlinie vorgegeben, so kann jedoch – f¨ ur geringe Abweichungen der anliegenden Spannung von V0 – die Kennlinie im Arbeitspunkt linearisiert werden. Dabei wird die exakte I(V )-Charakteristik des nichtlinearen Widerstands durch die TaylorEntwicklung bis zur ersten Ordnung ersetzt. Dies entspricht einer N¨aherung der Kennlinie durch die Tangente im Arbeitspunkt (Abb. 1.4). F¨ ur die Abweichung ∆I des Stroms von seinem Wert I0 = I(V0 ) als Folge einer Spannungs¨ anderung ∆V gilt dann ∆I = I(V0 + ∆V ) − I0 ≈ g(V0 )∆V ,
(1.4)
mit dem Kleinsignalleitwert 7
g(V0 ) =
dI 1 . = dV V0 r(V0 )
(1.5)
Hinsichtlich der durch die (kleine) Spannungs¨anderung ∆V hervorgerufenen Strom¨anderung ∆I darf der nichtlineare Widerstand demzufolge wie ein ohmscher Leitwert g = g(V0 ) behandelt werden. Die in Abb. 1.5b dargestellte Kleinsignalersatzschaltung erlaubt deshalb die Berechnung des Zusammenhangs zwischen den Kleinsignalgr¨ oßen ∆I und ∆V . Das Element g(V0 ) der Kleinsignalersatzschaltung ist abh¨ angig vom Arbeitspunkt V0 . 7
Auch: differentieller Leitwert.
8
1. Grundlagen I0+ D I
D I D V
V 0+ D V
g
(b )
(a )
Abb. 1.5. (a) Großsignal- und (b) Kleinsignalbeschreibung eines nichtlinearen Widerstands
F¨ ur manche Anwendung ist die Entwicklung der Kennlinie bis zur 1. Ordnung nicht ausreichend; insbesondere f¨ ur die Untersuchung von Intermodulationseffekten wird eine Entwicklung bis zur 3. Ordnung ben¨otigt
dI 1 d2 I 2 1 d3 I 3 vs (t) + v (t) + i(t) ≈ I(V0 ) + v (t) s dV V0 2 dV 2 V 6 dV 3 V s 0
= I(V0 ) + g vs (t) + g2 vs2 (t) + g3 vs3 (t) .
0
(1.6)
Die zus¨atzlichen Summanden sind dann in einer Kleinsignalersatzschaltung u ¨ber von vs2 (t) und vs3 (t) gesteuerte Stromquellen zu beschreiben. Beispiel 1.2.1 Ein wichtiges Beispiel f¨ ur einen nichtlinearen Widerstand ist die ideale Gleichstromdiode, f¨ ur die ein eigenes Netzwerksymbol (Abb. 1.3) existiert. Die I(V )-Charakteristik dieses Zweipols ist definiert durch
V I = IS exp −1 , N VT wobei IS , N , VT von der angelegten Spannung V unabh¨angige Parameter 8 sind. Der Kleinsignalleitwert der idealen Gleichstromdiode im Arbeitspunkt V0 folgt durch Ableiten V0 IS I(V0 ) + IS g(V0 ) = exp . = N VT N VT N VT Bei Flußpolung der Diode mit I0 = I(V0 ) IS gilt g(V0 ) = I0 /N VT , d. h. der Kleinsignalleitwert der idealen Gleichstromdiode steigt proportional zu dem durch die Diode fließenden Strom an. Die Koeffizienten g2 und g3 folgen durch weiteres Ableiten g g and g3 = . g2 = 2N VT 6(N VT )2 Die nichtlinearen Beitr¨ age g2 vs2 (t) und g3 vs3 (t) sind deshalb nur unter der Bedingung uber gvs (t) zu vernachl¨ assigen. ∆ |vs (t)/VT | 1 gegen¨ Der Parameter IS wird als S¨ attigungsstrom bezeichnet; f¨ ur V 0 folgt I → −IS , d. h. IS ist von der Gr¨ oßenordnung des Sperrstroms der Diode und damit sehr klein. Der Parameter N heißt Emissionskoeffizient, ist dimensionslos und besitzt u ¨blicherweise Werte zwischen eins und zwei. Die Gr¨ oße VT schließlich bezeichnet die, von der absoluten Temperatur T abh¨ angige, Temperaturspannung. Bei Raumtemperatur gilt n¨ aherungsweise VT ≈ 25 mV. 8
1.2. Ideale Netzwerkelemente
9
1.2.2 Kapazit¨ aten Ein Zweipol heißt Kapazit¨ at, falls die in ihm gespeicherte Ladung q(t) zu jedem Zeitpunkt eindeutig durch die zwischen seinen Klemmen anliegende Spannung v(t) bestimmt ist q(t) = q[v(t)] .
(1.7)
¨ Der durch eine Kapazit¨ at fließende Strom i(t) ist gleich der Anderung der Ladung der Kapazit¨ at mit der Zeit dq . dt
i(t) =
(1.8)
Die Kapazit¨at heißt linear, falls q(t) und v(t) proportional zueinander sind. q(t) = C v(t) .
(1.9)
Der Proportionalit¨ atsfaktor C wird als Kapazit¨ at(swert) bezeichnet. Kapazit¨atswerte werden in F (Farad) angegeben, wobei gilt 1F = 1
As C = 1 . V V
Im Fall der linearen Kapazit¨ at geht Gl. (1.8) u ¨ber in dv . (1.10) dt F¨ ur nichtlineare Kapazit¨ aten l¨ aßt sich der Kapazit¨atswert nur als Kleinsignal¨ kapazit¨at definieren – diese bestimmt die Anderung dq der auf einer Kapazit¨at ¨ gespeicherten Ladung mit der Anderung dv der anliegenden Spannung i(t) = C
c(v) =
dq . dv
(1.11)
Im Fall der linearen Kapazit¨ at ist c(v) = C, wie sich durch Einsetzen von Gl. (1.9) in Gl. (1.11) leicht zeigen l¨ aßt. Durch Umkehren von (1.11) folgt die auf der Kapazit¨ at gespeicherte Ladung q(v), falls diese auf die Spannung v aufgeladen wurde v
q(v) =
c(v ) dv .
(1.12)
0
Um die Spannung einer Kapazit¨ at von v auf v + dv zu erh¨ohren muß die Arbeit v · i dt = v dq = c(v)v dv verrichtet werden; die auf einer Kapazit¨at gespeicherte Energie ergibt sich daraus durch Integration v
W =
c(v )v dv .
(1.13)
0
Im Fall einer linearen Kapzit¨ at C folgt so W = Cv 2 /2 .
(1.14)
10
1. Grundlagen
1.2.3 Induktivit¨ aten Ein Zweipol heißt Induktivit¨ at, falls sein Fluß φ(t) zur Zeit t eine Funktion des Stroms i(t) ist φ(t) = φ[i(t)] .
(1.15)
Die Induktivit¨ at heißt linear, falls φ(t) und i(t) zueinander proportional sind φ(t) = L i(t) .
(1.16)
Der Proportionalit¨ atsfaktor L heißt Induktivit¨ at(-swert). Induktivit¨atswerte werden in H (Henry) angegeben, wobei gilt Vs . A
1H = 1
Die an der Induktivit¨ at abfallende Spannung v(t) folgt aus dem Faradayschen Gesetz v(t) =
dφ dt
(1.17)
¨ und ist f¨ ur lineare Induktivit¨ aten proportional zur Anderung des Stroms (Spannungs- und Strompfeil gleichgerichtet) di . dt
v(t) = L
(1.18)
Ist der Zusammenhang zwischen Fluß φ und Strom i nichtlinear, so kann die Induktivit¨at lediglich als Kleinsignalgr¨ oße definiert werden dφ . di
l(i) =
(1.19)
Aus l(i) ergibt sich der Fluß durch Integration i
φ(i) =
l(i ) di .
(1.20)
0
Die Arbeit die verrichtet werden muß um den Strom durch eine Induktivit¨at von i auf i + di zu erh¨ ohen ergibt sich aus dem Induktionsgesetz zu v · i dt = l(i)i di; die auf einer Induktivit¨ at gespeicherte Energie ergibt sich daraus zu i
W =
l(i )i di ;
(1.21)
0
im Fall einer linearen Induktivit¨ at ergibt sich W = Li2 /2 .
(1.22)
1.2. Ideale Netzwerkelemente
11
1.2.4 Unabh¨ angige Quellen Eine (unabh¨angige) Spannungsquelle (Abb. 1.3) ist ein Zweipol, zwischen dessen Klemmen eine spezifizierte Spannung v(t) anliegt, deren Wert unabh¨angig vom Strom durch den Zweipol ist. Ist die Spannung v(t) zeitunabh¨angig, so spricht man von einer Gleichspannungsquelle. Neben den unabh¨ angigen Spannungsquellen werden in der Netzwerktheorie auch unabh¨angige Stromquellen (Abb. 1.3) verwendet. Bei diesen wird ein vorgegebener Klemmenstrom i(t) eingehalten, unabh¨angig von der zwischen den Klemmen anliegenden Spannung.
1.2.5 Gesteuerte Quellen Das Gegenst¨ uck zu den unabh¨ angigen Quellen sind die gesteuerten Quellen. Dabei handelt es sich um Spannungs- oder Stromquellen deren Wert durch eine bestimmte Spannung oder einen bestimmten Strom gesteuert wird.
v (a )
v (b )
i (c )
i (d )
i[v ( t) ] v (t) (e )
Abb. 1.6. Symbole f¨ ur gesteuerte Quellen: (a) Spannungsgesteuerte Spannungsquelle, (b) spannungsgesteuerte Stromquelle, (c) stromgesteuerte Spannungsquelle, (d) stromgesteuerte Stromquelle, (e) Darstellung der spannungsgesteuerten Stromquelle als Vierpol
Gesteuerte Quellen werden u ¨blicherweise als Zweipole dargestellt (Abb. 1.6 ad) mit oder ohne zus¨ atzlichem Vermerk der steuernden Gr¨oße. Eine formal korrekte Darstellung gesteuerter Quellen m¨ ußte diese – im Fall einer Steu9 ur die steuernde Gr¨oße ergr¨oße – als Vierpol mit zwei Eingangsklemmen f¨ und zwei Ausgangsklemmen f¨ ur die gesteuerte Gr¨oße (Abb. 1.6 e) beschreiben. Die u ¨blicherweise verwendete Zweipoldarstellung ist als eine reduzierte Schreibweise f¨ ur diese Vierpoldarstellung zu verstehen. 9
Im Fall von n steuernden Gr¨ oßen allgemein als 2(n + 1)-Pol.
12
1. Grundlagen
1.3 Lineare Netzwerke Netzwerke aus linearen Elementen (kurz: lineare Netzwerke) finden breite Anwendung in der Elektronik – als Beispiel sei hier nur die große Gruppe der passiven Filter genannt. Dieser Abschnitt faßt wichtige Eigenschaften linearer Netzwerke und Verfahren zu ihrer Berechnung zusammen. Als f¨ ur die Praxis besonders relevante Anwendungsbeispiele werden der RC-Tiefpaß, der RC-Hochpaß, der RC-Bandpaß und der RLC-Reihenschwingkreis n¨aher betrachtet. ¨ Eine der wichtigsten Eigenschaften linearer Netzwerke ist, daß sie dem Uberlagerungssatz gen¨ ugen. Treten in einem linearen Netzwerk mehrere unabh¨ angige Quellen auf, so l¨ aßt sich jede Spannung und jeder Strom als Summe der Reaktionen auf die einzelnen Quellen darstellen. ¨ Der Uberlagerungssatz ist eine direkte Folge der Kirchhoffschen Gleichungen f¨ ur Netzwerke aus linearen Elementen. Er liefert keine Informationen, die sich nicht auch durch direkte Anwendung der Kirchhoffschen Gleichungen gewinnen ließen, erm¨ oglicht aber h¨ aufig eine vereinfachte Berechnung von Schal¨ tungseigenschaften. Die wohl bedeutendste Folgerung des Uberlagerungssatzes ist, daß sich Netzwerke aus linearen Elementen vollst¨andig durch Angabe ihres Verhaltens bei harmonischen (sinusf¨ormigen) Anregungen unterschiedlicher Frequenz beschreiben lassen: Alle in der Praxis relevanten Signalverl¨aufe ¨ lassen sich durch Uberlagerung harmonischer Signale unterschiedlicher Frequenz darstellen. F¨ ur die Charakterisierung linearer Systeme gen¨ ugt es deshalb zu wissen wie sich diese beim Durchgang durch das Netzwerk verhalten, um das resultierende Ausgangssignal dann aus entsprechend gewichteten harmonischen Anregungen zusammensetzen zu k¨onnen. Letzteres l¨aßt sich verh¨altnism¨aßig einfach 10 mit den komplexen Impedanzen und Admittanzen der Netzwerkelemente berechnen.
1.3.1 Impedanzen, Admittanzen In Wechselstromkreisen besitzt die an einem Netzwerkelement anliegende Spannung v(t) sinusf¨ ormigen Verlauf; mit der komplexen Amplitude vˆ und der Kreisfrequenz ω gilt v(t) = Re( vˆ e jωt ) = Re(v) . Der durch einen linearen Zweipol fließende Strom hat dann ebenfalls einen sinusf¨ormigen Verlauf; mit der komplexen Amplitude ˆi des Stroms gilt daher 10
Der mathematische Hintergrund der vereinfachten Berechnung in der Frequenzdarstel¨ lung ist, daß zeitabh¨ angige Differentialgleichungen beim Ubergang zur Frequenzdarstellung in algebraische Gleichungen u uhrt werden. ¨berf¨
1.3. Lineare Netzwerke
13
i(t) = Re( ˆi e jωt ) = Re(i) . Die komplexen Zeiger v und i sind dabei zueinander proportional v = Zi
bzw.
i = Yv.
(1.23)
Der Proportionalit¨ atsfaktor Z wird als komplexer Widerstand (Impedanz) bezeichnet, sein Kehrwert Y = 1/Z als komplexer Leitwert (Admittanz). Impedanz- und Admittanzwerte f¨ ur die linearen Netzwerkelemente Widerstand, Kapazit¨ at und Induktivit¨ at sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Element Widerstand Kapazit¨at Induktivit¨at
Impedanz Z R 1/(jωC) jωL
Admittanz Y 1/R jωC 1/jωL
Die Impedanzen bzw. Admittanzen sind komplexwertige Gr¨oßen. Dies bedeutet, daß zwischen Strom und Spannung i. allg. eine Phasenverschiebung auftritt. Die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung wird durch das Argument der Admittanz angegeben Y = Y e jϕ
wobei
ϕ = arctan [ Im(Y )/Re(Y ) ] .
F¨ ur reine Kapazit¨ aten gilt i = jωC v ∼ v e jπ/2 ; auft hier dem Spannungszeiger v um 90◦ voraus. F¨ ur Inder Stromzeiger i l¨ duktivit¨aten gilt j v ∼ v e −jπ/2 ; ωL in diesem Fall l¨ auft der Stromzeiger i dem Spannungszeiger v um 90◦ hinterher. i = −
Bei einer Serienschaltung linearer Zweipole lassen sich die Impedanzen der Einzelemente zur Gesamtimpedanz Z addieren Z =
n
Zα .
(1.24)
α=1
Bei einer Parallelschaltung linearer Zweipole erh¨alt man die Gesamtadmittanz Y durch Summation u ¨ber die Einzeladmittanzen Y α Y =
n
Yα .
(1.25)
α=1
Mit diesen Regeln l¨ aßt sich das elektrische Verhalten von Netzwerken aus passiven linearen Zweipolen berechnen.
14
1. Grundlagen
Beispiel 1.3.1 Als Beispiel wird die (komplexe) Spannungsteilerregel betrachtet. Liegt am Eingang eines aus zwei Impedanzen Z 1 und Z 2 aufgebauten, unbelasteten Spannungsteilers eine Wechselspannung der Kreisfrequenz ω mit dem komplexen Spannungszeiger v 1 , so fließt durch die Reihenschaltung von Z 1 und Z 2 ein Wechselstrom mit dem komplexen Zeiger i =
v1 . Z1 + Z2
Dieser ruft an Z 2 einen Spannungsabfall mit dem komplexen Zeiger v 2 = Z 2 i hervor, d. h. am Ausgang stellt sich eine Wechselspannung der Kreisfrequenz ω mit dem komplexen Zeiger Z2 v Z1 + Z2 1
v2 =
(1.26)
ein.
N 1 v
Z
∆
is c 0
N 2
o c
Y
N 2 0
N 1 (a )
(b )
Abb. 1.7. Ersetzen des Teilnetzwerks N1 durch einen Ersatzzweipol
Die Berechnung einer elektronischen Schaltung l¨aßt sich h¨aufig dadurch vereinfachen, daß Teilschaltungen, die u usse mit dem Rest ¨ber nur zwei Anschl¨ des Netzwerks verbunden sind, durch Ersatzzweipole ersetzt werden, die dasselbe Klemmenverhalten aufweisen. Von besonderer Bedeutung sind dabei Ersatzspannungsquellen und Ersatzstromquellen. Betrachtet wird ein aus zwei Teilen N1, N2 bestehendes Netzwerk aus linearen Elementen (einschließlich abh¨angiger und unabh¨ angiger Quellen) bei der Kreisfrequenz ω. Die beiden Teile sind u ¨ber zwei Klemmen 11 miteinander verbunden. Das Teilnetzwerk N1 kann durch einen Ersatzzweipol, d. h. durch eine Ersatzspannungsquelle mit der komplexen Amplitude vˆoc mit einer in Serie geschalteten Impedanz Z 0 (Abb. 1.7 a) oder durch eine Ersatzstromquelle mit der komplexen Amplitude ˆisc mit einer parallel geschalteten Admittanz Y 0 (Abb. 1.7 b) ersetzt werden, ohne daß sich das Verhalten des Gesamtnetzwerks bei der Kreisfrequenz ω ¨andert. 11 Die einzige Verbindung zwischen den beiden Netzwerken N1, N2 muß u ¨ber diese Klemmen erfolgen; weitere Verbindungen, z. B. u aten oder u ¨ber gekoppelte Induktivit¨ ¨ber gesteuerte Quellen, werden ausgeschlossen.
1.3. Lineare Netzwerke
15
Die von der Ersatzspannungsquelle gelieferte Spannung ist die Leerlaufspannung: Werden die Ausgangsklemmen des Ersatzzweipols nicht belastet, so kann an Z 0 kein Spannungsabfall auftreten – die Klemmenspannung wird dann durch den Zeiger v oc beschrieben. Der von der Ersatzstromquelle gelieferte Strom ist der Kurzschlußstrom: Werden die Ausgangsklemmen von N1 kurzgeschlossen, so fließt kein Strom durch Y 0 (Spannungsabfall null) – der Klemmenstrom wird durch den Zeiger isc beschrieben. Die Werte von Z 0 bzw. Y 0 ergeben sich aus den komplexen Amplituden von Leerlaufspannung und Kurzschlußstrom gem¨aß 1 vˆ = oc . ˆisc Y0
Z0 =
(1.27)
1.3.2 Darstellung in Frequenz- und Zeitbereich Fourier-Reihen, Fourier-Transformation Ist eine Funktion u(t) periodisch mit der Periode T , d. h. gilt f¨ ur alle Werte der Zeit t die Beziehung u(t + T ) = u(t) , so l¨aßt sich u(t) in eine Fourier-Reihe (oder harmonische Reihe) entwickeln n=∞
u(t) =
u ˆn e jn2πf t
mit
f=
n=−∞
1 T
(1.28)
mit den (komplexen) Fourier-Koeffizienten u ˆn =
1 T
T /2 −T /2
u(t) e −jn2πf t dt ,
n = . . . , −1, 0, 1, 2, . . .
(1.29)
Da u(t) nur reelle Werte besitzt, besteht zwischen den Fourier-Koeffizienten der Zusammenhang ( ∗“ kennzeichnet die komplexe Konjugation) ” ∗ u ˆn = u ˆ−n . Eine Funktion l¨ aßt sich nur dann in eine Fourier-Reihe entwickeln, wenn sie periodisch ist. Das Spektrum der Funktion ist zusammengesetzt aus diskreten Beitr¨agen mit den Frequenzen 2πnf t. Mit zunehmender Periodendauer T r¨ ucken benachbarte Frequenzwerte immer dichter zusammen. Aus dem Spektrum diskreter Fourier-Koeffizienten wird im Grenzfall12 T → ∞ eine kontinuierliche Spektralfunktion 12
Dieser Grenz¨ ubergang ist mathematisch nicht unproblematisch und korrekt nur mittels sog. Distributionen wie der δ-Funktion durchzuf¨ uhren; eine vergleichsweise einfache Darstellung der Thematik bietet z. B. [8].
16
1. Grundlagen
1 u(ω) = 2π
∞ ∞
u(t) e −jωt dt .
(1.30)
Notwendig (und hinreichend) hierf¨ ur ist, daß u(t) absolut integrierbar ist, d. h. das Integral ∞
−∞
|u(t)| dt
darf nicht divergieren. Mit der Spektralfunktion u(ω) l¨aßt sich dann u(t) durch ∞
u(t) =
−∞
u(ω) e jωt dω
(1.31)
ausdr¨ ucken. Der Darstellung einer absolut integrierbaren Funktion u(t) im Zeitbereich steht mit der Fouriertransformierten u(ω) damit eine a¨quivalente Darstellung im Frequenzbereich gegen¨ uber. Zwischen der Darstellung im Zeitbereich und der Darstellung im Frequenzbereich bestehen die in Tabelle 1.1 aufgef¨ uhrten Beziehungen. Tabelle 1.1 Darstellung in Zeit- und Frequenzbereich Zeitdarstellung
Frequenzdarstellung
u(t) + v(t)
u(ω) + v(ω)
a u(t)
a u(ω)
u(a t)
|a|−1 u(ω)
u(t + t )
e jωt u(ω)
du(t)/dt
jωu(ω)
u(ω + ω )
e −jω t u(t)
∞ −∞
u(t )v(t − t ) dt u(t) v(t)
∞
−∞
∞ −∞
u(t)2 dt
u(ω) v(ω) u(ω ) v(ω − ω ) dω ∞ |u(ω)|2 dω −∞
Laplace-Transformation Schwierigkeiten bei der Spektraldarstellung von u(t) entsprechend Gl. (1.31) ergeben sich, falls u(t) nicht absolut integrierbar ist, d. h. falls das Integral ∞ −∞
|u(t)| dt
divergiert. Dies ist etwa der Fall f¨ ur die Stufenfunktion
1.3. Lineare Netzwerke
Θ(t) =
0 1
17
f¨ ur f¨ ur
t0
.
Da der Integrand f¨ ur alle t > 0 konstant und von null verschieden ist, liegt hier keine absolute Integrierbarkeit vor. Wegen dieser Schwierigkeit wird bei der Untersuchung von Schaltvorg¨ angen h¨ aufig die sog. Laplace-Transformierte von u(t) eingesetzt. Die Laplace-Transformierte der Funktion u(t) ist definiert gem¨aß ∞
u(s) =
u(t) e −st dt
mit
s = σ + jω ;
(1.32)
0
sie kann als Fourier-Transformierte der Funktion Θ(t) e −σt u(t) betrachtet werden. Durch die Beschr¨ ankung auf t > 0 und den zus¨atzlichen, exponentiell mit der Zeit abklingenden Faktor e −σt lassen sich auch nicht absolut integrierbare Funktionen u(t) transformieren. Die Laplace-Transformierte der ersten Ableitung u(t) ˙ von u(t) ist L[ u(t)] ˙ = s u(s) − u(t = 0) ,
(1.33)
die der zweiten Ableitung u ¨(t) nach der Zeit ˙ = 0) L[ u ¨(t)] = s2 u(s) − s u(t = 0) − u(t
(1.34)
und allgemein die der n-ten Ableitung u(n) (t) nach der Zeit L[ u(n) (t)] = sn u(s) −
n
sn−k u(k−1) (t = 0) .
(1.35)
k=1
¨ Beim Ubergang zur Laplace-Transformierten wird somit – wie bei der FourierTransformation – aus einer n-ten Ableitung eine Potenzfunktion n-ter Ordnung von s. Differentialgleichungen gehen auf diesem Weg in algebraische Gleichungen u ¨ber. Die Laplace-Transformierte des Integrals t
U (t) =
u(t ) dt
0
ist gegeben durch L[ U (t)] =
u(s) . s
(1.36)
Eine Ableitung nach der Zeit bedingt demnach einen Faktor s in der LaplaceTransformierten, eine Integration bez¨ uglich der Zeit einen Faktor 1/s. Da die Laplace-Transformation einer zeitabh¨angigen Differentialgleichung die Anfangswerte der Differentialgleichung mit ber¨ ucksichtigt, ist diese insbesondere f¨ ur die Untersuchung von Einschwingvorg¨ angen geeignet.
18
1. Grundlagen
¨ 1.3.3 Ubertragungsfaktor Ist die Eingangsgr¨ oße x(t) eines linearen Netzwerks eine sinusf¨ormige Wechselgr¨oße der Kreisfrequenz ω, in komplexer Schreibweise
ˆ e jωt x(t) = Re x
= Re(x) ,
so gilt dies auch f¨ ur die Ausgangsgr¨ oße
y(t) = Re yˆ e jωt
= Re(y) .
Das Verh¨altnis H(jω) = y/x
(1.37)
¨ des Netzwerks der komplexen Zeiger y und x wird als Ubertragungsfaktor bezeichnet. Bezeichnet H(jω) ein Spannungsverh¨ altnis, so spricht man auch von einem Spannungs¨ ubertragungsfaktor; dieser wird durch den Index v kenntlich gemacht. Der Betrag von H v (jω) bei der Frequenz f = ω/2π Av (f ) = |H v (j2πf )|
(1.38)
wird als Spannungsverst¨ arkung bezeichnet. Ein Strom¨ ubertragungsfaktor – kenntlich gemacht durch den Index i – bezeichnet entsprechend ein Verh¨ altnis (komplexer) Stromamplituden, w¨ahrend ein Leistungs¨ ubertragungsfaktor (Index p) ein Verh¨altnis zweier (komplexer) Leistungsamplituden bestimmt. ¨ Die Phase ϕ des Ubertragungsfaktors ist frequenzabh¨angig und errechnet sich aus Real- und Imagin¨ arteil von H gem¨aß
ϕ(ω) = arctan
Im H(jω) Re H(jω)
.
(1.39)
Aus der Phasenverschiebung folgt die Phasenlaufzeit tϕ (ω) = −
ϕ(ω) ; ω
(1.40)
diese bestimmt die Verz¨ ogerung, die ein unendlich ausgedehntes sinusf¨ormiges Signal der Kreisfrequenz ω beim Durchgang durch das lineare System erf¨ahrt. Die Einh¨ ullende eines endlichen Wellenzugs wird dagegen um die Gruppenlaufzeit tg (ω) = − verz¨ogert [9, 10].
dϕ dω
(1.41)
1.3. Lineare Netzwerke
19
Am Eingang eines linearen Netzwerks soll nun ein Signal x(t) anliegen, das sich als Fourier-Integral darstellen l¨ aßt ∞
x(t) =
−∞
x(ω) e jωt dω .
(1.42)
¨ Da das Ausgangssignal des linearen Systems durch Uberlagern der Komponenten des Eingangssignals zustandekommt, folgt mit dem frequenzabh¨angi¨ gen Ubertragungsfaktor H(jω) ∞
y(t) =
−∞
y(ω) e
jωt
∞
dω =
−∞
H(jω) x(ω) e jωt dω .
(1.43)
¨ ¨ Das Ubertragungsverhalten ist demnach vollst¨andig durch den Ubertragungsfaktor H(jω) bestimmt. Entsprechend besteht zwischen der LaplaceTransformierten x(s) des Eingangssignals und der Laplace-Transformierten y(s) des Ausgangssignals eines linearen Systems im eingeschwungenen Zustand der Zusammenhang y(s) = H(s) x(s) .
(1.44)
¨ ¨ Der Ubertragungsfaktor H(s) kann als Verallgemeinerung des Ubertragungsfaktors H(jω) zu komplexen Frequenzwerten (ω = ω − jσ = −j s) aufgefaßt werden. Gem¨ aß dem Faltungssatz der Laplace-Transformation f¨ uhrt Gl. (1.44) auf den folgenden Zusammenhang im Zeitbereich (eingeschwungener Zustand) t
y(t) =
H(t−t ) x(t ) dt ,
(1.45)
0
d. h. das Ausgangssignal y(t) des linearen Systems ist i. allg. nicht nur durch den Wert des Eingangssignals zur Zeit t bestimmt, sondern auch durch dessen Verhalten im Zeitintervall [0, t].
Angaben in dB, Bode-Diagramm Der Wert von Spannungs-, Strom- und Leistungsverst¨arkungen wird h¨aufig als sog. Verst¨ arkungsmaß a in (deziBel) dB angegeben. Bei Spannungs- und Stromverst¨arkungen wird hierzu der (Zehner-)Logarithmus von A(f ) mit 20 dB multipliziert. Dies f¨ uhrt im Fall der Spannungsverst¨ arkung auf av (f ) = 20 dB · log[ Av (f )]
(1.46)
bzw. im Fall der Stromverst¨ arkung Ai (f ) = |H i (j2πf )| auf ai (f ) = 20 dB · log[ Ai (f )] .
(1.47)
Da log(1) = 0 gilt, liegt allgemein f¨ ur a(f ) > 0 dB Verst¨ arkung vor, f¨ ur a(f ) < 0 dB Abschw¨ achung.
20
1. Grundlagen
Soll eine Leistungsverst¨ arkung in dB ausgedr¨ uckt werden 13 , so ist der Logarithmus der Leistungsverst¨ arkung Gp (f ) = P2 /P1 mit 10 dB zu multiplizieren. ap (f ) = 10 dB · log[ Gp (f )] .
(1.48)
Dabei bezeichnen P1 und P2 die Effektivwerte der vom System aufgenommenen bzw. abgegebenen Wirkleistung. Der Hintergrund f¨ ur den gegen¨ uber av und ai halbierten Vorfaktor“ von 10 dB ist, daß die Leistung proportional ” zum Quadrat von Spannungs- bzw. Stromamplitude ist.
v 1
R 1
v 2
R 2
Abb. 1.8. In 1.3.2 untersuchte Beispielschaltung
Beispiel 1.3.2 Es wird die in Abb. 1.8 skizzierte Schaltung mit Eingangswiderstand R1 und Lastwiderstand R2 , betrachtet. Der Effektivwert der an die Schaltung abgegebenen Leistung P1 ist P1 = V12 /R1 , wobei V1 den Effektivwert der Eingangsspannung angibt; der Effektivwert P2 der an die Last abgegebenen Leistung ergibt sich mit dem Effektivwert der Ausgangsspannung V2 entsprechend zu P2 = V22 /R2 . F¨ ur das Verst¨ arkungsmaß ap (f ) folgt damit 2 P2 V2 R1 10 dB · log = 10 dB · log P1 V 2 R2 1 V2 R1 = 20 dB · log + 10 dB · log . (1.49) V1 R2 Das Verst¨ arkungsmaß ap ist somit gleich dem Verst¨arkungsmaß av , falls R1 und R2 denselben Wert haben. ∆
¨ Der Ubertragungsfaktor H(jω) ist i. allg. eine komplexwertige Funktion der Frequenz. F¨ ur die grafische Darstellung der Frequenzabh¨angigkeit wird u ¨blicherweise das sog. Bode-Diagramm gew¨ahlt. Dieses besteht aus zwei Abbildungen: In der einen wird das Verst¨ arkungsmaß a, in der anderen die Phasenverschiebung ϕ u ¨ber dem Logarithmus der Frequenz f = ω/2π aufgetragen (vgl. z.B. Abb. 1.12) . F¨ ur A(f ) wird eine doppeltlogarithmische Auftragung gew¨ahlt, da Potenzfunktionen dabei Geraden ergeben: F¨ ur beliebige Zahlen α > 0 sowie m gilt 13
Die Einheit“ dB wird f¨ ur relative Pegelangaben verwendet, d. h. f¨ ur die Angabe von ” Verh¨ altnissen. Daneben werden aber auch absolute Pegelangaben in dB vorgenommen, wobei eine feste Bezugsgr¨ oße vorgegeben wird. Erw¨ ahnt werden soll hier die gebr¨ auchliche Einheit“ dBm, die f¨ ur Leistungsangaben verwendet wird und den Effektivwert P der Lei” stung bezogen auf 1 mW angibt P in dBm ≡ 10 dB · log ( P/1 mW ) .
1.3. Lineare Netzwerke
21
log(αf m ) = log(α) + m log(f ) . Wird demnach y = log(a) u ¨ber x = log(f ) aufgetragen, so ergibt sich eine Gerade der Steigung m, wodurch sich diese Gr¨oße leicht bestimmen l¨aßt: Ein Anstieg der Spannungsverst¨ arkung Av ∼ f ergibt z. B. in doppeltlogarithmischer Auftragung eine Gerade der Steigung +1 bzw. 20 dB/dec, ein Abfall Av ∼ 1/f entsprechend eine Gerade der Steigung −1 bzw. −20 dB/dec. Zeigt av einen Abfall von 40 dB/dec, so kann umgekehrt auf eine Frequenzabh¨angigkeit ∼ 1/f 2 geschlossen werden.
Verz¨ ogerungszeit und Anstiegszeit Bezeichnet y0 den minimalen Wert der Ausgangsgr¨oße eines linearen Netzwerks und ys ihren Hub, so l¨ aßt sich schreiben y(t) = y0 + ys f (t) , wobei f (t) nur Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann. Diese normierte Ausgangsvariable enth¨ alt s¨ amtliche Informationen u ¨ber das Zeitverhalten des Systems. Ein m¨ oglicher Verlauf von f (t) als Antwort des Systems auf eine Sprungfunktion am Eingang ist in Abb. 1.9 dargestellt. Zur Charakterisierung f(t) 1
td
0
tr 0
(a ) t
f(t) 1 /tr
0
td
0
tr t
(b )
Abb. 1.9. Verlauf von f (t) und f˙(t). Definition von Verz¨ ogerungszeit und Anstiegszeit
22
1. Grundlagen
des Zeitverhaltens werden zwei Zeitkonstanten eingef¨ uhrt: 1) Die Verz¨ ogerungszeit td , h¨ aufig definiert als die Zeit, nach der die Ausgangsgr¨oße die H¨ alfte ihres Endwerts erreicht hat: f (td ) = 1/2. Diese Definition ist f¨ ur die meßtechnische Charakterisierung (etwa beim Oszilloskopieren des Ausgangssignals zweckm¨ aßig. F¨ ur Berechnungen ist die Definition nach Elmore [11] (Abb. 1.9) ∞
td =
tf˙(t) dt
(1.50)
0
¨ zweckm¨aßiger, da sich diese direkt aus dem Ubertragungsfaktor berechnen l¨aßt
1 dH d ln[H(s)] = − . td = − H(0) ds s=0 ds s=0
(1.51)
2) Die Anstiegszeit tr , oft definiert als der Kehrwert der Steigung von f (t) bei t = td . Die von Elmore vorgeschlagende Definition
tr =
∞
2π 0
t f˙(t) dt − t2d 2
(1.52)
¨ ist mit dem Ubertragungsfaktor u ¨ber tr = 2π
1 d2 H − t2d H(0) ds2 s=0
(1.53)
verkn¨ upft. ¨ Rationale Ubertragungsfaktoren. F¨ ur Netzwerke aus passiven linearen Zwei¨ polen ist der Ubertragungsfaktor rational H(s) = H(0)
1 + a1 s + a2 s2 + · · · + an sn . 1 + b1 s + b2 s2 + · · · + bm sm
In diesem Fall folgt td = b1 − a1 und
tr =
(1.54)
2π b21 − a21 + 2(a2 −b2 ) .
(1.55)
¨ Wird der Ubertragungsfaktor in eine Reihe nach s entwickelt, so lauten die ersten Glieder
1 t2 H(s) = H(0) 1 − std + s2 t2d + r 2 2π
− ...
.
(1.56)
1.3. Lineare Netzwerke
23
1.3.4 Der RC-Tiefpaß Ein Tiefpaß u agt sinusf¨ ormige Wechselspannungen geringer Frequenz un¨bertr¨ ver¨andert. Bei hohen Frequenzen bewirkt er eine Abschw¨achung und Phasenverschiebung. Abbildung 1.10 zeigt f¨ ur einen Tiefpaß schematisch den Vera
D u r c h la ß b e r e ic h v
0 d B -3 d B
S p e rrb e r e ic h
fg
d B - 4 0 d e c
T ie fp a ß 2 . O r d n u n g lo g f
Abb. 1.10. Bode-Diagramm eines Tiefpasses 2. Ordnung
lauf von av im Bode-Diagramm. In dem bei tiefen Frequenzen vorliegenden Durchlaßbereich ist av ≈ 0 dB; in dem bei hohen Frequenzen vorliegenden Sperrbereich erfolgt ein Abfall, der bei Tiefpaßnetzwerken aus konzentrierten Elementen durch eine Potenzfunktion gegeben ist. Gilt Av ∼ f −m , so spricht man von einem Tiefpaß m-ter Ordnung; im Bode-Diagramm entspricht dies ¨ einer Geraden der Steigung −m · 20 dB/dec. Der Ubergang zwischen Sperrbereich und Durchlaßbereich wird durch die Grenzfrequenz fg des Tiefpasses aherung den Wert −3 dB auf. markiert; bei dieser weist av in guter N¨ R v 1(t) C
v 2(t) Abb. 1.11. RC-Tiefpass
¨ Ubertragungsfaktor, Bode-Diagramm Abbildung 1.11 zeigt die Schaltung eines RC-Tiefpasses. Wird am Eingang eine sinusf¨ormige Wechselspannung v1 (t) = Re vˆ1 e jωt angelegt, so tritt am Ausgang die Spannung v2 (t) = Re vˆ2 e jωt auf. Der Spannungs¨ ubertragungsfaktor des unbelasteten Tiefpasses ergibt sich aus der komplexen Spannungsteilerformel H v (jω) = zu
v2 (jωC)−1 = v1 R + (jωC)−1
24
1. Grundlagen F re q u e n z
f
fg 1 0 d B -1 2
1 0 0
1 k
1 0 k
0
1 0 0 k H z 1 M -3 d B
-2 4 a V
-3 6 -4 8 0 -2 0 j
-4 0
-4 5
-6 0 -8 0 1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
F re q u e n z f
H v (jω) =
1 1 + jωτ
mit
1 0 0 k H z
1 M
Abb. 1.12. BodePlot f¨ ur den RCTiefpaß mit R = 1 kΩ, C = 100 nF
τ = RC .
(1.57)
Mit der (3 dB-)Grenzfrequenz fg = 1/(2πRC)
(1.58)
und ω = 2πf folgt aus Gl. (1.57) f¨ ur die Spannungsverst¨arkung Av (f ) =
1 1 + (f/fg )2
(1.59)
und f¨ ur die Phasenverschiebung ϕ(f ) = − arctan (f/fg ) .
(1.60)
Das zugeh¨orige Bode-Diagramm ist in Abb. 1.12 zu sehen. F¨ ur Frequenzen aherung Av ≈ 1 bzw. av = 0 dB; f¨ ur Frequenzen f fg gilt in guter N¨ f fg dagegen Av (f ) ≈ fg /f . Im Bode-Diagramm entspricht dies einem Abfall von 20 dB/dec, d. h. der betrachtete RC-Tiefpaß ist ein Tiefpaß erster Ordnung. Wird der f¨ ur große Frequenzen beobachtete Kurvenverlauf im BodeDiagramm linear zu 0 dB extrapoliert, so liefert der Schnittpunkt mit der
1.3. Lineare Netzwerke
25
√ 0 dB-Achse die Grenzfrequenz (Abb. 1.12). Dort gilt14 gilt Av = 1/ 2, w¨ahrend die Phasenverschiebung den Wert −45◦ aufweist.
Impulsverhalten F¨ ur eine Untersuchung des Impulsverhaltens wird die Ausgangsspannung v2 (t) als Funktion von v1 (t) im Zeitbereich bestimmt. Im Fall des unbelasteten Tiefpasses ergibt der Knotensatz angewandt auf den Ausgangsknoten dv2 v1 (t) − v2 (t) = C R dt bzw. mit τ = RC dv2 v2 (t) v1 (t) + = . dt τ τ
(1.61)
Als allgemeine L¨ osung dieser Differentialgleichung zum Anfangswert v2 (0) resultiert 15
t v2 (t) = v2 (0) exp − τ
1 + τ
t 0
t − t v1 (t ) exp − τ
dt .
(1.62)
Einschalt- und Ausschaltvorgang. Einfache Spezialf¨alle sind der Einschaltvorur t > 0) mit dem Ausgangsspannungsverlauf gang (v2 (0) = 0 und v1 (t) = V+ f¨
v2 (t) = V+
t 1 − exp − τ
(1.63)
ur t > 0) mit dem und der Ausschaltvorgang (v2 (0) = V+ und v1 (t) = 0 f¨ Ausgangsspannungsverlauf
t v2 (t) = V+ exp − τ
.
(1.64)
Abbildung 1.13 zeigt f¨ ur beide Situationen den Verlauf der Spannung an Eingang und Ausgang. Als charakteristische Zeit f¨ ur das Erreichen des Endwerts dient die RC-Zeitkonstante“ τ ; diese ist nach (1.54) gleich der Verz¨ogerungs” zeit des RC-Tiefpasses nach Elmore. Erst f¨ ur eine Zeitspanne t > 5τ nach dem Umschaltvorgang ist der Endwert in guter N¨aherung (Fehler ca. 0.67 %) erreicht. 14
F¨ ur das Verst¨ arkungsmaß bei f = fg gilt √ av (fg ) = 20 dB · log 1/ 2 ≈ −3.01 dB ,
ahernd 3 dB gegen¨ uber seinem Wert bei kleinen d. h. bei f = fg ist der Wert von av um ann¨ Frequenzen reduziert. 15 Als L¨ osungsmethode f¨ ur diese inhomogene Differentialgleichung erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten kann etwa die Methode der Variation der Konstanten angewandt werden.
26
1. Grundlagen
E in s c h a ltv o r g a n g
A u s s c h a ltv o r g a n g
v 1(t) V
v 1(t) V
+
0
0 t
v 2(t) V
t
v 2(t)
+
0
t
+
0 t
V +
t t
Abb. 1.13. Sprungantwort des RC-Tiefpasses
Anstiegs- und Abfallzeit. Als Anstiegszeit tr wird oft die Zeit bezeichnet, die ¨ das Potential am Ausgang bei sprunghafter Anderung der Eingangsspannung ben¨otigt, um von 10 % auf 90 % seines Endwerts anzusteigen. Aus Gl. (1.63) folgt die Zeit t10% , nach der die Ausgangsspannung 10% des Endwerts V+ erreicht hat t10% = −τ ln(0.9) , sowie die Zeit t90% nach der v2 (t) 90% des Endwerts erreicht hat t90% = −τ ln(0.1) . Die Anstiegszeit tr = t90% − t10% errechnet sich hieraus zu tr = τ ln(9) ≈ 2.2 · τ ≈ 0.35/fg .
(1.65)
Sie ist gleich der Abfallzeit tf = t10% −t90% , wie sich durch eine entsprechende Untersuchung des Ausschaltvorgangs leicht zeigen l¨aßt. Wird die Anstiegszeit u ¨ber die Definition von Elmore berechnet, so folgt aus (1.55) der etwas gr¨oßere Wert √ tr = 2π RC ≈ 2.506 τ . Periodische Eingangsspannung. Ist v2 (0) = 0 und die Eingangsspannung v1 (t) periodisch mit der Periode T , so folgt mit der Zerlegung von v1 (t) in einen Gleichanteil v1 und einen Wechselanteil ∆v1 (t) aus (1.62)
v2 (t) = v1
t 1 − exp − τ
+ ∆v2 (t) ,
mit dem Wechselanteil der Ausgangsspannung
(1.66)
1.3. Lineare Netzwerke
1 ∆v2 (t) = τ
t 0
27
t − t ∆v1 (t ) exp − τ
dt .
(1.67)
F¨ ur t τ folgt damit f¨ ur die Ausgangsspannung v2 (t) = v1 + ∆v2 (t) . ur t τ periodisch mit der Frequenz f = 1/T . Der Wechselanteil ∆v2 (t) ist f¨ Ist f = 1/T groß im Vergleich zur Grenzfrequenz fg des Tiefpasses, so ist die Amplitude von ∆v2 (t) klein im Vergleich zur Amplitude von ∆v1 (t), da C nicht mehr schnell genug u ¨ber R umgeladen werden kann: Der Tiefpass arbeitet als Mittelwertbildner. 16 Der Wechselanteil der Ausgangsspannung ist f¨ ur t τ periodisch mit der Periode T ; liegt bei t0 ein Nulldurchgang von ∆v2 (t), so gilt 1 ∆v2 (t) = τ
t
t − t ∆v1 (t ) exp − τ t0
dt
Wegen der Periodizit¨ at gen¨ ugt es das Integral nur im Zeitintervall [t0 , t0 +1/f ] auszuwerten. F¨ ur f fg gilt dort aber stets t − t0 τ . Dies erlaubt es die Exponentialfunktion durch 1 anzun¨ ahern. Damit folgt 1 ∆v2 (t) ≈ τ
t
∆v1 (t ) dt ,
(1.68)
t0
d. h. der Wechselanteil der Ausgangsspannung folgt als Integral des Wechselanteils der Eingangsspannung. Bez¨ uglich des Wechselanteils ∆v1 (t) der Eingangsspannung arbeitet der Tiefpaß f¨ ur f fg als Integrierer. 16
Dieses Ergebnis l¨ aßt sich auch durch Zerlegen der mit der Frequenz f periodischen Eingangsspannung in eine Fourier-Reihe
n=∞
v1 (t) =
vˆ1,n e j2πnf t
mit
vˆ1,n = f
1/f
v1 (t) e −j2πnf t dt
0
n=−∞
¨ gewinnen. Da es sich beim Tiefpaß um einen linearen Ubertrager handelt, kann die Ausgangsspannung aus den Fourier-Komponenten der Eingangsspannung, multipliziert mit dem entsprechenden Spannungs¨ ubertragungsfaktor, zusammengesetzt werden
n=∞
v2 (t) =
n=−∞
vˆ1,n e j2πnf t . 1 + jnf/fg
Ist f fg , so wird bereits die Grundschwingung (n = 1) beim Durchgang durch den Tiefpaß stark bed¨ ampft, die Oberwellenanteile (n > 1) um so mehr. Einzig der Term zu n=0
v1 = f
1/f
v1 (t) dt = vˆ1,0 , 0
d. h. der Gleichanteil der Eingangsspannung, durchl¨ auft den Tiefpaß unged¨ ampft.
28 v
1. Grundlagen f = 1 0 0 k H z
1
1 5 0 W
5 V v 0 5
1 5
1 0
2 .5 V + D v 1(t) 1 0 0 n F 1
m s
i 2 .5 V + D v 2(t)
t
(a )
(b )
Abb. 1.14. (a) im Beispiel betrachtetes Eingangssignal und (b) Absch¨ atzung der Restwelligkeit
Beispiel 1.3.3 Betrachtet wird ein RC-Tiefpaß mit R = 150 Ω, C = 100 nF. Dieser besitzt die Grenzfrequenz fg =
1 = 10.61 kHz . 2πRC
Wird auf den Eingang eine rechteckf¨ ormige Spannung entsprechend der Abb. 1.14 gegeben 2.5 V in der 1. Halbperiode ∆v1 (t) = v1 (t) = 2.5 V + ∆v1 (t); −2.5 V in der 2. Halbperiode so stellt sich am Ausgang f¨ ur t τ = 15 µs ein periodischer Spannungsverlauf mit dem Gleichanteil 2.5 V und dem Wechselanteil ∆v2 (t) ein. Der Hub am Ausgang l¨ aßt sich f¨ ur f/fg 1 leicht absch¨atzen, da dieser dann klein gegen¨ uber dem Hub am Eingang ist und in einfachster N¨aherung vernachl¨assigt ¨ werden kann. Uber R fließt damit n¨ aherungsweise der Strom ∆v1 (t) ∆v1 (t) − ∆v2 (t) 16.7 mA f¨ ur ∆v1 = 2.5 V ≈ = i = −16.7 mA f¨ u r ∆v1 = −2.5 V R R Wegen des weitgehend konstanten Lade- bzw. Entladestroms a¨ndert sich v2 (t) ann¨ ahernd linear mit der Zeit – am Ausgang ist deshalb eine Dreiecksspannung mit einem u ¨berlagerten Gleichanteil von 2.5 V zu erwarten. In der zum Aufladen zur Verf¨ ugung stehenden Zeit ∆t = (2f )−1 (eine Halbperiode) steigt die Spannung am Kondensator n¨ aherungsweise um ∆v =
16.7 mA i ∆t = ≈ 835 mV , C 2 · 105 Hz · 100 nF
um in der n¨ achsten Halbperiode um denselben Wert wieder abzunehmen. Dasselbe Ergebnis folgt aus (1.68): Angenommen ∆v1 (t) springt bei t = 0 von −2.5 V auf 2.5 V, so folgt nach (1.68) f¨ ur den Hub w¨ ahrend der folgenden Halbperiode (∆v1 = const.) 1 1/2f 1 2.5 V 10−5 s 1 1 ∆v1 = · · = 835 mV . ∆v1 dt = τ 0 RC 2f 100 nF 150 Ω 2 Abbildung 1.15 zeigt das Ergebnis einer SPICE-Transientenanalyse f¨ ur v1 (t), v2 (t). aherung als symmetrische DreiecksspanDer Verlauf von v2 (t) zeigt sich in guter N¨
1.3. Lineare Netzwerke
29
9 YW
9
YW
9
9 XV
9
XV 9
XV
XV
XV
XV
XV
7LPH
Abb. 1.15. Eingangs- und Ausgangsspannung am RC-Tiefpaß (f/fg ≈ 10) berechnet mit der SPICE Transientenanalyse
nung (Integration des Wechselanteils der Eingangsspannung), die dem Gleichanteil der Eingangsspannung v 1 = 2.5 V u ¨berlagert ist (Mittelwertbildung). Der durch Simulation ermittelte Hub von 823 mV am Ausgang stimmt gut mit der analytischen Absch¨ atzung u ∆ ¨berein.
Anwendung der Laplace-Transformation. Im Zeitbereich besteht zwischen Eingangsspannung v1 (t) und Ausgangsspannung v2 (t) der Zusammenhang v1 (t) − v2 (t) dv2 = , dt RC was nach Laplace-Transformation in s v 2 (s) − v2 (t = 0) =
v 1 (s) − v 2 (s) τ
u ur die Laplace-Transformierte der Aus¨bergeht. Durch Umstellen folgt f¨ gangsspannung v 2 (s) =
τ v2 (t = 0) v 1 (s) + . 1 + sτ 1 + sτ
(1.69)
Der erste Term beschreibt dabei das Verhalten im eingeschwungenen Zu¨ stand, der Ubertragungsfaktor H(s) = 1/(1+sτ ) folgt durch die Substitution ¨ jω → s aus dem Ubertragungsfaktor H(jω), wie er durch die komplexe Wechselstromrechnung ermittelt werden kann. Der zweite Term ber¨ ucksichtigt den
30
1. Grundlagen
Anfangswert der Ausgangsspannung; wird dieser Term in den Zeitbereich zur¨ ucktransformiert, so ergibt sich im Beispiel eine exponentiell ged¨ampfte L¨osung, die f¨ ur große Zeiten gegen null geht, im eingeschwungenen Zustand also abgeklungen ist. Die Beziehung (1.69) erlaubt einen weiteren Nachweis der integrierenden Wirkung des RC-Tiefpasses. Hier gilt v 2 (s) =
1 v (s) . 1 + sτ 1
Bei Frequenzen die deutlich oberhalb 17 der Grenzfrequenz liegen, ist sτ 1 und damit v 2 (s) ≈
1 v (s) . sτ 1
Nach R¨ ucktransformation in den Zeitbereich ergibt sich wegen Gl. (1.36) auf der rechten Seite das Integral von v1 (t) u ¨ber der Zeit. a 0 d B -3 d B
V
S p e rrb e r e ic h
D u r c h la ß b e r e ic h
fg 2 0 d B /d e c lo g f
Abb. 1.16. Bode-Diagramm eines Hochpasses 1. Ordnung
1.3.5 Der RC-Hochpaß Ein Hochpaß u agt sinusf¨ ormige Eingangsspannungen hoher Frequenz ¨bertr¨ unver¨andert. Bei Eingangsspannungen tiefer Frequenz bewirkt er eine Abschw¨achung und eine Phasenvorauseilung. Abbildung 1.16 zeigt schematisch den Verlauf von av im Bode-Diagramm f¨ ur einen Hochpaß. In dem bei tiefen Frequenzen vorliegenden Sperrbereich erfolgt bei Hochpaßnetzwerken aus linearen Elementen ein Anstieg mit einem Vielfachen von 20 dB/dec entsprechend der Ordnung des Hochpasses: Ein Hochpaß der Ordnung k zeigt im Sperrbereich einen Anstieg mit k · 20 dB/dec. In dem bei hohen Frequenzen ¨ vorliegenden Durchlaßbereich ist av ≈ 0 dB. Der Ubergang zwischen Durchlaßbereich und Sperrbereich wird durch die Grenzfrequenz fg des Hochpasses markiert, bei der av den Wert −3 dB aufweist. 17
Dies setzt voraus, daß nur Wechselanteile auftreten, andernfalls w¨ urde die LaplaceTransformierte eine Komponente mit sτ 1 aufweisen.
1.3. Lineare Netzwerke
31
¨ Ubertragungsfaktor, Bode-Diagramm F¨ ur den in Abb. 1.17 gezeigten RC-Hochpaß ergibt sich aus der Spannungsteilerformel H v (jω) =
v2 R 1 = = , −1 v1 R + (jωC) 1 + (jωτ )−1
(1.70)
wobei wiederum τ = RC gilt.
C
v 1(t)
R
v 2(t) Abb. 1.17. RC-Hochpaß
Mit der Grenzfrequenz fg = (2πRC)−1 resultiert hieraus f¨ ur Betrag und ¨ Phase des Ubertragungsfaktors Av (f ) =
f 1 fg 1 + (f/fg )2
(1.71)
sowie ϕ(f ) = arctan (fg /f ) .
(1.72)
F¨ ur kleine Frequenzen kann in Gl. (1.71) f¨ ur Av (f ) die Frequenzabh¨angigkeit des Wurzelausdrucks vernachl¨ assigt werden. Av (f ) steigt bei diesen Frequenzen in guter N¨ aherung proportional zur Frequenz an Av (f ) ≈
f fg
mit
fg =
1 . 2πRC
(1.73)
Im Bode-Diagramm (Abb. 1.18) resultiert f¨ ur f fg ein Anstieg mit 20 dB/dec, d. h. es liegt ein Hochpaß 1. Ordnung vor. F¨ ur ωτ 1 bzw. f fg n¨ ahert sich Av (f ) dem Wert 1 (bzw. av → 0 dB); die Phasenverschiebung zwischen Eingangs- und Ausgangssignal, die bei kleinen Frequenzen 90◦ betr¨a√gt, wird nun zu 0◦ . Bei der Grenzfrequenz gilt wie beim Tiefpaß Av (fg ) = 1/ 2; die Phasenverschiebung zwischen Eingang und Ausgang ist hier jedoch 45◦ .
Impulsverhalten Die Analyse des Impulsverhaltens wird wie beim Tiefpaß im Zeitbereich durchgef¨ uhrt. Der Knotensatz liefert (im unbelasteten Fall) f¨ ur den Ausgangsknoten C
v2 d (v1 −v2 ) = dt R
32
1. Grundlagen F re q u e n z f fg d B
1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
H z
0
1 M -3 d B
-1 2
a
-2 4 v
-3 6
-4 8 9 0
j
6 0 4 5 3 0
0
1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
H z
Abb. 1.18. BodeDiagramm f¨ ur einen RC-Hochpaß mit fg = 6 kHz
1 M
F re q u e n z f
bzw. mit τ = RC dv2 v2 dv1 + = = v˙ 1 (t) . dt τ dt
(1.74)
Die L¨osung zum Anfangswert v2 (0) ist in diesem Fall
v2 (t) = v2 (0+ ) exp −
t τ
t
+ 0+
v˙ 1 (t ) exp −
t − t τ
dt .
(1.75)
Einschalt- und Ausschaltvorgang. Als einfache Spezialf¨alle werden der Einschaltvorgang und der Ausschaltvorgang betrachtet. Beim Einschaltvorgang springt v1 bei t = 0 vom Wert 0 auf den Wert V+ . Da die Spannung u ¨ber der Kapazit¨at dabei erhalten bleibt (vC (0+ ) = vC (0− ) = 0), folgt v2 (0+ ) = V+ . Wegen der f¨ ur t > 0 konstanten Eingangsspannung v1 (t), gilt v˙ 1 (t) = 0 f¨ ur alle Zeiten t > 0. Aus diesem Grund verschwindet das Integral in Gl. (1.75) und der Ausgangsspannungsverlauf ergibt sich zu
t v2 (t) = V+ exp − τ
.
(1.76)
Das Verhalten beim Ausschaltvorgangfolgt auf analoge Weise. Hier war die
1.3. Lineare Netzwerke
33
E in s c h a ltv o r g a n g
A u s s c h a ltv o r g a n g
v 1(t) V
v 1(t) V +
0
+
0 t
v 2(t) V +
t
v 2(t)
t 0
t t
0 t
-V +
Abb. 1.19. Sprungantwort des RC-Hochpasses
Kapazit¨at vor dem Sprung der Eingangsspannung auf die Spannung V+ aufgeladen, d. h. hier gilt direkt nach dem Umschalten v2 (0+ ) = −V+ . Aus Gl. (1.75) folgt so der Ausgangsspannungsverlauf
t v2 (t) = −V+ exp − τ
.
(1.77)
Abbildung 1.19 zeigt f¨ ur beide Situationen den Verlauf der Spannung an Eingang und Ausgang. Als charakteristische Zeit f¨ ur das Erreichen des jeweiligen Endwerts dient auch hier τ = RC. F¨ ur kleine Werte von τ f¨ allt der Exponentialfaktor im Integranden in Gl. (1.75) f¨ ur t < t schnell zu null hin ab. In diesem Fall ist es sinnvoll v˙ 1 (t ) um t zu entwickeln dv1 = v˙ 1 (t ) = v˙ 1 (t) + v¨1 (t) · (t − t) + ..... dt Wird diese Entwicklung in Gl. (1.75) verwendet, so folgt nach Ausf¨ uhren der ur t τ Integrale die Ausgangsspannung zum Anfangswert v2 (0) = 0 f¨ v2 (t) ≈ τ v˙ 1 (t) + τ 2 v¨1 (t) + ..... Im Grenzfall kleiner Werte von τ folgt so v2 (t) ≈ τ
dv1 , dt
d. h. der Hochpaß arbeitet als Differenzierer.
(1.78)
34
1. Grundlagen
9
P9
YW
P9
9
P9
9
!! P9 PV
YW PV 9
PV 9
PV
PV
PV
7LPH
Abb. 1.20. Eingangs- und Ausgangsspannung des RC-Hochpasses (f/fg ≈ 0.1) berechnet mit der SPICE Transientenanalyse
Anwendung der Laplace-Transformation. Die differenzierende Eigenschaft des ¨ RC-Hochpasses kann auch durch Entwickeln des Ubertragungsfaktors H(s) und Anwenden von (1.33) gezeigt werden. F¨ ur kleine Frequenzen (sτ 1) folgt H(s) =
sτ = sτ 1 − sτ + s2 τ 2 − +... . 1 + sτ
Wird nur der erste Term der Entwicklung beibehalten, so verbleibt v 2 (s) = sτ v 1 (s) . Bei R¨ ucktransformation in den Zeitbereich ergibt sich wegen Gl. (1.33) auf der rechten Seite die Ableitung von v1 (t) nach der Zeit. Beispiel 1.3.4 Wird auf den Eingang eines RC-Hochpasses mit R = 150 Ω, C = 150 nF, fg = 10.61 kHz eine Dreiecksspannung entsprechend Abb. 1.21 gegeben, so ist bei steigender Flanke 5V V dv1 = = 104 dt 0.5 ms s und bei fallender Flanke dv1 V −5 V = = −104 . dt 0.5 ms s
1.3. Lineare Netzwerke v 1
35
f= 1 k H z
5 V
0
1 m s
2 m s t
Abb. 1.21. In Beispiel 1.3.4 betrachteter Verlauf der Eingangsspannung
Da die Frequenz der Eingangsspannung klein ist gegen¨ uber der Grenzfrequenz des Hochpasses, wird am Ausgang eine symmetrische Rechteckspannung erwartet: Die Ableitung einer Geraden ergibt eine Konstante. Mit RC = 15 µs folgt f¨ ur die Ausgangsspannung dv1 150 mV bei steigender Flanke = v2 ≈ τ −150 mV bei fallender Flanke dt Abbildung 1.20 zeigt das Ergebnis einer entsprechenden SPICE-Transientenanalyse f¨ ur v1 (t) und v2 (t). F¨ ur v2 (t) ergibt sich in guter N¨aherung der erwartete Verlauf. ∆
1.3.6 RC-Bandpass Besitzt ein Netzwerk sowohl bei hohen als auch bei tiefen Frequenzen einen Sperrbereich und bei mittleren Frequenzen einen Durchlaßbereich, so liegt ein Bandpaß 18 vor. Der prinzipielle Verlauf von av im Bode-Diagramm ist in Abb. 1.22 skizziert.Die Grenzen des Durchlaßbereichs werden nach unten durch die a V
E in fü g u n g s d ä m p fu n g D u r c h la ß b e r e ic h
0 d B
3 d B fg u
fm
fg o
lo g f
Abb. 1.22. Bode-Diagramm eines Bandpasses
untere Grenzfrequenz fgu und nach oben durch die obere Grenzfrequenz fgo bestimmt. Die Differenz B = fgo − fgu heißt Bandbreite des Bandpasses; das geometrische Mittel
fm = 18
fgu fgo
(1.79)
Eine Bandsperre weist im Gegensatz zum Bandpass sowohl bei tiefen als auch bei hohen Frequenzen einen Durchlaßbereich auf; lediglich im Bereich zwischen der unteren Grenzfrequenz fgu und der oberen Grenzfrequenz fgo besitzt av einen Wert kleiner als −3 dB.
36
1. Grundlagen
der beiden Grenzfrequenzen wird als Bandmittenfrequenz bezeichnet. Bei logarithmisch unterteilter Frequenzskala liegt fm genau in der Mitte zwischen fgu und fgo . Ein Bandpaß heißt schmalbandig, falls B fm gilt; als Maß gilt die relative Bandbreite B/fm . Die Abschw¨achung des Signals bei der Bandmittenfrequenz wird als Einf¨ ugungsd¨ ampfung bezeichnet (Abb. 1.22). R v
C 1
1
R 1
2
C
v 2
2
Abb. 1.23. RC-Bandpaß
¨ Ubertragungsfaktor, Bode-Diagramm Abbildung 1.23 zeigt den Schaltplan eines RC-Bandpasses. Die Impedanz der Parallelschaltung von R2 und C2 ist
Z =
1 + jωC2 R2
−1
=
R2 . 1 + jωR2 C2
Mit Hilfe der komplexen Spannungsteilerformel folgt so f¨ ur den Spannungs¨ ubertragungsfaktor H v (jω) =
1 . R1 C2 1 1+ + + + jωR1 C2 R2 C1 jωC1 R2
F¨ ur sehr kleine Frequenzen ist im Nenner des Ausdrucks f¨ ur H v (jω) der Term 1/(jωC1 R2 ) dominierend, Av (f ) verh¨ alt sich dann wie Av (f ) = 2πC1 R2 f =
f f1
mit
f1 =
1 . 2πC1 R2
Die Impedenz von R1 ist gegen¨ uber der von C1 vernachl¨assigbar, die Admituber der von R2 , d.h. die Schaltung verh¨alt sich wie ein tanz von C2 gegen¨ RC-Hochpaß mit den Elementen C1 und R2 . Das Verst¨arkungsmaß steigt in diesem Frequenzbereich mit 20 dB pro Dekade an. Bei hohen Frequenzen wird der Nenner im Ausdruck f¨ ur H v (jω) durch den Term jωR1 C2 dominiert. Die Spannungsverst¨arkung verh¨alt sich dann wie Av (f ) ≈
f2 1 mit f2 = . f 2πR1 C2
In diesem Frequenzbereich f¨ allt das Verst¨arkungsmaß mit 20 dB pro Dekade ab; die Impedanz von C1 ist gegen¨ uber der von R1 vernachl¨assigbar, die uber der von C2 , d.h. die Schaltung verh¨alt sich Admittanz von R2 gegen¨
1.3. Lineare Netzwerke
37 F re q u e n z f
f1 1 0
f2
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
H z
1 M
0
d B -6 -1 2
a v(f)
-1 8 -2 4
-3 0
8 0 4 0
0
j -4 0 -8 0
1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
H z
1 M
F re q u e n z f
Abb. 1.24. BodeDiagramm f¨ ur den Bandpaß (Wienbr¨ ucke mit R1 = 100 Ω, R2 = 100 Ω, C1 = 10 µF, C2 = 100 nF)
wie ein RC-Tiefpaß mit den Elementen R1 und C2 . Die Werte von f1 und f2 lassen sich durch lineare Extrapolation des ansteigenden bzw. abfallenden Kurvenst¨ ucks im Bodeplot zu 0 dB bestimmen (Abb. 1.24). ¨ Bei korrekter Dimensionierung weist der Ubertragungsfaktor zus¨atzlich einen Bereich auf, in dem gilt 1+
R1 C2 f1 + R2 C1 f
und
1+
f R1 C2 + R2 C1 f2
hier zeigt der Bodeplot des Bandpasses ein deutlich ausgepr¨agtes Plateau ¨ (Ubertragungsband); in diesem gilt H v (f ) ≈
1 = Hv0 . 1 + R1 /R2 + C2 /C1
Die Grenzfrequenzen des Bandpasses liegen bei fgu = Hv0 f1 =
Hv0 2πR2 C1
und
fgo = f2 /Hv0 =
die Bandmittenfrequenz ist
fgu fgo =
f1 f2 =
2π
√
1 . R1 R2 C1 C2
1 ; 2πHv0 R1 C2
38
1. Grundlagen
Die Phasenverschiebung des Bandpasses n¨ahert sich vom Wert 90◦ f¨ ur kleine Frequenzen, bei denen das Hochpaßverhalten dominiert, dem Wert 0◦ im ¨ Ubertragungsband und verl¨ auft gegen den Wert −90◦ im Bereich großer Frequenzen, in dem das Tiefpaßverhalten dominiert (Abb. 1.24). R i( t)
L d i/d t
i( t)
v 1(t)
v 2(t) C
Abb. 1.25. RLC-Reihenschwingkreis
1.3.7 Der LRC-Reihenschwingkreis ¨ Ubertragungsfaktor, Bode-Diagramm Der Spannungs¨ ubertragungsfaktor des in Abb. 1.25 skizzierten Reihenschwingkreises folgt aus der komplexen Spannungsteilerformel zu H v (jω) =
(jωC)−1 1 . = −1 R + jωL + (jωC) 1 + jωRC − ω 2 LC
(1.80)
Wird mittels ω0 = 2πf0 = √
1 , LC
δ=
R 2L
und
Q=
1 ω0 = ω0 RC 2δ
(1.81)
die Eigenkreisfrequenz ω0 des unged¨ ampften Schwingkreises (Kennkreisfrequenz), die Abklingkonstante δ und die G¨ ute Q eingef¨ uhrt, so ergibt sich f¨ ur ¨ Betrag und Phase des Ubertragungsfaktors als Funktion der Frequenz Av (f ) =
1 − sowie
ϕ(f ) = − arctan
1 1 2− 2 Q
2 f
f02
f f0 Q(f02 −f 2 )
f4 + 4 f0
(1.82)
.
aherung gleich eins, d. h. F¨ ur f f0 ist Av (f ) in sehr guter N¨ av ≈ 0 dB
f¨ ur
f →0;
die Phasenverschiebung betr¨ agt dort ann¨ahernd 0◦ . Unter der Voraussetzung √ Q > 1/ 2 steigt der Spannungs¨ ubertragungsfaktor mit der Frequenz f an bis zum Maximum bei der Resonanzfrequenz
1.3. Lineare Netzwerke
39 F re q u e n z f fr
1 0
d B
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
H z
1 M
2 4 0
-2 4
a v
-4 8 -7 2 0
-4 0 -8 0
j
-1 2 0 -1 6 0
-2 0 0 1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
H z
F re q u e n z f
ω0 ωr = fr = 2π 2π
1−
1 1 2 = ω0 − 2δ 2 , 2Q2 2π
1 M
Abb. 1.26. BodeDiagramm f¨ ur den Reihenschwingkreis (R = 10 Ω, L = 100 mH, C = 1 µF)
(1.83)
wie sich durch Ableiten leicht feststellen l¨aßt. Im Maximum besitzt der Spannungs¨ ubertragungsfaktor den Wert Av (fr ) =
Q . 1 − 1/(4Q2 )
(1.84)
√ Unter der Voraussetzung Q > 1/ 2 u ¨berschreitet der Wert von av in der N¨ahe der Resonanzfrequenz den Wert 0 dB, was als Resonanz¨ uberh¨ ohung bezeichnet wird; im Fall Q 1 gilt av (fr ) ≈ 20 dB · log(Q) . Als Resonanzbreite wird die Breite des Frequenzintervalls bezeichnet, in dem av um weniger als 3 dB unter seinem Maximalwert liegt. Aus der Forderung ur f , die av (f ) = av (fr ) − 3 dB resultiert eine biquadratische Gleichung f¨ zwei positive L¨ osungen fgu und fgo aufweist. F¨ ur Q 1 folgt daraus f¨ ur die Resonanzbreite fgo − fgu ≈ f0 /Q = δ/π .
(1.85)
40
1. Grundlagen
Die Resonanzbreite ist um so kleiner, je gr¨oßer die G¨ ute Q des Reihenschwingkreises ist. F¨ ur f f0 = ω0 /2π wird die Spannungsverst¨arkung Gl. (1.82) durch den Term (f/f0 )4 dominiert, so daß gilt
Av ≈ 1
(f/f0 )4 ≈ f02 /f 2 .
F¨ ur av resultiert hier ein Abfall mit 40 dB/dec; die Phasenverschiebung betr¨agt in diesem Frequenzbereich ann¨ ahernd −180◦ . Das Bode-Diagramm f¨ ur den LRC-Reihenschwingkreis ist in Abb. 1.26 zu sehen.
Impulsverhalten Zur Untersuchung des Einschwingverhaltens der Schaltung werden die Netzwerkgleichungen der nebenstehend skizzierten Schaltung im Zeitbereich unur die Spannungsabf¨alle an R und L tersucht. Wegen i(t) = C dv2 /dt gilt f¨ dv2 1 dv2 = dt Qω0 dt dv22 di 1 dv22 = LC 2 = 2 2 . vL (t) = L dt dt ω0 dt
vR (t) = R i(t) = RC
Der Maschensatz lautet damit v1 (t) = v2 (t) +
1 dv 2 1 dv2 + 2 22 . Qω0 dt ω0 dt
(1.86)
Der Einfachheit halber wird nur der Einschaltvorgang untersucht, bei dem zur Zeit t = 0 die Spannung v1 (t) sprunghaft von 0 auf V+ angehoben wird. ur Zeiten t > 0 dann zu Mit δ = ω0 /2Q kann die Differentialgleichung (1.86) f¨ ω02 V+ = ω02 v2 (t) + 2δ
dv2 dv22 + 2 dt dt
(1.87)
vereinfacht werden. Direkt nach dem Einschalten befindet sich noch keine Ladung auf der Kapazit¨ at; dies f¨ uhrt auf die Anfangsbedingung v2 (0+ ) = 0 .
(1.88)
Da der Strom i(t) zuvor null war, muß auch direkt nach dem Schaltzeitpunkt i(0+ ) = 0 gelten, da der Strom wegen der Induktivit¨at nur mit endlicher Geschwindigkeit ansteigen kann. Dies f¨ uhrt wegen i = C v˙ 2 auf die zweite Anfangsbedingung v˙ 2 (0+ ) = 0 .
(1.89)
¨ Die L¨osung zu Gl. (1.87) ergibt sich durch Uberlagern einer partikul¨aren L¨osung der inhomogenen Differentialgleichung zur allgemeinen L¨osung der
1.3. Lineare Netzwerke
41
homogenen Differentialgleichung. Eine partikul¨are L¨osung der inhomogenen Differentialgleichung ist durch v2 (t) = V+ gegeben, wie durch Einsetzen leicht u uft werden kann. Die allgemeine ¨berpr¨ L¨osung der homogenen Differentialgleichung folgt durch Exponentialansatz uhrt auf die charakteristische Gleichung v2 (t) ∼ e st ; dieser f¨ ω02 + 2δs + s2 = 0
(1.90)
mit den Eigenwerten s± = −δ ±
δ 2 −ω02 .
Abh¨angig vom Verh¨ altnis der Gr¨ oßen δ und ω0 werden drei verschiedene F¨alle unterschieden, die in der Folge n¨ aher betrachtet werden.
s± = −δ ± δ 2 −ω02 s± = −δ s± = −δ ± j ω02 −δ 2
δ > ω0 δ = ω0 δ < ω0
Kriechfall Aperiodischer Grenzfall Schwingungsfall
Kriechfall. F¨ ur δ > ω0 bzw. Q > 1/2 ergeben sich zwei reelle L¨osungen der charakteristischen Gleichung, d. h. die allgemeine L¨osung ist von der Form v2 (t) = V+ + a+ e s+ t + a− e s− t . Werden die Konstanten a+ und a− so bestimmt,daß die Anfangsbedingungen (1.88) und (1.89) erf¨ ullt sind, so folgt mit ζ = δ 2 −ω02
v2 (t) = V+ 1 − e
−δ t
δ cosh(ζt) + sinh(ζt) ζ
.
(1.91)
Im Fall sehr starker D¨ ampfung (δ ω0 bzw. Q 1) kann entwickelt werden
ζ =
δ
2
−ω02
= δ
1 − ω02 /δ 2 ≈ δ −
ω02 = δ − Qω0 . 2δ
ultige Aus Gl. (1.91) resultiert damit die f¨ ur δ · t 1 bzw. t > 2Q/ω0 g¨ N¨aherung
v2 (t) ≈ V+ 1 − e −Qω0 t
.
(1.92)
d. h. das Einschwingverhalten entspricht in guter N¨aherung dem eines RCTiefpasses mit τ = (Qω0 )−1 .
42
1. Grundlagen
Aperiodischer Grenzfall. Im Fall δ = ω0 bzw. Q = 1/2 fallen die beiden L¨osungen s+ und s− zusammen. Die zu den Anfangsbedingungen geh¨orende L¨osung der Differentialgleichung ist dann
v2 (t) = V+ 1 − e−ω0 t (1+ω0 t) .
(1.93)
Hier wird der Endwert der Ausgangsspannung am schnellsten erreicht.
9 & Q) 4
/ X+
4
Y 4 4
9
V
XV 9
XV 9 7LPH
XV
XV
XV
Abb. 1.27. Einschwingverhalten des in Beispiel 1.3.5 untersuchten RLC-Reihenschwingkreises f¨ ur unterschiedliche Werte der G¨ ute Q
√ Schwingungsfall. F¨ ur δ < ω0 bzw. Q > 1/2 folgt s± = −δ ± j ωd mit
ωd =
ω02 −δ 2 ;
die allgemeine L¨ osung der Differentialgleichung (1.87) lautet in diesem Fall v2 (t) = V+ + ae −δ t sin(ωd t+ϕ) . Werden die Integrationskonstanten a und ϕ entsprechend den Anfangsbedingungen (1.88) und (1.89) bestimmt, so folgt
v2 (t) = V+ 1 − e
−δ t
sin(ωd t+ϕ) sin ϕ
(1.94)
1.3. Lineare Netzwerke
43
mit ϕ = arctan ( ωd /δ). Die Ausgangsspannung wird auch hier gegen den ¨ Endwert V+ verlaufen. Dabei treten jedoch Uberschwinger auf: Der Wert von v2 (t) oszilliert um den Endwert V+ mit einer Abklingzeitkonstante 1/δ. Das zeitabh¨angige Verhalten von v2 (t) wurde durch L¨osen der Differentialgleichung (1.87) im Zeitbereich gewonnen. Das Einschwingverhalten erwies sich dabei als abh¨ angig von den L¨ osungen der charakteristischen Gleichung. ¨ upft. Ersetzt Diese ist jedoch eng mit dem Ubertragungsfaktor H v (jω) verkn¨ ¨ man im Ubertragungsfaktor (1.80) die Variable jω durch s, so l¨aßt sich die charakteristische Gleichung (1.90) auch als 1/H(s) = 0 schreiben. Die L¨osungen der charakteristischen Gleichung entsprechen demnach Nullstellen von ¨ H v (s). 1/H v (s), d. h. Polen des Ubertragungsfaktors Beispiel 1.3.5 Als Beispiel wird ein RLC-Reihenschwingkreis mit der Kennkreisfrequenz ω0 = 6π · 105 Hz betrachtet. Zu C = 100 nF ist dabei L = ω0−2 · C = 2.81 µH zu w¨ ahlen. Abbildung 1.27 zeigt die Ausgangsspannung v2 (t) f¨ ur drei verschiedene Werte von R. Die Widerstandswerte wurden so gew¨ahlt, daß Q = 5 (bed¨ampfte Schwingung), Q = 0.5 (aperiodischer Grenzfall) und Q = 0.05 (Kriechfall) gilt. F¨ ur Q = 5 wird erwartungsgem¨ aß eine bed¨ ampfte Schwingung und f¨ ur Q = 0.5 ein sehr schneller Anstieg gegen den Endwert beobachtet. Die f¨ ur Q = 0.05 in Abb. 1.27 abzulesende Zeit, nach der die Ausgangsspannung auf 63% ihres Endwerts angestiegen ist, stimmt ebenfalls sehr gut mit der Absch¨atzung τ ≈ (ω0 Q)−1 ≈ 10.6 µs u ∆ ¨berein.
9 Y 9 Y 9
9
9
V
9
XV 9
XV
XV
XV
XV
XV
7LPH
Abb. 1.28. Anregung der dritten Harmonischen in einem Reihenschwingkreis (Q = 10)
44
1. Grundlagen
Beispiel 1.3.6 Das mit der Resonanz¨ uberh¨ohung verkn¨ upfte Bandpaßverhalten kann gezielt zur Frequenzvervielfachung eingesetzt werden, wenn die Resonanzfrequenz des Reihenschwingkreises auf die gew¨ unschte Frequenz abgestimmt wird und die eingehende Spannung dort Oberwellenanteile aufweist. Abbildung 1.28 zeigt das Ergebnis einer SPICE-Transientenanalyse bei der eine rechteckf¨ ormige Eingangsspannung der Periode T = 10 µs auf den in Beispiel 1.3.5 betrachteten RLC-Reihenschwingkreis mit Q = 10 gegeben wird. Die Resonanzfrequenz des Schwingkreises betr¨ agt ann¨ ahernd das dreifache der Frequenz der Grundschwingung des Eingangssignals, d. h. fr ≈ 3/T . Da vorzugsweise die Oberwellenanteile mit f ≈ fr u ¨bertragen werden, weist das Ausgangssignal einen dominierenden Anteil mit f = 300 kHz auf, dem ein Anteil mit f = 100 kHz u ¨berlagert ist. Dies zeigt auch der folgende Ausdruck einer Fourier-Analyse des Eingangs- und Ausgangssignals. ************************************************************************ FOURIER COMPONENTS OF TRANSIENT RESPONSE V(1) DC COMPONENT = 2.505010E+00 HARMONIC NO
FREQUENCY (HZ)
FOURIER COMPONENT
NORMALIZED COMPONENT
PHASE (DEG)
NORMALIZED PHASE (DEG)
1 2 3 4 5
1.000E+05 2.000E+05 3.000E+05 4.000E+05 5.000E+05
3.183E+00 1.002E-02 1.061E+00 1.002E-02 6.366E-01
1.000E+00 3.148E-03 3.333E-01 3.148E-03 2.000E-01
1.804E-01 9.036E+01 5.411E-01 9.072E+01 9.018E-01
0.000E+00 9.018E+01 3.607E-01 9.054E+01 7.214E-01
FOURIER COMPONENTS OF TRANSIENT RESPONSE V(2) DC COMPONENT = 2.499683E+00 HARMONIC NO
FREQUENCY (HZ)
FOURIER COMPONENT
NORMALIZED COMPONENT
PHASE (DEG)
NORMALIZED PHASE (DEG)
1 2 3 4 5
1.000E+05 2.000E+05 3.000E+05 4.000E+05 5.000E+05
3.578E+00 1.293E-03 1.062E+01 1.430E-03 3.568E-01
1.000E+00 3.614E-04 2.967E+00 3.996E-04 9.970E-02
-2.139E+00 1.368E+02 -8.925E+01 -4.507E+00 -1.747E+02
0.000E+00 1.389E+02 -8.711E+01 -2.369E+00 -1.726E+02
************************************************************************
W¨ ahrend das Verh¨ altnis der Amplituden der Grundschwingungen an Ein- und Ausgang ann¨ ahernd denselben Wert aufweist (Av (100 kHz) ≈ 1), ist die Amplitude der 3. Oberschwingung von V(2) als Folge der Resonanz¨ uberh¨ohung ann¨ahernd zehnmal so groß wie diejenige von V(1), was dem Faktor Q entspricht. Da die Fourierreihe der Rechteckspannung keine geradzahligen Harmonischen aufweist, k¨onnen die von SPICE an diesen Stellen berechneten Werte als Anhaltspunkt f¨ ur den numerischen Fehler der Fourier-Transformation angesehen werden. Dieser l¨aßt sich verringern, wenn das maximal zul¨ assige Zeitinkrement der Transientenanalyse geringer gew¨ahlt wird. ∆
1.4. Nichtlineare Netzwerke
45
1.4 Nichtlineare Netzwerke Linearit¨at kann i.allg nur bei hinreichend kleiner Signalamplitude angenommen werden: Bei gr¨ oßeren Signalamplituden gen¨ ugt die Ann¨aherung der Kennlinien u ¨ber Tangenten im Arbeitspunkt (X0 , Y0 ) nicht mehr - die Entwicklung der Kennlinie in eine Taylor-Reihe19 darf dann nicht mehr nach dem linearen Glied abgebrochen werden. Betrachtet wird ein nichtlineares Netzwerk bei dem das Eingangssignal X0 + x∼ (t) das Ausgangssignal Y0 + y∼ (t) ergibt. Die Kleinsignalausgangsgr¨oße y∼ (t) folgt bei Entwicklung der Kennlinie y(x) bis zum N -ten Glied als Polynom N -ter Ordnung der Kleinsignaleingangsgr¨oße x∼ (t) y(t) =
N
αk xk (t)
k=1
mit
1 dk y αk = . k! dxk X
(1.95)
0
Bei sinusf¨ormigem Eingangssignal der Frequenz f ergibt sich das Ausgangs¨ signal als Uberlagerung von Grundschwingungung (Frequenz f ) und Oberschwingungen (sinusf¨ ormigen Signalen der Frequenz mf , 2 ≤ m ≤ N ). ¨ Ist das Kleinsignal-Eingangssignal eine Uberlagerung zweier sinusf¨ormiger Signale unterschiedlicher Frequenz f1 und f2 so ergibt sich das Ausgangssignal ¨ als Uberlagerung verschiedener Mischprodukte“, d.h. sinusf¨ormiger Signale ” mit Frequenzen mf1 + nf2 , wobei m und n ganze Zahlen bezeichnen, die der Bedingung 1 ≤ |m|+|n| ≤ N gen¨ ugen. Die Summe |m|+|n| wird als Ordnung des Mischprodukts bezeichnet. Wird die Kennlinie durch ein Polynom N ter Ordnung angen¨ ahert, so stellen sich im Ausgangssignal Mischprodukte maximal N -ter Ordnung ein.
1.4.1 Harmonische, Kompressionspunkt Wird das Eingangssignal x(t) = x ˆ cos(ωt) in ein nichtlineares Netzwerk gespeist, so resultiert ein Ausgangssignal der Form y(t) = y0 +
∞
yˆk cos(kωt+ϕk ) .
k=1
y1 heißt m-ter Teilklirrfaktor; die Gr¨oße Das Verh¨altnis HDm = yˆm /ˆ ∞ THD = HDk2
(1.96)
k=2 19
Diese Betrachtung gilt nur f¨ ur sog. Systeme ohne Ged¨ achtnis, die durch Angabe ihrer Kennlinie vollst¨ andig charakterisiert sind - sind kapazitive oder induktive Effekte von Bedeutung, so ist die Taylor-Reihe durch eine sog. Volterra-Reihe zu ersetzen [12–14].
46
1. Grundlagen
ist der Klirrfaktor. Im Folgenden wird ein System betrachtet, dessen Spannungs¨ ubertragungskennlinie durch ein Polynom 3. Ordnung beschrieben wird; die Eingangsspannung sei vi (t) = vˆi cos(ωt). Mit den Beziehungen 1+cos(2ωt) 2 folgt f¨ ur das Ausgangssignal cos2 (ωt) =
vo (t) =
3
cos3 (ωt) =
und
3 cos(ωt)+cos(3ωt) , 4
α2 2 vˆ + α1 (1+3κ3 ) vˆi cos(ωt) 2 i
αp vip (t) =
p=1
+α1 κ2 cos(2ωt) + α1 κ3 cos(3ωt) ; die Koeffizienten α2 κ2 = vˆi ≈ HD2 2α1
und
κ3 =
α3 2 vˆ ≈ HD3 4α1 i
(1.97)
(1.98)
entsprechend dabei ann¨ ahernd dem 2. und 3. Teilklirrfaktor. P
o u t
(d B m )
lin e a r e r B e r e ic h 1 d B
(a ) (b ) (c ) R a u s c h e n P n
P
-1 d B
IP
2 h
IP
3 h
P
in
(d B m )
Abb. 1.29. Ausgangsleistung der (a) 1. Harmonischen (Grundschwingung), (b) 2. Harmonischen (1. Oberschwingung) und der (c) 3. Harmonischen (2. Oberschwingung) f¨ ur verschiedene Werte der Eingangsleistung
Abbildung 1.29 zeigt die Ausgangsleistung 20 der ersten drei Harmonischen als Funktion der Eingangsleistung. Abbildung 1.29 und (1.97) zeigen folgende ¨ Konsequenzen des nichtlinearen Ubertragungsverhaltens: ¨ 1. Die 2. Ableitung der Ubertragungskennlinie f¨ uhrt zu einem Gleichanteil des Ausgangssignals. 20
Es ist u ur eine ohmsche Last mit 50 Ω in dBm anzugeben. Die Signalampli¨blich diese f¨ tude vˆi = 100 mV entspricht dann beispielsweise der Eingangsleistung Pi = vˆi2 /2R = 0.1mW oder −10 dBm.
1.4. Nichtlineare Netzwerke
47
2. Bei kleinen Werten der Eingangsleistung hebt sich nur die Grundschwingung (1. Harmonische) aus dem Rauschen heraus. Erst bei gr¨oßeren Werten der Eingangsleistung tragen die 2. und 3. Harmonische zur Ausgangsleistung bei. Da κ2 ∼ vˆi und κ3 ∼ vˆi2 gilt, steigen die Ausgangsamplituden der 2. und 3. Harmonischen schneller als die der Grundschwingung. Durch lineare Extrapolation der Kennlinien f¨ ur die 1., 2. und 3. Harmonische erh¨alt man die Intercept-Punkte21 2. und 3. Ordnung IP2h und IP3h . ¨ 3. Durch die dritte Ableitung der Ubertragungskennlinie wird die Verst¨arkung der 1. Harmonischen beeinflußt. Die Ausgangsamplitude der 1. Harmonischen ist α1 vˆi (1 + 3κ3 ), und entspricht der Kleinsignalverst¨arkung arkern ist κ3 in der Regel negativ, d.h. die Klein|α1 (1+3κ3 )|. In Verst¨ signalverst¨arkung nimmt mit zunehmender Amplitude vˆi des Eingangssignal ab. Dieser Effekt wird als gain compression bezeichnet; er wird in der Regel u ¨ber den (1 dB)-Kompressionspunkt, charakterisiert, das ist der Wert des Eingsignals bei dem die Verst¨arkung um 1 dB gegen¨ uber ihrem Kleinsignalwert |α1 | abgenommen hat. Die Amplitude vˆi,cp des Eingangssignals am Kompressionspunkt ergibt sich aus der Bedingung −1 dB = 20 dB log( 1+3κ3 ) = 20 dB log(e) ln( 1+3κ3 )
≈ 8.68 dB × 3κ3
zu vˆi,cp ≈ |α1 /6.51 α3 |. Dies entspricht der Eingangsleistung P−1 dB = 2 /R . Die durch den Kompressionspunkt maximal zul¨ vˆi,cp assige Eingangsi leistung wird i.allg. gemeinsam mit der durch das Rauschen bedingten minimal detektierbaren Eingangsleistung Pn zur Definition des Dynamikbereichs verwendet, der als das Verh¨ altnis P−1 dB /Pn berechnet und in dB ausgedr¨ uckt wird.
1.4.2 Intermodulation, Mischprodukte Nun wird ein Eingangssignal x(t) betrachtet, das aus zwei sinusf¨ormigen Signalen mit Kreisfrequenzen ω und ω zusammengestezt ist x(t) = x ˆ cos(ωt) + x ˆ cos(ω t) .
(1.99)
Die Terme ∼ x2 (t) und ∼ x3 (t) bedingen Terme der Form cos(ωt) cos(ω t) und cos2 (ωt) cos(ω t). Mit den Beziehungen cos(ωt) cos(ω t) =
cos[(ω−ω )t ] + cos[(ω+ω )t ] 2
und 21
Bei diesen w¨ urde der 2. bzw. 3. Teilklirrfaktor HD2 bzw. HD3 gleich eins, falls die Ausgangsleistungen der einzelnen Harmonischen im gesamten Bereich dem bei der Extrapolation zugrundegelegten Potenzgesetz gen¨ ugen, was nicht exakt der Fall ist.
48
1. Grundlagen
1 + 3 m
y (w )
3
1 + 3 m 3
g = 1
k
m 3
k 2
m 3
2
k 3
3 w
w + w '
2 w '- w
2 w
w '
w
0
w '- w
0
2 w -w '
k
3
3
w
3 w '
m 3
2
w + 2 w '
m
m 2
2 w + w '
m
2 w '
a 1x
Abb. 1.30. Durch zwei sinusf¨ ormige Signale der Kreisfrequenzen ω, ω (identische Amplitude x ˆ) hervorgerufenes Spektrum am Ausgang (normiert)
cos[(2ω+ω )t ] + cos[(2ω−ω )t ] + 2 cos(ω t) , 4
cos2 (ωt) cos(ω t) =
resultieren im Ausgangssignal Beitr¨ age mit den Kreisfrequenzen (ω + ω ), (ω −ω ), (2ω +ω ), (2ω −ω ), (2ω +ω) und (2ω −ω). Derartige Mischprodukte werden vorzugsweise durch die Koeffizienten µ2 = α2 x ˆ/α1
und
µ3 = 3α3 x ˆ2/4α1 ,
(1.100)
bestimt, die mit den Teilklirrfaktoren u ¨ber die Beziehungen µ2 = 2κ2 und µ3 = 3κ3 zusammenh¨ angen. Bezeichnet γ = x ˆ /ˆ x das Amplitudenverh¨altnis der beiden Eingangssignale, so ist das Ausgangssignal in dritter Ordnung,
ˆ κ2 (1+γ 2 ) + 1 + (1+2γ 2 )µ3 cos(ωt) y(t) = α1 x
+ γ 1 + (γ 2 +2)µ3 cos(ω t) + κ2 cos(2ωt) + γ 2 κ2 cos(2ω t) + κ3 cos(3ωt) + γ 3 κ3 cos(3ω t)
+ γµ2 cos (ω+ω )t + γµ2 cos (ω−ω )t + γµ3 cos[(2ω+ω )t ] + γµ3 cos[(2ω−ω )t ] +γ 2 µ3 cos[(2ω +ω)t ] + γ 2 µ3 cos[(2ω −ω)t ]
!
.
(1.101)
Abbildung 1.30 illustriert das Ausgangsspektrum f¨ ur den Spezialfall γ = 1. Durchlaufen zwei starke Signal mit Kreisfrequenzen ω und ω ein nichtlineares Netzwerk, so entstehen Intermodulationsprodukte mit Kreisfrequenzen onnen in der N¨ahe der Kreisfrequenz ω eines 2ω − ω und 2ω − ω ; diese k¨
1.4. Nichtlineare Netzwerke
49
zu verst¨arkenden (schwachen) Signals liegen und dieses erheblich st¨oren. In linearen Verst¨ arkern muß der Koeffizient µ3 deshalb m¨oglichst klein sein. Abschw¨ achung, Blocking. Angenommen, ein Netzwerk soll das schwache Signal x ˆ cos(ωt) verst¨ arken. Wird diesem ein starkes (γ 1) Signal x ˆ cos(ω t) u arkte Signal der Kreisfrequenz ω die Amplitude ¨berlagert, so weist das verst¨
2
1 + (1+2γ )µ3 α1 x ˆ =
3α3 (ˆ x2 +2ˆ x2 ) 1+ α1 x ˆ 4α1
(1.102)
2 0 d B lo g |y ( w ) | 2 0 d B lo g | y ( 2 w + w ') |
auf. Falls wie u ¨blich α3 < 0 gilt resultiert eine mit der Amplitude des St¨orsignals abnehmende Verst¨ arkung des Nutzsignals, das sog. Blocking. [15, 16].
O IP 3
2 0 d B /d e c lo g ( a 1 x ) 6 0 d B /d e c lo g ( m 3 a 1 x )
IP 3
o r IIP 3
2 0 d B lo g x
Abb. 1.31. Definition des InterceptPunkts 3. Ordnung
Intermodulation, Intercept-Punkt. Zur Kennzeichung von Intermodulati¨ onsverzerrungen wird der Intercept-Punkt IP3 (Abb. 1.31) f¨ ur eine Uberlage rung von zwei dicht beeinander liegenden Signalen (|ω − ω | ω, ω ) derselben Amplitude (γ = 1) spezifiziert. Dabei Entstehen neben den verst¨arkten Grundschwingungen (Amplitude α1 x ˆ) Intermodulationsprodukte der Kreisfrequenz 2ω − ω sowie 2ω − ω, die sich mit einem Spektrum Analyzer ermitteln lassen. Die Amplitude dieser Mischprodukte ˆ = 3α3 x ˆ3/4 , µ3 α1 x
(1.103)
ist proportional zur dritten Potenz der Eingangsamplitude, w¨ahrend die Amplitude der Grundschwingung nur proportional zu xˆ ist. Bei doppeltlogarithmischer Auftragung der Ausgangsamplituden von Grundschwingung und Mischprodukt resultieren zwei Geraden unterschiedlicher Steigung, die sich im Intercept-Punkt IP3 schneiden.
50
1. Grundlagen
1.5 Literaturverzeichnis [1] C.A. Desoer, E.S. Kuh. Basic Circuit Theory. McGraw Hill, New York, 1969. [2] L.O. Chua; C.A. Desoer; E.S. Kuh. Linear and Nonlinear Circuits. McGraw Hill, New York, 1991. [3] R. Unbehauen. Grundlagen der Elektrotechnik, Band 1: Allgemeine Grundlagen, Lineare Netzwerke, Station¨ ares Verhalten. Springer, Berlin, 4. Auflage, 1994 [4] R. Unbehauen. Grundlagen der Elektrotechnik, Band 2: Einschwingvorg¨ ange, Nichtlineare Netzwerke, Theoretische Erweiterungen. Springer, Berlin, 4. Auflage, 1994 [5] A. F¨ uhrer, K. Heidemann, W. Nerreter. Grundgebiete der Elektrotechnik, Band 1: Station¨ are Vorg¨ ange. Hanser, M¨ unchen, 4. Auflage, 1990 [6] A. F¨ uhrer, K. Heidemann, W. Nerreter. Grundgebiete der Elektrotechnik, Band 2: Zeitabh¨ angige Vorg¨ ange. Hanser, M¨ unchen, 4. Auflage, 1991 [7] A.M. Davis. Analyse linearer Schaltungen. H¨ uthig Telekommunikation, Bonn, 2004. [8] M.J. Lighthill. Einf¨ uhrung in die Theorie der Fourier-Analysis und der Verallgemeinerten Funktionen. Bibliographisches Institut, Mannheim, 1966. [9] R. Unbehauen. Systemtheorie, Eine Darstellung f¨ ur Ingenieure. Oldenbourg, M¨ unchen, 4. Auflage, 1983. [10] H.D. L¨ uke. Signal¨ ubertragung. Springer, Berlin, 5. Auflage, 1992. [11] W.C.Elmore. The transient response of damped linear networks with particular regard to wideband amplifiers. J. Appl. Phys., 19:55–63, 1948. [12] K.A. Simons. The decibel relationships between amplifier distortion products. Proc. IEEE, 58(7):1073–1086, 1970. [13] D.D. Weiner, J.F. Spina. Sinusoidal Analysis and Modeling of Weakly Nonlinear Circuits. van Nostrand, New York, 1980. [14] P. Wambacq, W. Sansen. Distortion Analysis of Analog Integrated Circuits. Kluwer, Doordrecht, 1998. [15] R.G. Meyer, A.K. Wong. Blocking and desensitization in rf amplifiers. IEEE J. SolidState Circuits, 30(8):944–946, 1995. [16] H.H. Meinke, F.W. Gundlach. Taschenbuch der Hochfrequenztechnik. Springer, Berlin, 5. Auflage, 1992.
2 Aktive Vierpole Dem Ingenieur steht eine Vielfalt von Bipolartransistoren und Feldeffekttransistoren zur Verf¨ ugung. Bevor Aufbau, Wirkungsweise und elektrisches Verhalten der verschiedenen Transistoren besprochen werden, kommen hier die f¨ ur alle Transistoren gemeinsamen Grundlagen zur Sprache.
2.1 Transistoren als Verst¨ arker und Schalter Transistoren weisen steuerbare Ausgangskennlinien1 auf, verf¨ ugen u ¨ber mindestens drei Anschlußklemmen und lassen sich als Verst¨arker oder Schalter verwenden. Die prinzipielle Beschaltung ist in Abb. 2.1 skizziert.
i2 ( t) i1 ( t)
R
T r a n s is to r
v 1(t) E in g a n g s k r e is
v 2(t) A u s g a n g s k r e is V +
Abb. 2.1. Transistor mit Lastwiderstand R, Eingangskreis und Ausgangskreis
Allgemein wird zwischen Eingangskreis und Ausgangskreis unterschieden. Die Spannungsquelle v1 (t) im Eingangskreis steuert den Strom i2 (t) im Ausgangskreis. Hierdurch ¨ andert sich der Spannungsabfall am Widerstand R und damit die Ausgangsspannung v2 (t). Das Ausgangskennlinienfeld eines aktiven Bauelements gibt den (station¨aren) Ausgangsstrom I2 als Funktion der am Ausgang anliegenden Spannung wieder – als Parameter wird dabei entweder die am Eingang anliegende Spannung oder der in den Eingang fließende Strom verwendet. Bei NFur eine gegebene Eingangsspannung Betrieb kann die Ausgangsspannung v2 f¨ v1 graphisch als Schnittpunkt der zu dieser Eingangsspannung geh¨origen Ausgangskennlinie I2 (V2 ) mit der Lastkennlinie – hier einer Widerstandsgerade – gewonnen werden (Abb. 2.2). Das Verfahren hat folgenden Hintergrund: Zum einen gilt die durch die Ausgangskennlinie gegebene Abh¨angigkeit des Stroms I2 von V2 . Da der Strom auch durch R fließt, gilt andererseits 1
Die im Eingangskreis umgesetzte Leistung soll dabei klein sein im Vergleich zu der im Ausgangskreis umgesetzten (Leistungsverst¨ arkung gr¨ oßer als eins). Außerdem sollte die R¨ uckwirkung der gesteuerten Gr¨ oße auf die steuernde Gr¨ oße m¨ oglichst klein sein (Entkopplung), da dies den Entwurf von elektronischen Schaltungen erleichtert.
52
2. Aktive Vierpole
V+ − V2 . R
I2 =
I
Diese Gleichung beschreibt eine Gerade, die sog. Lastgerade. Da beide Beziehungen gleichzeitig erf¨ ullt sein m¨ ussen, folgt die L¨osung als Schnittpunkt der Lastgeraden mit der Ausgangskennlinie. So kann f¨ ur jede Steuerspannung V1,1 , V1,2 ,. . . die zugeh¨ orige Ausgangsspannung V2,1 , V2,2 ,. . . ermittelt werden.
2
L a s tg e ra d e
I =
V
-V +
2
R V
1 ,7
V
1 ,6
V
1 ,5
V
1 ,4
V
V
2 ,7
V
V
2 ,5
2 ,3
V
2 ,1
V +
1 ,3
V
1 ,2
V
1 ,1
V 2
Abb. 2.2. Graphische Ermittlung der Ausgangsspannung f¨ ur verschiedene Werte der Eingangsspannung
Wird die Ausgangsspannung V2 der Schaltung u ¨ber der Eingangsspannung ¨ V1 aufgetragen, so erh¨ alt man die (Spannungs-)Ubertragungskennlinie. Der ¨ typische Verlauf einer solchen Ubertragungskennlinie ist in Abb. 2.3 gezeigt. F¨ ur kleine Werte der Eingangsspannung V1 ist der Transistor hochohmig – im Ausgangskreis fließt nur ein geringer Strom. Unter diesen Umst¨anden f¨allt nahezu die gesamte Versorgungsspannung V+ am Transistor ab: Der Transistor kann als ge¨ offneter Schalter angesehen werden. F¨ ur große Werte der Eingangsspannung wird der Transistor niederohmig; nun f¨allt der u ¨berwiegende Teil der Spannung V+ an der Last ab: Der Transistor kann als geschlossener Schalter 2 angesehen werden. Bei Verst¨ arkerbetrieb wird ein bestimmter Arbeitspunkt (V1 , V2 ) in der ¨ Ubergangszone zwischen hochohmigem und niederohmigem Gebiet gew¨ahlt. Wird nun der Eingangsspannung ein Kleinsignalanteil u ¨berlagert v1 (t) = V1 + v1∼ (t) , so folgt n¨aherungsweise f¨ ur die Spannung am Ausgang bei NF-Betrieb
v2 (t) = V2 + 2
dV2 v1∼ (t) , dV1 V1
Zu beachten ist allerdings eine vom Transistor abh¨ angige Restspannung V2,on .
(2.1)
2.1. Transistoren als Verst¨arker und Schalter V
53
C 2
"A U S " V
V e r s tä r k e r b e tr ie b
"E IN "
+
v
2 ~
(t)
A r b e its p u n k t (V 1,V 2) t
H u b a m A u s g a n g
V
2 ,o n
V
H u b a m E in g a n g v
1 ~
1
(t)
¨ Abb. 2.3. Ubertragungskennlinie eines einstufigen Verst¨ arkers
¨ wobei die Ubertragungskennlinie bis zur ersten Ordnung in v1∼ (t) entwickelt ¨ wurde. Die Ableitung dV2 /dV1 beschreibt die Anderung der Ausgangsspannung mit der Eingangsspannung und wird als (Kleinsignal-)Spannungs¨ ubertragungsfaktor H v0 bezeichnet H v0 =
dV2 . dV1
(2.2)
Da der Strom im Ausgangskreis mit zunehmender Eingangsspannung gew¨ohnlich zunimmt, arbeiten derartige Verst¨ arker invertierend, d. h. der Spannungs¨ ubertragungsfaktor weist ein negatives Vorzeichen auf. Der Betrag des Spannungs¨ ubertragungsfaktors ist die Spannungsverst¨ arkung Av0 = |H v0 | .
(2.3)
Bei einem Transistor mit drei Anschl¨ ussen gen¨ ugt wegen des Maschenund des Knotensatzes die Angabe von zwei Spannungen und zwei Str¨omen zur vollst¨andigen Charakterisierung eines Arbeitspunkts. Von diesen vier Variablen wiederum k¨ onnen zwei als abh¨angige (gesteuerte) und zwei als un¨abh¨angige (steuernde) Variablen aufgefaßt werden. So kann bei Gleichstrombetrieb f¨ ur den Strom im Eingangskreis I1 und den Strom im Ausgangskreis I2 als Funktion der im Eingangs- und Ausgangskreis anliegenden Spannungen V1 , V2 geschrieben werden 3 I1 = I1 (V1 , V2 ) 3
und
I2 = I2 (V1 , V2 ) .
Dies gilt wegen der im zeitabh¨ angigen Fall zu ber¨ ucksichtigenden kapazitiven Effekte streng genommen nur im Gleichstrombetrieb.
54
2. Aktive Vierpole
Diese Gleichungen beschreiben des Großsignalverhalten des Transistors im Gebiet kleiner Frequenzen. Im Großsignalbetrieb verhalten sich Transistoren nichtlinear – als Folge treten harmonische Verzerrungen, Mischung und Kreuzmodulation auf. Die Analyse des Großsignalverhaltens erfordert i. allg. den Einsatz numerischer Methoden (z. B. SPICE). F¨ ur Kleinsignaluntersuchungen kann der Transistor, wie im folgenden Abschnitt ausgef¨ uhrt, n¨aherungsweise als linearer Vierpol behandelt werden.
2.2 Kleinsignalanalyse, Vierpolkenngr¨ oßen ¨ Werden Transistoren in linearen elektronischen Ubertragern eingesetzt, so werden sie nur in einem kleinen Bereich um ihren Arbeitspunkt ausgesteuert. F¨ ur die Berechnung des Arbeitspunkts ist zwar nach wie vor das Großsignalmodell erforderlich, dieses muß aber lediglich f¨ ur die Untersuchung des Gleichbetriebs verwendet werden. F¨ ur die Untersuchung des Frequenzverhaltens kann dann auf eine Großsignalanalyse verzichtet werden — die gew¨ unschten Resultate folgen aus einer Analyse der im Arbeitspunkt linearisierten Kleinsignalersatzschaltung.
2.2.1 Leitwertparameter In Kleinsignaluntersuchungen interessiert der Zusammenhang zwischen den Kleinsignalspannungen v1∼ (t) und v2∼ (t) und den Kleinsginalstr¨omen i1∼ (t) und i2∼ (t) in Eingangs- und Ausgangskreis. Bei kleiner Amplitude der v1∼ (t) und v2∼ (t) liefert eine Entwicklung der Kennlinie bis zur 1. Ordnung eine ausreichende Genauigkeit. Da die betrachteten Str¨ome von zwei Spannungen abh¨angen ist dabei das totale Differential zu verwenden, also
i1∼ (t) =
∂I1 ∂V1
v1∼ (t) + V2
∂I1 ∂V2
v2∼ (t) V1
= y11 · v1∼ (t) + y12 · v2∼ (t)
i2∼ (t) =
∂I2 ∂V1
v1∼ (t) + V2
∂I2 ∂V2
(2.4)
v2∼ (t) V1
= y21 · v1∼ (t) + y22 · v2∼ (t) .
(2.5)
Dies l¨aßt sich auch in Matrixform schreiben
i1∼ (t) i2∼ (t)
=
y11 y12 y21 y22
v1∼ (t) v2∼ (t)
.
(2.6)
Die Gr¨oßen yαβ werden als NF-Leitwertparameter des Transistors bezeichnet.
2.2. Kleinsignalanalyse, Vierpolkenngr¨ oßen
55
Das Kleinsignalverhalten eines Transistors l¨aßt sich demnach u ¨ber das Verhalten eines linearen Vierpols charakterisieren. Ein Vierpol 4 (oder Zweitor) ist ein Netzwerk mit zwei Eingangsklemmen (dem Eingangstor) und zwei i1
(1 ) v ( 1 ')
i2 lin e a r e s N e tz w e rk
1
i'1
(2 ) v 2
i'2
( 2 ') Abb. 2.4. Vierpol
Ausgangsklemmen (dem Ausgangstor). Dabei wird angenommen, daß der an einer Klemme in den Vierpol hineinfließende Strom gleich dem Strom ist, der an der anderen Klemme des jeweiligen Tors wieder aus dem Netzwerk herausfließt. In Abb. 2.4 gilt demnach i1 = i 1
i2 = i 2 .
und
Die Leitwertparameter sind als Koeffizienten einer Taylor-Entwicklung arbeitspunktabh¨ angig, vergleichbar dem Kleinsignalleitwert g eines nichtlinearen Widerstands. Die so eingef¨ uhrten Leitwertparameter sind reelle Gr¨oßen und nur f¨ ur niedrige Frequenzen, bei denen kapazitive und induktive Effekte vernachl¨assigbar sind, g¨ ultig. Bei hohen Frequenzen ist mit komplexen Leitwertparametern zu rechnen. Liegen am Bauelement die Spannungen
v1 (t) = V1 + Re vˆ1 e jωt
und
v2 (t) = V2 + Re vˆ2 e jωt
an, so bedingt dies – unter der Voraussetzungen kleiner Amplituden vˆ1∼ , vˆ2∼ – sinusf¨ormige Abweichungen der Str¨ ome im Eingangs- und Ausgangskreis von ihrem Wert im Arbeitspunkt
i1 (t) = I1 + Re ˆi1 e jωt
i2 (t) = I2 + Re ˆi2 e jωt
und
.
Zwischen den komplexen Zeigern f¨ ur die Kleinsignalanteile von Strom und Spannung besteht ein linearer Zusammenhang. Die komplexen Stromzeiger i1 und i2 k¨onnen demnach aus den komplexen Spannungszeigern v 1 und v 2 durch Multiplikation mit einer Matrix, der sog. Leitwertmatrix, bestimmt werden
i1 i2
=
y 11 y 12 y 21 y 22
v1 v2
.
(2.7)
Die Koeffizienten y αβ der Leitwertmatrix werden als Leitwertparameter oder y-Parameter bezeichnet; sie nehmen f¨ ur Frequenzen f > 0 in der Regel kom4
Der Begriff Vierpol wird hier synonym zum Begriff Zweitor verwendet, was dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht, aber streng genommen nicht ganz korrekt ist. Allgemein ist ein Vierpol definiert als ein Netzwerk mit vier Anschl¨ ussen.
56
2. Aktive Vierpole
plexe Werte an. F¨ ur f → 0 gehen die komplexen y-Parameter u ¨ber in die als Ableitungen der Kennliniengleichungen gem¨aß (2.4) und (2.5) definierten DC-Leitwertparameter. V R
+
C
I L + i l( t )
IC + ic ( t) V V
B E
+ v
C E
+ v
c e
(t) C
R L
L
b e
(t) (a )
ic v
b e
Y e
v
c e
R C
C L
R L
(b )
Abb. 2.5. Bipolarverst¨ arker in Emitterschaltung. (a) Schaltung, (b) Kleinsignalbeschreibung
Beispiel 2.2.1 Als Beispiel wird das Kleinsignalverhalten eines Verst¨arkers mit Bipolartransistor in Emitterschaltung mit belastetem Ausgang (Abb. 2.5 a) untersucht. Die Leitwertparameter des Transistors im Arbeitspunkt werden dabei als bekannt vorausgesetzt; ihre Arbeitspunktabh¨ angigkeit und ihr Frequenzverhalten wird in Kap. 16 untersucht. Im Arbeitspunkt (ohne Signal, vbe = 0) liegt am Eingang die Spannung VBE an; diese bedingt einen Kollektorstrom IC , der zusammen mit dem Strom IL = VCE /RL den Spannungsabfall an RC und damit die Ausgangsspannung VCE bestimmt VCE = V+ − RC (IC +IL ) . Wird der Eingangsspannung nun ein sinusf¨ ormiger Kleinsignalanteil u ¨berlagert vBE (t) = VBE + vbe (t) = VBE + Re vˆbe e jωt , so weisen die Str¨ ome iC (t) = IC + ic (t) und iL (t) = IL + il (t) die Wechselanteile ic (t) und il (t) auf. F¨ ur die Ausgangsspannung folgt so vCE (t) = V+ − RC [ iC (t)+iL (t) ] = VCE − RC [ ic (t)+il (t) ] , d. h. der Wechselanteil von vCE (t) vce (t) = −RC [ ic (t)+il (t) ]
(2.8)
ist nur durch die Wechselanteile von iC (t) und iL (t) bestimmt. Bei kleiner Amplitude der Eingangsspannung (|ˆ v be | VT ) besitzen die Wechselanteile ic (t) und il (t) in guter N¨ aherung einen sinusf¨ ormigen Verlauf
2.2. Kleinsignalanalyse, Vierpolkenngr¨ oßen ic (t) ≈ Re ˆic e jωt = Re(ic )
und
57 il (t) ≈ Re ˆil e jωt = Re(il ) ,
so daß auch vce (t) ≈ Re vˆce e jωt = Re(v ce ) sinusf¨ ormigen Verlauf aufweist. In Gl. (2.8) ergibt dies den Zusammenhang v ce = −RC ( ic +il ) . Mit den Beziehungen 1 il = + jωCL v ce RL
und
ic = y 21e v be + y 22e v ce
folgt durch Zusammenfassen f¨ ur den Spannungs¨ ubertragungsfaktor H v (jω) = mit GL = 1/RL .
RC y 21e v ce = − v be 1 + RC GL + jωCL + y 22e ∆
Die in Beispiel 2.2.1 angestellte Betrachtung ging von den Großsignal-Netzwerkgleichungen der Verst¨ arkerschaltung aus; von diesen wurde der Kleinsignalanteil nach Gl. (2.8) abgespalten, der dann, unter Annahme eines linearen Zusammenhangs (2.7), zur Berechnung von H v eingesetzt wurde. Schneller zum Ziel f¨ uhrt die Verwendung der Kleinsignalersatzschaltung des Verst¨arkers. In dieser treten nur Kleinsignalgr¨oßen als Eingangs- und Ausgangsvariable auf – im betrachteten Beispiel also v be und v ce . Die Kleinsignalersatzschaltung ergibt sich direkt aus dem Schaltplan, wobei f¨ ur jedes Element die entsprechende Kleinsignalersatzschaltung eingesetzt wird. Gleichspannungsquellen sind durch einen Kurzschluß5 zu ersetzen, Gleichstromquel¨ len fallen beim Ubergang zur Kleinsignalersatzschaltung weg6 . Der Transistor wird in der Kleinsignalersatzschaltung ersetzt durch einen Vierpol, dessen Eigenschaften beispielsweise durch die Leitwertparameter y αβe des Transistors in Emitterschaltung (vgl. Beispiel 2.2.2) beschrieben werden. Beispiel 2.2.2 Abbildung 2.5 b zeigt die Kleinsignalersatzschaltung des in Beispiel 2.2.1 betrachteten Verst¨ arkers. Am Eingang des Vierpols liegt die Kleinsignalspannung mit dem komplexen Zeiger v be an. Am Ausgang des Vierpols f¨allt die Kleinsignalspannung mit dem komplexen Zeiger v ce ab. Der Ausgang ist mit RL , CL und dem Kollektorwiderstand RC beschaltet. Daß RC in der Kleinsignalersatzschalangt damit zusammen, daß die Versorgungsspannung tung parallel zu RL liegt, h¨ als Gleichspannung keinen Wechselanteil aufweist. In der Kleinsignalersatzschaltung 5¨
Uber der Gleichspannungsquelle f¨ allt die Kleinsignalspannung 0 V ab, was einem, Kurzschluß entspricht. 6 Der von der Quelle gelieferte Kleinsignalstrom ist 0 A was einem offenen Zweig entspricht.
58
2. Aktive Vierpole
hat der mit der Vorsorgungsspannungsquelle verbundene Knoten des Kollektorwiderstands folglich das Kleinsignalpotential 0V und muß auf Masse gelegt werden. F¨ ur den Strom im Ausgangskreis der Kleinsignalersatzschaltung folgt aus Abb. 2.5 b der Zusammenhang v ce 1 − + jωCL v ce , ic = y 21e v be + y 22e v ce = − RC RL woraus sich sofort der Spannungs¨ ubertragungsfaktor v ce /v be ergibt.
i1 v
T r a n s is to r
1
i3 v
i2 v
∆
3
2
Abb. 2.6. Zur Definition der Leitwertmatrix
2.2.2 Die Wahl des Bezugspunkts Ein Transistor besitzt drei Anschl¨ usse. Die Potentiale der Eingangsklemmen werden mit vα (t), die Klemmenstr¨ ome mit iβ (t) bezeichnet. Sind die Klemmenpotentiale von der Form
vα (t) = Vα + Re vˆα e jωt
mit
α = 1, 2, 3 ,
so resultieren – kleine Amplituden der vˆα vorausgesetzt – Klemmenstr¨ome der Form
iβ (t) = Iβ + Re ˆiβ e jωt
mit
β = 1, 2, 3 .
Der Zusammenhang zwischen den Spannungszeigern v α und den Stromzeigern iβ wird durch die allgemeine Leitwertmatrix 7 (˜ y ij ) hergestellt. ⎛
⎞
⎛
⎞⎛
⎞
y˜ y˜12 y˜13 i1 v1 ⎜ ⎟ ⎜ 11 ⎟⎜ ˜21 y˜22 y˜23 ⎠ ⎝ v 2 ⎟ ⎝ i2 ⎠ = ⎝ y ⎠ . i3 v3 y˜31 y˜32 y˜33
(2.9)
Die allgemeine Leitwertmatrix besitzt 3 · 3 Koeffizienten, von denen allerdings – wegen der Kirchhoffschen S¨ atze – nur vier voneinander unabh¨angig sind: 1. Da wegen dem Knotensatz f¨ ur beliebige Stromzeiger 3
iα = 0
α=1 7
Englisch: indefinite admittance matrix.
2.2. Kleinsignalanalyse, Vierpolkenngr¨ oßen
59
gelten muß, ergibt die Summe der Koeffizienten in jeder Spalte der allgemeinen Leitwertmatrix null 3 α=1
y˜αβ = 0 .
(2.10)
2. Da es keinen absoluten Nullpunkt auf der Potentialskala gibt, darf sich der Wert der Stromamplituden nicht ¨ andern, wenn zu jedem Potentialwert ein einheitlicher Wert hinzuaddiert wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Summe der Koeffizienten der allgemeinen Leitwertmatrix in jeder Zeile null wird 3 β=1
y˜αβ = 0 .
(2.11)
Diese Zusammenh¨ ange sind n¨ utzlich, wenn es darum geht, Vierpolparameter ineinander umzurechnen. Beispiel 2.2.3 F¨ ur einen Bipolartransistor ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎛ y˜11 y˜12 y˜13 ib ⎝ ic ⎠ = ⎝ y˜ y˜22 y˜23 ⎠ ⎝ 21 −ie y˜31 y˜32 y˜33
lautet die allgemeine Leitwertmatrix ⎞ vb vc ⎠ . ve
Wird wie im Fall der Emitterschaltung der Emitterknoten als Bezugspunkt gew¨ahlt (v e = 0), so ist v b = v be und v c = v ce sowie y 11e y 12e y˜11 y˜12 ib v be vb = = . ic y 21e y 22e v ce y˜21 y˜22 vc Die Parameter y αβe heißen dabei y-Parameter in Emitterschaltung. Im Fall der Basisschaltung wird der Basisknoten als Bezugspunkt gew¨ahlt (v b = 0), so ist mit v c = v cb und v e = v eb sowie y 11b y 12b y˜33 y˜32 −ie v eb ve = · = · ic y 21b y 22b v cb y˜23 y˜22 vc Die Koefizienten y αβb heißen dabei Leitwertparameter in Basisschaltung. Wegen der Identit¨ aten (2.10) und (2.11) lassen sich die y αβe in die y αβb umrechnen und umgekehrt. F¨ ur die y-Parameter in Basisschaltung folgt so y 11b y 12b y 21b
= y 11e + y 12e + y 21e + y 22e = −(y 12e +y 22e ) = −(y 21e +y 22e )
y 22b
= y 22e ;
¨ Der Fall der Kollektorschaltung (v c = 0) wird dem Leser als Ubungsaufgabe u ¨berlassen. ∆
60
2. Aktive Vierpole
2.2.3 Hybridparameter Neben der Leitwertdarstellung ist die sogenannte Hybriddarstellung in der Praxis weit verbreitet. Dabei werden die Kennlinien durch Strom-SpannungsBeziehungen der Form V1 = V1 (I1 , V2 )
und
I2 = I2 (I1 , V2 )
beschrieben. Die entsprechenden Kleinsignalbeziehungen lauten
v1∼ (t) =
∂V1 ∂I1
i1∼ (t) + V2
∂V1 ∂V2
v2∼ (t) I1
= h11 · i1∼ (t) + h12 · v2∼ (t)
i2∼ (t) =
∂I2 ∂I1
i1∼ (t) + V2
∂I2 ∂V2
v2∼ (t) I1
= h21 · i1∼ (t) + h22 · v2∼ (t) . Die in diesen Beziehungen auftretenden Paramter hαβ werden u ¨blicherweise als DC-Hybridparameter bezeichnet. Sie sind u ¨ber die entsprechenden partiellen Ableitungen definiert und lassen sich als Steigungen verschiedener Gleichstromkennlinien illustrieren. F¨ ur h¨oherfrequente Signale sind komplexwertige, frequenzabh¨angige Hybridparameter hαβ zu verwenden. Der Zusammenhang zwischen den Zeigern v 1 und i2 sowie i1 und v 2 lautet dann in Matrixform
v1 i2
=
h11 h12 h21 h22
i1 v2
.
(2.12)
Die Koeffizienten der Hybridmatrix werden gew¨ohnlich als Hybridparameter oder h-Parameter bezeichnet. y-Parameter und h-Parameter bieten denselben Informationsgehalt. Sie lassen sich mit den in Tabelle 2.1 angegebenen Beziehungen leicht ineinander umrechnen.
2.2.4 Vierpoldarstellungen und Ersatzschaltungen Das elektrische Verhalten des Vierpols bei der Kreisfrequenz ω wird charakterisiert durch Angabe des Zusammenhangs zwischen den komplexen Zeigern v 1 , i1 , v 2 und i2 . Von diesen k¨ onnen zwei als abh¨angige (gesteuerte Gr¨oßen) und zwei als unabh¨ angige Variable (steuernde Gr¨oßen) aufgefaßt werden. In linearen Vierpolen besteht zwischen den steuernden und den gesteuerten Gr¨oßen ein linearer Zusammenhang. Dieser wird in der u ¨blichen Matrixschreibweise durch eine 2·2-Koeffizientenmatrix hergestellt. Je nachdem, welche zwei Variablen als abh¨angig und welche als unabh¨angig angenommen werden, ergeben sich unterschiedliche, mathematisch ¨aquiva-
2.2. Kleinsignalanalyse, Vierpolkenngr¨ oßen
61
lente Darstellungen. Von besonderer Bedeutung ist die Leitwertdarstellung (2.7), bei der die Str¨ ome an Eingang und Ausgang des Vierpols als Funktion der Spannungen angegeben werden. Die Leitwertparameter y αβ beschreiben Admittanzen bzw. gesteuerte Quellen in einer Ersatzschaltung. i1 v
i2 y
1
y
1 1
y
v
1 2
y 2
2 1
v
v
2 2
2
1
(a )
i1 v
y 1
1 1
-y
1 2
+ y
1 2
i2
y
2 2
+ y
v
1 2
(y
2 1
-y
1 2
)v
2
1
(b )
Abb. 2.7. Ersatzschaltungen f¨ ur den linearen Vierpol in der Leitwertdarstellung
Die beiden in Abb. 2.7 gezeigten Ersatzschaltungen liefern dasselbe Klemmenverhalten und sind folglich a ¨quivalent.8 Die Schaltung Abb. 2.7b wird als π-Ersatzschaltung bezeichnet. Gilt y 12 = y 21 , so verschwindet die spannungsgesteuerte Stromquelle. Der Vierpol heißt in diesem Fall reziprok. Vierpole aus passiven linearen Zweipolen sind stets reziprok. i1 v 1
C
R
R
1
1
v '
i2 2
C
v 2
2
Abb. 2.8. In Beispiel 2.2.4 untersuchter Bandpaß
Beispiel 2.2.4 Als Beispiel werden die Leitwertparameter des in Abb. 2.8 gezeigten Bandpasses berechnet. Aus i1 = jωC1 (v 1 −v ) ,
i1 =
v v −v 2 + R1 R2
und i2 = jωC2 v 2 +
v 2 −v R2
folgt durch Zusammenfassen der ersten beiden Gleichungen und Aufl¨osen nach v 8 Die Ersatzschaltung nach Abb. 2.7 a ist allerdings insofern allgemeiner, als hier nicht notwendig wie in Abb. 2.7 b die Knoten (1’) und (2’) auf demselben Potential liegen.
62
2. Aktive Vierpole jωR2 C1 1 v + v . 1 + R2 /R1 + jωR2 C1 1 1 + R2 /R1 + jωR2 C1 2
v =
Einsetzen liefert dann jωC1 (1 + R2 /R1 ) jωC1 v1 − v 1 + R2 /R1 + jωR2 C1 1 + R2 /R1 + jωR2 C1 2 jωC1 1/R1 + jωC1 = − v 1 + jωC2 + v2 1 + R2 /R1 + jωR2 C1 1 + R2 /R1 + jωR2 C1
i1
=
i2
Offensichtlich gilt y 21 = y 12 , d. h. das Netzwerk ist reziprok.
∆
Durch Vertauschen der Rolle von abh¨ angigen und unabh¨angigen Variablen gelangt man zur Widerstandsform:
v1 v2
=
z 11 z 12 z 21 z 22
i1 i2
.
(2.13)
Die Widerstandsparameter z αβ beschreiben Impedanzen bzw. gesteuerte Quellen in der zugeh¨ origen Ersatzschaltung. i1 v
z z
1
z
1 1
1 2
i2 z
i2
2 2
2 1
i1
v 2
(a )
i1 v 1
z
1 1
-z
z
1 2
z
1 2
2 2
-z
i2
1 2
(z
2 1
-z
1 2
) i1 v
2
(b )
Abb. 2.9. Ersatzschaltungen f¨ ur den linearen Vierpol in der Widerstandsform
Die beiden in Abb. 2.9 gezeigten Ersatzschaltungen liefern dasselbe Klemmenverhalten und sind deshalb ¨ aquivalent. Die in Abb. 2.9 b gezeigte Schaltung wird als T-Ersatzschaltung bezeichnet. Gilt z 12 = z 21 so verschwindet die stromgesteuerte Spannungsquelle, der Vierpol ist dann reziprok. Von besonderer Bedeutung neben der Leitwertform ist die Hybridform (2.12) mit der in Abb. 2.10 gezeigten Ersatzschaltung. Bei dieser werden v 1 und i2 als unabh¨ angige Variable aufgefaßt.
2.2. Kleinsignalanalyse, Vierpolkenngr¨ oßen
v
i1 h
h
1
i2
1 1
1 2
v
63
h 2
h
v
2 2
2
i
2 1 1
Abb. 2.10. Ersatzschaltung f¨ ur den linearen Vierpol in der Hybridform
Die Koeffizienten hαβ der Hybridmatrix, die Hybrid- oder h-Parameter, sind insbesondere f¨ ur die Charakterisierung von Bipolartransistoren gebr¨auchlich. Tabelle 2.1 Umrechnung von Vierpolkoeffizienten
Y
H
Z
A
A
y 11 y 12
1 h11
−h12 h11
z22 ∆z
−z12 ∆z
a22 a12
−∆a a12
y 21 y 22
h21 h11
∆h h11
−z21 ∆z
z11 ∆z
−1 a12
a11 a12
Y
H
Z
1 y 11
−y 12 y 11
h11 h12
∆z z22
z12 z22
a12 a22
∆a a22
y 21 y 11
∆y y 11
h21 h22
−z21 z22
1 z22
−1 a22
a21 a22
y 22 ∆y
−y 12 ∆y
∆h h22
h12 h22
z11 z12
a11 a21
∆a a21
−y 21 ∆y
y 11 ∆y
−h21 h22
1 h22
z21 z22
1 a21
a22 a21
−y 22 y 21
−1 y 21
−∆h h21
−h11 h21
z11 z21
∆z z21
a11 a12
−∆y y 21
−y 11 y 21
−h22 h21
−1 h21
1 z21
z22 z21
a21 a22
Vertauscht man in der Hybridform die Rolle von abh¨angigen und unabh¨angigen Variablen, so gelangt man zur inversen Hybridform (Parallel-ReihenForm)
64
2. Aktive Vierpole
i1 v2
=
k 11 k 12 k 21 k 22
v1 i2
.
(2.14)
¨ F¨ ur die Berechnung des Ubertragungsverhaltens in Reihe geschalteter Vierpole ist gelegentlich die Kettenform hilfreich
v1 i1
=
a11 a12 a21 a22
v2 −i2
(2.15)
bzw. ihre Umkehrung
v2 −i2
=
b11 b12 b21 b22
v1 i1
.
(2.16)
Jede der betrachteten Schreibweisen liefert eine vollst¨andige Beschreibung des Vierpols. Die entsprechenden Vierpolmatrizen lassen sich deshalb ineinander umrechnen. Tabelle 2.1 zeigt die entsprechenden Verkn¨ upfungen f¨ ur 9 urzungen ∆y , ∆z , ∆h und ∆a bedie wichtigsten Darstellungen; die Abk¨ zeichnen dabei die Determinante der jeweiligen Koeffizientenmatrix, also z. B. ∆y = y 11 y 22 − y 12 y 21 .
2.3 Kenngr¨ oßen beschalteter Vierpole Bei der Berechnung von Netzwerken aus beschalteten Vierpolen macht man h¨ aufig von der M¨ oglichkeit Gebrauch, diese durch Ersatzzweipole zu ersetzen. Eingangsseitig wird der Vierpol dabei durch die Eingangsimpedanz Z i in Serie zur Leerlaufspannung v oc1 ersetzt, ausgangsseitig durch die Ausgangsimpedanz Z o in Serie zur Leerlaufspannung v oc2 . Der Wert der Eingangsimpedanz h¨angt dabei von der Beschaltung des Ausgangs ab, der Wert der Ausgangsimpedanz von der Beschaltung des Eingangs. Oft darf v oc1 gleich null angenommen werden, dann gen¨ ugt die Angabe der Eingangsimpedanz zur Charakterisierung der Eingangsseite.
Z v
i1
0
G
v 1
i2 V ie r p o l
v 2
Z L
Abb. 2.11. Beschalteter Vierpol
9 Insbesondere zur Charakterisierung des Hochfrequenzverhaltens sind neben den hier betrachteten Vierpolgr¨ oßen die u oßen definierten S-Parameter gebr¨ auchlich; ¨ber Wellengr¨ diese werden in Kap. 2.4 definiert.
2.3. Kenngr¨ oßen beschalteter Vierpole
65
2.3.1 Eingangsimpedanz, Ausgangsimpedanz, ¨ Ubertragungsfaktoren Wird ein linearer Vierpol eingangsseitig mit einer Spannungsquelle der Ausgangsimpedanz Z G betrieben und liegt am Ausgang die Last Z L an (Abb. 2.11), so m¨ ussen zus¨ atzlich zu den Vierpolgleichungen (2.7) bzw. (2.12) die Beziehungen v 1 = v 0 − Z G i1
und
v 2 = −Z L i2
(2.17)
erf¨ ullt sein. Durch Zusammenfassen von (2.17) mit (2.7) bzw. (2.12) folgt die Eingangsimpedanz 1 + y 22 Z L v1 h + ∆h Z L = = 11 , i1 y 11 + ∆y Z L 1 + h22 Z L
Zi =
(2.18)
die Ausgangsimpedanz (v 0 = 0 ) 1 + y 11 Z G v2 h11 + Z G = = , i2 y 22 + ∆y Z G ∆h + h22 Z G
Zo =
(2.19)
der Strom¨ ubertragungsfaktor y 21 i2 h21 = = i1 y 11 + ∆y Z L 1 + h22 Z L
Hi =
(2.20)
und der Spannungs¨ ubertragungsfaktor Hv =
R
i1
v
G
0
v
−y 21 Z L v2 −h21 Z L = = . v1 1 + y 22 Z L h11 + ∆h Z L V ie r p o l
i2
R 1
(2.21)
C
v 2
R L
Abb. 2.12. In Beispiel 2.3.1 untersuchter RC-Tiefpaß
Beispiel 2.3.1 Als Beispiel wird der in Abb. 2.12 skizzierte RC-Tiefpaß betrachtet. Aus i1 =
v 1 −v 2 R
und
i2 = jωCv 2 +
v 2 −v 1 R
kann man sofort die Leitwertparameter ablesen mit dem Ergebnis y 11 =
1 , R
y 12 = −
1 , R
y 21 = −
1 R
und
y 22 =
Die Determinante der Leitwertmatrix resultiert hieraus zu
1 + jωC . R
66
2. Aktive Vierpole ∆y
1 = R
1 + jωC R
−
1 jωC . = R2 R
F¨ ur die Eingangsimpedanz folgt nun aus Gl. (2.18) Zi =
1 + y 22 RL
R + RL (1 + jωRC) . 1 + jωRL C
=
y 11 + ∆y RL
F¨ ur kleine Frequenzen (ω → 0) gilt Z i → R+RL , f¨ ur große Frequenzen (ω → ∞) folgt Z i → R. Dieses Verhalten kann leicht anhand des Schaltbilds verstanden werden: Bei kleinen Frequenzen kann der u ¨ber C fließende Strom vernachl¨assigt werden, vom Eingang aus sieht“ man dann nur die Reihenschaltung von R und RL ; bei hohen ” uckt und kann durch einen Kurzschluß ersetzt Frequenzen wird RL kapazitiv u ¨berbr¨ werden, weswegen die Eingangsimpedanz auf R abnimmt. Die Ausgangsimpedanz des beschalteten RC-Tiefpasses ist nach Gl. (2.19) Zo =
1 + y 11 RG y 22 + ∆y RG
=
R + RG . 1 + jω(R+RG )C
Im Fall kleiner Frequenzen (ω → 0) gilt Z o → R+RG , f¨ ur große Frequenzen (ω → ∞) folgt Z o → 0. Bei kleinen Frequenzen kann der u ¨ber C fließende Strom vernachl¨assigt werden, vom Ausgang aus sieht“ man nur die Reihenschaltung von R und RG ; bei ” hohen Frequenzen wird der Ausgang kapazitiv kurzgeschlossen“ , so daß Z o → 0. ” F¨ ur den Strom¨ ubertragungsfaktor folgt Hi =
y 21 y 11 + ∆y RL
= −
1 , 1 + jωRL C
w¨ ahrend sich der Spannungs¨ ubertragungsfaktor zu Hv =
−y 21 RL 1 + y 22 RL
=
RL R + RL (1+jωRC)
ergibt.
∆
Beispiel 2.3.2 Als Beispiel wird der Spannungs¨ ubertragungsfaktor des unbelasteten Bandpasses aus Beispiel 2.2.4 ermittelt. F¨ ur |Z L | → ∞ gilt Hv =
−y 21 Z L 1 + y 22 Z L
→
−y 21 y 22
.
Mit den in Beispiel 2.2.4 bestimmten Leitwertparametern folgt so Hv =
jωC1 . 1/R1 + jω [ C1 + C2 (1+R2 /R1 )] − ω 2 R2 C1 C2
Im Fall sehr kleiner Frequenzen k¨ onnen die frequenzabh¨angigen Terme im Nenner vernachl¨ assigt werden H v ≈ jωR1 C1 = j f/fgu , der Bandpaß zeigt hier Hochpaßverhalten mit der Grenzfrequenz fgu = (2πR1 C1 )−1 . F¨ ur sehr hohe Frequenzen dominiert der in ω quadratische Term im Nenner; wird nur dieser ber¨ ucksichtigt, so resultiert die N¨ aherung
2.3. Kenngr¨ oßen beschalteter Vierpole
G
G
67
IJX
9HUVWDHUNXQJVPDVV
IJR G%
JUG G%GH
G%GHF 3KDVH
G G
G
JUG
'XUFKODVVEHUHLFK
!! +]
39
+]
.+] '%9 )UHTXHQF\
0+]
0+]
¨ Abb. 2.13. Ubertragungsfaktor (Skala 1: Phase, Skala 2: Verst¨ arkungsmaß av in dB) des in Beispiel 2.3.2 Bandpasses
H v ≈ 1/(jωR2 C2 ) = −j fgo /f ; der Bandpaß zeigt hier Tiefpaßverhalten mit der Grenzfrequenz fgo = (2πR2 C2 )−1 . ¨ im Frequenzbereich fgu < f < fgo Gilt fgu fgo , so ist der Ubertragungsfaktor ann¨ ahernd konstant. Dort gilt dann −1 C2 R2 Hv ≈ 1 + . 1+ C1 R1 Abbildung 2.13 zeigt das Ergebnis einer SPICE-Frequenzanalyse f¨ ur einen Bandpaß ur kleine Frequenzen mit R1 = 1 kΩ, C1 = 1 µF, R2 = 100 Ω und C2 = 1 nF. F¨ (f fgu ) wird das erwartete Hochpaßverhalten beobachtet – der Wert von av steigt hier mit 20 dB/dec an, die Phasenverschiebung zeigt einen Wert von ann¨ahernd ur große Frequenzen (f fgo ) resultiert das erwartete Tiefpaßverhalten mit 90◦ . F¨ einem Abfall von 20 dB/dec f¨ ur av und einer Phasenverschiebung von ann¨ahernd ◦ −90 . Dazwischen liegt ein Band von vernachl¨assigbarer D¨ampfung (av ≈ 0 dB), in dem Eingangssignal und Ausgangssignal ann¨ahernd miteinander in Phase sind. F¨ ur die beiden Grenzfrequenzen fgu und fgo folgt fgu = 1/(2πR1 C1 ) = 159 Hz ¨ mit den Resultaten der und fgo = 1/(2πR2 C2 ) = 1.59 MHz in Ubereinstimmung Simulation. ∆
68
2. Aktive Vierpole Z
v
i1 G
0
v 1
i2
V ie r p o l y
y
1 1
y
1 2
v
y 2
2 1
v
2 2
v
Z 2
1
L
Abb. 2.14. Beschalteter Vierpol. Zur Definition der Leistungsverst¨ arkung
2.3.2 Leistungsverst¨ arkung F¨ ur die Leistungsverst¨ arkung werden unterschiedliche Definitionen verwendet [1], zur Erl¨ auterung wird Abb. 2.14 betrachtet. Die Leistungsverst¨ arkung altnis des Effektivwerts der an die Last abgegebenen Gp bezeichnet das Verh¨ Wirkleistung P2 = −Re (V 2 I ∗2 ) zum Effektivwert der an das Eingangstor des Vierpols abgegebenen Wirkleistung P1 = Re (V 1 I ∗1 ). Unter Verwendung von V 1 = Z i I 1 = I 1 /Y i
und
V 2 = −Z L I 2 = −I 2 /Y L
folgt Gp = Ai (f )2
Re(Z L ) Re(Y L ) = Av (f )2 . Re(Z i ) Re(Y i )
(2.22)
Die Leistungsverst¨ arkung Gp h¨ angt von der Lastimpedanz Z L = 1/Y L ab und ist unabh¨angig von der Impedanz Z G = 1/Y G der Quelle. Unter Verwendung von Leitwertparametern l¨ aßt sich die Leistungsverst¨arkung durch
|y |2 Re(Y L ) Gp = 21 Re |y 22 + Y L |2
y y y 11 − 12 21 y 22 +Y L
−1
(2.23)
ausdr¨ ucken. Betriebsleistungsverst¨ arkung. Der Effektivwert P1 der von der Signalquelle an den Vierpol abgegebenen Leistung wird bei Leistungsanpassung, d.h. unter ∗ maximal [1]. An den Eingang des Vierpols wird dann der Bedingung Z i = ZG die Leistung P1 =
Re(Z i ) V02 2 = P1+ V = |Z i +Z G |2 0 4 Re(Z i )
abgegeben. Das ist genau die H¨ alfte der von der Signalquelle abgegebenen Leistung P0 (die andere H¨ alfte wird in der Quellimpedanz Z G umgesetzt). Die Betriebsleistungsverst¨ arkung (engl. transducer power gain) GT = P2 /P1+
(2.24)
ist definiert als das Verh¨ altnis der abgegebenen Leistung P2 zur aufgenommenen Leistung P1+ . Bei Leistungsanpassung am Eingang ist die Betriebsleistungsverst¨arkung GT gleich der Leistungsverst¨arkung Gp .
2.3. Kenngr¨ oßen beschalteter Vierpole
69
Verf¨ ugbare Leistungsverst¨ arkung. Die Leistungsverst¨arkung die sich bei An∗ des Vierpols (Abb. passung am Eingang Z i = ZL∗ und Ausgang Z o = ZG 2.14) einstellt wird als verf¨ ugbare Leistungsverst¨ arkung bezeichnet. Mit der bei Leistungsanpassung am Ausgang abgegebenen Leistung | y 21 |2 V 2 = P2− 4 Re(y 22 ) 1
P2 =
resultiert die verf¨ ugbare Leistungsverst¨ arkung GA = P2− /P1+ . Bei Leistungsanpassung an Ein- und Ausgang gilt GA = GT = Gp . y *
v 0
i1
1 1
v 1
i2 y
y
1 1
y
2 1
v
2 2
v
y * 2
1
2 2
Abb. 2.15. Zur Berechnung der unilateralen Leistungsverst¨ arkung
Unilaterale Leistungsverst¨ arkung. Ein Zweitor ist r¨ uckwirkungsfrei (unilateral) falls y 12 = 0 gilt; diese Situation ist in Abb. 2.15 dargestellt, wobei Leistungsanpassung am Ein- und Ausgang angenommen wurde. Mit I 2 = y 21 V 1 + y 22 V 2 = −y ∗22 V 2 , resultiert f¨ ur den komplexen Effektivwert der Ausgangsspannung y 21 V2 = − V , 2 Re(y 22 ) 1 und damit f¨ ur die an die Last abgegebene Leistung P2− = −
| y 21 |2 1 ( I 2 V ∗2 + I ∗2 V 2 ) = V2 . 2 4 Re(y 22 ) 1
Mit der (bei Leistungsanpassung) an den Eingang abgegebenen Leistung P1+ = Re(y 11 )V12 , ergibt sich die unilaterale Leistungsverst¨arkung U zu | y 21 |2 P2− . U = + = 4 Re(y 11 )Re(y 22 ) P1
(2.25)
Da y 12 in der Regel nur klein ist, sind Transistor-Vierpole nicht streng unilateral. Durch Unilateralisation, d.h. durch Hinzuf¨ ugen eines verlustlosen R¨ uckkopplungsnetzwerks l¨ aßt sich jedoch R¨ uckwirkungsfreiheit herstellen (Abb. 2.16). Die Leitwertmatrix Y αβ dieses Vierpols mit R¨ uckkopplung ist YA Y = Y A +y 22
y 11 +∆y /Y A y 12 y 21 y 22
+
Y F −Y F −Y F Y F
.
(2.26)
70
2. Aktive Vierpole
Y F
-y v
y 1
1 1
(y
+ y
1 2
-y
1 2
2 1
Y
1 2
y )v
2 2
+ y
A
v
1 2
2
Abb. 2.16. Unilateralisation durch Addition von Y F und Y A 1
Die hinzugef¨ ugten verlustlosen Admittanzen sind rein imagin¨ar; R¨ uckwirkungsfreiheit liegt unter den Bedingungen
YF
Re(y 12 ) Im(y 22 ) = j Im(y 12 ) − Re(y 22 )
und Y A =
Re(y 22 ) Y Re(y 12 ) F
vor. Unter diesen Bedingungen stellt sich die unilaterale Leistungsverst¨ arkung | y 21 − y 12 |2 | Y 21 |2 = U = 4 Re(Y 11 ) Re(Y 22 ) 4 [ Re(y 11 )Re(y 22 ) − Re(y 12 )Re(y 21 )] ein. Die unilaterale Leistungsverst¨ arkung ist f¨ ur einen Transistor mit drei Anschl¨ ussen f¨ ur alle Grundschaltungen10 identisch [2]; die unilaterale Leistungsverst¨arkung eignet sich deswegen besonders um Verst¨arkungseigenschaften eines Transistors zu charakterisieren. Eine r¨ uckgekoppelte Schaltung kann selbsterregte Schwingungen ausf¨ uhren, falls U ≥ 1 gilt. Der Transistor kann bis zur maximalen Schwingfrequenz fmax , definiert u ¨ber die Bedingung U (fmax ) = 1, als Leistungsverst¨ arker dienen.
2.3.3 Stabili¨ at, MAG, MSG Ein linearer Schaltkreis ist instabil, falls seine Ausgangsamplitude unkontrolliert ansteigen kann. Die Stabilit¨ at eines Vierpols h¨angt von seiner Beschaltung ab. Gibt es eine Beschaltung mit passiven Zweipolen, bei der ein Vierpol selbsterregte Schwingungen der Kreisfrequenz ω durchf¨ uhrt, so heißt der Vierpol potentiell instabil bei der Kreisfrequenz ω. Ist keine solche Beschaltung m¨oglich, so heißt der Vierpol absolut stabil. F¨ ur absolute Stabilit¨at muß der Realteil der Eingangsadmittanz Yi = 10
y 11 Y L + ∆y y 22 + Y L
In integrierten Transistoren, muß zus¨ atzlich der Substrat- oder Bulkanschluß beachtet werden; dann resultieren i.allg. verschiedene Werte der unilateralen Leistungsverst¨ arkung f¨ ur Emitter-, Basis- oder Kollektorschaltung, bzw. Source-, Gate- oder Drainschaltung.
2.3. Kenngr¨ oßen beschalteter Vierpole
71
f¨ ur alle Werte der Lastadmittanz Y L positiv sein. Diese Bedingung ist ¨aquivalent zu der Forderung, daß der sog. Stabilit¨ atsfaktor [1] k =
2 Re(y 11 )Re(y 22 ) − Re(y 12 y 21 ) , | y 12 y 21 |
(2.27)
gr¨oßer ist als eins. Der Wert des Stabilit¨ atsfaktors liegt zwischen −1 und ∞; liegt k zwischen −1 und +1, so ist der Vierpol potentiell instabil. Der Stabilit¨atsfaktor wird nur aus den Vierpolparametern berechnet und ist deshalb von der Beschaltung unabh¨ angig. Ist k > 1 und liegt Leistungsanpassung an Ein- und Ausgang vor, so stellt sich die maximal verf¨ ugbare Leistungsverst¨ arkung (engl. maximum available gain) (MAG) MAG =
|y 21 | k − k2 − 1 |y 12 |
(2.28)
ein. F¨ ur k < 1 kann die maximal verf¨ ugbare Leistungsverst¨arkung nicht berechnet werden, dann wird die maximale stabile Leistungsverst¨arkung (engl. maximum stable gain) (MSG) als der Wert der maximal verf¨ ugbaren Leistungsverst¨arkung, der sich f¨ ur den kleinsten Serienwiderstand der Stabilit¨at ergibt, einstellt. Der Wert der maximalen stabilen Leistungsverst¨arkung ist MSG = |y 21 |/|y 12 | ;
(2.29)
im Fall k = 1 gilt offensichtlich MSG = MAG.
2.3.4 Reflexionskoeffizienten Bei Anpassung werden Eingangsstrom und Eingangsspannung durch die komplexen Effektivwerte I 1 = V 0 /2RG = I + 1
und
V 1 = Z ∗G V 0 /2RG = V + 1
mit Re(Z G ) = RG beschrieben. Das Produkt dieser Gr¨oßen liefert die vom +∗ Generator verf¨ ugbare Leistung P1+ = Re(V + 1 I 1 ). Bei Fehlanpassung kann die Eingangsspannung V 1 als Summe der einlaufenden Spannung V + 1 und der reflektierten Spannung V − 1 V1 =
Zi − + V = V+ 1 + V 1 = (1 + r iv ) V 1 ZG + Zi 0
dargestellt werden [3]. Der Spannungs-Reflexionskoeffizient riv =
V1 Zi Z − Z ∗G Z G Z G + Z ∗G −1 = i ∗ + −1 = ∗ Zi + ZG ZG Z i + Z G ZG V1
(2.30)
verschwindet bei Anpassung am Eingang (Z i = Z ∗G ). Auf dieselbe Weise l¨aßt sich der Eingangsstrom aus einem einlaufenden Teil I + 1 und einem reflektierten Anteil I − 1
72
2. Aktive Vierpole
1 − + V = I+ 1 − I 1 = (1 − r ii ) I 1 ZG + Zi 0
I1 =
zusammensetzen, wobei rii den Strom-Reflexionskoeffient bezeichnet. rii = 1 −
I1 Z G + Z ∗G Z i − Z ∗G = 1 − = . Zi + ZG Zi + ZG I+ 1
Die beiden Reflexionskoeffizienten sind u ¨ber riv Z ∗G = rii Z G miteinander verkn¨ upft, d.h. bei reeller Quellimpedanz sind Spannungs- und Strom-Reflexionskoeffizient identisch. Z v
G
P
+ 1
v 0
i1
V ie r p o l 1
P 1
P
-
v
+ 2
i2
Z 2
P 2
-
L
Abb. 2.17. Beschalteter Vierpol
Die an den Vierpol abgegebene Leistung ist P1 =
1 Ri V02 ( V 1 I ∗1 + V ∗1 I 1 ) = , 2 | Z G + Z i |2
ugbaren (einlaufenden) wobei Ri = Re(Z i ). Sie kann als Differenz der verf¨ Leistung P1+ =
V02 RG 2 2 = Re (V + I +∗ ) = |V + 1 | = |a1 | 4 RG | Z G |2
und der am Eingang reflektierten Leistung P1− = =
V02 Ri V02 1 | Z G − Z ∗i |2 2 − = V 4 RG | Z G + Z i |2 4 RG | Z G + Z i |2 0 RG 2 2 |V − 1 | = |b1 | | Z G |2
dargestellt werden. Die Leistungs- oder Wellengr¨ oßen a1 und b1 sind durch √ √ RG + RG − und b1 = V1 (2.31) a1 = ∗ V1 ZG ZG definiert, mit diesen lautet die Eingangsspannung ∗ ZG Z − √ + V = a1 + √ G b1 V1 = V+ 1 1 RG RG
(2.32)
2.4. S-Parameter
73
V 1 und der Eingangsstrom − I1 = I+ 1 − I1 = √
1 1 a −√ b RG 1 RG 1
(2.33)
bzw. a1 =
V 1 + ZG I1 √ 2 RG
und
b1 =
∗ I V 1 − ZG 1 √ 2 RG
(2.34)
Zusammen mit den auf analoge Weise definierten Parametern a2 und b2 f¨ ur ur die das Ausgangstor wird so ein neuer Variablensatz (a1 , b1 , a2 und b2 ) f¨ Beschreibung des Vierpolverhaltens eingef¨ uhrt. Diese Variablen sind durch Streuparameter oder S-Parameter miteinander verkn¨ upft. a
a 1
2
V ie r p o l b
b 1
Abb. 2.18. Vierpol mit einlaufenden und auslaufenden Wellen 2
2.4 S-Parameter Das Verhalten linearer Vierpole bei hohen Frequenzen bis weit in den Gigahertzbereich wird in der Regel durch S-Parameter beschrieben [4], da sich Messungen unter Leerlauf- und Kurzschlußbedingungen, wie sie zur Bestimmung der y- und h-Parameter ben¨otigt werden, bei hohen Frequenzen aufgrund von Zuleitungsinduktivit¨ aten und Streukapazit¨aten nur schwer durchf¨ uhren lassen. Diese Probleme treten bei S-Parameter Messungen nicht auf: S-Parameter sind direkt mit der einlaufenden und reflektierten Leistung verkn¨ upft und ¨ andern sich nicht entlang einer verlustlosen Leitung (vgl. Kap. 10). Das zu charakterisierende Netzwerk kann deshalb ohne nennenswerte Verf¨ alschungen durch die Zuleitung charakterisiert werden. In linearen Vierpolen besteht eine lineare Beziehung zwischen den Leistungsgr¨oßen am Eingangs- und Ausgangstor
b1 b2
=
S 11 S 12 S 21 S 22
a1 a2
.
(2.35)
Die von der Frequenz abh¨ angigen Parameter S αβ werden als S-Parameter oder Streuparameter, die aus diesen Parametern aufgebaute Matrix als Streumatrix bezeichnet. Die S-Parameter sind als Verh¨altnisse von Leistungsgr¨oßen definiert und deshalb dimensionlos. Die Messbedingen a1 = 0 bzw. a2 = 0 lassen sich durch Abschluß mit dem Wellenwiderstand erf¨ ullen.
74
2. Aktive Vierpole
Der Eingangs-Reflexionskoeffizient (bei ausgangsseitigem Abschluß mit dem Wellenwiderstand) ist
S 11
b = 1 a1 a
(Eingangs-Reflexionskoeffizient)
(2.36)
2 =0
sein Betragsquadrat | S 11 |2 bestimmt das Verh¨altnis der am Eingang reflektierten Leistung zur verf¨ ugbaren Leistung. Das Betragsquadrat | S 21 |2 des Vorw¨ arts-Transmissionskoeffizienten (bei ausgangsseitigem Abschluß mit dem Wellenwiderstand)
S 21
b = 2 a1 a
(Vorw¨ arts-Transmissionskoeffizient)
(2.37)
2 =0
bestimmt das Verh¨ altnis der an den Ausgang abgegebenen Leistung zu der am Eingang verf¨ ugbaren Leistung. Entsprechend beschreibt der R¨ uckw¨ artsTransmissionskoeffizient (bei eingangsseitigem Abschluß mit dem Wellenwiderstand)
S 12
b = 1 a2 a
(R¨ uckw¨ arts-Transmissionskoeffizient)
(2.38)
1 =0
die R¨ uckwirkung des Ausgangs auf den Eingang. Der Ausgangs-Reflexionskoeffizient (bei eingangsseitigem Abschluß mit dem Wellenwiderstand)
S 22 =
b2 a2 a
(Ausgangs-Reflexionskoeffizient)
(2.39)
1 =0
ist der Reflexionskoeffizient am Ausgangstor. Das Betragsquadrat | S 22 |2 bestimmt das Verh¨ altnis der am Ausgangstor reflektierten Leistung zu der am Ausgang verf¨ ugbaren Leistung. Ein vollst¨andiger Satz S-Parameter liefert eine vollst¨andige Beschreibung des Vierpolverhaltens und enth¨ alt deshalb dieselbe Information wie z.B. die Leitwert- und Hybridparameter. Die Leitwertmatrix beispielsweise l¨aßt sich u ¨ber ⎛
y =
1 Z0
⎜ ⎜ ⎜ ⎝
1 − S 11 + S 22 − ∆s 1 + S 11 + S 22 + ∆s −2 S 21 1 + S 11 + S 22 + ∆s
−2 S 12 1 + S 11 + S 22 + ∆s 1 + S 11 − S 22 − ∆s 1 + S 11 + S 22 + ∆s
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
=Z y durch S-Parametern ausdr¨ ucken; umgekehrt gilt mit yαβ 0 αβ
⎛
+ y − ∆ 1 − y11 y 22 ⎜ + y + ∆ ⎜ 1 + y11 y 22
s = ⎜ ⎜ ⎝
−2 y21 + y + ∆ 1 + y11 y 22
−2 y12 + y + ∆ 1 + y11 y 22 − y − ∆ 1 + y11 y 22 + y + ∆ 1 + y11 y 22
⎞
⎟ ⎟ ⎟ . ⎟ ⎠
2.5. Verst¨arker
75
2.5 Verst¨ arker Ein Verst¨arker ist im Idealfall eine gesteuerte Quelle – in der Praxis ergeben sich (beispielsweise durch endliche Ein- und Ausgangswiderst¨ande) allerdings Abweichungen vom idealen Verhalten. Dennoch hat es sich als zweckm¨aßig erwiesen, Verst¨arker nach der gesteuerten Quelle, der sie entsprechen sollen, in unterschiedliche Typen einzuteilen. Abbildung 2.19 erl¨autert die unterschiedlichen Verst¨arkertypen anhand einfacher Ersatzschaltungen, die so ausgew¨ahlt werden, daß sie das Verhalten m¨ oglichst anschaulich beschreiben. S p a n n u n g s v e rs tä rk e r
T r a n s a d m itta n z v e r s tä r k e r
id e a l: s p a n n u n g s g e s te u e r te S p a n n u n g s q u e lle R
R G
v
v G
R
< < R G
R i
R G
A
H I
id e a l: s p a n n u n g s g e s te u e r te S tr o m q u e lle
R I
R
v v
< < R A
v
v L
i
G
R L
G
R i
< < R
I
Y
R
ii R G
R G
> > R
Z I
R
(c )
> > R A
R L
L
id e a l: s tr o m g e s te u e r te S tr o m q u e lle R
A
ii m
R I
L
S tro m v e rs tä rk e r
id e a l: s tr o m g e s te u e r te S p a n n u n g s q u e lle
v
R A
(b )
T r a n s im p e d a n z v e r s tä r k e r
G
R i
I
(a )
R
v m
A
R
< < R L
L
ii
v
G
R G
R G
> > R
I
H i
R
ii
R I
A
A
> > R L
(d )
Abb. 2.19. Verst¨ arkertypen. (a) Spannungsverst¨ arker, (b) Transadmittanzverst¨ arker, (c) Transimpedanzverst¨ arker und (d) Stromverst¨ arker
Der Spannungsverst¨ arker entspricht im Idealfall der spannungsgesteuerten Spannungsquelle mit dem Spannungs¨ ubertragungsfaktor H v . In der Praxis liegt ein endlicher Eingangswiderstand RI vor, der jedoch groß im Vergleich zum Generatorwiderstand RG ist, sowie ein endlicher Ausgangswiderstand RA , der jedoch klein im Vergleich zum Lastwiderstand RL ist. Der Transadmittanzverst¨ arker entspricht im Idealfall der spannungsgesteu¨ erten Stromquelle mit der Ubertragungsadmittanz Y m . Der in der Praxis vorliegende endliche Eingangswiderstand RI muß auch hier groß im Vergleich
76
2. Aktive Vierpole
zum Generatorwiderstand RG , der Ausgangswiderstand RA der gesteuerten Stromquelle hingegen groß im Vergleich zum Lastwiderstand RL sein. Der Transimpedanzverst¨ arker entspricht im Idealfall der stromgesteuerten ¨ Spannungsquelle mit der Ubertragungsimpedanz Z m . Hier muß der Eingangswiderstand RI klein im Vergleich zum Generatorwiderstand RG sein, damit eine Stromsteuerung vorliegt. Ferner muß der Ausgangswiderstand RA der gesteuerten Spannungsquelle klein im Vergleich zum Lastwiderstand RL sein. Der Stromverst¨ arker entspricht im Idealfall der stromgesteuerten Stromquelle mit dem Strom¨ ubertragungsfaktor H i . Der in der Praxis vorliegende endliche Eingangswiderstand RI muß hier ebenfalls klein im Vergleich zum Generatorwiderstand RG , der Ausgangswiderstand RA groß im Vergleich zu RL sein. v
v S
1
+
k v
f(v ) v
2
2
k
Abb. 2.20. R¨ uckkopplung
Verst¨arker arbeiten in der Regel mit R¨ uckkopplung: Der Ausgang des Verst¨arkers wird dabei u uckkopplungsnetzwerk auf den Eingang zur¨ uck¨ber ein R¨ gef¨ uhrt, wie dies in der Prinzipschaltung Abb. 2.20 dargestellt ist. Die Ausgangsspannung v2 = f (v) des dort dargestellten Verst¨arkers ist durch die Spannung v am Eingang gegeben. Der Wert von v setzt sich zusammen aus der von außen angelegten Spannung v1 und dem Anteil kv2 , der vom Ausgang zur¨ uckgekoppelt wird. Wirkt die r¨ uckgekoppelte Spannung der Eingangsspannung entgegen (v = v1 −kv2 ), so spricht man von Gegenkopplung; wird die Eingangsspannung v1 durch das r¨ uckgekoppelte Signal verst¨arkt (v = v1 + kv2 ), so spricht man von Mitkopplung – in diesem Fall kann es zu selbsterregten Schwingungen kommen.
2.5.1 Gegenkopplung Im Fall eines linearen Verst¨ arkers gilt f (v) = a1 v, wobei a1 die Spannungsverst¨arkung des nicht r¨ uckgekoppelten Verst¨arkers bezeichnet. Bei Gegenkopplung gilt dann v2 = a1 (v1 −kv2 )
bzw.
v2 =
a1 v1 = Av v1 . 1+ka1
(2.40)
arkung des r¨ uckgekoppelten Verst¨arHierbei bezeichnet ka1 die Schleifenverst¨ kers. F¨ ur k > 0 gilt offensichtlich Av < a1 , d. h. die Gegenkopplung verringert die Verst¨arkung.
2.5. Verst¨arker
77
Transistoren in Verst¨ arkern werden meist gegengekoppelt; dies wirkt sich g¨ unstig auf die Verst¨ arkereigenschaften aus: • Der Arbeitspunkt wird gegen¨ uber Temperaturschwankungen und Exemplarstreuungen stabilisiert. • Durch Gegenkopplung lassen sich Eingangs- und Ausgangsimpedanz einer Verst¨arkerschaltung in weiten Grenzen variieren. • Der Frequenzgang der Verst¨ arkerstufe wird ver¨andert: Durch Gegenkopplung mit ohmschen Widerst¨ anden wird die Bandbreite erh¨oht und die Verst¨arkung vermindert, wobei das Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produkt konstant bleibt. Der Entwickler hat dar¨ uber hinaus die M¨oglichkeit, mit kapazitiven oder induktiven R¨ uckkopplungsimpedanzen einen frequenzabh¨angigen Gegenkopplungsgrad zu realisieren. Dies bietet weitreichende M¨oglichkeiten, den Frequenzgang einer Verst¨ arkerschaltung zu beeinflussen. • Die Nichtlinearit¨ at des Verst¨ arkers, bedingt durch nichtlineare Kennlinien der Transistoren, wird reduziert. Das verst¨arkte Ausgangssignal weist eine gegen¨ uber der nicht gegengekoppelten Verst¨arkerstufe verminderte Verzerrung auf. V R
v
R G
(t)
+
R C
F
v 2(t) G
R E
Abb. 2.21. Gegenkopplung beim Transistor
Abbildung 2.21 zeigt zwei M¨ oglichkeiten der Gegenkopplung innerhalb einer 11 ¨ Transistorverst¨ arkerstufe. Uber den Widerstand RF wirkt die Ausgangsspannung v2 (t) auf v1 (t) zur¨ uck – man spricht hier auch von einer Spannungsgegenkopplung. Die Wirksamkeit dieses Ansatzes wird durch das Verh¨altnis RG /RF bestimmt. Die Spannung u ¨ber dem Widerstand RE ist vom Strom im Ausgangskreis abh¨ angig. Da dieser Spannungsabfall in Serie zur Eingangsspannung des Transistors liegt, wirkt der Strom im Ausgangskreis auf diese zur¨ uck – man spricht hier auch von einer Stromgegenkopplung. 11
Bei aufeinanderfolgenden Verst¨ arkerstufen kann auch von einer der nachfolgenden auf die erste zur¨ uckgekoppelt werden.
78
2. Aktive Vierpole
Eingangs- und Ausgangsimpedanz Durch die Gegenkopplung wird die Eingangsimpedanz der Verst¨arkerschaltung ver¨andert und kann so auf einen Sollwert abgeglichen werden. Bei Spannungsgegenkopplung (R¨ uckkopplungsnetzwerk liegt am Eingang in Serie zum Verst¨arker) vergr¨ oßert sich die Eingangsimpedanz des Verst¨arkers um den Faktor (1 + kA), bei Stromgegenkopplung (R¨ uckkopplungsnetzwerk liegt am Eingang parallel zum Verst¨ arker) wird sie um den Faktor (1 + kA)−1 kleiner. Die Ausgangsimpedanz wird bei Spannungsgegenkopplung (die r¨ uckgef¨ uhrte −1 Gr¨oße wird parallel zum Ausgang abgegriffen) um den Faktor (1+kA) kleiner, w¨ahrend sie bei Stromgegenkopplung um den Faktor (1 + kA) ansteigt. Je nachdem ob die Schaltung einen niederohmigen oder einen hochohmigen Ausgang aufweisen soll, muß also Spannungs- bzw. Stromgegenkopplung verwendet werden. Beispiel 2.4.1 Abbildung 2.22 zeigt eine Ersatzschaltung f¨ ur einen Verst¨arker mit Serien-Parallel-Gegenkopplung (Spannungsr¨ uckkopplung in Reihenschaltung). Ein praktisches Beispiel hierf¨ ur ist der nichtinvertierende Verst¨arker (vgl. Kap. 6): Wird der Operationsverst¨ arker durch die einfache Ersatzschaltung des Spannungsi1 v v
R i
A v I
R A
i
v
v
1
R
R 1
2
v
i
R
R I
A
v
1
k A v
A v i
2
i
2
(a )
(b )
Abb. 2.22. Serien-Parallel-Gegenkopplung. (a) Ersatzschaltung und (b) vereinfachte Ersatzschaltung
verst¨ arkers beschrieben, so resultiert Abbildung 2.22 a. Der Spannungsabfall an R1 ¨ ergibt sich leicht durch Uberlagerung vR1 =
R1 R2 R1 i1 + v2 . R1 +R2 R1 +R2
Ist der Eingangswiderstand RI des nicht r¨ uckgekoppelten Verst¨arkers so groß, daß assigbar kleinen Spannungsabfall an R1 hervorruft, der Strom i1 nur einen vernachl¨ uckso kann der erste Term in der Beziehung f¨ ur vR1 vernachl¨assigt und die R¨ ¨ kopplung durch eine spannungsgesteuerte Spannungsquelle mit Ubertragungsfaktor k = R1 /(R1 + R2 ) nachgebildet werden. Gilt ferner RA (R1 + R2 ), so kann die Belastung des Ausgangs durch das R¨ uckkopplungsnetzwerk vernachl¨assigt werden
2.5. Verst¨arker
79
und es resultiert die in Abb. 2.22 b dargestellte vereinfachte Ersatzschaltung. Aus der vereinfachten Ersatzschaltung folgt sofort f¨ ur die Spannungsverst¨arkung Av , den uckgekoppelten SchalEingangswiderstand ri und den Ausgangswiderstand ro der r¨ tung Av =
A , 1+kA
ri = RI (1+kA)
und
ro =
RA . 1+kA
Durch die betrachtete Gegenkopplung vergr¨ oßert sich demzufolge der Eingangswiderstand des Verst¨ arkers um den Faktor (1 + kA), w¨ahrend der Ausgangswiderstand um den Faktor (1 + kA)−1 kleiner wird. ∆
Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produkt Weist der nicht r¨ uckgekoppelte Verst¨ arker das Verhalten eines Tiefpasses erster Ordnung auf H v (f ) =
Av0 , 1 + j f /fg
so folgt bei Gegenkopplung der Frequenzgang Av0 Av0 H v (f ) = = 1 + kH v (f ) 1 + kAv0 + j f /fg 1 + kAv0
1 1+j
f fg (1+kAv0 )
,
d. h. der gegengekoppelte Verst¨ arker weist ein Tiefpaßverhalten mit der Grenzfrequenz fg = fg (1 + kAv0 ) auf. Durch Umformen folgt sofort fg
Av0 = fg Av0 , 1 + kAv0
(2.41)
d. h. das Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produkt des Verst¨arkers wird durch die Gegenkopplung nicht beeinflußt. Durch Verringerung der Verst¨arkung kann somit die Bandbreite vergr¨ oßert werden. Letztere wird meist definiert als der Frequenzbereich, in dem das Verst¨ arkungsmaß bis auf 3 dB konstant ist.
Verzerrungen ¨ Nichtlinearit¨aten in der Ubertragungskennlinie v2 = f (v1 ) des nicht gegengekoppelten Verst¨ arkers verursachen bei sinusf¨ormiger Ansteuerung Oberwellen und damit eine Verzerrung des Ausgangssignals. Durch Entwickeln bis zur dritten Ordnung folgt f¨ ur den Wechselanteil der Ausgangsspannung als Funktion der Eingangsspannung 2 3 (t) + α3 v1∼ (t) + . . . , v2∼ (t) = α1 v1∼ (t) + α2 v1∼
¨ im Arwobei αm durch die die m-te Ableitung der Ubertragungskennlinie beitspunkt V definiert ist
80
2. Aktive Vierpole
αm
1 dm f = . m! dv m V
Wie in Kap. 1.4 gezeigt f¨ uhrt das Eingangssignal v1∼ (t) = vˆ1 cos(ωt) zu Harmonischen der Frequenz 2ω und 3ω im Ausgangssignal. Maßgeblich f¨ ur das Verh¨altnis der Amplituden der 2. und 3. Harmonischen zur Amplitude der Grundschwingung sind die Koeffizienten α2 α3 2 vˆ1 und κ3 = vˆ . κ2 = 2α1 4α1 1 Bei Gegenkopplung u uckkopplungsnetzwerk mit dem R¨ uck¨ber ein lineares R¨ kopplungsfaktor k gilt v2 = f (v1 −kv2 ) = f (v) .
(2.42)
Bei sinusf¨ormiger Ansteuerung lautet die Taylorreihe
dv2 1 d2 v2 2 1 d3 v2 3 v (t) + v (t) + v2∼ (t) ≈ v (t) + . . . , 1∼ 1∼ dv1 V 2 dv12 V 6 dv13 V 1∼ wobei die Ableitungen von v2 bez¨ uglich v1 im Arbeitspunkt V = V1 − kV2 zu ermitteln sind. Das Verh¨ altnis der Amplituden der 2. und 3. Harmonischen des Ausgangssignals zur Amplitude der Grundschwingung wird nun n¨ aherungsweise durch die Koeffizienten K2 =
vˆ1 d2 v2 /dv12 |V 4 dv2 /dv1 |V
und
K3 =
vˆ12 d3 v2 /dv13 |V 24 dv2 /dv1 |V
bestimmt. Durch Ableiten von v2 = f (v1 −kv2 ) folgt dv2 df dv df = = dv1 dv dv1 dv
dv2 1−k dv1
(2.43)
bzw. mit α1 = df /dv
α1 dv2 = , dv1 V 1 + kα1 was bereits bekannt ist: Die Kleinsignalverst¨arkung dv2 /dv1 des gegengekoppelten Verst¨arkers h¨ angt u ¨ber Gl. (2.40) mit der Kleinsignalverst¨arkung α1 des nicht gegengekoppelten Verst¨ arkers zusammen. Durch Ableiten von Gl. (2.43) nach v1 folgt weiter d2 f d2 v2 = dv 2 dv12
dv2 1−k dv1
2
bzw. mit 2α2 = d2f /dv 2
2α2 d2 v2 . = (1 + kα1 )3 dv12 V
−k
df d2 v2 dv dv12
(2.44)
2.5. Verst¨arker
81
Damit folgt f¨ ur das Verh¨ altnis der Amplituden der ersten beiden Harmonischen die N¨aherung K2 ≈
1 α2 vˆ1 . 2 (1 + kα1 ) α1 2
(2.45)
Es wird im Vergleich zum nicht gegengekoppelten Verst¨arker um den Faktor (1 + kα1 )−2 verringert. Bei konstant gehaltener Ausgangsamplitude muß beim gegengekoppelten Verst¨ arker wegen der Reduktion der Verst¨arkung die Eingangsamplitude vˆ1 um den Faktor (1 + kα1 ) angehoben werden, daher resultiert als Folge der Gegenkopplung lediglich eine Verbesserung um den altnis der Amplituden der ersten beiden HarmoFaktor (1 + kα1 )−1 im Verh¨ nischen. Durch Ableiten von (2.44) folgt weiter
3
d3f dv2 d3 v2 = 1−k 3 3 dv dv1 dv1
− 3k
d2f dv2 1−k 2 dv dv1
2 d v2
dv12
−k
df d3 v2 dv dv13
bzw. mit 6α3 = d3f /dv 3 α3 2kα22 1 d3 v2 = − . 6 dv13 (1 + kα1 )4 (1 + kα1 )5 F¨ ur das Verh¨altnis der Amplituden der ersten und dritten Harmonischen folgt damit n¨aherungsweise 1 1 K3 ≈ (1 + kα1 )3 α1
a 1v
(1 ) v 1
v
d
+ a 2v
d
2kα22 α3 − 1 + kα1
+ a 3v 2
d
vˆ12 . 4
(2.46)
3
(2 ) d
v R
2
2
(0 ) R
(3 ) 1
Abb. 2.23. Nichtlinearer Spannungsverst¨ arker mit R¨ uckkopplung
Beispiel 2.4.2 Als Beispiel wird die in Abb. 2.23 dargestellte Ersatzschaltung eines nichtlinearen Spannungsverst¨ arkers mit und ohne R¨ uckkopplung betrachtet. Die Ausgangsspannung wird als ein Polynom dritter Ordnung der Eingangsspannung vd = V (1, 3) beschrieben, die Koeffizienten wurden mit α1 = 100, α2 = 10/V und α3 = 1/V2 gew¨ahlt.
82
2. Aktive Vierpole
Ohne R¨ uckkopplung gilt bei sinusf¨ ormigem Eingangssignal vd = vˆ1 cos(ωt); wird vˆ1 = 1 V gew¨ ahlt, so folgt α2 α3 2 vˆ1 = 5 · 10−2 und κ3 = vˆ = 2.5 · 10−3 κ2 = 2α1 4α1 1 F¨ ur das Ausgangssignal folgt so (vgl. Kap. 1.4) v2 (t)
=
α2 2 vˆ + α1 (1+3κ3 ) vˆi cos(ωt) + α1 κ2 cos(2ωt) + α1 κ3 cos(3ωt) 2 i
= 5 V + 100.75 V · cos(ωt) + 5 V · cos(2ωt) + 0.25 V · cos(3ωt) Dieses Ergebnis wird durch eine SPICE-Analyse best¨atigt: eine .FOUR-Analyse liefert in der .OUT-Datei das folgende Ergebnis f¨ ur die ersten vier Harmonischen. FOURIER COMPONENTS OF TRANSIENT RESPONSE V(2) DC COMPONENT = 5.000000E+00 HARMONIC NO 1 2 3 4
FREQUENCY (HZ) 1.000E+03 2.000E+03 3.000E+03 4.000E+03
FOURIER COMPONENT 1.008E+02 5.000E+00 2.500E-01 1.075E-06
NORMALIZED COMPONENT 1.000E+00 4.963E-02 2.481E-03 1.067E-08
PHASE (DEG) 9.000E+01 9.000E+01 9.000E+01 -1.329E+02
TOTAL HARMONIC DISTORTION = 4.968979E+00 PERCENT Die Ergebnisse f¨ ur die ersten drei Harmonischen stimmen mit den Resultaten der analytischen Rechnung u ur die vierte Harmonische ist ohne ¨berein, das Ergebnis f¨ Bedeutung, da maximal die dritte Harmonische erzeugt werden kann, das numerische Ergebnis liefert jedoch Anhaltspunkte f¨ ur die Genauigkeit der numerischen Rechung. Wird die R¨ uckkopplung ber¨ ucksichtigt, so wird die Verst¨arkung verringert. Mit R2 = aherungsweise die neue Verst¨arkung 10 kΩ, R1 = 1 kΩ folgt k = 1/11 und damit n¨ α1 = 9.91 . 1 + kα1 Da dies um den Faktor 10.091 unter dem Wert α1 = 100 liegt wurde die Amplitude der Eingangsspannung auf den Wert 10 V angehoben um wieder ann¨ahernd dieselbe Ausgangsamplitude zu erhalten. Mit der Steuerdatei Nichtlinearer Verstaerker mit Rueckkopplung V1 1 0 SIN 0 10 1k 0 0 90 RI 1 3 10MEG E1 2 0 POLY(1) 1 3 0 100 10 1 R2 2 3 10k R1 3 0 1k .TRAN 1n 2m 0 1n .FOUR 1k V(2) .PROBE .END
2.5. Verst¨arker
83
wurde erneut eine .FOUR-Analyse durchgef¨ uhrt. Dabei wurde in der .OUT-Datei f¨ ur die ersten f¨ unf Harmonischen das Ergebnis FOURIER COMPONENTS OF TRANSIENT RESPONSE V(2) DC COMPONENT = 4.846844E-01 HARMONIC NO 1 2 3 4 5
FREQUENCY (HZ) 1.000E+03 2.000E+03 3.000E+03 4.000E+03 5.000E+03
FOURIER COMPONENT 9.904E+01 4.840E-01 1.807E-02 7.280E-04 2.598E-04
NORMALIZED COMPONENT 1.000E+00 4.887E-03 1.824E-04 7.350E-06 2.623E-06
PHASE (DEG) 9.000E+01 9.000E+01 -9.000E+01 -9.005E+01 8.992E+01
TOTAL HARMONIC DISTORTION = 4.890039E-01 PERCENT erzeugt. Das Ergebnis 99.04 V f¨ ur die Amplitude der ersten Harmonischen entspricht ann¨ ahernd dem Wert α1 · 10 V = 99.1 V . 1 + kα1 F¨ ur die Amplitude der zweiten Harmonischen liefert die Entwicklung bis zur dritten Ordnung die N¨aherung vˆ12 α2 = 0.4866 V (1 + kα1 )3 2 ¨ in guter Ubereinstimmung mit dem Ergebnis der Simulation. F¨ ur die Amplitude der dritten Harmonischen folgt schließlich
3 α3 vˆ1 2kα22 = −19.33 mV − (1 + kα1 )4 (1 + kα1 )5 4 was um ca. 7 % vom Simulationswert abweicht. Das negative Vorzeichen beschreibt eine Phasenverschiebung von - 180◦ , die auch durch die Simulation best¨atigt wird. Daß die Amplitude der 3. Harmonischen bei R¨ uckkopplung nicht nur von α3 sonangt damit zusammen, daß das r¨ uckgekoppelte dern auch von α2 bestimmt wird, h¨ Signal bereits Oberwellen enth¨ alt, die am Eingang mit dem Ausgangssignal gemischt werden. Abweichung von analytischer N¨ aherung und Simulation erkl¨aren sich aus dem Abbruch der Taylor-Entwicklung nach dem dritten Glied. Weitere Terme der Entwicklung f¨ uhren ebenfalls zu, wenn auch betragsm¨aßig geringen, Beitr¨agen proportional zu cos(2ωt) und cos(3ωt). ∆
2.5.2 Mitkopplung, Oszillatoren R¨ uckgekoppelte Verst¨ arker zeigen u.U. selbsterregte Schwingungen – sie arbeiten dann als Oszillatoren. Die Anschwingbedingung l¨aßt sich bei Serien¨ Parallel-R¨ uckkopplung aus den Ubertragungsfaktoren des Verst¨arker- und des R¨ uckkopplungsvierpols bestimmen. Zu diesem Zweck wird der in Abb. 2.24
84
2. Aktive Vierpole
dargestellte r¨ uckgekoppelte Verst¨ arkervierpol betrachtet. Die R¨ uckkopplungsschleife wird aufgetrennt (gestrichelte Linie); die komplexe Amplitude des Spannungsabfalls zwischen den Trennpunkten wird mit vˆ1 bezeichnet.
H
v '1 v
v
v 1
k v 2
k
2
Abb. 2.24. Verst¨ arkervierpol Serien-Parallel-R¨ uckkopplung
mit
Zun¨achst wird der Spannungs¨ ubertragungsfaktor v 2 /v 1 des r¨ uckgekoppelten ¨ des nicht r¨ uckVerst¨arkers bestimmt. Bezeichnet H v den Ubertragungsfaktor ¨ gekoppelten Verst¨ arkers und k den Ubertragungsfaktor des R¨ uckkopplungsnetzwerks, so ist v 2 = H v (v 1 −kv 2 ) bzw. (1+kH v ) v 2 = H v v 1 .
(2.47)
Werden die Eingangsklemmen kurzgeschlossen (v 1 = 0), so kann v 2 nur unter der Bedingung kH v = −1
(2.48)
von null verschieden sein. Ist diese Anschwingbedingung erf¨ ullt, so wird der Verst¨arker instabil und beginnt zu schwingen – er arbeitet dann als Oszillator.
2.6 Literaturverzeichnis [1] R.S. Carson. High-Frequency Amplifiers. Wiley, New York, 1982. [2] J. Choma. General Circuit Theory, in Circuits and Filters Handbook, W.-K. Chen Ed. CRC Press, Boca Raton, 1995. [3] G.D. Vendelin, U.L Rohde, A.M. Pavio. Microwave Circuit Design Using Linear and Nonlinear Techniques. Wiley, New York, 1990. [4] Hewlett Packard. S-parameter design. Application Note 154, 1972.
3 Rauschen Der Begriff Rauschen, wie er hier verwendet wird, beschreibt statistische Schwankungen von Spannung und Strom. Die prim¨aren Ursachen des Rauschens 1 sind die thermische Bewegung und die diskrete Natur der beim Stromfluß transportierten Ladung – diese fließt ja nicht kontinuierlich, sondern quantisiert in Einheiten der Elementarladung. Die M¨oglichkeit elektronische Signale geringer Amplitude zu verst¨arken, ist durch das Rauschen der ersten Verst¨arkerstufen beschr¨ ankt. Aus diesem Grund bestimmt das Rauschen letztlich in allen Messungen die Empfindlichkeitsgrenze.
3.1 Grundlagen Abbildung 3.1 zeigt schematisch den Verlauf eines verrauschten Stromsignals – einem mittleren Strom I ist hier ein Rauschstrom in (t) u ¨berlagert. i( t) I+ in ( t) I
t
Abb. 3.1. Verrauschtes Stromsignal
Der Rauschstrom in (t) besitzt definitionsgem¨ aß den Mittelwert null 1 in = lim T →∞ 2T
T
−T
in (t ) dt = 0 .
(3.1)
Als Maß f¨ ur die Intensit¨ at des Rauschens wird deshalb das mittlere Schwankungsquadrat des Rauschstroms i2n
1 = lim T →∞ 2T
T
−T
i2n (t ) dt
(3.2)
verwendet. F¨ ur praktische Berechnungen ist das Spektrum Si (f ) des Rausch2 stroms von besonderer Bedeutung. Si (f ) gibt das mittlere Rauschstromquadrat je Hz Bandbreite an; die Einheit von Si (f ) ist demnach A2 /Hz. Auf 1
Leser, die sich u ¨ber diese knappe Zusammenfassung hinausgehend mit dem Rauschen besch¨ aftigen wollen, k¨ onnen mittels [1–4] tiefer in das Gebiet eindringen. 2 Auch als Spektralfunktion, spektrale Dichtefunktion, spektrale Leistungsdichte oder Leistungsspektrum bezeichnet.
86
3. Rauschen
diesem Weg l¨aßt sich die Zusammensetzung des Rauschstroms aus Anteilen unterschiedlicher Frequenz beschreiben3 . Ist nur das Rauschen in einem Frequenzintervall [f, f +∆f ] von Interesse, so errechnet sich das entsprechende Rauschstromquadrat mit Hilfe von Si (f ) gem¨aß i2n =
f+∆f
Si (f ) df .
f
(3.3)
Der zugeh¨orige Effektivwert In des Rauschstroms ergibt sich hieraus durch Wurzelbildung
i2n
In =
f+∆f
=
Si (f ) df .
f
(3.4)
Rauschspannungen lassen sich entsprechend durch ihr Spektrum Sv (f ) (Einheit V2 /Hz) charakterisieren. Mit diesem folgt der Effektivwert
Vn =
vn2 =
f+∆f
Sv (f ) df .
f
(3.5)
der Rauschspannung mit Frequenzanteilen im Intervall [f, f +∆f ].
3.1.1 Autokorrelation, Wiener-Khintchine-Relation Das Spektrum eines Rauschstroms l¨ aßt sich nicht einfach durch FourierTransformation ermitteln: Der zeitliche Verlauf des Rauschstroms kann wegen dessen statistischer Natur nicht angegeben werden. Stattdessen kann die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur angegeben werden, daß eine Schwankung innerhalb eines Zeitintervalls der L¨ ange τ wieder abklingt. Diese wird bestimmt u ¨ber die Korrelationsfunktion Ri (τ ) des Rauschstroms in (t) zur Zeit t mit seinem Wert in (t+τ ) zur Zeit t + τ Ri (τ ) = lim
T →∞
1 2T
T −T
in (t) in (t+τ ) dt .
(3.6)
Ri (τ ) heißt Autokorrelationsfunktion 4 des Rauschstroms. Sie hat stets ein Maximum bei τ = 0 mit dem Wert Ri (0) = lim
T →∞
3
1 2T
T −T
i2n (t) dt = i2n ,
(3.7)
Die mathematische Definition der Spektralfunktion mit Hilfe der Wiener-KhintchineRelation wird im folgenden Abschnitt erl¨ autert. 4 Ri (τ ) kann meßtechnisch bestimmt werden. Zu diesem Zweck wird einem Mischer (Multiplizierer) das Rauschsignal einmal direkt und einmal um τ verz¨ ogert zugef¨ uhrt, was den Integranden im Ausdruck f¨ ur die Autokorrelationsfunktion ergibt. Die zeitliche Mittelung wird durch analoge Integration ausgef¨ uhrt, wobei aus technischen Gr¨ unden nur u ¨ber ein beschr¨ anktes Zeitintervall integriert werden kann.
3.1. Grundlagen
87
und f¨allt mit zunehmenden Werten von τ gegen null ab. Dies ist gleichbedeutend damit, daß f¨ ur zwei sehr weit auseinanderliegende Zeiten kein Zusammenhang mehr zwischen den Stromamplituden des Rauschstroms besteht. Das Spektrum Si (f ) des Rauschstroms ist mit dessen Autokorrelationsfunktion u upft ¨ber die Wiener-Khintchine-Relation verkn¨ ∞
Si (f ) = 4
0
Ri (τ ) cos(2πf τ ) dτ ,
(3.8)
und umgekehrt ∞
Ri (τ ) =
0
Si (f ) cos(2πf τ ) df .
(3.9)
Insbesondere gilt ∞
Ri (0) =
0
Si (f ) df = i2n .
(3.10)
In v¨olliger Analogie zu Gl. (3.6) ist die Autokorrelationsfunktion Rv (τ ) der Rauschspannung vn (t) sowie das Spektrum Sv (f ) definiert.
3.1.2 Rauschquellen Rauschbehaftete Netzwerkelemente werden in Ersatzschaltungen meist durch Schraffur gekennzeichnet. F¨ ur die Berechnung des Rauschverhaltens elektronischer Bauelemente werden diese durch ein Netzwerk von Rauschquellen und idealen rauschfreien Netzwerkelementen beschrieben. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Rauschersatzschaltung des Elements. Die f¨ ur Rauschspannungs- und Rauschstromquellen verwendeten Symbole sind in Abb. 3.2 dargestellt; ihr Rauschverhalten wird durch das jeweilige Spektrum Sv (f ) bzw. Si (f ) angegeben.
S i( f ) R a u s c h S tr o m q u e lle
S v(f) R a u s c h S p a n n u n g s q u e lle
Abb. 3.2. Rauschquellen
Werden zwei voneinander unabh¨ angige (unkorrelierte) Rauschspannungsquellen (charakterisiert durch die Spektren Sv1 (f ) bzw. Sv2 (f )) in Reihe geschaltet, so k¨onnen diese zu einer einzelnen Rauschspannungsquelle mit dem Spektrum Sv (f ) = Sv1 (f ) + Sv2 (f )
88
3. Rauschen
zusammengefaßt werden. Entsprechend lassen sich zwei voneinander unabh¨angige, parallelgeschaltete Rauschstromquellen (mit den Spektren Si1 (f ) bzw. Si2 (f )) zu einer durch Si (f ) = Si1 (f ) + Si2 (f ) beschriebenen Rauschstromquelle zusammenfassen. Besteht eine Korrelation zwischen den Rauschquellen, so d¨ urfen diese Beziehungen nicht angewandt werden.
3.1.3 Korrelation Werden zwei Rauschstr¨ ome in1 (t) und in2 (t) u ¨berlagert, so ist das gesamte mittlere Schwankungsquadrat (in1 +in2 )2 = i2n1 + i2n2 + 2 in1 in2 . F¨ ur unkorrelierte Rauschsignale in1 und in2 verschwindet der Mittelwert in1 in2 . Das Schwankungsquadrat des Gesamtstroms ergibt sich dann durch einfache Addition der Schwankungsquadrate der einzelnen Rauschstr¨ome. Dies ¨andert sich sobald die beiden Rauschbeitr¨age nicht mehr statistisch unabh¨angig sind; diese Situation ist i. allg. gegeben, falls die beiden Rauschstr¨ome teilweise auf dieselben Quellen zur¨ uckzuf¨ uhren sind 5 . Die Korrelation der beiden Str¨ ome l¨ aßt sich ausdr¨ ucken durch den Korrelationskoeffzienten (
c1,2 = in1 in2
i2n1 i2n2 ,
(3.11)
dessen Betrag Werte zwischen null und eins annehmen kann. Unkorrelierte Rauschstr¨ome in1 und in2 haben einen Korrelationskoeffizienten vom Wert null, vollst¨andig korrelierte Rauschstr¨ ome in1 und in2 haben einen Korrelationskoeffizienten vom Betrag eins.
3.2 Rauschmechanismen Zur Untersuchung des Rauschens beim Stromtransport wird die in Abb. 3.3 skizzierte Anordnung betrachtet. Bewegt sich ein Elektron zwischen den Elektroden E1 und E2 und betr¨ agt die x-Komponente seiner Geschwindigkeit vxk (t), so tr¨agt es den Strom ik (t) = − 5
e vxk (t) . L
(3.12)
Ein Beipiel f¨ ur eine solche Situation ist ein r¨ uckgekoppelter Verst¨ arker, bei dem der Ausgang auf den Eingang r¨ uckgekoppelt wird. Das Rauschsignal am Eingang wird dann uckzusammengesetzt aus einem Anteil in1 des Eingangssignals und einem Anteil in2 des r¨ gekoppelten Signals.
3.2. Rauschmechanismen
E 1
89
E 2
i( t) V A 0
L
x
Abb. 3.3. Zur Beschreibung des Rauschens beim Stromtransport
Der zur Zeit t zwischen den Elektroden transportierte Strom betr¨agt demnach N (t) e vxk (t) , i(t) = − L k=1
(3.13)
wobei N (t) die Anzahl der zur Zeit t zwischen den Elektroden befindlichen Elektronen angibt. Der zeitliche Mittelwert des Stroms ist e I = − N vx , L
(3.14)
falls keine Korrelation zwischen den Fluktuationen der Teilchenzahl und den Fluktuationen der Teilchengeschwindigkeit besteht. Schwankungen im Strom sind durch Fluktuationen der Teilchenzahl N (t) und der x-Komponente der Teilchengeschwindigkeiten bestimmt. Ist ∆N (t) die Abweichung der Teilchenzahl N (t) vom Mittelwert N , und ∆vxk (t) die Abweichung der xKomponente der Geschwindigkeit des Teilchens k vom Mittelwert vx zur Zeit t, so ist die Stromfluktuation n¨ aherungsweise N
e e ∆vxk (t) . ∆i(t) ≈ − vx ∆N (t) − L L k=1
(3.15)
ur k = l Da zwischen den Geschwindigkeitsfluktuationen ∆vxk (t) und ∆vxl (t) f¨ keine Korrelation besteht, ist die Autokorrelationsfunktion des Rauschstroms R∆i (τ ) =
e2 2 v
R (τ ) + N
R (τ ) . x ∆N ∆v ( x L2
(3.16)
Abh¨angig davon, ob in diesem Ausdruck der durch die Autokorrelationsfunktion der Geschwindigkeitsfluktuationen R∆vx (τ ) bestimmte Term oder der durch die Autokorrelationsfunktion der Teilchenzahlfluktuationen R∆N (τ ) bestimmte Term dominieren, wird vorzugsweise thermisches Rauschen oder vorzugsweise Schrotrauschen beobachtet. Dies wird im Folgenden am Beispiel der R¨ohrendiode und des Ohmschen Widerstands erl¨autert.6 6
F¨ ur eine weiterf¨ uhrende Darstellung sei auf [2, 4] verwiesen.
90
3. Rauschen
3.2.1 Schrotrauschen Abbildung 3.4 zeigt schematisch die Strom-Spannungs-Kennlinie einer R¨ohrendiode f¨ ur verschiedene Werte der Kathodentemperatur TC . Da bei hinreichend großer Anodenspannung nahezu alle aus der Kathode austretenden Elektronen zur Anode abtransportiert werden, wirkt die R¨ohrendiode im sog. S¨attigungsbereich wie eine Stromquelle, deren Strom durch die Rate festgelegt ist, mit der Elektronen aus der Kathode austreten. lo g IA
S ä ttig u n g s b e r e ic h
K a th o d e V
T
C 2
> T
C 1
T
C 1
A n o d e
IA H
V A
V A
Abb. 3.4. Strom-Spannungskennlinie (schematisch) einer R¨ ohrendiode f¨ ur verschiedene Werte der Kathodentemperatur TC
Die Anzahl N (t) der Elektronen im Driftraum zwischen Kathode und Anode wird durch den zuf¨ alligen Emissionsvorgang bestimmt. Da die Energieverteilungsfunktion der Elektronen im Metall zu großen Energiewerten exponentiell abnimmt, ist die kinetische Energie der austretenden Elektronen klein: Die meisten Elektronen haben eine kinetische Energie kleiner als 3kB TC . Da die Anodenspannung im S¨ attigungsbereich typischerweise einige Volt betr¨agt, ist die von den Elektronen im elektrischen Feld aufgenommene Energie (gerichtete Bewegung) deutlich gr¨ oßer als ihre thermische Energie (ungeordnete Bewegung). Bei Betrieb der R¨ ohrendiode im S¨ attigungsbereich k¨onnen wir deshalb 2 2 ∆vx vx annehmen. In diesem Fall ist die Autokorrelationsfunktion des Rauschstroms Ri (τ ) im wesentlichen durch die Autokorrelationsfunktion R∆N (τ ) der Teilchenzahl im Driftvolumen bestimmt: Ri (τ ) ≈
e2 vx 2 R∆N (τ ) . L2
(3.17)
Da die Anwesenheit eines Elektrons im Driftraum nur vom Emissionsvorgang bestimmt wird, und somit unabh¨ angig von der Anwesenheit weiterer Elektro-
3.2. Rauschmechanismen
91
nen im Driftraum ist, ist die Autokorrelationsfunktion der Teilchenzahl N mal die Autokorrelationsfunktion der Funktion7
1 0
f1 (t) =
Elektron zwischen E1 und E2 unterwegs andernfalls
die die Anwesenheit eines Elektrons im Driftraum beschreibt. Ben¨otigt das Elektron die Zeit tf um die Driftzone zu duchlaufen, so ist f1 (t) rechteckf¨ormig (vgl. Abb. 3.5 a) und f¨ uhrt auf eine dreieckf¨ormige Autokorrelationsfunktion R1 (τ ) wie in Abb. 3.5 b gezeigt. f1(t) 1
tf
R
tf
0 (a )
(t )
0
tf t
1
tf t
(b )
Abb. 3.5. (a) Verlauf der Funktion f1 (t) die den Aufenthalt eines Elektrons im Driftbereich beschreibt, und (b) zugeh¨ orige Autokorrelationsfunktion
Das Spektrum S1 (ω) zu R1 (τ ) kann mit der Wiener–Khintchine Beziehung ermittelt werden S1 (ω) = 4
tf tf −τ 0
tf
cos(ωτ ) dτ = 4tf
1−cos(ωtf ) . (ωtf )2
(3.18)
Gilt ωtf 1, so kann S1 (ω) durch S1 (ω → 0) = 2tf ersetzt werden, so daß S∆N (ω) = N S1 (ω) ≈ 2 N tf .
(3.19)
ur das Spektrum des Rauchstroms Mit tf = L/ vx folgt f¨ Si (ω) =
e2 e tf vx = 2eIA . vx 2 S∆N (ω) = 2e N vx 2 L L L
(3.20)
Dieses Ergebnis wurde erstmals von Schottky [5] gefunden. Liegt der relevante Frequenzbereich deutlich unter 1/tf , so kann das Spektrum des Schrotrauschens als frequenzunabh¨ angig angenommen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von weißem Rauschen, da alle Spektralanteile im selben Maß beitragen. F¨ ur den Effektivwert des Rauschstroms in einem Frequenzintervall der Breite ∆f gilt dann
In = 7
i2n =
2eI∆f .
(3.21)
Diese Betrachtung l¨ aßt die Beschleunigung der Elektronen im elektrischen Feld unber¨ ucksichtigt. Diese f¨ uhrt zu dreieckf¨ ormigen Strompulsen (im Unterschied zu den hier unterstellten rechteckf¨ ormigen). Das Spektrum des Rauschstroms ist jedoch f¨ ur ωtf 1 unabh¨ angig von der Pulsform und f¨ uhrt in diesem Grenzfall ebenfalls auf Si = 2eIA .
92
3. Rauschen
3.2.2 Thermisches Rauschen In einem Widerstand aus einer Metallschicht ist die Fluktuation der Elektronenzahl vernachl¨ assigbar: Abweichungen von der Neutralit¨at klingen innerhalb der dielektrischen Relaxationszeit τ (vgl. Kap. 12) ab, deren Wert wegen der hohen Elektronendichte extrem klein ist. Die Anzahl der Elektronen zwischen den Elektroden wird hier nicht durch einen Emissionsvorgang bestimmt und u ussige oder fehlende Elektronen k¨onnen leicht u ¨bersch¨ ¨ber die Kontaktelektroden ausgeglichen werden. Ein weiterer Unterschied zur R¨ohrendiode ist L
E 1
E 2 lx
Abb. 3.6. Schematische Darstellung des Wegs eines Elektrons zwischen den Kontaktelektroden E1 und E2 eines metallischen Leiters
durch die Streuung der Elektronen an St¨orstellen bedingt: Im Festk¨orper ist die mittere freie Wegl¨ ange wesentlich kleiner als der Abstand der Kontaktelektroden, so daß jedes Elektron auf seinem Weg von E1 nach E2 sehr oft gestreut wird (Abb. 3.6). Die mittlere Driftgeschwindigkeit ist deshalb wesentlich kleiner als die mit der ungeordneten Bewegung verbundene Geschwindigkeit, d.h. ∆vx2 N vx 2 ∆N 2 . In diesem Fall ist die Autokorrelationsfunktion des Rauschstroms vor allem durch die Autokorrelationsfunktion der Geschwindigkeitsfluktuationen R∆vx (τ ) bestimmt Ri (τ ) ≈
e2 N R∆vx (τ ) . L2
(3.22)
Die Autokorrelationsfunktion der Geschwindigkeitsfluktuationen ist nur f¨ ur Zeiten, in der Gr¨ oßenordnung der mittleren Streuzeit τc eines Teilchens von null verschieden. F¨ ur Frequenzen bei denen ωτc 1 erf¨ ullt ist, gilt deshalb S∆vx (ω) ≈ S∆vx (ω = 0) = 4
∞ 0
R∆vx (τ ) dτ .
Das Integral auf der rechten Seite ist mit dem Diffusionskoeffizient f¨ ur Elektronen u ¨ber die Beziehung (vgl. Kap. 12) ∞
Dn = 0
R∆vx (τ ) dτ
(3.23)
verkn¨ upft. Der Diffusionskoeffizient ist weiter u ¨ber die Einstein-Beziehung (vgl. Kap. 12) Dn = µn VT mit der Beweglichkeit der Elektronen verbunden, so daß
3.2. Rauschmechanismen
93 ∞
S∆vx (ω = 0) = 4
0
R∆vx (τ ) dτ = 4Dn = 4µn VT ,
wobei VT = kB T /e die Temperaturspannung bezeichnet. Wird nun noch die mittlere Zahl N = nAL der Elektronen im Leiter durch das Produkt aus Elektronendichte n und dem Volumen, d.h. dem Produkt aus Querschnitt A und L¨ange L des Leiters, ausgedr¨ uckt, so folgt f¨ ur das Spektrum des Rauschstroms Si (ω) =
e2 eµn nA = 4kB T G . N S∆vx (ω) = 4eVT 2 L L
(3.24)
Dieser Rauschstrom fließt, falls an den Widerstand eine rauschfreie Spannung (Kurzschluß bez¨ uglich des Kleinsignalverhaltens) angelegt wird, sein Wert steigt proportional zum Leitwert und zur absoluten Temperatur an. Ursache dieses als Nyquist- oder Johnson-Rauschen bekannten Ph¨anomens ist die statistische W¨ armebewegung der Ladungstr¨ager im Leiter. Bei konstantem Strom durch den Leiter (I=const., Leerlauf bez¨ uglich des Kleinsignalverhaltens) l¨ aßt sich eine thermische Rauschspannung zwischen den Kontaktelektroden messen. Das Spektrum der thermischen Rauschspannung ist Sv (f ) = 4kB T R ,
(3.25)
wobei kB = 1.38066 · 10−23 J/K die Boltzmann-Konstante und T den Wert der absoluten Temperatur bezeichnet. Das Rauschverhalten ohmscher Widerst¨ande wird demnach beschrieben durch Reihenschaltung einer durch das Spektrum Sv (f ) charakterisierten Rauschspannungsquelle zu einem rauschfreien Widerstand R, entsprechend Abb. 3.7.
S v(f) R
=
S i( f )
=
R
R
Abb. 3.7. Modellierung des Rauschverhaltens ohmscher Widerst¨ ande
Alternativ dazu kann das Rauschverhalten auch durch Parallelschalten einer Rauschstromquelle mit dem Spektrum Si (f ) = 4kB T /R
(3.26)
zu einem rauschfreien Widerstand R erfaßt werden. Nach (3.25) bzw. (3.26) handelt es sich beim thermischen Rauschen um weißes Rauschen – der Effektivwert der Rauschspannung h¨ angt ab von der Bandbreite B der Schaltung.
94
3. Rauschen
Beispiel 3.2.1 F¨ ur einen 10 kΩ-Widerstand in einem Stereoverst¨arker mit der Bandbreite B = 30 kHz folgt bei Raumtemperatur
vn2 = Sv (f )B ≈ 2.2 µV . Vn = F¨ ur denselben Widerstand in einem Videoverst¨arker mit der Bandbreite B = 10 MHz gilt dagegen
vn2 = Sv (f )B ≈ 41 µV . Vn = Das Eingangssignal eines Videoverst¨ arkers muß deshalb eine gr¨oßere Amplitude aufweisen als das Eingangssignal eines Stereoverst¨arkers. ∆
S
S
v 1
R
P
v 2
1 2
P
2 1
1
R
Abb. 3.8. Rauschersatzschaltung von zwei parallel geschalteten rauschbehafteten ohmschen Widerst¨ anden 2
Abgegebene Rauschleistung Abbildung 3.8 zeigt die Rauschersatzschaltung zweier parallel geschalteter Widerst¨ande R1 (mit der Temperatur T1 ) und R2 (mit der Temperatur T2 ). Der Widerstand R1 verursacht im Frequenzintervall ∆f eine thermische Rauschspannung mit dem Effektivwert Vn1 =
Sv1 ∆f =
4kB T1 R1 ∆f ,
die sich entsprechend dem Spannungsteilerverh¨altnis auf die beiden Widerst¨ande aufteilt. Die von R1 an R2 abgegebene Rauschleistung besitzt demnach den Wert8
P12 = =
1 R2 Vn1 R2 R1 +R2
2
R2 4kB T1 R1 R2 Sv1 (f ) ∆f = ∆f ; 2 (R1 +R2 ) (R1 +R2 )2
Die im Frequenzbereich 0 < f < ∞ an R2 abgegebene Leistung folgt durch Integration u ¨ber das gesamte Spektrum. Da der Integrand aber konstant und von Null verschieden ist, ergibt sich das physikalisch nicht sinnvolle Ergebnis einer unendlich großen Rauschleistung. Ursache dieses Widerspruchs ist der eingeschr¨ ankte G¨ ultigkeitsbereich der Beziehung (3.25). Diese wurde auf der Grundlage der klassischen Thermodynamik gewonnen. Die Quantentheorie zeigt jedoch, daß (3.25) und (3.26) nur f¨ ur Frequenzen f kB T /h gelten, wobei h die Plancksche Konstante bezeichnet. Da in elektronischen Schaltungen aber die Bandbreite nach oben auf Frequenzwerte begrenzt ist, die dieser Ungleichung gen¨ ugen, kann f¨ ur alle unsere Zwecke das thermische Rauschen als weißes Rauschen behandelt werden. 8
3.2. Rauschmechanismen
95
sie ist maximal f¨ ur R1 = R2 und betr¨ agt dann9 Pnv = kB T1 ∆f = 4.14 · 10−21
T1 300 K
∆f . Hz
(3.27)
F¨ ur T1 = 300 K, ∆f = 1 MHz ergibt sich damit beispielsweise Pnv = 4.14 fW, was einem Rauschpegel von −114 dBm entspricht. Dies ist der minimale Rauschpegel eines bei Raumtemperatur betriebenen Systems der Bandbreite 1 MHz. Ein geringerer Rauschpegel l¨ aßt sich bei gegebener Bandbreite nur durch Vermindern der Temperatur erzielen. F¨ ur die von R2 an R1 abgegebene Leistung folgt entsprechend P21 = =
2 1 R1
4kB T2 R2 ∆f R1 R1 +R2
R1 4kB T2 R1 R2 Sv2 (f ) ∆f = ∆f = P21 . (R1 +R2 )2 (R1 +R2 )2
Besitzen beide Widerst¨ ande dieselbe Temperatur (T1 = T2 ), so gilt P12 = P21 , d. h. es besteht ein Gleichgewicht in der Bilanz von abgegebener und aufgenommener Rauschleistung (thermisches Gleichgewicht). Bei ungleicher Temperatur u armeren Widerstand abgegebene Rauschleistung ¨berwiegt die vom w¨ die vom k¨alteren Widerstand abgegebene.
Rauschen komplexer Leitwerte Wird R2 durch eine Impedanz Z ersetzt, und bezeichnet Sv1 (f ) das Spektrum der von R1 verursachten Rauschspannung, so ist die im Frequenzintervall df an Z abgegebene Rauschleistung dP12 =
Re(Z) Re(Z) Sv1 (f ) df = 4kB T R1 df . 2 |R1 +Z| |R1 +Z|2
Die von Z an R1 abgegebene Rauschleistung ist auf der anderen Seite dP21 =
R1 Svz (f ) df , |R1 +Z|2
wobei Svz (f ) das Spektrum der von Z erzeugten Rauschspannung angibt. Im thermodynamischen Gleichgewicht m¨ ussen die beiden Leistungen denselben Wert aufweisen. Aus der Forderung dP12 = dP21 ergibt sich dann Svz (f ) = 4kB T Re(Z) .
(3.28)
ur die RauschOffensichtlich ist nur der Realteil der Impedanz Z maßgeblich f¨ spannung: Blindwiderst¨ ande k¨ onnen keine Rauschleistung abgeben. Soll das 9
Pnv wird auch als verf¨ ugbare Rauschleistung bezeichnet.
96
3. Rauschen
Rauschverhalten durch eine parallel zur Impedanz geschaltete Rauschstromquelle beschrieben werden, so hat diese das Spektrum Siy = 4kB T Re(Y ) = 4kB T Re(Z)/|Z|2 .
S v(f) R
S i( f )
R C
V 1 0 V C
(a )
1 k W
(1 )
(b )
(2 )
1 n F (c )
Abb. 3.9. Rauschersatzschaltung einer Parallelschaltung von Widerstand und Kondensator. (a) Mit Rauschstromquelle, (b) mit Rauschspannungsquelle, (c) in der Simulation untersuchte Beispielschaltung
Beispiel 3.2.2 Als Beispiel wird eine Parallelschaltung aus Widerstand und Kondensator betrachtet. In Abb. 3.9 a wird das Rauschen beschrieben durch eine Rauschstromquelle mit dem Spektrum Si = 4kB T /R; in Abb. 3.9 b ist eine ¨aquivalente Rauschersatzschaltung mit Rauschspannungsquelle angegeben. Deren Spektrum errechnet sich mit der Impedanz Z = (jωC + 1/R)−1 der Parallelschaltung von R und C zu Sv (f ) = |Z|2 Si (f ) =
4kB T R . 1 + (2πf RC)2
F¨ ur das mittlere Rauschspannungsquadrat folgt nun durch Integration ∞ ∞ df kB T 2 . vn = Sv (f ) df = 4kB T R = 2 1 + (2πf RC) C 0 0 Der Wert von vn2 wird demnach nur durch C und die absolute Temperatur T beangig von R. Der Wert von R bestimmt aber die Bandbreite stimmt 10 und ist unabh¨ und den Wert von Sv (f ). Als Beispiel wird die Rauschspannung am Knoten (2) der in Abb. 3.9 c skizzierten Schaltung mit SPICE berechnet. Die Steueranweisungen .AC DEC 100 10MEG .NOISE V(2) V1 .TEMP 0 50 100
21
10
Die mittlere im Kondensator gespeicherte Energie ist proportional zur absoluten Temperatur T w = Cvn2 /2 = kB T /2 . Dieses Ergebnis ließe sich auch direkt aus dem Gleichverteilungssatz der klassischen Thermodynamik gewinnen. Nach diesem ist die mittlere thermische Energie eines Systems mit N Freiheitsgraden gleich N kB T /2. Da beim Kondensator nur ein Freiheitsgrad vorliegt (Spannung), muß die mittlere thermische Energie des Kondensators gleich kB T /2 sein.
3.2. Rauschmechanismen
97
Q9 & & Q9
&
Q9
9 +]
.+] 9212,6(
.+]
.+]
0+]
0+]
)UHTXHQF\
Abb. 3.10. Ergebnis der.NOISE Analyse
sorgen daf¨ ur, daß im Anschluß an die .AC-Analyse der Effektivwert der auf eine Bandbreite von 1 Hz bezogenen Rauschspannung am Knoten (2) f¨ ur drei verschiedene Temperaturen (0◦ C, 50◦ C und 100◦ C) berechnet wird. Das Ergebnis wird von SPICE als V(ONOISE) bereitgestellt. Der Effektivwert der Rauschspannung nimmt mit zunehmender Temperatur zu. Der auf eine Bandbreite von 1 Hz bezogene Effektivwert ist bei geringen Frequenzen
4kB T R · 1 Hz = 2.349 · 10−10 V T /K . F¨ ur ϑ = 0◦ C bzw. T = 273 K f¨ uhrt dies auf 3.88 nV, f¨ ur ϑ = 100◦ C bzw. T = 373 K ¨ auf 4.54 nV in guter Ubereinstimmung mit dem Ergebnis der SPICE-Simulation (Abb. 3.10). Bei h¨ oheren Frequenzen f > 1/(2πRC) ≈ 160 kHz wird die Rauschspannung kapazitiv kurzgeschlossen, was sich in einer Abnahme des Effektivwerts der Rauschspannung auswirkt. ∆
Rauschtemperatur Ist Si (f ) die Spektralfunktion des von einem linearen Zweipol erzeugten Rauschstroms, Y seine Admittanz, so l¨ aßt sich seine Rauschtemperatur Tn durch Tn =
Sv (f ) Si (f ) = 4kB Re(Y ) 4kB Re(Z)
(3.29)
98
3. Rauschen
definieren. Die im Frequenzintervall der Bandbreite ∆f verf¨ ugbare Rauschleistung, d.h. die bei Anpassung (Y L = Y ∗ ) an die Admittanz Y L abgegebene Rauschleistung, ist Pnv =
Si (f ) ∆f = kB Tn ∆f , 4 Re(Y )
(3.30)
so daß die Rauschtemperatur auch durch die verf¨ ugbare Rauschleistung ausgedr¨ uckt werden kann. Da das Rauschen i.allg. nicht nur auf die thermische Bewegung der Ladungstr¨ ager zur¨ uckzuf¨ uhren ist, hat die Rauschtemperatur oft wenig mit der tats¨ achlichen Bauteiltemperatur zu tun.
3.2.3 1/f-Rauschen Thermisches Rauschen und Schrotrauschen dominieren das Rauschverhalten elektronischer Bauteile bei h¨ oheren Frequenzen. Nahezu alle Bauelemente zeigen aber zus¨atzlich zu diesem weißen Rauschen ein zu niedrigeren Frequenzen hin ansteigendes Rauschen, das sog. 1/f-Rauschen (auch rosa Rauschen). 1/f -Rauschen kann durch unterschiedliche Mechanismen bedingt sein, wie Fluktuationen der Beweglichkeit, Generation und Rekombination von Ladungstr¨agern in bipolaren Bauelementen, die Schwankung der Oxidladung in MOSFETs, etc. [6, 7]. Die spektrale Leistungsdichte des 1/f -Rauschens l¨aßt sich meist gut durch einen Ansatz der Form
Si (f ) =
I A
AF
KF f
(3.31)
beschreiben, wobei KF und AF experimentell zu bestimmende Parameter sind. Der Effektivwert des Rauschstroms im Frequenzintervall [f1 , f2 ] ist demnach
In =
I A
AF /2
KF ln
f2 f1
;
er weist f¨ ur jede Dekade denselben Wert auf, d.h. im Frequenzbereich zwischen 1 Hz und 10 Hz ergibt sich derselbe Effektivwert wie im Frequenzbereich zwischen 10 Hz und 100 Hz. 1/f -Rauschen bestimmt maßgeblich das Phasenrauschen von Oszillatoren. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Defekten in Kristallen und an Halbleitergrenzfl¨achen; 1/f -Rauschen kann deshalb auch f¨ ur Zuverl¨assigkeitsuntersuchungen (z.B. an elektrischen Kontakten oder der durch Elektromigration bedingten Ver¨anderungen) eingesetzt werden [8].
3.3. Analyse rauschender Netzwerke
99
3.3 Analyse rauschender Netzwerke Das Rauschverhalten elektronischer Netzwerke11 wird in der Regel im Rahmen einer Kleinsignalanalyse durchgef¨ uhrt: Die Kleinsignalersatzschaltung wird um Rauschquellen erweitert und mit den Methoden der Wechselstromrechung analysiert. Rauschspannungen und Rauschstr¨ome werden dabei i.allg. durch komplexe Effektivwerte charakterisiert. Die Verwendung komplexer Effektivwerte f¨ ur Rauschstrom bzw. Rauschspannung ist sinnvoll bei der Beschr¨ankung auf ein schmales Frequenzband der Breite ∆f um f . In diesem Fall l¨aßt sich schreiben √ in (t) = 2 I n e jωt mit I n = Si (f )∆f · e jϕn , wobei die Phase ϕn des komplexen Effektivwerts I n unbekannten statistischen Schwankungen mit Werten zwischen 0 und 2π unterworfen ist. Statt u ¨ber die Zeit ist dann u ¨ber die Phase ϕn zu mitteln [1], was durch das Zeichen · · · angezeigt wird. Aus dem komplexen Effektivwert einer Rauschgr¨oße resultiert das zugeh¨orige Spektrum gem¨ aß Si (f )∆f =
I n I ∗n
=
2
Si (f )∆f
e jϕn e−jϕn ,
da ex e−x = 1 gilt. Bei unkorrelierten Gr¨oßen besteht keine Beziehung zwischen den einzelnen Phasen ϕn1 und ϕn2 und der komplexe Korrelationskoeffizient12 γ1,2 = e jϕn1 e−jϕn2 verschwindet. Die an einem Knoten auftretende Rauschspannung, bzw. der durch einen ¨ Zweig fließende Rauschstrom wird durch die Uberlagerung s¨amtlicher Rauschquellen der Schaltung bestimmt. Werden die einzelnen Rauschquellen durch ur jede Quelle komplexe Effektivwerte V n,α bzw. I n,β beschrieben, so kann f¨ die Wirkung auf den komplexen Effektivwert der Rauschspannung V n am betrachteten Knoten bestimmt werden ∆V n,α = Hv,α V n,α
bzw.
∆V n,β = Hi,β I n,β .
¨ Durch Uberlagerung ergibt sich so der komplexe Effektivwert V n der gesuchten Rauschspannung 11
Eine ausf¨ uhrliche Darstellung der Vorgehensweise mit zahlreichen Beispielen ist in [3] zu finden. 12 Diesr ist mit dem in (3.11) definierten Korrelationskoeffizient c1,2 u ¨ber c1,2 = Re(γ1,2 ) verkn¨ upft.
100
3. Rauschen
Vn =
H v,α V n,α +
α
H i,β I n,β .
(3.32)
β
Aus diesem kann die Rauschspannung im betrachteten Frequenzintervall gem¨aß
Vn =
V n V ∗n
berechnet werden. Im Fall nichtkorrelierter Rauschquellen ergibt sich so
Vn2 = Sv (f )∆f =
|H v,α |2 |V n,α |2 +
α
S tr o m q u e lle R
|H i,β |2 |I n,β |2 .
β
V 1
R S
R X
I G
G 2
In
R S
V
n X
2
In
G S
(a )
n R 1
1
R 2
(b )
Abb. 3.11. Stromf¨ uhrender Spannungsteiler. (a) Schaltplan, (b) Rauschersatzschaltung
Beispiel 3.3.1 Ein einfaches Beispiel f¨ ur die Rauschanalyse eines linearen Netzwerks bietet die in Abb.3.11 a skizzierte Schaltung: Dort pr¨agt eine Stromquelle mit Ausgangsleitwert GS einen Strom I in den aus den Widerst¨anden R1 und R2 aufgebauten Spannungsteiler ein. Um den Effektivwert der Rauschspannung am Knoten X zu ermitteln wird die Rauschersatzschaltung 3.11 b verwendet. Da es sich dabei um eine Kleinsignalersatzschaltung handelt, braucht die Stromquelle I nicht ber¨ ucksichtigt zu werden. Insgesamt sind drei Rauschquellen mit komplexen Effektivwerten I nGS , ugt. Die V nR1 und I nR2 zur Beschreibung des Rauschens von GS , R1 und R2 eingef¨ Wirkung der einzelnen Rauschquellen auf den Ausgangsknoten wird mit Hilfe des ¨ Uberlagerungssatzes ermittelt: Ist nur I nGS wirksam, so resultiert mit RS = 1/GS V nX =
R2 RS I = H 1 I nGS ; RS +R1 +R2 nGS
ist nur V nR1 wirksam, so folgt V nX =
R2 V = H 2 V nR1 ; R1 +R2 +RS nR1
ist nur I nR2 wirksam, so resultiert V nX =
R2 (R1 +RS ) I = H 3 I nR2 . R1 +R2 +RS nR2
¨ Durch Uberlagerung folgt
3.4. Rauschende lineare Vierpole
101
V nX = H 1 I nGS + H 2 V nR1 + H 3 I nR2 . Da die Rauschquellen zu unterschiedlichen Widerst¨anden geh¨oren besteht zwischen diesen keine Korrelation. Das Spektrum der Rauschspannung am Ausgangsknoten ist damit SvX ∆f = |H 1 |2 I nGS I ∗nGS + |H 2 |2 V nR1 V ∗nR1 + |H 3 |2 I nR2 I ∗nR2 . Mit den Beziehungen I nG I ∗nG 4kB T = , ∆f RS
4kB T V nR1 V ∗nR1 I nR2 I ∗nR2 = 4kB T R1 und = ∆f ∆f R2
folgt f¨ ur das Spektrum der Rauschspannung am Knoten X SvX = 4kB T
R22 RS + R22 R1 + R2 (R1 +RS )2 . (R1 +R2 +RS )2 ∆
3.4 Rauschende lineare Vierpole Rauschfreie lineare Vierpole lassen sich beispielsweise durch Angabe ihrer Leitwertmatrix vollst¨ andig charakterisieren. Im rauschenden linearen Vierpol sind den Klemmenstr¨ omen des Ein- und Ausgangskreises Rauschstr¨ome u berlagert. Diese m¨ u ssen durch zus¨ atzliche Rauschstromquellen mit den Spek¨ tralfunktionen Si,1 und Si,2 beschrieben werden. Abbildung 3.12 a zeigt eine entsprechende Rauschersatzschaltung des linearen Vierpols. i2
i1 in v 1
S
1
Y
in
i,1
S
2
v 2
i,2
(a ) i1 v
S
1
v n
i2 v
in S i
Y v
2
(b )
Abb. 3.12. Rauschender Vierpol dargestellt durch rauschfreien Vierpol mit (a) Rauschstromquellen am Eingangs- und Ausgangstor, und (b) vorgeschaltetem Rauschvierpol
Sind die Rauschquellen zum Teil auf denselben physikalischen Mechanismus zur¨ uckzuf¨ uhren, so sind sie in der Regel korreliert. Wird das Rauschen dieser
102
3. Rauschen
Quellen durch die komplexen Effektivwerte I n1 und I n2 beschrieben, so folgt f¨ ur die komplexen Effektivwerte der Str¨ ome am Eingangs- und Ausgangstor
I1 I2
=
y 11 y 12 y 21 y 22
V1 V2
I n1 I n2
+
.
(3.33)
H¨aufig ist es zweckm¨ aßig beide Rauschquellen am Eingang des Vierpols zu kombinieren, wie dies in Abb. 3.12 b dargestellt ist. Der rauschende Vierpol wird in diesem Fall beschrieben als Kettenschaltung des entsprechenden nichtrauschenden Vierpols mit einem nur die Rauschquellen enthaltenden Vierpol. Bezeichnen I n und V n die komplexen Effektivwerte der vorgeschalteten Rauschquellen, so folgt mit den Kettenparametern f¨ ur die komplexen Effektivwerte der Str¨ ome am Eingangs- und Ausgangstor
V1 I1
a11 a12 a21 a22
=
V2 −I 2
+
Vn In
.
(3.34)
Falls die Rauschquellen von denselben physikalischen Mechanismen bestimmt sind, werden diese nicht v¨ ollig unkorreliert sein. Dann l¨aßt sich der Rausch(2) strom in in einen Anteil in der vollst¨ andig mit vn korreliert, sowie einen An(1) (2) teil in der nicht mit vn korreliert, aufspalten; in kann durch den komplexen (2) Effektivwert I n = Y γ V n beschrieben werden. Die Korrelationsadmittanz Y γ kann durch den komplexen Korrelationskoeffizienten γ i,v = I n V ∗n /(In Vn ) von in und vn ausgedr¨ uckt werden
Y γ = γ i,v R Y g
v
Si /Sv .
(3.35)
n
in n
G
(1 )
-Y n
g
Abb. 3.13. Eingangsbezogener Rauschvierpol mit unkorrelierten Rauschquellen
Der dem Eingangstor vorgeschaltete Rauschvierpol l¨aßt sich dann durch die (1) Rauschersatzschaltung 3.13 mit nichtkorrelierten Rauschquellen vn und in darstellen [9]. Die Rauschquellen werden gelegentlich auch durch ihren ¨aquivalenten Rauschleitwert (1)
Gn = Si /4kB T
(3.36)
bzw. ihren a¨quivalenten Rauschwiderstand Rn = Sv /4kB T .
(3.37)
charakterisiert. In diesem Fall wird das Rauschen durch die vier Parameter arteil von Y γ beschrieben. Rn , Gn sowie Real- und Imagin¨
3.4. Rauschende lineare Vierpole
103
¨ 3.4.1 Aquivalente Rauschbandbreite Wird am Eingang eines rauschfreien Vierpols der Spannungsverst¨arkung Av (f ) eine Rauschspannungsquelle mit der Spektralfunktion Sv,1 (f ) angeschlossen, so ist die Spektralfunktion Sv,2 (f ) der Rauschspannung am Ausgang des Vierpols Sv,2 (f ) = Av (f )2 Sv,1 (f ) .
(3.38)
Das mittlere Schwankungsquadrat der Rauschspannung am Ausgang des Vierpols ist demzufolge vn2
∞
= 0
Av (f )2 Sv,1 (f ) df .
F¨ ur einen Verst¨ arker mit dem Spannungs¨ ubertragungsfaktor H v (f ) =
Av0 1 + jf/fg
und einer weißen Rauschquelle am Eingang (Sv1 (f ) = Sv1 = const.) folgt vn2
=
A2v0 Sv1
∞ 0
df = A2v0 Sv1 ∆feq 1 + f 2/fg2
mit der ¨ aquivalenten Rauschbandbreite ∆feq = πfg /2 . Die ¨aquivalente Rauschbandbreite bestimmt die f¨ ur die Rausch¨ ubertragung wirksame Bandbreite. F¨ ur einen Verst¨ arker mit Tiefpaßcharakteristik ist sie ur die Verst¨arkung des Nutzsignals. um ca. 57 % gr¨oßer als die Bandbreite fg f¨ angt von der Frequenzabh¨angigkeit der SpannungsDas Verh¨altnis ∆feq /fg h¨ ¨ verst¨arkung ab. Es l¨ aßt sich verbessern durch Verst¨arker mit Ubertragungsfaktoren, die zu hohen Frequenzen hin schneller als 1/f abfallen.
3.4.2 Signal-Rausch-Verh¨ altnis, Rauschzahl Abbildung 3.14 zeigt einen rauschenden linearen Vierpol im Verst¨arkerbetrieb. Ein Signalgenerator gibt dabei an den Eingang des Vierpols im Frequenzbereich zwischen f und f +∆f die Signalleistung ∆Ps1 (f ) ab. Diesem Signal ist ein von der Signalquelle produziertes Rauschen u ¨berlagert, dessen Leistung im betrachteten Frequenzintervall durch die Rauschleistung ∆Pn1 (f ) gegeben sei. Am Eingang liegt f¨ ur den betrachteten Frequenzbereich somit ein Signal-Rausch-Verh¨ altnis von ∆Ps1 (f )/∆Pn1 (f ) vor. Die von dem untersuchten Vierpol im Frequenzintervall [ f, f+∆f ] an die Lastimpedanz abgegebene Leistung l¨aßt sich ebenfalls in einen Signalanteil ∆Ps2 (f ) und einen Rauschanteil ∆Pn2 (f ) zerlegen. Das Signal-Rausch-Verh¨altnis am Ausgang des Vierpols ist damit ∆Ps2 (f )/∆Pn2 (f ).
104
3. Rauschen G e n e ra to r
R a u s c h v ie r p o l
D P R G
S
i,R G
D P
S
s 1
n 1
S
r a u s c h fr e ie r V ie r p o l
v ,e ff
R I
i,e ff
L a s t
D P
s 2
D P
n 2
R L
Abb. 3.14. Rauschender linearer Vierpol im Verst¨ arkerbetrieb
Die Rauschzahl F eines linearen Vierpols ist nun definiert als Quotient des Signal-Rausch-Verh¨ altnisses an Eingang und Ausgang 13 F =
∆Ps1 /∆Pn1 . ∆Ps2 /∆Pn2
(3.39)
Statt der Rauschzahl F wird h¨ aufig die in dB ausgedr¨ uckte Rauschzahl (besser: Rauschmaß)14 NF = 10 dB · log(F )
(3.40)
angegeben. Beim Durchgang durch einen rauschfreien Vierpol ¨andert sich das Signal-Rausch-Verh¨ altnis nicht, einem derartigen Vierpol w¨are somit die Rauschzahl F = 1 bzw. das Rauschmaß NF = 0 dB zuzuordnen. Bezeichnet RI den Eingangswiderstand der in Abb. 3.14 gezeigten Schaltung, so ist die im Frequenzintervall ∆f vom Generator an den Verst¨arker abgegebene Leistung ∆Pn1 =
2 RI RG 4kB T RG RI Si,RG ∆f = ∆f . 2 (RI +RG ) (RI +RG )2
(3.41)
Diese wird zusammen mit der von dem vorgeschalteten Rauschvierpol erzeugten Rauschleistung verst¨ arkt. Die vom Rauschvierpol an den Verst¨arker abgegebene Rauschleistung betr¨ agt im Fall unkorrelierter Rauschquellen Si,eff und Sv,eff ∆Pn1 =
2 RI RG RI Si,eff ∆f + Sv,eff ∆f . 2 (RI +RG ) (RI +RG )2
(3.42)
Mit der Leistungsverst¨ arkung Gp = ∆Ps2 /∆Ps1 tritt am Verst¨arkerausgang demnach die Rauschleistung 13
Die Rauschzahl ist eine frequenzabh¨ angige Gr¨ oße – die Abh¨ angigkeit von der Frequenz wird aber zur Vereinfachung der Schreibweise nicht mehr explizit angeschrieben. F¨ ur die Charakterisierung des Rauschverhaltens von Breitbandverst¨ arkern wird gelegentlich die u ¨ber das relevante Frequenzband gemittelte Breitbandrauschzahl Fav verwendet. 14 Die Bezeichnung NF kommt von englisch: noise figure. Der Sprachgebrauch ist hier nicht einheitlich: Die hier definierte Rauschzahl wird oft auch als Rauschfaktor, das hier definierte Rauschmaß als Rauschzahl bezeichnet.
3.4. Rauschende lineare Vierpole
105
∆Pn2 = Gp (∆Pn1 +∆Pn1 )
auf. F¨ ur die Rauschzahl folgt auf diesem Weg F =
) 1 Gp (∆Pn1 +∆Pn1 ∆Pn1 ∆Ps1 ∆Pn2 = = 1+ ∆Ps2 ∆Pn1 Gp ∆Pn1 ∆Pn1
bzw. mit den Gln. (3.41) und (3.42) F = 1+
Sv,eff RG Si,eff + = 1 + FZ . 4kB T 4kB T RG
(3.43)
Die hierdurch definierte Gr¨ oße FZ wird als Zusatzrauschzahl bezeichnet. Im rauschfreien Verst¨ arker ist FZ = 0. Sind die dem Vierpol vorgeschalteten Rauschquellen korreliert, so wirkt sich dies auf die an den Verst¨ arker abgegebene Rauschleistung aus. Der Rauschstrom in (t) und die Rauschspannung vn (t) erzeugen am Eingang des Verst¨arkers im Frequenzintervall [ f, f +∆f ] den Rauschstrom mit dem komplexen Effektivwert I ni =
RG I n + V n . RG +RI
F¨ ur den Effektivwert P = RI I ni I ∗ni der an den Verst¨arker abgegebenen Rauschleistung folgt damit P
=
RI 2 ∗ ∗ ∗ ∗ R I I
+ V V
+ R I V + V I
G n n n n n n G n n (RG +RI )2
=
RI 2 2 2 R I + V + 2R c I V , i,v n n G G n n (RG +RI )2
da I n V ∗n + V n I ∗n = 2Re I n V ∗n und ci,v In Vn = Re I n V ∗n . In einem Frequenzintervall der Breite ∆f ist
In =
Si,eff ∆f
und
Vn =
Sv,eff ∆f ,
in womit der Ausdruck (3.42) f¨ ur ∆Pn1 = ∆Pn1
RI 2 R S + S + 2c R S S ∆f i,v G i,eff v,eff i,eff v,eff G (RI +RG )2
u assigbarer Korrelation ist die Rauschzahl demzu¨bergeht. Bei nicht vernachl¨ folge
R2 Si,eff + Sv,eff + 2ci,v RG Si,eff Sv,eff F = 1+ G . 4kB T RG
(3.44)
Die Rauschzahl ist eine temperaturabh¨ angige Gr¨oße und wird f¨ ur die Standardtemperatur 290 K spezifiziert. Rauschzahl F und Leistungsverst¨arkung
106
3. Rauschen
Gp sind außerdem abh¨ angig von der Beschaltung des Vierpols, d. h. vom Quellwiderstand RG und dem Lastwiderstand RL . Rauschanpassung liegt vor, wenn RG so gew¨ ahlt wird, daß die Rauschzahl minimal wird. Aus der Bedingung dF/dRG = 0 folgt f¨ ur den Quellwiderstand bei Rauschanpassung
RGopt =
Sv,eff /Si,eff
(3.45)
und f¨ ur die minimale Rauschzahl 1+
1 + ci,v Si,eff Sv,eff . 2kB T
(3.46)
In zahlreichen Anwendungen ist ein Rauschmaß von 2 . . . 3 dB ausreichend: Wird das rauschbehaftete Ausgangssignal eines Sensors von einem Verst¨arker mit NF = 3 dB verst¨ arkt, so tragen Verst¨ arker und Sensor im selben Maß zum Rauschen des Ausgangssignals bei. Die Rauschspannung am Ausgang liegt √ dann um den Faktor 2 u ber dem mit einem idealen rauschfreien Verst¨arker ¨ erzielbaren Wert. F Z(1 ) G p
(1 )
G
F Z(2 ) p
(2 )
G
F Z(n ) p
(n )
Abb. 3.15. Reihenschaltung rauschender linearer Vierpole
In der Praxis tritt h¨ aufig der Fall auf, daß mehrere Vierpole in Reihe geschaltet sind. In diesem Fall ist die Rauschzahl der gesamten Anordnung von Interesse. In der Folge wird die in Abb. 3.15 dargestellte Reihenschaltung rauschender Vierpole betrachtet; FZ (k) bezeichnet die Zusatzrauschzahl des k-ten Vierpols, und Gp (k) dessen Leistungsverst¨arkung .15 F¨ ur die Zusatzrauschzahl der Vierpolkette gilt dann FZ = FZ (1) +
FZ (3) FZ (2) + + .... Gp (1) Gp (1)Gp (2)
(3.47)
Offensichtlich tr¨ agt jede Verst¨ arkerstufe mit ihrer Zusatzrauschzahl FZ (k) bei, allerdings verringert um die Leistungsverst¨arkung der vorhergehenden Verst¨arkerstufen. Weist die erste Verst¨ arkerstufe eine hohe Leistungsverst¨arkung auf, so wird die Zusatzrauschzahl der Kette weitgehend durch die erste Verst¨arkerstufe bestimmt – andernfalls liefern auch die folgenden Stufen nennenswerte Beitr¨ age. Neben den Zusatzrauschzahlen FZ (k) m¨ ussen bei der Optimierung der Rauscheigenschaften deshalb stets auch die zugeh¨origen Leistungsverst¨arkungen betrachtet werden [1]. 15
Beide Gr¨ oßen beziehen sich auf die Verschaltung in der Kette und sind nicht unabh¨ angig von der Beschaltung der Kette an Eingang und Ausgang sowie der Anpassung der Vierpole aneinander.
3.4. Rauschende lineare Vierpole
V V
Z
n
107
R I
V
In
n Z G
V I
G
V
R
n R L
I
Abb. 3.16. Rauschersatzschaltung zur Untersuchung der Auswirkung einer R¨ uckkopplung auf die Rauschzahl
G
Z In
L
Z
Beispiel 3.4.1 Mit der in Abb. 3.16 dargestellten Rauschersatzschaltung kann die Auswirkung einer R¨ uckkopplung auf die Rauschzahl eines Verst¨arkers anhand eines einfachen Beispiels betrachtet werden. Die in Serie zu Z G liegende Signalspannungsquelle mit dem komplexen Effektivwert V 1 wurde in der Rauschersatzschaltung durch einen Kurzschluß ersetzt. Der Spannungs¨ ubertragungsfaktor V nRL /V nZG der eingangsseitigen Rauschspannungen auf den Lastwiderstand ist Hv = −
GRL ; 1 + GZ + (Z + Z G )/RI
d.h. die Beitr¨ age von V nZS und V n zum komplexen Effektivwert der am Ausgang auftretenden Rauschspannung V nRL sind durch H v V nZG und −H v V n gegeben. Die Rauschstromquellen der Serienimpedanz Z und des Vierpols liefern die Beitr¨age H z I nZ H iI n
GRL ZI nZ 1 + GZ + (Z + Z G )/RI GRL (Z + Z G )I n 1 + GZ + (Z + Z G )/RI
= −
(3.48)
=
(3.49)
zu V nRL . Im Fall des rauschbehafteten Vierpols ergibt sich damit f¨ ur das Rauschspannungsquadrat am Ausgang (im Fall nichtkorrelierter Vierpolrauschquellen) 2 2 2 VnRL = |H v |2 (VnZG + Vn2 ) + |H z |2 InZ + |H i |2 In2 ,
w¨ ahrend f¨ ur den rauschfreien Vierpol 2 2 2 VnRL = |H v |2 VnZG + |H z |2 InZ
resultiert. Das Verh¨ altnis der Rauschspannungsquadrate16 liefert die Rauschzahl F = 1+
|H v |2 Vn2 + |H i |2 In2 2 2 . |H v |2 VnZG + |H z |2 InZ
Mit Vn2 = Sv,eff ∆f ,
2 VnZG = 4kB T Re(Z G ) ∆f ,
In2 = Si,eff ∆f
und 16
Die Leistung ist proportional zum Quadrat der Spannung.
108
3. Rauschen 2 InZ = 4kB T Re(Y ) ∆f =
4kB T Re(Z) ∆f |Z|2
l¨ aßt sich dieser Ausdruck in F = 1+
1 Sv,eff + |Z + Z G |2 Si,eff 4kB T Re(Z + ZG )
u uhren. Ohne Gegenkopplung (|Z| → 0) reduziert sich dieses Ergebnis auf ¨berf¨ F = 1+
1 Sv,eff + |Z G |2 Si,eff . 4kB T Re(ZG )
Vergleicht man die beiden F¨ alle, so stellt man fest, daß der Beitrag des Spannungsrauschens zur Rauschzahl durch die Gegenkopplung um den Faktor Re(Z G )/Re(Z +Z G ) vermindert wird, w¨ ahrend sich der Beitrag des Stromrauschens um den Faktor Re(Z G ) |Z + Z G |2 Re(Z + Z G ) |Z G |2 ver¨ andert. Dieser Faktor wird minimal f¨ ur Im(Z) = −Im(Z G ) und f¨ uhrt im Fall einer reellen Quellimpedanz Im(Z G ) = 0 auf einen Anstieg des Stromrauschens um den Faktor Re(Z + Z G )/Re(Z G ). Die betrachtete Gegenkopplung wird also nur bei u ¨berwiegendem Spannungsrauschen des Verst¨arkers oder in Verbindung mit einem großen Imagin¨ aranteil der Quellimpedanz zu einer Verbesserung des Rauschfaktors f¨ uhren. ∆
3.5 Literaturverzeichnis [1] R. M¨ uller. Rauschen. Springer, Berlin, zweite Auflage, 1990. [2] M.J. Buckingham. Noise in Electronic Devices and Systems. J.Wiley, 1983. [3] C.D. Motchenbacher, J.A. Connelly. Low-Noise Electronic System Design. Wiley, New York, 1993. [4] A. Blum. Elektronisches Rauschen. Teubner, Stuttgart, 1996. ¨ [5] W. Schottky. Uber spontane Stromschwankungen in verschiedenen Elektrizit¨ atsleitern. Annalen der Physik, 57:541–567, 1918. [6] P. Dutta, P.M. Horn. Low-frequency fluctuations in solids: 1/f noise. Rev. mod. phys., 53(3):497–516, 1981. [7] A. van der Ziel. Unified presentation of 1/f noise in electronic devices: Fundamental 1/f noise sources. Proc. IEEE, 76(3):233–258, 1988. [8] L.K.J. Vandamme. Noise as a diagnostic tool for quality and reliability of electronic devices. IEEE Trans. Electron Devices, 41(11):2176–2187, 1994. [9] J. Engberg, T. Larsen. Noise Theory of Linear and Nonlinear Circuits. Wiley, Cichester, 1995.
4 SPICE SPICE 1 ist ein an der Universit¨ at Berkeley entwickeltes Programm zur Schaltungssimulation [1, 2]; es wird insbesondere bei der Entwicklung integrierter Schaltungen, aber auch bei der Entwicklung von Schaltungen aus diskreten Bauelementen eingesetzt und erfreut sich eines breiten Anwenderkreises auf der ganzen Welt. Das Programm eignet sich zur Simulation sehr umfangreicher Schaltungen; diesbez¨ ugliche Einschr¨ankungen sind lediglich durch den zur Verf¨ ugung stehenden Arbeitsspeicher des Rechners, die Rechenzeit, gelegentlich auch durch Konvergenzprobleme bei der numerischen L¨osung der Netzwerkgleichungen bedingt. PSPICE [3,4] ist eine SPICE-Version f¨ ur den PC, die dieselben Algorithmen wie SPICE ben¨ utzt und dieselben Ein- und Ausgabeformate aufweist. Neben PSPICE sind zahlreiche andere SPICE-Derivate (z.B. Electronics Workbench) im Handel. Diese unterscheiden sich i. allg. prim¨ar durch die Benutzeroberfl¨ache und durch die bei Ein- und Ausgabe gebotene Unterst¨ utzung. Die implementierten Modelle f¨ ur die Beschreibung insbesondere der Halbleiterbauelemente sind jedoch weitgehend einheitlich. PSPICE bietet gegen¨ uber SPICE zus¨atzliche M¨ oglichkeiten und ist deshalb nicht notwendig mit anderen SPICE-Derivaten kompatibel, die ihrerseits wieder spezifische Erg¨anzungen aufweisen. Ziel dieses Kapitels ist es, dem Leser eine knappe Darstellung der wichtigsten von SPICE bzw. PSPICE gebotenen M¨oglichkeiten zu liefern. Die gebo¨ tene Ubersicht stellt keine vollst¨ andige Beschreibung des Funktionsumfangs dar – dies ist Aufgabe des Handbuchs. Da die Modelle f¨ ur die Halbleiterbauelemente gemeinsam mit den physikalischen Grundlagen ausf¨ uhrlich in den entsprechenden Kapiteln betrachtet werden, wird hier auf eine detaillierte Erl¨auterung verzichtet.
4.1 Steuerdatei, Netzliste, Modellanweisungen Damit SPICE ein Ergebnis liefern kann, muß definiert werden, aus welchen Bauelementen die Schaltung aufgebaut ist und wie diese verschaltet sind. Dies wird dem Programm durch die sog. Netzliste bekannt gemacht. Ferner muß SPICE die Abh¨ angigkeit der Klemmenstr¨ome eines Bauelements von den Klemmenspannungen kennen. Die Bauelemente m¨ ussen hierzu durch entsprechende Modelle beschrieben werden. Zus¨atzlich muß SPICE wissen, welche Ergebnisse auszugeben sind (z. B. Ausgangsspannung eines Verst¨arkers) und welche Spannungen an der Schaltung anliegen (Stimulus und Versorgungs1
SPICE steht abk¨ urzend f¨ ur simulation program with integrated circuit emphasis.
110
4. SPICE
spannungen). Diese Punkte sind vor dem SPICE-Lauf in einer Steuerdatei, dem sog. Circuit File (Endung .CIR), festzulegen. Diese kann als ASCIIDatei mit einem beliebigen Texteditor erstellt werden. Ist die Steuerdatei erstellt, so kann PSPICE aufgerufen und der Name der Steuerdatei (Men¨ upunkt File/open) eingegeben werden, wonach die Simulation beginnt. Die Steuerdatei besteht aus einer Folge von Anweisungen. Dabei beginnt mit jeder Zeile eine neue Eingabe. Die erste Zeile ist reserviert f¨ ur den Titel (dessen L¨ange darf eine Zeile nicht u ¨berschreiten). In der letzten Zeile steht die .END-Anweisung – diese darf in keiner Steuerdatei fehlen und markiert das Ende der Anweisungen. Dazwischen sind die Netzliste, die Modellanweisungen2 und die Steuerbefehle aufgef¨ uhrt. Paßt eine Eingabe nicht in eine Zeile, so kann sie in der n¨ achsten Zeile fortgesetzt werden; die Folgezeile muß dann mit einem Pluszeichen beginnen. Anweisungen, die sich u ¨ber mehrere Zeilen erstrecken, m¨ ussen demnach dem Schema Anweisung + Fortsetzung der Anweisung gen¨ ugen. Kommentare lassen sich in der Steuerdatei durch zus¨atzliche Kommentarzeilen (gekennzeichnet durch ∗ als erstes Zeichen) oder nach Anweisungen, getrennt durch ein Semikolon (;), einf¨ ugen.
4.1.1 Die Netzliste Durch die Netzliste wird die zu untersuchende Schaltung – einschließlich der Versorgungsspannungsquellen sowie evtl. ben¨otigter Quellen f¨ ur Eingangssignale – festgelegt. Beim Erstellen der Netzliste ist zun¨achst eine Benennung der Knoten der Schaltung durchzuf¨ uhren. Jedem Knoten der Schaltung wird dabei ein Name (bzw. eine Nummer zugeordnet), wobei folgende Regeln zu beachten sind: 1. Die Zuordnung muß umkehrbar eindeutig sein, d. h. unterschiedliche Knoten sind mit unterschiedlichen Namen3 zu versehen. 2. An jedem Knoten m¨ ussen mindestens zwei Elemente angeschlossen sein.4 3. Ein Knoten muß die Nummer 0 erhalten, dieser Knoten dient als Bezugsknoten, sein Potential ist null. 4. Von s¨amtlichen Knoten der Schaltung muß ein Gleichstromweg mit einem endlichen Widerstand zum Bezugsknoten 0 f¨ uhren. Falls kein solcher Weg vorhanden ist, kann eine Verbindung zwischen dem betreffenden Knoten 2
Bzw. die Angabe der Bibliotheksdatei, in der diese abgelegt sind. Als Knotennummern sind in der urspr¨ unglichen Version von SPICE nur nat¨ urliche Zahlen zugelassen. In PSPICE k¨ onnen Knoten durch beliebige alphanumerische Strings von bis zu 131 Zeichen gekennzeichnet werden. 4 Ausnahmen von dieser Regel sind die Leitung und der Substratknoten von MOSFETs. 3
4.1. Steuerdatei, Netzliste, Modellanweisungen
111
und dem Bezugsknoten eingebaut werden, die so hochohmig ist, daß sie die Eigenschaften der Schaltung nicht beeinflußt. 5. Maschen m¨ ussen einen von null verschiedenen Gleichstromwiderstand haben. Falls Maschen mit verschwindendem Gleichstromwiderstand in einer Schaltung auftreten, kann als Abhilfe ein niederohmiger Hilfswiderstand in die Masche geschaltet werden.
1 k W
(1 )
1 m F
(2 )
C 2
R 1 V 1
(0 )
1 m F
(3 )
1 m F
C 1
(0 )
(4 )
1 0 0 n H
C 4 1 m F C 3 (0 )
(5 )
L 2 L 1 1 0 0 n H
L 3 1 0 0 n H
R 2 1 k W
(0 )
(0 )
(0 )
Abb. 4.1. Beispielschaltung zum Aufstellen einer Netzliste
Beispiel 4.1.1 Als Beispiel wird die in Abb. 4.1 dargestellte Filterschaltung betrachtet. Die Knoten wurden durch einfache Zahlen benannt; der mit dem Massesymbol gekennzeichnete Knoten erh¨ alt die Nummer 0. Problematisch ist Knoten 3, f¨ ur den kein Gleichstrompfad zu Masse existiert. Um eine diesbez¨ ugliche Fehlermeldung zu vermeiden, sollte parallel zu C3 ein hochohmiger Hilfswiderstand (z. B. 1012 Ω) geschaltet werden. Ebenfalls problematisch ist die Masche mit den Knoten 4, 5 und 0. Diese besitzt den Gleichstromwiderstand null – um eine diesbez¨ ugliche Fehlermeldung zu vermeiden, k¨ onnte z. B. in Serie zu L2 ein niederohmiger Hilfswiderstand ugt werden. Eine um diese Elemente erweiterte Netzliste wird in (z. B. 10−3 Ω) eingef¨ Beispiel 4.1.2 angegeben. ∆
Sind s¨amtliche Knoten der Schaltung benannt, so kann die Schaltung durch Elementanweisungen f¨ ur die einzelnen Netzwerkelemente in eindeutiger Weise beschrieben werden. Jedes Element einer Schaltung ist durch eine separate Elementanweisung (eigene Zeile) aufzuf¨ uhren. An erster Stelle einer solchen Anweisung steht der Name des Elements, der f¨ ur alle aufgef¨ uhrten Elemente unterschiedlich sein muß. Der Elementname besteht aus maximal acht alphaur das Element charakteristinumerischen Zeichen5 und beginnt mit dem f¨ schen Kennbuchstaben (vgl. Tabelle 4.1). Durch den Elementnamen ist damit festgelegt, von welcher Art das verschaltete Element (z. B. Widerstand, Transistor) ist. Die Elementanweisung gibt weiter an, zwischen welchen Knoten das Element eingebunden ist und welche elektrischen Eigenschaften (z. B. Kapazit¨atswert) es aufweist. Der Aufbau einer Elementanweisung gen¨ ugt dabei stets dem Schema Elementname 5
Knotennamen
Spezifikation
Er darf also keine Trenn- oder Leerzeichen enthalten (SPICE 2G6).
112
4. SPICE
Tabelle 4.1 Kennbuchstaben f¨ ur Schaltungselemente (PSPICE) Kennbuchstabe
Schaltungselement
B C D E F G H I J K L M N O Q R S T V W X
GaAs-FET Kapazit¨at Diode spannungsgesteuerte Spannungsquelle stromgesteuerte Stromquelle spannungsgesteuerte Stromquelle stromgesteuerte Spannungsquelle unabh¨angige Stromquelle Sperrschicht-FET gekoppelte Induktivit¨aten Induktivit¨at MOSFET Digital Input (*) Digital Output (*) Bipolartransistor Widerstand spannungsgesteuerter Schalter (*) verlustlose Leitung unabh¨angige Spannungsquelle stromgesteuerter Schalter (*) Teilschaltung
(*) nicht enthalten in SPICE 2G6
Elementanweisungen f¨ ur Halbleiterbauelemente erfordern i. allg. die Angabe einer gr¨oßeren Zahl elektrischer Kenngr¨oßen. Da in einer Schaltung h¨aufig identische Halbleiterbauelemente mehrfach vorkommen, beschr¨ankt man sich bei den Elementanweisungen f¨ ur Halbleiterbauelemente deshalb auf die Angabe der Knotennamen der Anschl¨ usse und faßt die elektrischen Kenngr¨oßen in einer gesonderten .MODEL-Anweisung zusammen. Numerische Werte lassen sich auf drei verschiedene Arten darstellen: 1. Darstellung als ganze Zahl (z. B. 2700), 2. Darstellung als Gleitkommazahl (z. B. 2.7E3), 3. Darstellung mit Hilfe von Maßstabsfaktoren (z. B. 2.7K). Die zur Verf¨ ugung stehenden Maßstabsfaktoren sind in Tabelle 4.2 zusammengestellt. Tabelle 4.2 Maßstabsfaktoren und ihre Bedeutung Faktor
T
aquivalent E12 ¨ Bedeutung Tera
G
MEG
K
M
U
N
P
F
E9 Giga
E6 Mega
E3 kilo
E-3 milli
E-6 mikro
E-9 nano
E-12 pico
E-15 femto
4.1. Steuerdatei, Netzliste, Modellanweisungen
113
Bei Wertangaben kann prinzipiell auf Einheiten verzichtet 6 werden, beispielsweise gen¨ ugt f¨ ur die Angabe eines Widerstandswerts von 100 Ω die Angabe der Zahl 100. Beispiel 4.1.2 Die Netzliste der in Abb. 4.1 dargestellten Schaltung lautet unter Ber¨ ucksichtigung der in Beispiel 4.1.1 erl¨ auterten Hilfswiderst¨ande: V1 R1 C1 C2 C3 RH1 C4 L1 RH2 L2 L3 R2
1 1 2 2 3 3 3 4 4 4A 5 5
0 2 0 3 0
AC 1k 1u 1u 1u 0 1E12 ; Gleichstrompfad von Knoten 3 zu Masse 4 1u 0 100n 4A 1m ; Hilfswiderstand 5 100n 0 100n 0 1k
Die Quelle V1 wurde dabei als Wechselspannungsquelle (Typ AC, vgl. Kap. 4.5.2) definiert, wie sie f¨ ur eine Frequenzanalyse ben¨otigt wird. ∆
4.1.2 Die .MODEL-Anweisung Der zur Beschreibung des elektrischen Verhaltens eines Bauteils erforderliche Parametersatz wird in der sog. .MODEL-Anweisung zusammengefaßt. Dies hat den Vorzug, daß die Bauteilkenngr¨ oßen bei mehrfacher Verwendung eines Bauteiltyps nur einmal in der Steuerdatei aufgef¨ uhrt werden m¨ ussen, und erm¨oglicht es, die Bauteilkenngr¨ oßen in separaten Modellbibliotheken abzuspeichern, die f¨ ur die Simulation u ¨ber die .INC-Anweisung in die Steuerdatei eingebunden werden. Die .INC-Anweisung bewirkt das Einf¨ ugen der angegebenen Datei in die Steuerdatei. Die Anweisung .INC
’’C:/MODEL.LIB’’
beispielsweise f¨ ugt die in der Datei MODEL.LIB aufgef¨ uhrten Modellanweisungen in die Steuerdatei ein. Die .INC-Anweisung wirkt sich genauso aus, als w¨are die entsprechende Datei mit dem Texteditor in die Steuerdatei (Eindung .CIR) eingef¨ ugt worden. Modellanweisungen sind von der allgemeinen Form .MODEL 6
Modellname
Typ
(Parametersatz)
Dies ist sogar empfehlenswert, da im Zusammenhang mit Maßstabsfaktoren eine Fehlinterpretation der Eingabe durch SPICE auftreten kann. So bedeutet die Wertangabe 1 F f¨ ur eine Kapazit¨ at nicht etwa 1 Farad“ sondern 1 f F = 10−15 F. ”
114
4. SPICE
Das Beispiel .MODEL
DIOD
D
(IS=1E-10
N=1.3
RS=0.5)
beschreibt somit eine Diode (Modelltyp D) mit dem Modellnamen DIOD und den Kenngr¨oßen IS = 10−10 A, N = 1.3 sowie RS = 0.5 Ω. In der .MODELAnweisung nicht beschriebene Kenndaten werden durch die jeweiligen Ersatzwerte beschrieben. Unterscheiden sich zwei .MODEL-Anweisungen nur in wenigen Kenngr¨oßen, so ist das AKO-Statement n¨ utzlich, das auf eine bestehende .MODEL-Anweisung Bezug nimmt und lediglich die zu ver¨ andernden Kenngr¨oßen definiert. Als Beispiel wird die .MODEL-Anweisung .MODEL
DIODX
AKO:DIOD
D
(RS=1)
betrachtet. Diese beschreibt eine Diode mit Modellnamen DIODX, die denselben S¨attigungsstrom IS und Emissionskoeffizienten N wie die Diode mit dem Modellnamen DIOD aufweist, aber durch den Bahnwiderstand RS = 1 Ω beschrieben wird.
Bezugstemperatur Werden keine diesbez¨ uglichen Annahmen gemacht, so nimmt SPICE an, daß die in der .MODEL-Anweisung aufgef¨ uhrten Daten bei der Nominaltemperatur TNOM bestimmt wurden. Deren Wert kann mittels der .OPTIONS-Anweisung ver¨andert werden, der Ersatzwert betr¨ agt 27 ◦ C ≡ 300.15 K. Die Simulation wird dann ebenfalls f¨ ur die Nominaltemperatur durchgef¨ uhrt. Wird eine andere Simulationstemperatur vorgegeben (beispielsweise mit der .TEMPAnweisung, vgl. Kap. 4.4.4), so werden die Kenngr¨oßen auf die Simulationstemperatur umgerechnet. Wurden die Kenngr¨ oßen der einzelnen Bauteile bei verschiedenen Temperaturen bestimmt, so mußten diese urspr¨ unglich auf eine gemeinsame Nominaltemperatur TNOM umgerechnet werden. Neuere Versionen von PSPICE bieten die M¨oglichkeit, eine f¨ ur die jeweilige .MODEL-Anweisung spezifische Bezugstemperatur zu definieren. Diese wird als T MEASURED in die .MODELAnweisung eingef¨ ugt. PSPICE bezieht sich dann bei der Umrechnung der Bauteilkenngr¨ oßen auf die aktuelle Simulationstemperatur auf den Wert von T MEASURED. Die Modellanweisung f¨ ur eine Diode .MODEL
DIOD
D
(IS=1E-10
N=1.2
T MEASURED=50)
bezieht sich demnach auf die Temperatur ϑ = 50 ◦ C. Wird bei einer anderen Temperatur simuliert, so wird der S¨ attigungsstrom IS mit dem in Kap. 14 beschriebenen Temperaturmodell umgerechnet.
4.1. Steuerdatei, Netzliste, Modellanweisungen
115
Daneben bietet PSPICE die M¨ oglichkeit mittels T ABS die Temperatur eines Bauteils unabh¨ angig von der Simulationstemperatur der restlichen Schaltung festzulegen. Alternativ kann durch Angabe von T REL GLOBAL eine Temperaturdifferenz eines Bauteils zur Simulationstemperatur definiert werden.
4.1.3 Die .SUBCKT-Anweisung Treten in einer Schaltung bestimmte Module mehrfach auf, so empfiehlt sich die Definition von Teilschaltungen mit der .SUBCKT-Anweisung. Eine Teilschaltung l¨aßt sich dann mehrfach innerhalb einer Netzliste aufrufen. Der Aufruf einer Teilschaltung erfolgt mit einer Elementanweisung der Form X(name)
Knotennummern C 2
1 0 0 N R 6
IN
X 3
2 0 0 K +
0
0
C 1 R 2
1 0 0 K
1 0 K
+
1 0 0 N
R 1
(4 ) R 5 -
(5 )
1 0 K
(1 )
Subname
(2 )
R 4 R 3
X 1
1 0 K
(3 )
1 0 K +
-
0
O U T X 2
Abb. 4.2. Aktiver RC-Bandpaß
Beispiel 4.1.3 Als Beispiel wird der in Abb. 4.2 dargestellte aktive RC-Bandpaß betrachtet. Die Netzliste dieser Schaltung unter Verwendung von Teilschaltkreisen zur Beschreibung der Operationsverst¨ arker lautet R1 R2 R3 R4 R5 R6 C1 C2 X1 X2 X3
IN 1 2 3 4 5 1 4 0 0 0
1 2 3 OUT OUT 1 2 5 1 3 4
100K 200K 10K 10K 10K 10K 100N 100N 2 OPAMP OUT OPAMP 5 OPAMP
∆
116
4. SPICE
Die Beschreibung der Teilschaltung – im vorgehenden Beispiel mit dem Namen OPAMP versehen – erfolgt mittels der .SUBCKT-Anweisung. Diese besitzt im Beispiel den folgenden Aufbau .SUBCKT OPAMP INP INN OUT Netzliste der Teilschaltung (Ersatzschaltung des OP) .ENDS In der ersten Zeile sind neben der Anweisung .SUBCKT, die SPICE den Beginn einer Teilschaltungsdefinition anzeigt, der Name der Teilschaltung (muß mit Buchstaben beginnen) und diejenigen Knotennamen angegeben, u ¨ber die die Teilschaltung mit der a ußeren Schaltung verbunden ist. Die Benennung der ¨ Knoten der Teilschaltung kann unabh¨ angig von der ¨außeren Schaltung erfolgen. Wird der Knoten Null im Inneren der Teilschaltung definiert, so wird er automatisch mit dem obligaten Knoten Null der ¨außeren Teilschaltung verbunden; er muß nicht in der ersten Zeile als Randknoten definiert werden. Das Ende der Teilschaltungsdefinition wird mit der Anweisung .ENDS markiert. Das klassische Verfahren eine Netzliste zu erstellen, ist die Eingabe als ASCII-Datei. Alternativ hierzu kann die Steuerdatei mit einem Hilfsprogramm zur grafischen Schaltplaneingabe erstellt werden. Dieser Weg ist insbesondere bei der Untersuchung komplexer Schaltungen vorzuziehen, da die grafische Darstellung wesentlich leichter zu kontrollieren ist. Wegen des geringen Umfangs der hier betrachteten Grundschaltungen k¨onnen wir uns hier mit der klassischen Netzliste begn¨ ugen.7
4.2 Ergebnisausgabe 4.2.1 Die .OUT-Datei W¨ahrend einer SPICE-Simulation wird eine Datei mit der Endung .OUT erzeugt. Diese enth¨ alt die verwendete Steuerdatei, listet zugrundegelegte Bauteilkenngr¨oßen sowie berechnete Arbeitspunkte und Kleinsignalkenngr¨oßen auf, etc. Konnte die Simulation nicht ordnungsgem¨aß durchgef¨ uhrt werden, so sind in der .OUT-Datei Fehlermeldungen zu finden. Urspr¨ unglich erfolgte die Ergebnisausgabe u ¨ber die .OUT-Datei in Textform (falls die .PRINT-Anweisung gew¨ ahlt wurde, vgl. Kap. 4.4.4) oder in grafischer“ Form mittels Druckzeichen (falls die .PLOT-Anweisung gew¨ahlt ” wurde). Die .PLOT-Anwiesung hat nur noch historische Bedeutung, da alle verf¨ ugbaren SPICE-Derivate mittlerweile u ¨ber leistungsf¨ahige Programme zur grafischen Darstellung der Ergebnisse verf¨ ugen. 7
Diese sollte jeder Anwender lesen k¨ onnen, allein schon um u ¨ber Teilschaltungen definierte Modelle interpretieren zu k¨ onnen. Außerdem hat diese Beschr¨ ankung den Vorzug, daß das hier pr¨ asentierte Material unabh¨ angig von der aktuellen Version des Programms gilt.
4.2. Ergebnisausgabe
117
4.2.2 PROBE PROBE ist ein Hilfsprogramm im PSPICE-Programmpaket zur grafischen Darstellung und Auswertung der Ergebnisse einer PSPICE-Simulation. Die Steueranweisung .PROBE in einem .CIR-File veranlaßt PSPICE zur Erzeugung einer Datei mit der Endung .DAT, in der die errechneten Daten in einer f¨ ur PROBE geeigneten Weise abgespeichert werden. Wird PROBE nach Ablauf der Simulation aufgerufen, so erscheint auf dem Bildschirm ein Koordinatensystem, dessen Abszisse durch die unabh¨angige Variable (z. B. die angelegte Spannung oder der eingepr¨agte Strom bei einer Kennlinie) gegeben ist. Die darzustellende Gr¨oße kann vom Benutzer im Men¨ upunkt Trace Add definiert werden. Nach Auswahl dieses Men¨ upunkts erscheint am Bildschirm eine Liste von Gr¨oßen, die durch Anklicken auf ¨ dem Bildschirm dargestellt werden. Uber den Men¨ upunkt File/Print ist eine Ausgabe auf dem Drucker m¨ oglich. Der dargestellte Ausschnitt l¨aßt sich im Men¨ upunkt Plot durch Vorgabe entsprechender Werte unter X Axis Settings bzw. Y Axis Settings einstellen. Dort kann auch zwischen linearer und logarithmischer Skaleneinteilung gew¨ahlt werden. Um mehrere Kurven mit unterschiedlichen Skalen aufzutragen, kann mittels Add Y Axis eine neue Ordinate eingef¨ uhrt werden. Soll die auf der Abszisse aufgetragene Variable ver¨ andert werden, so kann durch Auswahl von Axis Variable.... in dem durch Plot/X Axis Settings aktivierten Fenster eine Umstellung vorgenommen werden. In diesem Men¨ u kann auch unter Processing Options mit Fourier eine Spektralanalyse des gezeigten Kurvenverlaufs u ¨ber eine schnelle Fourier-Transformation (FFT) durchgef¨ uhrt werden. Der Aufruf dieser Option ist jedoch nur sinnvoll, wenn zuvor eine .TRAN-Analyse durchgef¨ uhrt wurde. Zur Analyse der Kurvenverl¨aufe steht eine Cursor-Funktion zur Verf¨ ugung. Mit dieser u upunkt ¨ber den Men¨ onnen Abszissen- und OrdinatenwerTools/Cursor aktivierbaren Funktion k¨ te abgelesen, Minima und Maxima eines Kurvenverlaufs aufgesp¨ urt werden, etc. Bei der Darstellung in PROBE lassen sich auch mehrere Gr¨oßen u ¨ber Rechenoperationen verkn¨ upfen; beispielsweise kann so aus einem Strom und einer Spannung durch Multiplikation (Operator: *) eine Leistung errechnet werden. Daneben bietet PROBE die M¨ oglichkeit, mathematische Funktionen eines errechneten Ergebnisses X(t) darzustellen, wobei X die dargestellte Gr¨oße und t die auf der Abszisse aufgetragene Variable bezeichnet. Die wichtigsten verf¨ ugbaren Funktionen sind in Tabelle 4.3 aufgef¨ uhrt.
118
4. SPICE
Tabelle 4.3 Mathematische Funktionen in PROBE Aufruf
Bedeutung
ABS(X) SGN(X) SQRT(X) EXP(X) LOG(X) LOG10(X) M(X) P(X) R(X) IMG(X) G(X) PWR(x,k) SIN(X) COS(X) TAN(X) ARCTAN(X) d(X) s(X) AVG(X) AVGX(X,d) RMS(X) DB(X) MIN(X) MAX(X)
Betrag, ABS(X) = |x| Vorzeichen, SGN(X>0) √ = 1, SGN(X 1 gilt, ist der Betrag des Spannungs¨ ubertragungsfaktors stets kleiner als eins. In einem aktiven Bandpaß kann zus¨ atzlich eine Verst¨arkung erreicht werden. Abbildung 6.37 zeigt einen aktiven Bandpaß mit Zweifachgegenkopplung. ¨ ¨ Zur Bestimmung des Ubertragungsfaktors wird der Uberlagerungssatz angewandt. Unter Vernachl¨ assigung des in den invertierenden Eingang fließenden Stroms kann v n f¨ ur v 2 = 0 aus der in Abb. 6.37 b skizzierten Schaltung bestimmt werden. Durch zweimaliges Anwenden der Spannungsteilerregel v R2 =
1 ·v 1 + R1 /Z 1
mit
1 1 jωC1 = + jωC2 + Z R2 1 + jωR3 C1
und vn =
R3 ·v R3 + 1/(jωC1 ) R2
folgt 15 Eine detaillierte Darstellung des Entwurfes aktiver Filter entspricht nicht der Intention dieses Buchs – Leser mit weitergehendem Interesse seien z. B. auf [3, 4] verwiesen.
238
6. Operationsverst¨arker C 2
R R
v
C 1
3
1
+ R
1
v
2
2
(a )
v
R
R 1
C
1
v C
R
C 2
2
R
C 2
1
1
3
v v
R n
(b )
vn =
3
2
1
R
n
2
Abb. 6.37. Aktiver Bandpaß mit Zweifachgegenkopplung
(c )
jωR3 C1 ·v . (1 + jωR3 C1 ) (1 + R1 /R2 + jωR1 C2 ) + jωR1 C1 1
F¨ ur v 1 = 0 folgt entsprechend aus Abb. 6.37 c vn =
1 + R1 /R2 + jωR1 (C1 + C2 ) − ω 2 R1 C2 R3 C1 ·v . (1 + jωR3 C1 ) (1 + R1 /R2 + jωR1 C2 ) + jωR1 C1 2
¨ Uberlagerung liefert den allgemeinen Zusammenhang zwischen v n und v 1 , v 2 . uberMit der N¨aherungsannahme v n = 0 folgt hieraus sofort der Spannungs¨ tragungsfaktor R2 R3 C1 R1 + R2 . Hv = − R1 R2 (C1 + C2 ) 2 R1 R2 R3 C1 C2 1 + jω −ω R1 + R2 R1 + R2 jω
Mit den Abk¨ urzungen fgu =
R1 + R2 , 2πR2 R3 C1
fgo =
1 2πR1 C2
und
Ξ =
R1 C2 1+ R3 C1
geht dieser Ausdruck u fm nimmt |H v | seinen maxi¨ber in Gl. (6.52). Bei f = √ malen Wert 1/Ξ an. Die Gleichung H v (f ) = 1/( 2 Ξ) hat zwei reelle L¨osungen, deren Differenz die Bandbreite B des Filters bestimmt. F¨ ur schmalbandige Filter mit B fm gilt n¨ aherungsweise
B = Ξ fgo
2 2 1 + Ξ2 fgo /4fm .
(6.53)
6.2. Lineare Grundschaltungen
G
239
3KDVH
G
G G%GHF
G
G%GHF
G
G
!! +]
9HUVWDHUNXQJVPDVV
39RXW
+]
+] '%9RXW )UHTXHQF\
.+]
.+]
Abb. 6.38. Spannungs¨ ubertragungsfaktor (SPICE-AC-Analyse) des aktiven Bandpasses nach Beispiel 6.2.7 (Skala 1: Phase, Skala 2: Verst¨ arkungsmaß)
Beispiel 6.2.7 Als Dimensionierungsbeispiel wird ein Bandpass mit der Mittenfrequenz 100 Hz und der Bandbreite 10 Hz betrachtet, der bei der Mittenfrequenz die Spannungsverst¨ arkung zehn aufweist. Zun¨ achst wird aus Gl. (6.53) der Wert von fgo bestimmt. Wegen der geforderten Spannungsverst¨ arkung von zehn bei f = fm ist Ξ2 1 – die Wurzel in Gl. (6.53) kann deshalb durch eins angen¨ ahert werden,16 so daß fgo =
1 B = 100 Hz . ≈ 2πR1 C2 Ξ
Die Wahl R1 = 10 kΩ f¨ uhrt so auf C2 = 159 nF. Wird C1 = C2 = C gew¨ahlt, so folgt aus R1 C2 1 Ξ = 1+ = R3 C1 10 der Widerstandswert R3 = 200 kΩ. Die Forderung R1 + R2 R1 + R2 1 = 22.4 Hz · = 100 Hz fm = 2π R1 R2 R3 C1 C2 R2 f¨ uhrt dann auf R2 = 527 Ω. Abbildung 6.38 zeigt die Ergebnisse einer SPICE-ACAnalyse f¨ ur den Spannungs¨ ubertragungsfaktor eines entsprechend ausgelegten Bandpasses. Der OP wurde dabei durch das Makromodell des LM 324 beschrieben. Die vorgegebenen Werte stimmen mit den Resultaten der Simulation u ∆ ¨berein. 16 Ohne diese N¨ aherungsannahme f¨ uhrt Gl. (6.53) auf eine ebenfalls analytisch l¨ osbare biquadratische Gleichung f¨ ur fgo .
240
6. Operationsverst¨arker
Bandsperre Abbildung 6.39 zeigt eine Bandsperre realisiert als aktives Filter. Die Eingangsspannung gelangt u ¨ber ein RC-Netzwerk auf den Eingang eines nichtin-
2 C R
R
(1 ) v '
v
(3 )
v '' 1
C
v
+
(2 )
P
-
C
v R
2
2
R /2 R 1
Abb. 6.39. Bandsperre mit Doppel-T-Glied
vertierenden Verst¨ arkers, dessen Ausgang kapazitiv in das RC-Netzwerk r¨ uckgekoppelt wird. Mit der Spannungsverst¨arkung Av des nichtinvertierenden Verst¨arkers ist v 2 = Av v p . Unter Vernachl¨assigung des Stroms in den nichtinvertierenden Eingang lauten die Knotengleichungen f¨ ur die Knoten (1), (2) und (3) 0 =
vp − v v 1 −v + 2jωC(v 2 −v ) + R R
0 = jωC(v 1 −v ) − 0 =
2v + jωC(v p −v ) R
vp − v + jωC (v p − v ) R
¨ Zusammenfassen f¨ uhrt auf den Ubertragungsfaktor Hv =
v2 1 − ω2 τ 2 = Av v1 1 + 2j(2−Av )ωτ − ω 2 τ 2
mit
τ = RC .
Dieser weist eine Nullstelle auf f¨ ur ωτ = 1 bzw. fr = 1/(2πRC) . Als Unterdr¨ uckungsg¨ ute Q des Filters wird das Verh¨altnis Q = fr /∆f
(6.54)
6.2. Lineare Grundschaltungen
241
bezeichnet, wobei ∆f die Breite des Frequenzintervalls angibt, in dem der ¨ Betrag des Ubertragungsfaktors um mehr als 3 dB gegen¨ uber seinem Wert bei 0 Hz abgesunken ist. Die Gleichung √ |H v | = Av / 2 besitzt zwei L¨ osungen f1 und f2 , deren Differenz die Gr¨oße ∆f bestimmt. Auf diesem Weg folgt Q = 1/2(2−Av )) . Beispiel 6.2.8 Als Beispiel wird eine Bandsperre mit R = 20 kΩ, C = 80 nF betrachtet, wobei gilt fr = 1/(2πRC) = 99.5 Hz . ur R2 beschaltet. Der OP wurde mit R1 = 10 kΩ und verschiedenen Werten f¨ R2 = 8 kΩ
=⇒
Av = 1.8
=⇒
Q = 2.5
=⇒
∆f = 39.8 Hz
R2 = 9.5 kΩ
=⇒
Av = 1.95
=⇒
Q = 10
=⇒
∆f = 9.9 Hz
R2 = 9.9 kΩ
=⇒
Av = 1.99
=⇒
Q = 50
=⇒
∆f = 1.99 Hz
Abbildung 6.40 zeigt die Ergebnisse einer SPICE-AC-Analyse f¨ ur den Betrag des ¨ Ubertragungsfaktors entsprechend beschalteter OPs vom Typ LM 324. Die Simula¨ tionsergebnisse sind in guter Ubereinstimmung mit den Resultaten der analytischen Rechnung. ∆
N2KP
N2KP N2KP
+]
+] 9RXW 99
+]
+]
+]
+]
)UHTXHQF\
Abb. 6.40. Spannungs¨ ubertragungsfaktor unterschiedlicher Bandsperrfilter nach Abb. 6.39
242
6. Operationsverst¨arker
6.3 R¨ uckkopplung und Stabilit¨ at Schaltungen mit Operationsverst¨ arkern arbeiten meist mit Gegenkopplung, d. h. der Ausgang des OP wirkt u uckkopplungsnetzwerk auf den ¨ber ein R¨ invertierenden Eingang zur¨ uck. Gegengekoppelte OP-Schaltungen weisen gew¨ohnlich Eigenschaften auf, die weitgehend unabh¨angig von der Verst¨arkung des OP, Versorgungsspannungsschwankungen etc. sind. Bei Verst¨arkerschaltungen kann durch Gegenkopplung ferner die Eingangsimpedanz, Ausgangsimpedanz und Bandbreite in weiten Grenzen beeinflußt werden, wie die in Kap. 6.2.1 und 6.2.2 untersuchten Verst¨ arkerschaltungen zeigen. Weitere positive Auswirkungen der Gegenkopplung sind eine Reduktion nichtlinearer Verzerrungen sowie eine Verbesserung der Rauscheigenschaften (vgl. Kap. 6.4) und der St¨orungsempfindlichkeit (vgl. Kap. 2). Problematisch bei der Gegenkopplung jedoch ist, daß aufgrund der Phasenverschiebung in OP und R¨ uckkopplungsnetzwerk das r¨ uckgekoppelte Si◦ gnal um weniger als 180 gegen¨ uber dem externen Signal phasenverschoben ist. Da die Phasenverschiebung des Verst¨arkers mit der Frequenz zunimmt, gibt es eine Frequenz f180 bei der das r¨ uckgekoppelte Signal in Phase mit dem Eingangssignal ist: Der Verst¨ arker weist bei dieser Frequenz keine Gegenkopplung, sondern eine Mitkopplung auf. In Schaltungen, bei denen die Verst¨arkung des r¨ uckgekoppelten Netzwerks bei f180 gr¨oßer gleich eins ist, treten selbsterregte Schwingungen auf. Die Schaltung arbeitet dann als Oszillator, was nicht immer erw¨ unscht ist. + v
1
Z
Z 2
v 2
1
Abb. 6.41. Nichtinvertierender Verst¨ arker
6.3.1 Gegenkopplung, Stabilit¨ atsanalyse Als Beispiel f¨ ur eine gegengekoppelte OP-Schaltung wird der in Abb. 6.41 skizzierte nichtinvertierende Verst¨ arker mit komplexem R¨ uckkopplungsnetzwerk betrachtet. Der OP wird als spannungsgesteuerte Spannungsquelle mit der frequenzabh¨ angigen Spannungsverst¨ arkung ad angenommen (v 2 = ad v d ). Mit dem R¨ uckkopplungsfaktor k =
Z1 Z 1 +Z 2
folgt aus der komplexen Spannungsteilerregel v d = v 1 − k v 2 , so daß
6.3. R¨ uckkopplung und Stabilit¨at
243
ad v . 1 + k ad 1
v2 =
(6.55)
Solange die Schleifenverst¨ arkung T (ω) = k ad = −1 ist, hat v 2 f¨ ur v 1 = 0 den Wert null; f¨ ur T (ω) = −1 ist dies nicht notwendig der Fall: Die r¨ uckgekoppelte Schaltung kann dann schwingen. Z Z
v
1
2
+
1
v 2
0
Abb. 6.42. Invertierender Verst¨ arker
F¨ ur den mit Z 1 und Z 2 beschalteten, invertierenden Verst¨arker (vgl. Abb. 6.42) ¨ lautet der Uberlagerungssatz f¨ ur den Spannungszeiger am invertierenden Eingang v n = k v 2 + (1 − k) v 1 = −
v2 ad
und
k =
Z1 . Z1 + Z2
Damit folgt f¨ ur den Spannungs¨ ubertragungsfaktor ad v2 = −(1 − k) . v1 1 + k ad Vom Faktor −(1 − k) abgesehen, resultiert also dasselbe Ergebnis wie in ur das Gl. (6.55), d. h. auch hier muß die Bedingung T (ω) = k ad = −1 f¨ Auftreten unged¨ ampfter Schwingungen erf¨ ullt sein.
Pole, Phasenreserve Zur Kl¨arung der Frage, ob eine Schaltung unged¨ampfte Schwingungen aus¨ f¨ uhren kann, k¨onnen die Pole des Ubertragungsfaktors, d. h. die Nullstellen von 1 + T (ω), untersucht werden. Bevor die Gleichung 1 + T (ω) = 0
(6.56)
gel¨ost werden kann, muß eine Beziehung f¨ ur 1 + T (ω) aufgestellt werden – die Nullstellen k¨ onnen dann analytisch oder mit Hilfe eines Mathematikprogramms bestimmt werden. Die L¨ osungen f¨ ur die Kreisfrequenz ω sind dabei i. allg. komplex. Der Imagin¨ arteil Im(ω) beschreibt dann mit der Zeit anwachsende oder abfallende L¨ osungen e jωt = e j[ Re(ω)+j Im(ω)] t = e j Re(ω)t · e −Im(ω)t .
244
6. Operationsverst¨arker
F¨ ur Im(ω) ≤ 0 resultieren demnach unged¨ampfte oder exponentiell mit der Zeit anwachsende Schwingungen. Nur falls s¨amtliche L¨osungen der Gleichung (6.56) positive Imagin¨ arteile aufweisen – d. h. falls nur exponentiell mit der Zeit ged¨ampfte Schwingungen als L¨ osung auftreten – ist die Schaltung stabil und kann keine selbsterregten Schwingungen ausf¨ uhren. Ist fK die Frequenz, bei der der Betrag der Schleifenverst¨arkung den Wert eins aufweist und ϕK die Phase der Schleifenverst¨arkung f¨ ur f = fK , so heißt α = 180◦ − |ϕK |
(6.57)
die Phasenreserve der Schaltung. F¨ ur stabile Schaltungen ist die Phasenreserve α positiv; ihr Wert bestimmt das Einschwingverhalten der Schaltung. ¨ Um Uberschwinger gering zu halten, sollte die Phasenreserve den Wert von ca. 45◦ nicht unterschreiten.
9 9RXW 9 9LQ 9
9
9
V
9LQ
XV 9RXW
XV
XV
XV
XV
XV
7LPH
Abb. 6.43. Antwort der untersuchten Differenziererschaltung mit Phasenreserve α = 5.7◦ auf eine rechteckf¨ ormige Eingangsspannung der Amplitude 1 V
Beispiel 6.3.1 F¨ ur den in Kap. 3.2.6 betrachteten Differenzierer ist Z 1 = 1/(jωC) und Z 2 = R, so daß k =
1 Z1 1 = = Z1 + Z2 1 + jωRC 1 + j f/fg
mit
fg =
1 . 2πRC
Zeigt die Differenzverst¨ arkung des verwendeten OP ein Tiefpaßverhalten erster Ordnung mit der Grenzfrequenz fco , so ist die Schleifenverst¨arkung T (f ) =
AD (1 + jf/fco ) (1 + jf/fg )
6.3. R¨ uckkopplung und Stabilit¨at
245
und die Phase von T (f ) f f ϕ(T ) = −arctan − arctan . fg fco uhren, da |ϕ| = 180◦ Die Schaltung kann17 keine selbsterregten Schwingungen ausf¨ nur f¨ ur f → ∞ und damit |T | → 0 erreicht werden kann. Die Phasenreserve der Schaltung kann jedoch sehr geringe Werte annehmen. Aus |T | = 1 resultiert die folgende biquadratische Gleichung f¨ ur fK 4 2 2 2 2 fK + fK (fco + fg2 ) − (A2D −1)fco fg = 0
mit der f¨ ur AD 1 und fg fT = AD fco g¨ ultigen N¨aherungsl¨osung
fK ≈ fT fg . F¨ ur einen Operationsverst¨ arker mit fT = 1 MHz, AD = 105 und einer Beschaltung mit fg = 10 kHz – entsprechend der Wahl R = 10 kΩ und C = 1.59 nF – resultiert die L¨ osung fK ≈ 100 kHz, was in guter N¨aherung dem exakten Wert 99.75 kHz entspricht. Die Phasenreserve der Schaltung ist 105 105 ◦ α = 180 − arctan = 5.7◦ , − arctan 104 10 also wesentlich geringer als der f¨ ur ein gutes Einschwingverhalten geforderte Wert ur den Fall der Ansteuerung von 45◦ . Das Ergebnis der SPICE-Transientenanalyse f¨ mit einer rechteckf¨ ormigen Eingangsspannung zeigt deshalb sehr ausgepr¨agte Oszillationen der Ausgangsspannung (Abb. 6.43). ∆
Bode-Diagramm Betrachtungen zur Stabilit¨ at r¨ uckgekoppelter Schaltungen werden h¨aufig anhand des zugeh¨ origen Bode-Diagramms der Schleifenverst¨arkung T (f ) (vgl. Abb. 6.44) durchgef¨ uhrt. Graphisch l¨aßt sich aus der Auftragung von |T (f )| sofort die Frequenz fK bestimmen, bei der |T (f )| = 1 gilt. Zu dieser Frequenz wird dann in der Auftragung ϕ(T ) der Phasenwinkel ϕK der Schleifenverst¨arkung abgelesen, aus dem die Phasenreserve α = 180◦ − |ϕK | folgt. Ist wie in Abb. 6.44 |ϕK | > 180◦ , so ist die Phasenreserve negativ: Eine Schaltung mit diesen Eigenschaften ist instabil und beginnt selbsterregt zu schwingen. Analyse mit PSPICE. Der Frequenzgang der Schleifenverst¨arkung einer r¨ uckgekoppelten Schaltung kann mittels SPICE-AC-Analyse bestimmt werden. Der Eingang der Schaltung wird dabei auf Masse gelegt, die R¨ uckkopplungsschleife wird aufgetrennt und eine AC-Quelle der komplexen Spannung 17
Unter der Voraussetzung, daß keine zus¨ atzlichen zu einer Phasenverschiebung f¨ uhrenden Effekte wirksam sind. In der Praxis k¨ onnten solche etwa durch Streukapazit¨ aten oder die Eingangskapazit¨ at des OP hervorgerufen werden.
246
6. Operationsverst¨arker f1
1 2 0 d B 1 0 0
f2
8 0
f1
6 0
|T (f )|
8 0
f3
4 0
fK
2 0 0 -2 0
g rd -4 5
1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
f
1 M
0
-9 0 j [ T (f )] -1 3 5 -1 8 0 a
-2 2 5 -2 7 0
j 1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
P h a s e n R e s e rv e
K
1 0 0 k
1 M f
Abb. 6.44. Verwendung des Bode-Diagramms zur Stabilit¨ atsanalyse
v t eingef¨ ugt, wie dies in Abb. 6.45 am Beispiel des invertierenden Verst¨arkers illustriert ist. Wegen v a = −ad v n und v n = k v t folgt die Schleifenverst¨arkung zu T (ω) = k ad = − v a /v t . Die SPICE-AC-Analyse liefert die Amplituden vˆa und vˆ2 als Funktion der Frequenz in der Form vˆa = V(3) · e j VP(3)
und
vˆt = V(2) · e j VP(2) ,
so daß k ad = −
V(3) j [VP(3)−VP(2)] V(3) j [VP(3)−VP(2)−180◦ ] ·e ·e = . V(2) V(2)
6.3. R¨ uckkopplung und Stabilit¨at R
R
(1 ) 1
+
2
247
(2 )
v t
(3 )
v a
Abb. 6.45. Bestimmung der Schleifenverst¨ arkung
(0 )
Verst¨arkungsmaß und Phase der Schleifenverst¨arkung lassen sich mittels PROBE demnach als DB(V(3)/V(2)) bzw. VP(3) - VP(2) - 180 ausgeben.
G
9HUVWDHUNXQJVPDVV G
5 N2KP 3KDVH G
G 5 2KP
!! G +]
5 2KP +] +] '%9RXW 9W
.+] .+] 39RXW 9W )UHTXHQF\
.+]
0+]
Abb. 6.46. Bode-Diagramm der Schleifenverst¨ arkung T des mit R beschalteten Differenuckkopplungsfaktors zierers f¨ ur verschiedene Werte von R und Phasengang des R¨
Beispiel 6.3.2 Die in Kap. 6.2.6 und Beispiel 6.3.1 untersuchte Schaltung eines Differenzierers weist f¨ ur fT RC 1 eine unbefriedigende Phasenreserve auf. Zur Verbesserung kann ein Widerstand R R in Serie zu C geschaltet werden. Der R¨ uckkopplungsfaktor k =
R + (jωC)−1 1 + jωR C = R + R + (jωC)−1 1 + jω(R + R )C
weist dann f¨ ur sehr kleine und f¨ ur sehr große Frequenzen einen verschwindend kleinen Imagin¨ arteil auf – der durch k bedingte Anteil der Phase der Schleifenverst¨arkung ωRC ϕ(k) = −arctan 1 + ω 2 R (R + R )C 2
248
6. Operationsverst¨arker
9 5 2KP
9
5 2KP 5 N2KP
9
9
9
V
XV 9RXW
XV
XV
XV
XV
XV
XV
XV
XV
7LPH
Abb. 6.47. Einschwingverhalten des Differenzierers f¨ ur verschiedene Werte von R
ist dann vernachl¨ assigbar. Die maximale durch k bedingte Phasendrehung resultiert f¨ ur *
f = 1 (2π R (R +R)C) und besitzt den Wert ϕmax (k) = −arctan
R 2R
R R + R
.
Um eine bestimmte Phasenreserve α sicherzustellen, sollte ϕmax (k) > α−90◦ gew¨ahlt werden, falls ad ein Tiefpaßverhalten erster Ordnung zeigt. Die Forderung α = 45◦ f¨ uhrt so auf √ 2−1 2 2 R ≈ 2.1 kΩ . R + RR − R /4 > 0 bzw. R > 2 Dies wird durch Abb. 6.46 best¨ atigt. In Abb. 6.47 ist das zugeh¨orige Einschwingverhalten gezeigt, wobei am Eingang eine Dreiecksspannung mit 2 Vss und der Frequenz 10 kHz angelegt wurde. Dies sollte am Ausgang eine rechteckf¨ormige Spannung liefern, die zwischen den Werten dv2 = ±1.59 nF · 10 kΩ · 2 V ≈ ±624 mV ±RC dt 50 µs hin und her springt. F¨ ur die Werte R = 10 Ω und R = 500 Ω ist die Phasenreserve offensichtlich zu gering – es treten deutliche Oszillationen um den Sollwert auf; bei ¨ wegen der erh¨ohten Phasenreserve unterdr¨ uckt, R = 2 kΩ sind diese Uberschwinger die Ausgangsspannung zeigt ann¨ ahernd den erwarteten rechteckf¨ormigen Verlauf. ∆
6.3. R¨ uckkopplung und Stabilit¨at
249
6.3.2 Frequenzgangkorrektur Besitzt eine Schaltung keine ausreichende Phasenreserve, so muß eine Frequenzgangkorrektur vorgenommen werden. Dabei wird entweder der Frequenzgang der Leerlaufdifferenzverst¨ arkung – durch eine Beschaltung des Operationsverst¨arkers – oder der Frequenzgang des R¨ uckkopplungsfaktors ver¨andert.
Dominant-Pol-Kompensation (Lag-Kompensation) F¨ ur ohmsche R¨ uckkopplungsnetzwerke ist der R¨ uckkopplungsfaktor k reell, die Phase von T (ω) ist demnach gleich der Phase der Differenzverst¨arkung ad des OP. Da k nur Werte zwischen null und eins annehmen kann, gilt |T (ω)| < |ad (ω)|, d. h. besitzt die Leerlaufdifferenzverst¨arkung des OP eine ur alle ohmschen R¨ uckPhasenreserve α ≥ 45◦ , so wird dieser Wert auch f¨ kopplungsnetzwerke nicht unterschritten. f1
1 2 0 d B 1 0 0
f2
o h n e K o m p e n s a tio n
|a d( f )|
8 0
f3
6 0
m it D o m in a n t- P o lK o m p e n s a tio n
4 0
fK fT
2 0 d B lo g ( 1 /k )
2 0
f1 0
-2 0
g rd -4 5
1 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
1 M
1 0 M
H z
f
o h n e K o m p e n s a tio n 0
m it D o m in a n t- P o l- K o m p e n s a tio n
-9 0 j [ a d( f )]
1 0 0
8 0
-1 3 5
a (k = 1 )
a (k < 1 )
-1 8 0 -2 2 5 -2 7 0
1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
Abb. 6.48. Dominant-Pol-Kompensation des Frequenzgangs
1 M
1 0 M
H z
f
250
6. Operationsverst¨arker
Ohne besondere Maßnahmen zeigt die Differenzverst¨arkung das Verhalten eines Tiefpasses h¨ oherer Ordnung mit vergleichsweise dicht liegenden Grenzfrequenzen f1 , f2 , f3 , was in der Regel zu einer Phasenreserve α < 0 f¨ uhrt (vgl. Abb. 6.48). Um die Leerlaufdifferenzverst¨arkung ad mit einer ausreichenden Phasenreserve auszustatten werden OPs h¨aufig mit einer internen Frequenzkompensation versehen. Durch diese nimmt die 3 dB-Grenzfrequenz f1 des zuerst wirksamen Tiefpasses so geringe Werte an, daß |ad | bei der 3 dBGrenzfrequenz des als n¨ achstes wirksam werdenden Tiefpasses bereits auf Werte ≤ 0 dB ged¨ ampft wurde.18 Dies ist in Abb. 6.48 illustriert. Offensichtlich gilt |ad (f180 )| < 0 dB, d. h. jede ohmsche Gegenkopplung f¨ uhrt bei einem derart kompensierten Verst¨ arker zu einer stabilen Schaltung. Die Phasenreserve zum R¨ uckkopplungsfaktor 1 l¨ aßt sich leicht bei f = fT aus dem Diagramm ablesen. Die Phasenreserve zu einem R¨ uckkopplungsfaktor k < 1 l¨aßt sich ebenfalls aus Abb. 6.48 ablesen: Bei f = fK ist |kad | = 1, d.h. das Verst¨arkungsmaß der Differenzverst¨ arkung betr¨agt dort 20 dB · log(1/k). Die Phasenreserve ergibt sich dann aus der Phasenverschiebung bei dieser Frequenz (vgl. Abb. 6.48). Als Nachteil der beschriebenen internen Dominant-Pol-Kompensation ist die starke Einschr¨ ankung der Bandbreite und damit des Verst¨arkungs-Bandbreite-Produkts des OP anzusehen. Bei Verst¨arkern mit Spannungsverst¨arkungen Av 1 gilt k 1, d. h. hier verursacht die interne Dominant-PolKompensation eine unn¨ otig starke Einschr¨ankung von fT . F¨ ur die Realisierung von Breitbandverst¨ arkern werden deshalb auch OPs hergestellt, die u ugen. Diese wird ¨ber keine interne Kompensation des Frequenzgangs verf¨ vom Anwender durch extern zugeschaltete Kapazit¨atswerte vorgenommen. Die zur Kompensation des Frequenzgangs verwendete Kapazit¨at kann dabei so gew¨ahlt werden, daß die Bandbreite bei der geforderten Phasenreserve maximal wird.
Lead-Kompensation Ursache einer Instabilit¨ at bzw. einer zu geringen Phasenreserve ist die durch das Zusammenwirken mehrerer Tiefp¨ asse bedingte Phase der Schleifenverst¨arkung. Durch ein R¨ uckkopplungsnetzwerk mit Hochpaßcharakteristik kann dies kompensiert werden. Beispiel 6.3.3 Als Beispiel wird der Operationsverst¨arker mit interner DominantPol-Kompensation und kapazitiver Last am Ausgang betrachtet . Hier ist wegen des endlichen Ausgangswiderstands RA des OP am Ausgang ein zweiter Tiefpaß wirksam, der die Phasenreserve vermindert. Zur Verbesserung der Phasenreserve wird 18
Durch die interne Kompensation wird in der Regel f1 zu kleineren Werten und f2 zu gr¨ oßeren Werten hin verschoben (pole splitting) [1, 5]. Die Schaltung wird dabei meist so uckkopplungsfaktor ausgelegt, daß f2 = fT gilt - in diesem Fall ist die Phasenreserve beim R¨ k = 1 gleich 45◦ .
6.3. R¨ uckkopplung und Stabilit¨at R
R
v
2
C 1
251
C
R -
C
+ C
1
v L
2
Abb. 6.49. Invertierender Verst¨ arker mit verbessertem Einschwingverhalten
u angiger R¨ uckkopplungsweg hinzugeschaltet ¨ber CC parallel zu R2 ein frequenzabh¨ (Abb. 6.49). Wird die Belastung des durch RA , RC und CL gebildeten Spannungsteilers durch das R¨ uckkopplungsnetzwerk vernachl¨assigt, so folgt v n durch Anwenden ¨ des Uberlagerungssatzes zu (Abb. 6.50) vn =
k0 jωk0 R2 CC v + v , 1 + jωk0 R2 CC 2 1 + jωk0 R2 CC a
wobei k0 = R1 /(R1 + R2 ) den R¨ uckkopplungsfaktor des nicht kompensierten Verst¨ arkers bezeichnet. R
R
2
C 1
C
O P o h n e R -
+ v
R A
a 0
R A
v v
C
a
t
C
v 2
L
(a ) v t
R
R v
A
C
C
R
C
2
a
C
v 2
R
v 1
n
L
(b )
Abb. 6.50. Invertierender Verst¨ arker mit kapazitiver Last. (a) Auftrennen der Schleife zur Berechnung der Schleifenverst¨ arkung, (b) Teilschaltung zur Berechnung des R¨ uckkopplungsfaktors
Aus der Spannungsteilerregel folgt ferner v2 =
1 v 1 + jω(RA +RC )CL t
und
va =
1 + jωRC CL v . 1 + jω(RA +RC )CL t
252
6. Operationsverst¨arker
Durch Zusammenfassen ergibt sich daraus der R¨ uckkopplungsfaktor k = v n /v t k =
1 + jωR2 CC (1 + jωRC CL ) k0 . 1 + jω(RA +RC )CL 1 + jωk0 R2 CC
Zur Kompensation 19 des Terms 1 + jω(RA + RC )CL im Nenner ist CC ≈
RA +RC CL R2
zu w¨ ahlen – ein gr¨ oßerer Wert w¨ urde zu einer unn¨otigen Verz¨ogerung der Anstiegsflanke am Ausgang f¨ uhren. F¨ ur CL = 2 µF, RA = 35 Ω, RC = 20 Ω und uhrt dies auf die Forderung CC ≈ 10 nF. Abbildung 6.51 zeigt das R2 = 10 kΩ f¨ Einschwingverhalten eines entsprechenden Umkehrverst¨arkers – simuliert mit dem ur CC = 1 Makromodell des OP LM324 – f¨ ur verschiedene Werte von CC . W¨ahrend f¨ ¨ bei rechteckf¨ormiger EingangsnF und CC = 5 nF noch deutliche Uberschwinger uckt. ∆ spannung auftreten, sind diese f¨ ur CC = 10 nF vollst¨andig unterdr¨
9
9LQ 9
&& Q)
9
&& Q) && Q)
9 9RXW &/ X) 9
V
PV 9LQ
PV
PV 9RXW
PV
PV
PV
PV
PV
PV
7LPH
Abb. 6.51. Einschwingverhalten eines invertierenden Verst¨ arkers bei kapazitiver Last am Ausgang und Lead-Kompensation f¨ ur unterschiedliche Werte von CC
19 Der Term proportional zu ω 2 RC CL im Nenner kann bei h¨ oheren Frequenzen den Frequenzgang der sich dann nicht mehr wie ein ohmscher Widerstand verhaltenden Ausgangsimpedanz des OP kompensieren, bzw. bei niedriger Verst¨ arkung (k0 groß) die Auswirkung des Faktors 1 + jωk0 R2 CC im Nenner von k mildern.
6.4. Rauschen von Operationsverst¨arkern
253
6.4 Rauschen von Operationsverst¨ arkern 6.4.1 Rauschersatzschaltung Das Rauschen eines OPs wird durch eine Erweiterung der in Kap. 6.1 betrachteten Ersatzschaltung um Rauschquellen erfaßt. Diese werden u ¨blicherweise auf den Eingang des OP bezogen, wie dies in Abb. 6.52 dargestellt ist.
S
i,N
( f ) +
S
i,P
( f )
S v
( f )
Abb. 6.52. Operationsverst¨ arker mit Rauschquellen
Die Spektren Si,P (f ), Si,N (f ) und Sv (f ) der Rauschquellen werden durch das thermische Widerstandsrauschen und das Schrotrauschen der Halbleiterbauelemente bestimmt. Bei niedrigen Frequenzen ist dar¨ uber hinaus ein Anteil des 1/f -Rauschens zu beobachten. Die Korrelation der Rauschquellen ist in der Regel gering und wird in den Datenbl¨ attern i.allg. nicht spezifiziert. Abbildung 6.53 zeigt die mittlere Rauschspannung und den mittleren Rauschstrom f¨ ur ein Frequenzintervall von 1 Hz f¨ ur den OP 101: F¨ ur f < f0v wird Sv√durch √ das 1/f -Rauschen bestimmt, d. h. Sv nimmt hier proportional zu 1/ f ab. Das Rauschen einer Schaltung mit OP wird neben den Rauschquellen des OP durch die Rauschquellen der Beschaltung bestimmt. Als Beispiel wird der nichtinvertierende Verst¨ arker betrachtet.
6.4.2 Rauschen des nichtinvertierenden Verst¨ arkers Das Rauschverhalten des von einer Quelle der Impedanz RS angesteuerten nichtinvertierenden Verst¨ arkers wird anhand der in Abb. 6.54 a dargestellten Ersatzschaltung untersucht. Diese kann durch Umzeichnen in die in Abb. 6.54 b gezeigte Form u uhrt werden. Die einzelnen Rauschquellen ¨berf¨ werden als nicht korreliert angenommen. Das Zusammenwirken der einzel¨ nen Quellen l¨aßt sich dann nach dem Uberlagerungssatz berechnen, wobei die Auswirkung jeder Quelle auf die Ausgangsspannung separat untersucht wird. ¨ Zu diesem Zweck muß der jeweilige Ubertragungsfaktor bestimmt werden. ¨ Zun¨achst wird der Ubertragungsfaktor V a /I 1 mit V a = ad V d ermittelt. Hierzu wird die Teilschaltung 6.55 a betrachtet. Aus dem Knotensatz f¨ ur (2) jωcd V d =
V nR1 V nR1 −V a + R1 R2
254
6. Operationsverst¨arker 1 0 0 0
n V /H z
1 /2
1 0 0
S v
1 0
1 /2
f0 1
1
1 0
v
1 0 0
1 k
1 0 k
H z
1 M (a )
F re q u e n z 1 0 0
fA /H z
1 /2
1 0
S i
1
1 /2
0 .1
1
1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
H z
1 M (b )
F re q u e n z
Abb. 6.53. Typischer Frequenzgang (a) der Rauschspannung und (b) des Rauschstroms eines Operationsverst¨ arkers mit JFET-Eingangstransistoren
¨ folgt mit Av0 = 1/k = (R1 +R2 )/R1 durch Uberlagerung V nR1 =
1 ( V a +jωcd R2 V d ) . Av0
ur (1) Mit diesem Ergebnis und V d = V nRS−V nR1 folgt aus dem Knotensatz f¨ I1 =
V RS + jωcd V d RS
die Beziehung
I1 =
R2 1 + jωcd 1+ RS Av0 RS
Vd+
1 V Av0 RS a
bzw. mit V a = ad V d Va = Av0 RS I1
1 1+
1 [ Av0 + jωcd (R2 +Av0 RS ) ] ad
= Av0 RS Ξ(f ) . (6.58)
Dieses Ergebnis erm¨ oglicht die Berechnung der Beitr¨age des Rauschens des Generatorinnenwiderstands und des Stromrauschens des nichtinvertierenden Eingangs. Die Antwort der Ausgangsspannung auf das Spannungsrauschen des OP l¨aßt sich ebenfalls mit dieser Beziehung ermitteln, falls die Rauschspannungsquelle
6.4. Rauschen von Operationsverst¨arkern
S
R S
S
i,R S
v
S
( f )
( f )
i,P
a dv
( f )
v S
i,N
S 1
S
R S
S
i,R S
( f )
S
i,P
v
i,R 1
d
d
( f )
R
R
255
2
S
( f )
( f )
( f )
v ,R 2
( f )
v
(a )
d
R
S
R i,N
( f )
1
S
i,R 1
2
( f )
S
v ,R 2
( f )
a dv d
(b )
Abb. 6.54. Rauschersatzschaltung des invertierenden Verst¨ arkers
durch eine a¨quivalente Rauschstromquelle ersetzt wird (Abb. 6.55 b). F¨ ur den ¨ Ubertragungsfaktor der Eingangsrauschspannung ergibt sich damit V a /V 1 = Av0 Ξ(f ) . Um die Auswirkung des Rauschens von R1 sowie des Stromrauschens des invertierenden Eingangs auf die Ausgangsspannung zu bestimmen, ist der ¨ Ubertragungsfaktor V a /I 2 f¨ ur die in Abb. 6.55 c angegebene Teilschaltung zu ermitteln. Diese ergibt sich nach dem demselben Schema wie Gl. (6.58) zu V a /I 2 = −R2 Ξ(f ) . Der Einfluß des Rauschens des Widerstands R2 auf die Ausgangsspannung ¨ ur die in Abb. 6.55 d anl¨aßt sich mit Hilfe des Ubertragungsfaktors V a /V 2 f¨ gegebene Teilschaltung bestimmen. Diese ergibt sich nach kurzer Rechnung zu V a /V 2 = −Ξ(f ) .
256
6. Operationsverst¨arker V d
(1 )
R
(2 )
(3 ) 2
I1 R
R S
a dV 1
R d
V 1/R V 1
S
R S
(b )
(a )
V
S
V d
R
V d
2
R
2
2
I2 R S
R
a dV 1
R d
S
R
a dV 1
(c )
d
(d )
Abb. 6.55. Teilschaltungen zur Berechnung des Rauschens der Ausgangsspannung
¨ Durch Uberlagerung folgt f¨ ur die spektrale Leistungsdichte des Spannungsrauschens am Ausgang Sv,a (f ) = |Ξ(f )|2 {A2v0 RS2 [ Si,RS (f )+Si,P (f ) ] + A2v0 Sv (f ) + +R22 [ Si,N (f ) +Si,R1 (f ) ] + Sv,R2 (f )} . Falls die Widerst¨ ande nur thermisches Rauschen aufweisen, ist Si,RS (f ) =
4kB T , RS
Si,R1 (f ) =
4kB T , R1
Sv,R2 (f ) = 4kB T R2 ,
so daß mit Si,P (f ) = Si,N (f ) = Si (f ) folgt Sv,a (f ) = |Ξ(f )|2 [ 4kB T (A2v0 RS +Av0 R2 ) +(A2v0 RS2 +R22 )Si (f ) + A2v0 Sv (f ) ] . F¨ ur Av0 AD und f AD /[2π(R2 +Av0 RS )cd ] gilt die N¨aherung Ξ(f ) ≈
1 , 1 + jf /fg
wobei fg = fT /Av0 die Bandbreite des Verst¨arkers bezeichnet, und damit Sv,a
A2v0 ≈ 1+f 2/fg2
R2 4kB T RS + Av0
+
RS2 +
R2 Av0
2
+
Si + Sv (6.59)
6.4. Rauschen von Operationsverst¨arkern
257
Aus diesem Ergebnis lassen sich folgende Schlußfolgerungen f¨ ur den Aufbau rauscharmer Verst¨ arkerschaltungen ziehen: 1. Das Widerstandsniveau sollte gering gehalten werden. Kleine Werte f¨ ur R2 halten den Einfluß des Stromrauschens des invertierenden Eingangs gering. 2. Bei hochohmigen Quellen (RS groß) ist das Stromrauschen des nichtinvertierenden Eingangs besonders bedeutsam. In diesem Fall sollte demnach ein Operationsverst¨ arker mit m¨oglichst geringem Stromrauschen gew¨ahlt werden. Als geeignet erweisen sich hier Operationsverst¨arker mit FET-Eingang, bei denen der Eingangs-Rauschstrom i. allg. besonders niedrige Werte aufweist. Um das Rauschen minimal zu halten, ist bei der Verst¨ arkung von Wechselspannungssignalen geringer Amplitude eine Rauschanpassung bez¨ uglich des Generatorinnenwiderstands vorzunehmen. 3. Bei niederohmigen Quellen ist besonders auf das Spannungsrauschen zu achten. 4. Da sich die effektive Rauschspannung am Ausgang durch Integration von Sv,a (f ) u ¨ber die Bandbreite ergibt
Vn = f
f +∆f
Sv,a (f ) df ,
sollte die Bandbreite der Verst¨ arkerschaltung nicht unn¨otig groß gew¨ahlt werden. Beispiel 6.4.1 Mit einen OP (fT = 1 MHz, AD = 105 ) soll ein nichtinvertierender Verst¨ arker der Spannungsverst¨ arkung Av0 = 20 aufgebaut werden. Zu bestimmen ist der Effektivwert der Rauschspannung im Frequenzbereich 1 kHz < f < 10 kHz, falls dort
*√ *√ Sv = 10 nV Hz sowie Si = 1 fA Hz gilt. Der Quellwiderstand betrage RS = 1 kΩ, ferner gelte R2 = 50 kΩ; die Eingangskapazit¨ at des OP wird als vernachl¨ assigbar klein angenommen. Die Bandbreite ist fg = 1 MHz/20 = 50 kHz, so daß im betrachteten Frequenzbereich |Ξ(f )|2 ≈ 1 gilt. Die Spektralfunktion Sv,a (f ) wird damit unabh¨angig von der Frequenz; mit den Zahlenwerten RS = 1 kΩ, R2 = 50 kΩ f¨ uhrt dies bei T = 300 K auf V2 V2 = 6.3 · 10−14 . Sv,a ≈ 400 · 1.66 · 10−17 · 3.5 + 7.25 · 10−24 + 10−16 Hz Hz Der Effektivwert der Rauschspannung im betrachteten Frequenzintervall ∆f folgt daraus zu
V2 · 9 · 103 Hz ≈ 24 µV . Sv,a ∆f = 6.3 · 10−14 Vn = Hz
258
6. Operationsverst¨arker
6.5 Makromodelle f¨ ur die Schaltungssimulation F¨ ur die Zwecke der Schaltungssimulation werden die elektrischen Eigenschaften von Operationsverst¨arkern durch Makromodelle nachgebildet. Diese weisen eine deutlich geringere Komplexit¨ at auf als die tats¨ achliche Schaltung des Operationsverst¨arkers, was zu einer wesentlichen Verringerung der Rechenzeit und zu einer Verbesserung des Konvergenzverhaltens f¨ uhrt. Die meisten Modelle sind aus dem in [6] vorgestellten ur einen OP mit bipolarer Ansatz entstanden.20 Abbildung 6.56 zeigt ein Beispiel f¨ Eingangsstufe.21 V + v
R C 1 D 1 IN
C D IF
IN N
R Q
D P
F Q 1
V C
C 1
R 1 IN
IN P
R C 2
C 1
D 2 IN
R 2 IN
R 0 2 Q 1
R 0 1 F B
C 2 C M
C 1 C M
R E 1
R E 2
C 2
E G N D C E E F Q 2
IE E
v A D E
R 2
(a )
D C
V L IM
R E E
Q 2
G C M
G A
V B
V E V -
V L N
D L N
D Q 2
V Q 2
F Q 3 H L IM D L P
V L P (b )
D Q 1
V Q 1
(c )
Abb. 6.56. Makromodell f¨ ur einen OP mit bipolarer Eingangsstufe (nach [8])
Der Eingang ist mit einer Schutzbeschaltung (R1IN, R2IN, D1IN und D2IN) versehen; Gegentakt- und Gleichtakteingangskapazit¨aten werden durch die Elemente CDIF, C1CM und C2CM erfaßt. Die Dioden D1IN und D2IN werden wie alle u ¨brigen Dioden des Modells als ideale Dioden beschrieben; in der Modellanweisung gen¨ ugt die Angabe des S¨ attigungsstroms (z. B. IS = 1E-16). Die Eingangswiderst¨ande R1IN und R2IN begrenzen zum einen den Strom der durch die Schutzdioden fließen kann; zum anderen bilden sie zusammen mit den Eingangskapazit¨aten einen Tiefpaß, dessen Grenzfrequenz auf die Grenzfrequenz der Eingangsdifferenzstufe abzustimmen ist. Die Eingangsstufe ist als Differenzverst¨ arker (vgl. Kap. 17) mit Bipolartransistoren ausgef¨ uhrt. Durch geeignete Wahl der Elemente k¨onnen Gleichtaktunterdr¨ uckung, Offseteigenschaften und Rauschen erfaßt werden. Unter Vernachl¨assigung evtl. vorhandener Offsetspannungen und Offsetstr¨ ome wird die Differenzstufe vollst¨andig symmetrisch ausgelegt, d. h. 20
Vgl. auch [7] und dort zitierte Arbeiten. Dieser Abschnitt setzt Kenntnisse u ¨ber Bipolartransistoren voraus, wie sie in Kap. 16 vermittelt werden. 21
6.5. Makromodelle f¨ ur die Schaltungssimulation Q1 = Q2,
und
259
RC1 = RC2 = RC
RE1 = RE2 = RE .
Die beiden Transistoren werden als identische ideale Transistoren angesetzt, f¨ ur die lediglich S¨ attigungsstrom IS und Vorw¨ artsstromverst¨arkung BF spezifiziert werden. Die Stufe wird der Einfachheit halber so dimensioniert, daß sie die NFDifferenzverst¨ arkung eins aufweist, d. h. bei AC-Betrieb ist der Zeiger der Spannung u ¨ber C1 durch v C1 = v p − v n gegeben. C 2 iG
iG A
iF
C M
R 2 G A
R 0 1
v
R 2
F B
v B
R 0 2
v
a
R 0 2
G C M
Abb. 6.57. schaltung Nachbildung Frequenzgangs
Teilzur des
Die Nachbildung der Differenz- und Gleichtaktverst¨arkung erfolgt dann durch die von der Differenzeingangsspannung vC1 gesteuerte Stromquelle GA und die von der Gleichtakteingangsspannung gesteuerte Quelle GCM in Verbindung mit der stromgesteuerten Stromquelle FB. Letztere ist mehrdimensional und wird von insgesamt f¨ unf Str¨ omen gesteuert. Solange der OP jedoch im linearen Bereich arbeitet,22 wird FB nur durch den durch VB fließenden Strom kontrolliert. Bei AC-Betrieb besteht dann der folgende Zusammenhang iFB = AI
v R2 = GB v R2 , R2
arkung der gesteuerten Quelle FB bezeichnet. Die Ausgangswobei AI die Stromverst¨ stufe l¨ aßt sich f¨ ur linearen Betrieb entsprechend Abb. 6.57 vereinfachen. Die Elemente sind so festzulegen, daß die korrekte Leerlaufdifferenzverst¨arkung aufgritt. Im Leerlauf ist v a = v R02 , da durch R01 kein Strom fließt. Der Strom durch GA wird ¨ mit 1/RC festgelegt ist. Aus durch v C1 gesteuert, wobei der Ubertragungsleitwert den Kirchhoffschen Gleichungen folgt damit unter Vernachl¨assigung der Gleichtaktverst¨ arkung (iGCM = 0) 0 =
v C1 v + R2 + jωC2 (v R2 − v 2 ) RC R2
(6.60)
0 =
v va + AI R2 − jωC2 (v R2 − v 2 ) R02 R2
(6.61)
¨ Durch Eliminieren von v R2 resultiert der Ubertragungsfaktor R02 1 − jωC2 R2 /AI va . = AI v C1 RC 1 + jωC2 [ R2 + (AI +1)R02 ] Dies f¨ uhrt auf die Forderung AI 22
R02 = AD . RC
Weder S¨ attigung noch Strombegrenzung sind wirksam.
260
6. Operationsverst¨arker
.SUBCKT OPAMP INP INN 3 4 5 **************************** C1 11 12 8.660E-12 C2 6 7 30.00E-12 DC 5 53 DX DE 54 5 DX DLP 90 91 DX DLN 92 90 DX DP 4 3 DX EGND 99 0 POLY(2) (3,0) (4,0) 0 .5 .5 FB 7 99 POLY(5) VB VC VE VLP VLN + 0 70.20E6 -70E6 70E6 70E6 -70E6 GA 6 0 11 12 320.4E-6 GCM 0 6 10 99 2.022E-9 IEE 10 4 DC 30.05E-6 HLIM 90 0 VLIM 1K Q1 11 2 13 QX Q2 12 1 14 QX R2 6 9 100.0E3 RC1 3 11 3.121E3 RC2 3 12 3.121E3 RE1 13 10 1.394E3 RE2 14 10 1.394E3 REE 10 99 6.656E6 RO1 8 5 25 RO2 7 99 25
VB 9 0 DC 0 VC 3 53 DC 2.500 VE 54 4 DC 2.500 VLIM 7 8 DC 0 VLP 91 0 DC 10 VLN 0 92 DC 10 FQ3 0 20 POLY(1) VLIM 0 1 DQ1 20 21 DX DQ2 22 20 DX VQ1 21 0 0 VQ2 22 0 0 FQ1 3 0 POLY(1) VQ1 2.136E-3 1 FQ2 0 4 POLY(1) VQ2 2.136E-3 -1 RQ 3 4 4.5E4 CDIF 1 2 3.0E-12 C1CM 1 99 1.5E-12 C2CM 2 99 1.5E-12 R1IN INP 1 1000 D1IN 1 2 DX R2IN INN 2 1000 D2IN 2 1 DX ***************************** .MODEL DX D(IS=800.0E-18) .MODEL QX NPN(IS=800.0E-18 BF=600) ***************************** .ENDS
Teilschaltungsdefinition zur Beschreibung eines Operationsverst¨ arkers in SPICE
¨ Der komplexe Ausdruck im Nenner des Ubertragungsfaktors l¨aßt sich damit umformen zu R02 R2 1 + 1 + jωC2 [ R2 + (AI +1)R02 ] = 1 + jωC2 AD RC 1 + AD RC RC ≈ 1 + jωC2 AD RC , d. h. unter der Voraussetzung fco = 1/(2πAD RC C2 ) resultiert f¨ ur die Verst¨arkung va AD = . v C1 1 + jf/fco Der Wert C2 von C2 wird gew¨ ohnlich mit 30 pF vorgegeben, RC folgt dann aus dem Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produkt, d. h. der Transitfrequenz fT RC =
1 . 2πC2 fT
Die spannungsgesteuerte Stromquelle GCM dient zur Beschreibung der Gleichtaktverst¨ arkung des OP. Sie wird durch die Gleichtakteingangsspannung gesteuert ¨ und besitzt einen Ubertragungsleitwert, der um den Faktor 1/CMRR gegen¨ uber demjenigen von GA reduziert ist
6.5. Makromodelle f¨ ur die Schaltungssimulation GCM =
261
GA . CMRR
Im urspr¨ unglichen Ansatz wurde GCM durch den Spannungsabfall an REE gesteuert. Dies ergibt jedoch bei unsymmetrischer Versorgungsspannung einen unerw¨ unschten Offset (vgl. [9]), der sich durch eine von vP und vN gesteuerte Stromquelle vermeiden l¨ aßt. Der Ausgangswiderstand des OP wird durch die Widerst¨ande R01 und R02 simuliert. Bei h¨ oheren Frequenzen (f [2πR02 C2 (1 + R2 GB )]−1 ) wird R02 durch den von C2 verursachten AC-Kurzschluß abgekoppelt, so daß der Ausgangswiderstand gegen den Wert von R01 strebt. Der Wert der Stromquelle IEE errechnet sich aus dem Eingangsruhestrom23 IB des OP dann zu IEE = 2 (BF +1) IB , solange der Strom durch REE vernachl¨ assigbar klein ist. Die Stromverst¨arkung BF ist so zu w¨ ahlen, daß der richtige Maximalwert f¨ ur die Anstiegsgeschwindigkeit S + resultiert [6] C2 S + . 2IB
BF =
Durch CEE kann die maximale Abfallgeschwindigkeit der Ausgangsspannung S − niedriger als S + modelliert werden [6] CEE =
2BF IB − C2 . S−
Gilt S − = S + so ist CEE = 0; CEE muß dann in der Netzliste nicht aufgef¨ uhrt zu werden. Die Emitterserienwiderst¨ ande RE werden so dimensioniert, daß die NFVerst¨ arkung der Eingangsstufe eins ist. F¨ ur eine symmetrisch ausgelegte Stufe mit idealen Transistoren Q1 und Q2 ergibt sich diese aus einer Kleinsignalanalyse zu 1 αRC v C1 = α . v p − vˆn + RE 1 + j 2ωRC C1 gm Hierbei bezeichnet α = BF /(BF + 1) die Kleinsignalstromverst¨arkung in Basisschaltung und gm =
IC αIE BF IEE = = VT VT BF + 1 2VT
die Steilheit der Transistoren. Dies f¨ uhrt auf die Bestimmungsgleichung RE =
BF 2 VT RC − . BF + 1 IEE
¨ Der Kondensator C1 erlaubt es, im Ubertragungsfaktor eine zus¨atzliche Phasenverschiebung zu ber¨ ucksichtigen. Er wird so gew¨ ahlt, daß die Phasendrehung des OP bei 23 Durch unterschiedliche Werte von IS und BF f¨ ur die beiden Transistoren lassen sich Eingangs-Offsetstr¨ ome und -Offsetspannung erfassen.
262
6. Operationsverst¨arker
der Transitfrequenz korrekt wiedergegeben wird. Wird die gegen¨ uber dem einfachen Tiefpaßverhalten zus¨ atzlich auftretende Phasenverschiebung mit ∆φ(f ) bezeichnet, so ist 2πfT 2C1 = arctan ∆φ(fT ) = arctan 2RC C1 C2 bzw. C1 =
C2 tan [∆φ(fT )] . 2
Mit IEE ist eine ideale Stromquelle gegeben; der damit verbundene unendlich hohe Ausgangswiderstand ist in der Praxis nicht realisierbar. Im Makromodell wird der endliche Ausgangswiderstand der Stromquelle durch REE nachgebildet. Der Wert von REE folgt aus dem Gleichtakteingangswiderstand 24 rgl gem¨aß REE =
rgl 1 − . BF 2gm
Die spannungsgesteuerte Spannungsquelle EGND besitzt den Wert (V+ +V− )/2 und erlaubt die korrekte Simulation des Verhaltens des OP auch bei unsymmetrischer Versorgungsspannung. Bei symmetrischer Versorgung V− = −V+ bildet sie einen Kurzschluß zu Masse. Die S¨ attigung der Ausgangsspannung wird durch die Dioden DE und DC in Verbindung mit den Spannungsquellen VC und VE nachgebildet. DC wird leitend, sobald vA um weniger als VVC − VF0 unterhalb von V+ liegt; entsprechend wird DE leitend, sobald vA um weniger als VVE − VF0 oberhalb von V− liegt. In beiden F¨allen wird hierdurch die Ausgangsspannung begrenzt. Die Werte der Spannungsquellen sind zu w¨ ahlen als VVC
= V+ − VAmax + VT ln (Isc /IS )
VVE
= V− + VAmax + VT ln (Isc /IS ) ,
wobei Isc den Kurzschlußausgangsstrom des OP bezeichnet. Die Hilfsschaltung nach Abb. 6.56 b dient zur Simulation der Strombegrenzung des OP. Die stromgesteuerte Spannungsquelle HLIM liefert eine Spannung, die proportional zu dem die DC-Spannungsquelle (0V) VLIM durchfließenden Strom ist. Wird die von HLIM abgegebene Spannung so groß, daß eine der beiden Dioden leitend wird, so fließt durch VLP bzw. VLN ein Strom. Dieser Strom wird in der mehrdimensionalen gesteuerten Quelle FB zur Kompensation eingesetzt. Der in die Versorgungsklemmen des OP fließende Strom wird durch RQ und die gesteuerten Quellen FQ1 und FQ2 beschrieben. Die Steuerstr¨ome f¨ ur FQ1 und FQ2 24 Im urspr¨ unglichen Ansatz [6] wurde als Ausgangspunkt zur Festlegung von REE eine Stromquelle mit npn-BJT angenommen; diese weist einen Ausgangswiderstand von n¨ ahearts-Early-Spannung bezeichnet. Mit Earlyrungsweise VAF /IEE auf, wobei VAF die Vorw¨ Spannungen von typischerweise 200 V folgt so die in [6] angegebene Gleichung
REE = 200 V/IEE .
6.6. Literaturverzeichnis
263
werden in der Hilfsschaltung nach Abb. 6.56 c generiert. Dort wird durch die stromgesteuerte Stromquelle FQ3 der durch VLIM fließende Strom eingepr¨agt (i(FQ3) = i(VLIM)). Je nach Polarit¨ at fließt dieser durch DQ1 oder DQ2 und wird mit den DCQuellen (0V) VQ1 bzw. VQ2 gemessen. Die durch diese fließenden Str¨ome steuern FQ1 und FQ2 u ¨ber i(FQ1) = Istat + i(VQ1)
und
i(FQ2) = Istat + i(VQ2) ,
wobei Istat den Versorgungsstrom des OP bei Leerlauf angibt. Das beschriebene Makromodell weist im Frequenzgang ann¨ahernd das Verhalten eines Tiefpasses 1. Ordnung auf. Sollen Tiefp¨asse h¨oherer Ordnung beschrieben wer¨ den, so ist dies m¨ oglich durch Einbau von Netzwerken geeigneter Ubertragungscharakteristik. Auf diesem Weg sind beliebige Pol-Nullstellen-Kombinationen f¨ ur den ¨ Ubertragungsfaktor realisierbar. Operationsverst¨ arker, bei denen die Eingangsstufe mit Feldeffekttransistoren realisiert wurde, werden auf ¨ ahnliche Weise durch ein Makromodell beschrieben. Die Eingangsstufe wird dabei mit Feldeffekttransistoren nachgebildet (Abb. 6.58). V + R C 1
D P
R Q
F Q 1
V C
C 1
IN + IN -
R C 2
C D IF
R 0 2
E N
R 0 1 F B
C 2 C M
C 1 C M
E G N D
C 2
G 2 1
H L IM
G A
V E
F Q 2
IS S
D L N
V 0 D E
G C M
C E E G 1 1
D C
V L IM
R E E
V V L N
D Q 2
V Q 2
F Q 3
D L P
V L P
D Q 1
V Q 1
Abb. 6.58. Makromodell f¨ ur einen Operationsverst¨ arker mit FET-Eingangsstufe
6.6 Literaturverzeichnis [1] U. Tietze, Ch. Schenk. Halbleiter-Schaltungstechnik. Springer, Berlin, 12. A., 2002 [2] S. Soclof. Design and Applications of Analog Integrated Circuits. Prentice Hall, London, 1991. [3] A.B. Williams. Electronic Filter Design Handbook. McGraw Hill, New York, 1981. [4] D.F. Stout, M. Kaufman. Handbook of Operational Amplifier Circuit Design. McGraw Hill, New York, 1976.
264
6. Operationsverst¨arker
[5] P.R. Gray, R.G. Meyer. Analysis and Design of Analog Integrated Circuits. Wiley, New York, 3rd edition, 1993. [6] G.R. Boyle, B.M. Cohn, D.O. Pederson, J.E. Solomon. Macromodeling of integrated circuit operational amplifiers. IEEE J. Solid-State Circ., 9(6):353–364, 1974. [7] R.V. Peic. Simple and accurate nonlinear macromodel for operational amplifiers. IEEE J. Solid-State Circ., 26(6):896–899, 1991. [8] Burr Brown Application Bulletin Number 20. Spice Based Macromodels. 1993. [9] H. Nielinger. Op-Makromodell f¨ ur korrekte Simulation des Gleichtaktverhaltens. Elektronik, (11):88–92, 1989.
7 Widerst¨ ande Widerst¨ande sind in nahezu jeder elektronischen Schaltung vorhanden und stellen die wohl am weitesten verbreiteten elektronischen Bauelemente dar. Je nach Bauform und Betriebsfrequenz weisen sie mehr oder weniger deutliche Abweichungen vom idealen ohmschen Verhalten auf. Ziel dieses Abschnitts ist es, die verschiedenen Bauformen ohmscher Widerst¨ande und ihr Verhalten kennenzulernen. Zus¨ atzlich werden nichtlineare Widerst¨ande (Va¨ ristoren) und andere Uberspannungsableiter (Funkenstrecken), Sicherungen sowie Thermistoren behandelt. Letztere sind Widerst¨ande mit starker Temperaturabh¨angigkeit; je nach Vorzeichen des Temperaturkoeffizienten unterschiedet man Heißleiter (NTC) und Kaltleiter (PTC).
7.1 Physikalische Grundlagen Stromtransport in Festk¨ orpern erfordert frei im Festk¨orper bewegliche Ladungstr¨ager. Bei Anwesenheit eines elektrischen Feldes E wirkt auf diese eine Kraft, was zu einer gerichteten Bewegung (Drift) der Ladungstr¨ager f¨ uhrt: Im Leiter stellt sich die Stromdichte J = σE = ρ−1 E
(7.1)
ein. Die materialspezifischen Kenngr¨ oßen σ und ρ werden als Leitf¨ ahigkeit (Einheit S/cm) bzw. spezifischer Widerstand (Einheit Ω cm) bezeichnet.
Zum spezifischen Widerstand Elektronen, die sich in einem idealen Kristallgitter bewegen und nicht miteinander wechselwirken, w¨ urden ungehindert durch den Festk¨orper laufen – der spezifische Widerstand ρ w¨ are in diesem Fall null. Bedingt durch Gitterschwingungen (W¨ armebewegung der Gitteratome) und St¨orungen der Gittersymmetrie (Defekte, d. h. Versetzungen, Korngrenzen, Fremdatome etc.) sowie durch gegenseitige Streuung der Elektronen wird in der Praxis jedoch ein von null verschiedener Wert f¨ ur ρ beobachtet. In Metallen w¨achst ρ normalerweise mit ansteigender Temperatur, da die zunehmende W¨armebewegung der Gitteratome die Elektronen auf ihrem Weg durch den Festk¨orper zus¨atz¨ lich behindert. F¨ ur reine Metalle wird eine relative Anderung von ρ mit der Temperatur in der Gr¨ oßenordnung 0.5 %/K beobachtet. In Legierungen, bei denen der spezifische Widerstand weniger durch die Gitterschwingungen als durch die St¨orung der Gittersymmetrie aufgrund von Fremdatomen bestimmt wird, ist die Temperaturabh¨ angigkeit des spezifischen Widerstands wesentlich
266
7. Widerst¨ande
kleiner; f¨ ur ausgew¨ ahlte Materialzusammensetzungen1 kann sie sogar nahezu zum Verschwinden gebracht werden.
Widerstandswert Wird eine Probe mit konstanter Leitf¨ ahigkeit σ mit zwei Kontakten versehen und zwischen diesen eine Spannung V angelegt, so fließt ein Strom I entsprechend dem ohmschen Gesetz, d. h. es gilt I = V /R. Der Widerstandswert R l¨aßt sich dabei nur f¨ ur einfache Geometrien leicht berechnen;2 im Fall des homogen von einem Strom durchflossenen K¨orpers der L¨ange L mit gleichf¨ormigem Querschnitt A folgt das Resultat R = ρL/A
bzw.
G = 1/R = σA/L .
(7.2)
Gleichung (7.2) ist nur g¨ ultig, falls die Streuung der Elektronen an der Oberfl¨ache der Widerstandsschicht vernachl¨assigt werden darf. Bei Schichtdicken im Bereich weniger Nanometer, wie sie z. B. in hochohmigen Widerstandsschichten Verwendung finden, ist dies jedoch i. allg. nicht erf¨ ullt. Die zus¨atzlich zu ber¨ ucksichtigende Oberf l¨ achenstreuung f¨ uhrt dann zu einem h¨oheren Widerstandswert als nach Gl. (7.2) zu erwarten w¨are [1, 2].
Ausbreitungswiderstand F¨ ur sehr kleine Kontaktfl¨ achen wird der Widerstandswert weitgehend unabh¨angig von der Probengeometrie nur durch die Kontaktfl¨ache und den spezifischen Widerstand bestimmt. Als Beispiel wird eine Scheibe der Dicke D betrachtet, deren R¨ uckseite auf Massepotential liegt. Auf der Oberseite befinde sich eine kreisf¨ ormige Elektrode vom Durchmesser 2a (vgl. Abb. 7.1). Der Wert von a sei so klein gegen¨ uber dem Radius der Scheibe, daß dieser als unendlich angenommen werden kann. Selbst f¨ ur dieses vermeintlich einfache Problem l¨aßt sich der Widerstandswert zwischen der Deckelektrode und der R¨ uckseite nicht durch einen geschlossenen analytischen Ausdruck angeben. F¨ ur D a l¨aßt sich jedoch die N¨ aherung R ≈
1 ρ 4a 1 + ξ + ξ 2
mit
ξ =
2 ln(2) a π D
(7.3)
1 Insbesondere Legierungen von Kupfer (Cu), Nickel (Ni) und Mangan (Mn) haben diesbez¨ uglich gr¨ oßere technische Bedeutung erlangt. Beispiele sind die Materialien CuNi45Mn1 (Konstantan), CuMn12Ni2 (Manganin) und CuMn12AlFe (Novokonstant). 2 Im allgemeinen Fall muß von den Gleichungen J = σE und ∇ · J = 0 (g¨ ultig im station¨ aren Fall) ausgegangen werden. Mit E = −∇ψ f¨ uhren diese auf die Laplace-Gleichung ur das elektrostatische Potential ψ. Diese ist f¨ ur das Widerstandsvolumen als ∇2 ψ = 0 f¨ gemischtes Randwertproblem“ zu l¨ osen: An den Kontakten ist als Randwert das Potential ” vorgegeben, ansonsten muß die Forderung J · n = 0 erf¨ ullt sein, d. h. die Stromdichte darf abseits der Kontakte nur eine Komponente parallel zur Oberfl¨ ache besitzen.
7.1. Physikalische Grundlagen V
267
+
a
D
Abb. 7.1. Zur Berechnung des Ausbreitungswiderstands
finden [3, 4]. F¨ ur D → ∞ bzw. a/D → 0 folgt R ≈ ρ/(4a), d. h. der Widerstand wird hier nur noch durch den sog. Ausbreitungswiderstand ρ/(4a) bestimmt. Dessen Wert h¨ angt einzig vom Radius des Kontakts und dem spezifischen Widerstand der Scheibe ab.3
Skineffekt Bei einem Gleichstrom f¨ uhrenden Leiter wird der gesamte Querschnitt von Strom durchsetzt. Bei Wechselstrom f¨ uhrenden Leitern fließt der Strom im wesentlichen in einer d¨ unnen Schicht der Dicke
δ=
2ρ/(ωµ)
(7.4)
an der Oberfl¨ ache des Leiters. Ursache dieses als Skineffekt bezeichneten Ph¨ anomens ist das mit dem Wechselstrom verbundene magnetische Wechselfeld [5, 6]. Dieses induziert Str¨ ome im Leiterinneren, die nach der Lenzschen ¨ Regel entgegengesetzt zum induzierenden Stromfluß orientiert sind. Die Uberlagerung von induzierender und induzierter Stromdichte erkl¨ art die Abnahme der Stromdichte zum Leiterinneren. Die Gr¨ oße δ wird als Eindringtiefe, Leitschichtdicke oder Skintiefe (englisch: skin depth), bezeichnet – sie bestimmt den Abfall des Betrags der Stromdichte mit dem Abstand x von der Leiteroberfl¨ ache: F¨ ur ebene Leiter gilt [7] J(x) = J(0)e −x/δ . Bandleiter. Der Widerstand einer ebenen Leiterbahn der Dicke D, L¨ ange L und Breite W l¨ aßt sich mit dem Fl¨ achenwiderstand RF = ρ/D berechnen als ugt die Dicke D des Leiters der Beziehung D < 2δ, so R = RF L/W . Gen¨ kann f¨ ur RF der Wert ρ/D verwendet werden (Fehler kleiner als 10 %, [8]). Aus D = 2δ folgt eine Grenzfrequenz fgs , unterhalb der der Skineffekt im Bandleiter vernachl¨ assigbar ist fgs = 3
RF (0) µm 4ρ 4RF (0) ≈ 1.01 GHz · · . = 2 πµD πµD mΩ D
(7.5)
Dies wird beispielsweise bei der sog. Spreading-resistance-Methode ausgen¨ utzt, mit der in der Halbleitertechnologie der spezifische Widerstand von Halbleiterproben nahezu beliebiger Geometrie gemessen werden kann.
268
7. Widerst¨ande
Mit zunehmender Frequenz wird δ immer kleiner. Gilt D > 5δ, so ergibt sich n¨ aherungsweise RF = ρ/2δ, d. h. der Fl¨ achenwiderstand reduziert sich unter diesen Umst¨anden auf den einer Schicht der Dicke 2δ (entsprechend einer leitenden Schicht der Dicke δ an Ober- und Unterseite der Leiterbahn). Bei hohen Frequenzen achenwiderstand bandf¨ormiger Leiter demnach √ steigt der Fl¨ proportional zu f an. Mit RF (0) = ρ/D gilt f¨ ur Frequenzen f fgs RF (f ) ≈
1
πµρf = RF (0) f/fgs . 2
(7.6)
In doppeltlogarithmischer Auftragung resultiert die in Abb. 7.2 skizzierte Abh¨angigkeit des Fl¨ achenwiderstands von der Frequenz. lo g R F
(f) fg
R F
s
~ f
1 /2
(0 )
lo g f
Abb. 7.2. Zum Skineffekt
Beispiel 7.1.1 F¨ ur eine Kupferleiterbahn der Dicke D = 35 µm ergibt sich aus dem Fl¨ achenwiderstand RF (0) = 0.486 mΩ der Wert fgs ≈ 14 MHz. Bei einem spezifischen Widerstand von 1 mΩcm und einer Schichtdicke von D = 0.5 µm folgt andererseits RF = 20 Ω; der zugeh¨orige Wert von fgs resultiert hieraus zu ann¨ahernd 40 THz. In d¨ unnen und hochohmigen Widerstandsschichten kann der Skineffekt demnach vernachl¨ assigt werden. Dies wird bei der Herstellung von Schichtwiderst¨anden f¨ ur die Hochfrequenztechnik ausgenutzt. ∆
Zylindrische Dr¨ ahte. F¨ ur zylindrische Dr¨ahte (Durchmesser D) wird der Einfluß des Skineffekts ebenfalls durch das Verh¨altnis D/δ und damit durch ur Kupferdraht folgt mit µ ≈ µ0 und ρCu ≈ die Grenzfrequenz fgs bestimmt. F¨ 1.7 µΩcm fgs =
4ρ = 17.2 kHz · πµD2
1mm D
2
.
(7.7)
Bezeichnet R0 = 4ρ/(πD2 ) den Widerstandsbelag (Widerstand je L¨angeneinheit) bei Gleichbetrieb, so gelten die in Tabelle 7.1 aufgef¨ uhrten N¨aherungen [8] f¨ ur den Widerstandsbelag bei Wechselbetrieb mit der Frequenz f . Bei hohen Frequenzen ist der Widerstandsbelag durch eine oberfl¨achennahe Schicht √ der Dicke δ bestimmt; wie beim Bandleiter resultiert ein Anstieg R (f ) ∼ f .
7.2. Ohmsche Widerst¨ande
269
Tabelle 7.1 Skineffekt zylindrischer Dr¨ ahte Frequenz R (f ) R0
f 100 kHz dennoch i. allg. nicht zu verwenden. Pr¨ azisionsdrahtwiderst¨ ande. Pr¨ azisionsdrahtwiderst¨ande sind insbesondere f¨ ur die Meßtechnik von Interesse, da sich mit ihnen sehr kleine Toleranzen (bis zu 5 · 10−6 ), eine hohe Langzeitstabilit¨at und niedrige Temperaturkoeffizienten (±1 ppm/K) erreichen lassen. Bei niederohmigen Widerst¨anden k¨onnen thermoelektrische Effekte, bedingt durch Temperaturdifferenzen zwischen den unterschiedlichen Kontakten (zwischen Widerstandswicklung und Anschlußdraht bzw. zwischen Anschlußdraht und Kupferbahn auf der Leiterplatte) auftreten. Die u ¨ber dem Widerstand auftretende Thermospannung h¨angt von der Temperaturdifferenz zwischen den beiden Kontaktstellen ab und liegt bei Kontakten zu Kupfer (Leiterbahnen) in der Gr¨oßenordnung 1 µV je Grad Temperaturdifferenz. Hochwertige Drahtwiderst¨ande verwenden deshalb h¨aufig Kupferanschlußdr¨ ahte und sorgen f¨ ur eine gute thermische Kopplung der beiden Kontaktpunkte im Widerstand. Auf diesem Weg kann nur eine geringe Temperaturdifferenz zwischen den beiden Kontaktstellen und damit nur eine geringe Thermospannung auftreten.
7.2. Ohmsche Widerst¨ande
281
7.2.3 Massewiderst¨ ande Massewiderst¨ande (carbon composition resistors) werden durch Mischung von Kohle (Ruß) und Harzen hergestellt, wobei sich der Wert des spezifischen Widerstands durch die Harzbeimengung einstellen l¨aßt. Die Masse wird in die gew¨ unschte Form gepreßt, mit Anschlußstiften versehen und ausgeh¨artet; zum Schutz der Konstruktion wird eine Umh¨ ullung aus Bakelit oder Keramik eingesetzt (vgl. Abb. 7.4 b). Derartige Widerst¨ande weisen eine vergleichsweise große Temperaturabh¨ angigkeit und Alterung des Widerstandswerts auf. Sie werden deshalb nicht in Schaltungen, in denen es auf die Einhaltung eines genau definierten Widerstandswerts ankommt, eingesetzt. Wegen ihrer hohen Pulsbelastbarkeit sind sie jedoch optimal als Schutz- und Ableitwiderst¨ande geeignet.
7.2.4 Schichtwiderst¨ ande Schichtwiderst¨ande, insbesondere Kohle- und Metallschichtwiderst¨ande, sind ¨ die am weitesten verbreiteten Widerst¨ ande. Tabelle 7.6 gibt einen Uberblick u ur die gebr¨auchlichen Typen von Schicht¨ber typische Kenndaten f¨ widerst¨anden. Tabelle 7.6 Schichtwiderst¨ ande im Vergleich (nach [12]) Kohleschichtwiderst¨ ande Wertbereich/ Ω 1 − 107 Toleranzen/% 2; 5 Stabilit¨ at/ % 1−3 TK/(ppm/K) -200 − -1200 Ausfallrate/FIT 0.3 − 30 Nennbelastbarkeit, W 0.1 − 2 Pulsbelastbarkeit + Stromrauschen ++ Grenztemperatur/◦ C 125 − 155 Schichtdicke/µm 0.01 − 1.5
Metallschichtwiderst¨ande
Metallglasurwiderst¨ande
Metalloxidwiderst¨ande
1 − 107 0.005 − 1 0.1 − 0.3 2 − 100 1 − 10 0.1 − 2 -/+ +++ 125 − 155 0.01 − 0.1
30 − 108 0.5 − 5 0.2 − 1 25 − 200 0.1 − 1 0.1 − 3 ++ + 155 − 175 15 − 30
1 − 5 · 106 2; 5 1−4 200 − 400 1 − 10 0.25 − 6 + + 155 − 250 0.5 − 1.5
Je h¨oherohmig der Widerstand sein soll, desto d¨ unner wird die Widerstandsschicht ausgef¨ uhrt. Da die Schicht nicht beliebig d¨ unn gemacht werden kann (Toleranzen), wird der Widerstandsbelag f¨ ur die Realisierung großer Widerstandswerte gewendelt (Abb. 7.9). Mit der Schleifscheibe oder dem Laserstrahl 15 wird hierzu in den fertig beschichteten Rohling eine schraubenf¨ormi15 Bei Wendelung mit Hilfe eines Laserstrahls kann der Widerstandswert auf diesem Weg oht werden. Lasertrimmen f¨ uhrt im Vergleich zur Wendelung um einen Faktor bis zu 104 erh¨
282
7. Widerst¨ande
Abb. 7.9. Wendelung
ge Trennut eingeschliffen. Dabei wird gleichzeitig der Widerstand gemessen: Sobald der Sollwert erreicht ist, wird die Trennut nicht mehr weiter gef¨ uhrt. Auf diesem Weg lassen sich enge Toleranzgrenzen realisieren.
Kohleschichtwiderst¨ ande Kohleschichtwiderst¨ ande werden als d¨ unne Kohleschicht auf einem Keramiktr¨ager realisiert; sie sind preiswert, besitzen eine hohe Betriebszuverl¨assigkeit und werden insbesondere bei kleinen Belastungen (≤ 0.5 W) eingesetzt. Nachteil der gewendelten Kohleschichtwiderst¨ande sind die vergleichsweise ung¨ unstigen HF-Eigenschaften. Neben den reinen Kohleschichtwiderst¨anden kommen deshalb auch Kohlegemischschichtwiderst¨ ande zum Einsatz. Bei diesen werden unterschiedliche Widerstandswerte durch Variation der Schichtzusammensetzung und die damit verbundene Leitf¨ahigkeitsreduktion realisiert. Derartige Widerst¨ ande sind induktionsarm und besitzen g¨ unstige HFEigenschaften. Wegen der meist unbefriedigenden Langzeitstabilit¨at dieser Widerst¨ande werden sie dennoch selten eingesetzt. Herstellung von Kohleschichtwiderst¨ anden. Die Keramikst¨abchen, auf denen die Widerstandsschicht abgeschieden wird (Substrat), werden auf ca. 1000◦ C erhitzt. Wird nun eine kohlenstoffhaltige organische Verbindung (Cx Hy ) u ¨ber das erhitzte Substrat geleitet, so zersetzt sich diese: Der Wasserstoff wird abgegeben, und auf dem Keramikk¨ orper bildet sich eine polykristalline Kohleschicht (spez. Widerstand ≈ 3 mΩ cm). Letztere ist sehr hart und haftet außerordentlich fest auf keramischen Oberfl¨ achen. Dicken der Kohleschicht liegen i. allg. zwischen 10 nm und 40 µm. Kleinere Schichtdicken f¨ uhren zu Toleranzproblemen. Der Fl¨achenwiderstand ist deshalb auf ca. 5 kΩ begrenzt; h¨ ohere Widerstandswerte erfordern eine Wendelung der Widerstandsschicht. Die Enden der Widerstandsschicht werden mit den Anschlußdr¨ahten verbunden. Dies erfolgt entweder u ¨ber Metallkappen die auf die Widerstandsschicht gepresst werden und an die die Anschlußdr¨ ahte angeschweißt sind oder durch direkte Kontaktierung, was zu geringeren Schwankungen des Kontaktwiderstands und geringerem Stromrauschen am Kontakt f¨ uhrt. Zum Schutz gegen Umwelteinfl¨ usse wird der Widerstand dann mit mehreren verschiedenen Lackschichten u ¨berzogen. mit Schleifscheibe zu sch¨ arferen R¨ andern der Widerstandswendel und liefert in der Regel Widerst¨ ande mit geringerem Stromrauschen; dieses Verfahren wird deshalb vorzugsweise verwandt [13].
7.2. Ohmsche Widerst¨ande
283
R 0
1 0
1 0 0
1 k
1 0 k
1 0 0 k
1 M
W
-2
a
-4 R
1 0
-4
-6 /K -8
Abb. 7.10. Temperaturkoeffizient von Kohleschichtwiderst¨ anden als Funktion des Widerstandswerts
Der Temperaturkoeffizient (TK) von Kohleschichtwiderst¨anden ist negativ und liegt im Bereich von −10−4 K−1 bis −10−3 K−1 . Der genaue Wert ist eine Funktion der Schichtdicke. Dies ist bedingt durch den Einfluß der Korngr¨oße und der Oberfl¨ achenstreuung – letztere stellt einen Streumechanismus f¨ ur die stromf¨ uhrenden Ladungstr¨ ager dar und erh¨oht deshalb den Widerstand. Die Bedeutung der Oberfl¨ achenstreuung nimmt mit abnehmender Schichtdicke zu. Da hochohmige Kohleschichtwiderst¨ ande meist mit sehr d¨ unnen Schichten realisiert werden, weisen diese andere TKs als niederohmige Kohleschichtwiderst¨ande auf (Abb. 7.10).
Metallschichtwiderst¨ ande Metallschichtwiderst¨ ande werden verwendet, wenn kleine Anliefertoleranzen und eine geringe Widerstandsdrift (Alterung) gefordert sind. Sie besitzen eine h¨ ohere zeitliche Stabilit¨ at, einen geringeren Temperaturkoeffizient und einen geringeren Rauschindex als Kohleschichtwiderst¨ande. Als Widerstandsschicht kommt i. allg. eine Nickel-Chrom-Legierung zum Einsatz, die im Vakuum auf einen Keramiktr¨ ager aufgedampft oder aufgesputtert wird. Die Schichtdicken liegen dabei im Bereich von 10 − 100 nm, so daß die erreichbaren Fl¨achenwiderst¨ande auf RF < 3 kΩ begrenzt sind. Der TK des Widerstands wird durch das Verh¨altnis Ni zu Cr bestimmt. Metallschichtwiderst¨ande weisen eine hohe Langzeitstabilit¨ at auf und sind mit kleinen Toleranzen (±0.005%) und Temperaturkoeffizienten (±2 ppm/K) verf¨ ugbar. Sie werden deshalb immer dann eingesetzt, wenn erh¨ ohte Anforderungen an die Genauigkeit gestellt werden.
Metalloxidschichtwiderst¨ ande Ein h¨oherer Wert des Fl¨ achenwiderstands als bei Metallschichtwiderst¨anden l¨aßt sich durch eine Widerstandsschicht aus Metalloxid (i. allg. SnO2 ) erzielen. Die spezifischen Widerstandswerte dieser Widerstandsschichten liegen bei 1 mΩcm und sind damit ann¨ ahernd eine Gr¨oßenordnung h¨oher als bei Me-
284
7. Widerst¨ande
tallschichtwiderst¨ anden. Die Schichtdicken liegen typischerweise bei 1 µm; die Widerstandsschicht ist auch bei erh¨ ohten Temperaturen bis zu 300◦ C stabil. Metalloxidwiderst¨ ande verf¨ ugen bei kleiner Bauform deshalb u ¨ber große Werte der Nennbelastbarkeit und bieten eine hohe Pulsfestigkeit. Andererseits sind sie, wegen der Langzeitdrift des Widerstandswerts im Prozentbereich und dem TK von 200 − 400 ppm/K, nicht f¨ ur Pr¨azisionsanwendungen geeignet.
Metallglasurschichtwiderst¨ ande Bei Metallglasurschichtwiderst¨ anden16 besteht die Widerstandsschicht aus einer Glasur mit Metall und Metallverbindungen. Diese wird bei hoher Temperatur (ca. 1300 K) in den Keramikk¨ orper eingebrannt, mit dem sie sich untrennbar verbindet. Die Keramikst¨ abe werden nach dem Einbrennen in Einzelelemente zers¨ agt, deren Stirnfl¨ achen kontaktiert werden. Der Widerstandswert wird dann durch Wendelung der Schicht auf den geforderten Wert getrimmt. Die Dicke der stromf¨ uhrenden Schicht ist hier mit 20−30 µm vergleichsweise hoch, weswegen Metallglasurschichtwiderst¨ande eine hohe Zuverl¨assigkeit auch bei Pulsbetrieb aufweisen. Wegen ihrer m¨aßigen Langzeitstabilit¨at sind Metallglasurschichtwiderst¨ ande nicht f¨ ur Pr¨azisionsanwendungen geeignet.
7.2.5 Potentiometer Mit dem Potentiometer lassen sich Spannungsteiler mit variablem Teilerverh¨altnis und regelbare Vorwiderst¨ ande realisieren. Zu unterscheiden ist zwischen drahtgewickelten Potentiometern und Schichtpotentiometern (Flachbahnpotentiometer). Drahtgewickelte Potentiometer weisen eine Widerstandswicklung auf einem isolierenden K¨ orper (meist Keramik) auf. Ein Schleifer erm¨oglicht einen Abgriff an unterschiedlichen Stellen der Wicklung und ¨andert dadurch den Widerstandswert zwischen Endkontakt und Schleifer. Bei Schichtpotentiometern wird eine Widerstandsschicht – z. B. Lack-Rußmischung oder Metallglasur (CERMET) – auf einem isolierenden Tr¨ ager aufgebracht und ggf. eingebrannt. Schichtpotentiometer sind mit linearer und logarithmischer Abh¨angigkeit des Widerstandswerts von der Schleiferstellung verf¨ ugbar. Potentiometer und Trimmwiderst¨ ande sind wegen des nur angepreßten Abgreifkontakts nicht so zuverl¨assig wie Festwiderst¨ ande. Der Grad der Kurventreue – ausgedr¨ uckt in Prozent – ist nach DIN 45922 die maximale Abweichung zwischen dem wirklichen und dem theoretischen Widerstandsverlauf, wenn diese in % des wirksamen Widerstandswerts angegeben werden (Abb. 7.11). F¨ ur sehr genau einzustellende Widerstandswerte 16
Wegen der (MET)all-(CER)amischen Widerstandsschicht gelegentlich auch als CERMET-Widerst¨ ande bezeichnet.
7.2. Ohmsche Widerst¨ande
285
ta ts ä c h lic h e r V e r la u f R
th e o r e tis c h ( S o ll)
A b w e ic h u n g E in s te llu n g x
Abb. 7.11. Kurventreue eines Potentiometers
sind Wendeldrehpotentiometer erh¨ altlich, bei denen mehrere Umdrehungen zum Durchlaufen des Widerstandsbereichs erforderlich sind. Bei h¨oheren Frequenzen sind von der Schleiferstellung abh¨angige Koppelkapazit¨aten bedeutsam. Der Schleifer unterteilt den Nennwiderstand RN des Potentiometers in zwei Teilwiderst¨ ande. Bei der Anwendung des Potentiometers ist zu beachten, daß der aus der Nennbelastbarkeit PN bestimmte maximale Strom
Imax =
PN /RN
in keinem der beiden Teilwiderst¨ ande u ¨berschritten wird.
7.2.6 Modellierung ohmscher Widerst¨ ande in SPICE Ohmsche Widerst¨ ande werden beschrieben durch Elementanweisungen der Form Rname
K1
K2
Wert
TC = αR , βR
Der Name des Widerstands (dieser muß mit R beginnen: z. B. R17 oder Rbasis), die Namen K 1, K 2 der Knoten zwischen denen sich der Widerstand befindet, sowie der Widerstandswert (in Ω) sind dabei stets anzugeben. Die in Klammern stehenden Angaben zum Temperaturkoeffizienten sind optional; werden hier keine Angaben gemacht, so nimmt SPICE an, daß der Widerstandswert temperaturunabh¨ angig ist. Beispiel 7.2.2 Als Beispiel werden die folgenden Elementanweisungen betrachtet: (1) (2)
R17 RLX
2 3
3 0
120 15 OHM
TC = 1M, -25U
Im ersten Beispiel wird ein temperaturunabh¨angiger Widerstand R17 mit Wert 120 Ω zwischen den Knoten 2 und 3 definiert. Im zweiten Beispiel wird ein temperaturabh¨ angiger Widerstand RLX mit Wert 15 Ω zwischen den Knoten 3 und 0 definiert. Der lineare TK betr¨ agt 10−3 /K, der quadratische TK betr¨agt −2.5 · 10−5 /K2 . ∆
286
7. Widerst¨ande
Frequenzabh¨angige Abweichungen vom ohmschen Verhalten lassen sich durch eine Ersatzschaltung mit kapazitiven und induktiven Elementen – bzw. (in PSPICE) mit einer spannungsgesteuerten Stromquelle mit definiertem Frequenzgang (vgl. Kap. 4) – beschreiben. Da die Datenbl¨atter diesbez¨ uglich meist wenig Informationen enthalten, sind f¨ ur eine korrekte Modellierung entweder entsprechende Daten vom Hersteller zu erfragen, oder eigene Messungen durchzuf¨ uhren. Das thermische Widerstandsrauschen wird automatisch im Rahmen einer .NOISE-Analyse ber¨ ucksichtigt. Sollen rauschfreie Widerst¨ande simuliert wer¨ den, so k¨onnen diese als lineare spannungsgesteuerte Stromquellen mit Ubertragungsleitwert G = 1/R verwirklicht werden. Um das Stromrauschen zu erfassen, ist parallel zum Widerstand eine Rauschstromquelle mit entsprechender Spektralfunktion zu schalten. In PSPICE k¨onnen Widerst¨ ande durch eine separate Modellanweisung charakterisiert werden. Zu diesem Zweck wird die Elementanweisung R(name)
K1
K2
RMOD
Wert
in Verbindung mit einer separaten Modellanweisung .MODEL
RMOD
RES(Modellparameter)
eingesetzt. Die f¨ ur das Widerstandsmodell verf¨ ugbaren Modellparameter sind in der folgenden Tabelle 7.7 aufgef¨ uhrt. Tabelle 7.7 Modellparameter des PSPICE-Widerstandsmodells Parameter
Bedeutung
R TC1 TC2 TCE T MEASURED T ABS T REL GLOBAL T REL LOCAL
Multiplikator f¨ ur Widerstandswert linearer Temperaturkoeffizient quadratischer Temperaturkoeffizient exponentieller Temperaturkoeffizient Bezugstemperatur Simulationstemperatur des Widerstands Simulationstemperatur relativ zu TNOM Simulationstemperatur relativ zu AKO
Einheit
Ersatzwert
− 1/K 1/K2 %/K ◦ C ◦ C ◦ C ◦ C
1 0 0 0
Neben linearem und quadratischem TK steht hier der Parameter TCE zur Verf¨ ugung; wird dieser angegeben, so wird der Widerstandswert bei der Temperatur ϑ gem¨ aß R(ϑ) = R(ϑ0 ) · 1.01 TCE (ϑ−ϑ0 ) berechnet. Dabei stellt ϑ0 die mittels TNOM in der .OPTIONS-Anweisung bzw. T MEASURED in der .MODEL-Anweisung spezifizierte Bezugstemperatur dar.
7.3. Heißleiter
287
7.3 Heißleiter Heißleiter zeigen eine deutliche Abnahme des Widerstandswerts mit der Temperatur: Der TK eines Heißleiters betr¨ agt bei Raumtemperatur gr¨oßenordnungsm¨aßig −5%/K. Derartige Bauteile besitzen zahlreiche Anwendungen: Kompensationsheißleiter werden etwa zur Temperaturstabilisierung von Transistorschaltungen sowie zur Kompensation der Temperaturabh¨angigkeit von Widerst¨anden eingesetzt, Anlaßheißleiter werden zur Einschaltstrombegrenzung und zur Relaisverz¨ ogerung eingesetzt, Meßheißleiter dienen zur Temperaturmessung.
- J
N T C
Abb. 7.12. Heißleiter: Schaltsymbole
Die Temperaturabh¨ angigkeit des Widerstandswerts von Heißleitern ist in guter N¨aherung exponentiell R(T ) = R∞ e B/T ,
(7.17)
und wird u ¨blicherweise durch den Kaltwiderstand R25 = R(ϑ = 25◦ C) und den Parameter B (B-Wert) spezifiziert. Dieser besitzt die Einheit K und weist gew¨ohnlich Werte im Bereich 1500 K < B < 6000 K auf. Zwischen dem Proportionalit¨ atsfaktor R∞ , gegen den der Heißleiterwiderstand im (praktisch nicht erreichbaren) Grenzfall unendlich großer Temperatur streben w¨ urde, und R25 besteht die Beziehung
R∞ = R25
B exp − 298.15 K
.
(7.18)
Der Kaltwiderstand R25 nimmt im Laufe der Zeit langsam ab; f¨ ur die Widerstandsabnahme gilt dabei n¨ aherungsweise ein logarithmisches Zeitgesetz. Sie ist in den ersten Betriebsstunden besonders ausgepr¨agt. Bei Pr¨azisionsNTC-Widerst¨anden f¨ ur Meßzwecke wird deshalb eine Voralterung (burn-in) vorgenommen. Durch Ableiten von Gl. (7.17) ergibt sich der Temperaturkoeffizient αR des Heißleiters αR =
B 1 dR =− 2 . R dT T
(7.19)
288
7. Widerst¨ande
Das Vorzeichen von αR ist negativ,17 der Betrag des TK nimmt mit zunehmender Temperatur ab. Mit einem typischen B-Wert von 3600 K resultiert bei Raumtemperatur (300 K) αR = −(3600 K/(300 K)2 = −4 %/K. Abweichungen der R(T )-Kennlinie von Gl. (7.17) werden gelegentlich durch einen temperaturabh¨ angigen B-Wert erfaßt. Alternativ hierzu wird – insbesondere bei Heißleiter-Temperatursensoren – die Steinhart-Hart-Gleichung 1 = a + b ln(R) + c ln3 (R) T
(7.20)
zur verbesserten Beschreibung des Temperaturverhaltens eingesetzt. Dabei ahrend c einen zus¨atzlichen Parameter gilt a = − ln(R∞ )/B und b = 1/B, w¨ bezeichnet, der an gemessene R(T )-Kennlinien angepaßt wird. Auf diesem Weg lassen sich Heißleiter f¨ ur Temperaturmessungen mit Unsicherheiten von unter 10 mK einsetzen.
Herstellung und Leitungsmechanismus Ausgangsmaterial f¨ ur die Herstellung von Heißleitern sind Metalloxide (wie Fe2 O3 , Zn2 TiO4 , MgCr2 O4 ); diese werden in Pulverform mit einem Bindemittel vermischt, in die gew¨ unschte Form gepreßt und gesintert. Derartige Materialien zeigen halbleitende Eigenschaften, da durch die Ionisation eingebauter Fremdatome im Festk¨ orper bewegliche Elektronen auftreten. Im relevanten Temperaturbereich sind die meisten Fremdatome ionisiert (St¨orstellenersch¨opfung), d. h. die Temperaturabh¨ angigkeit des Leitwerts ist nicht auf ei¨ ¨ ne Anderung der Ladungstr¨ agerkonzentration, sondern auf eine Anderung der Ladungstr¨ agerbeweglichkeit zur¨ uckzuf¨ uhren. Die Temperaturabh¨angigkeit der Beweglichkeit ist in den f¨ ur Heißleiter verwendeten Materialien besonders stark ausgepr¨ agt, da sich die Elektronen nur durch h¨ upfen“ zwischen ” 18 lokalisierten Zust¨ anden fortbewegen k¨ onnen , wobei ∆W ≈ kB B die beim ¨ Ubergang von einem lokalisierten Zustand zum anderen aufzubringende Aktivierungsenergie bezeichnet.
Die V(I)-Kennlinie F¨ ur kleine Werte der Verlustleistung braucht die Eigenerw¨armung des Heißleiters nicht ber¨ ucksichtigt zu werden. Dieser verh¨alt sich dann in sehr guter N¨aherung ohmsch: Der Spannungsabfall V am Heißleiter nimmt proportional 17
Aus diesem Grunde werden Heißleiter auch als NTC-Widerst¨ ande (von negative temperature coefficient) bezeichnet. 18 Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Hopping-Leitf¨ ahigkeit. Die Ursache der Lokalisierung“ ist eine Polarisation des Gitters aufgrund der elektrostatischen ” Wechselwirkung mit den Gitterionen. Die f¨ ur ein H¨ upfen“ von einem lokalisierten Zu” stand zum n¨ achsten erforderliche (Aktivierungs-)Energie wird durch die W¨ armebewegung zugef¨ uhrt. Die Wahrscheinlichkeit f¨ ur einen solchen Vorgang ist damit proportional zu exp[−∆W/(kB T )].
7.3. Heißleiter
289
zum Stromfluß zu. Dieser Arbeitsbereich vernachl¨assigbarer Eigenerw¨armung des Heißleiters wird f¨ ur Temperatursensoren verwendet.
1
10
10 0
M 1
1 0
kW
W
kW
kW
Nimmt die umgesetzte Leistung zu, so nimmt der Widerstand des Heißleiters aufgrund der Eigenerw¨ armung ab: Die V (I)-Kennlinie flacht f¨ ur gr¨oßere Str¨ome ab und erreicht beim Strom IM das Spannungsmaximum VM . Dort ist die relative Widerstandsabnahme ∆R/R aufgrund der Erw¨armung gleich der relativen Stromzunahme ∆I/I. F¨ ur Str¨ ome I > IM nimmt V wieder ab – in diesem Bereich ist die relative Abnahme des Heißleiterwiderstands gr¨oßer als die relative Stromzunahme.
2
V
10 0
W
W a s s e r V
1 0 1
1
R
P
W
V
L u ft
0
1 0
-1
0 10
1 0
10
W
I
m W
10
1
0 10
10
m
m
1 0
-1
W
1 0
0
W
-2
m W
m W
1 0
1 0 1
A
1 0 2
I Abb. 7.13. Statische V (I)-Kennlinie eines Heißleiters (nach [14])
Abbildung 7.13 zeigt die statische V (I)-Kennlinie (thermisch eingeschwungener Zustand) eines Heißleiters mit einem Kaltwiderstand von 10 kΩ – die Auftragung ist wie allgemein u ¨blich doppeltlogarithmisch. Die Kurven konstanten Widerstands ergeben sich in dieser Darstellung als Geraden der Steigung +1, die Kurven konstanter Leistung als Geraden der Steigung −1. Durch Drehen der Abbildung um 45◦ ergibt sich aus der Kennlinie so eine R(P )-Darstellung, die zeigt, wie der Widerstand des Heißleiters aufgrund der zunehmenden Bauteiltemperatur (Eigenerw¨ armung) abnimmt. Der Verlauf der Kurve h¨angt in diesem Bereich vom thermischen Widerstand zur Umgebung ab. Dies zeigt auch Abb. 7.13: Durch die bessere W¨ armeabfuhr in Wasser tritt das Maximum der V (I)-Kurve in dieser Umgebung erst bei gr¨oßeren Stromwerten auf.
290
7. Widerst¨ande
Die Temperatur im Spannungsmaximum TM ist (s.u.)
TM
B = 1 − 1 − 4TA /B 2
≈ TA + TA2 /B .
(7.21)
ur Werte der Umgebungstemperatur TA < B/4 Der Ausdruck f¨ ur TM ist nur f¨ reell, d. h. nur unter dieser Bedingung weist die V (I)-Kennlinie des Heißleiters ein Spannungsmaximum auf. Die in Gl. (7.21) angegebene N¨aherung resultiert durch Entwickeln des Wurzelausdrucks im Fall TA B/4. In der Praxis liegt angig von B-Wert und Umgebungstemperatur, um die Temperatur TM , abh¨ ca. (20 - 50) K u ¨ber der Umgebungstemperatur TA . Zum Spannungsmaximum. Die Steigung der I(V )-Kennlinie ist d dI = dV dV
V R
=
1 R
1−
V dR R dV
.
(7.22)
Die Spannungsabh¨ angigkeit dR/dV ist bedingt durch die arbeitspunktabh¨angige Temperatur des Heißleiters; es gilt 1 dR dT dT 1 dR = = αR . R dV R dT dV dV
(7.23)
Mit T = TA + Rth P und P = V 2 /R folgt weiter 2V dT dT dP V 2 dR V V dR = = Rth − 2 = Rth 2− dV dP dV R R dV R R dV In Gl. (7.23) kann nunmehr R−1 dR/dV bestimmt werden; wird das Ergebnis in Gl. (7.22) eingesetzt, so folgt 1 dI 2 αR Rth P = 1− . dV R 1 + αR Rth P Dieser Ausdruck divergiert f¨ ur αR Rth P = −BT −2 Rth P → −1. Mit P = Gth (T −TA ) ur die Temperatur TM und Rth Gth = 1 folgt hieraus eine quadratische Gleichung f¨ im Spannungsmaximum 2 TM − BTM + BTA = 0 ,
mit der L¨ osung (7.21).
Parallelschaltung. NTC-Widerst¨ ande sollen nicht parallel geschaltet werden, falls Eigenerw¨ armung nicht ausgeschlossen werden kann. Andernfalls kann das Problem entstehen, daß sich der Heißleiter mit dem geringsten Widerstandswert am schnellsten erw¨ armt (da er ja vom gr¨oßten Strom durchflossen wird), sich dadurch st¨ arker erw¨ armt als die u ¨brigen und noch niederohmiger wird, bis er schließlich nahezu den gesamten Strom u ¨bernimmt und dadurch u ¨berlastet wird.
7.3. Heißleiter
291
Ansprechverz¨ ogerung, Einschaltstrombegrenzung. Die mit der Eigenerw¨armung stromdurchflossener Heißleiter verbundene Widerstandabnahme wird eingesetzt zur Ansprechverz¨ ogerung von Relais und zur Begrenzung des Einschaltstroms von Verbrauchern (z. B. Elektromotoren oder Transformatoren), die im Einschaltmoment u ohte Str¨ ome aufweisen. Alle diese Anwendun¨berh¨ gen n¨ utzen die Tatsache, daß im Einschaltmoment zun¨achst der relativ hohe Kaltwiderstand wirksam ist, der den Strom durch Verbraucher oder Relais begrenzt. Bedingt durch die Eigenerw¨ armung nimmt der Widerstand dann ab (um den Faktor 10 bis 50), der Spannungsabfall am Verbraucher nimmt zu. F¨ ur den Zweck der Einschaltstrombegrenzung geeignete Anlaßheißleiter weisen einen Kaltwiderstand R25 im Bereich weniger Ω auf, um im Betrieb einen m¨oglichst geringen Serienwiderstand zum Verbraucher darzustellen. Sie m¨ ussen f¨ ur den im Betrieb fließenden Dauerstrom ausgelegt sein. Dieser wird in den Datenbl¨ attern i.allg. als Nennstrom IN spezifiziert. N T C 1
R T H T
R S
T A C T H
X G _ N T C N T C 2
G _ P O W E R
E _ T E M P
R S R P G _ N + G _ P + E _ T R _ T C _ T T
V O
V E
H H
N T X C A L W E A L M P
C 1
X 5 N T C 2 1 X N T C 2 U E = { 1 0 0 0 R 0 T U E = { V ( N T T A 0 T T A 1 T T A 0
0 m T * V ( X , N T C 2 ) * e x p ( - 3 6 0 0 / V ( T ) ) } C 1 , N T C 2 ) * V ( N T C 1 , X ) * 2 0 } V A L U E = { T E M P + 2 7 3 . 1 5 } 0 0 . 1 5
Abb. 7.14. Ersatzschaltung zur Simulation eines NTC-Widerstands mit Eigenerw¨ armung
Simulation von NTC-Widerst¨ anden mit SPICE. Das Verhalten eines NTCWiderstands kann in PSPICE z.B. durch die in Abb. 7.14 gezeigte Ersatzschaltung nachgebildet werden; diese erfaßt neben dem exponentiell von der Temperatur abh¨angigen NTC-Widerstand einen kleinen ohmschen Serienwiderstand RS . Wird der B-Wert u ¨ber VB = B·V/K in eine Spannung umgerechnet und ist V (T) = T · V/K, so kann der Strom durch den NTC-Widerstand −1 exp [VB /V (T)] VX,NTC2 iNTC = R∞
u ¨ber eine spannungsgesteuerte Stromquelle G NTC beschrieben werden. Die Spannung V (T) wird u ¨ber eine thermische Ersatzschaltung berechnet; E TEMP liefert dabei eine Spannung die der absoluten Umgebungstemperatur TA entspricht. Zu dieser ist die durch die Stromquelle G POWER verursachte Span¨ nung am thermischen Widerstand RTH zu addieren, die der Ubertemperatur des Bauelements entspricht. Die im Bauteil umgesetzte Leistung ist P = VNTC1,NTC2 ·VNTC1,X /RS ; die die umgesetzte Leistung abbildende Stromquelle G POWER kann deshalb durch die Spannungen VNTC1,NTC2 und VNTC1,X gesteuert werden.
292
7. Widerst¨ande
9
9
9
9,. 9
9
9,.
9
P9
7$ .
97
9 57+ .:
P9 9
56 P2KP
7$ .
9
% . 5,1) P2KP
!! P9 X$
P$
97
917&
P$
P$
$
,
$ (LQVFKDOW]HLWSXQNW
7$ .
$ 7$ . $
$ 7$ .
7$ .
57+ .: &7+ -. 56 P2KP
$
% . 5,1) P2KP $
V
V ,5/
V
V
V
V
V
V
V
V
V
7LPH
Abb. 7.15. Simulierte Spannungs-Strom-Kennlinien sowie Bauteiltemperaturen (ausgedr¨ uckt als Spannung V (T)) f¨ ur einen NTC-Widerstand (RS = 50, mΩ, Rth = 100 K/W) und simulierte Verl¨ aufe des Stroms (Einschaltvorgang, ohmsche Last RL = 10 Ω, RS = 100 mΩ, ur unterschiedliche Umgebungstemperaturen Rth = 100 K/W, Cth = 0.15 J/K) f¨
7.4. Keramische Kaltleiter (PTC-Widerst¨ande)
293
Beispiel 7.3.1 In diesem Beispiel wird das soeben entwickelte Modell f¨ ur den NTCWiderstand zur Simulation der V (I)-Kennlinie im thermisch eingeschwungenen Zustand sowie zur Simulation des Einschwingvorgangs nach Einschaltvorg¨angen eingesetzt. Die zugrundegelgten Parameter sind in beiden Beispielen R∞ = 1 mΩ, B = 3600 K, RS = 50 mΩ, Rth = 100 K/W sowie Cth = 0.15 J/K. Abbildung 7.15 zeigt im oberen Teil die V (I)-Kennlinie f¨ ur zwei verschiedene Werte der Umgebungstemperatur; zus¨ atzlich gezeigt ist die zur absoluten Bauteiltemperatur proportionale Spannung V (T). Im unteren Teil ist der zeitliche Verlauf des Stroms durch einen in Serie zum NTC-Widerstand geschalteten Lastwiderstand RL = 10 Ω nach Anlegen einer Spannung von 10 V gezeigt. Das Simulationsbeispiel zeigt, daß die Verz¨ogerung durch den NTC-Widerstand vor allem bei tiefen Temperaturen stark ausgepr¨agt ist. Dies wird durch die bei tiefen Temperaturen geringe Verlustleistung V 2 /RNTC und demzufolge geringe Eigenerw¨ armung erkl¨ art. ∆
7.4 Keramische Kaltleiter (PTC-Widerst¨ ande) Der Widerstand eines Kaltleiters steigt mit zunehmender Temperatur. In diesem Sinne sind die meisten Metalle Kaltleiter – mit ihnen lassen sich positive TKs bis zu 0.5%/K verwirklichen. Der Widerstand einer Metallfadengl¨ uhlampe etwa liegt im Nennbetrieb um den Faktor 5 – 10 u ¨ber dem Kaltwiderstand. Die in diesem Abschnitt behandelten keramischen Kaltleiter besitzen im Gegensatz nur u ¨ber einen kleinen – aber technisch wichtigen – Temperaturbereich einen positiven Temperaturkoeffizienten. Dieser weist jedoch sehr große Werte von der Gr¨ oßenordnung 5%/K bis zu 70%/K auf. Der Widerstandswert nimmt dabei innerhalb weniger Kelvin um mehrere Gr¨oßenordnungen zu. Widerstands-Temperatur-Charakteristik. Abbildung 7.16 zeigt den Verlauf der R(ϑ)-Kennlinie eines keramischen Kaltleiters. Der Nennwiderstand RN des Kaltleiters wird u ur 25◦ C angegeben. F¨ ur Temperaturen ¨blicherweise f¨ ϑ kleiner als ϑRmin weist der Kaltleiter einen negativen TK auf. Bei ϑRmin besitzt der Kaltleiterwiderstand seinen kleinsten Wert Rmin (Minimalwideroht sich der Widerstandswert mit zunehmendem ϑ. stand). F¨ ur ϑ > ϑRmin erh¨ Der Beginn des steilen Widerstandsanstiegs wird durch die Bezugstemperatur 19 ϑ markiert, die uber R = R(ϑ ) = 2R ¨ min definiert ist. Derzeit steb b b hen Kaltleitertypen mit Bezugstemperaturen zwischen −30◦ C und 340◦ C zur Verf¨ ugung. Das Ende des steilen Widerstandsanstiegs wird durch die Tempeorige Widerstand als Re (Endwiderstand). Der ratur ϑe angegeben, der zugeh¨ Temperaturkoeffizient des Kaltleiters αR = 19
1 dR R dϑ
=
d d ln(R) ≈ 2.303 log(R) dϑ dϑ
Die Bezugstemperatur ϑb des Kaltleiters entspricht etwa der ferroelektrischen CurieTemperatur.
294
7. Widerst¨ande
lo g R R e
P T C
R
R b
R N
+ J
m in
2 5 C J
R m in
J b
J e
J
Abb. 7.16. Schaltzeichen und R(ϑ)-Kennlinie eines Kaltleiters (schematisch)
kann im Bereich des steilen Widerstandsanstiegs als n¨aherungsweise konstant angenommen werden; αR kann aus der semilogarithmischen R(ϑ)-Kennlinie leicht bestimmt werden αR ≈ 2.303 ·
log(R2 ) − log(R1 ) ϑ2 (R2 ) − ϑ1 (R1 )
= 2.303 ·
log (R2 /R1 ) . ϑ2 − ϑ1
Werden die Temperaturen ϑ2 und ϑ1 zu Widerstandswerten R2 und R1 abgelesen, die sich gerade um den Faktor 10 unterscheiden, so wird die Berechnung von αR besonders einfach, da dann log(R2 /R1 ) = 1 gilt.
Herstellung und Leitungsmechanismus Keramische Kaltleiter bestehen aus polykristallinen ferroelektrischen Substanzen wie Bariumtitanat (BaTiO3 ) oder Strontiumtitanat (SrTiO3 ). Diese Stoffe werden mit Metallsalzen dotiert und bei Temperaturen zwischen 1000◦ C und 1400◦ C gesintert. Die Bezugstemperatur von dotiertem Barium¨ titanat liegt bei ca. 120◦ C. Sie kann durch eine Anderung der chemischen Zusammensetzung gezielt ver¨ andert werden: Werden Bariumatome durch Strontium ersetzt, so l¨ aßt sich die Bezugstemperatur erniedrigen (bis −40◦ C), Ersetzen von Bariumatomen durch Bleiatome bewirkt eine Anhebung der Bezugstemperatur (bis 360◦ C). Der Kaltleitereffekt beruht auf dem polykristallinen Aufbau der keramischen PTC-Widerst¨ ande. An den Korngrenzen befinden sich Akzeptoren, die Leitungselektronen einfangen k¨ onnen und dort eine negative Fl¨achenladung erzeugen (Abb. 7.17). Elektronen, die von einem Korn in das andere gelangen wollen, werden von einer solchen negativen Ladungsschicht abgestoßen. Bewegt sich ein Elektron auf eine Korngrenze zu, so muß es Arbeit gegen
7.4. Keramische Kaltleiter (PTC-Widerst¨ande)
295
K o r n g r e n z e m it e in g e fa n g e n e n E le k tr o n e n B a T iO 3
-K o rn
B a T iO
K ra ft a u f E le k tr o n e n
3
-K o rn
K ra ft a u f E le k tr o n e n
W
D W 2
D W 1
e r k le in e r g ro ß x
Abb. 7.17. Zur Kl¨ arung des Kaltleitereffekts
diese abstoßende Kraft verichten, d.h. seine potentielle Energie nimmt zu. Im Energie-Orts-Diagramm muß es die Potentialbarriere an der Korngrenze u ¨berwinden, um von einem Korn ins andere zu gelangen. Nur Elektronen, die gen¨ ugend Energie haben, um u ¨ber derartige Potentialbarrieren der H¨ohe ∆W gelangen zu k¨ onnen, tragen zum Stromfluß bei. Wird diese Energie auf thermischem Weg zugef¨ uhrt, so folgt f¨ ur die Temperaturabh¨angigkeit der Leitf¨ahigkeit einer solchen Substanz
σ ∼ exp −
∆W kB T
.
Die Barrierenh¨ ohe ∆W ist aber – wie eine L¨osung der Poisson-Gleichung zeigt [15] – von der Dielektrizit¨ atszahl abh¨angig. In ferroelektrischen Materialen weist diese eine ausgepr¨ agte Temperaturabh¨angigkeit auf. Mit der ur Temperaturen Curie-Temperatur TC des ferroelektrischen Materials gilt f¨ T > TC die Proportionalit¨ at ∆W ∼ 1/r ∼ T − TC , da r dem Curie-Weiss-Gesetz [16] gen¨ ugt. Die Zunahme der Barrierenh¨ohe ∆W mit der Temperatur erkl¨ art die Abnahme der Leitf¨ahigkeit (Kaltleitereffekt). Der Wert von ∆W nimmt aber nicht beliebig zu, da mit zunehmender Barrierenh¨ohe die Oberfl¨ achenladungsdichte abnimmt – deshalb ist das Kaltleiterverhalten auf einen vergleichsweise schmalen Temperaturbereich oberhalb der Curie-Temperatur beschr¨ ankt.
296
7. Widerst¨ande
I IK P a n n ä h e rn d k o n s ta n t
IR V K
6
1 0 5
1 0 4
1 0 3
1 0 2
1 0 1
1 0 0
D C
1 k H z
R
V
1 0 W
m a x
(a )
V
1 0 k H z 1 0 0 k H z
5 0
1 0 0
1 5 0
2 0 0
J / C (b )
Abb. 7.18. (a) I(V )-Kennlinie eines Kaltleiters unter Ber¨ ucksichtigung der Eigenerw¨ armung und (b) R(ϑ)-Kennlinie f¨ ur verschiedene Werte der Frequenz (nach [17])
Die I(V)-Kennlinie eines Kaltleiters Abbildung 7.18a zeigt die I(V )-Kennlinie eines Kaltleiters unter Ber¨ ucksichtigung der Eigenerw¨ armung. Zun¨ achst steigt der Strom mit der angelegten Spannung. In diesem Bereich ist die Eigenerw¨armung noch vernachl¨assigbar – der Kaltleiter verh¨ alt sich n¨ aherungsweise wie ein ohmscher Widerstand. Mit zunehmender Spannung V wird die Eigenerw¨armung bedeutend – der Widerstandswert nimmt zu und damit die Steigung der I(V )-Kennlinie ab, bis bei der Kippspannung VK der Kippstrom IK erreicht ist. Bei weiterer Erh¨ohung der angelegten Spannung nimmt der Widerstandswert schneller zu als die angelegte Spannung – der durch das Element fließende Strom nimmt aus diesem Grund ab. Die Temperatur ϑK des Kaltleiters im Kippunkt ist n¨aherungsweise [9] ϑK ≈ 0.8 · ϑb + 0.2 · ϑRmin ,
(7.24)
und liegt damit etwas unterhalb der Bezugstemperatur. Bezeichnet RK = VK /IK den Widerstand des Kaltleiters im Kippunkt, so gilt 2 = ϑK −ϑA . Rth VK IK = Rth RK IK
(7.25) √
ahernd proportional zu ϑK −ϑA mit Der Wert von IK wird sich demnach ann¨ der Umgebungstemperatur ver¨ andern. Sein Wert ist um so gr¨oßer, je geringer ϑA ist. Als Folge des sehr starken Widerstandsanstiegs f¨ ur ϑ > ϑb , nimmt die Temperatur des Kaltleiters in der Folge nur noch wenig zu, d. h. im Kaltleiter umgesetzte Verlustleistung steigt nur noch wenig an. Der weitere Verlauf der I(V )-Kennlinie entspricht deshalb n¨ aherungsweise dem einer Hyperbel.
7.4. Keramische Kaltleiter (PTC-Widerst¨ande)
297
I
R (J )
S tro m d u rc h d e n K a ltle ite r V e r lu s tle is tu n g
P J = J b
I =
P = c o n s t.
R
V b
P = P
J = J R
A
+ P R
I =
th
P = b
J
J A
(a )
b
J V
V
P
b
b
V
R
2 b
V K
(b )
Abb. 7.19. Verhalten eines idealisierten Kaltleiters. (a) R(ϑ)-Kennlinie und (b) Verlauf (schematisch) von I und P als Funktion der angelegten Spannung V
Vereinfachte Betrachtung. Zur Erl¨auterung der Zusammenh¨ange kann ein idealisierter Kaltleiter betrachtet werden; dieser soll bis zur Bezugstemperatur ϑb ohmsches Verhalten mit dem Bezugswiderstand Rb aufweisen und anschließend einen unendlich starken Temperaturanstieg zeigen (Abb. 7.19 a). Der Kaltleiter verh¨alt sich so lange wie ein ohmscher Widerstand (Abb. 7.19 b) bis aufgrund der Eigenerw¨armung ¨ die Ubertemperatur ϑb − ϑA erreicht ist. Die hierzu erforderliche Verlustleistung ist Pb = Gth (ϑb −ϑA ) , wobei Gth den W¨ armeleitwert des Kaltleiters zur Umgebung bezeichnet. F¨ ur die Kippspannung und den Kippstrom des idealisierten Kalteiters folgt damit
VK = Rb Pb und IK = Pb /Rb . F¨ ur V > VK wird der senkrechte Ast der R(ϑ)-Kennlinie durchlaufen. Da die Temperatur nicht mehr zunehmen kann, muß die Verlustleistung im Kaltleiter konstant sein, wegen I = P/V f¨ allt der Strom hyperbolisch mit V ab.
Der Strom nimmt ab bis auf den Reststrom IR bei der maximal zul¨assigen Spannung Vmax (Abb. 7.18 a); IR zeigt eine zum Kippstrom √vergleichbare Abh¨angigkeit von der Umgebungstemperatur proportional zu ϑK − ϑA . Bei h¨oheren Spannungen tritt der Durchbruch des Kaltleiters auf. Der Widerstandswert von Kaltleitern ist nicht nur von der Temperatur abh¨angig. Zum einen zeigt sich eine Abh¨angigkeit des Widerstandswerts von der angelegten Spannung (Varistoreffekt), zum anderen erweist er sich wegen der kapazitiven Kopplung u angig. Abbil¨ber die Korngrenzen als frequenzabh¨ dung 7.18 b zeigt die R(ϑ)-Kennlinie eines Kaltleiters f¨ ur verschiedene Werte der Meßfrequenz. Wegen dieser Frequenzabh¨angigkeit des Widerstandswerts werden Kaltleiter gew¨ ohnlich nicht im AC-Betrieb eingesetzt.
298
7. Widerst¨ande
Anwendung: Entmagnetisierung Zur Entmagnetisierung der Ablenkspulen in Bildr¨ohren wird ein abklingender Wechselstrom durch die Spulen geschickt. Dies kann durch einen in Reihe zur Ablenkspule geschalteten Kaltleiter erreicht werden: Direkt nach dem Einschalten ist der Kaltleiter niederohmig – eine angelegte Wechselspannung f¨ uhrt zu einem Wechselstrom durch die Ablenkspulen. Die als Folge davon im PTC-Widerstand umgesetzte Leistung f¨ uhrt zu dessen Erw¨armung und damit zur Zunahme des in Reihe wirkenden Widerstandswerts: Der Wechselstrom klingt ab bis auf einen kleinen Restwert.
Anwendung: Temperaturf¨ uhler, Niveauf¨ uhler Aufgrund ihres extremen TK in der N¨ ahe der Bezugstemperatur eignen sich Kaltleiter hervorragend als Sensoren zur Temperatur¨ uberwachung. Zu diesem Zweck werden Kaltleiter mit geringem Volumen – f¨ ur eine geringe thermische Zeitkonstante und damit hohe Ansprechgeschwindigkeit – und Bezugstemperaturen entsprechend der zu u ¨berwachenden Temperatur eingesetzt. Die Ausgangsspannung eines Spannungsteilers aus Kaltleiter und Widerstand ¨ (Abb. 7.20) zeigt dann in der N¨ ahe der Bezugstemperatur eine starke Anderung, die zum Ausl¨ osen eines Schaltvorgangs verwendet werden kann. Die Widerstandswerte werden hier so gew¨ ahlt, daß Eigenerw¨armung vernachl¨assigbar ist. Mit RV ≈ 10Rb l¨ aßt sich eine Spannungs¨anderung von V < 0.1 V0 auf V2 ≈ V0 erreichen.
R V
V
0
P T C
V Abb. 7.20. Spannungsteiler mit Kaltleiter
¨ Der Einsatz von Kaltleitern als Niveauf¨ uhler nutzt die Anderung des thermischen Leitwerts zur Umgebung aus, die auftritt, wenn der Kaltleiter in eine Fl¨ ussigkeit eingetaucht wird. Der durch den Kaltleiter und RV fließende Strom muß so groß sein, daß der Kaltleiter in Luft hochohmig, nach Eintauchen in die Fl¨ ussigkeit niederohmig ist. Die hieraus resultierenden Einschr¨ankungen f¨ ur RV sind in Abb. 7.21 dargestellt. Die vier I(V )Charakteristiken entsprechen dem Betrieb in Luft bei der minimal bzw. der (min) (max) maximal zul¨assigen Lufttemperatur (ϑA,L bzw. ϑA,L ) und in der Fl¨ ussigkeit bei der minimal bzw. der maximal zul¨assigen Fl¨ ussigkeitstemperatur (min) (max) (ϑA,F bzw. ϑA,F ).
7.4. Keramische Kaltleiter (PTC-Widerst¨ande)
299
Der Wert von RV ist so zu w¨ ahlen, daß auch im ung¨ unstigsten Fall zuverl¨assig ein niederohmiger Zustand bei Betrieb in der Fl¨ ussigkeit und ein hochohmiger Zustand bei Betrieb in Luft resultiert, d. h. es muß gelten RVmin < RV < RVmax ; die Kennlinie von RV muß in dem markierten Bereich verlaufen. Die in Abb. 7.21 eingef¨ ugte Schaltung verwendet eine Br¨ ucke I V
/R +
V m in
V R
IK
V
V
/R
+
+
/R
+
V
V +
R V
1
R +
1
V o p t
P T C
( m in )
J
A ,F
J
A ,F
R
+
F
2
V m a x
IK 2
J V
K 2
V
K 1
I( V ) - K e n n lin ie in F lü s s ig k e it
(m a x )
( m in )
J
A ,L
V +
(m a x )
A ,L
I( V ) - K e n n lin ie in L u ft V
Abb. 7.21. Zur Auswahl des Vorwiderstands in PTC-Niveauf¨ uhlern
in Verbindung mit einem Spannungskomparator. F¨ ur manche Anwendungen gen¨ ugt es den Kaltleiter direkt in Serie zu einem Relais zu schalten, dessen Ansprechstrom bei niederohmigem Kaltleiter u ¨ber- und bei hochohmigem Kaltleiter unterschritten wird.
Anwendung: PTC-Heizelemente Kaltleiter erm¨ oglichen dank ihres großen positiven TK die Realisierung von ¨ W¨armequellen mit Uberlastungsschutz [18]. PTC-Heizelemente werden ohne Vorwiderstand direkt an die Versorgungsspannung angeschlossen. Abh¨angig 20 ¨ von der angelegten Spannung und vom thermischen Ubergangswiderstand zwischen Heizelement und zu heizendem Medium stellt sich ein stabiler Temperaturwert ein, bei dem die im Kaltleiter umgesetzte Leistung und die an das 20
Das PTC-Heizelement muß vom zu erw¨ armenden Medium elektrisch isoliert werden, was beispielsweise durch Polyimidfolien bewerkstelligt werden kann. Diese bedingen einen endlichen thermischen Leitwert zwischen Heizelement und W¨ armesenke.
300
7. Widerst¨ande
zu beheizende Medium abgegebenen W¨ armeleistung im Gleichgewicht sind. Somit gilt V2 = Gth (ϑ − ϑA ) R(ϑ) bzw. G(ϑ) =
Gth 1 = (ϑ − ϑA ) . R(ϑ) V2
Ist der Leitwert des Kaltleiters als Funktion der Temperatur bekannt, so kann die Arbeitstemperatur f¨ ur eine gegebene Betriebsspannung V und Umgebungstemperatur ϑA graphisch bestimmt werden. Hierzu wird der Schnittpunkt der G(ϑ)-Kennlinie des Heißleiters mit einer Geraden der Steigung Gth /V 2 bestimmt, welche durch den Punkt (ϑA , 0) verl¨auft. G (J ) (a )
(b )
1 /R (J )
V
P T C
(c )
J A
J J 'A J
(a )
J
(b )
J
(c )
Abb. 7.22. Bestimmung der Arbeitstemperatur eines PTC-Heizelements
Abbildung 7.4 zeigt dies f¨ ur die drei Geraden (a)-(c). Aus ϑA , V und Gth folgt eindeutig die Gerade (a) und als Schnittpunkt mit der G(ϑ)-Kurve die Temoht sich ϑA bei ansonsten gleichbleibenden Bedingungen auf peratur ϑ(a) . Erh¨ den Wert ϑA , so ist die Gerade parallel zu verschieben (b) . Die Temperatur des Kaltleiters nimmt dabei wegen der, in der N¨ahe der Bezugstemperatur sehr ausgepr¨agten, Temperaturabh¨ angigkeit von G(ϑ) nur wenig zu bis auf den Wert ϑ(b) . Dasselbe gilt f¨ ur eine Abnahme der W¨armeleitf¨ahigkeit zur Umgebung.21 Bei gleicher Umgebungstemperatur ϑA resultiert nun eine sehr viel flachere Gerade (c), deren Schnittpunkt mit der G(ϑ)-Kennlinie wiederum nur eine geringf¨ ugig erh¨ ohte Temperatur ϑ(c) ergibt. 21 Ein praktischer Anwendungsfall hierf¨ ur ist der Expreßkocher“ , in dem der gesamte ” Wasserinhalt verdunstet ist.
7.5. PPTC-Widerst¨ande (Poly Switch)
301
PTC-Heizelemente besitzen demnach thermostatische Eigenschaften: Wird aufgrund einer abnehmenden Temperaturdifferenz zum zu beheizenden Medium weniger W¨ arme abgef¨ uhrt, so erh¨ oht sich die Temperatur und damit der Widerstandswert des Kaltleiters. Dies f¨ uhrt automatisch zu einer Verringerung der umgesetzten Leistung V 2 /R und damit der W¨armezufuhr. Wird dem PTC-Heizelement auf der anderen Seite viel W¨arme entzogen, so nimmt ϑ und damit R(ϑ) ab, mit der Folge einer Zunahme der vom Heizelement abgegebenen W¨armeleistung. Dies erkl¨ art die hohe Betriebssicherheit von PTCHeizelementen, die ihre Anwendungen beispielsweise in explosions- und feuergef¨ahrderter Umgebung, in Kraftfahrzeugen in unmittelbarem Kontakt zu Kraftstoffzuf¨ uhrungen etc. finden.
7.5 PPTC-Widerst¨ ande (Poly Switch) Polymer-PTCs bestehen aus einem teilkristallinen mit leitenden Kohlenstoffteilchen angereicherten Kunststoff (¨ ublicherweise vernetztes Polyethylen). Der Widerstand solcher rußgef¨ ullter Polymere h¨angt sehr stark von der Konzentration der Rußteilchen ab und f¨ allt bei einer typischen Konzentration um viele Gr¨oßenordnungen [19]. Wird diese Konzentration erreicht, so bilden die zwischen den teilkristallinen Bereichen des Kunststoffs eingelagerten Kohlenstoffteilchen ein leitendes Netzwerk [20] (Perkolationsnetzwerk). Bei ca. 120◦ wandelt sich das kristalline Gef¨ uge in eine amorphe Struktur, was mit einer deutlichen Volumenzunahme verbunden ist. Da sich die leitenden Teilchen nicht im selben Maß ausdehnen, wird das Perkolationsnetzwerk aufgetrennt und das Material hochohmig. PPTCs verhalten sich demnach wie keramische Kaltleiter wobei die Bezugstemperatur durch die Temperatur bestimmt wird, ¨ bei der der Ubergang vom kristallinen zum amorphen Zustand erfolgt. le ite n d e R u ß te ilc h e n
P o ly m e r
Abb. 7.23. Perkolationsnetzwerk aus leitenden Rußteilchen in einem teilkristallinen Polymer
Polymer-PTCs weisen im jungfr¨ aulichen Zustand sehr geringe Serienwiderst¨ande auf, kehren nach Abk¨ uhlen aus dem hochohmigen Zustand aber nicht
302
7. Widerst¨ande
mehr ganz auf den urspr¨ unglichen Wert zur¨ uck. Aus diesem Grund wird vom Hersteller h¨aufig vor Auslieferung ein Widerstandssprung durch elektrische Belastung erzwungen. Sp¨ atere Schaltvorg¨ange wirken sich dann in der Regel nur noch vergleichsweise gering auf den Kaltwiderstand des PPTCs aus. Vergleicht man PPTCs mit keramischen Kaltleitern, so zeichnen sich PPTCWiderst¨ande durch schnelle Schaltzeiten und geringes Bauteilvolumen aus; keramische Kaltleiter bieten im Gegensatz vergleichsweise genau spezifizierte Widerstandswerte mit geringer Drift und Reversibilit¨at bei Schaltvorg¨angen.
7.6 Sicherungen ¨ Aufgabe einer Sicherung ist den Strompfad zu einem Verbraucher im Uber¨ lastfall zu unterbrechen. Generell kann jedes Bauteil, das im Uberlastfall von einem niederohmigen in einen hochohmigen Zustand u ¨bergeht als Sicherung dienen. Wo immer m¨ oglich werden die weit verbreiteten Schmelzsicherungen (die nach Ansprechen ersetzt werden m¨ ussen) durch Widerst¨ande mit PTC¨ Charakteristik ersetzt, da diese nach Beseitigen der Uberlastsituation wieder in einen niederohmigen Zustand zur¨ uckkehren.
7.6.1 Feinsicherungen Feinsicherungen (Schmelzsicherungen f¨ ur Elektronikanwendungen) werden eingeteilt bez¨ uglich ihrer Ansprechgeschwindigkeit in flinke (Kennbuchstaben F, schaltet bei f¨ unffachem Nennstrom nach 100 ms ab), mitteltr¨age (Kennbuchstaben M) und tr¨ age (Kennbuchstaben T, schaltet bei f¨ unffachem Nennstrom nach 1 s ab). Neben dem abgesicherten Strom wird die Spannung spezifiziert die von einer durchgebrannten Sicherung gesperrt wird. Die Angabe T ¨ 1.25/250V bezeichnet demzufolge eine tr¨age Schmelzsicherung, die bei Uberschreiten eines Stromes von 1.25 A anspricht und dann 250 V sperren kann. Wegen des Einschaltstromstoßes ist es in der Regel zweckm¨aßig tr¨age Sicherungen zur prim¨ arseitigen Absicherung von Netzteilen zu verwenden. Der erforderliche Stromwert ist als Effektivwert des fließenden Stroms zu ermitteln; der Nennstrom der Sicherung sollte um ca. 50 % u ¨ber dem Effektivwert des eingangsseitig fließenden Stroms liegen. Sicherungen sollten so in die Schaltung eingebaut werden, daß Personen, die die Sicherung ber¨ uhren (Einbau/Ausbau) keinen elektrischen Schlag bekommen k¨onnen. Abbildung 7.24 zeigt den Zusammenhang zwischen Ansprechzeit tA und Laststrom f¨ ur Schmelzsicherungen mit unterschiedlichen Nennstromwerten. Kurze Ansprechzeiten ergeben sich nur f¨ ur Laststr¨ome die deutlich oberhalb des Nennstromwerts liegen. Im Bereich sehr kurzer Ansprechzeiten wird ann¨ahernd ein Zusammenhang tA ∼ 1/I 2 beobachtet (vgl. die gestrichelte Gerade in Abb. 7.24). Unter diesen Umst¨anden kann der W¨armeabtransport
7.6. Sicherungen
303
1 0 0
1 .2 5 A
s 1 0 2 A tA
1 A n s p r e c h z e it
t A ~ I -2 0 .1
0 .0 1 0 .5 A
0 .0 0 1 0 .1
1
1 0 S tro m
I
1 0 0
A
1 0 0 0
Abb. 7.24. Laststromabh¨ angigkeit der Ansprechzeit mitteltr¨ ager Feinsicherungen (nach Daten der Firma Raychem)
bis zum Ansprechen der Sicherung n¨ aherungsweise vernachl¨assigt werden. Zwischen dem mittleren Widerstand des Sicherungsdrahts R und der zum Aufschmelzen des Drahts aufzubringenden Energie ∆W besteht dann der Zusammenhang ∆W = RI 2 tA , so daß tA ∼ 1/I 2 . Sicherungen begrenzen also nur bei langsamem Lastwechsel den Strom durch einen Verbraucher, im Fall kurzer Strompulse kann der Strom deutlich22 oberhalb des Nennwerts liegen, ohne daß die Sicherung anspricht. Im Fall kurzer Strompulse begrenzt die Sicherung damit die im Verbraucher umgesetzte Energie. Eine Feinsicherung spricht um so schneller an, je geringer W¨armekapazit¨at, Schmelzw¨arme und Schmelztemperatur des Sicherungsdrahts sind.
¨ 7.6.2 Uberlastschutz mit keramischen Kaltleitern ¨ Keramische Kaltleiter k¨ onnen als Uberstromsicherungen f¨ ur elektronische ¨ Schaltungen sowie als thermischer Uberlastschutz verwendet werden [21]. Gegen¨ uber Schmelzsicherungen sprechen sie nicht nur auf u ¨berh¨ohte Str¨ome, ¨ sondern auch beim Uberschreiten einer – u ¨ber die Bezugstemperatur vorgegebenen – Temperaturgrenze an. Das Ansprechen der Kaltleitersicherung ist ¨ zudem reversibel – sie braucht nach Beseitigen des Uberlastfalls nicht ausgewechselt zu werden, sondern u uhlzeit wieder ihre ¨bernimmt nach kurzer Abk¨ 22
Durch eine 10-A-Sicherung kann beispielsweise kurzfristig ein Strom im Kiloamperebereich fließen, ohne daß diese schmilzt.
304
7. Widerst¨ande
¨ Schutzfunktion. Zum Uberlastschutz wird der Kaltleiter in Serie zum Verbraucher geschaltet; seine Bezugstemperatur ϑb wird so ausgew¨ahlt, daß sie unter normalen Bedingungen u ¨ber der Betriebstemperatur liegt. ¨ Wird der Kaltleiter als thermischer Uberlastschutz eingesetzt, so ist dieser so am Verbraucher anzubringen, daß eine gute thermische Kopplung besteht. Sobald die Temperatur des Verbrauchers die Bezugstemperatur u ¨berschreitet, wird der Kaltleiter hochohmig und verringert so die im Verbraucher umgesetzte Leistung. ¨ Bei der Anwendung als Uberstromsicherung wird die Eigenerw¨armung des Kaltleiters ausgenutzt. Abbildung 7.25 erl¨autert die Verh¨altnisse f¨ ur unterschiedliche Lastwiderst¨ ande. Der durch die Reihenschaltung von Kaltleiter und Lastwiderstand fließende Strom ergibt sich durch Schnitt23 der I(V )Kennlinie des Kaltleiters mit der Lastgeraden. Unter normalen BetriebsbeV I V
/R +
R L
V
K ip p u n k t
'A U S ' +
b is ta b il
'E I N '
+
IK
A
V +
(4 )
(3 ) B
R
/R
(2 )
+
/R
-
R L
Ü b e r la s tfa ll P T C
-
'A U S '
(5 ) V
R +
V
'E I N '
R +
L
L
(1 ) V K
C V +
V
¨ Abb. 7.25. Uberstromsicherung mit Kaltleiter; Arbeitspunkte
dingungen (1) ist RL so groß, daß die beiden Kennlinien nur einen gemeinsamen Punkt haben, wobei am Kaltleiter nur ein geringer Spannungsabfall auftritt. Dies entspricht dem EIN-Zustand“ . Nimmt RL ab, so nimmt der ” 23 Dies entspricht einer graphischen Auswertung der Netzwerkgleichungen: Durch beide Elemente muß derselbe Strom fließen; die angelegte Spannung V+ teilt sich auf in eine Spannung am Kaltleiter und einen Spannungsabfall am Lastwiderstand. Wird die Kennlinie des Kaltleiters beginnend von V = 0 von links nach rechts aufgetragen, diejenige des Lastwiderstands, beginnend von V = V+ von rechts nach links, so sind im Schnittpunkt der beiden Kennlinien Maschensatz und Knotensatz erf¨ ullt.
7.6. Sicherungen
305
Strom zu; der Schnittpunkt der Kennlinien wandert auf der Kaltleiterkennlinie nach oben (Punkt A in 2) bis zum Erreichen des Kippstroms (3). F¨ ur kleinere Werte (4) von RL existiert dann nur noch ein Schnittpunkt der beiden Kennlinien, bei dem nahezu der gesamte Spannungsabfall am Kaltleiter auftritt ( AUS-Zustand“ ). Der Lastwiderstand RL , bei dem die Kaltleiter” sicherung anspricht, ist damit R+ ≈ (V+ − VK )/IK . Wird nun RL wieder oht, so nimmt der Spannungsabfall am Kaltauf Werte gr¨oßer als R+ erh¨ leiter zun¨achst nur wenig ab (Punkt C in (2)); f¨ ur R+ < RL < R− zeigt die Reihenschaltung von Kaltleiter und ohmschem Widerstand ein bistabiles Verhalten: Die Heißleiter- und die Lastkennlinie weisen hier drei Schnittpunkte auf, von denen zwei (A und C) stabilen Arbeitspunkten entsprechen. Ob der Kaltleiter hoch- oder niederohmig ist, h¨angt hier von der Geschichte ab. ¨ Erst nach Uberschreiten des durch die Lastgerade (5) definierten Widerstands R− existiert wieder nur noch ein Schnittpunkt zwischen den Kennlinien von Kaltleiter und Last. Dies erkl¨ art die im Zusammenhang mit der Kaltleitersicherung beobachtete Schalthysterese: Wird die Spannung an der Last u ¨ber dem ver¨anderlichen Lastwiderstand aufgetragen, so resultiert die Abb. 7.25 dargestellte Hysteresekurve. F¨ ur die Ansprechzeit des Kaltleiters – vom Anlegen der Spannung bis zum Erreichen der Bezugstemperatur – gilt die Absch¨atzung [22] tA ≈
Cth (ϑb − ϑA )(RL + Rb )2 Cth (ϑb − ϑA ) ≈ , P V+2 Rb
(7.26)
wobei Cth die W¨ armekapazit¨ at des Kaltleiters und P die im Kaltleiter umgesetzte Verlustleistung angibt. Gleichung (7.26) ist nur anwendbar, falls der W¨armeabtransport vom Kaltleiter w¨ ahrend der Aufheizphase vernachl¨assigbar ist (s.u.). Ansprechzeit bei Ber¨ ucksichtigung des W¨ armeabtransports. Unter der Annahme, daß der Kaltleiterwiderstand bis zum Erreichen der Bezugstemperatur gleich Rb ¨ ist, wird im Kaltleiter eine konstante Leistung umgesetzt. Die Ubertemperatur ∆ϑ(t) steigt damit exponentiell an (vgl. Kap.5.3) t Rb V2 . mit P = ∆ϑ(t) = P Rth 1 − exp − τth (RL + Rb )2 + armesenke und P Rth > ϑb −ϑA so erreicht der Kaltleiter Ist ϑA die Temperatur der W¨ die Bezugstemperatur nach der Zeit tA = −τth ln[ 1 − (ϑb −ϑA ))/P Rth ] .
(7.27)
Diese Gleichung besitzt nur unter der Voraussetzung ϑb − ϑA < P Rth eine L¨osung. Andernfalls liegt die im Grenzwert t → ∞ erreichte Grenztemperatur ϑ∞ unterhalb armeabtransport ist so groß, daß die Eigenerw¨armung des Kaltleivon ϑb , d.h. der W¨ ters nicht gen¨ ugt, um die Bezugstemperatur zu erreichen. Das Ergebnis (7.26) folgt unter der Voraussetzung ϑb − ϑA P Rth durch Entwickeln des Logarithmus bis zur 1. Ordnung (ln(1 + x) ≈ x).
306
7. Widerst¨ande
7.7 Varistoren (VDR-Widerst¨ ande) Varistoren sind nichtlineare Widerst¨ ande mit symmetrischer I(V )-Kennlinie.24 Die Hauptanwendung dieser Bauteile, die einen mit zunehmender ¨ Spannung stark abnehmenden Widerstandswert aufweisen, liegt im Uberspannungsschutz. Als besonders vorteilhaft erweist sich hier die hohe Energieaufnahme von Varistoren, die bis zu 2000 J betragen kann.
V
V Abb. 7.26. Varistor: Schaltsymbol
Abbildung 7.27 zeigt schematisch den Verlauf der I(V )-Kennlinie eines ZnOVaristors in linearer (a) und doppeltlogarithmischer (b) Auftragung. Die lineare Auftragung illustriert die Symmetrie der Kennlinie – im Gegensatz zur Diodenkennlinie liegt kein Gleichrichtereffekt vor. Die doppeltlogarithmische Auftragung zeigt, daß die Kennlinie des Varistors in drei Bereiche unterteilt werden kann: den Leckstrombereich mit ann¨ahernd ohmschem Verhalten, den Durchbruchbereich und den Hochstrombereich, in dem das Verhalten ebenfalls wieder ann¨ahernd ohmsch ist. V I A r b e its p u n k t
L e c k s tro m b e r e ic h
D u r c h b r u c h b e r e ic h
H o c h s tro m b e r e ic h
1 0 0 V
I0 3 0 V V 0
V
1 0 V T e m p e ra tu rz u n a h m e
1 n A
1 m A
(a )
1 m A
1 A
1 0 A
1 0 0 A
I
(b )
Abb. 7.27. I(V )-Kennlinie eines Varistors (schematisch)
Im Durchbruchbereich wird die I(V )-Kennlinie des Varistors n¨aherungsweise durch eine Potenzfunktion I ∼ V γ beschrieben. Der Exponent γ heißt Spannungsindex des Varistors. F¨ ur die weitverbreiteten ZnO-Varistoren liegt γ im 24
Der Name Varistor wurde aus den englischen Begriffen variable resistor gebildet. Gelegentlich werden Varistoren auch als VDR-Widerst¨ ande bezeichnet (von voltage dependent resistor).
7.7. Varistoren (VDR-Widerst¨ande)
307
Bereich von 30 − 70. Als Ansprechspannung (oder Varistorspannung) eines Varistors wird in Datenbl¨ attern zumeist der am Varistor bei einem eingepr¨agten Strom von 1 mA auftretende Spannungsabfall VV angegeben. Es sind Varistoren mit unterschiedlichen Ansprechspannungen (typischerweise (5 – 600) V) lieferbar. Die in Abb. 7.27 b skizzierte Kennlinie w¨ urde demnach einer Varistorspannung von 30 V entsprechen. Mit der Varistorspannung VV l¨aßt sich die I(V )-Charakteristik im Durchbruchbereich mittels
I = 1 mA ·
V VV
γ
(7.28)
beschreiben. Nach V aufgel¨ ost resultiert die Beziehung
V = VV ·
I 1 mA
β
mit
β =
1 . γ
(7.29)
Der in dieser Beziehung auftretende Exponent β heißt Stromindex 25 . Der Großsignalwiderstand im Arbeitspunkt (V0 , I0 ) ist VV V0 = R = I0 1 mA
I0 1 mA
β−1
VV = 1 mA
V0 VV
1−γ
,
(7.30)
der zugeh¨orige Kleinsignalwiderstand ist
dV = βR . r = dI V0 Beispiel 7.7.1 Ein Varistor habe den Spannungsindex γ = 40 und die Ansprechspannung VV = 20 V. Die Spannung V , die an den Varistor angelegt werden muß, damit der Strom 100 mA fließt, ist V = 20 V ·
100 mA 1 mA
1/40 = 22.44 V .
Der bei der Betriebsspannung 25 V fließende Strom ist γ 25 V = 7.52 A . I = 1 mA · 20 V Bei V = 20 V ist voraussetzungsgem¨ aß I = 1 mA, was einem Großsignalwiderstand von 20 kΩ entspricht. Bei V = 25 V fließt nach (b) der Strom I = 7.52 A, entsprechend einem Großsignalwiderstand von 3.32 Ω, was ann¨ahernd vier Gr¨oßenordnungen unter dem Wert bei V = 20 V liegt. ∆ 25
Aus zwei Arbeitspunkten (V1 , I1 ), (V2 , I2 ) l¨ aßt sich der Stromindex bestimmen gem¨ aß β =
log(V1 /V2 ) . log(I1 /I2 )
308
7. Widerst¨ande
A n s c h lu ß d r a h t E le k tr o d e
E p o x id h a r z
g e s in te r te Z n O - K ö r n e r
Abb. 7.28. Querschnitt (schematisch) durch einen ZnO-Varistor
Aufbau und Leitungsmechanismus Abbildung 7.28 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Varistors. Varistoren werden gew¨ohnlich aus pulverisiertem Metalloxid (insbesondere Zinkoxid (ZnO)) hergestellt. Das Pulver, dem weitere Metalloxide als Dotierelemente beigemengt sind, wird mit Bindemittel versetzt, gepresst und gesintert, wodurch die Pulverk¨orner (typischer Durchmesser 20 µm) zusammenbacken und untereinander elektrisch verbunden sind. An den Korngrenzen entstehen dabei Potentialbarrieren, die die Ursache des nichtlinearen Leitwerts darstellen.26 Diese Grenzschichten zwischen benachbarten K¨ornern wirken als Mikrovari” storen“ : Der Stromfluß u ¨ber die Korngrenze ist gering, solange die materialspezifische Ansprechspannung (ca. 3.6 V f¨ ur ZnO-Varistoren) nicht u ¨berschritten ist. Die I(V )-Charakteristik des Varistors ergibt sich aus der Reihen- und ¨ Parallelschaltung dieser Mikrovaristoren. Uber die Anzahl der zu durchlaufenden Grenzschichten und somit (bei gleichbleibender Korngr¨oße) u ¨ber die Dicke des Varistors kann demnach die Ansprechspannung eingestellt werden. Die im Varistor umgesetzte Leistung verteilt sich auf die einzelnen Mikrovaristoren und damit nahezu homogen auf das Volumen des Varistors. Varistoren weisen deshalb ein wesentlich h¨ oheres Energieaufnahmeverm¨ ogen als Z-Dioden auf (vgl. Kap. 15), bei denen die gesamte Verlustleistung in der r¨ aumlich begrenzten Sperrschicht anf¨ allt.
Ersatzschaltung Der scheibenf¨ormige Aufbau der Varistoren verursacht Eigenkapazit¨ aten, die typisch im Bereich zwischen 100 pF und 100 nF liegen. Bei Schaltvorg¨angen kann ebenfalls die unvermeidliche, durch die Zuleitungen bestimmte Serieninduktivit¨at bedeutsam werden. Eine diese Elemente ber¨ ucksichtigendes Ersatzschaltung ist in Abb. 7.29 dargestellt. Der nichtlineare Widerstand Rvar gibt das Durchbruchverhalten wieder; der dazu parallele Widerstand Rp beschreibt 26
Die physikalischen Details des Stromtransports u ¨ber diese Barrieren, an dem auch die Stoßionisation im Feld beteiligt ist, werden z. B. in [23] dargestellt.
7.7. Varistoren (VDR-Widerst¨ande)
309
C
R R
v a r
R
L s
p
Abb. 7.29. Varistor: Ersatzschaltung
das Leckstromverhalten. Der Wert von Rp ist stark temperaturabh¨angig und zeigt das Verhalten eines Heißleiters. Der in Serie geschaltete Widerstand Rs beschreibt das Hochstromverhalten. Typische Werte f¨ ur die parasit¨aren Ele” ur mente“ sind Rp ≈ 10 MΩ, Rs = 0.1 Ω, C = 10 nF und L = 10 − 20 nH (f¨ bedrahtete Bauteile). Die Zeitkonstante, mit der sich die f¨ ur den Varistoreffekt maßgeblichen Potentialbarrieren auf den ver¨ anderten Zustand einstellen, betr¨agt einige Nanosekunden. Bei Stoßstrombelastung kann dies zu einer Spannungsspitze f¨ uhren. Diese ist jedoch deutlich kleiner als die, durch die Eigeninduktivit¨aten der Zuleitungen bedingten Spannungsspitzen [24].
Modellierung von Varistoren in SPICE Nichtlineare Widerst¨ ande stehen als gesonderte Netzwerkelemente in SPICE nicht zur Verf¨ ugung. Sie lassen sich aber mit nichtlinearen gesteuerten Quellen leicht nachbilden, solange die Strom-Spannungs-Charakteristik des nichtlinearen Widerstands durch eine Polynomfunktion darstellbar ist In diesem Fall kann eine polynomiale spannungsgesteuerte Stromquelle (Abb. 7.30) zur Simulation des Varistors herangezogen werden: Als steuernde Variable wird dabei die Spannung im Ausgangskreis benutzt. In PSPICE besteht zus¨atzlich die M¨oglichkeit den funktionalen Zusammenhang zwischen Eingangsspannung und Ausgangsstrom der gesteuerten Quelle u ¨ber eine mathematische Funktion zu definieren. Die Hersteller von Varistoren bieten h¨aufig fertige Modelle f¨ ur SPICE-Simulationen.
v (t) i( t) Abb. 7.30. Spannungsgesteuerte Stromquelle zur Simulation eines Varistors
310
7. Widerst¨ande
Beispiel 7.7.2 Eine Teilschaltungsdefinition f¨ ur die Varistor-Ersatzschaltung (Abb. 7.29) lautet .SUBCKT VARISTOR K1 K2 Gvar K1 K3 VALUE = {1E-3*PWR(V(K1,K3)/20, 40)} Rp K1 K3 10MEG Cp K1 K3 10n Rs K3 K4 0.1 Ls K4 K2 15n .ENDS wobei der Spannungsindex im Durchbruchbereich mit 40, VV = 20 V, Rp = 10 MΩ, ∆ C = 10 nF, Rs = 100 mΩ und L = 15 nH angenommen wurde.
¨ Anwendung: Uberspannungsschutz Varistoren werden haupts¨ achlich f¨ ur Schutzschaltungen verwendet. Um die Spannung an einem Verbraucher zu begrenzen, wird parallel zu diesem (Abb. 7.31 a) ein Varistor geschaltet, dessen Widerstand mit zunehmendem Wert der anliegenden Spannung stark abnimmt. Tritt nun eine Spannungsspitze auf, so wird der Varistor kurzfristig 27 niederohmig: Der u ¨ber den Varistor abfließende Strom erh¨ oht den Spannungsabfall an der vorgeschalteten Impedanz (Widerstand oder Induktivit¨ at) wodurch die Spannung am Verbraucher begrenzt und dieser gesch¨ utzt wird.
V
L A S T L (a )
V (b )
Abb. 7.31. Schutzbeschaltung mit Varistoren
¨ Abbildung 7.31 b zeigt einen Varistor, eingesetzt als Uberspannungsschutz beim Schalten induktiver Lasten. Bei geschlossenem Schalter wird die Spule von einem Strom IL durchflossen; im magnetischen Feld der Spule ist Ener¨ gie gespeichert. Beim Offnen des Schalters“ (z. B. Transistor) treten hohe ” Induktionsspannungen auf, die zu einer Zerst¨orung des Schalters“ f¨ uhren ” k¨onnen. Wird ein Varistor parallel zur Spule geschaltet, so wird dieser bei hohen Induktionsspannungen leitend und setzt die in der Spule gespeicherte Energie in W¨arme um. Bei L = 0.3 H und IL = 1 A w¨are diese beispielsweise W = LIL2 /2 = 0.5 · 0.3 H · 1 A2 = 0.15 J . Der Varistor muß diese Energie aufnehmen k¨onnen. Treten solche Schaltvorg¨ange periodisch mit der Frequenz f auf, so ist daf¨ ur Sorge zu tragen, daß 27
Die Ansprechzeit eines Varistors liegt meistens im Bereich weniger ns.
7.7. Varistoren (VDR-Widerst¨ande)
311
die mittlere Verlustleistung P = W f die Nennbelastbarkeit nicht u ¨berschreitet. Ferner ist sicherzustellen, daß der maximale Pulsstrom unterhalb des vom Hersteller vorgegebenen Werts bleibt. ¨ F¨ ur die Anwendung als Uberspannungsschutz ist ein m¨oglichst abrupter ¨ Ubergang vom hochohmigen in den niederohmigen Zustand gefragt. Hier zeichnen sich ZnO-Varistoren gegen¨ uber SiC-Varistoren aus, bei denen der ¨ Ubergang vom hoch- zum niederohmigen Zustand wesentlich weicher erfolgt. Aus diesem Grund werden SiC-Varistoren nur noch f¨ ur wenige Spezial28 zwecke verwendet, etwa zur Ableitung sehr großer Leistungen unter hohen Umgebungstemperaturen. v 1 0 W
5 0 n H
v
1 k V
5 0 W V
(a )
9
0
t 0
2
4
6
8
1 0 m s
(b )
$
$
6SDQQXQJVDEIDOODQGHU/DVW
9
$ 9 $
6WURPIOXVVGXUFK GHQ9DULVWRU
9 $
9
!! $
V
9YDU
XV ,9
XV
XV
7LPH
Abb. 7.32. In Beispiel 7.7.3 untersuchte Schaltung (a) und angelegter St¨ orspannungspuls (b) so Simulationsergebnis f¨ ur Spannungsabfall am Varistor und den Stromfluß durch den betrachteten Varistor 28
Wegen der f¨ ur zahlreiche Anwendungen zu hohen Leckstr¨ ome der SiC-Varistoren unterhalb der Ansprechspannung werden diese dann h¨ aufig in Serie zu einer Funkenstrecke betrieben.
312
7. Widerst¨ande
¨ Beispiel 7.7.3 Als Beispiel wird ein einfacher Uberspannungsschutz nach Abb. 7.32 a betrachtet. Abbildung 7.32 zeigt das Ergebnis einer SPICE-Transientenanalyse f¨ ur ¨ die Uberspannung am Verbraucher (Lastwiderstand 50 Ω). Die Spannungsspitze von 1 kV am Eingang wurde auf Werte kleiner als 40 V reduziert. Im Varistor tritt dabei kurzfristig ein Stoßstrom von ann¨ ahernd 100 A auf; wegen der kurzen Dauer des Pulses ist die umgesetzte Pulsenergie dennoch wesentlich kleiner als 1 J. F¨ ur die Simulation wurde die in Beispiel 7.7.2 angegebene Ersatzschaltung verwendet. Sind ¨ große Uberspannungen zu bef¨ urchten, so werden mehrere derartige Schutzschaltungen hintereinander geschaltet (Staffelschutz). Eingangsseitig kann erg¨anzend ein edel¨ gasgef¨ ullter Uberspannungsableiter [25] eingesetzt werden. Dabei kann in zahlreichen Anwendungsf¨ allen auf komplett montierte Schutzmodule zur¨ uckgegriffen werden. ∆ B e s c h ic h tu n g
E le k tr o d e n
A n s c h lu ß
A n s c h lu ß G a s
Is o la to r ( K e r a m ik , G la s )
Abb. 7.33. Prinzipieller Aufbau eines Edelgas¨ gef¨ ullten Uberspannungsableiters
¨ 7.8 Edelgasgef¨ ullte Uberspannungsableiter ¨ Abbildung 7.33 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines edelgasgef¨ ullten Uberspannungsableiters. Diese Schutzelemente nutzen den Durchschlag zwischen zwei Elektroden zur Spannungsbegrenzung (Funkenstrecke). Wird die Z¨ undspannung (je nach Typ weniger als 100 V bis zu mehreren Kilovolt) u ¨berschritten, so bildet sich innerhalb von Nanosekunden ein Lichtbogen aus, der ann¨ahernd wie ein Kurzschluß wirkt und einen starken Anstieg des Stroms bedingt. Die Spannung u ¨ber dem Ableiter bricht dabei nach Durchlaufen der kurzen Glimmphase auf die vom Strom weitgehend unabh¨angige Bogenbrenn¨ spannung (typ. 10 bis 25 V) zusammen. Edelgasgef¨ ullte Uberspannungsableiter zeichnen sich durch hohe Stromtragf¨ ahigkeit, sehr gutes Isolationsverhalten (Isolationswiderstand gr¨ oßer als 10 GΩ) und eine geringe Eigenkapazit¨at (ca. 0.5 bis 3 pF) aus (Daten nach [26]). Reproduzierbare Z¨ undspannungen lassen sich durch F¨ ullen des Entladevolumens mit einem Edelgas erreichen.29 Die Elektroden weisen einen Abstand 29
Durch Beimengen geringer Mengen einer radioaktiven Substanz wird dabei eine Vorionisation eingestellt, was statistische Schwankungen der Z¨ undspannung vermindert. Es
7.9. Literaturverzeichnis
313
von weniger als 1 mm auf und sind mit einer Schicht u ¨berzogen, die eine sehr geringe Austrittsarbeit aufweist. 1 2 0 0 V 1 k V /m s
8 0 0 Z ü n d s p a n n u n g V
S
1 0 0 V /m s
4 0 0
m a x m in
0
1 0 2
1 0 4
1 0 6
1 0 8
V /s
1 0
1 0
S p a n n u n g s a n s tie g s g e s c h w in d ig k e it d v /d t
¨ Abb. 7.34. Z¨ undspannung eines edelgasgef¨ ullten Uberspannungsableiters der Nennansprechgleichspannung 230 V als Funktion der Anstiegsgeschwindigkeit der Spannung (nach [26])
Die Z¨ undspannung VS nimmt mit der Anstiegsgeschwindigkeit des St¨orspan¨ nungspulses zu; Abb. 7.34 zeigt typische Verl¨aufe f¨ ur einen Uberspannungsableiter der Nennz¨ undspannung 230 V. Neben der Z¨ undspannung ist der maximal zul¨assige Strom bei pulsf¨ ormiger Belastung zu beachten. Dieser liegt f¨ ur Pulse der Dauer 20 µs u ¨blicherweise im Kiloamperebereich.
7.9 Literaturverzeichnis [1] K. Fuchs. The conductivity of thin metallic films according to the electron theory of metals. Proc. Cambridge Phil. Soc., 34(3):100–108, 1938. [2] F.S. Ham, D.C. Mattis. Electrical properties of thin-film semiconductors. IBM Journal, 53:143–151, 1960. [3] G.F. Foxhall, J.A. Lewis. The resistance of an infinite slab with a disk electrode. Bell Syst. Tech. J., 44:1609–1617, 1964. [4] M.S. Leong, S.C. Choo, K.H. Tay. The resistance of an infinite slab with a disc electrode as a mixed boundary value problem. Solid-State Electronics, 19(3):397–401, 1976. [5] H.A. Wheeler. Formulas for the skin effect. Proc. I.R.E., pp.412–424, September 1942. [6] O. Zinke, H. Brunswig. Lehrbuch der Hochfrequenztechnik, Band 1: Hochfrequenzfilter, Leitungen, Antennen. Springer, Berlin, f¨ unfte Auflage, 1995. sind aber auch Typen verf¨ ugbar, die keine radioaktiven Elemente enthalten; bei diesen ist allerdings eine erh¨ ohte Z¨ undspannung nach l¨ angerer Dunkellagerung zu beachten.
314
7. Widerst¨ande
[7] H.H. Meinke. Einf¨ uhrung in die Elektrotechnik h¨ oherer Frequenzen - Band 1: Bauelemente und Stromkreise. Springer, Berlin, zweite Auflage, 1965. [8] H.H. Meinke, F.W. Gundlach. Taschenbuch der Hochfrequenztechnik. Springer, Berlin, f¨ unfte Auflage, 1992. [9] O.Zinke, H. Seither. Widerst¨ ande, Kondensatoren, Spulen und ihre Werkstoffe. Springer, Berlin, zweite Auflage, 1982. [10] F.N. Hooge. 1/f noise sources. IEEE Trans. Electron Devices, 41(11):1926–1935, 1994. [11] A. van der Ziel. Unified presentation of 1/f noise in electronic devices: Fundamental 1/f noise sources. Proc. IEEE, 76(3):233–258, 1988. [12] VITROHM. Hauptkatalog. Deutsche Vitrohm GmbH, Pinneberg, 1995. [13] P. Deluca. A review of thirty-five years of laser trimming with a look to the future. Proc. IEEE, 90(10):1614–1619, 2002. [14] SIEMENS. Datenbuch Heißleiter. Siemens AG, M¨ unchen, 1986. [15] W. Heywang. Amorphe und Polykristalline Halbleiter. Springer, Berlin, 1984. [16] K.H. Hellwege. Einf¨ uhrung in die Festk¨ orperphysik. Springer, Berlin, 1976. [17] SIEMENS. Kaltleiter Datenbuch. Siemens AG, M¨ unchen, 1987. [18] G. Ott. Der Kaltleiter als Heizelement. Siemens Components, 19(2):56–59, 1981. [19] H. Schaumburg (Hrsg.). Werkstoffe und Bauelemente der Elektrotechnik 6 – Polymere. Teubner, Stuttgart, 1997. [20] R.D. Sherman, L.M. Middleman, S.M. Jacobs. Electron transport processes in conductor-filled polymers. Polymer Engineering and Science, 23(1):36–46, 1983. [21] G. Kainz. Keramische Kaltleiter sch¨ utzen Elektronische Schaltungen. Siemens Components, (1):13–16, 1990. [22] W. Kahr. Der Kaltleiter – ein Leitfaden f¨ ur den Anwender. Siemens Components, 23(4):152–157, 1985. [23] M. Rosinelli, F. Greuter. Zinkoxid-Varistoren: Herstellung und elektrische Eigenschaften. In Magnetische Werkstoffe, Varistoren und Supraleiter, ETG-Fachbericht Nr.29, pp. 89–102, Berlin, 1989. VDE-Verlag. [24] K.Feser, L.Kehl, D.Qui, B.Richter. Steilstoßverhalten von Metalloxid-Ableitern. In Magnetische Werkstoffe, Varistoren und Supraleiter, ETG-Fachbericht Nr.29, pp. 125– 129, Berlin, 1989. VDE-Verlag. ¨ [25] T.Kuther. Metalloxid-Varistoren sch¨ utzen zuverl¨ assig vor Uberspannungen. Siemens Components, (4):115–118, 1994. ¨ [26] EPCOS. Uberspannungsableiter und Schaltfunkenstrecken. EPCOS Firmenschrift, www.epcos.com, 2000.
8 Kondensatoren Kondensatoren dienen zur Speicherung von elektrischer Ladung und sollten sich im Idealfall wie eine Kapazit¨ at C verhalten, was in der Praxis jedoch nur n¨aherungsweise der Fall ist. Verschiedene Bauformen wurden entwickelt, um unter unterschiedlichen Betriebsbedingungen und f¨ ur einen weiten Bereich von Kapazit¨atswerten das kapazitive Verhalten m¨oglichst genau zu realisieren. In elektronischen Schaltungen werden heute vorzugsweise drei Ausf¨ uhrungen eingesetzt: Kunststoffolienkondensatoren, Keramikkondensatoren und Elektrolytkondensatoren.
8.1 Physikalische Grundlagen Die Kapazit¨at eines idealen (Parallel-)Plattenkondensators zwischen dessen Platten sich Vakuum befindet ist C0 = 0
A A/cm2 ≈ 886 pF · , d d/µm
(8.1)
wobei 0 = 8.859 · 10−12 F/m die sog. Inf luenzkonstante, A die Fl¨ache der Kondensatorplatten und d den Plattenabstand angibt. Wird der Raum zwischen den Kondensatorplatten mit einem Isolator – einem sog. Dielektrikum – ausgef¨ ullt, so vergr¨oßert sich die Kapazit¨at des Kondensators wie bereits von Faraday festgestellt wurde. Als Dielektrizit¨ atszahl oder (relative) Dielektrizit¨ atskonstante r des Isolators wird das Verh¨altnis der Kapazit¨at C des Kondensators mit Dielektrikum zur Kapazit¨at C0 mit Vakuum im Plattenzwischenraum bezeichnet r = C/C0 .
(8.2)
Die Dielektrizit¨ atszahl r ist im Gegensatz zu 0 dimensionslos; im Vakuum ist definitionsgem¨ aß r = 1. Ursache der Kapazit¨atszunahme bei Einf¨ uhren eines Dielektrikums ist dessen Polarisation, d. h. eine gegenseitige Verschiebung der positiven und negativen Ladungsschwerpunkte im Dielektrikum. Dies geschieht nicht v¨ ollig tr¨ agheitslos – f¨ ur ω = 0 folgt die Polarisation deshalb der Feldst¨arke mit einer gewissen Phasenverschiebung, die durch eine komplexe Dielektrizit¨atszahl r erfaßt wird r = r (ω) − jr (ω) = r (ω) (1 − j tan δ ) .
(8.3)
Der Verlustwinkel δ = arctan[r (ω)/r (ω)] des Dielektrikums beschreibt die Phasenverschiebung zwischen der dielektrischen Verschiebung und der elektrischen Feldst¨arke und damit, in einem ansonsten idealen Kondensator, die Ab-
316
8. Kondensatoren
weichung der Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung vom idealen Wert 90◦ . Das frequenzabh¨ angige Verh¨ altnis tan δ = r (ω)/r (ω)
(8.4)
wird Verlustzahl des Dielektrikums genannt; die Verlustzahl bestimmt maßgeblich die im Kondensator bei Wechselbetrieb anfallende Verlustleistung. Die auf dem Plattenkondensator gespeicherte Ladung Q ist mit der Potentialdifferenz V zwischen den beiden Platten verkn¨ upft u ¨ber Q = CV = 0 r A
V = 0 r AE < 0 r AED , d
(8.5)
wobei E die elektrische Feldst¨ arke zwischen den Kondensatorplatten bezeichnet. Die im Kondensator gespeicherte Ladung Q nimmt demnach sowohl mit der Fl¨ache A der Kondensatorplatten als auch mit der Dielektrizit¨atszahl r und der Feldst¨ arke E zu. W¨ ahrend der Wert von A durch die Gr¨oße und die Bauform des Kondensators festgelegt ist, ergeben sich r und die maximal zul¨assige Feldst¨ arke ED (Durchschlagsfeldst¨ arke) aus den Materialeigenschaften des Kondensatordielektrikums. F¨ ur Vergleiche wird h¨aufig die sog. spezifische Kapazit¨ at eines Kondensators – das ist die auf das Volumen des Kondensators bezogene Kapazit¨ at – verwendet.
8.1.1 Polarisationsmechanismen Der Wert des Verlustwinkels und damit die Verlustzahl eines Kondensatordielektrikums h¨ angt vom wirksamen Polarisationsmechanismus ab. Hier ist zwischen elektronischer Polarisation, ionischer Polarisation und Orientierungspolarisation zu unterscheiden. E = 0
A to m k e rn
E le k tr o n e n h ü lle
d
E
Abb. 8.1. Elektronische Polarisation (nach [1])
8.1. Physikalische Grundlagen
317
Elektronische Polarisation. Ursache der elektronischen Polarisation ist die Deformation (Abb. 8.1) der Elektronenh¨ ulle der Atome des Dielektrikums im elektrischen Feld. Dies bedingt eine gegenseitige Verschiebung der Ladungsschwerpunkte von positiver und negativer Ladung und damit ein induziertes Dipolmoment. Da bei diesem Polarisationsmechanismus die Masse der verschobenen Teilchen (Elektronenmasse) sehr klein ist, folgt das induzierte Dipolmoment nahezu tr¨agheits¨ los einer Anderung des elektrischen Feldes. Die elektronische Polarisation des Dielektrikums darf deshalb in den meisten F¨ allen als in Phase zum elektrischen Feld befindlich angenommen werden. Dielektrika, deren Eigenschaften prim¨ar durch die elektronische Polarisation bestimmt sind, sind z. B. Polyethylen, Polystyrol, Teflon. E
E = 0
d
Abb. 8.2. Ionische Polarisation (nach [1])
Ionische Polarisation. Die ionische Polarisation wird durch die gegenseitige Verschiebung (Abb. 8.2) positiver und negativer Ionen in Ionenkristallen verursacht. Die ionische Polarisation ist wesentlich st¨ arker als die elektronische und bedingt beispielsatszahl von ca. 100. weise im fall des TiO2 eine Dielektrizit¨ Im Vergleich zur elektronischen Polarisation sind hier Ionen im elektrischen Feld zu verschieben. Deren Masse ist jedoch um einen Faktor der Gr¨oßenordnung 104 h¨oher als die Masse der Elektronen. Dies bedingt eine h¨ohere Tr¨agheit im Vergleich zur elektronischen Polarisation: F¨ ur Dielektrika mit ionischer Polarisation treten im GHzBereich als Folge einer Phasenverschiebung zwischen Polarisation und elektrischem Wechselfeld dielektrische Verluste auf.
Orientierungspolarisation. Ursache der Orientierungspolarisation ist das Ausrichten von Molek¨ ulen mit permanentem Dipolmoment im elektrischen Feld (Abb. 8.3). Im Vergleich zu den anderen, auf der Coulomb-Wechselwirkung beruhenden Polarisationsmechanismen wird die Orientierungspolarisation von vergleichsweise schwachen Dipolkr¨ aften verursacht. Die auszurichtenden Molek¨ ule besitzen dar¨ uber hinaus eine relativ hohe Masse und damit eine hohe Tr¨agheit. Die Polarisation ist bei diesem
318
8. Kondensatoren E
E = 0
Abb. 8.3. Orientierungspolarisation (nach [1])
Mechanismus deshalb i. allg. bereits bei Frequenzen im MHz-Bereich so weit außer Phase zum elektrischen Feld, daß beachtliche dielektrische Verluste auftreten.
8.1.2 Ionenleitung, Durchschlag Im Dielektrikum bewegliche Ionen verschieben sich bei Anlegen einer Spannung zwischen den Kondensatorplatten und bewirken so einen kleinen Leckstrom, der gew¨ohnlich eine exponentielle Temperaturabh¨ angigkeit zeigt. D ie le k tr ik u m
W
n e u tra l
p o s itiv e R a u m la d u n g d u rc h A n h ä u fu n g v o n Io n e n F -
e V
W C
W
F +
Abb. 8.4. Auswirkung von Ionen auf die Feldverteilung im Isolator
Der Durchbruch eines Dielektrikums erfolgt in der Regel lokal an Schwachstellen mit erh¨ ohter Feldst¨arke durch Stoßionisation. Derartige Schwachstellen sind etwa durch inhomogene Dicke oder durch eine lokale H¨ aufung von Ladungen im Oxid bedingt. Als Beispiel wird die in Abb. 8.4 skizzierte Situation einer Anh¨aufung positiver Ionen in der N¨ ahe der negativen Elektrode betrachtet. Durch die Ladungsh¨aufung kommt es zu einer Erh¨ ohung der elektrischen Feldst¨arke - im B¨anderschema (vgl. Kap. 12) nimmt das Gef¨ alle der Leitungsbandkante zu.
8.1. Physikalische Grundlagen
319
8.1.3 Dielektrische Absorption Wird ein Kondensator, der l¨ angere Zeit auf eine bestimmte Spannung aufgeladen war, durch einen f¨ ur kurze Zeit wirkenden Kurzschluß vollst¨andig entladen, so stellt sich nach einiger Zeit wieder eine Spannung u ¨ber dem Kondensator ein. Dieser Effekt wird als dielektrische Absorption bezeichnet. Dielektrische Absorption kann beispielsweise zu Fehlern in A/D-Wandlern (sample and hold) f¨ uhren [2]. Zur Kennzeichnung wird der Koeffizient der dielektrischen Absorption kDA verwendet. Dieser gibt das Verh¨ altnis der Spannung VC1 die sich nach dem Entladen wieder aufbaut, zur urspr¨ unglichen Ladespannung VC0 in % an kDA = (VC1 /VC0 ) · 100 % . Dabei wird der Kondensator zun¨ achst f¨ ur eine Stunde auf VC0 (i.allg. die Nennspannung) gehalten, dann durch einen 5 Ω-Widerstand f¨ ur 10 s entladen; VC1 wird 15 min nach dem Entladen ermittelt. Typische Werte liegen im Bereich zwischen 0.01 % und 10 %. Besonders geringe dielektrische Absorption zeigen PS- und PP- Kunststoffolienkondensatoren, Polyesterkondensatoren weisen DA-Werte von typ. 0.25 % auf, bei Keramikkondensatoren sind DA-Werte im Prozentbereich typisch.
v C
V
C 0
(1 -k
R
D A
D A
)C N
k
D A
C N
V
C 1
Z e it t
Abb. 8.5. Verhalten eines Kondensators nach Entladen und einfache Ersatzschaltung
Die dielektrische Absorption kann durch parallel zur Kapazit¨at C∞ = (1 − kDA )CN geschaltete RC-Glieder erfaßt werden. Allerdings kann das Verhalten nicht durch eine einzelne Zeitkonstante beschrieben werden. So kann ein Kondensator bereits 1 bis 10 Sekunden nach dem Entladen 50 % von VC1 aufweisen und die Spannung nach 10 min immer noch ansteigen. F¨ ur eine genaue Beschreibung des Relaxationsverhaltens m¨ ussen demnach mehrere RC-Glieder parallel geschaltet werden. Als Beispiel kann die in [3] angegebene Ersatzschaltung mit f¨ unf parallel geschalteteten RC-Gliedern (numeriert mit 1 ≤ k ≤ 5) f¨ ur einen 1 µF Kondensator mit Polyesterdielektrikum betrachtet werden (Tabelle 8.1). Die gr¨ oßte Zeitkonstante in diesem Beispiel ist 500 s, die kleinste 40 ms.
320
8. Kondensatoren
Tabelle 8.1 Ersatzschaltung zur Beschreibung der dielektrischen Absorption (Beispiel) k Rk , Ω Ck /C∞ τk = Rk Ck , s
1
2
3
4
5
3.6 · 1012 1.4 · 10−4 500
2.5 · 1011 2.0 · 10−4 50
2 · 1010 2.7 · 10−4 5.4
3 · 109 1.9 · 10−4 0.58
3.3 · 108 1.2 · 10−4 0.04
Alternative Beschreibungen der dielektrischen Absorption gr¨ unden auf einer bereits von Curie gefundenen und seither vielfach best¨atigten empirischen Beziehung [4]. Danach ist der Strom i(t) durch einen Kondensator, der an einer konstanten Spannung liegt, u ¨ber einen sehr großen Zeitraum proportional zu t−n , wobei n in der N¨ahe von 1.0 liegt. Dies f¨ uhrt auf eine Admittanz der Form sn C∞ . Der in [3] beschriebene Ansatz gr¨ undet auf eine empirische Beziehung f¨ ur die Frequenzabh¨angigkeit der Dielektrizit¨ atszahl, die die klassische Debye-Theorie f¨ ur die Frequenzabh¨angigkeit der Orientierungspolarisation [1] r (ω) = r∞ +
∆r 1 + jωτ
durch einen Parameter α erweitert. Dies f¨ uhrt auf folgenden Ansatz f¨ ur die Admittanz eines Kondensators [3] ∆C Y (s) = s C∞ + , (8.6) 1 + (sτ )1−α und damit ebenfalls auf eine Laplace-Transformierte mit nichtganzzahligem Exponenten. Dies kann durch gesteuerte Quellen (analog behavioral modeling) nachgebildet werden; wegen m¨ oglicher Konvergenzprobleme erscheint mir jedoch die Beschreibung u ¨ber parallel geschaltete RC-Glieder robuster.
8.1.4 Ferroelektrika Ferroelektrische Materialien (Ferroelektrika) weisen unterhalb der CurieTemperatur eine spontane Polarisation auf, d.h. positiver und negativer Ladungsschwerpunkt einer Elementarzelle fallen nicht zusammen, so daß die Zelle ein Dipolmoment aufweist. Oberhalb der Curie-Temperatur ¨andert sich die Kristallstruktur, die Zelle geht in den paraelektrischen Zustand u ¨ber. Abbildung 8.6 zeigt dies f¨ ur den Fall des Bariumtitanats (BaTiO3 ), ein in der Elektrotechnik h¨ aufig verwendetes Material mit ferroelektrischen Eigenschaften. Oberhalb der Curie-Temperatur weist Bariumtitanat eine kubische Elemantarzelle auf, bei der die Bariumatome an den Ecken der w¨ urfelf¨ormigen Elementarzelle, die Sauerstoffionen in den Zentren der Seitenfl¨achen und das Titanion im Zentrum des W¨ urfels liegen. Diese Kristallstruktur wird als Perowskitstruktur bezeichnet; bei dieser Kristallstruktur fallen positiver und negativer Ladungsschwerpunkt der Elementarzelle zusammen, so daß kein Dipolmoment resultiert. Unterhalb von 110◦ C ist das Gitter tetragonal mit einer quaderf¨ormigen Elementarzelle. Das Titanion ist gegen¨ uber dem Zen-
8.1. Physikalische Grundlagen B a
321 O
2 +
T i4
2 -
+
a c
T < T
a a
a '
a '
T > T
C , f e r r o e le k t r is c h ( te tr a g o n a l)
C
, p a r a e le k tr is c h ( k u b is c h )
Abb. 8.6. Ferroelektrischer und paraelektrischer Zustand von BaTiO3 (nach [1])
trum leicht nach oben verschoben, die Sauerstoffionen nach unten. Positiver und negativer Ladungsschwerpunkt fallen nun nicht mehr zusammen: Die Zelle weist ein Dipolmoment und damit eine spontane Polarisation auf. Bereiche im Festk¨ orper, in denen die Dipolmomente der Elementarzellen parallel ausgerichtet sind, werden – in Analogie zu den Ferromagnetika (vgl. Kap. 9) – als Weißsche Bezirke oder Dom¨ anen bezeichnet. In einem unpolarisierten ferroelektrischen Material sind die Polarisationsrichtungen der Weißschen Bezirke unterschiedlich ausgerichtet, so daß sich nach außen hin keine Polarisation bemerkbar macht. Wird ein solches Material in ein ¨außeres elektrisches Feld gebracht, so ¨ andern ung¨ unstig ausgerichtete Weißsche Bezirke ihre Polarisationsrichtung. Nun u ¨berwiegt eine Polarisationsrichtung und die Polarisation des Festk¨ orpers P steigt stark mit dem ¨außeren elektrischen Feld E an (Neukurve), was einer großen Dielektrizit¨atszahl entspricht (Abb. 8.7). Sind die Dipolmomente s¨ amtlicher Dom¨ anen zum Feld ausgerichtet, so steigt P P P
s r
N e u k u rv e
-E
E c
-P r
-P s
c
E
Abb. 8.7. Polarisation eines ferroelektrischen Materials im ¨ außeren Feld E
322
8. Kondensatoren
die Polarisation nur noch vergleichsweise schwach mit dem ¨außeren Feld an (ionische Polarisation). Durch Extrapolation des P (E)-Verlaufs in diesem Bereich zu E = 0 hin, ergibt sich die durch die spontane Polarisation bedingte S¨ attigungspolarisation. Wird das elektrische Feld nach Erreichen der S¨attigung wieder verringert, so bleibt die Polarisation großenteils erhalten: der bei E = 0 beobachtete Wert wird als remanente Polarisation bezeichnet. Die Polarisation verschwindet erst f¨ ur E = −Ec , wobei Ec als Koerzitivfeldst¨ arke bezeichnet wird. Durchl¨ auft E periodisch Werte von E < −Ec bis E > Ec , so durchl¨auft P eine Hysteresekurve wie in Abb. 8.7 gezeigt. Da – abh¨angig von der Geschichte – f¨ ur E = 0 zwei Polarisationszust¨ande vorliegen k¨onnen, kann die ferroelektrische Hysterese zur Herstellung nichtfl¨ uchtiger Speicherbausteine ausgenutzt werden (vgl. Kap. 22).
8.2 Bauformen F¨ ur Kondensatoren sind unterschiedliche Bauformen gebr¨auchlich. Den einfachsten Aufbau weisen die sog. Scheibenkondensatoren auf, die meist als Parallelplattenkondensator mit Keramikdielektrikum ausgef¨ uhrt sind. Zwar lassen sich mit diesem Aufbau keine großen Kapazit¨atswerte erzielen, wegen der kleinen Induktivit¨ atswerte k¨ onnen derartige Kondensatoren daf¨ ur aber auch bei hohen Frequenzen eingesetzt werden. Die Kapazit¨atswerte lassen sich steigern durch sog. Schichtkondensatoren (Abb. 8.8a), die als parallelgeschaltete Plattenkondensatoren aufgefaßt werden k¨onnen. Hierbei werden zwei Elektrodensysteme ineinander verschachtelt. Ist n die Gesamtzahl der Metallbel¨ age, so sind insgesamt n − 1 parallel geschaltete Plattenkondensatoren der Fl¨ ache A und Dicke d vorhanden. Die Kapazit¨at ist damit C ≈ 0 r (n−1)A/d .
(8.7)
L¨aßt sich das Kondensatordielektrikum leicht verformen, so bieten Wickelkondensatoren die M¨ oglichkeit hoher spezifischer Kapazit¨atswerte. Abbildung 8.8 b zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Wickelkondensators aus zwei Metallfolien und zwei isolierenden Folien. Wegen der doppelten Ausnutzung der Fl¨ache A des Metallbelags ist die Kapazit¨at eines solchen Kondensators C ≈ 2 0 r A/d ,
(8.8)
wobei A die Elektrodenfl¨ ache und d die Foliendicke angibt. Um geringe Serieninduktivit¨aten und Verlustzahlen zu erzielen, werden die Metallfolien an der Seite kontaktiert.1 1
Dies geschieht nach dem Metallspritzverfahren (Schoop-Verfahren). Die zur Kontaktierung verwendeten Metalle werden dabei geschmolzen, zerst¨ aubt und auf die Seitenfl¨ achen des Wickels gespr¨ uht. Da jede Windung f¨ ur sich kontaktiert wird, stellt dieses Verfahren geringe Serienwiderst¨ ande und -induktivit¨ aten sicher.
8.2. Bauformen
323
M e ta ll M e ta ll D ie le k tr ik u m ( K u n s ts to ffo lie ) E le k tr o d e n
K o n ta k t (b )
(a )
Abb. 8.8. Aufbau (Prinzip) von Kondensatoren. (a) Schichtkondensator und (b) Wickelkondensator
Zylinderkondensatoren (R¨ ohrchenkondensatoren) sind Kondensatoren, deren Bel¨age auf der Innen- und Außenseite eines rohrf¨ormigen keramischen Dielektrikums aufgebracht sind. Die Kapazit¨ at ist hier durch C = 0 r
2πΛ ln (1 + d/r)
(8.9)
gegeben, wobei Λ die L¨ ange, r den Innenradius und d die Wandst¨arke des R¨ohrchens angibt. Solange d/r 1 gilt, kann ln(1 + d/r) ≈ d/r angenommen werden, was zur N¨ aherung C ≈ 0 r 2πΛr/d ≈ 0 r A/d
(8.10)
f¨ uhrt, wobei A die Oberfl¨ ache des Zylinders angibt. Die Kapazit¨at des Zylinderkondensators entspricht dann der eines Plattenkondensators, der zum Zylinder aufgerollt“ wurde. ” R v 1
v 2
Abb. 8.9. Durchf¨ uhrungskondensator
Zylinderkondensatoren kommen beispielsweise in der St¨orschutztechnik als zylindrische Durchf¨ uhrungskondensatoren zum Einsatz (Abb. 8.9). Der Außenbelag des Kondensators wird dabei u ¨ber einen Schraubanschluß mit dem Chassis, d. h. mit Masse verbunden. In Verbindung mit dem Innenwiderstand R der Signalquelle bildet sich so ein RC-Tiefpaß, der h¨oherfrequente Anteile kapazitiv kurzschließt.
324
8. Kondensatoren
Trimmkondensatoren sind ver¨ anderbare Kapazit¨aten; sie dienen zum (einmaligen) Abgleich von Schwingkreisen, Filtern etc. und werden nach dem Einstellen gegen ungewollte Ver¨ anderung gesichert. Trimmkondensatoren werden meistens mit Keramik-Dielektrikum2 als Scheiben- oder Rohrtrimmer realisiert. Drehkondensatoren bieten ebenfalls ver¨anderbare Kapazit¨atswerte, die jedoch im Gegensatz zu Trimmkondensatoren jederzeit w¨ahrend des Betriebs eines Ger¨ ats ver¨ andert werden k¨onnen. Diese Kondensatoren spielten fr¨ uher beim Abgleich des Eingangskreises eines Rundfunkempf¨angers eine große Rolle. Durch besondere Formgebung der Plattenpakete sind unterschiedliche Abh¨ angigkeiten des Kapazit¨ atswerts vom Drehwinkel erzielbar.
8.3 Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung des realen Kondensators 8.3.1 Kenndaten, Grenzwerte F¨ ur jeden Kondensator wird vom Hersteller die Nennspannung VN sowie die at CN mit der zul¨assigen Toleranz, spei. allg. auf 20◦ C bezogene Nennkapazit¨ zifiziert. Letztere gibt die maximal zul¨ assige3 relative Abweichung des Kapazit¨atswerts vom Nennwert an (in Prozent). Die Nennspannung VN des Kondensators bestimmt die Spannung f¨ ur die der Kondensator ausgelegt ist, sie bezieht sich auf den Betrieb des Kondensators bei Temperaturen unterhalb der Nenntemperatur ϑN . ¨ Die relative Anderung des Kapazit¨ atswerts mit der Temperatur wird durch den Temperaturkoeffizienten αC spezifiziert. Bezieht sich die angegebene Nennkapazit¨at CN auf die Temperatur 20◦ C, so ist C(ϑ) = CN [ 1 + αC (ϑ−20◦ C)] . Das Isolationsverm¨ ogen des Dielektrikums wird durch Angabe des Isolationswiderstands Ris spezifiziert. Dieser bestimmt die ebenfalls h¨aufig angegebene Selbstentladezeitkonstante τis = Ris C ,
(8.11)
nach der die Spannung eines, zuvor auf die Nennspannung VN aufgeladenen, Kondensators auf 37 % ihres urspr¨ unglichen Werts abgesunken ist. Da C proportional und Ris umkehrt proportional zur Elektrodenfl¨ache ist, liefert τis eine von der Elektrodenfl¨ ache (und damit vom Kapazit¨atswert) unabh¨angige Kenngr¨oße zur Charakterisierung einer Kondensatortechnologie. Die Verlustleistung bei Gleichbetrieb ergibt sich damit zu 2
F¨ ur Scheibentrimmer werden gelegentlich auch Kunststoffdielektrika verwendet. Die Angabe bezieht sich dabei auf den Zeitpunkt der Auslieferung und kann nach l¨ angerer Lagerung oder l¨ angerem Gebrauch nach oben u ¨berschritten werden. 3
8.3. Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung des realen Kondensators
P = V 2 /Ris = 2 W/τis .
325
(8.12)
Sie ist proportional zur im Kondensator gespeicherten Energie W und umgekehrt proportional zur Selbstentladezeitkonstante τis . Wird der Spannung V eine Wechselspannung vˆ sin(ωt) u ¨berlagert, so ist zus¨atzlich zu (8.12) der frequenzabh¨angige Verlustleistungsanteil (Effektivwert) v 2 /2 P = Re(Y )ˆ
(8.13)
zu ber¨ ucksichtigen. Die Verlustzahl tan δC des Kondensators ist definiert als Quotient des Realteils und des Betrags des Imagin¨arteils der Impedanz tan δC =
1 Re Z = . |Im Z| QC
(8.14)
Ihr Kehrwert QC = 1/tan δC wird als G¨ ute des Kondensators bezeichnet. Solange die Bedingung tan δC 1 erf¨ ullt ist, gilt n¨aherungsweise P ≈
1 2 vˆ ωC tan δC . 2
(8.15)
Die Verluste entstehen haupts¨ achlich im Dielektrikum. Weitere Verluste sind bedingt durch den Isolationswiderstand, die endliche Leitf¨ahigkeit der Kon¨ densatorbel¨age sowie den Ubergangswiderstand zwischen den Bel¨agen und den Anschlußdr¨ ahten. Sie lassen sich (zumindest n¨aherungsweise) mit der in Abschnitt 8.3.3 bzw. 8.3.4 besprochenen Ersatzschaltung erfassen.
8.3.2 Grenzspannungen, Pulsbelastbarkeit Die Dauergrenzspannung Vg bestimmt die h¨ochste Spannung, mit der der Kondensator betrieben werden darf. Vg ist f¨ ur ϑ < 40◦ C in der Regel gleich der Nennspannung; bei h¨ oheren Werten der Umgebungstemperatur ϑA ist jedoch meist eine vom Hersteller spezifizierte Spannungsminderung zu beachten: Der Wert von Vg ist dann kleiner als VN . Wird an den Kondensator eine Gleichspannung V+ angelegt, der eine Wechselspannung u ¨berlagert ist, so darf die Summe aus Scheitelwert der u ¨berlagerten Wechselspannung und Gleichspannung die Dauergrenzspannung nicht u ¨berschreiten: Bei niedrigen Frequenzen ist der Effektivwert V∼ der u ¨berlagerten Wechselspannung durch die Dauergrenzspannung beschr¨ ankt und muß der Ungleichung √ V∼ < (Vg −V+ ) 2 = V∼,max (8.16) gen¨ ugen. Mit zunehmender Frequenz nimmt bei gleichbleibender Wechselspannungsamplitude der Effektivwert des durch den Kondensator fließenden Stroms zu. Der maximal zul¨ assige Effektivwert des durch den Kondensator ur Frefließenden Stroms wird durch den Dauergrenzstrom Ig vorgegeben. F¨ quenzen f > Ig /(2πCV∼,max ) wird der maximal zul¨assige Effektivwert V∼ der u ¨berlagerten Wechselspannung deshalb durch die Forderung
326
8. Kondensatoren
V∼ < Ig /(2πCf )
(8.17)
bestimmt. Werden die spezifizierten Grenzwerte u ¨berschritten, so kann es zum Durchschlag kommen. W¨ armedurchschlag tritt auf, falls im Dielektrikum mehr W¨arme entsteht, als abgef¨ uhrt wird; dadurch erw¨armt sich das Dielektrikum in zunehmendem Maß bis zum Auftreten des Durchschlags. Felddurchschlag ¨ [5] ist dagegen bedingt durch Uberspannungen. Der Durchschlag erfolgt durch Stoßionisation, dabei bilden sich Entladungskan¨ale im Dielektrikum. S c h o o p - M e ta ll
M e ta llb e la g
F o lie
K o n ta k ts te lle n
S tr o m a u fw e itu n g Abb. 8.10. Zur Problematik der Kontaktierung von Kuststoffolienkondensatoren [6]
An Kondensatoren d¨ urfen keine Spannungspulse mit beliebig hoher Flankensteilheit dv/dt angelegt werden, da diese zu hohen Str¨omen i(t) = C dv/dt ¨ im Kondensator f¨ uhren und damit zu einer m¨oglichen thermischen Uberlastung der Kontakte – insbesondere bei Kunststoffolienkondensatoren mit d¨ unnen aufgedampften Metallelektroden. Die Metallelektroden werden durch ein Flammspritzverfahren (Schoop-Verfahren) kontaktiert, bei dem feine Metalltr¨opfchen mit hoher Geschwindigkeit auf die zu kontaktierende Stirnfl¨ache des Kondensatorwickels geschleudert werden. Die elektrische Kontaktierung ist dabei nicht durchg¨ angig - abh¨ angig von der Qualit¨at der Kontaktierung entsteht eine mehr oder weniger dichte Folge von Kontaktstellen (Abb. 8.10). Die Dichte der Kontaktstellen bestimmt die Pulsbelastbarkeit der Kondensatoren. v d v d t =
V tr
s s
V
tr
tf
s s
t
Abb. 8.11. Zur Pulsbelastbarkeit von Kondensatoren
8.3. Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung des realen Kondensators
327
Die Pulsbelastbarkeit wird meist durch Angabe einer maximalen Flankensteilheit4 F = |dv/dt| bei Umladevorg¨ angen mit einem Hub entsprechend der Nennspannung spezifiziert. Bezeichnet Vss den Hub der am Kondensator anliegenden Spannung, tr die Anstiegszeit und tf die Abfallzeit (vgl. Abb. 8.11), so m¨ ussen Vss /tr und Vss /tf kleiner als F sein.
c ls
r
p
s
r p
Abb. 8.12. Parallelersatzschaltung f¨ ur Kondensatoren
8.3.3 Parallelersatzschaltung Abbildung 8.12 zeigt eine Ersatzschaltung f¨ ur einen Kondensator. Die Induktivit¨at ls beschreibt dabei induktive Beitr¨age der Zuleitungen und der Wicklung des Kondensators; rs ist ein durch die Zuleitungen und Bel¨age bedingter Serienwiderstand. Der Wert von rs steigt als Folge des Skineffekts bei hohen Frequenzen an. Der parallel zur Kapazit¨at cp liegende Parallelwiderstand rp wird bei niederen Frequenzen i. allg. durch den Isolationswiderstand bestimmt; bei h¨ oheren Frequenzen werden dielektrische Verluste maßgebend. Mit der Verlustzahl des Dielektrikums l¨ aßt sich schreiben 1/rp = ωcp tan δ + 1/Ris .
(8.18)
Die Impedanz Z des Kondensators ergibt sich aus der Ersatzschaltung zu Z = rs + jωls +
rp 1 + jωrp cp
(8.19)
4 F¨ ur die w¨ ahrend eines Aufladevorgangs in den Zuleitungswiderst¨ anden umgesetzte Energie gilt
W
tr
i2 (t) dt ∼
∼ 0
0
tr
dv dt
2
dt ≈
Vss2 . tr
W soll einen bestimmten Grenzwert nicht u ¨berschreiten. Aus diesem Grund kann die Pulsbelastbarkeit eines Kondensators durch den Pulskennwert k0 (in V2 /µs ) spezifiziert werden [7]. F¨ ur die Anstiegs- bzw. Abfallzeit eines trapezf¨ ormigen Pulses (Abb. 8.11) muß gelten tf , tr ≥ 2Vss2 /k0 . Typische Werte f¨ ur k0 liegen im Bereich von 50 000 V2 /µs. Die maximale Flankensteilheit F errechnet sich aus Pulskennwert und Hub zu F < k0 /(2Vss ). Bei abnehmendem Hub aren somit rein rechnerisch beliebige Flankensteilheiten und damit Str¨ ome zugelasVss w¨ sen. Dies ist in der Praxis jedoch zumeist ohne Bedeutung, da durch die unvermeidliche Serieninduktivit¨ at die Anstiegsgeschwindigkeit ohnehin begrenzt ist.
328
8. Kondensatoren
und l¨aßt sich aufspalten in Realteil und Imagin¨arteil Re(Z) = rs +
rp 1 + ω 2 rp2 c2p
(8.20)
1 1 − ω 2 l s cp Im(Z) = − ωcp 1 + (ωrp cp )−2
.
(8.21)
Wird der Isolationswiderstand Ris vernachl¨assigt, so ist rp = (ωcp tan δ )−1 und Re(Z) = rs +
1 tan δ tan δ ≈ rs + 2 ωcp 1+tan δ ωcp
1 1 − ω 2 l s cp Im(Z) = − ωcp 1+tan2 δ
≈ −
(8.22) 1 − ω 2 l s cp . ωcp
(8.23)
Im(Z) weist f¨ ur rp , ls = 0 eine Nullstelle auf bei der Resonanzfrequenz
1 1 1 − 2 2 ≈ l s cp r p cp 2π
1 . l s cp
(8.24)
Im ( Z )
lo g ( Z )
1 fr = 2π
1 /(2 p fc s)
in d u k tiv e s V e r h a lte n 2 p fls fr
Z (f) r
rs+ r f= 0
s
p
R e ( Z ) f
E S R fr (a )
lo g ( f )
k a p a z itiv e s V e r h a lte n (b )
Abb. 8.13. (a) Scheinwiderstand als Funktion der Frequenz und (b) Impedanzortskurve eines Kondensators (schematisch)
F¨ ur Frequenzen f < fr verh¨ alt sich der Kondensator kapazitiv, f¨ ur f > fr induktiv (Abb. 8.13). Bei kleinen Frequenzen weist Z einen Abfall proportional zu 1/f auf. In der N¨ ahe der Resonanzfrequenz f¨allt Z zun¨achst st¨arker ab; f¨ ur f > fr beginnt dann der induktive Anteil zu u ¨berwiegen und Z steigt wieder an. Bei der Resonanzfrequenz ist Im(Z) = 0.
8.3. Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung des realen Kondensators
329
Die Verlustzahl tan δC des Kondensators ergibt sich aus den Gln. (8.22) und (8.23) durch Quotientenbildung. F¨ ur tan δ 1 und f < fr f¨ uhrt dies auf tan δ + ωrs cp Re Z ≈ . |Im Z| 1 − (f /fr )2
tan δC =
(8.25)
8.3.4 Serienersatzschaltung Bei hohen Frequenzen ist die Anwendung der Serienersatzschaltung sinnvoll. ¨ Der Ubergang von der Parallelersatzschaltung zur Serienersatzschaltung ist in Abb. 8.14 dargestellt. c ls r
p
ls s
r
E S R
p
(a )
(b )
c s
Abb. 8.14. Parallelund Serienersatzschaltung eines Kondensators
Damit beide Ersatzschaltungen dasselbe Frequenzverhalten beschreiben, m¨ ussen die Impedanzen der gestrichelt eingefaßten Teilschaltungen identisch sein rs +
rp 1 = ESR + . 1 + jωrp cp jωcs
(8.26)
Durch Vergleich der Real- und Imagin¨ arteile resultieren die Forderungen 0 = 1 − ω 2 rp cp (ESR − rs )cs 0 = (ESR − rs )cs − rp (cs −cp ) . Die L¨osung dieses Gleichungssystems liefert den gesuchten Zusammenhang zwischen den Gr¨ oßen der Parallel- und der Serienersatzschaltung cs = cp +
1 ω 2 rp2 cp
und
ESR = rs +
rp . 1 + ω 2 rp2 c2p
(8.27)
Mit der N¨aherung cp ≈ CN folgt f¨ ur unendlich hohen Isolationswiderstand (Ris → ∞) und kleine Verlustzahlen (1 + tan2 δ ≈ 1) f¨ ur ESR 5 ESR ≈ rs + 5
tan δ 1 1 1 tan δ ≈ rs + . 2πcp 1+tan2 δ f 2πCN f
Die Bezeichnung ESR kommt von englisch: equivalent series resistance
330
8. Kondensatoren
Der Wert von ESR steigt in der Regel mit der Betriebstemperatur und der Betriebsfrequenz des Kondensators. F¨ ur hohe Frequenzen gilt jedoch h¨aufig in guter N¨aherung rs ≈ ESR. Die Kenngr¨oßen cs , ls und ESR lassen sich aus einer doppeltlogarithmischen Auftragung des Kondensatorscheinwiderstands Zu ¨ber der Frequenz ablesen. Abbildung 8.13 a erl¨autert die Zusammenh¨ange. Beispiel 8.3.1 Als Beispiel wird der in Abb. 8.15a dargestellte Verlauf des Scheinwiderstands Z von metallisierten Polyesterkondensatoren unterschiedlicher Kapazit¨atswerte betrachtet. 1
1 0 0
W
0 .1
2 2 n F 4 7 n F 1 0 0 n F
4 .7 m F
Z 0 .0 1
0 .0 0 1
M H z
1 0 n F
1 m F 2 .2 m F
0 .1
1
2 2 0 n F 4 7 0 n F
1 0 f
M H z
~ C
1 0
-1 /2
fr 1
1 0 0
0 .1
0 .0 1
0 .1
1
m F
1 0
C (a )
(b )
Abb. 8.15. (a) Scheinwiderstand metallisierter Polyesterkondensatoren als Funktion der atswerts C (nach [8]) Frequenz, (b) Resonanzfrequenz fr als Funktion des Kapazit¨
Die Resonanzfrequenz der Reihe nimmt mit zunehmendem Kapazit¨atswert der Kondensatoren ab; in Abb. 8.15 b ist die Resonanzfrequenz fr u ¨ber dem Kapazit¨atswert C aufgetragen. Dieses Verhalten ist unter der Annahme einer f¨ ur s¨amtliche Kapazit¨atswerte einheitlichen√Zuleitungsinduktivit¨ at leicht verst¨andlich, da f¨ ur ls = const. nach urde Gl. (8.24) fr ∼ 1/ C gilt. Ein entsprechender Abfall der Resonanzfrequenz w¨ in der gew¨ ahlten doppeltlogarithmischen Darstellung durch eine Gerade der Steigung −1/2 wiedergegeben. Eine solche ist in Abb. 8.15 b gestrichelt eingetragen; sie gibt den tats¨ achlichen Verlauf weitgehend wieder und best¨atigt damit die getroffene Annahme. Der Wert der Serieninduktivit¨ at l¨aßt sich aus der Resonanzfrequenz zu atzen. Dies ist ein typischer Wert f¨ ur bedrahtete Bauteile6 – er wird ls ≈ 6 nH absch¨ bei SMT-Bauteilen unterschritten. Der Wert des Scheinwiderstands bei der Resonanzfrequenz folgt aus Gl. (8.22) zu 6
Der genaue Wert ist immer abh¨ angig von den jeweiligen Einbauverh¨ altnissen – bei hohen Betriebsfrequenzen ist deshalb stets auf k¨ urzeste Drahtl¨ ange (oder SMT-Bauform) zu achten.
8.3. Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung des realen Kondensators tan δ = rs + tan δ Z(fr ) = Re[Z(fr )] ≈ rs + 2πfr CN
331
ls = ESR(fr ) . CN
Er steigt mit abnehmenden Werten von cp ≈ CN an, was mehrere Ursachen haben kann: In Wickel- und Vielschichtkondensatoren ist jede Schicht kontaktiert, mit der Folge, daß die durch die Anschl¨ usse bedingten Serienwiderst¨ande parallel liegen, was sich in einer Reduktion von rs bemerkbar macht. Der erste Beitrag zu Z(fr ) skaliert deshalb bei identisch ausgef¨ uhrten Kontakten ann¨ahernd proportional zu 1/CN . Der zweite Beitrag zu Z(fr ) skaliert auf der anderen Seite bei konstant bleibender √ Serieninduktivit¨ at wie 1/ CN . Da die Resonanzfrequenz mit abnehmendem CN zunimmt, kann dar¨ uber hinaus der Skineffekt eine Steigerung des Serienwiderstands √ bei Resonanz verursachen – der entsprechende Anstieg w¨are proportional zu fr √ bzw. proportional zu 1/ CN . Abh¨ angig von Bauform und Dielektrikum ist der eine oder andere Beitrag dominierend. Der Wert von Z(fr ) liegt jedoch typischerweise im Intervall 10 mΩ bis 1 Ω. ∆
8.3.5 Parallel- und Reihenschaltung von Kondensatoren Werden mehrere Kondensatoren mit Kapazit¨atswerten C1 , . . . , Cm und Verlustzahlen tan δC1 , . . . , tan δCm parallel geschaltet, so addieren sich die jeweiligen Admittanzwerte Y k = jωCk (1 − j tan δCk ). Die Admittanz der Parallelschaltung ist demnach jω
m
Ck (1 − j tan δCk ) = jωC(1 − j tan δC )
k=1
mit dem Kapazit¨ atswert C und Verlustzahl tan δC der Parallelschaltung C =
n
Ck und tan δC
k=1
m 1 = Ck tan δCk . C k=1
Beschreibt αCk den Temperaturkoeffizient des Kondensators mit der Nennkapazit¨at Ck , so folgt f¨ ur den Kapazit¨ atswert bei ϑ = ϑN C(ϑ) =
m
Ck (1 + αCk ∆ϑ) = C(ϑN ) (1 + αC ∆ϑ)
k=1
mit dem Temperaturkoeffizienten der Parallelschaltung αC =
m 1 Ck αCk . C k=1
Bei der Reihenschaltung von Kondensatoren sind die Impedanzwerte Z k zu addieren. F¨ ur Verlustzahlen tan δCk 1 gilt die N¨aherung Zk =
1 1 1 + jω tan δCk 1 = ≈ ; Y jωCk 1 − jω tan δCk jωCk
332
8. Kondensatoren
damit folgt f¨ ur die Impedanz der Reihenschaltung m 1 + jω tan δCk
Z =
jωCk
k=1
=
1 + jω tan δC jωC
mit der Kapazit¨ at C und der Verlustzahl tan δC der Reihenschaltung m 1 1 = C C k=1 k
und
tan δC = C
m tan δCk k=1
Ck
.
Weicht die Temperatur der Kondensatoren von der Nenntemperatur um ∆ϑ ab, so ver¨andert sich der Kapazit¨ atswert in erster Ordnung von ∆ϑ zu 1 C(ϑ)
= =
m
m 1 1 − αCk ∆ϑ ≈ C (1 + α ∆ϑ) Ck Ck k=1 k k=1
(8.28)
1 1 − αC ∆ϑ ≈ , C (1 + αC ∆ϑ) C
(8.29)
d.h. der Temperaturkoeffizient der Reihenschaltung errechnet sich aus den Temperaturkoeffizienten der einzelnen Kondensatoren gem¨aß αC = C
m αCk k=1
K _ 1
i
Ck
.
K _ 2 Abb. 8.16. Zur Elementanweisung von Kapazit¨ aten in SPICE
v
8.3.6 Modellierung von Kapazit¨ aten in SPICE Die Elementanweisung f¨ ur die (lineare) Kapazit¨ at ist von der Form C(name)
K1
K2
Wert (in Farad)
(IC = V (0))
F¨ ur die Analyse zeitabh¨ angiger Vorg¨ ange ist gelegentlich die Spannung u ¨ber C zur Zeit t = 0 zu definieren (Anfangsbedingung). Dies kann durch die optionale Angabe IC = V (0) erfolgen. Nichlineare Kapazit¨ aten lassen sich mit der Elementanweisung C(name)
K1
K2
POLY
C0
(C1, C2, ...)
(IC = V (0))
definieren. Die Gr¨ oßen C0, C1, .... sind dabei die Koeffizienten des Polynoms, das die (Kleinsignal-)Kapazit¨ at c (in F) als Funktion der Spannung angibt V V2 c = C0 + C1 · + C2 · 2 + ·· F V V
8.3. Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung des realen Kondensators
333
Beispiel 8.3.2 Die als Beispiel betrachtete Anweisung CVAR
3
2
POLY
1N
100P
-50P
80P
IC=2
definiert eine (Kleinsignal-)Kapazit¨ at CVAR zwischen Knoten 3 und 2 mit der Spannungsabh¨ angigkeit V2 V V3 cVAR = 1 + 0.1 − 0.05 2 + 0.08 3 nF, V V V u ¨ber der zur Zeit t = 0 die Spannung 2 V abf¨allt.
∆
C A P S E R K _ L
K _ 1 R E S R
K _ C L S
K _ 2
Abb. 8.17. Teilschaltungsdefinition f¨ ur Kondensatoren
C S
Um die elektrischen Eigenschaften von Kondensatoren mit tan δC = 0 zu erfassen, muß der Kondensator u ¨ber eine Ersatzschaltung beschrieben werden; in SPICE wird dieses zweckm¨ aßigerweise in einer Teilschaltung (vgl. Kap. 4) definiert.7 Die Elemente der Reihenersatzschaltung lassen sich aus der in Datenbl¨attern gebr¨ auchlichen Auftragung von Z(f ) entsprechend Abb. 8.13 a ermitteln. Beispiel 8.3.3 Die Teilschaltungsdefinition .SUBCKT CAPSER K1 KL 0.02 RESR K 1 6N LS KL KC K 2 1U CS KC .ENDS
K2
beschreibt eine Reihenersatzschaltung f¨ ur einen 1 µF-Polyesterkondensator nach Beispiel 8.3.1. In der Netzliste wird die Teilschaltung mit der Anweisung X(name)
K1
K2
CAPSER
aufgerufen. Abbildung 8.18 zeigt die Ergebnisse einer SPICE-AC-Analyse f¨ ur die Scheinwiderst¨ ande unterschiedlicher Kunststoffolienkondensatoren mit Polyesterdielektrikum (Kapazit¨ atswerte 4.7 µF, 1 µF, 100 nF und 10 nF). Dabei wurde jeweils RESR = Z[f (r)] gesetzt. Zus¨ atzlich wurde die bei gleichbleibender Spannungsamplitude (1 V) im 10 nF-Kondensator umgesetzte Verlustleistung eingetragen, die ein ausgepr¨ agtes Maximum bei der Resonanzfrequenz aufweist. ∆ 7
Alternativ kann in PSPICE mit einer frequenzabh¨ angigen gesteuerten Quelle gearbeitet werden.
334
8. Kondensatoren
: Q) Q)
:
X) :
P
: X) :
P
9HUOXVWOHLVWXQJ
: P
!! : .+] .+] 9& ,5 9& ,5
0+] 9& ,5
0+] 9& ,5 )UHTXHQF\
Q)
0+] 0+] 0+] 59& ,5
Abb. 8.18. Mit PSPICE simulierte Scheinwiderst¨ ande als Funktion der Frequenz
8.3.7 Anwendung: St¨ utz- und Abblockkondensatoren Schnelle Strom¨ anderungen (etwa beim Treiben großer kapazitiver Lasten) f¨ uhren in Verbindung mit der Serienimpedanz der Versorgungsleitung zu St¨orungen der Versorgungsspannung. Diese lassen sich durch Pufferung mit St¨ utzkondensatoren am Verbraucher deutlich vermindern. Der St¨ utzkondensator sollte dabei m¨ oglichst induktivit¨ atsarm sein, einen geringen ESR-Wert aufweisen und m¨ oglichst nahe an den Bausteinen plaziert werden, bei denen große Strom¨anderungen auftreten. Wirkt der Kondensator rein kapazitiv und fließt w¨ahrend der Zeit ∆t zus¨ atzlich der Strom ∆I in den Verbraucher, so entspricht dies der Ladungs¨ anderung ∆Q = ∆I∆t. Diese bewirkt am Kondensator die Spannungs¨ anderung ∆V = ∆Q/C, falls die im Zeitintervall ∆t auf den Kondensator fließende Ladung vernachl¨assigt wird. Bezeichnet ∆Vmax ¨ die maximal zul¨ assige Anderung der Versorgungsspannung am Verbraucher, so sollte die Kapazit¨ at des St¨ utzkondensators zun¨achst die Bedingung C ≥ ∆Q/∆Vmax
(8.30)
erf¨ ullen. Da reale Kondensatoren nicht rein kapazitiv sind, stellt sich die Frage nach dem Frequenzbereich, in dem das Bauteil Wechselstr¨ome niederohmig u ucken muß. Dieser l¨ aßt sich aus der Unsch¨arferelation ann¨ahernd be¨berbr¨ stimmen. Tritt am Ausgang eines Treibers ein kurzer Strompuls i(t) der Breite ∆t auf, so l¨aßt sich dieser als Fouriertransformierte darstellen
8.3. Kenngr¨ oßen und Ersatzschaltung des realen Kondensators ∞
i(t) =
−∞
335
i(ω)e jωt dω .
Die Breite ∆ω der Fouriertransformierten gen¨ ugt dabei der Unsch¨arferelation ∆ω∆t ≥ 1/2 . Wird ∆t ≈ tr /2π angesetzt, so folgt, daß der St¨ utzkondensator bis zur Frequenz8 ∆f ≈ 1/(2tr ) niederohmig (|Z| < ∆Vmax /∆I) sein muß, d.h. die Resonanzfrequenz des St¨ utzkondensators sollte nicht nennenswert kleiner sein als dieser Wert. Weisen Kondensatoren mit Kapazit¨atswerten nach (8.30) kleinere Werte der Resonanzfrequenz auf, so sollten mehrere unterschiedliche Kapazit¨atswerte parallel geschaltet werden. Auf diesem Weg l¨aßt sich u ¨ber einen großen Frequenzbereich eine niedriger Scheinwiderstand realisieren.
Q)
Q) __Q) 2KP
Q)
2KP
P Q) __Q) __Q) __Q) __Q)
P 0+] 0+] 0+] 0+] 9& ,5 9& ,5 9& ,5 ,5 )UHTXHQF\
0+] 0+] 9& ,9
*+]
Abb. 8.19. Scheinwiderstandsverl¨ aufe f¨ ur parallelgeschaltete St¨ utzkondensatoren (Beispiel 8.3.4)
Beispiel 8.3.4 Damit eine Batterie parallelgeschalteter St¨ utzkondensatoren u ¨ber einen großen Frequenzbereich wirksam ist, sind die Kapazit¨atswerte der parallel geschalteten Kondensatoren sorgf¨ altig aufeinander abzustimmen. Liegen die Kapazit¨ atswerte weit auseinander, so kann es zu Resonanzeffekten mit einem starken Anstieg des Scheinwiderstands kommen. Zur Erl¨auterung wird Abb. 8.20 betrachtet. Gilt c1 c2 so ist (bei vergleichbarem ls der Kondensatoren) die Resonanzfrequenz 8
Eine untere Grenze f¨ ur den Frequenzbereich in dem die St¨ utzkapazit¨ at niederohmig sein muß ergibt sich aus der Zeitkonstanten mit der der St¨ utzkondensator u ¨ber die Versorgungsspannung nachgeladen wird.
336
r
8. Kondensatoren
r
s 1
ls 1 c
s 2
f r1 < f < f r2
ls 2
s 1
ls 1 c
1
r
r
s 2
c
2
(a )
(b )
2
Abb. 8.20. Zur Erl¨ auterung der Resonanzeffekte in parallel geschalteten St¨ utzkondensatoren
fr1 des großen Kondensators wesentlich kleiner als die Resonanzfrequenz fr2 des kleinen Kondensators. Im Frequenzbereich zwischen fr1 und fr2 dominiert deshalb beim großen Kondensator der induktive Anteil, beim kleinen Kondensator der kapazitive Anteil, so daß ein Parallelschwingkreis entsteht, der die Impedanz der Parallelschaltung ansteigen l¨ aßt. Dies zeigt das in Abb. 8.19 gezeigte Simulationsergebnis f¨ ur den Scheinwiderstand von zwei parallel geschalteten Transistoren der Kapazit¨at 1 nF und 100 nF: Durch den beschriebenen Resonanzeffekt steigt der Scheinwiderstand auf 20.8 Ω an, was oberhalb des zum Vergleich dargestellten Scheinwiderstands des 100 nF-Kondensators allein liegt. Durch eine enger gestufte Parallelschaltung von f¨ unf Kondensatoren (1 nF, 3.3 nF, 10 nF, 33 nF und 100 nF) kann der Scheinwiderstand u ∆ ¨ber einen großen Frequenzbereich unter 1 Ω gehalten werden (Abb. 8.19).
8.3.8 Zuverl¨ assigkeit von Kondensatoren Die Ausfallrate von Kondensatoren ist stark temperaturabh¨angig. Dies wird erkl¨art durch chemische Reaktionen im Kondensatordielektrikum, die mit zunehmender Temperatur beschleunigt ablaufen (Arrhenius-Gesetz). Auch die Betriebsspannung ist von bedeutendem Einfluß: Mit zunehmender Spannung erh¨oht sich die elektrische Feldst¨ arke und damit die Wahrscheinlichkeit, daß an einer Schwachstelle des Kondensatordielektrikums ein Durchschlag auftritt. Durch eine Reduktion der Betriebsspannung und der Bauteiltemperatur l¨ aßt sich in allen F¨ allen eine deutliche Steigerung der Lebensdauer erreichen. G e h ä u s e C y
L
C x
C y
N
R V
R
R K
E
F u ß b o d e n
Abb. 8.21. St¨ orschutzkondensator
8.4. Ausf¨ uhrungen
337
St¨ orschutzkondensatoren, die st¨ andig mit dem Netz verbunden sind, m¨ ussen besonders zuverl¨ assig sein. Kondensatoren der Klasse X ( X-Kondensatoren“ ) ” d¨ urfen zwischen Phase und Nulleiter oder zwischen den Phasen angeschlossen werden – Situationen, in denen ein Ausfall des Kondensators nicht zu einer Gef¨ahrdung von Personen durch Stromschlag f¨ uhren kann. Kondensatoren der Klasse Y ( Y-Kondensatoren“ ) sind dann einzusetzen, wenn ein Ausfall ” des Kondensators einen ernsten Stromschlag bedingen k¨onnte (Anschluß zwischen Phase und ber¨ uhrbarem, schutzgeerdetem Geh¨ause). Y-Kondensatoren m¨ ussen deshalb Spannungspulse von 5 kV u ¨berstehen. Der Kapazit¨atswert von Y-Kondensatoren ist auf 10 nF (ortsver¨anderliche Ger¨ate) bzw. 50 nF (ortsfeste Ger¨ate) begrenzt, um den als Blindstrom u ¨ber die Y-Kondensatoren fließenden Strom zu begrenzen.9
8.4 Ausf¨ uhrungen 8.4.1 Metallpapierkondensatoren In Metallpapierkondensatoren (MP) wird ein impr¨agniertes Papier als Dielektrikum verwendet. Die dielektrischen Eigenschaften werden dabei durch das verwendete Impr¨ agniermittel beeinflußt. Metallpapierkondensatoren werden wegen ihres sehr guten Ausheilverhaltens haupts¨achlich zur Funkentst¨orung und f¨ ur Netzparallelkondensatoren eingesetzt.10 Diese liegen teilweise viele Jahre ununterbrochen direkt am Netz und sind besonders gef¨ahrdet, z. B. durch energiereiche St¨ orpulse. Neben einem guten Ausheilverhalten wird hier zur Vermeidung von Brandgefahr gefordert, daß der Kondensator nicht entflammbar ist. In elektronischen Schaltungen sind MP-Kondensatoren ansonsten nicht weit verbreitet, da sie vergleichsweise schlechte elektrische Eigenschaften aufweisen: Der Temperaturkoeffizient αC liegt bei ca. 0.15 %/K, oßenordnungsm¨aßig 10−2 bei f = 1 kHz, die die Verlustzahl tan δC ist gr¨ Selbstentladezeitkonstate ist gr¨ oßenordnungsm¨aßig 1 h.
8.4.2 Folienkondensatoren Hochwertige Kunststoffolien mit geringen Dicken und g¨ unstigen elektrischen Eigenschaften lassen sich kosteng¨ unstig erzeugen und erm¨oglichen die Herstellung von Folienkondensatoren. Kunststoffolien besitzen gegen¨ uber Papierdielektrika eine Reihe von Vorz¨ ugen wie: weitgehende Freiheit von Fehlstellen Im Fall einer Unterbrechung des Schutzleiters (RE → ∞) fließt dieser bei Ber¨ uhrung u ahrdung der Person f¨ uhren w¨ urde. ¨ber RK ab, was – ohne Begrenzung – zur Gef¨ 10 ¨ An Netzparallelkondensatoren k¨ onnen, bedingt durch Blitzeinschl¨ age oder Uberschl¨ age ins Versorgungsnetz, Transienten mit Spitzenspannungen im Bereich mehrerer Kilovolt auf¨ treten. Mittlerweile sind auch Folienkondensatoren verf¨ ugbar, die bzgl. Uberspannungsfestigkeit vergleichbare Sicherheitsreserven aufweisen wie MP-Kondensatoren. Diese zeichnen sich i.allg. durch einen g¨ unstigen Preis und einen besseren Schutz gegen Feuchte aus. 9
338
8. Kondensatoren
bei geringer Folienst¨ arke, hohe Isolationswiderst¨ande und Durchschlagsfestigkeit, sowie eine geringe Feuchtigkeitsaufnahme. Da sich Kunststoffolien leicht dehnen lassen, werden Folienkondensatoren meistens als Wickelkondensator ausgef¨ uhrt.11 Abh¨ angig davon wie die Kondensatorelektroden erzeugt werden, unterscheidet man KF- und MKF- (oder MK)-Kondensatoren: • Bei KF-Kondensatoren dienen Metallfolien, die zusammen mit dem Foliendielektrikum aufgerollt werden, als Kondensatorelektroden. Die zuvor gereckten Kunststoffolien werden nach dem Wickeln erhitzt und dadurch geschrumpft. Dies erm¨ oglicht Feuchteschutz und mechanische Stabilisierung des Wickels. • Bei MKF-Kondensatoren wird die Kondensatorelektrode durch Bedampfen der Kunststoffolie mit einer d¨ unnen Metallschicht realisiert. Die Dicke der aufgedampften Metallbel¨ age liegt dabei typischerweise im Bereich zwischen 20 nm und 50 nm. Folienkondensatoren sind sowohl bedrahtet als auch unbedrahtet (Chipkondensatoren) lieferbar, wobei sich letztere durch eine besonders geringe Serieninduktivit¨at auszeichnen. Fortgeschrittene Wickel- und Kontaktierungsverfahren sowie die Verf¨ ugbarkeit isolierender Folien mit einer St¨arke von der Gr¨oßenordnung 1 µm erm¨ oglichten eine beachtliche Reduktion der Abmessungen bei gleichbleibenden Kapazit¨atswerten. Dies ging einher mit einer Verringerung des Rastermaßes f¨ ur die Anschl¨ usse bedrahteter Kondensatoren. Tabelle 8.2 zeigt dies anhand der Entwicklung von 1 µF-PolyesterKondensatoren. Tabelle 8.2 Entwicklung von MKT-Kondensatoren (1 µF, nach [9]) Rastermaß Abmessungen mm W × L × H mm3 15 6 × 12.5 × 18 10 5 × 11 × 13 7.5 4.5 × 9.5 × 10.3 5 5 × 10 × 7.2 2.5 5.5 × 10 × 4.6
Grundfl¨ ache mm2 108 65 46 36 25
Volumen mm3 1350 715 440 360 253
spez. Kapazit¨at pF/mm3 740 1400 2270 2780 3950
Organische Dielektrika f¨ ur Folienkondensatoren Die Eigenschaften von Folienkondensatoren wie Verlustwinkel, Temperaturabh¨angigkeit etc. werden wesentlich durch das verwendete Dielektrikum be¨ stimmt. Die folgende Tabelle 8.3 gibt einen Uberblick u ¨ber die gebr¨auchlichsten Materialien. 11
Daneben sind Vielschichtkondensatoren im Handel.
8.4. Ausf¨ uhrungen
339
Tabelle 8.3 Organische Dielektrika f¨ ur Folienkondensatoren (typische Daten) Kenngr¨ oße Einheit
PETP
PC
PP
PS
PPS
r – ◦ C ϑmin /ϑmax TK ppm/K V/µm ED µm dmin tan δ (1 kHz) % s τis (23◦ C)
3.3 −55/100 400 ±200 500 0.9 0.5 25000
2.8 −55/125 0 ±100 350 1.5 0.15 25000
2.2 −55/85 −200 ± 50 600 4 0.03 100000
2.5 −40/70 −150 ± 50 150 4 0.02 100000
3.0 −55/125 0 ±50 400 2 0.08 10000
¨ Eine Gegen¨ uberstellung der relativen Anderung des Kapazit¨atswerts unterschiedlicher Folienkondensatoren mit der Temperatur ist in Abb. 8.22 zu sehen. 6
P E T P P P P S P C P P S
% 4 2
P P S
D C C 0
P C P S
-2
-6
P P
P E T P
-4
-5 5
-4 0
-2 0
0 J
2 0
4 0
6 0
8 0
C
Abb. 8.22. Relative ¨ Anderung der Kapazit¨ at mit der Temperatur (Richtwerte) f¨ ur verschiedene Foliendielektrika
Polyester (PETP). Polyester (Polyethylenterephthalat, PETP) zeichnet sich als Kondensatordielektrikum durch gute Best¨andigkeit bei h¨oheren Temperaturen und Unempfindlichkeit gegen¨ uber Feuchtigkeit aus. PETP ist ein polares Dielektrikum: r verringert sich von Werten zwischen 3.2 und 3.3 bei f = 50 Hz auf r = 2.9 bei f = 10 GHz. Die Verlustzahl steigt zun¨achst stark mit der Frequenz an und liegt bei f = 1 MHz deutlich oberhalb ein Prozent, mit weiter zunehmender Frequenz f¨ allt tan δ jedoch wieder ab (tan δ ≈ 0.6% bei f = 10 GHz, [10]). Der Wert von r nimmt mit zunehmender Temperatur mit einem Temperaturkoeffizienten von ca. 500 ppm/K zu. Typische Anwendungen liegen in kapazitiver Kopplung und Siebung.
340
8. Kondensatoren
Polycarbonat (PC). Polycarbonat ist ein polarer Kunststoff mit Dielektrizit¨atszahlen im Bereich von 3.0 bis 3.2; diese Werte nehmen mit steigender Frequenz leicht ab. Die Verlustzahl betr¨agt tan δ ≈ 10−3 bei 1 kHz und tan δ ≈ 10−2 bei 1 MHz. PC weist eine sehr geringe Temperaturabh¨angigkeit, einen großen zul¨ assigen Temperaturbereich, geringe Alterung und geringe Verluste auf. Kondensatoren mit PC-Dielektrikum werden f¨ ur Zeitglieder und Filter sowie Schaltungen, die bei erh¨ohten Umgebungstemperaturen (ϑmax ≈ 130◦ C) betrieben werden, eingesetzt. Polystyrol (PS). Polystrol zeichnet sich durch sehr geringe dielektrische Verluste, hohen Isolationswiderstand, eine geringe Alterung und einen kleinen negativen TK ≈ −150 ppm/K aus. Der Wert von r betr¨agt 2.5 und ist weitgehend frequenzunabh¨ angig; die Verlustzahl betr¨agt tan δ ≈ 5 · 10−5 bei 50 Hz und nimmt auf tan δ ≈ 5 · 10−4 bei 100 GHz zu. Polystyrol kann Wasser aufnehmen; der Feuchtekoeffizient von r ist ca. 130 ppm/% relative Feuchte. Von besonderem Interesse ist die nahezu lineare Abh¨angigkeit des Kapazit¨atswerts von der Temperatur, was eine Kompensation des Temperaturgangs z. B. in Resonanzkreisen erm¨ oglicht. Typische Anwendungen f¨ ur Kondensatoren mit Polystyroldielektrikum sind Zeitglieder und Filter. Trotz ihrer sehr guten elektrischen Eigenschaften haben Polystyrol-Kondensatoren wegen des vergleichsweise hohen Preises in den letzten Jahren zunehmend an Marktanteil verloren. Polypropylen (PP). Polypropylen ist ein feuchtigkeitsabweisendes, unpolares Dielektrikum mit r ≈ 2.3. Es weist sehr geringe Verluste, einen hohen Isolationswiderstand und einen ann¨ ahernd konstanten, negativen Temperaturkoeffizient von ca. −200 ppm/K auf. Typische Anwendungen f¨ ur MKPKondensatoren sind Oszillatoren und Filter. Daneben werden Kondensatoren mit PP-Dielektrikum als Leistungskondensatoren (insbesondere im Spannungsbereich von 250 V bis 600 V) eingesetzt. Polyphenylensulfid (PPS). Polyphenylensulfid weist geringe Verluste, einen geringen Temperaturkoeffizienten, geringe Alterung und einen großen zul¨assigen Temperaturbereich auf. Kondensatoren mit PPS-Dielektrikum werden in Zeitgliedern, Filtern sowie in Schaltungen, die bei hohen Umgebungstemperaturen betrieben werden (z. B. Automobiltechnik), eingesetzt.
Selbstheilf¨ ahigkeit, Zuverl¨ assigkeit MK-Kondensatoren zeichnen sich durch engtolerierte Kapazit¨atswerte und Selbstheilf¨ ahigkeit nach lokalen Felddurchschl¨agen aus, d. h. Durchschl¨age f¨ uhren i. allg. nicht zu einem bleibenden Kurzschluß zwischen den Kondensatorelektroden. Dem Selbstheilungsvorgang liegt folgender Mechanismus zu-
8.4. Ausf¨ uhrungen
341
grunde: Durchschl¨ age erfolgen meist lokal an Schwachstellen, Poren oder Verunreinigungen im Dielektrikum. Im Durchschlagskanal wird eine sehr hohe Leistung pro Volumeneinheit umgesetzt. Als Folge davon bildet sich ein Plas¨ ma und damit ein starker lokaler Uberdruck, der die Dielektrikumsschichten, wie in Abb. 8.23 gezeigt, linsenf¨ ormig auseinanderdr¨ uckt. Die Metallbel¨age K u n s ts to ff- F o lie
M e ta ll- B e la g
Is o lie r h o f
D u r c h s c h la g s k a n a l
Abb. 8.23. Bildung eines Isolierhofs
der Kondensatorelektroden werden an den R¨andern des Durchschlagskanals durch Verdampfen abgetragen – um den Kanal bilden sich damit nahezu kreisf¨ormige Isolierh¨ ofe, die einen Kurzschluß zwischen den Metallbel¨agen ausschließen. Die Entladung erlischt als Folge dieses Vorgangs i. allg. nach wenigen Mikrosekunden. Die Selbstheilf¨ ahigkeit ist um so gr¨oßer, je gr¨oßer das Verh¨altnis entstandener gasf¨ ormiger Stoffe zu festem Kohlenstoff ist. Letzterer bildet leitf¨ ahige Br¨ ucken und erh¨ oht damit die Bereitschaft f¨ ur neue Durchschl¨age. Aus diesem Grund darf der Wickeldruck bei der Herstellung nicht zu groß sein. Die Ausfallrate λ f¨ ur Folienkondensatoren h¨angt von der Spannung und der Temperatur ab, bei der der Kondensator betrieben wird. Sie wird z. B. in der Form λ = λ0 πV πT spezifiziert; λ0 bezeichnet dabei die zu erwartende Ausfallrate bei einer bestimmten Temperatur und Betriebsspannung,12 πV und πT bezeichnen Korrekturfaktoren f¨ ur davon abweichende Betriebsspannungen und -temperaturen, die den Datenbl¨ attern der Hersteller entnommen werden k¨onnen. ¨ Speziell gestaltete Folienkondensatoren weisen hinsichtlichlich ihrer Uberspannungsfestigkeit vergleichbare Sicherheitsreserven auf wie MP-Kondensatoren. Durch geeignet strukturierte Elektrodenfolien, bei denen Teilkapazit¨aten u unne Strombr¨ ucken (Abb. 8.24) angeschlossen werden, kann die ¨ber d¨ Selbstheilf¨ahigkeit erh¨ oht werden. Tritt im Dielektrikum einer solchen Teil12 F¨ ur MKT- oder MKC-Kondensatoren liegt der Wert f¨ ur λ0 bei typischerweise 2 FIT (V = VN /2, ϑ = 40◦ C)
342
8. Kondensatoren
T e ilk a p a z itä t S tro m b rü c k e K o n ta k tie r u n g
Abb. 8.24. Strukturierte Elektrodenfolie
elektrode ein Durchschlag auf, so verdampft die Strombr¨ ucke; dadurch wird die defekte Teilkapazit¨ at abgekoppelt und der Kondensator ist ausgeheilt. Wegen ihres g¨ unstigen Preises und des besseren Schutzes gegen Feuchteausf¨alle stellen derartige St¨ orschutzkondensatoren eine interessante Alternative zu den herk¨ommlich verwendeten MP-Kondensatoren dar.
8.4.3 Keramikkondensatoren In Keramikkondensatoren wird als Dielektrikum eine Oxidkeramik verwendet. Das ist ein anorganischer, polykristalliner Festk¨orper, der durch einen Brennprozeß bei hohen Temperaturen erzeugt wird. Keramikkondensatoren sind als Scheiben-, R¨ohrchen- und Vielschichtkondensatoren erh¨altlich. F¨ ur die Miniaturisierung sind dabei insbesondere keramische Vielschichtkondensatoren von Bedeutung. Diese bestehen aus einem monolithischen Keramikblock mit kammartig eingesinterten Elektroden (Abb. 8.8 a). Herstellung. Bei der Herstellung keramischer Vielschichtkondensatoren wird in einem ersten Schritt das pulverisierte keramische Ausgangsmaterial 13 mit einem organischen Bindemittel zu einer breiigen Substanz vermengt. Diese wird auf einem Band mit der Ziehklinge zu einer d¨ unnen Schicht 14 ausgezogen. Durch Verdunsten des L¨ osungsmittels bildet sich eine Keramikfolie, die in Bl¨atter geschnitten und im Siebdruckverfahren mit Elektroden15 bedruckt werden kann. Nach Bedrucken der Bl¨ atter werden diese zu Stapeln von 30 bis 60 Bl¨attern geschichtet, wobei zwei aufeinanderfolgende Bl¨ atter leicht gegeneinander verschoben sind. Die Stapel werden dann in kleine W¨ urfel geschnitten, die bei Temperaturen zwischen 1000◦ C und 1400◦ C gebrannt werden. Die Kontakte werden durch Eintauchen in ein Silber-PalladiumBad und anschließendes Einbrennen hergestellt. Nach Anbringen der L¨otfahnen und ¨ Uberzug mit einer sch¨ utzenden Kunststoffschicht ist der Keramikkondensator fertig hergestellt.
Keramikvielschichtkondensatoren sind in Chipform mit sehr geringen Abmessungen verf¨ ugbar. Tabelle 8.4 zeigt eine Auswahl verf¨ ugbarer Bauformen. 13
Korngr¨ oßen liegen typischweise im Bereich von Mikrometern. Typische. St¨ arken liegen im Bereich zwischen 10 und 100 µm. 15 Als Elektrodenmaterial wird dabei entweder eine Silber-Palladium-Paste oder eine BleiZinn-Paste verwendet. 14
8.4. Ausf¨ uhrungen
343
Tabelle 8.4 Bauformen f¨ ur Keramikvielschichtkondensatoren (Chip, nach [11]) Bauform 0603 0805 1206 1210 1812 2220
L¨ ange/mm 1.6 2.0 3.2 3.2 4.5 5.7
Breite/mm 0.8 1.25 2.5 2.5 3.2 5.1
H¨ohe/mm 0.9 0.6 − 1.3 0.6 − 1.3 0.6 − 1.3 1.3 1.3
Kapazit¨atsbereich 1 pF − 10 nF 1 pF − 47 nF 1 pF − 100 nF 0.82 nF − 330 nF 1.2 nF − 470 nF 3.3 nF − 1.5 µF
Abh¨angig von der chemischen Zusammensetzung der Dielektrika unterscheidet man keramische Kondensatoren der Klassen 1, 2 und 3. Keramikkondensatoren der Klasse 1 (NDK). Bei diesen wird als Dielektrikum gew¨ohnlich eine Mischung von Metalloxiden verwendet (z. B. Oxide der Lanthanide und Titanoxid); die Dielektrizit¨atszahl r solcher Dielektrika ist i. allg. kleiner als 100. Klasse 1-Kondensatoren zeichnen sich durch eine vernachl¨assigbare Spannungsabh¨ angigkeit des Kapazit¨atswerts, kleine Verluste bis in den UHF-Bereich, eine hohe Langzeitkonstanz, einen hohen Isolationswiderstand sowie eine reversible und ann¨ahernd lineare Abh¨angigkeit des Kapazit¨atswerts von der Temperatur aus. Sie eignen sich deshalb f¨ ur Anwendungen, in denen zeitkritische Gr¨ oßen mittels Kapazit¨aten definiert werden wie: Zeitglieder, Schwingkreise, Filter. Kennzeichnung. Die Temperaturabh¨angigkeit der Kapazit¨atswerte von NDK-Kondensatoren wird entweder entsprechend dem EIA-Standard RS198B oder nach der IEC-Norm 384-8 (CECC 32100) bezeichnet. Nach EIA-Standard werden Keramikkondensatoren der Klasse 1 mit einer dreistelligen Bezeichnung spezifiziert. Der erste Kennbuchstabe und der als zweites angegebene Multiplikator bestimmen den Temperaturkoeffizienten des Kapazit¨ atswerts, die dritte Stelle gibt die Toleranz an. Die Bedeutung der verwendeten Zeichen ergibt sich aus Abb. 8.25. X n Y
1 . S te lle S ig n ifik a n te S te lle C = 0 M = 1 P = 1 R = 2
.0 .0 .5 .2
S = 3 .3 T = 4 .7 U = 7 .5
2 . S te lle
3 . S te lle
M u ltip lik a to r 0 = 1 = 2 = 3 =
- 1 - 1 0 - 1 0 0 - 1 0 0 0
5 = 6 = 7 = 8 =
T o le r a n z in p p m /K + 1 + 1 0 + 1 0 0 + 1 0 0 0
G
= + /H = + /J = + /K = + /-
3 0 6 0 1 2 0 2 5 0
L = + /- 5 0 0 M = + /- 1 0 0 0 N = + /- 2 5 0 0
Abb. 8.25. Kennzeichnung von Keramikkondensatoren der Klasse 1
Die Kennbuchstaben C0G bezeichnen demzufolge einen Kondensator dessen Temperaturkoeffizient um maximal ±30 · 10−6 /K vom Wert Null abweicht.
344
8. Kondensatoren
Als typische Beispiele werden Klasse 1-Keramikvielschichtkondensatoren mit Temperaturcharakteristiken (CECC) gem¨ aß CG, bzw. SL betrachtet. Diese sind mit Kapazit¨ atswerten im Bereich von 1 pF bis 100 nF lieferbar. F¨ ur CG-Typen sind Kapazit¨ atstoleranzen von ±1 % und einem Temperaturkoeffizienten von (0 ± 30) ppm/K lieferbar, die Verlustzahl ist kleiner als 1 · 10−3 , die Selbstentladezeitkonstante ist bei Raumtemperatur gr¨ oßer als 1000 s. F¨ ur Kondensatoren mit der Temperaturcharakteristik SL ist der Temperaturkoeffizient mit −1000 ppm/K < αC < +140 ppm/K weniger genau spezifiziert. 1 0 % 0
2 C 1
X 7 R , 2 R 1
-1 0 D C C N
-2 0 -3 0
Z 5 U
-4 0 -5 0
-5 5
-4 0
-2 0
0
2 0
T e m p e ra tu r
4 0
6 0
8 0
C
Abb. 8.26. Temperaturcharakteristiken f¨ ur Klasse 2-Keramikkondensatoren
Keramikkondensatoren der Klasse 2 (HDK). Bei diesen besteht das Dielektrikum vorwiegend aus ferroelektrischen Materialien (i. allg. Titanate oder Zirkonate mit Perowskitstruktur). Die Dielektrizit¨atszahl solcher Dielektrika liegt typisch im Bereich 1000 < r < 10000. Klasse 2 Kondensatoren zeigen eine nichtlineare Abh¨ angigkeit der Kapazit¨at von Temperatur und Spannung, altern nach einem logarithmischen Zeitgesetz (Abnahme der Kapazit¨at) und sind auch hinsichtlich ihrer Verlustzahlen und Isolationswiderst¨ande weniger g¨ unstig als Klasse 1-Kondensatoren. Wegen der hohen Dielektrizit¨atszahlen in Klasse 2-Kondensatoren bieten diese aber im Gegenzug hohe spezifische Kapazit¨atswerte – sie kommen dann zum Einsatz, wenn große Kapazit¨atswerte bei kleinen Abmessungen gefragt sind, geringe Verluste und große Konstanz der Kapazit¨atswerte jedoch von untergeordneter Bedeutung sind. Es gibt eine Vielzahl von Klasse 2-Kondensatorkeramiken mit deutlich unterschiedlichen Eigenschaften. Abbildung 8.26 zeigt exemplarisch die Kapazit¨ats¨anderung mit der Temperatur f¨ ur Keramikkondensatoren mit Temperaturcharakteristiken 2C1, 2R1 (X7R), Z5U. Neben dieser zum Teil bedeutenden Temperaturabh¨ angigkeit ist eine Abh¨angigkeit des Kapazit¨atswerts von einer u berlagerten Gleichspannung zu beachten. Bei X7R reduziert sich ¨ uber dem Nennwert, bei Z5U sodie Kapazit¨at bei V = VN um 60 % gegen¨
8.4. Ausf¨ uhrungen
345
gar um 75 %. Die Verlustzahl nimmt mit zunehmender Temperatur ab; bei Raumtemperatur gilt i. allg. tan δC > 1%. Kennzeichnung. Keramikkondensatoren der Klasse 2 werden nach EIA-Standard RS198B mit einer dreistelligen Bezeichnung spezifiziert. Die Bedeutung der Zeichen kann aus Abb. 8.27 entnommen werden. X n Y
1 . S te lle
2 . S te lle
u n te re G re n z te m p e ra tu r
o b e re G re n z te m p e ra tu r
Z = + 1 0 C Y = - 3 0 C X = - 5 5 C
4 = 5 = 6 = 7 =
+ 6 + 8 + 1 + 1
5 5
C
3 . S te lle
0 5 2 5
C C
C
m a x im a le A b w e ic h u n g d e s K a p a z itä ts w e r ts in % A = B = C = D =
+ /+ /+ /+ /-
1 .0 1 .5 2 .2 3 .3
E = F = P = R =
+ /- 4 .7 + /- 7 .5 + /-1 0 + /- 1 5
S = T = U = V =
Abb. 8.27. Kennzeichnung von Keramikkondensatoren der Klasse 2
+ /- 2 2 + 2 2 /-3 3 + 2 2 /-5 6 + 2 2 /-8 2
Die Kennbuchstaben X7R bezeichnen demzufolge einen f¨ ur den Temperaturbereich −55◦ C < ϑ < 125◦ C spezifizierten Kondensator, der in diesem Temperaturintervall aufgrund seiner Temperaturabh¨ angigkeit um h¨ochstens ±15% von seinem Nennwert abweicht. E le k tr o d e C
K G
R
K o rn
K
C
K o rn g re n z e ( is o lie r e n d ) d
R L
d
K G
R K
C d K
E le k tr o d e
R
K G
C
K K G
Abb. 8.28. Zur Wirkungsweise von Keramikkondensatoren der Klasse 3
Keramikkondensatoren der Klasse 3. Hier besteht das Dielektrikum aus einer polykristallinen Titanatkeramik (BaTiO3 , SrTiO3 ) mit halbleitenden Eigenschaften (n-Leitung). In diesen Stoffen bilden sich an den Korngrenzen d¨ unne und dennoch sehr hochohmige Raumladungszonen – sog. Sperrschichten mit Dicken ur die isolierenden Eigenschaften dRL = (0.2−2) µm – aus. Diese sind verantwortlich f¨ des Materials. Wird zwischen den Elektroden eine Spannung angelegt, so verschieben sich die Ladungstr¨ ager im elektrischen Feld nur innerhalb der K¨orner, da sie
346
8. Kondensatoren
die Sperrschichten am Rand nicht u ¨berwinden k¨onnen – es tritt eine sog. Raumladungspolarisation auf. Das Kondensatordielektrikum entspricht dabei n¨aherungsweise einer Reihenschaltung von Sperrschichtkapazit¨aten (Kapazit¨at je Fl¨acheneinheit C ≈ 0 r /dRL ), wie dies schematisch in Abb. 8.28 dargestellt ist. Sind im Dielektriorner in Reihe geschaltet“ , so entspricht dies k + 1 in kum im Mittel k = d/dK K¨ ” Reihe geschalteten Sperrschichtkapazit¨ aten, d. h. es gilt C ≈
A d/dRL A 1 0 r . = 0 r k+1 dRL 1 + d/dK d
Im Grenzfall d dK geht dies u ¨ber in C ≈ 0 r,eff A/d
mit
r,eff = r dK /dRL .
Bei typischen Korndurchmessern dK in der Gr¨oßenordnung einiger 10 µm lassen sich so effektive Dielektrizit¨ atszahlen r,eff von u ¨ber 50000 erreichen. In Wechselfeldern hoher Frequenz wird der Widerstand des Korns bedeutsam. ur Umladevorg¨ange auf den SperrschichtkaDurch RK CKG ≈ ρ0 r dK /dRL wird die f¨ pazit¨ aten maßgebliche Zeitkonstante bestimmt. Die zugeh¨orige Relaxationsfrequenz ist deshalb vom spezifischen Widerstand im Korn abh¨angig. Mit SrTiO3 lassen sich Relaxationsfrequenzen von bis zu 1 GHz erreichen. Die Verlustzahl von Dielektrika der Klasse 3 ist hoch: Bei niederen Frequenzen wird er bestimmt durch Leckstr¨ome die u ¨ber die Korngrenzen fließ, bei hohen Frequenzen durch den Serienwiderstand der K¨ orner (also durch die aus dem RC-Verhalten resultierende Phasenverschiebung).
8.4.4 Glimmerkondensatoren Glimmer ist ein nat¨ urlich vorkommendes Mineral, das sich zu sehr d¨ unnen Pl¨attchen spalten l¨ aßt - es sind Schichtdicken von nur wenigen Mikrometern herstellbar. Diese Pl¨ attchen werden beispielsweise im Siebdruckverfahren mit Silberelektroden beschichtet und als Scheiben- oder Vielschichtkondensatoren verwendet. Glimmerkondensatoren sind in bedrahteter und SMD-Bauform erh¨altlich und weisen Kapazit¨ atswerte von wenigen Pikofarad bis zu einigen Nanofarad auf. Sie zeichnen sich durch eine hohe Spannungsfestigkeit, einen kleinen Temperaturkoeffizienten des Kapazit¨atswerts, eine hohe Langzeitkonstanz und Impulsfestigkeit, geringe dielektrische Verluste sowie vergleichsweise große zul¨ assige Betriebstemperaturen aus. Wegen ihres hohen Preises kommen diese Kondensatoren dennoch nur vergleichsweise selten zum Einsatz.
8.4.5 Elektrolytkondensatoren In Elektrolytkondensatoren (Elkos) wird das Dielektrikum durch einen elektrochemischen Vorgang auf einer zuvor pr¨aparierten Aluminium-, Tantaloder Niobelektrode hergestellt. Da die dielektrische Schicht sehr homogen ist und – im Gegensatz zu den bisher besprochenen Kondensatorbaufor-
8.4. Ausf¨ uhrungen
347
men – nach ihrer Herstellung nicht mehr mechanisch bearbeitet werden muß (Wickeln oder Schichten), gen¨ ugen sehr geringe Schichtdicken, was zu sehr hohen spezifischen Kapazit¨ atswerten f¨ uhrt. Elkos sind meist gepolt, d. h. sie d¨ urfen nur mit einer Spannung von bestimmter Polarit¨at und nicht mit Wechselspannung betrieben werden. Der positiv gepolte Anschluß wird als Anode, der negativ gepolte als Kathode bezeichnet. Daneben existieren aber auch bipolare (oder ungepolte) Elkos. Abbildung 8.29 zeigt die entsprechenden Schaltsymbole. + g e p o lt
u n g e p o lt
Abb. 8.29. Elkos: Schaltsymbole
Typische Anwendungen f¨ ur Elkos sind Gl¨attung und Siebung in Netzger¨aten, Frequenzweichen f¨ ur Lautsprecher, Zeitverz¨ogerung f¨ ur Motorschaltungen, Energiespeicher in Blitzger¨ aten oder Digitalschaltungen. B e r e ic h s ig n ifik a n te r W e ite r fo r m ie r u n g I
i
A
iR ( t) +
iR ( t)
E n d re s ts tro m V N
V S
V F
V
F o r m ie r s p a n n u n g N e n n s p a n n u n g S p itz e n s p a n n u n g (a )
t (b )
Abb. 8.30. Strom durch den Elektrolytkondensator. (a) als Funktion der angelegten Spannung, (b) als Funktion der Zeit nach Lagerung (schematisch)
Formierung, Reststrom. Bei der Herstellung eines Elkos wird das Anodenmaterial (z.B. Aluminium) mit dem Betriebselektrolyten in Kontakt gebracht. Durch Anlegen einer Formierspannung VF kommt es zu einer elektrochemischen Reaktion des Betriebselektrolyten mit dem Anodenmaterial, wobei dieses mit einer isolierenden Oxidschicht u ¨berzogen wird (anodische Oxidation). Die so erzeugten Dielektrika zeichnen sich durch eine hohe Dickenhomogenit¨at, eine im Vergleich zu Kunststoffolien hohe Dielektrizit¨atszahl (Al2 O3 : 7−8 und Ta2 O5 : 25−27) und eine sehr hohe Durchschlagsfeldst¨arke (Gr¨oßenordnung 10 MV/cm) aus. Die erforderlichen Oxidschichtdicken sind deshalb
348
8. Kondensatoren
mit 1.35 nm/V zul¨ assiger Betriebsspannung f¨ ur Al-Elkos und 1.7 nm/V f¨ ur Ta-Elkos sehr gering. Da sich die Oberfl¨ache des Elektrolyten an Unebenheiten der Anode anpaßt, kann die effektive Fl¨ache des Kondensators durch Aufrauhen der Anode vervielfacht werden. In Verbindung mit den geringen Schichtdicken lassen sich so sehr große Kapazit¨atswerte erreichen. Der Strom durch einen Elektrolytkondensator h¨angt nichtlinear von der Spannung ab, wie in Abb. 8.30 dargestellt. F¨ ur Spannungen unterhalb der Spitzenspannung VS ist der Strom sehr klein und kann ann¨ahernd durch einen zu einem idealen Kondensator parallel geschalteten hochohmigen Widerstand beschrieben werden. Erh¨ oht man die Spannung u ¨ber VS hinaus, so w¨achst der Strom stark an; mit Erreichen der Formierspannung VF setzt dann eine ausgepr¨agte Weiterformierung ein, verbunden mit einer starken Gas- und W¨armeentwicklung. Zwar tritt eine solche Weiterformierung bereits bei kleineren Spannungen auf, sie ist jedoch vernachl¨ assigbar klein, solange die Betriebsspannung die Nennspannung VN nicht u ¨berschreitet.16 Der Reststrom ist definiert als der Strom, der bei angelegter Gleichspannung durch den Kondensator fließt. Er ist bedingt durch Ionen, die u ¨ber Fehlstellen in der Oxidschicht fließen. Der Wert des Reststroms h¨angt stark von der Vorgeschichte“ ab. Bei spannungsloser Lagerung wird die Oxidschicht ” langsam abgebaut; sie regeneriert sich wieder nach Anlegen der Spannung. Der Reststrom kann aus diesem Grund nach l¨angerer Lagerzeit um mehrere Gr¨oßenordnungen ansteigen, f¨ allt dann aber nach einigen Stunden Dauerbetrieb wieder gegen den Endreststrom ab. Dieser ist gew¨ohnlich in guter N¨aherung proportional zu der auf dem jeweiligen Kondensator gespeicherten Ladung (C V ). Zur Reduktion des Reststroms eines Elektrolytkondensators nach l¨angerer Lagerung kann dieser bei Nennspannung nachformiert werden. Damit aufgrund des zun¨ achst hohen Reststroms keine unzul¨assige Erw¨armung im Kondensator entsteht, wird hierzu gew¨ ohnlich ein den Strom begrenzender Vorwiderstand (z. B. 1 kΩ) verwendet. Der Nachformiervorgang verbraucht wesentlich mehr Elektrolyt als Regenerierprozesse w¨ahrend des normalen Betriebs. Wird die Oxidschicht zu stark abgebaut – etwa durch Lagern des Kondensators oberhalb der Grenztemperatur – so kann der Fall eintreten, daß der Elektrolytvorrat des Kondensators nicht mehr zur Nachformierung ausreicht. ur die der KondensaGrenzdaten. Die Nennspannung VN ist die Spannung, f¨ tor ausgelegt wurde – sie darf als Gleichspannung dauernd am Kondensator anliegen, ohne daß dieser Schaden nimmt. Ist der Gleichspannung eine periodische Wechselspannung u ¨berlagert, so darf der Scheitelwert die Nennspannung nicht u ¨berschreiten. Die Spitzenspannung VS bestimmt den Scheitelwert der Spannung die kurzfristig (h¨ ochstens f¨ unfmal pro Stunde mit einer Dauer ¨ Je h¨ oher also die als Uberformierung bezeichnete Differenz VF − VN zwischen Formierspannung und Nennspannung ist, desto gr¨ oßer die Betriebssicherheit des Kondensators. 16
8.4. Ausf¨ uhrungen
349
von weniger als 1 min) am Kondensator anliegen und keinesfalls u ¨berschritten werden darf. F¨ ur viele Elkos wird eine Spannungsminderung, d. h. eine Reduktion der Nennspannung bei h¨ oherer Umgebungstemperatur, vorgeschrieben. An Elkos, die f¨ ur Gl¨ attungsaufgaben eingesetzt werden, liegt eine Gleichspannung an, der ein Wechselspannungsanteil u ¨berlagert ist. Wegen ESR f¨ uhrt dieser zu einer Erw¨ armung des Kondensators; dabei darf auch im Inneren des Kondensators, wo die h¨ ochste Temperatur auftritt, eine maximale Temperatur nicht u ¨berschritten werden, um die Lebensdauer nicht herabzusetzen. Ein u ¨berlagerter Wechselstrom der Kreisfrequenz ω vom Effektivwert I(ω) f¨ uhrt zur Verlustleistung (Effektivwert) P (ω) = ESR(ω) I 2 (ω) .
(8.31)
Da die Anode w¨ ahrend schneller Entladevorg¨ange reduziert und die Kathode oxidiert wird (was sich in einer Abnahme des Kapazit¨atswerts bemerkbar macht), sind Elektrolytkondensatoren beschr¨ankt schaltfest. A n o d e
K a th o d e
+
V e r s c h lu ß s to p fe n
A lu m in iu m
P a p ie r
Abb. 8.31. Zum Aufbau eines Elkos
Aluminium-Elektrolytkondensatoren Aufbau. Aluminium-Elkos mit (halb-)fl¨ ussigem Elektrolyten (nasse Aluminium-Elkos) werden u ¨blicherweise als Wickelkondensatoren (Abb. 8.31) realisiert. Der Wickel enth¨ alt zwei Aluminiumfolien (Anode und Kathode) die durch je eine, vom Elektrolyten durchtr¨ ankte, Papierschicht (Separatorfolie) voneinander getrennt werden. Die Anordnung wird mit Elektrolyt getr¨ankt, in einem Becher untergebracht und dicht verschlossen. Der Kathodenanschluß
350
8. Kondensatoren
(Minuspol) wird gew¨ ohnlich mit dem Becher kurzgeschlossen, der Anodenanschluß wird isoliert herausgef¨ uhrt.17 Zur Vergr¨oßerung der Kondensatoroberfl¨ache werden heute nahezu ausschließlich Al-Elkos mit aufgerauhten Oberfl¨achen erzeugt. Durch diese Maßnahme verschlechtern sich zwar die elektrischen Werte etwas18 , daf¨ ur lassen sich aber um ein mehrfaches h¨ ohere spezifische Kapazit¨aten erzielen. Der in Abb. 8.32 a dargestellte Aufbau, bei dem nur auf der Anode eine Oxidschicht erzeugt wurde, darf nur mit einer Polarit¨at betrieben werden und funktioniert nur ordnungsgem¨ aß, wenn an der Anode (das ist die bei der Formierung oxidierte Al-Folie) der Pluspol, an der anderen Folie der Minuspol angeschlossen wird. Wird die Polarit¨at vertauscht, so setzt eine mit starker innerer Erw¨ armung und Gasbildung verbundene Formierung der kathodenseitigen Al-Folie ein, die unter Umst¨anden zur Zerst¨orung des Kondensators f¨ uhrt.19 Bei den f¨ ur Wechselbetrieb geeigneten bipolaren Elkos ist
K a th o d e n fo lie ( A l) e le k tr o ly tg e tr ä n k te P a p ie r s c h ic h t D ie le k tr ik u m ( O x id d e r A n o d e n fo lie ) A n o d e n fo lie ( A l) (a )
K a th o d e n fo lie ( A l) D ie le k tr ik u m 2 e le k tr o ly tg e tr ä n k te P a p ie r s c h ic h t D ie le k tr ik u m 1 A n o d e n fo lie ( A l) (b )
Abb. 8.32. Aufbau (schemematisch) eines (a) gepolten und eines (b) bipolaren Elkos
der Formierprozeß der Kathode bereits in der Fertigung durchgef¨ uhrt worden, d. h. hier sind Anoden- und Kathodenfolie mit einer Oxidschicht u ¨berzogen (Abb. 8.32 b). Da die zwischen Anodenfolie und Kathodenfolie realisierte Kapazit¨at nun als Serienschaltung zweier Kapazit¨aten aufzufassen ist, reduziert sich die spezifische Kapazit¨ at im Vergleich zum ungepolten Elko auf die H¨alfte. Aus diesem Grund werden, soweit m¨ oglich, gepolte Elkos verwendet. 17
Durch Elementbildung zwischen Anode und Kathode k¨ onnen bei Al-Elkos Eigenspannungen von bis zu 0.5 V zwischen Anode und Kathode auftreten. Wegen des hohen Innenwiderstands der Zelle“ kann diese aber f¨ ur die meisten Anwendungen vernachl¨ assigt ” werden. 18 Z. B. Erh¨ ohung des Serienwiderstands. 19 Kurzzeitige Falschpolungen bis zu 2 V sind i. allg. zul¨ assig, da die Formierung der Kathode erst f¨ ur h¨ ohere Werte der angelegten Spannung einsetzt. Der maximal zul¨ assige Wert wird vom Hersteller als Umpolspannung spezifiziert.
8.4. Ausf¨ uhrungen
351
Trockene Aluminium-Elkos nutzen einen Festk¨orperelektrolyten (i.allg. organisches Material oder MnO2 ) und haben den Vorteil, daß kein Elektrolyt verdunsten kann. Sie weisen deswegen eine vergleichsweise lange Lebensdauer auf. 1 0 W
1
-2 5 C -4 0
1 0
1 0 0
-4 0 C
Z
1 0
1
2
1 0 1 0
1 0
0
C
ta n d
1 0
3
-2 5 C 0
-1
+ 8 5
-2
1 0 1
1 0 2
1 0 3
f
1 0
0
+ 2 5 1 0 5
C
1 0 1 0 6
1 0 7
H z
C
-1
C
C 4
1 0
+ 2 5 C
+ 8 5
-2
1 0 1
1 0 2
1 0 3
C
H z 1 0 4
F re q u e n z , f
Abb. 8.33. Scheinwiderstand Z und Verlustzahl tan δC eines Elkos (100 µF, 63 V)
Temperaturabh¨ angigkeit. Die Nennkapazit¨ at eines Al-Elkos wird bei Nennspannung mit einer u berlagerten Wechselspannung der Frequenz 100 Hz be¨ stimmt. Abbildung 8.4.5 zeigt den Verlauf des Scheinwiderstands und der Verlustzahl als Funktion der Frequenz f¨ ur verschiedene Werte der Umgebungstemperatur. Der Serienwiderstand ESR wird v.a. durch den Zuleitungswiderstand des Elektrolyten bestimmt und ist groß im Vergleich zu anderen Kondensatortypen. Mit abnehmender Temperatur nimmt der durch den Elektrolyt bedingte Serienwiderstand aufgrund der dann schlechteren Ionenbeweglichkeit stark zu. Dies f¨ uhrt zu einer großen Verlustzahl tan δC ≈ 2πf CN ·ESR und bereits bei kleinen Frequenzen zu deutlichen Abweichungen vom rein kapazitiven Verhalten. Zuverl¨ assigkeit, Lebensdauer. Al-Elkos sind in begrenztem Maße selbstheilend, da der an Schwachstellen auftretende erh¨ohte Stromfluß zur Oxidation der Anodenfolie f¨ uhrt. Fehlstellen k¨ onnen ausheilen, sofern der Innenwiderstand Ri der umgebenden Schaltung nicht zu klein ist. In diesem Fall begrenzt dieser den bei Kurzschluß fließenden Strom und erm¨oglicht so ein Ausheilen. F¨ ur kleine Innenwiderst¨ ande liefert die Umgebung einen hohen Strom – der Kondensator wird zerst¨ ort bevor die Fehlstelle ausheilen kann. Die Lebensdauer von Al-Elkos h¨ angt stark vom verwendeten Elektrolyten ab und verringert sich, wenn dieser – bedingt durch Undichtigkeiten, Korro-
352
8. Kondensatoren
sion, Reststrom oder Nachformierung – abnimmt. Da die Elektrolyt verbrauchenden elektrochemischen Prozesse bei h¨oheren Temperaturen schneller ablaufen20 , verringert sich die Lebensdauer mit steigender Temperatur stark 21 . Durch ein großes Speichervolumen f¨ ur Elektrolyt kann die Lebensdauer von Al-Elkos erh¨oht werden. Als Brauchbarkeitsdauer wird die Zeit bis zum Erreichen eines vorgegebenen Ausfallsatzes, d. h. eines bestimmten Prozentsatzes ausgefallener Bauteile, bezeichnet. Die Brauchbarkeitsdauer ist i. allg. um so gr¨oßer, je niedriger die Umgebungstemperatur, je geringer die u ¨berlagerte Wechselspannung, je kleiner die Betriebsspannung und je gr¨ oßer der Innenwiderstand der umgebenden Schaltung ist. In den Datenbl¨ attern der Hersteller werden hierzu Diagramme und Korrekturfaktoren angegeben, die es erlauben, f¨ ur bestimmte Betriebsbedingungen die Brauchbarkeitsdauer zu ermitteln. Al-Elkos sind genormt und sowohl in Ausf¨ uhrungen f¨ ur erh¨ ohte Anforderungen als auch f¨ ur allgemeine Anforderungen erh¨ altlich. R
R
s y m
+ +
+
+
R
+
L
R
(a )
s y m
R
is
is
(b )
Abb. 8.34. (a) Parallelschaltung und (b) Reihenschaltung von Elkos
Kondensatorbatterien. Werden mehrere Elkos zur Erh¨ohung des Kapazit¨atswerts parallel geschaltet, so f¨ uhrt ein Kurzschluß in einem Kondensator meist zu einem sehr großen Entladestrom, da sich die u ¨brigen Kondensatoren dann u ¨ber den defekten Kondensator entladen. F¨ ur derartige Anwendungen ist es deshalb sinnvoll, den Strom, der durch einen Kondensator fließen kann, durch Serienwiderst¨ande zu begrenzen. In Anwendungen, in denen diese die Entladezeit der Kondensatorbatterie in unzul¨ assiger Weise erh¨ ohen (Stoßentladung), k¨onnen die Widerst¨ande im Zeitpunkt der Entladung u uckt werden (Abb. 8.34 a). ¨berbr¨ Werden Elkos in Serie geschaltet, um mit Spannungen h¨oher als die Dauergrenzspannung der Einzelkondensatoren betrieben zu werden, so muß sichergestellt werden, daß die anliegende Spannung sich so verteilt, daß keiner der Kondensatoren 20
Erw¨ armung f¨ uhrt zu verst¨ arkter Gasbildung, was den Druck im Kondensator und damit die Diffusion des Elektrolyten aus dem Kondensator beschleunigt. 21 Als Anhaltspunkt kann das Sieben-Grad-Gesetz“ genannt werden. Nach diesem wird ” ohung halbiert. die Lebensdauer f¨ ur ϑ > 50◦ C mit je 7◦ C Temperaturerh¨
8.4. Ausf¨ uhrungen
353
u ¨berlastet wird. Da die Spannungsaufteilung durch die Isolationswiderst¨ande Ris bestimmt wird, diese aber starken Schwankungen unterworfen sind, wird zumeist parallel zu jeder Kapazit¨ at ein Symmetrierwiderstand“ Rsym geschaltet (Abb. 8.34 b); ” dessen Wert wird i. allg. so gew¨ ahlt, daß der Strom durch Rsym ca. zehnmal gr¨oßer ist als der Reststrom des Al-Elkos. Die parallelgeschalteten Widerst¨ande bestimmen dann die Spannungsaufteilung weitgehend unabh¨angig von Schwankungen des Isolationswiderstands.
Tantal- und Niob-Elektrolytkondensatoren Tantal-Elkos lassen sich mit nassem Elektrolyt herstellen, werden meist aber als trockene gepolte Kondensatoren ausgef¨ uhrt. Das als Dielektrikum dienende Tantalpentoxid (Ta2 O5 ) weist mit r = 27 eine im Vergleich zu Al2 O3 große Dielektrizit¨ atszahl auf; das in den neu entwickelten Niob-Elkos eingesetzte Niobpentoxid (Nb2 O5 ) ist mit r = 41 noch vorteilhafter. T a 2O 5
, D ie le k tr ik u m
+ -
A n o d e
K a th o d e
T a
M n O 2
M e ta ll G r a p h it
Abb. 8.35. Aufbau eines trockenen Tantal-Elkos
Trockene Tantal- oder Niob-Kondensatoren werden durch Sintern hergestellt; die vorgehensweise ist weitgehend identisch und wird im Folgenden f¨ ur Tantal-Kondensatoren dargestellt. Tantal-Pulver wird mit Bindemittel vermischt, mit einem Ta-Draht kontaktiert, gepresst und bei ca. 1500◦ C bis 2000◦ C gesintert. Auf diesem Weg entsteht eine hochpor¨ose Ta-Perle, die eine sehr große Oberfl¨ache22 besitzt. Diese Perle dient als Anode des Kondensators. Das Kondensatordielektrikum Ta2 O5 wird in einem anschließenden Formierprozeß in einem phosphors¨ aurehaltigen Elektrolyten erzeugt. Als Gegenelektrode wird MnO2 (Braunstein) oder ein Polymerelektrolyt verwendet. Polymere (z.B. Polypyrrol) zeichnen sich gegen¨ uber Braunstein durch die ann¨ahernd hundertfach h¨ohere Leitf¨ ahigkeit aus, was zu sehr g¨ unstigen ESR-Werten f¨ uhrt [12]. Die spr¨ode Braunsteinschicht bzw. Polymerschicht wird mit einer sch¨ utzenden Die Tantalk¨ orner haben Durchmesser von der Gr¨ oßenordnung 1 µm und darunter. Ziel der Entwicklung ist eine Verringerung des Korndurchmessers, da sich das Verh¨ altnis von Oberfl¨ ache (maßgeblich f¨ ur die Kapazit¨ at) zu Volumen (maßgeblich f¨ ur die Masse) umgekehrt proportional zum Korndurchmesser verh¨ alt: Je geringer der Korndurchmesser, desto gr¨ oßer ist der erreichbare Wert f¨ ur die spezifische Kapazit¨ at. 22
354
8. Kondensatoren
Graphitschicht eingeh¨ ullt, die dann von einem Metall kontaktiert wird. Auf diesem Weg ergibt sich der in der Abb. 8.35 schematisch dargestellte Aufbau des Ta-Elkos. Wegen der im Vergleich zu Aluminium h¨oheren Korrosionsbest¨andigkeit des Tantals besitzen Ta-Elkos eine gr¨ oßere Lebensdauer als Al-Elkos. Ta-Elkos mit ihrem im Vergleich zu Al-Elkos h¨ oheren Preis finden deshalb insbesondere in Schaltungen Verwendung, bei denen hohe spezifische Kapazit¨atswerte sowie eine hohe Zuverl¨ assigkeit auch bei erh¨ohten Temperaturen gefordert sind. Ta-Elkos besitzen eine hohe spezifische Kapazit¨at und werden vorzugsweise als Koppel- oder Abblockkondensatoren (zur Siebung) sowie als Energiespeicher eingesetzt – typische Anwendungen sind Puffer- und St¨ utzkondensatoren f¨ ur die Stromversorgung von PCs und Notebooks. Sie werden in der Regel gegen¨ uber MKF- oder keramischen Vielschichtkondensatoren vorgezogen, falls h¨ohere Kapazit¨ atswerte gebraucht werden oder die Abmessungen des Kondensators kritisch sind. F¨ ur die Beschreibung des elektrischen Verhaltens ist die Serienersatzschaltung gut geeignet, wobei f¨ ur den praktisch interessanten Frequenzbereich deutlich unterhalb der Resonanzfrequenz der Einfluß der Serieninduktivit¨ at vernachl¨ assigt werden kann: In der Regel gen¨ ugt eine Reihenersatzschaltung aus C und ESR. Bei Anwendung im Entladebetrieb (Zeitglieder) ist die begrenzte Stoßstromfestigkeit zu beachten: In der Regel sollten die Ladestr¨ ome einige 100 mA nicht u ¨berschreiten. Die Kapazit¨at von Ta-Elkos zeigt einen positiven Temperaturkoeffizienten in der Gr¨oßenordnung 0.1 − 0.2 %/K. Wegen der hohen elektrischen Leitf¨ahigkeit des MnO2 besitzen Ta-Elkos wesentlich geringere Serienwiderst¨ande – und damit Verlustzahlen – als Al-Elkos. Ein weiterer Vorzug ist die geringe Temperaturabh¨ angigkeit der Leitf¨ ahigkeit dieser Elektrolyten: Der Scheinwiderstand Z von Ta-Elkos h¨ angt nur wenig von der Temperatur ab. Bei Verwendung von Polymerelektrolyten und Mehrfach-Anodenanschl¨ ussen lassen sich ESR-Werte im Bereich von 20 mΩ erzielen (Kapazit¨atswert 470 µF, [13]). Tantal-Kondensatoren weisen typischerweise dielektrische Absorptionskoeffizienten kDA in der Gr¨ oßenordnung einiger Prozent auf. +
+
Abb. 8.36. Gegenpolige Serienschaltung f¨ ur Wechselspannungsbetrieb
Ta-Elkos sind gepolte Kondensatoren – in den Datenbl¨attern wird gew¨ohnlich eine bei Falschpolung maximal zul¨ assige Umpolspannung angegeben. Diese ist von der Gr¨ oßenordnung 1 V. Bei Wechselbetrieb kann eine gegenpolige Serienschaltung (z. B. Kathode an Kathode, Abb. 8.36) zweier Ta-Elkos verwendet werden. Diese Konfiguration sperrt den Strom unabh¨angig von der Polung und kann mit Wechselspannungen der Amplitude VN (Nennspannung der Einzelkondensatoren) betrieben werden.
8.4. Ausf¨ uhrungen
355
Ta2 O5 wird bei Raumtemperatur praktisch nicht abgebaut. Aus diesem Grund ist eine spannungslose Lagerung von Ta-Elkos unproblematisch: Der Reststrom vergr¨ oßert sich bei Lagerung unter Raumtemperatur praktisch nicht und bei Lagerung unter h¨ oheren Temperaturen nur wenig. Ta-Elkos weisen zudem eine vergleichsweise hohe Schaltfestigkeit auf. Bei Anwendung im Entladebetrieb (Zeitglieder) ist jedoch die begrenzte Stoßstromfestigkeit zu beachten. F¨ ur Ta-Elkos nach DIN 44350 und DIN 44555 sollten die Ladestr¨ ome nicht gr¨ oßer als 300 mA sein. Tantal-Elkos sind mit hoher Zuverl¨assigkeit erh¨ altlich. F¨ ur Standard-Chipkondensatoren wird bei ϑA = 40◦ C, V = VN und einem Vorschaltwiderstand RV = 3 Ω · V /V eine ur solche mit erh¨ohter Zuverl¨assigkeit Ausfallrate λ0 < 5 FIT angegeben [14], f¨ λ0 < 1 FIT. Die Werte der Ausfallrate sind abh¨angig von der Betriebsspannung V und der Umgebungstemperatur.
8.4.6 Doppelschichtkondensatoren, Ultracaps Doppelschichtkondensatoren23 sind zwar nur f¨ ur Nennspannungen bis ca. 2.7 V verf¨ ugbar, weisen daf¨ ur aber Kapazit¨atswerte von vielen Farad auf. Als Beispiele seien ein Kondensator der Kapazit¨at 120 F mit Nennspannung 2.3 V, Masse 22.5 g und zylinderf¨ ormigen Abmessungen (45 mm lang, 22 mm Durchmesser) der Firma Nesscap sowie ein Kondensator der Kapazit¨at 200 F mit Nennspannung 2.5 V, Masse 65 g und zylinderf¨ormigen Abmessungen (76 mm lang, 30 mm Durchmesser) der Firma EPCOS genannt. Doppelschichtkondensatoren werden als Energiespeicher eingesetzt, sie zeichnen sich gegen¨ uber anderen Energiespeichern dadurch aus, daß sie Energie schnell speichern und wieder abgeben k¨ onnen: Doppelschichtkondensatoren weisen einen im Vergleich zu Akkumulatoren (vgl. Kap. 33) geringen Innenwiderstand auf und erm¨ oglichen damit sehr große Entladestr¨ome. Ihr An¨ wendungsgebiet liegt beispielsweise im kurzfristigen Uberbr¨ ucken von Netzausf¨allen oder im Abdecken von Lastspitzen. In der Automobiltechnik zeichnet sich ein umfangreiches Anwendungsgebiet als Energiespeicher zur Abdeckung von Spitzenleistungen und bei der Energier¨ uckgewinnung bei Bremsvorg¨angen in Hybridantrieben ab. Sie werden in Kap. 33 im Zusammenhang mit den elektrochemischen Energiespeichern n¨aher erl¨autert.
23 Auch Elektrochemische Kondensatoren, Superkondensatoren, Supercaps, Ultracaps, Goldcaps,...
356
8. Kondensatoren
8.5 Literaturverzeichnis [1] W. von M¨ unch. Elektrische und magnetische Eigenschaften der Materie. Teubner, Stuttgart, 1987. [2] J.W. Fattaruso, M. de Wit, G. Warwar, K.-S. Tan, R.K. Hester. The effect of dielectric relaxation on charge-redistribution A/D converters. IEEE J. Solid-State Circuits, 25(6):1550–1561, 1990. [3] K. Kundert. Modeling dielectric absorption in capacitors. Version 2c, www.designersguide.org, pages 1–18, 2004. [4] S. Westerlund, L. Ekstam. Capacitor theory. IEEE Trans. Dielectrics and Electrical Insulation, 1(5):826–839, 1994. [5] W. Franz. Dielektrischer Durchschlag, in Handbuch der Physik, S. Fl¨ ugge Hrsg. Springer, Berlin, 1957. [6] K.-H. Schindhelm. Impulsfeste Kondensatoren - Impulskennwert als aussagekr¨ aftiges Kriterium. Elektronik, (8):94–98, 1997. [7] SIEMENS. Bauelemente - Technische Erl¨ auterungen und Kenndaten f¨ ur Studierende. Siemens - Bereich Bauelemente, M¨ unchen, vierte Auflage, 1984. [8] Wima. Kondensatoren f¨ ur die Elektronik (Datenbuch). Wima, Mannheim, 1992. [9] R.Hecker, K.-H. Schnurer. Miniaturized plastic film capacitors. Vortrag der Fa. Westermann, CARTS ’91, 1991. [10] O.Zinke, H. Seither. Widerst¨ ande, Kondensatoren, Spulen und ihre Werkstoffe. Springer, Berlin, zweite Auflage, 1982. [11] EPCOS. Keramikkondensatoren - general technical information, www.epcos.com. [12] W. Lohwasser. CV-Werte im H¨ ohenflug und ESR auf Talfahrt. EPCOS Components, www.epcos.com, (4):18–23, 2001. [13] EPCOS. Tantalkondensatoren - general technical information, www.epcos.com. [14] W.Kefer, C. Lappeßen. Tantal-Chipkondensatoren - die Zuverl¨ assigen. Siemens Components, PHP-7(3):85 – 87, 1994.
¨ 9 Spulen und Ubertrager ¨ Spulen dienen der Verwirklichung von Induktivit¨aten. Ubertrager und Transformatoren nutzen die induktive Kopplung von i. allg. galvanisch getrennten ¨ Spulen zur Spannungstransformation und zum Ubertragen von elektrischer ¨ Leistung. Spulen und Ubertrager werden in der Elektronik haupts¨achlich zum Aufbau von Stromversorgungen, galvanischen Trennungen (z. B. Trenn¨ verst¨arker) und bei der Verwirklichung von Ubertragern (z. B. Filter) mit definiertem Frequenzgang verwendet. Im Gegensatz zu Kondensatoren und Widerst¨anden stehen Spulen h¨aufig nicht als fertige Bauelemente zur Verf¨ ugung. Der Anwender hat die Auswahl unter einer großen F¨ ulle magnetischer Werkstoffe, Kernformen und Spulen¨ aufbauten. Der Entwurf von Spulen und Ubertragern – insbesondere f¨ ur den Bereich hoher Frequenzen – erfordert deshalb eine Vielzahl von material- und damit herstellerspezifischen Angaben, deren Wiedergabe den Rahmen dieses Buchs sprengen w¨ urde. Die Darstellung beschr¨ankt sich aus diesem Grund auf die physikalischen Grundlagen, Ersatzschaltungen und exemplarische Dimensionierungsrechnungen.
9.1 Physikalische Grundlagen Jeder von einem Strom durchflossene Leiter erzeugt ein magnetisches Feld der Feldst¨arke H. Die Einheit der magnetischen Feldst¨arke im SI-System ist A/m. Im Vakuum ist H mit der magnetischen Flußdichte B verkn¨ upft u ¨ber B = µ0 H ,
(9.1)
µ0 = 4π · 10−7 Vs/Am = 4π nH/cm
(9.2)
wobei
die magnetische Feldkonstante (Induktionskonstante) bezeichnet. Die Einheit der magnetischen Flußdichte ist Tesla (1 T = 1 Vs/m2 ).1 Durch Kernmaterialien mit ferromagnetischen oder ferrimagnetischen Eigenschaften wird in ¨ technischen Spulen und Ubertragern h¨ aufig die magnetischen Flußdichte B erh¨oht. Durch die magnetische Polarisation dieser Materialien im Feld H ist die magnetische Flußdichte im Kern um die Permeabilit¨ atszahl µr erh¨oht B = µ0 µr H = µH . 1
(9.3)
F¨ ur die magnetische Flußdichte wird auch die Einheit Gauss verwendet. Diese ist defiur die magnetische Feldst¨ arke wurde fr¨ uher niert als 1 Gauss = 10−4 Tesla = 10−4 Vs/m2 . F¨ die auch heute noch gelegentlich anzutreffende Einheit Oersted verwendet. Diese ist definiert als 1 Oe = 4π · 10−3 A/m.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
358
Der Wert von µr ist aussteuerungsabh¨ angig; bei geringer Aussteuerung liegt µr f¨ ur typische Spulenkerne im Bereich 102 − 104 . B J B
s
D H r
D B
m D
N e u k u rv e
-H c
m
H i
B a rk h a u s e n S p rü n g e
c
H B B
B +
(H )
-H H -B -J
B -( H ) r
s
H
-B R a y le ig h - S c h le ife
Abb. 9.1. B(H)-Hysteresekurve, Rayleigh-Schleife
Magnetisierung. Wird ein Stoff in ein Magnetfeld gebracht, so erfolgt eine Magnetisierung (magnetische Polarisation); diese kann durch die Bildung bzw. Ausrichtung magnetischer Dipole im atomaren Bereich erkl¨art werden und bewirkt eine Erh¨ ohung der magnetischen Flußdichte B = µ0 (H +M ) = µ0 H + J .
(9.4)
Die Gr¨oße M wird dabei als Magnetisierung und die Gr¨oße J als magnetische Polarisation des Stoffs bezeichnet. In ferro- und ferrimagnetischen Materialien (vgl. Kap. 9.7.1) h¨angt die Magnetisierung und damit die magnetische Flußdichte B in nichtlinearer Weise von der magnetischen Feldst¨ arke H ab und zeigt zus¨atzlich eine Hysterese, wie
9.1. Physikalische Grundlagen
359
in Abb. 9.1 dargestellt. Ausgehend vom unmagnetisierten Zustand (Ursprung des Koordinatensystems) steigt B mit zunehmender Feldst¨arke H entlang der Neukurve zun¨ achst stark an. Bei hohen Feldst¨arken tritt dann S¨attigung auf ¨ – eine weitere Steigerung von H f¨ uhrt zu keiner nennenswerten Anderung von B. Mit der S¨ attigungsmagnetisierung Ms bzw. der S¨attigungspolarisation Js l¨aßt sich schreiben B = µ0 (H +Ms ) = µ0 H + Js .
(9.5)
Wird nun die Feldst¨ arke H wieder reduziert, so liegt B(H) stets oberhalb der Neukurve; der sich f¨ ur H = 0 einstellende Wert wird als remanente Induktion Br bezeichnet. Erst bei H = −Hc ist die magnetische Flußdichte wieder auf null zur¨ uckgegangen; die zur Entmagnetisierung erforderliche Feldst¨arke Hc heißt Koerzitivfeldst¨ arke. F¨ ur H < −Hc strebt die magnetische Flußdichte B mit negativen Werten bis zur S¨ attigung B ≈ −Js . Wird nun die Feldst¨arke H wieder erh¨oht, so wird der bez¨ uglich des Ursprungs punktsymmetrische Ast der Hystereseschleife durchlaufen. Materialien mit geringer Koerzitivfeldst¨arke heißen weichmagnetisch; solche Werkstoffe zeichnen sich durch geringe Hystereseverluste (vgl. Kap. 9.7.1) aus. Der Verlauf der Hysteresekurve und insbesondere die zum Erreichen der S¨attigungsmagnetisierung notwendige Mindestfeldst¨arke ist bei einkristallinen Materialien abh¨ angig von der Orientierung des Kristalls bez¨ uglich des magnetischen Felds. Es gibt dann eine Richtung leichter Magnetisierbarkeit. Die f¨ ur Spulenkerne besonders wichtigen Ferritmaterialien sind polykristallin, d. h. sie bestehen aus zahlreichen kleinen Einkristallen unterschiedlicher Orientierung – die Magnetisierbarkeit ist hier unabh¨angig von der Ausrichtung zum Feld. Permeabilit¨ at. Die durch (9.3) definierte relative Permeabilit¨at µr = B/µ0 H ferro- oder ferrimagnetischer Materialien ist nichtlinear von der magnetischen Feldst¨arke abh¨ angig. Bei kleinen Aussteuerungen um den Arbeitspunkt durchl¨auft B als Funktion von H eine kleine linsenf¨ormige Hystereseschleife. ¨ Der Zusammenhang zwischen der Anderung ∆B der magnetischen Induktion ¨ ¨ und der Anderung ∆H der magnetischen Feldst¨arke wird durch die Uberlagerungspermeabilit¨ at µ∆ beschrieben. Diese ist definiert als (Abb. 9.1) µ∆ =
1 ∆B µ0 ∆H
(9.6)
und vom Hub ∆H abh¨ angig. H¨ aufig gen¨ ugt es, den Grenzfall sehr kleiner H¨ ube ∆H zu betrachten. In diesem Fall geht µ∆ u ¨ber in die reversible Permeabilit¨ at µrev =
1 ∆B . lim µ0 ∆H→0 ∆H
(9.7)
¨ 9. Spulen und Ubertrager
360
Ohne Vormagnetisierung ist µrev identisch mit der Anfangspermeabilit¨ at µi . Die Permeabilit¨ at ist temperaturabh¨ angig; bei den u ¨blicherweise verwendeten Werkstoffen steigt sie mit zunehmender Temperatur an, erreicht kurz vor der Curie-Temperatur ein Maximum und f¨allt dann stark ab. Der Tempe¨ raturkoeffizient αµ der Permeabilit¨ at ist definiert als relative Anderung der Anfangspermeabilit¨ at mit der Temperatur bei der Bezugstemperatur ϑ0
1 dµi . µi dϑ ϑ0
αµ =
(9.8)
In Datenbl¨attern wird zumeist der bezogene Temperaturkoeffizient αµ /µi angegeben. Diese Gr¨ oße erm¨ oglicht die Berechung der Temperaturabh¨angigkeit der effektiven Permeabilit¨ at eines Spulenkerns mit Luftspalt (vgl. Kap. 9.4). ur typische Spulenkerne in der Gr¨oßenordnung Der bezogene TK αµ /µi liegt f¨ 10−6 /K, kann aber je nach Werkstoff auch wesentlich gr¨oßer sein (> 10−4 /K). Aufgrund von Nachwirkungseffekten (vgl. Kap. 9.7.1) ¨andert sich die Permeabilit¨at eines Materials auch unter konstanten Betriebsbedingungen (Feldst¨arke, Temperatur) langsam mit der Zeit. Dieser als Desakkomodation bezeichnete Effekt ist z. B. bei Kernmaterialien f¨ ur Filterspulen (Schwingkreis¨ spulen) von Bedeutung. Die Desakkomodation D bestimmt die relative Anderung der Permeabilit¨ at im Zeitintervall [t1 , t2 ]; sie l¨aßt sich mit dem Desakkomodationskoeffizienten dF berechnen gem¨aß D = [ µ(t1 )−µ(t2 )]/µ(t1 ) = dF log(t2 /t1 ) .
(9.9)
Der Wert von dF ist material- und temperaturabh¨angig. Bei Kernen f¨ ur Schwingkreisspulen liegt dF typischerweise im Bereich (10−5 − 10−6 ). Durchflutungs- und Induktionsgesetz. Durch Integration der magnetischen Flußdichte u ache A folgt der diese Fl¨ache durchsetzende magneti¨ber eine Fl¨ sche Fluß
φ = A
B · dA .
(9.10)
Der Zusammenhang zwischen Stromfluß und magnetischer Feldst¨arke wird durch das Durchflutungsgesetz (1. Maxwellsche Gleichung) beschrieben. Dieses besagt, daß das Linienintegral u ¨ber der magnetischen Feldst¨arke l¨angs einer beliebigen geschlossenen Kurve Γ gleich dem diese Schleife durchsetzenden Strom i ist ,
Γ
H · ds = i .
(9.11)
¨ Andert sich der eine geschlossene Schleife Γ durchsetzende magnetische Fluß φ, so wird in der Schleife eine Spannung v induziert; induzierte Spannung und Fluߨanderung sind durch das Induktionsgesetz (2. Maxwellsche Gleichung)
9.1. Physikalische Grundlagen ,
v = Γ
E · ds = −
361
dφ dt
(9.12)
verkn¨ upft. Der durch die induzierte Spannung hervorgerufene Strom ist nach der Lenzschen Regel so gerichtet, daß er seiner Ursache – der Fluߨanderung – entgegenwirkt. Gleichung (9.12) gilt auch f¨ ur nichtlineare Induktivit¨aten, wie Spulen mit Eisenkern, die bis in den S¨ attigungsbereich hinein ausgesteuert werden. Bei schwacher Aussteuerung kann h¨aufig ein linearer Zusammenhang zwischen Fluß und Strom angenommen werden. Sofern nur eine Leiterschleife vorliegt gilt dann v = L di/dt, wobei L den Induktivit¨ atswert – genauer den Selbstinduktionskoeffizienten – des Leiters bezeichnet. Sind N stromdurchflossene Leiter vorhanden und bezeichnet iα den Stromfluß durch Leiter ¨ α, so ist die im Leiter α durch Anderungen der Str¨ome im Leitersystem induzierte Spannung vα (t) =
N β=1
Lαβ
diβ . dt
(9.13)
Lαα heißt Selbstinduktionskoeffizient von α und Lαβ mit α = β Gegeninduktionskoeffizient von α und β. Gegeninduktionskoeffizienten k¨onnen sowohl positives als auch negatives Vorzeichen besitzen; dabei gilt stets Lαβ = Lβα .
(9.14)
Liegen lediglich zwei Leiter vor, so wird in der Regel die Schreibweise L1 = L11 ,
L2 = L22
sowie
M = L12 = L21
(9.15)
verwendet. L1 und L2 bezeichnen dann die Selbstinduktionskoeffizienten der beiden Leiter, M die Gegeninduktivit¨ at. Werden zwei Spulen mit den Selbstinduktivit¨atskoeffizienten L1 und L2 sowie dem Gegeninduktionskoeffizient M in Serie geschaltet, so wirken sie wie eine Induktivit¨at mit dem Wert L = L1 + L2 + 2M ;
(9.16)
bei Parallelschaltung der Spulen resultiert die wirksame Induktivit¨at L =
L1 L2 − M 2 L1 + L2 − 2M
.
(9.17)
Gleichung (9.16) kann zur Bestimmung des Gegeninduktionskoeffizienten zweier verkoppelter Induktivit¨ aten ausgenutzt werden. Zu diesem Zweck werden die Spulen in Reihe geschaltet und die in der Folge mit Ls1 bezeichnete Gesamtinduktivit¨ at bestimmt. Anschließend werden die Anschl¨ usse einer der beiden Spulen vertauscht – wobei diese aber ihre Lage beibeh¨alt – und die Induktivit¨at der Reihenschaltung erneut gemessen, was den Wert Ls2 ergibt. F¨ ur den Gegeninduktionskoeffizienten folgt dann aus (9.16) M = (Ls1−Ls2 )/4.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
362
i2
i1
L
L 1
2
M
Abb. 9.2. Gleichsinnige Kopplung
Das Vorzeichen von M h¨ angt von der Verschaltung der beiden Induktivit¨aten ab. Zur eindeutigen Kennzeichnung wird im Schaltplan in verkoppelten Spulen je eine Seite mit einem Punkt markiert. Der Gegeninduktionskoeffizient der beiden Spulen ist positiv, falls die Richtung der Strompfeile bez¨ uglich der Wicklungspunkte in beiden Spulen identisch ist (gleichsinnige Kopplung). Gegensinnige Kopplung (M < 0) liegt vor, falls die Strompfeile entgegengesetzt orientiert sind. Im Schaltplan kann auf die magnetische Kopplung zweier Spulen durch einen Doppelpfeil hingewiesen werden (vgl. Abb. 9.2).
9.2 Induktionskoeffizienten ausgew¨ ahlter Leiterformen Die Induktionskoeffizienten2 lassen sich aus der Energie des magnetischen Feldes W =
1 2
H · B d3 x =
1 L i2 2
berechnen. Mit B = µH folgt L =
µ i2
|H|2 d3 x .
(9.18)
außere Der Wert von L spaltet auf in eine innere Induktivit¨at Li und eine ¨ Induktivit¨at La , wenn das Volumenintegral (9.18) als Summe eines Integrals u ¨ber das Leiterinnere und eines Integrals u ¨ber den den Leiter umgebenden Raum zerlegt wird. Dabei gilt i. allg. Li La . Bei der Berechnung des ¨außeren Selbstinduktionskoeffizienten f¨ ur Leiteranordnungen ergeben sich jedoch nur sinnvolle Werte, wenn Angaben u uckleiter gemacht werden. ¨ber den R¨ Die Berechnung der Induktionskoeffizienten stellt ein i. allg. m¨ uhsames und h¨aufig mit analytischer Rechnung nur n¨ aherungsweise zu bew¨altigendes Unterfangen dar. Aus diesem Grund werden hier nur N¨aherungsbeziehungen f¨ ur einige in der Praxis besonders bedeutsame Leiterkonfigurationen angegeben. 2 Der Einfachheit halber wird hier nur ein Leiter betrachtet. Der Fall mehrerer Leiter und Beziehungen zur Berechnung der Gegeninduktionskoeffizienten sind z. B. in [1] zu finden.
9.2. Induktionskoeffizienten ausgew¨ahlter Leiterformen
2 r D
D d
363
D
L (b )
(a )
(c )
Abb. 9.3. Zur Induktivit¨ at ausgew¨ ahlter Leiterformen. (a) Zylinderspule, (b) Ringkernspule und (c) Drahtring
Zylinderspule. F¨ ur die ¨ außere Induktivit¨at einer eng gewickelten, flachen Zylinderspule (Abb. 9.3 a) mit L¨ ange Λ und Durchmesser D kann nach [2] die N¨aherungsbeziehung L ≈ La = µ
A 1 n2 Λ 1 + 0.45 D/Λ
(9.19)
hergeleitet werden, wobei n die Windungszahl und A = πD2 /4 den Querschnitt des Wickelk¨ orpers bezeichnet.3 Diese Beziehung wird mit dem Induktivit¨ atsfaktor AL gew¨ ohnlich in der Form L = AL n2
(9.20)
geschrieben. AL ist die auf die Windungszahl 1 bezogene Induktivit¨at der Spule. Der AL -Wert eines Kerns wird vom Hersteller im Datenblatt spezifiziert. Er ber¨ ucksichtigt die Permeabilit¨ at des Kernmaterials und Geometrieeffekte. Beispiel: F¨ ur eine Zylinderspule (L¨ ange Λ = 3 cm, Durchmesser D = 1 cm) ohne Kern (µr = 1) folgt aus (9.19) AL = 2.86 nH.
Ringkernspule. Bei Ringkernspulen (Abb. 9.3 b) mit hochpermeablem Kern verl¨auft das magnetische Feld nahezu ausschließlich im Spuleninneren – das Außenfeld einer solchen Spule ist sehr gering. F¨ ur den AL -Wert der Ringkernspule mit kreisf¨ ormigem Querschnitt (Torus) gilt nach [2] die N¨aherung AL = µDx2 (1 + x2 )
mit
x = r/D .
(9.21)
¨ Ringkerne werden wegen ihres geringen Streufelds vorzugsweise f¨ ur Ubertrager verwendet, sie eignen sich aufgrund ihrer einfachen Form ferner besonders gut zur Bestimmung der Materialkenngr¨oßen (z. B. Permeabilit¨at) eines Kernmaterials. Als Nachteil ist die bei ungeteilten Kernen aufwendige Wicklung zu nennen. 3 Korrekturfaktoren zu Gl. (9.19) f¨ ur kurze Spulen (kleines Λ) und dicke Dr¨ ahte werden in [3] angegeben.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
364
Drahtring. Die Induktivit¨ at eines Drahts vom Durchmesser d, der zu einem Kreisring mit Durchmesser D gebogen wurde, l¨aßt sich analytisch berechnen und mittels elliptischer Integrale erster und zweiter Ordnung ausdr¨ ucken [2]. Das allgemeine Ergebnis kann f¨ ur d D angen¨ahert werden durch ⎡
⎛
L D − d/2 ⎣ ⎝ D = 2π · · ln nH cm d
⎞
⎤
d 1 − ⎠ + 0.047 ⎦ . D
(9.22)
L e ite r p la tte
d
a
Abb. 9.4. Gedruckte Spule
Gedruckte Spulen. Auf Leiterplatten und in Hybridschaltungen lassen sich Induktivit¨aten durch geeignet geformte Leiterbahnen realisieren. Dabei sind quadratische und runde Formen gebr¨ auchlich (Abb. 9.4, der Anschluß des inneren Punktes erfolgt u ucke oder eine Leiterbahn in einer an¨ber eine Drahtbr¨ deren Ebene). Die quadratische Form l¨ aßt sich leichter zeichnen und besitzt etwas h¨ohere Induktivit¨ atswerte bei gegebenen Außenabmessungen. Die runde Form zeichnet sich demgegen¨ uber durch eine etwas h¨ohere G¨ ute aus. F¨ ur die Induktivit¨at der Spule mit quadratischem Grundriß gilt die Absch¨atzung4 [5] a L ≈ 0.85 · n5/3 . nH mm
(9.23)
Dabei bezeichnet A die Fl¨ ache und n die Anzahl der Windungen. Da die auf der Leiterplatte zur Verf¨ ugung stehende Fl¨ache und damit die Zahl der Windungen begrenzt ist, lassen sich mit dieser Technik Induktivit¨aten bis ca. 1 µH realisieren. Wegen der mit zunehmender Windungszahl abnehmenden G¨ ute wird die Windungszahl meist nicht gr¨ oßer als zehn gew¨ahlt. Die Resonanzfrequenz (vgl. Kap. 9.4.1) gedruckter Spulen liegt, abh¨angig von Substratmaterial, Windungszahl und den Abmessungen, typischerweise im Bereich von 150 MHz bis 1.5 GHz. 4
Detailliertere Berechnungsgrundlagen sind in [4] angegeben.
9.3. Definition von Induktivit¨aten in SPICE
365
9.3 Definition von Induktivit¨ aten in SPICE In der SPICE-Netzliste k¨ onnen lineare und nichtlineare Induktivit¨aten definiert werden. Mit diesen lassen sich Ersatzschaltungen f¨ ur die Spule (vgl. Kap. 9.4.1) nachbilden. F¨ ur Spulen mit Kern besteht in PSPICE dar¨ uber hinaus die M¨oglichkeit, Hysterese- und S¨ attigungsverhalten mit einem speziellen Kernmodell (vgl. Kap. 9.7.3) zu beschreiben. i
K _ 1
K _ 2 v
Abb. 9.5. Lineare Induktivit¨ at
Lineare und nichtlineare Induktivit¨ aten Die Elementanweisung f¨ ur eine (lineare) Induktivit¨at ist von der Form K1
L(Name)
K2
Wert (in Henry)
(IC = i(0))
Die Angabe einer Anfangsbedingung f¨ ur den Spulenstrom u ¨ber IC = i(0) ist dabei nicht zwingend. Die Elementanweisung L5
13
15
10U
bezeichnet demnach eine Induktivit¨ at L5 vom Wert 10 µH zwischen den Knoten 13 und 15. Nichtlineare Induktivit¨ aten lassen sich mit der Elementanweisung L(name)
K1
K2
POLY
C0 (C1, C2,. . .)
(IC = i(0))
definieren. Die C0, C1 ... sind, wie im Fall der nichtlinearen Kapazit¨at, Polynomkoeffizienten, die die Stromabh¨ angigkeit der (Kleinsignal-)Induktivit¨at l in Henry beschreiben i i2 l = C0 + C1 + C2 2 + . . . H A A Beispiel 9.3.1 Als Beispiel wird die Anweisung LVAR
OUT
0
POLY
1U
2U
-100N
IC=1M
betrachtet. Diese beschreibt eine nichtlineare Induktivit¨at zwischen den Knoten OUT und 0, die zur Zeit t = 0 von einem Strom i(0) = 1 mA durchflossen wird und die stromabh¨ angige Kleinsignalinduktivit¨ at 2 i i lVAR = 1 + 2 − 0.1 2 µH A A aufweist.
∆
¨ 9. Spulen und Ubertrager
366
9.4 Spulen Spulen werden gew¨ ohnlich als Drahtwicklung auf einem Spulenk¨orper aus Isoliermaterial ausgef¨ uhrt. H¨ aufig dient ein Kern aus einem hochpermeablen Material (Eisen, Ferrit) der Erh¨ ohung des Induktivit¨atswerts – Spulen ohne derartigen Kern werden als Luftspulen bezeichnet. lo g |Z |
r
ls s
c r
r p
C u
+ r k s ( f r) + w rls t a n d e
p
~ (w c p)
~ w ls r
-1
C u
fr
lo g ( f)
Abb. 9.6. Spule. Ersatzschaltung und Scheinwiderstand als Funktion der Frequenz
9.4.1 Ersatzschaltung und elektrisches Verhalten Abbildung 9.6 zeigt eine Ersatzschaltung f¨ ur eine Spule, die bei Kleinsignalaussteuerung verwendet werden kann. Da die Netzwerkelemente arbeitspunktabh¨angig sind, wurden kleine Buchstaben verwendet. Wie in Gl. (9.33) gezeigt wird, lassen sich Ummagnetisierungsverluste einer Spule mit Kern durch den Kernverlustwiderstand rks in Serie zu einer reinen Induktivit¨at ls erfassen. ucksichtigen, so daß Zus¨atzlich zu rks ist der Drahtwiderstand rCu zu ber¨ rs = rCu + rks .
(9.24)
Parallel hierzu liegt die Wicklungskapazit¨at cp ; dielektrische Verluste in der Isolation werden durch den zus¨ atzlich parallel geschalteten Widerstand rp beschrieben. Mit dem Verlustfaktor tan δ der Isolierschichten gilt demnach 1/rp ≈ ωcp tan δ . Impedanz, Eigenresonanz. Die Impedanz Z der Spule errechnet sich aus der Ersatzschaltung (Abb. 9.6) zu 1 Z
=
1 1 + jωcp + = rp jωls +rs
=
−jωls (1−cp rs2 /ls −ω 2 ls cp ) + rs + (rs2 +ω 2 ls2 )ωcp tan δ . rs2 + ω 2 ls2
(9.25)
9.4. Spulen
367
Der prinzipielle Verlauf des Scheinwiderstands Z als Funktion der Frequenz ist in Abb. 9.6 in doppeltlogarithmischer Auftragung dargestellt. Bei sehr kleinen Frequenzen ist Z durch den ohmschen Widerstand der Wicklung bestimmt. Mit zunehmender Frequenz dominiert dann der induktive Anteil: Z steigt proportional zu f an. F¨ ur Frequenzen f > fr dominiert der kapazitive Parallelleitwert: Hier f¨ allt Z proportional zu 1/f ab. Der Verlustfaktor tan δL der Spule ist defniert als das Verh¨altnis von Real- zu Imagin¨arteil der Impedanz tan δL =
Re(Z) 1 ; = Im(Z) QL
(9.26)
ute bezeichnet. Mit Luftspulen lassen sich sein Kehrwert QL wird als Spuleng¨ G¨ uten gr¨oßer als 1000 verwirklichen [3]; bei Spulen mit Kern liegen die Werte niedriger – bei sorgf¨ altiger Dimensionierung sind jedoch G¨ uten von mehr als 500 erreichbar (vgl. Beispiel 9.4.1). Trennung von Gl. (9.25) in Realteil und Imagin¨arteil liefert f¨ ur den Verlustfaktor tan δL ≈
1 rs (f/fr )2 + tan δ , 2πf ls 1 − (f/fr )2 1 − (f/fr )2
(9.27)
wobei fr ≈ 1/2π ls cp die (Eigen-)Resonanzfrequenz der Spule bezeichnet und ωrs cp tan δ 1 sowie cp rs2 /ls 1 angenommen wurde. Im Handel sind fertig gewickelte Spulen mit unterschiedlichen Induktivit¨atswerten verf¨ ugbar: Spulen f¨ ur Anwendungen im NF-Bereich sind u ¨blicherweise auf einem Ferritspulenk¨ orper gewickelt und von einer Kunststoffh¨ ulle umgeben. Derartige Spulen weisen typisch Induktivit¨atswerte im Bereich von 1 µH bis 1 mH, ann¨ ahernd proportional zum Induktivit¨atswert ansteigende Drahtwiderst¨ande (Anstieg um typischerweise 30 bis 40 mΩ je µH) sowie G¨ utewerte im Bereich zwischen 50 und 100, auf. Die Resonanzfrequenz liegt f¨ ur L = 10 µH in der Gr¨ oßenordnung von 50 MHz, sie f¨allt mit zunehmender Induktivit¨at etwas st¨ arker als L−1/2 ab. In konisch gewickelten Spulen kann die Spulenkapazit¨ at sehr klein gehalten werden; auf diesem Weg lassen sich Luftspulen im Mikrohenrybereich herstellen, die resonanzfrei bis in Gigahertzbereich arbeiten [6]. Wo verf¨ ugbare Festinduktivit¨ aten den Anforderungen nicht gen¨ ugen, werden Spulen – unter Verwendung vorgefertigter Schalenkerns¨atze – vom Anwender selbst aufgebaut. Dabei ist zun¨ achst ein, f¨ ur die Betriebsfrequenz geeignetes Kernmaterial auszuw¨ ahlen. Abh¨angig vom geforderten Temperaturkoeffizienten bzw. dem maximalen Spulenstrom ist ein Wert f¨ ur den Luftspalt auszuw¨ahlen. Mit dem im Datenblatt spezifizierten AL -Wert kann dann leicht die geforderte Windungszahl berechnet werden. Die die Spulenverluste bestimmenden Gr¨ oßen werden in der Folge n¨aher betrachtet.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
368
9.4.2 Drahtwiderstand, Kupferverluste Besteht die Wicklung einer Spule aus einem Kupferdraht vom Querschnitt ange ΛD = n ΛW , so ist der ohmsche Widerstand der Wicklung AD und der L¨ (Drahtwiderstand) RCu = ρCu ΛD /AD = nρCu ΛW /AD .
(9.28)
Dabei bezeichnet ΛW die mittlere Windungsl¨ange, n die Windungszahl und ρCu den spezifischen Widerstand von Kupfer. Wegen des Skineffekts ist der Drahtwiderstand bei hohen Frequenzen frequenzabh¨angig – der Wert rCu bei der Frequenz f ist dann abh¨ angig vom Frequenzbereich aus RCu durch Multiplikation mit einem Korrekturfaktor nach Tabelle 7.1 zu ermitteln. Bedingt durch die Isolation und zwangsl¨aufig auftretende Zwischenr¨aume ist der Querschnitt nAD des stromf¨ uhrenden Teils der Wicklung kleiner als die Wicklungsfl¨ ache AW = bd (Abb. 9.10). Das Verh¨altnis der beiden Gr¨oßen ist der sog. Kupferf¨ ullfaktor FCu = nAD /AW . Einsetzen in (9.28) f¨ uhrt auf RCu = AR n2
(9.29)
mit dem Widerstandsfaktor AR = ρCu ΛW /AW FCu
(9.30)
des Spulenk¨orpers. F¨ ur einen als konstant angenommenen Kupferf¨ ullfaktor – also bei vollst¨ andiger Bewicklung des Spulenk¨orpers – wachsen die Kupferverluste proportional zu RCu , nach Gl. (9.29) also proportional zum Quadrat der Windungszahl an. Hintergrund ist, daß die L¨ange des Drahts proportional zu n zunimmt, sein Querschnitt wegen der vollst¨andigen Ausnutzung des Wicklungsraums aber proportional zu n abnimmt, was bei der Berechnung uhrt. des Widerstands zu einer Abh¨ angigkeit RCu ∼ n2 f¨
9.4.3 Kernverlustwiderstand Die Magnetisierung eines Spulenkerns folgt einem externen Wechselfeld nicht tr¨agheitsfrei: Zwischen dem externen Wechselfeld und der Magnetisierung tritt eine Phasenverschiebung auf. Dies f¨ uhrt zu Ummagnetisierungsverlusten, den sog. Kernverlusten. Bei Kleinsignalaussteuerung k¨onnen diese n¨aherungsweise durch eine komplexe Permeabilit¨ atszahl µr = µs − jµs = µs (1 − j tan δK )
(9.31)
erfaßt werden; tan δK bezeichnet dabei den Verlustfaktor des Kernmaterials. Der Wert von µs wird durch das Material und die Vormagnetisierung bestimmt. Liegt keine Vormagnetisierung vor, so ist µs – zumindest solange tan δK 1 gilt – n¨ aherungsweise gleich der Anfangspermeabilit¨at µi . Die
9.4. Spulen
369
Impedanz einer ansonsten idealen Induktivit¨at L0 mit einem Kern der komplexen Permeabilit¨ at µr ist Z = jωµs L0 (1 − j tan δK ) = jωµs L0 + ωµs L0 tan δK .
(9.32)
Mit ls = µs L0 und rks = ωls tan δK geht dies u ¨ber in Z = jωls + rks ,
(9.33)
d. h. die ideale Spule mit verlustbehaftetem Kern l¨aßt sich darstellen als Reihenschaltung einer Spule der Induktivit¨ at ls und eines Kernverlustwiderstands ucksichtigt s¨ amtliche Kernverluste. Der Wert von rks ist sorks . Letzterer ber¨ wohl frequenz- als auch aussteuerungsabh¨angig. 1 0
-1
1 0
-2
1 0
-3
1 0
-4
U 6 0
U 1 7
K 1
m
i
-1
ta n d
K
K 1 2
1 0
M 3 3
-5
N 2 2 1 0
-6
1 0
-7
N 4 8
1 0 0
1 0 1
1 0 2
1 0 3
1 0 4
1 0
f
5
k H z 1 0 6
Abb. 9.7. Bezogener Verlustfaktor verschiedener Ferritˆ ≤ 0.1 werkstoffe (B mT, nach [7])
Zur Charakterisierung der Kernverluste wird in Datenbl¨attern meist der auf die Anfangspermeabilit¨ at µi bezogene Verlustfaktor tan δK /µi angegeben. Abbildung 9.8 zeigt als Beispiel die an Ringkernen gemessenen Werte des bezogenen Verlustfaktors als Funktion der Frequenz f¨ ur verschiedene Werkstoffe.
9.4.4 Effektive Permeabilit¨ at, Luftspalte In der Praxis werden Kerne in der Regel mit einem Luftspalt ausgef¨ uhrt. Dies reduziert die Permeabilit¨ at auf die sog. effektive Permeabilit¨ at µe und verringert Verluste, nichtlineare Verzerrungen, Temperaturabh¨angigkeit etc.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
370
2 r G D s
L G
= p D
Abb. 9.8. Ringkern mit Luftspalt
Zur Erl¨auterung der Zusammenh¨ ange wird der in Abb. 9.8 dargestellte Ringkern betrachtet. Dieser sei gleichm¨ aßig mit n Windungen umwickelt, durch die der Strom I fließt. Ohne Luftspalt (s = 0) gilt entlang des eingezeichneten Wegs Γ der L¨ ange ΛΓ nach dem Durchflutungsgesetz Hi (0) ΛΓ = n I. Wird der Ring nun durch einen d¨ unnen Luftspalt der L¨ange s unterbrochen, so tritt im Kern die Feldst¨ arke Hi (s) und im Luftspalt die Feldst¨arke Ha auf. Das Durchflutungsgesetz lautet nun Hi (s)(ΛΓ −s) + Ha s = n I . F¨ ur die Feldst¨ arke Hi (s) im Material folgt mit Ha = B/µ0 unter der Annahme aherung ΛΓ s die N¨ Hi (s) =
s B nI s B − ≈ Hi (0) − , ΛΓ −s ΛΓ −s µ0 ΛΓ µ0
(9.34)
d. h. bei einem gegebenen Strom I durch die Wicklung ist die Feldst¨arke im Kernmaterial bei Anwesenheit eines Luftspalts um den Wert sB/(µ0 ΛΓ ) geringer als ohne Luftspalt. Der Faktor s/ΛΓ wird aus diesem Grund meist als Entmagnetisierungsfaktor bezeichnet. Gleichung (9.34) beschreibt eine Sche” rung“ der B(H)-Kennlinie wie in Abb. 9.9 a dargestellt. Bei Anwesenheit eines Luftspalts tritt die S¨ attigung demnach erst bei sehr viel h¨oherem Strom ein als bei Abwesenheit eines Luftspalts. Verbunden mit der h¨oheren Aussteuerbarkeit ist eine Linearisierung des Zusammenhangs zwischen B und I, was zu einer Reduktion nichtlinearer Verzerrungen f¨ uhrt. F¨ ur die magnetische Flußdichte gilt bei linearer Aussteuerung n¨aherungsweise B = µ0 µe nI/ΛΓ , wobei µe die von der Luftspaltl¨ ange abh¨ angige effektive Permeabilit¨at µe beur die zeichnet. Diese Gr¨ oße ist maßgeblich f¨ ur den AL -Wert und damit f¨ Induktivit¨at einer Spule mit Kern. Mit Hi (s) =
B µ0 µr
und
Hi (0) =
nI B = ΛΓ µ0 µe
9.4. Spulen
371 1 0
B S c h e r u n g s lin ie s B m 0L G
4
W e rk s to ff N 4 8
o h n e L u fts p a lt s m 0L G
B
1 5 0 0 1 0 0 0
1 0 3
5 0 0
m
m it L u fts p a lt
n I/L 0
(a )
1 0
0
1 0 0
1 0
G
~ 1 /H
2 0 0 e 2
m e
= 5 0
1
1 0
1 0 1
1 0 2
G le ic h fe ld s tä r k e H
3
A /m
1 0 4
(b ) 0
Abb. 9.9. (a) Hystereseschleife eines Kerns mit und ohne Luftspalt, (b) effektive Permeaur den Werkstoff N 48 (nach [7]) bilit¨ at als Funktion des Gleichfeldst¨ arke H0 f¨
folgt aus Gl. (9.34) f¨ ur die sog. effektive (oder gescherte) Permeabilit¨at µe =
µr = Sµr . 1 + sµr /ΛΓ
(9.35)
Die Gr¨oße S heißt Scherfaktor. Um diesen Faktor veringert sich der AL -Wert bei Einf¨ uhren eines Luftspalts. Gilt sµr ΛΓ , so ist µe ≈ ΛΓ /s weitgehend unabh¨angig von µr , d. h. µe ist in diesem Fall prim¨ar durch die Abmessungen des Eisenkerns und des Luftspalts bestimmt. Durch den Luftspalt wird der Verlustfaktor des Kerns verringert. Wird in Gl. (9.35) die komplexe Permeabilit¨ at µr = µi (1−j tan δK ) eingesetzt µi (1−j tan δK ) ≈ µe (1−j tan δKe ) , 1 + (s/ΛΓ )µi (1−j tan δK ) so folgt f¨ ur den Verlustfaktor tan δKe der effektiven Permeabilit¨at die N¨aherung tan δKe ≈ µe
tan δK µi
(9.36)
d. h. der Verlustfaktor verringert sich bei Einf¨ ugen eines Luftspalts um den 5 Scherfaktor S. Andere um den Scherfaktor reduzierte Gr¨oßen sind Nichtlinearit¨at, Temperaturabh¨ angigkeit und Desakkomodation des Kernmaterials. Durch Wahl des Luftspalts kann demnach insbesondere der Temperaturkoeffizient einer Spule eingestellt werden. 5 Bei vorgegebenem Spulenstrom nehmen die in tan δK ber¨ ucksichtigten Hystereseverluste (proportional zu Hi ) wegen der Reduktion des inneren Felds sogar proportional zu S 2 ab.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
372
9.4.5 Wicklungskapazit¨ at Die Wicklungskapazit¨ at mehrlagiger Spulen wird durch die Abmessungen des Wicklungsraums, die mittlere Windungsl¨ange ΛW , die genaue Lage der Dr¨ahte zueinander und die effektive Dielektrizit¨atszahl der Isolation bestimmt. F¨ ur eine n¨ aherungsweise Berechnung der Wicklungskapazit¨at mehrlagiger Spulen kann nach [8] die Absch¨ atzung b ΛW cp ≈ 0.2 · · pF d mm
(9.37)
verwendet werden, wobei b die Breite und d die Dicke des Wickelraums angeben. Diese Absch¨ atzung beruht auf Meßdaten f¨ ur lackisolierte Dr¨ahte bei maschinell hergestellter Vollwicklung. Das Ergebnis dieser Absch¨atzung kann mit einem relativen Fehler von ±50% behaftet sein kann. Diese Ungenauigkeit ist aber meist f¨ ur eine u aßige Bestimmung der Spuleng¨ ute ausrei¨berschlagsm¨ chend, da die Spule in der Regel so dimensioniert wird, daß im relevanten Frequenzbereich ω 2 ls cp 1 gilt. F¨ ur die Absch¨atzung der dielektrischen Verluste in der Isolationsschicht kann aus demselben Grund tan δ ≈ 10−2 angesetzt werden [9]; dieser Wert liegt u ur Kupferlackdr¨ahte (tan δ ≈ 4·10−3 ) ¨ber dem f¨ −3 bzw. HF-Litze (tan δ ≈ 3 · 10 ) typischen Wert 6 und sollte deshalb die Absch¨atzung einer unteren Grenze f¨ ur die Spuleng¨ ute erm¨oglichen (vgl. Beispiel 9.4.1).
b d S p u le n k ö r p e r
Abb. 9.10. Wicklungsraum
Aus Gl. (9.37) folgt, daß sog. Scheibenspulen mit geringer Breite und großer Dicke besonders niedrige Wicklungskapazit¨aten aufweisen. Durch spezielle Wickeltechniken (z. B. Kreuzwicklung), sowie das Einf¨ ugen dielektrischer Schichten (z. B. Polycarbonatfolie) zwischen den einzelnen Lagen der Wicklung kann die Eigenkapazit¨ at der Wicklung zus¨atzlich verringert werden. Bei gr¨oßeren Windungszahlen kommt ferner die Verwendung von Mehrkammerspulenk¨ orpern in Frage; der Wickelraum wird dabei in k Schichten unterteilt, deren Breite gegen¨ uber der nicht unterteilten Wicklung auf b/k verringert 6
Daten nach [2].
9.4. Spulen
373
ist. Diese werden der Reihe nach vollgewickelt, so daß insgesamt k Teilwicklungen in Reihe liegen. Die Wicklungskapazit¨at einer solchen Teilwicklung ist gegen¨ uber der nicht unterteilten Wicklung auf cp /k verringert. Da die Wicklungskapazit¨ aten der Teilwicklungen in Reihe liegen, verringert sich die gesamte Wicklungskapazit¨ at somit auf das 1/k 2 -fache der Einkammerwicklung. Dies wird in der Praxis wegen unvermeidlicher Streukapazit¨aten nicht ganz erreicht: Die Wicklungskapazit¨ at nimmt in der Regel um einen Faktor zwischen den Werten 1/k und 1/k 2 ab [9].
9.4.6 Spuleng¨ ute, Verlustfaktor Mit rs = rCu + ωls tan δKe folgt aus Gl. (9.27) tan δL
1 ≈ 1 − (f/fr )2
f2 rCu + tan δKe + 2 tan δ 2πf ls fr
.
(9.38)
F¨ ur f fr wird das Minimum im wesentlichen durch die Kern- und Kupferverluste bestimmt. Da tan δKe f¨ ur kleine Frequenzen ann¨ahernd konstant ist (Abb. 9.7), dominiert zun¨ achst der Kupferverlustfaktor tan δCu =
rCu 2πf ls
lo g ( ta n d )
auf der rechten Seite von Gl. (9.38). Der Wert von tan δL nimmt deshalb in diesem Bereich mit zunehmender Frequenz zun¨achst ab, um dann nach Durchlaufen eines Minimums als Folge des Anstiegs von tan δKe wieder anzusteigen.
ta n d
C u
(m e= 1 )
lo g ( m e ) ta n d ta n d
L
K e
lo g ( m e )
ta n d m i
ta n d K
fB
C u
lo g ( f)
Abb. 9.11. Zur Optimierung der Spuleng¨ ute
¨ 9. Spulen und Ubertrager
374
Optimierung der Spuleng¨ ute. F¨ur optimale Spuleng¨ute (d. h. minimalen Verlustfaktor tan δL ) ist das Kernmaterial so auszuw¨ ahlen, daß bei der Betriebsfrequenz fB der stark ansteigende Ast von tan δ/µi noch nicht erreicht ist. Der bezogene Verur einen Kern lustfaktor tan δK /µi entspricht einer effektiven Permeabilit¨at µe = 1; f¨ mit Luftspalt der effektiven Permeabilit¨ at µe ist die entsprechende Kurve in der doppeltlogarithmischen Auftragung von tan δK /µi u ¨ber f um log(µe ) nach oben zu schieben, da der effektive Kernverlustfaktor nach Gl. (9.36) bei gegebener Frequenz andiger Ausnutzung des Wicklungsraums folgt proportional zu µe ansteigt. Bei vollst¨ aus rCu ≈ AR n2
ls ≈ µe AL0 n2
und
f¨ ur den Kupferverlustfaktor tan δCu =
rCu AR 1 ≈ ∼ , 2πf ls 2πf µe AL0 µe
wobei AL0 = AL /µe den AL -Wert f¨ ur µe = 1 bezeichnet. Die effektive Permeabilit¨at urde bei gegebener Induktivit¨ at eine große Windungszahl und damit sehr µe = 1 w¨ große Kupferverluste bedingen: Der entsprechende Verlustfaktor tan δCu (µe = 1) ist in Abb. 9.11 als Hilfslinie eingezeichnet. Bei Erh¨ohung der effektiven Permeabilit¨at verschiebt sich diese Linie um log(µe ) nach unten. Der optimale Wert der effektiven Permeabilit¨ at ist erreicht, wenn Kernverluste und Kupferverluste bei der Betriebsfrequenz fB denselben Wert aufweisen. Dies ist gleichbedeutend mit der Forderung rks = rCu bzw. AR µi 1 µe = AL0 tan δK 2πfB was sich rechnerisch auch durch Nullsetzen der Ableitung (Extremwert) von tan δCu + tan δKe =
tan δK AR + µe 2πfB µe AL0 µi
ermitteln l¨ aßt. Damit der Verlustfaktor der Spule tan δL bei fB minimal wird, muß das Material verwendet werden, das bei der Betriebsfrequenz fB den geringsten Wert von tan δK /µi aufweist.
9.4.7 Temperaturkoeffizient Technische Spulen weisen einen temperaturabh¨angigen Induktivit¨atswert auf. Der Temperaturkoeffizient (TK) αL = L−1 (dL/dT ) wird bei Spulen mit Kern vor allem durch die temperaturabh¨ angige Permeabilit¨atszahl bestimmt. F¨ ur eine effektive Permeabilit¨ at µe errechnet sich der TK αµe aus dem u ¨blicherweise angegebenen sog. bezogenen TK αµ /µi gem¨aß αµe = αµ µe /µi .
(9.39)
Weitere Einfl¨ usse sind bedingt durch die temperaturabh¨angigen Abmessungen der Spule und die Wicklung; f¨ ur µe < 80 wirken sich diese nach [10] in
9.4. Spulen
375
einem zus¨atzlichen Beitrag von 10 − 30 ppm/K zum TK des Induktivit¨atswerts aus. Wegen Gl. (9.39) kann durch Wahl des Luftspalts und damit des Werts der effektiven Permeabilit¨ at der TK der Spuleninduktivit¨at in einem weiten Bereich eingestellt werden. Beispiel 9.4.1 Als Beispiel wird in Anlehnung an [10] die Auslegung einer Schwingkreissspule f¨ ur die Betriebsfrequenz fB = 500 kHz betrachtet. Diese soll eine Induktivit¨ at von 640 µH mit einem Temperaturkoeffizient von ann¨ahernd 100 ppm/K aufweisen. Als geeignetes Material wird anhand von Abb.9.7 der Werkstoff M33 mit dem bezogenen TK von αµ /µi ≈ 1.6 ppm/K ausgew¨ahlt. Um den geforderten TK zu erhalten, w¨ are demnach die effektive Permeabilit¨at µe =
αL ≈ 62.5 αµ /µi
erforderlich. Dieser Wert kann wegen des Wicklungseinflusses etwas kleiner sein; ur ausgew¨ ahlt wird ein Schalenkern mit einem Luftspalt s = 0.6 mm und µe = 47.9, f¨ den ein AL -Wert von 100 nH spezifiziert ist. Die erforderliche Windungszahl errechnet sich mit Hilfe des AL -Werts zu
n = L/AL = 80 . Als f¨ ur diese Betriebsfrequenz geeigneten Draht wird HF-Litze 20 × 0.05 mit einem Außendurchmesser von 0.367 mm und einem Widerstandsbelag von 0.44 Ω/m gew¨ ahlt. Mit der dem Datenblatt entnommenen, mittleren Windungsl¨ange von 35.6 mm folgt so ein Kupferwiderstand von RCu = 0.444
Ω · 35.6 mm · 80 ≈ 1.27 Ω . m
Der bezogene Verlustfaktor tan δK /µi bei f = 500 kHz kann aus dem Datenblatt mit 1.4 · 10−5 abgelesen werden, was mit µe = 47.9 auf einen Kernverlustfaktor uhrt. Bei fB = 500 kHz ergibt dies den Kernverlustwiderstand tan δKe ≈ 6.7 · 10−4 f¨ rks = 2 · π · 5 · 105 s−1 · 640 · 10−6 Ωs · 6.7 · 10−4 ≈ 1.348 Ω . Ber¨ ucksichtigt man noch Zuleitungswiderst¨ ande, so gelangt man zur Absch¨atzung rs = RCu + rks ≈ 2.7 Ω. Bei einem Einkammerspulenk¨orper der Breite b ≈ 7 mm sind insgesamt 4 Lagen erforderlich, was beim gegebenen Drahtdurchmesser auf eine Dicke der Wicklung von d ≈ 1.5 mm f¨ uhrt. Nach Gl. (9.37) gibt dies eine Spulenkapazit¨at cp ≈ 0.2 pF ·
7 mm · 35.6 ≈ 32 pF . 1.5 mm
Wird eine Zweikammerwicklung gew¨ ahlt, so ist die Wicklungskapazit¨at deutlich kleiner: Wegen der halbierten Breite b ist die Wicklungskapazit¨at einer Kammer halbiert; da die beiden Kapazit¨ aten an¨ ahernd in Reihe geschaltet werden, ergibt sich im Idealfall eine weitere Halbierung der Gesamtkapazit¨at, die sich in der Praxis jedoch nicht ganz erreichen l¨ aßt. Als Absch¨ atzung wird cp ≈ 10 pF angenommen. Die Resonanzfrequenz ergibt sich hieraus zu fr =
1
≈ 2 MHz , 2π ls cp
¨ 9. Spulen und Ubertrager
376
was deutlich oberhalb der Betriebsfrequenz liegt. Bei fB = 500 kHz folgt mit tan δ ≈ 10−2 aus Gl. (9.27) die Absch¨ atzung tan δL ≈ 2 · 10−3 , was auf eine G¨ ute QL ≈ 500 f¨ uhrt – etwas weniger als der im Datenblatt angegebene Wert 550. Diese Abweichung ist vor allem durch die sehr vorsichtige“ Annahme ” f¨ ur den Verlustfaktor tan δ bedingt. Das Beispiel zeigt, daß die Berechnung der Spuleng¨ ute zwar ann¨ ahernd m¨ oglich, aber doch mit einigen Unsicherheiten behaftet ist. Zur Spulenoptimierung sind aus diesem Grund erg¨anzende praktische Versuche angeraten. ∆
9.4.8 Kernformen Kerne werden in der Regel als weitgehend geschlossene magnetische Kreise ausgef¨ uhrt, d. h. der Fluß verl¨ auft in der Hauptsache im hochpermeablen ¨ Kernmaterial. F¨ ur den Aufbau von Spulen und Ubertragern stehen unterschiedliche Kernformen zur Verf¨ ugung. Das einfachste Beispiel hierf¨ ur ist der in Kap. 9.2 betrachtete Ringkern, bei dem der magnetische Kreis einen einheitlichen Querschnitt aufweist. In vielen Anwendungen werden allerdings magnetische Kreise mit Luftspalt verwendet, die zus¨atzlich aus mehreren Abschnitten mit unterschiedlichem Querschnitt und/oder unterschiedlicher Permeabilit¨at bestehen.
Zusammengesetzte magnetische Kreise Besteht der magnetische Kreis aus m Abschnitten mit den magnetischen Querschnitten7 A1 , . . . , Am und den magnetischen Wegl¨angen Λ1 , . . . , Λm , so lautet das Durchflutungsgesetz ,
H · ds =
m
Hk Λk ,
(9.40)
k=1
arke im k-ten Teilst¨ uck bezeichnet. Der die wobei Hk die magnetische Feldst¨ unterschiedlichen Abschnitte durchsetzende magnetische Fluß errechnet sich mit den jeweiligen Permeabilit¨ aten µk gem¨aß φ = Ak Bk = µ0 µk Ak Hk . Da der Fluß ann¨ ahernd konstant ist lautet das Durchflutungsgesetz ,
H · ds = φ
m k=1
7
Rmk = nI
mit
Rmk =
1 Λk . µ0 µk Ak
(9.41)
Die magnetischen Querschnitte und Wegl¨ angen entsprechen nur ann¨ ahernd den jeweiligen geometrischen Abmessungen, da die Feldlinien in den Teilst¨ ucken nicht exakt parallel verlaufen.
9.4. Spulen
377
Die Gr¨oßen Rmk werden dabei als magnetische Widerst¨ ande der Teilst¨ ucke bezeichnet. Durch Einf¨ uhren der sog. magnetischen Spannungen Vmk = Λk Hk = φ Rmk u ucken l¨ aßt sich so aus dem Durchflutungsgesetz das dem ohm¨ber den Teilst¨ schen Gesetz entsprechende Hopkinsonsche Gesetz gewinnen φ
Rmk =
Vmk = nI.
F¨ ur die Induktivit¨ at einer Spule mit n Windungen folgt daraus m m I 1 1 1 Λk 1 = = 2 Rmk = 2 L nφ n k=1 n k=1 µ0 µk Ak
(9.42)
Der magnetische Kreis eines Spulenk¨ orpers besteht in der Regel aus einheitlichem Material. Unter diesen Umst¨ anden kann die effektive magnetische Wegl¨ ange Λe und der effektive magnetische Querschnitt Ae gem¨aß Λe =
m m Λk 2( Λk k=1
Ak
k=1
A2k
und
Ae =
( m m Λk Λk k=1
Ak
k=1
A2k
definiert werden [9]. Diese Gr¨ oßen werden meist in Datenbl¨attern spezifiziert; die Induktivit¨ at einer Spule mit n Windungen errechnet sich damit wie folgt L = µ0 µe Ae n2 /Λe = AL n2 ,
(9.43)
d. h. es gilt AL = µ0 µe Ae /Λe .
(9.44)
Das Verh¨altnis von effektivem magnetischen Kernquerschnitt Ae zum geometrischen Kernquerschnitt A heißt F¨ ullfaktor oder Stapelfaktor. Das Produkt Λe Ae aus effektiver magnetischer Wegl¨ange und effektivem magnetischem Querschnitt wird als effektives magnetisches Volumen bezeichnet. Blechkerne. F¨ ur den NF-Bereich (≤ 20 kHz) werden Pakete (Abb. 9.12 a) aus genormtem (DIN 41302) Silizium- bzw. Nickel-Eisenblech verwendet. Diese lassen sich kosteng¨ unstig durch Stanzen herstellen, sind gegeneinander durch die nat¨ urliche Oxidschicht isoliert und h¨aufig auf einer Seite zus¨atzlich mit einer Lackschicht u ur Einsatz bei der Netzfrequenz ¨berzogen; Blechdicken f¨ f = 50 Hz liegen typisch bei 0.3 mm. Eisen-Silizium-Legierungen weisen im Vergleich zu reinem Eisen einen h¨ oheren spezifischen Widerstand – und damit geringere Wirbelstromverluste – sowie eine geringere Koerzitivfeldst¨arke – und damit geringere Hystereseverluste – auf. Der Si-Anteil im Eisen ist wegen der damit verbundenen Verspr¨ odung des Materials auf wenige Prozent begrenzt. Nickelhaltige Eisenbleche lassen sich sehr gut zu d¨ unnen Folien walzen, wobei Schichtdicken im Bereich weniger Mikrometer realisierbar sind.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
378
B in d e m itte l
L u fts p a lt
fe r r o m a g n e tis c h e K ö r n e r
E K (a )
(b )
(c )
Abb. 9.12. Kernformen. (a) EK-Kernblechpaket, (b) Schnittbandkern und (c) Struktur eines Pulverkerns
Bandkerne. Bandkerne werden durch Aufwickeln langer B¨ander aus hochpermeablem Material hergestellt (Abb. 9.12 b). Dies ist vor allem dann von Vorzug, wenn die Walzrichtung mit der magnetischen Vorzugsrichtung u ¨bereinstimmt, da der vom Kern gef¨ uhrte Fluß dann in der Richtung leichter Magnetisierbarkeit erfolgt. Neben weichmagnetischen Legierungen mit zumeist hohem Nickelanteil werden auch B¨ ander aus amorphem Metall eingesetzt. Bei letzteren sind die Atome nicht in Form eines Kristallgitters, sondern regellos im Festk¨ orper angeordnet, was einen hohen spezifischen Widerstand und damit eine hohe Wirbelstromgrenzfrequenz (vgl. Kap. 9.7.4) bedingt. Zur Reduktion von Wirbelstromverlusten werden Banddicken im Bereich einiger 10 µm eingesetzt. Die gewickelten Bandkerne werden zur Erh¨ohung der mechanischen Festigkeit verklebt und zur Aufnahme von Spulenk¨orpern meist aufgeschnitten (Schnittbandkern). Die H¨alften werden nach Einf¨ ugen des Spulenk¨orpers durch Spannb¨ ander zusammengehalten. Durch Schleifen der Schnittfl¨ache k¨ onnen die an den Schnittstellen wirksamen Luftspalte klein gehalten werden. Abh¨ angig von der Schliffqualit¨at sind Luftspalte kleiner als 5 µm realisierbar. Schnittbandkerne erlauben die Herstellung sehr hochwertiger Transformatoren. Pulverkerne (Massekerne). Pulverkerne werden aus einem feink¨ornigen Pulver aus ferromagnetischem Material mit Kunstharz als Bindemittel hergestellt (Abb. 9.12 c). Die Korngr¨ oße liegt dabei im Mikrometerbereich, was h¨ohere Wirbelstromgrenzfrequenzen erm¨ oglicht als bei Blechkernen. Ein Vorzug der Pulverkerne ist die vergleichsweise hohe Linearit¨ at der Magnetisierungskennlinie, d. h. die reversible Permeabilit¨ at µrev ist hier weitgehend unabh¨angig von einer Vormagnetisierung. Dies ist z. B. bei der Realisierung von Speicherdrosseln von Interesse. Die Permeabilit¨ at von Pulverkernen liegt trotz der hohen Permeabilit¨ at der K¨ orner (typischerweise mehrere 100) in der Gr¨oßenordnung von lediglich 10. Die Ursache liegt im Isolierstoff, der sich wie ein Luftspalt auswirkt. Durch Pressen mit hohem Druck bei der Herstellung kann
9.4. Spulen
379
der Isolierstoffanteil im Pulverkern vermindert werden, was eine Steigerung der Permeabilit¨ at bewirkt. Ferritkerne. Ferrite sind magnetische Oxide mit sehr geringer elektrischer Leitf¨ahigkeit: Gegen¨ uber Eisen kann die Leitf¨ahigkeit um mehr als zehn Gr¨oßenordnungen reduziert werden. Die S¨attigungspolarisation von Ferriten liegt typischerweise im Bereich von (0.3 − 0.5) T, sie ist wegen der Teilkompensation der magnetischen Momente (ferrimagnetische Ordnung, vgl. Kap. 9.7.1) geringer als in Eisenblechen. Ferrite zeichnen sich durch eine vergleichsweise geringe Dichte ((3 − 5) g/cm3 ) und hohe Korrosionsbest¨andigkeit aus; nachteilig ist die f¨ ur keramische Werkstoffe typische schlechte W¨armeleitf¨ahigkeit. Die Curie-Temperatur liegt typischerweise im Bereich von 200◦ C − 450◦ C. S c h a le n k e r n ( o b e r e H ä lfte ) W ic k lu n g S p u le n k ö r p e r
L u fts p a lt
G e w in d e s tü c k S c h a le n k e r n ( u n te r e H ä lfte )
Abb. 9.13. Schalenkern (Schnitt, nach [10])
F¨ ur unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Anfangspermeabilit¨at, Betriebsfrequenz, etc. wurde eine Vielzahl ferritischer Werkstoffe entwickelt. Die gr¨oßte Verbreitung haben Ni-Zn-Ferrite gefunden, die zwar nur u ¨ber eine verur gleichsweise geringe Anfangspermeabilti¨ at verf¨ ugen (µi ≈ 100 − 1000), daf¨ jedoch einen hohen spezifischen Widerstand (ρ ≈ 107 Ωcm) haben und bis zu Frequenzen im Bereich von 100 MHz eingesetzt werden k¨onnen. Um Streuungen der Werkstoffpermeabilit¨at und der Abmessungen kompensieren zu k¨ onnen, werden meist Schalenkerne mit Abgleichkern eingesetzt. Abbildung 9.13 zeigt den Querschnitt durch einen RM-Schalenkern mit Luftspalt. Mit derartigen Schalenkernen lassen sich sehr gut abgeschirmte und kompakte Spulen aufbauen. Neben diesen sind eine F¨ ulle anderer Kernformen verf¨ ugbar [11]; an dieser Stelle seien lediglich die f¨ ur gedruckte Schaltungen geeigneten EFD-Kerne (economic flat design) genannt, die bei geringer Einbauh¨ohe eine hohe Leistungs¨ ubertragung erm¨oglichen sowie die ETD-Kerne ur kosteng¨ unstige Leistungs¨ uber(economic transformer design), die speziell f¨ trager [10] entwickelt wurden.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
380
9.5 D¨ ampfungsperlen D¨ampfungsperlen sind kleine zylindrische Ferritk¨orper mit einer Bohrung, durch die ein Draht gef¨ uhrt werden kann. Sie weisen einen Durchmesser von wenigen Millimetern auf und werden gew¨ohnlich u ¨ber einen Anschlußdraht eines bedrahteten Bauteils – z. B. Basisanschluß eines Transistors – gesteckt.
A n s c h lu ß d r a h t
D ä m p fu n g s p e r le
Abb. 9.14. D¨ ampfungsperle
Durch die D¨ampfungsperle wird die Impedanz des Anschlußdrahts erh¨oht. Ist diese ohne D¨ ampfungsperle durch R0 + jωL0 gegeben, so folgt mit der ur komplexen Permeabilit¨ at µr = µs − jµs des Materials u ¨berschlagsm¨aßig f¨ die Impedanz Z des Anschlußdrahts bei der Kreisfrequenz ω Z ≈ R0 + jωL0 (µs − jµs ) = R0 + ωµs L0 + jωµs L0 . D¨ampfungsperlen verringern auf kosteng¨ unstige Weise hochfrequente Stromanteile ohne st¨ orende Serienwiderst¨ ande im NF-Bereich zu verursachen. Sie ¨ werden zur Unterdr¨ uckung von Uberschwingern bei Schaltvorg¨angen, zur D¨ampfung selbsterregter Schwingungen aufgrund parasit¨arer R¨ uckkopplungen in Verst¨arkerschaltungen sowie zur Unterdr¨ uckung hochfrequenter Rauschanteile eingesetzt. Ihre Wirksamkeit beruht darauf, daß sie im relevanten Frequenzbereich eine nennenswerten Serienimpedanz hervorrufen. Eine gute D¨ampfung bei einer bestimmten Frequenz wird nur erreicht, wenn die durch die D¨ampfungsperle bewirkte Serienimpdedanz groß ist im Vergleich zur Eingangsimpedanz der folgenden Schaltung. Da die durch D¨ampfungsperlen bei Frequenzen im MHz-Bereich bedingten Impedanzwerte betragsm¨aßig in der Gr¨oßenordnung8 von 100 Ω liegen, sind D¨ampfungsperlen am wirkungsvollsten in Schaltungen mit geringer Eingangsimpedanz. In diesem Zusammenhang kann auch die Kombination einer D¨ampfungsperle mit Abblockkondensatoren geringer Serieninduktivit¨ at sinnvoll sein. Bei der Anwendung ist darauf zu achten, daß die Ferritperlen keinen Kontakt zu anderen Anschl¨ ussen bekommen, da sonst Leckstr¨ ome fließen k¨onnen. Zu beachten ist auch, daß D¨ampfungsperlen durch ihre induktive Wirkung bei falscher Anwendung Resonanzfrequenzen in unerw¨ unschte Frequenzbereiche verschieben und somit ihrerseits Ursache f¨ ur selbsterregte Schwingungen sein k¨onnen. 8 Wird der Draht mit mehreren Windungen um die D¨ ampfungsperle gewickelt, so kann die Serienimpedanz erh¨ oht werden.
9.5. D¨ampfungsperlen 1 0
381 1 0 0 0
4
W R e ( Z )
1 0 3
m 's , m "
s
m " 1 0
s
2
1 0 Im ( Z ) 1
1 0 0
m 's
1 0
1 0 5
1 0
1 0 6
7
R e ( Z ), Im ( Z )
1 0 0
1
H z
1 0
0 .1 8
f
Abb. 9.15. Komplexe Permeabilit¨ at f¨ ur das Material N22 (nach [10]) und Impedanz eines Anschlußdrahts mit einer D¨ ampfungsperle der L¨ ange 5mm
Beispiel 9.5.1 Als Beispiel wird eine D¨ ampfungsperle der L¨ange 5 mm aus dem Material N22 betrachtet, die u ¨ber einen Anschlußdraht der L¨ange 12 mm gesteckt wird. Abbildung 9.15 zeigt f¨ ur dieses Material µs und µs als Funktion der Frequenz. Der Serienwiderstand R0 liegt im Bereich einiger Milliohm und wird im Folgenden vernachl¨ assigt; die Induktivit¨ at L0 des reinen Anschlußdrahts wurde mit 1 nH/mm zu 12 nH angenommen.9 Wird eine Ferritperle der L¨ange 5 mm u ¨ber den Anschlußdraht gestreift, so errechnet sich die Impedanz als Reihenschaltung einer Induktivit¨at von 7 nH und einer mit der komplexen Permeabilit¨at zu multiplizierenden Induktivit¨at von 5 nH Z/mΩ = [ 31.4 µs (f ) + j (44 + 31.4 µs (f ))] (f /MHz) . Die hieraus resultierenden Werte Re(Z) und Im(Z) sind in Abb. 9.15 aufgetragen. Die ¨ durchgef¨ uhrte Rechnung darf nur als Uberschlagsrechnung zur Erl¨auterung der Zusammenh¨ ange angesehen werden: Genaue Werte der Impedanz sind durch Messung zu bestimmen, liegen jedoch in der berechneten Gr¨oßenordnung. ∆
Modellierung komplexer, frequenzabh¨ angiger Induktivit¨ aten. Zur Beschreibung induktiver Elemente, die eine komplizierte Abh¨angigkeit von der Frequenz aufweisen, eignet sich die von PSPICE erm¨ oglichte Darstellung als frequenzabh¨angige, spannungsgesteuerte Stromquelle. Der zwischen den Klemmen 1 und 2 fließende Strom wird dabei durch die Spannung V (1, 2) gesteuert; der Zusammenhang zwischen beiden Gr¨ oßen wird durch die Admittanz des Elements bestimmt. Diese kann mit Betrag (in dB) und Phase (in Grad) als Tabelle f¨ ur verschiedene Werte der Frequenz definiert werden; zwischen diesen St¨ utzpunkten liegende Werte folgen durch Interpolation. 9 Dies kann nur als gr¨ oßenordnungsm¨ aßig richtiger Anhaltspunkt dienen, ein genauerer Wert erfordert konkrete Angaben u uckleiter. ¨ber die Leitungsform und den R¨
¨ 9. Spulen und Ubertrager
382
9.6 Vormagnetisierung, Drosselspulen Drosselspulen sollen den Gleichanteil IL des sie durchfließenden Stroms m¨oglichst wenig, den Wechselanteil m¨ oglichst stark d¨ampfen (drosseln). Der Kern einer Drosselspule ist deshalb in der Regel mit einem starken Gleichfeld belastet, dem ein schwaches Wechselfeld u ¨berlagert ist. Die Verluste in der Drosselspule sind somit vorwiegend Kupferverluste, da der dominierende Gleichanteil keine Kernverluste verursacht.
lo g ( L IL 2 )
Der Gleichanteil des Stroms bestimmt eine Vormagnetisierung, die die f¨ ur das Wechselfeldverhalten maßgebliche Permeabilit¨at µrev beeinflußt. Der Wert von µrev wird mit zunehmender Vormagnetisierung – wegen der S¨attigung – immer geringer (Abbn. 9.1 und 9.9). Zur Reduktion der Vormagnetisierung bei einer gegebenen Gleichstromst¨arke werden deshalb meist Spulen mit Luftspalt eingesetzt. Dies erh¨ oht die reversible Permeabilit¨at, da die Vormagnetisierung reduziert wird, vermindert sie aber andererseits aufgrund der Scherung. Der Luftspalt ist so zu w¨ ahlen, daß beim mittleren Spulenstrom der Gewinn durch die Abnahme der Vormagnetisierung bedeutender ist, als der durch die Scherung bedingte Verlust.
(L IL ) 2
5 0 A 2 m H 3 0
m a x
2 0
E in h ü lle n d e
E C 7 0
1 0 m a x
E C 5 2
(L IL2)
e n g L ä e n d ts mh e p a l fts n e Z u s L u ed
lo g ( R
4
E C 4 1
3
E C 3 5
2
2 5
5 0 K
3 0 K
3 0 4 0
5 0
m e
= 6 0
1 C u
IL2) (a )
2
5
0 .5
1
R
2 C u
IL
3 2
4
5
W
1 0 (b )
2
Abb. 9.16. (a) LI u ur identische Kerne mit unterschied¨ber RCu I (prinzipieller Verlauf) f¨ licher Luftspaltl¨ ange und Definition der Vormagnetisierbarkeit; (b) Vormagnetisierbarkeit als Funktion der Kupferverlustleistung f¨ ur EC-Kerne aus SIFERRIT N27 (nach [10])
Zur Bestimmung der optimalen Luftspaltl¨ange s kann f¨ ur jeden Wert von s die Gr¨oße LIL2 , die ein Maß f¨ ur die in der Spule gespeicherte Energie darstellt, u ¨ber der Verlustleistung RCu IL2 aufgetragen werden (Abb. 9.16 a). Im Idealfall w¨ urde sich hier eine Gerade der Steigung AL /AR ergeben, da sowohl
9.6. Vormagnetisierung, Drosselspulen
383
L = AL n2 als auch RCu = AR n2 proportional zum Quadrat der Windungszahl ansteigt. Da die effektive Permeabilit¨ at jedoch bei hohen Str¨omen abnimmt, kommt es zu Abweichungen von dieser Abh¨angigkeit. Abbildung 9.16 a zeigt den prinzipiellen Verlauf derartiger Kurven; die zu den Kurven geh¨orenden Kerne unterscheiden sich nur in der L¨ ange des Luftspalts, Material und Kernform sind identisch. Die Einh¨ ullende dieser Kurvenschar markiert den bei gegebener Kupferverlustleistung maximal erreichbaren Wert (L IL2 )max , der auch als Vormagnetisierbarkeit bezeichnet wird. Ausgangspunkt f¨ ur die Dimensionierung einer Drosselspule mit vorgegebener Induktivit¨ at L ist die zul¨ assige Eigenerw¨ armung ∆ϑ = ϑ − ϑA der Spule beim mittleren Spulenstrom IL . Diese bestimmt – u ¨ber den von der Kernform abh¨angigen thermischen Widerstand – eine Obergrenze f¨ ur die zul¨assige Kupferverlustleistung RCu IL2 ; Kernverluste aufgrund des Wechselanteils des Spulenstroms werden bei der Dimensionierung gew¨ohnlich vernachl¨assigt. In Abb. 9.16 b ist die Vormagnetisierbarkeit f¨ ur EC-Kerne unterschiedlicher Abmessungen u ¨ber der Kupferverlustleistung aufgetragen. Die dick markierten Segmente kennzeichnen den Arbeitsbereich mit einer Eigenerw¨armung zwischen 30 K und 50 K. Aus diesem Kennlinienfeld wird der kleinste Kern ¨ ausgew¨ahlt, dessen Ubertemperatur beim vorgegebenen Wert der Vorma2 gnetisierbarkeit (LIL )max unterhalb des zugelassenen Werts liegt. Aus dem Schnittpunkt mit dem Kennlinienfeld kann der erforderliche Wert der effektiven Permeabilit¨ at abgelesen werden, der u ¨ber das Datenblatt auf den AL -Wert und damit auf die erforderliche Windungszahl f¨ uhrt. Der Drahtquerschnitt wird dann so festgelegt, daß der vorgegebene Wickelraum mit der ermittelten Windungszahl vollst¨ andig ausgef¨ ullt wird. Beispiel 9.6.1 Als Beispiel wird die Dimensionierung einer Drosselspule f¨ ur ein einfaches Schaltnetzteil (Drossel-Abw¨ artswandler) betrachtet. Abbildung 9.17 erl¨autert den prinzipiellen Aufbau einer solchen Schaltung. Der gesteuerte Schalter S wird periodisch ge¨ offnet und geschlossen; das Tastverh¨ altnis, d. h. das Verh¨altnis t1 /T = ν von Einschaltdauer t1 zur Periodendauer T sei im Bereich νmin ≤ ν ≤ νmax variabel. L¨aßt ¨ ucksichtigt (v1 ≈ V1 , man die Anderung von v1 und v2 im Lauf einer Periode unber¨ v2 ≈ V2 ), so folgt bei geschlossenem Schalter vL ≈ const. bzw. diL /dt ≈ const., falls der Spannungsabfall am Schalter vernachl¨ assigt werden kann. Unter Ber¨ ucksichtigung des Gleichstromwiderstands RCu der Drossel gilt bei geschlossenem Schalter diL vL = v1 − v2 − RCu iL ≈ V1 − V2 − RCu IL = L . dt 1 Wird nun der Schalter ge¨ offnet, so wird die in L gespeicherte magnetische Energie frei. Die dabei auftretende Induktionsspannung bringt die Diode D in Flußrichtung, d. h. das Potential des Knotens 3 liegt n¨ aherungsweise auf −VF0 , wobei VF0 die Schleusenspannung der Diode bezeichnet. An der Spule f¨allt nun die Spannung diL vL = −VF0 − RCu iL − v2 ≈ −(VF0 + V2 + RCu IL ) = L dt 2
¨ 9. Spulen und Ubertrager
384 g e s te u e rte r S c h a lte r
v
(3 )
L
R
C u
v
L C 1
v D
1
2
C 2
(a ) v V
V
L L 1
t L 2
iL
I L + i l( t )
IL (1 -n )T
n T T
t
(b )
Abb. 9.17. Schaltnetzteil mit Drossel-Abw¨ artswandler. (a) Schaltprinzip und (b) Verlauf (schematisch) von Spannungsabfall vL und Spulenstrom iL
¨ ab. Im zeitlichen Mittel ist die Anderung des Spulenstroms null, d. h. es muß gelten diL diL + (1−ν) = 0. ν dt 1 dt 2 Der maximal zul¨ assige Hub ∆IL,max folgt aus dem minimalen Laststrom IL,min ; stets muß gelten ∆IL < IL,min /2, da andernfalls die Spannung u ¨ber der Drossel w¨ahrend der Austastphase zusammenbricht. Zusammenfassen der Gleichungen f¨ uhrt auf ν (V1 −V2 −RCu IL ) = (1−ν) (VF0 +V2 +RCu IL ) bzw. V2 = νV1 − RCu IL − (1−ν)VF0 . Durch Variation des Tastverh¨ altnisses ν kann demnach die Ausgangsspannung V2 ver¨ andert werden. Das f¨ ur eine bestimmte Ausgangsspannung V2 erforderliche Tastverh¨ altnis ist ν =
VF0 + V2 + RCu IL . V1 + VF0
(9.45)
Die Induktivit¨ at der Spule ist so zu w¨ ahlen, daß die von der Spule w¨ahrend der Austastphase (1 − ν)T maximal abgebbare Energie ∆W ≈ LIL ∆IL,max mindestens gleich der w¨ ahrend dieser Zeit in der Last verbrauchten Energie W ≈ (1 − ν)T V2 IL ist. Dies f¨ uhrt mit f = 1/T auf die Forderung
9.6. Vormagnetisierung, Drosselspulen L >
385
(1−ν)V2 (V1 −V2 −RCu IL )V2 ≈ . f ∆IL,max (V1 +VF0 )f ∆IL,max
Der Wert von L sollte nicht wesentlich gr¨ oßer gew¨ahlt werden, da andernfalls die Einschwingzeit der Schaltung bei Last¨ anderungen unn¨otig groß wird. Als Dimensionierungsbeispiel wird ein Abw¨ artswandler betrachtet, der bei der Eingangsspannung V1 = 12 V und der Taktfrequenz f = 30 kHz die Ausgangsspannung ¨ der Spule aufgrund der Eigenerw¨armung soll V2 = 6 V liefert. Die Ubertemperatur den Wert 35 K nicht u ¨berschreiten. Der Wert des mittleren Spulenstroms IL soll im Bereich von 0.25 A bis 5 A ver¨ anderlich sein; als Obergrenze f¨ ur den Hub ∆IL folgt ur die Induktivit¨at folgt nun hieraus ∆IL,max = 0.5 A. Als Mindestwert f¨ L ≥
(12 V − 6 V) · 6 V = 189 µH , (12 V + 0.7 V) · 3 · 104 Hz · 0.5 A
wobei die Schleusenspannung der Diode mit 0.7 V angenommen wird. Als Sollwert wird L = 0.2 mH gew¨ ahlt. Beim Maximalwert des mittleren Spulenstroms betr¨agt die Vormagnetisierung mithin L IL2 ≈ 5 A2 mH. Die Drossel soll mit einem ECSchalenkern ausgef¨ uhrt werden. Aus Abb. 9.16 b entnimmt man die Bauform EC41 ¨ als geeignet – bei der Bauform EC35 w¨ are die Ubertemperatur (mit ann¨ahernd 50 K) zu hoch, gr¨ oßere Bauformen w¨ urden unn¨ otiges Gewicht und Kosten verursachen. Aus Abb. 9.16 b wird nun der Optimalwert der effektiven Permeabilit¨at zu µe ≈ 51 abgelesen. Dieser Wert l¨ aßt sich ann¨ ahernd durch Kombination von zwei Schalenkernh¨ alften realisieren, bei denen der Mittelsteg um je 1 mm reduziert wurde, was sich zu einem Gesamtluftspalt von 2 mm addiert. Der zugeh¨orige AL -Wert kann aus dem Datenblatt zu 100 nH entnommen werden. Die erforderliche Windungszahl folgt hieraus zu
n = L/AL ≈ 45 . Der passende Spulenk¨ orper besitzt gem¨ aß dem Datenblatt einen nutzbaren Wickelquerschnitt von AW = 134 mm2 , eine mittlere Windungsl¨ange ΛW = 62 mm und uhrt dies auf einen AR -Wert von 15.9 µΩ. Bei einer Windungszahl10 von n = 45 f¨ ur die beim Maximalwert des mittleren Spulenstroms RCu = AR n2 = 31.8 mΩ. F¨ IL = 5 A umgesetzte Leistung folgt somit P ≈ 0.8 W. Nach Abb. 9.16 b weist der ¨ gew¨ ahlte Kern bei einer Verlustleistung von 2 W eine Ubertemperatur von 30 K auf, der thermische Widerstand zur Umgebung ist mithin 15 K/W. Dies f¨ uhrt mit der ¨ errechneten Verlustleistung auf eine Ubertemperatur von 12 K, d. h. die projektierte Drossel ist großz¨ ugig“ dimensioniert. ” Der Wechselanteil des Spulenstroms soll bei ohmscher Last u ¨ber den Kondensator C2 abfließen, da er andernfalls einen Wechselanteil der Ausgangsspannung hervorruft. Zur Festlegung von C2 kann der Wechselanteil il (t) des Spulenstroms als sinusf¨ ormig mit der Taktfrequenz f angenommen werden. Zwischen der Restwelligkeit ∆V2 (Spitze-Spitze) der Ausgangsspannung v2 und dem Hub ∆IL,max des Spulenstroms existiert damit n¨ aherungsweise der Zusammenhang 10
W¨ urde die Drossel als einfache Spule ausgef¨ uhrt, so w¨ are ein Drahtdurchmesser gr¨ oßer als 1 mm zu verwenden, um den zur Verf¨ ugung stehenden Wickelquerschnitt auszuf¨ ullen. Da dies wegen der Steifigkeit der Dr¨ ahte und wegen der Widerstandserh¨ ohung aufgrund des Skineffekts unzweckm¨ aßig ist, werden in solchen F¨ allen meist mehrere Wicklungen (z. B. drei Kupferlackdr¨ ahte mit Außendurchmesser 0.8 mm) parallel geschaltet.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
386
9
P$
$XVJDQJVVSDQQXQJ
6SXOHQVWURP P9 P$
P$
9
!! $ PV
PV 9RXW
PV PV ,/ 7LPH
PV
Abb. 9.18. Ergebnis einer Transientenanalyse mit PSPICE f¨ ur den Verlauf der Ausgangsspannung (Skala 1) und den Spulenstrom (Skala 2) im untersuchten Drossel-Abw¨ artswandler
∆IL,max = 2πf C2 ∆V2 , d. h. ist ∆V2,max der maximal zul¨ assige Wert f¨ ur die Restwelligkeit, so ist C2 ≥
∆IL,max 2πf ∆V2,max
zu w¨ ahlen. Im betrachteten Fall etwa w¨ urde aus ∆V2,max = 10 mV die Forderung C2 ≥
0.5 A ≈ 265 µF 10 mV · 2π · 30 · 103 Hz
folgen. F¨ ur eine Simulation11 des zeitabh¨ angigen Verlaufs der Ausgangsspannung wurde eine Kapazit¨ at von 300 µF zugrundegelegt12 . Das Ergebnis der Simulation ist in Abb. 9.18 zu sehen, das Resultat f¨ ur die Restwelligkeit stimmt gut mit der Absch¨ atzung u ∆ ¨berein.
11 Der Schalter wurde dabei u ¨ber einen von einer Pulsquelle mit der Taktfrequenz 30 kHz kontrollierten, spannungsgesteuerten Schalter simuliert. Das erforderliche Tastverh¨ altnis wurde mit Hilfe von Gl. (9.45) berechnet. 12 Diese w¨ urde in der Praxis vorzugsweise durch Parallelschalten mehrerer Kondensatoren, z. B. mit je 100 µF realisiert, da dies geringere Verluste erm¨ oglicht und da die Abmessungen der Kondensatoren geringer sind, was die Unterbringung auf einer Platine erleichtert.
9.7. Eigenschaften und Modellierung ferro- und ferrimagnetischer Kernmaterialien 387
9.7 Eigenschaften und Modellierung ferro- und ferrimagnetischer Kernmaterialien ¨ In Spulen, Ubertragern und Transformatoren eingesetzte magnetische Werkstoffe dienen vor allem der F¨ uhrung und Verst¨arkung des magnetischen Flusses bei Wechselbetrieb. Deshalb sind hier weichmagnetische Materialen mit geringen Ummagnetisierungsverlusten gefragt. Insbesondere bei h¨oherer Frequenz ist dar¨ uberhinaus eine geringe elektrische Leitf¨ahigkeit des Kernmaterials erforderlich um Wirbelstromverluste gering zu halten. Abh¨angig von der Anwendung k¨ onnen zus¨ atzliche Anforderungen – wie z. B. nach einer von Frequenz, Temperatur, Gleichstromvormagnetisierung etc. unabh¨angigen Permeabilit¨at – hinzukommen. In der Praxis verwendete Kernmaterialien weisen entweder ferro- oder ferrimagnetisches Verhalten auf.
9.7.1 Ferromagnetismus und Ferrimagnetismus In ferromagnetischen Stoffen weisen die Atome ein permanentes magnetisches Dipolmoment auf, d. h. jedes Atom verh¨alt sich wie ein kleiner Magnet vom magnetischen Moment m. Ursache des magnetischen Dipolmoments sind ungef¨ ullte d- oder f -Schalen, in denen sich das Spinmoment der Elektronen zu einem nicht verschwindenden Gesamtmoment addiert. Bedingt durch die sog. Austauschwechselwirkung richten sich die Dipolmomente bei tiefen Temperaturen in einzelnen Kristallbereichen, den sog. Weisschen Bezirken, parallel aus – diese sind dann bis zur S¨ attigung magnetisiert. F¨ ur den Betrag Ms0 der S¨ attigungsmagnetisierung des Materials bei T = 0 K folgt mit der Dichte N/V der Atome Ms0 = |m| N/V .
(9.46)
Beispiel 9.7.1 Als Beispiel wird die Magnetisierung von Eisen (Fe) betrachtet. Eisen besitzt die Dichte ρm = 7.9 g/cm3 ; das Atomgewicht betr¨agt 55.8 g/mol. Mit der Avogadro-Konstanten Nmol = 6.022 · 1023 mol−1 errechnet sich die Dichte der Atome zu 3
N 7.9 g/cm 1 = · 6.022 · 1023 ≈ 8.526 · 1022 cm−3 . V 55.8 g/mol mol Der Betrag |m| des magnetischen Moments eines Eisenatoms ist ann¨ahernd 2.2 µB , ur die wobei µB = 9.273 · 10−24 Am2 das sog. Bohrsche Magneton bezeichnet. F¨ S¨ attigungsmagnetisierung von Eisen folgt daraus Ms0
=
8.526 · 1022 cm−3 · 2.2 · 9.273 · 10−24 Am2 ≈ 1.74 · 106 A/m .
Verwandt zum Ferromagnetismus ist der Antiferromagnetismus. W¨ahrend die Austauschwechselwirkung im Ferromagneten eine parallele Ausrichtung der magnetischen Momente innerhalb eines Weisschen Bezirks bewirkt, f¨ uhrt sie
¨ 9. Spulen und Ubertrager
388
im Antiferromagneten zu einer antiparallelen Ausrichtung, d. h. die resultierende magnetische Polarisation ist hier null. Antiferromagnetische Werkstoffe weisen ein µr ≈ 1 auf und sind deshalb als Kernmaterialien uninteressant.
fe r r o m a g n e tis c h
a n tife r r o m a g n e tis c h
fe r r im a g n e tis c h
Abb. 9.19. Magnetische Ordnung
In ferrimagnetischen Substanzen sind Atome mit unterschiedlichen magnetischen Momenten vorhanden. Bei ferrimagnetischer Ordnung bilden diese Untergitter mit gegens¨ atzlich orientierten magnetischen Momenten, die sich im Gegensatz zum Antiferromagneten aber nur teilweise kompensieren. Somit stellt sich eine resultierende Magnetisierung ein, die um so gr¨oßer ist, je unterschiedlicher die magnetischen Momente der Ionen auf den Untergittern sind. Ferrimagnetismus tritt in den als Spulenk¨orper weitverbreiteten Ferriten auf.
9.7.2 Magnetisierung Die beschriebenen ferro- oder ferrimagnetischen Ordnungszust¨ande bilden sich innerhalb r¨ aumlich begrenzter Bereiche, den Weisschen Bezirken oder Dom¨ anen aus. Im unmagnetisierten Zustand sind die magnetischen Momente in benachbarten Weisschen Bezirken unterschiedlich ausgerichtet und kompensieren sich gegenseitig. Die Weisschen Bezirke bilden sich dabei so aus, daß die Gesamtenergie (Magnetisierungsenergie und Energie des Aussenfelds) minimal wird. In einkristallinen Materialien erfolgt die spontane Magnetisierung vorzugsweise in der Richtung leichter Magnetisierbarkeit – die magnetische Polarisation in benachbarten Weisschen Bezirken ist deshalb h¨aufig um 180◦ gegeneinander verdreht. Die Weisschen Bezirke werden durch die sog. Bloch-W¨ ande getrennt. In¨ nerhalb einer Bloch-Wand der Dicke δ erfolgt ein allm¨ahlicher Ubergang der Ausrichtung der magnetischen Momente (Abb. 9.20 b). Durch Anlegen eines magnetischen Felds kommt es zu einer zunehmenden Ausrichtung der magnetischen Momente in Feldrichtung. In fehlerfreien Einkristallen vergr¨oßern sich dabei Weissche Bezirke, deren magnetische Momente (weitgehend) par-
9.7. Eigenschaften und Modellierung ferro- und ferrimagnetischer Kernmaterialien 389 W e iß s c h e r B e z ir k A
H = 0
H
B lo c h w a n d (1 8 0 ) d
[0 1 0 ] W e iß s c h e r B e z ir k B
[1 0 0 ] u n m a g n e tis ie r t
M a g n e tis ie r u n g (a )
(b )
Abb. 9.20. Weissche Bezirke (a) und Bloch-W¨ ande (b) in Ferromagnetika (nach [12])
allel zur Feldrichtung liegen durch Verschieben der Bloch-Wand auf Kosten der anderen Bereiche (Abb. 9.20 a). Dieser Vorgang ist reversibel und erfolgt bereits bei sehr kleinen Feldern. Materialien, in denen sich die Bloch-W¨ande leicht verschieben lassen, zeichnen sich durch eine sehr hohe Anfangspermeabilit¨ at µi und eine geringe Hysterese aus. Im Bereich hoher Feldst¨arken erfolgt dann eine Drehung der magnetischen Momente aus der kristallographischen Vorzugsrichtung heraus parallel zum Feldst¨arkevektor. Die zum Erreichen der S¨ attigungsmagnetisierung Ms erforderliche Feldst¨arke ist bei einkristallinem Material abh¨angig von der Orientierung des Kristalls zum Feld. Der Wert von uber hinaus mit zunehmender Temperatur ab, da die W¨armeMs nimmt dar¨ bewegung der Austauschwechselwirkung entgegenwirkt; Ms verschwindet bei der Curie-Temperatur. Spontane Magnetisierung, Curie-Temperatur. Aufgrund der W¨armebewegung sind die magnetischen Momente der Atome in einem Weisschen Bezirk f¨ ur T > 0 K nicht exakt parallel ausgerichtet. Die Magnetisierung M in einem Feld HW ist deshalb eine temperaturabh¨ angige Gr¨ oße. Sie kann mit den Methoden der statistischen Thermodynamik berechnet werden und wird durch eine Langevin-Funktion [13] beschrieben M = Ms0 [ coth(ζ) − 1/ζ ]
mit
ζ = µ0 |m|HW /kB T ,
(9.47)
wobei Ms0 wiederum die S¨ attigungsmagnetisierung bei T = 0 K bezeichnet. F¨ ur die Feldst¨ arke HW ist dabei nach Weiss das lokal wirksame Magnetfeld anzusetzen, das sowohl durch das externe magnetische Feld H als auch durch die Magnetisierung M der umliegenden Gebiete bestimmt wird (sog. Weissches Molekularfeld). Mit der aßt sich so schreiben Weisschen Wechselwirkungskonstante αW l¨ HW = H + αW M .
(9.48)
¨ 9. Spulen und Ubertrager
390
In (9.47) eingesetzt f¨ uhrt dies auf eine nichtlineare, implizite Gleichung f¨ ur M . F¨ ur H = 0 resultiert insbesondere die folgende Gleichung f¨ ur die spontane Magnetisierung innerhalb eines Weisschen Bezirks kB T 1 M = ζ0 = coth(ζ0 ) − , Ms0 µ0 |m|αW Ms0 ζ0
(9.49)
wobei ζ0 = µ0 |m|αW M/kB T . Die L¨ osung von Gl.(9.49) kann graphisch ermittelt werden [12, 13], der prinzipielle Verlauf ist in der Abb. 9.21 dargestellt.
M
M
S ä ttig u n g s m a g n e tis ie r u n g s 0
M (T )
C u r ie T e m p e ra tu r T
0 K
C
T
Abb. 9.21. Spontane Magnetisierung
Eine L¨ osung M = 0 ergibt sich danach nur, falls T kleiner ist als die CurieTemperatur TC =
Ms0 µ0 |m|αW . 3kB
(9.50)
¨ Ferromagnetische Ordnungszust¨ ande werden bei Uberschreiten der materialspezifischen Curie-Temperatur zerst¨ ort, d. h. nur f¨ ur T < TC liegen Weissche Bezirke mit spontaner Magnetisierung vor. Durch Erhitzen auf Temperaturen T > TC wird eine Magnetisierung des Materials aufgehoben (Entmagnetisierung).
Hysterese. Die Hysterese in ferromagnetischen Materialien ist auf St¨orstellen im Gitter zur¨ uckzuf¨ uhren. Diese behindern die Verschiebung der BlochW¨ande im magnetischen Feld. Ohne diesen Mechanismus w¨ urde eine Probe nach Abschalten des externen Felds wieder in den energetisch besonders g¨ unstigen13 unmagnetisierten Zustand zur¨ uckgehen. Durch die Haftwirkung der Bloch-W¨ande an den St¨ orstellen muß aber erst eine kritische Feldst¨arke u ¨berschritten werden, bis sich eine Bloch-Wand bewegt. Die Ausdehnung der durch die Wand begrenzten Dom¨ ane erfolgt dann sprunghaft (BarkhausenSprung). Derartige Spr¨ unge f¨ uhren zu kleinen Stufen in der Hysteresekurve (Abb. 9.1), die in der Kennlinie (wegen der endlichen Genauigkeit) zwar meist nicht sichtbar sind, mit einer ¨ außeren Meßspule aber nachgewiesen werden k¨ onnen (Barkhausen-Rauschen). Eine detaillierte Betrachtung der Zusammenh¨ange ist z. B. in [14, 15] zu finden; an dieser Stelle wird nur der ver13
ist.
Da im unmagnetisierten Zustand keine Energie im Feld außerhalb der Probe gespeichert
9.7. Eigenschaften und Modellierung ferro- und ferrimagnetischer Kernmaterialien 391
gleichsweise einfache Ansatz von Jiles und Atherton betrachtet, der auch die Grundlage der Modellierung in PSPICE darstellt. Das Modell von Jiles und Atherton. Jiles und Atherton [16] betrachten zun¨achst den hysteresefreien“ Anteil Man der Magnetisierung (anhysteretic magnetization), ” den sie entsprechend der Weisschen Molekularfeldtheorie (9.47), (9.48) ansetzen
HW A (9.51) mit HW = H + αW M . Man = Ms0 coth − A HW attigungsmagnetisierung, A = kB T /(µ0 |m|) einen (temDabei bezeichnet Ms0 die S¨ peraturabh¨ angigen) Parameter von der Dimension A/m und αW die Weissche Wechselwirkungskonstante. Wird in Gl. (9.51) M = Man gesetzt, so ergibt sich eine nichtlineare, implizite Gleichung f¨ ur Man , die sich numerisch l¨osen l¨aßt. Bedingt durch die Hysterese weicht die tats¨achliche Magnetisierung M vom hysteresefreien Anteil Man ab. Zur Modellierung der Hysterese wird der Ansatz Man −M dM = dHW ±K gemacht. Die Gr¨ oße K (Einheit A/m) stellt dabei ein Maß f¨ ur die Energie dar, die pro Volumeneinheit aufgebracht werden muß, um die an St¨orstellen haftenden Blochw¨ ande zu l¨ osen; das positive Vorzeichen ist f¨ ur dH/dt > 0 und das negative Vorzeichen f¨ ur dH/dt < 0 zu w¨ ahlen. In Verbindung mit HW = H + αW M kann dies umgeformt werden in µ0 (Man −M ) dM = . dH ±K − αW µ0 (Man −M )
(9.52)
Jiles und Atherton ber¨ ucksichtigen zus¨ atzlich zu diesem, irreversible Wandverschiebungen beschreibenden Ausdruck, die reversible Deformation von Blochw¨anden, die an St¨ orstellen haften. Diese f¨ uhren zu einem zus¨atzlichen Term C d(Man−M )/dH auf der rechten Seite von (9.52). Der Parameter C charakterisiert die Deformierbarkeit der an einer St¨ orstelle haftenden Bloch-W¨ ande. Nach dM/dH aufgel¨ost resultiert 1 µ0 (Man −M ) C dMan dM = + . dH 1+C ±K − αW µ0 (Man −M ) 1+C dH
(9.53)
Das Gleichungssystem aus (9.51) und (9.53) ergibt den gesuchten Zusammenhang M (H), woraus sofort B(H) folgt.
9.7.3 Beschreibung von Spulen mit Kern in PSPICE Zur Beschreibung ferromagnetischer Kernmaterialien steht in PSPICE ein spezielles CORE-Modell zur Verf¨ ugung. Spulen werden hier nicht durch Induktivit¨atswerte, sondern durch Windungszahlen definiert. Die Eigenschaften des Kernmaterials werden in einer gesonderten Modellanweisung vom Typ CORE spezifiziert. Die Elementanweisung f¨ ur eine Spule mit Kern ist von der Form Lx Kx
Ka Lx
Kb Windungszahl Kopplungsfaktor Modellname
¨ 9. Spulen und Ubertrager
392
.
.
$5($ 3$7+ 06 . $/3+$ $ & .
. .& /(9(/ .
%.
+.
Abb. 9.22. B(H)-Hysteresekurve eines Ferroxcube-Kerns (simuliert mit PSPICE, Angaben in Gauss bzw. Oersted)
Die erste Zeile definiert dabei die Knotennamen K a und K b der Anschl¨ usse und die Windungszahl. Die zweite Zeile bestimmt den Kopplungsfaktor, der bei der Modellierung von Spulen zweckm¨ aßigerweise auf den Wert 1 gesetzt wird und das f¨ ur die Simulation zu verwendende Kernmodell. Die zugeh¨orige Modellanweisung enth¨alt die nach der Theorie von Jiles und Atherton zur Beschreibung der B(H)-Abh¨angigkeit des Kernmaterials erforderlichen Parameter. Der Aufbau einer solchen Anweisung ist von der Form .MODEL
Modellname
CORE (AREA =
PATH = ...)
Die wichtigsten Parameter des Modells sind in Tabelle 9.1 aufgef¨ uhrt. Tabelle 9.1 Parameter des PSPICE-Kernmodells Parameter
Bedeutung
Einheit
Ersatzwert
AREA PATH GAP MS A C K ALPHA GAMMA
effektiver magnetischer Querschnitt effektive magnetische Wegl¨ ange effektive L¨ ange des Luftspalts S¨ attigungsmagnetisierung thermal energy parameter“ ” domain flexing parameter“ ” domain anisotropy parameter“ ” Weissche Wechselwirkungskonstante domain damping parameter“ ”
cm2 cm cm Gauss A/m
0.1 1 0 106 103 0.2 500 10−3 ∞
A/m Hz
9.7. Eigenschaften und Modellierung ferro- und ferrimagnetischer Kernmaterialien 393 Die Parameter AREA, PATH und GAP charakterisieren die Abmessungen des Kerns und sind dem Datenblatt zu entnehmen. F¨ ur eine Windungszahl n und einen gegebenen Spulenstrom i berechnet PSPICE die effektive Feldst¨arke im Kern nach Gl. (9.34). Die Gr¨ oßen MS, A, C, K, ALPHA beschreiben das Kernmaterial entsprechend dem Ansatz von Jiles und Atherton. Dabei sind zwei Ans¨ atze zur Beschreibung des hysteresefreien Anteils der Magnetisierung verf¨ ugbar. Diese k¨onnen in der Modellanweisung durch zus¨ atzliche Angabe von LEVEL = 1, 2 ausgew¨ahlt14 werden. LEVEL=1 benutzt den Ansatz (9.51), w¨ ahrend LEVEL=2 den Ansatz Man = MS ·
HW /A 1 + |HW /A|
f¨ ur den hysteresefreien Anteil der Magnetisierung verwendet. Um die endliche Geschwindigkeit der Ummagnetisierungsprozesse zu erfassen, wurde zus¨ atzlich der Parameter GAMMA eingef¨ uhrt, der mittels dM/dt = GAMMA · [M (H)−M (t)] eine Verz¨ ogerung zwischen der tats¨ achlichen Magnetisierung M (t) und der zu der aktuellen Feldst¨ arke H(t) geh¨ orenden Gleichgewichtsmagnetisierung M (H) erfaßt. Der Kehrwert von GAMMA kann als charakteristische Zeitkonstante f¨ ur das Einstellen der Magnetisierung aufgefaßt werden. Der Wert von GAMMA beeinflußt die Kernverluste – diese nehmen mit zunehmendem GAMMA ab.
9
P$ 6SDQQXQJ P$
9
9
6WURP
$
9 P$ 9
!! P$ PV
PV 9
PV PV ,5 7LPH
PV
Abb. 9.23. Stromverlauf in einer Spule mit hysteresebehaftetem Kern 14
Erfolgt keine Angabe, so gilt der Ersatzwert LEVEL=1.
PV
¨ 9. Spulen und Ubertrager
394
Beispiel 9.7.2 Abbildung 9.23 zeigt die Ergebnisse einer Transientenanalyse f¨ ur den Stromfluß durch eine Spule (Modellparameter entsprechend Abb. 9.22) mit Kern bei harmonischer Erregung (ˆ v = 2 V, f = 1 kHz). Die Windungszahl wurde mit n = 100 und der Kupferwiderstand mit R0 = RCu = 2 Ω angenommen. Wegen der nichtlinearen Eigenschaften des Kerns (die durchlaufene Hystereseschleife ist in Abb. 9.22 dargestellt) weicht der Stromverlauf stark vom sinusf¨ormigen Verhalten ab. Dies zeigt auch das Ergebnis einer Fourier-Analyse, nach der vor allem die dritte Harmonische eine besonders ausgepr¨ agte Amplitude aufweist. FOURIER COMPONENTS OF TRANSIENT RESPONSE I(R0) DC COMPONENT = -4.225784E-04 HARMONIC FREQUENCY NO (HZ) 1 2 3 4 5
1.000E+03 2.000E+03 3.000E+03 4.000E+03 5.000E+03
FOURIER COMPONENT
NORMALIZED COMPONENT
PHASE (DEG)
NORMALIZED PHASE (DEG)
7.648E-03 2.733E-04 1.565E-03 5.277E-05 4.627E-04
1.000E+00 3.574E-02 2.046E-01 6.900E-03 6.050E-02
1.061E+02 -7.657E+01 1.161E+02 -7.081E+01 1.003E+02
0.000E+00 -1.827E+02 9.943E+00 -1.769E+02 -5.832E+00
9.7.4 Kernverluste Aufgrund von Tr¨ agheits- und Resonanzeffekten bei der Magnetisierung sowie bedingt durch die Hysterese und Wirbelstromverluste, ist die wirksame Permeabilit¨at magnetischer Stoffe frequenzabh¨angig. Bei Annahme eines linearen Zusammenhangs zwischen B und H lassen sich diese Effekte durch den in (9.31) definierten Kernverlustfaktor tan δK erfassen. Dieser setzt sich im wesentlichen aus dem Wirbelstromverlustfaktor tan δw , dem Hystereseverucksichtigenden Verlustlustfaktor tan δh und dem Nachwirkungsverluste ber¨ faktor tan δn zusammen tan δK = tan δh + tan δw + tan δn .
(9.54)
Bei niederen Frequenzen l¨ aßt sich tan δK in einen konstanten Anteil, einen Anteil proportional zur Feldst¨ arke H sowie einen zur Frequenz proportionalen Anteil aufspalten [9] 2π tan δK = hH + wf + n .
(9.55)
Die Koeffizienten h, w und n werden als Hysterese-, Wirbelstrom- bzw. Nachwirkungsbeiwert bezeichnet und in der Folge n¨aher erl¨autert. Neben den weiter unten n¨ aher betrachteten Hysterese- und Wirbelstromverlusten k¨ onnen zus¨ atzliche Mechanismen die Frequenzabh¨angigkeit der Permeabilit¨at beeinflussen: Zum einen k¨ onnen die Spins der Elektronen einer Feld¨anderung nicht beliebig schnell folgen, was sich bei hohen Frequenzen in einem Abfall der Permea-
9.7. Eigenschaften und Modellierung ferro- und ferrimagnetischer Kernmaterialien 395 bilit¨ at und einer Zunahme der Verluste bemerkbar macht. 15 Zum anderen kommt es zu Resonanzeffekten, wenn die Frequenz der Feld¨anderung mit der Pr¨azessionsfrequenz der Spins im magnetischen Feld u ¨bereinstimmt (Spinresonanz, ferromagnetische Resonanz). In polykristallinen Werkstoffen kann es dar¨ uber hinaus aufgrund einer kapazitiven Kopplung u ¨ber die Korngrenzen hinweg, zu u ¨berproportional mit der Frequenz zunehmenden Wirbelstromverlusten und dielektrischen Verlusten kommen (Dimensionsresonanz). Ein weiterer Mechanismus, der die Verluste eines Kerns beeinflussen kann, ist die magnetostriktive Resonanz: Da sich die Ausdehnung des Kerns mit der Magnetisierung ver¨ andert, regt ein Wechselfeld diesen zu mechanischen Schwingungen ( Trafobrummen“ ) an. Wird die Spule von einem Wechselstrom mit ” einer Frequenz im Bereich der Eigenfrequenz dieser Schwingungen durchflossen, so kommt es zur magnetostriktiven Resonanz und erh¨ohten Ummagnetisierungsverlusten, da die zur Anregung der Schwingungen erforderliche Leistung dem magnetischen Feld entzogen wird.
Wirbelstromverluste, gyromagnetische Grenzfrequenz Das sich a ome. Nach der Lenz¨ndernde magnetische Feld induziert im Kern Wirbelstr¨ schen Regel sind diese so gerichtet, daß sie das induzierende Feld schw¨achen. Die bei h¨ oheren Frequenzen in den a ¨ußeren Schichten eines Kerns induzierten Wirbelstr¨ome schirmen deshalb das Kerninnere zumindest teilweise ab. Auf diesem Weg kommt es zu einer Phasenverschiebung zwischen i und B sowie zu einer Verringerung des wirksamen Kernquerschnitts, was zu einer Abnahme der effektiven Permeabilit¨at f¨ uhrt. Der Mechanismus entspricht der Stromverdr¨ angung in Leitern bei h¨oheren Frequenzen (Skineffekt, vgl. Kap. 7.1) und wird ebenfalls oberhalb einer von der Permeabilit¨ at, der Leitf¨ ahigkeit und den Abmessungen abh¨angigen Grenzfrequenz maßgeblich. ur d¨ unne Bleche gilt Diese wird hier als Wirbelstromgrenzfrequenz fw bezeichnet. F¨ fw =
4ρ 1 , πµ0 µi d 2
(9.56)
d. h. die Wirbelstromgrenzfrequenz entspricht der Grenzfrequenz f¨ ur den Skineffekt. Die Wirbelstromverluste werden durch den Wirbelstromverlustfaktor tan δw ≈
2 f w f = 3 fw 2π
(9.57)
beschrieben. Dieser steigt proportional zur Frequenz an; der Faktor w wird als Wirbelstrombeiwert bezeichnet. Wirbelstromverluste k¨ onnen durch eine Anhebung des spezifischen Widerstands des Kernmaterials verringert werden. Dies ist m¨oglich durch Einsatz ferritischer 15
Zus¨ atzlich zu diesem als Spinrelaxation bezeichneten Effekt spielen im Wechselfeld die mit endlicher Geschwindigkeit ablaufenden Verschiebungen der Bloch-W¨ ande und andere meist thermisch bedingte Prozesse eine Rolle. Genannt seien hier insbesondere die thermische Nachwirkung (Jordan-Nachwirkung) oder die Diffusionsnachwirkung (RichterNachwirkung). Der Frequenzgang dieser Nachwirkungsverluste wird deshalb meist durch mehrere Zeitkonstanten bestimmt (vgl. [9]) – f¨ ur Absch¨ atzungen gen¨ ugt jedoch meist der Nachwirkungsverlustfaktor tan δn bzw. der Nachwirkungsbeiwert n = 2π tan δn .
¨ 9. Spulen und Ubertrager
396
Werkstoffe oder amorpher Metallegierungen. Durch eine r¨aumliche Begrenzung der Wirbelstrombahnen lassen sich Wirbelstromverluste ebenfalls reduzieren. Dies geschieht entweder durch Einteilung des Kerns in d¨ unne voneinander isolierte Bleche oder aber durch Zerkleinern des Kernmaterials in Pulverform und anschließende Verbindung mit einem isolierenden Stoff. Die Dicke der Bleche bzw. die Gr¨oße der Pulverpartikel ist dabei um so geringer zu w¨ahlen, je h¨oher die Frequenz ist. In der Praxis ergeben sich – insbesondere f¨ ur Werte von d im Bereich weniger µm – als Wirbelstromanomalien bezeichnete Abweichungen von Gl. (9.56). Dies ist zum einen durch die in der klassischen Wirbelstromtheorie außer acht gelassene Unterteilung in Weissche Bezirke und zum anderen auf die, bei hohen Wirbelstromgrenzfrequenzen bemerkbare, endliche Einstellgeschwindigkeit der Spinmomente im magnetischen Wechselfeld zur¨ uckzuf¨ uhren. Dieser als Spinrelaxation bezeichnete Mechanismus f¨ uhrt zu der von der Blechdicke unabh¨angigen sog. gyromagnetischen Grenzangig vom Verh¨ altnis der S¨attigungspolarisation Js zur frequenz fg . Diese ist abh¨ aherungsweise gilt Anfangspermeabilit¨ at µi , wobei nach [11] n¨ fg ≈ (0.8−1.9) MHz · 104 · (Js /T)/µi .
(9.58)
Bei einer Anfangspermeabilit¨ at von µi ≈ 1000 betr¨agt sie gr¨oßenordnungsm¨aßig 10 MHz. In ferromagnetischen Blechen macht sich die Spinrelaxation, wegen der dort vorliegenden hohen Leitf¨ ahigkeit, erst bei Blechst¨arken unter 20 µm bemerkbar; in Ferritkernen gilt wegen des hohen spezifischen Widerstands jedoch h¨aufig fg < fw .
Hystereseverluste Beim Ummagnetisieren eines Kerns wird aufgrund der Hysterese Arbeit verrichtet. Die bei einem vollst¨ andigen Zyklus (zweimaliges Ummagnetisieren) pro Volumeneinheit verrichtete Arbeit wird durch die von der Hysteresekurve eingeschlossene Fl¨ache bestimmt , WH = H dB . (9.59) V Um die Hystereseverluste klein zu halten werden f¨ ur die meisten Anwendungen magnetisch weiche Materialien (kleine Koerzitivfeldst¨arke) bevorzugt. Bei kleinen Feldst¨ arken l¨ aßt sich die Hysteresekurve durch die in Abb. 9.1 darge¨ stellte Rayleigh-Schleife approximieren. Diese wird beschrieben durch zwei Aste ˆ ˆ 2 −H 2 , (9.60) B± (H) = µ0 (µi +2ν H)H ±ν H ˆ den Scheitelwert der magnetischen Feldst¨arke und ν die sog. Rayleighwobei H Konstante bezeichnet. Der Wert von ν bestimmt den Betrag der remanenten Induktion; aus H = 0 folgt ˆ 2 = ±Br . B = ±µ0 ν H Das Integral (9.59) l¨ aßt sich f¨ ur Hysteresekurven entsprechend einer Rayleighschleife (9.60) berechnen [9]. Alternativ kann der Hystereseverlustfaktor tan δh durch direktes Berechnen der Induktion bei harmonischer Erregung gewonnen werden. Besitzt H(t) einen harmonischen Verlauf
9.7. Eigenschaften und Modellierung ferro- und ferrimagnetischer Kernmaterialien 397 ˆ cos(ωt) , H(t) = H ¨ so werden abwechselnd beide Aste der Rayleigh-Schleife durchlaufen. Entwickeln von B(t) in eine Fourier-Reihe ergibt nach [9] ˆ1 cos(ωt − δh ) − B(t) = B
∞
ˆ2k+1 sin[(2k + 1)ωt] . B
(9.61)
k=1
Die Amplituden der Grundschwingung und der h¨oheren Harmonischen sind dabei ˆ i +2ν H), ˆ ˆ1 ≈ µ0 H(µ B
ˆ2k+1 = B
ˆ2 8µ0 ν H , π(2k−1)(2k+1)(2k+3)
(9.62)
wobei tan δh 1 angenommen wurde. Bemerkenswert ist, daß – wegen der Symmetrie der Hysteresekurve – nur ungeradzahlige Harmonische auftreten; von diesen ist die dritte Harmonische (k = 1) die Bedeutendste. ur den daraus Die Gr¨ oße δh in Gl. (9.61) bezeichnet den Hystereseverlustwinkel; f¨ resultierenden Hystereseverlustfaktor ergibt sich nach [9] tan δh =
ˆ νH 8 8 ν ˆ H. ≈ ˆ 3π µi + 2ν H 3π µi
(9.63)
Der√Hystereseverlustfaktor steigt ann¨ ahernd proportional zum Effektivwert H = ˆ 2 der Feldst¨ H/ arke an; unter Verwendung des Jordanschen Hysteresebeiwerts h l¨aßt sich demnach schreiben √ 16 2 ν hH mit h = tan δh = . (9.64) 2π 3µi Eng verwandt mit dem Hystereseverlustfaktor ist die u ¨ber ηB =
tan δh ˆ µe B
(9.65)
definierte Hysteresematerialkonstante (Einheit 1/T). Der Wert von ηB ist im Gegensatz zum Hysteresebeiwert h unabh¨ angig vom Luftspalt und charakterisiert somit die Materialeigenschaften. Der Hysteresebeiwert h folgt aus ηB gem¨aß [10] √ nH 2 · µ · ηB . h = 2π 2 · µ0 µ2i · ηB ≈ 111.66 cm i
(9.66)
Verzerrungen, Klirrfaktor. Die magnetische Induktion h¨angt in nichtlinearer Weise vom magnetischen Feld und damit vom Spulenstrom ab. Ein sinusf¨ormiger Strom f¨ uhrt deshalb zu Oberwellen im Spannungsabfall, die als Verzerrungen wirken. Zur Charakterisierung kann der Klirrfaktor verwendet werden. Dieser setzt den Effektivwert der Oberwellenanteile der magnetischen Induktion ins Verh¨altnis zum Effektivwert B. Da die Oberwellenanteile von der dritten Harmonischen dominiert werden, ˆ3 /B ˆ1 . Die von den Oberwellen induzierte Spangilt meist in guter N¨ aherung kB ≈ B nung ist proportional zur Frequenz. F¨ ur den Klirrfaktor des an der Spule auftretenden Spannungsabfalls folgt unter Verwendung von Gl. (9.62) ˆ3 /B ˆ1 ≈ 3 tan δh /5 , kV ≈ 3kB = 3B d. h. dieser ist ann¨ ahernd proportional zum Hystereseverlustfaktor.
(9.67)
¨ 9. Spulen und Ubertrager
398
¨ 9.8 Transformatoren und Ubertrager Durch magnetische Verkopplung zweier galvanisch getrennter Stromkreise kann zwischen diesen Leistung u ¨bertragen werden. Dies wird angewendet in Transformatoren (Trafos), die der Umsetzung von Spannungs- bzw. ¨ Stromwerten dienen sowie in Ubertragern und Trenntrafos zur galvanischen Trennung von Wechselstromkreisen, Impedanzanpassung, Unterdr¨ uckung von Gleichanteilen und zum Unterbrechen von Erdschleifen. Die Verkopplung der Induktivit¨aten wird gew¨ ohnlich durch einen gemeinsamen Kern erh¨oht, der – zur Verbesserung der Linearit¨ at – meist einen Luftspalt enth¨alt. F i1
v
1 2
F
1
F
1 s
n
2 1
i2
n 1
F F
2
F
2 s
v 2
Abb. 9.24. Hauptund Streufl¨ usse im Transformator (nach [2])
2 1 1 2
Abbildung 9.24 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Transformators bzw. ¨ Ubertragers mit einer prim¨ arseitigen Wicklung der Windungszahl n1 und einer sekund¨arseitigen Wicklung der Windungszahl n2 . Wird die prim¨arseitige Spule von einem Strom i1 durchflossen, so setzt sich der erzeugte Fluß φ11 = φ1σ + φ12 aus dem prim¨ aren Streuf luß φ1σ und dem die Sekund¨arwicklung durchsetzenden Fluß φ12 zusammen. Entsprechend l¨aßt sich der von der Searen Streuf luß φ2σ und den kund¨arwicklung erzeugte Fluß φ22 in den sekund¨ die Prim¨arwicklung durchsetzenden Fluß φ21 zerlegen φ22 = φ2σ + φ21 . Der die Prim¨arwicklung durchsetzende Fluß φ1 und der die Sekund¨arwicklung durchsetzende Fluß φ2 sind damit φ1 = φ11 + φ21
und
φ2 = φ22 + φ12 .
¨ 9.8. Transformatoren und Ubertrager
399
Unter Ber¨ ucksichtigung der Spannungsabf¨alle an den Wicklungen folgt aus dem Induktionsgesetz f¨ ur die Spannungsabf¨alle in Prim¨ar- und Sekund¨arkreis v1 = RCu1 i1 + n1 dφ1 /dt
(9.68)
v2 = RCu2 i2 + n2 dφ2 /dt .
(9.69)
Die Beziehungen (9.68) und (9.69) gelten allgemein und sind auch bei Aussteuerung des Kernmaterials in den S¨ attigungsbereich anwendbar. Bei Aussteuerung mit geringer Amplitude besteht ann¨ahernd ein linearer Zusammenhang zwischen den Fl¨ ussen und den Spulenstr¨omen φ11 =
L1 i1 , n1
φ12 =
M i1 , n2
φ21 =
M i2 n1
und
φ22 =
L2 i2 . n2
Dabei bezeichnet L1 = L11 den (Selbst-)Induktionskoeffizienten der Prim¨arwicklung, M = L12 den Gegeninduktionskoeffizienten von Prim¨ar- und Sekund¨arwicklung und L2 = L22 den (Selbst-)Induktionskoeffizienten der Sekund¨arwicklung. Durch Einsetzen in die Gln. (9.68) und (9.69) ergeben sich die sog. Transformatorgleichungen v1 = RCu1 i1 + L1
di2 di1 +M dt dt
(9.70)
di1 di2 +M (9.71) dt dt Diese Beziehungen gelten nur bei Kleinsignalaussteuerung ohne Vormagnetisierung im Bereich niederer Frequenzen. Bei h¨oheren Frequenzen tritt eine Phasenverschiebung zwischen magnetischem Feld (bzw. Spulenstrom) und magnetischer Polarisation auf. v2 = RCu2 i2 + L2
i1 v 1
i2 v 2
Abb. 9.25. Schaltsymbol zweier gekoppelter Induktivit¨ aten
¨ 9.8.1 Der verlustlose Ubertrager Bei sinusf¨ormiger Erregung folgt unter Vernachl¨assigung der Drahtwiderst¨ande (RCu1 = RCu2 = 0) aus (9.70) und (9.71) f¨ ur die komplexen Zeiger der Wechselspannungsanteile an Prim¨ ar- und Sekund¨arwicklung (Abb. 9.25) v 1 = jωL1 i1 + jωM i2
(9.72)
v 2 = jωM i1 + jωL2 i2
(9.73)
¨ 9. Spulen und Ubertrager
400
√ Mit dem Kopplungsfaktor k = M/ L1 L2 l¨aßt sich dies umformen zu
1 − k2
L1 · v 2 − jω L1 L2 · i2 L2 k
v1 =
1 k
i1 =
1 1 √ · v2 − k jωk L1 L2
(9.74)
L2 ·i . L1 2
(9.75)
ur den Spannungs¨ ubertragungsBei belastetem Ausgang gilt i2 = −v 2 /Z L ; f¨ faktor folgt damit aus Gl. (9.74) 1 v1 = v2 k
1 − k2
L1 1 + jω L1 L2 . L2 k ZL
(9.76)
Vollst¨ andige Kopplung. Im Fall idealer Kopplung (|k| = 1) verschwindet der zweite Term auf der rechten Seite von Gl. (9.76); das Spannungsverh¨altnis ist dann
v 1 /v 2 =
L1 /L2 = u ¨ .
(9.77)
¨ Die Gr¨oße u altnis bezeichnet. Zwischen den ¨ wird dabei als Ubertragungsverh¨ Zeigern der Str¨ ome besteht nach Gl. (9.75) der Zusammenhang
i1 = −
1 L2 √ · i2 + ·v . L1 jω L1 L2 2
¨ uhrt dies auf Im Grenzfall des idealen Ubertragers mit L1 = u ¨ 2 L2 → ∞ f¨ u. i1 /i2 = −1/¨ ü
i1 v
(9.78)
i2 v
i1
1
v 2
(a )
ü Z
1
L
ü 2 Z L
(b )
¨ Abb. 9.26. Idealer Ubertrager. (a) Schaltsymbol und (b) Impedanztransformation mit ¨ idealem Ubertrager
¨ Abbildung 9.26 a zeigt des Netzwerksymbol eines idealen Ubertragers. F¨ ur diesen gelten die folgenden Beziehungen zwischen den Zeigern von Strom und Spannung an Ein- und Ausgang
v1 i1
=
u 0 ¨ 0 −1/¨ u
v2 i2
.
(9.79)
¨ 9.8. Transformatoren und Ubertrager
401
¨ Besitzen die beiden Wicklungen des Ubertragers denselben AL -Wert, so ist 2 2 L1 = AL n1 und L2 = AL n2 , wobei n1 und n2 die Windungszahlen der jeweiligen Wicklung bezeichnen. In Gl. (9.76) eingesetzt folgt u ¨ = n1 /n2 ,
(9.80)
¨ ¨ d. h. im idealen Ubertrager ist das Ubertragungsverh¨ altnis u ¨ gleich dem Verh¨altnis der jeweiligen Windungszahlen. ¨ Impedanztransformation. Wird der Ausgang eines idealen Ubertragers mit ur die Einder Impedanz Z L beschaltet (Abb. 9.26 b), so gilt v 2 /i2 = −Z L . F¨ ¨ gangsimpedanz Z i des Ubertragers folgt damit Zi =
v1 v v i = 1· 2· 2 = u ¨ 2 ZL , i1 v 2 i2 i1
(9.81)
¨ d. h. der ideale Ubertrager mit vollst¨ andiger Kopplung transformiert“ Im” pedanzen im Verh¨ altnis u ¨ 2 von der Sekund¨arseite auf die Prim¨arseite.
9.8.2 Unvollst¨ andige Kopplung ¨ In realen Ubertragern ist der Kopplungsfaktor von eins verschieden, da aufgrund von Streufeldern der die eine Spule durchsetzende Fluß die andere nicht vollst¨andig durchsetzt. i1 v 1
L 2- M
L 1- M
M
i2 v 2
Abb. 9.27. T-Ersatzschaltung
Die Transformatorgleichungen (9.72) und (9.73) lassen sich in die in Abb. 9.27 dargestellte T-Ersatzschaltung u uhren. Durch Anwenden des Maschensat¨berf¨ zes folgt sofort v 1 = jω(L1 −M ) i1 + jωM (i1 +i2 ) = jωL1 i1 + jωM i2 v 2 = jω(L2 −M ) i2 + jωM (i1 +i2 ) = jωL2 i2 + jωM i1 ¨ Das Verhalten des Ubertragers kann demnach durch drei verschaltete Induktivit¨aten, die beiden L¨ angsinduktivit¨ aten L1 −M und L2 −M sowie die Gegeninduktivit¨ at M√beschrieben werden. F¨ ur Kopplungsfaktoren von ann¨ahernd eins gilt M ≈ L1 L2 ; d.h. zumindest eine der L¨angsinduktivit¨aten ist negativ. Die T-Ersatzschaltung ist aus diesem Grund als rein formales Netzwerk
¨ 9. Spulen und Ubertrager
402
anzusehen, das die Transformatorgleichungen korrekt erfaßt – eine physikalisch anschauliche Interpretation der Netzwerkelemente besteht jedoch nicht. i1
i'1 s L
v 1
k 2L
i2
k ü 1
1
v
v '1
2
Abb. 9.28. Ersatzschaltung eines unvoll¨ st¨ andig gekoppelten Ubertragers
Abbildung 9.28 zeigt die Ersatzschaltung eines unvollst¨andig gekoppelten ¨ (k < 1), ansonsten verlustfreien Ubertragers. Dabei wird von der Indukti¨ vit¨at L1 ein Streuanteil σL1 abgespalten; der Streugrad σ des Ubertragers ist definiert als σ = 1 − k2 .
(9.82)
Lediglich der an k 2 L1 auftretende Spannungsabfall wirkt als Eingangsspan¨ ¨ nung des idealen Ubertragers mit Ubertragungsver¨ altnis k¨ u. Die Netzwerkgleichungen f¨ ur diese Ersatzschaltung lauten u v2, v 1 = v 1 − jωσL1 i1 = k¨
i1 =
v 1 + i1 jωk 2 L1
und i1 = −i2 /k¨ u. Durch Eliminieren von v 1 und i1 lassen sich diese in die Gln. (9.74) und (9.75) u uhren, wobei die Details der Rechnung dem Leser ¨berf¨ ¨ als Ubungsaufgabe u ¨berlassen werden. ¨ Kern- und Kupferverluste, Streukapazit¨ aten. Die in realen Ubertragern stets vorhandenen Kupferverluste k¨ onnen in der Ersatzschaltung durch zus¨atzliche Serienwiderst¨ ande rCu1 und rCu2 in Prim¨ar- und Sekund¨arkreis ber¨ ucksichtigt werden. Kann der Skineffekt vernachl¨assigt werden, so ist rCu1 = RCu1 und rCu2 = RCu2 . Wie bei der Spule lassen sich Kernverluste durch Paralleloder Reihenschaltung eines Kernverlustwiderstands erfassen.16 Werden dann noch die zwischen den Anschl¨ ussen auftretenden Koppelkapazit¨aten ber¨ ucksichtigt, so gelangt man zu den in Abb. 9.29 gezeigten Ersatzschaltungen f¨ ur ¨ den Ubertrager. 16
Da die Impedanzen beider Ersatzschaltungen sowohl in Real- als auch in Imagin¨ arteil u ussen, folgen die Zuordnungen ¨bereinstimmen m¨ lp = ls (1 + tan2 δK )
und
rkp = ωlp / tan δK .
zwischen den Elementen ls und rks = ωls tan δK der Serienersatzschaltung und den Elementen lp und rkp der Parallelersatzschaltung.
¨ 9.8. Transformatoren und Ubertrager C r
C
s L
C u 1
3
r
k ü 1
k 2L
403
r 1
C u 2
k p
C
1
C C r
C u 1
s L
r C 1
(a ) 4
3
k ü 1
2
r
C u 2
L
k s
C s
C 4
2
(b )
Abb. 9.29. Ersatzschaltungen f¨ ur einen verlustbehafteten ¨ Ubertrager: (a) Parallelersatzschaltung, (b) Serienersatzschaltung
Die kapazitive Kopplung zwischen Prim¨ar- und Sekund¨arkreis kann weitgehend durch eine elektrostatische Abschirmung zwischen den beiden Wicklungen unterdr¨ uckt werden. Dazu wird zwischen Prim¨ar- und Sekund¨arwicklung eine geerdete Fl¨ achenelektrode angebracht; die Koppelkapazit¨at zwischen Prim¨ar- und Sekund¨ arwicklung spaltet sich dabei auf in die Reihenschaltung einer Koppelkapazit¨ at zwischen Prim¨arwicklung und Abschirmung und einer Koppelkapazit¨ at zwischen Sekund¨arwicklung und Abschirmung. Bei niederohmigem Anschluß der Abschirmung bewirkt ein Strom u ¨ber eine dieser Teilkapazit¨ aten nur geringe Potentialver¨anderungen auf der Abschirmung, d.h. die kapazitive Kopplung ist weitgehend unterdr¨ uckt.
¨ 9.8.3 Ubertragungsfaktor ¨ Ubertrager sollen eine formtreue Signal¨ ubertragung aufweisen, was erh¨ohte Anforderungen an die Linearit¨ at bedingt und eine hohe Bandbreite voraussetzt. F¨ ur eine ¨ Untersuchung des Frequenzgangs von Ubertragern wird die in Abb. 9.30 gezeigte Ersatzschaltung herangezogen, wobei die durch C3 und C4 beschriebene kapazitive Kopplung zwischen Prim¨ ar- und Sekund¨ arwicklung vernachl¨assigt wird. ¨ Der Ausgang des idealen Ubertragers in der Ersatzschaltung Abb. 9.30 ist mit der Impedanz Z x = rCu2 +
ZL 1 + jωC2 Z L
¨ 9. Spulen und Ubertrager
404 i1
i'1 r
v 1
C
s L
C u 1
i'2
r
k ü 1
k 2L
r 1
C u 2
v '2
v '1
k p
i2
1
C
v 2
Z L
2
¨ Abb. 9.30. Ersatzschaltung des verlustbehafteten Ubertragers mit beschaltetem Ausgang
beschaltet, die eingangseitig wie eine Impedanz k 2 u ¨2 Z x wirkt. Zur Berechnung der Amplitude von v 1 kann demnach die in Abb.9.31 dargestellte Ersatzschaltung herangezogen werden. i1 r v 1
C
C u 1
s L 1
k 2L 1
r
k 2ü 2Z
k p
X
v '1
1
Abb. 9.31. Zur Berechnung ¨ des Ubertragungsfaktors des ¨ verlustbehafteten Ubertragers
Nach der Spannungsteilerregel folgt sofort v 1 v1
=
jωk 2 L1 rkp k 2 u ¨2 Z x rCu1 + jωσL1 + jωk 2 L1 rkp k 2 u ¨2 Z x
= 1 + (rCu1 + jωσL1 )
1 . 1 1 1 + + jωk 2 L1 rkp k2 u ¨2 Z x
(9.83)
Ebenfalls durch Anwenden der Spannungsteilerregel erh¨alt man Z (jωC2 )−1 ZL v2 . = L = v2 Zx Z L + rCu2 (1 + jωC2 Z L )
(9.84)
¨ ¨ Mit dem Ubertragungsverh¨ altnis k¨ u des idealen Ubertragers folgt f¨ ur den Spannungs¨ ubertragungsfaktor Hv =
v2 1 v 2 v 1 · = · . v1 k¨ u v 2 v 1
(9.85)
Im Folgenden wird der Fall einer rein ohmschen Last Z L = RL betrachtet; unter diesen Umst¨ anden gilt Z x = rCu2 +
RL 1 + jωC2 RL
und
v2 RL . = v2 RL + rCu2 (1 + jωC2 RL )
¨ 9.8. Transformatoren und Ubertrager
405
Der Spannungs¨ ubertragungsfaktor (9.85) ergibt sich hiermit und aus Gl. (9.83) durch Ausmultiplizieren in der Form Hv =
Av0 . 1 − jfu /f + jf/fo − f 2 /fr2
(9.86)
Gleichung (9.86) beschreibt ein Bandpaßverhalten. F¨ ur Frequenzen fu f fo ist der Spannungs¨ ubertragungsfaktor reell H v = Av0 = wobei
δ =
1 1 , k¨ u 1+δ
σ rCu1 + 2 k rkp
rCu2 1+ RL
+
rCu1 rCu1 rCu2 C2 rCu2 + 2 2 + RL k 2 L1 k u ¨ RL
in der Regel klein gegen¨ uber eins ist. Bei sehr kleinen Frequenzen (f fu ) dominiert ¨ in Gl. (9.86) der Term proportional zu 1/f im Nenner: Der Ubertrager zeigt hier ein Hochpaßverhalten mit der Grenzfrequenz 1 1 rCu1 rCu2 rCu1 fu = ≈ . (9.87) 1+ 2 2π (1 + δ) RL k L1 2π k 2 L1
lo g ( A v )
¨ Der Betrag des Ubertragungsfaktors steigt f¨ ur f fu proportional zu f an. Ursache dieses Verhaltens ist, daß der von rCu1 und k 2 L1 gebildete komplexe Spannungsteiler ¨ ur die Ubertragung bei diesen niederen Frequenzen von rCu1 dominiert wird; der f¨ 2 maßgebliche Spannungsabfall an k L1 steigt deshalb proportional zur Frequenz an. (k ü )
-1
~ f
~ 1 /f fu
fo ~ 1 /f 2
fr lo g ( f)
Abb. 9.32. Frequenzgang (N¨ ahe¨ rung) des Ubertragungsfaktors
Bei sehr großen Frequenzen dominieren die proportional zu f bzw. f 2 ansteigenden Terme im Nenner von Gl. (9.86). Die zugeh¨origen Grenzfrequenzen fo und fr sind n¨ aherungsweise 1 1 rCu1 1 ≈ σL1 + 2 2 + C2 rCu2 + 2 2 (9.88) 2πfo rkp k u k u ¨ ZL ¨ 1 1 rCu2 ≈ σL1 C2 + (9.89) 2πfr rkp k2 u ¨2 ¨ Die Bandbreite des Ubertragers fo − fu ist nach oben durch fo begrenzt (Abb. 9.32). ¨ F¨ ur eine hohe Bandbreite des Ubertragers muß deshalb auf geringe Streufl¨ usse (klei-
¨ 9. Spulen und Ubertrager
406
at der Sekund¨arwicklung (kleines C2 ) und nes σL1 ), eine geringe Wicklungskapazit¨ niedrige Drahtwiderst¨ ande geachtet werden.
9.8.4 Leistungs¨ ubertrager, Transformatoren Beim Tansformator steht die maximal u ¨bertragbare Leistung im Vordergrund – Signalverformungen sind zul¨ assig. Aufgrund der Proportionalit¨at der in die Sekund¨arwicklung induzierten Spannung zur Frequenz f (bei konstantem Induktionshub ∆B) steigt die in einem Transformator von der Prim¨arseite auf die Sekund¨arseite u ¨bertragbare Leistung ann¨ahernd proportional zu f an. Unter Vernachl¨assigung der Spannungsabf¨ alle an den Wicklungswiderst¨anden, Streuinduktivit¨ aten und der Vormagnetisierung gilt die folgende N¨aherung f¨ ur die u ¨bertragene Leistung [17] P = C · ∆B · J · AW · Ae · FCu · f ∼ f .
(9.90)
Dabei bezeichnet C einen von der Betriebsart abh¨angigen Faktor, der typischerweise im Bereich 0.6 < C < 1 liegt und J die Stromdichte in der Wicklung. Der Induktionshub ∆B ist bei niedrigen Frequenzen durch S¨attigungseffekte17 und bei hohen Frequenzen durch die Erw¨armung des Kerns aufgrund von Kernverlusten beschr¨ ankt. Die Stromdichte J wird durch die Erw¨armung der Wicklung aufgrund von Kupferverlusten begrenzt. Der wirksame Kernquerschnitt sollte im Sinne geringer Kosten und geringen Gewichts m¨oglichst klein sein. Ein Steigerung der u ¨bertragbaren Leistung ist demnach nur durch eine Anhebung der Frequenz m¨oglich. Tabelle 9.2 Ferritmaterialien f¨ ur Leistungs¨ ubertrager in Schaltnetzteilen (nach [18]) Kenngr¨ oße µi Js (25◦ C) Js (100◦ C) TC ρ ρm ∆P/∆V bei 25 kHz ∆P/∆V bei 100 kHz
Einheit − mT mT ◦ C Ωcm g/cm3 mW/cm3 mW/cm3
N27 2000 480 400 > 220 300 4.75 155 920
N41 2800 470 380 > 220 200 4.8 180 1400
N62 1900 510 400 > 220 400 4.8 80 500
N63 1800 485 405 > 220 800 4.8 75 480
ˆ = 200 mT) (Verlustleistungsdichten bei ϑ = 100◦ C und B
Mit zunehmender Schaltfrequenz kann das Gewicht – und damit auch der Preis – von Stromversorgungen und DC-DC-Wandlern gesenkt werden. Ein 100 W-Netzteil, realisiert mit einem bei Netzfrequenz (50 Hz) arbeitenden Transformator, hat eine Masse in der Gr¨oßenordnung von 10 kg; durch 17
Maßgeblich ist hier der kleinste Querschnitt, da der im Kern gef¨ uhrte Fluß dort die maximale Flußdichte aufweist.
¨ 9.8. Transformatoren und Ubertrager
407
Erh¨ohen der Schaltfrequenz auf 50 kHz kann diese auf unter 1 kg gesenkt werden, bei 500 kHz sind weniger als 400 g erreichbar. Wesentlich f¨ ur diese Anhebung der Schaltfrequenz war die Entwicklung spezieller, verlustarmer ¨ Ferritwerkstoffe. Tabelle 9.2 gibt einen Uberblick u ¨ber typische Daten unter¨ schiedlicher, f¨ ur Ubertrager gebr¨ auchlicher Kernmaterialien.
9.8.5 Beschreibung gekoppelter Spulen in SPICE ¨ Induktivit¨aten lassen sich in SPICE verkoppeln zur Simulation von Ubertragern und Transformatoren. Hierzu wird zus¨atzlich zu den Elementanweisungen f¨ ur die Einzelinduktivit¨ aten eine mit dem Kennbuchstaben K beginnende Anweisung K(name)
Lname1
Lname2
Kopplungsfakator
ben¨otigt, die den Kopplungsfaktor der beiden Induktivit¨aten spezifiziert. In dieser werden die miteinander verkoppelten Induktivit¨aten benannt und der Kopplungsfaktor zwischen diesen Induktivit¨aten angegeben. IN 1
O U T 1 L 2 L 1
O U T 2 L 3
IN 2
O U T 3
Abb. 9.33. Gekoppelte Induktivit¨ aten
Beispiel 9.8.1 Als Beispiel wird ein Transformator mit zwei Ausgangsspannungen entsprechend der nebenstehenden Abbildung betrachtet. F¨ ur diesen sind drei Induktivit¨ aten anzugeben (f¨ ur die Prim¨ arwicklung und die in zwei Teilinduktivit¨aten separierte Sekund¨ arwicklung) sowie drei Kopplungsfaktoren zwischen diesen Induktivit¨ aten. Die Beschreibung des in der nebenstehenden Abbildung dargestellten Transformators in einer SPICE-Netzliste hat damit das Aussehen L1 IN1 L2 OUT1 L3 OUT2 K12 L1 K13 L1 K23 L2
IN2 100M OUT2 20M OUT3 20M L2 0.95 L3 0.95 L3 0.8
falls L1 = 200 mH, L2 = L3 = 20 mH, der Koppelfaktor zwischen L1 und L2 gleich dem Koppelfaktor zwischen L1 und L3 gleich 0.95 und der Koppelfaktor zwischen ∆ L2 und L3 gleich 0.8 ist.
¨ 9. Spulen und Ubertrager
408
Transformatoren mit ferro- oder ferrimagnetischen Kernen lassen sich mit dem in PSPICE verf¨ ugbaren CORE-Modell beschreiben. Die einzelnen Wicklungen sind dabei ebenfalls als Einzelinduktivit¨aten zu beschreiben, allerdings unter Angabe der Windungszahl wie bei der Spule mit Kern. Die Kopplung der Spulen wird durch eine K-Anweisung der Form Kx
L1
L2
... LN
Kopplungsfaktor
Modellname
bewirkt. PSPICE berechnet dann den im Kern auftretenden Fluß zu den Str¨omen durch die Spulen L1, L2 . . . LN und daraus (¨ uber das Induktionsgesetz) die an den Spulen auftretenden Spannungsabf¨alle.
9.9 Literaturverzeichnis [1] K. Simonyi. Theoretische Elektrotechnik. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, achte Auflage, 1980. [2] O.Zinke, H. Seither. Widerst¨ ande, Kondensatoren, Spulen und ihre Werkstoffe. Springer, Berlin, zweite Auflage, 1982. [3] G. Janzen. Kurze Antennen. Franckh, Stuttgart, 1986. [4] H.M. Greenhouse. Design of planar rectangular microelectronic inductors. IEEE Trans. on Parts, Hybrids and Packaging, 10(2):101–109, 1974. [5] C.A.Harper. Handbook of Thick Film Hybrid Microelectronics. McGraw Hill, New York, 1974. [6] T.A. Winslow. Conical inductors for broadband applications. IEEE Microwave Mag., pages 68–72. [7] SIEMENS. Bauelemente - Technische Erl¨ auterungen und Kenndaten f¨ ur Studierende. Siemens - Bereich Bauelemente, M¨ unchen, vierte Auflage, 1984. [8] R. Feldtkeller. Theorie der Spulen und bertrager. Hirzel, Stuttgart, f¨ unfte Auflage, 1971. [9] W. Kampczyk, E. R¨ oß. Ferritkerne - Grundlagen, Dimensionierung, Anwendungen in der Nachrichtentechnik. Siemens, Berlin, 1978. [10] Siemens. Datenbuch Ferrite. Siemens, M¨ unchen, 1987. [11] R. Boll. Weichmagnetische Werkstoffe. Vacuumschmelze, Hanau, vierte Auflage, 1990. [12] K.H. Hellwege. Einf¨ uhrung in die Festk¨ orperphysik. Springer, Berlin, 1976. [13] W. von M¨ unch. Elektrische und magnetische Eigenschaften der Materie. Teubner, Stuttgart, 1987. [14] Hrsg. W. Seeger. Moderne Probleme der Metallphysik, Bd. 2 Chemische Bindung in Kristallen und Ferromagnetismus. Springer, Berlin, 1966. [15] L.D. Landau, E.M. Lifshitz. Lehrbuch der Theoretischen Physik, Bd.8: Elektrodynamik der Kontinua. Akademie-Verlag, Berlin, 1985. [16] D.C. Jiles, D.L. Atherton. Theory of ferromagnetic hysteresis. Journal of Magnetism and Magnetic Materials, 61:48–60, 1986. ¨ [17] J. Hess. Ubertragbare Leistung von Ferritkernen. elektronik, 1998(2), pp. 52–58, 1998. [18] J. Hess. Ferrit-Induktivit¨ aten in getakteten Stromversorgungen: I.2 Der Sperrwandler – Dimensionierungshinweise. ELEKTRONIK, 1994(17), pp. 68 – 70, 1994.
10 Leitungen Eine Leitung – z. B. ein Koaxialkabel – ist ein Beispiel f¨ ur ein Bauelement“ , ” das nicht der Konzentriertheitsannahme gen¨ ugt. Ein detailliertes Verst¨andnis des Verhaltens von Leitungen war seit jeher von großer Bedeutung f¨ ur die Nachrichtentechnik – mit zunehmender Schaltfrequenz wurde dieses Gebiet aber auch f¨ ur die Entwickler von Leiterplatten oder integrierten Schaltkreisen bedeutsam. Laufzeiteffekte als Folge von Verbindungsleitungen endlicher ¨ L¨ange und Ubersprechen aufgrund von Kopplungen zwischen den Leitungen k¨onnen die einwandfreie Funktion solcher Schaltungen in Frage stellen und sind bereits beim Entwurf zu ber¨ ucksichtigen. Gegenstand dieses Abschnitts ist eine Zusammenstellung der wichtigsten Grundlagen der Leitungstheorie, eine Betrachtung der wichtigsten Leitungstypen sowie die Modellierung einfacher und verkoppelter Leitungen in PSPICE.
10.1 Grundlagen Eine Leitung besteht aus einem Leiter und einem R¨ uckleiter. Werden die beiden Leiter von einem Wechselstrom durchflossen, so bildet sich im Umfeld ein elektromagnetisches Wechselfeld aus. Durch L¨osen der Maxwellgleichungen zu dem durch die Leiteranordnung bestimmten Randwertproblem l¨aßt sich die Ausbreitung von Wellen l¨ angs der Leitungen allgemein berechnen, hierzu sind aber gew¨ohnlich numerische Hilfsmittel erforderlich. Im Fall der verlustfreien Leitung (Leitf¨ ahigkeit σ → ∞) l¨ aßt sich das Problem vereinfachen: Als L¨osung erh¨alt man transversal-elektromagnetische Wellen 1 (TEM-Wellen), die sich mit der Phasengeschwindigkeit √ √ vph = c/ µr r ≈ c/ r (10.1) entlang der Leitung ausbreiten (c = Lichtgeschwindigkeit im Vakuum), falls der Abstand von Leiter und R¨ uckleiter klein ist gegen¨ uber einem Viertel der Wellenl¨ange λ auf der Leitung; λ ist mit der Frequenz f u ¨ber die Phasengeschwindigkeit vph = f · λ verkn¨ upft. Bei gegebener Frequenz folgt damit f¨ ur die Wellenl¨ange λ =
vph c 30 cm 1 ≈ √ ≈ √ . f r · f f /GHz r
F¨ ur ein Koaxialkabel mit PE-Isolation (r ≈ 2.28) ergibt diese Beziehung beispielsweise die Wellenl¨ ange λ ≈ 20 cm bei f = 1 GHz. 1
Das sind elektromagnetische Wellen, bei denen der elektrische und der magnetische Feldst¨ arkevektor nur Komponenten senkrecht zur Ausbreitungsrichtung aufweist.
410
10. Leitungen
Die Theorie der Ausbreitung von TEM-Wellen l¨angs Leitungen ist eng verwandt mit der in der Folge betrachteten Theorie der Leitungswellen. Die Theorie der Leitungswellen l¨ aßt sich auch f¨ ur die verlustbehaftete Leitung 2 formulieren.
10.1.1 Leitungsgleichungen, Telegraphengleichung Die folgende Betrachtung beschr¨ ankt sich auf die homogene (gleichf¨ormige) Leitung mit einheitlichen Querschnittsabmessungen und elektrischen Eigenschaften. Abbildung 10.1 zeigt eine Ersatzschaltung f¨ ur ein Teilst¨ uck der L¨ange ∆x einer homogenen Leitung. Es wird beschrieben durch einen Seuckt u rienwiderstand R ∆x – ausgedr¨ ¨ber den Widerstandsbelag R (Widerstand/L¨angeneinheit) – eine Serieninduktivit¨at L ∆x – ausgedr¨ uckt u ¨ber at/L¨angeneinheit) – einen Parallelleitden Induktivit¨ atsbelag L (Induktivit¨ wert G ∆x – ausgedr¨ uckt u ¨ber den Ableitungsbelag G (Leitwert/L¨angeneinuckt 3 u atsheit) – und eine Parallelkapazit¨ at C ∆x – ausgedr¨ ¨ber den Kapazit¨ belag C (Kapazit¨ at/L¨ angeneinheit). R 'D x
i( x ,t)
v (x ,t)
L 'D x
G 'D x
x
C 'D x
x + D x
Abb. 10.1. Ersatzschaltung f¨ ur einen Leitungsabschnitt der L¨ ange ∆x
Im allgemeinen sind sowohl die Spannung v(x, t) als auch der Strom i(x, t) Funktionen von Ort und Zeit. F¨ ur v(x, t) und i(x, t) folgt in erster Ordnung 4 von ∆x aus den Kirchhoffschen Gleichungen i(x+∆x, t) ≈ i(x, t) − G ∆x · v(x, t) − C ∆x ·
∂v(x, t) ∂t
v(x+∆x, t) ≈ v(x, t) − R ∆x · i(x, t) − L ∆x ·
∂i(x, t) ∂t
Im Grenzfall ∆x → 0 f¨ uhrt dies auf die sog. Leitungsgleichungen 2
Vgl. [1] und [2] f¨ ur eine weiterf¨ uhrende Diskussion der Zusammenh¨ ange. Eine Frequenzabh¨ angigkeit der Bel¨ age – etwa bedingt durch den Skineffekt oder durch dielektrische Verluste – bleibt zun¨ achst unber¨ ucksichtigt. Zur Berechnung von Kapazit¨ atsund Induktivit¨ atsbel¨ agen vgl. z. B. [3]; Kapazit¨ atsbel¨ age werden in tabellierter Form in [2] angegeben. 4 Dies bedeutet insbesondere v(x + ∆x, t) ∆x ≈ v(x, t) ∆x sowie i(x + ∆x, t) ∆x ≈ i(x, t) ∆x. 3
10.1. Grundlagen
−
411
∂v(x, t) ∂x
= R i(x, t) + L
∂i(x, t) ∂x
= G v(x, t) + C
−
∂i(x, t) ∂t ∂v(x, t) , ∂t
(10.2) (10.3)
die sich zur sog. Telegraphengleichung 2 ∂v ∂2v ∂ v + R G v(x, t) = L C + (R C +L G ) 2 2 ∂x ∂t ∂t
(10.4)
zusammenfassen lassen. Die Telegraphengleichung beschreibt die Ausbreitung von Signalen auf verlustbehafteten Leitungen im Zeitbereich. Der zugeh¨orige Strom ergibt sich aus v(x, t) dann mittels Gl. (10.3). Im Fall der verlustlosen Leitung (R = G = 0) vereinfacht sich die Telegraphengleichung zu 2 ∂2v ∂ v = L C . ∂x2 ∂t2
(10.5)
Die allgemeine L¨ osung dieser Gleichung l¨aßt sich mit dem Ansatz von d’Alembert in der Form v(x, t) = V0 + v− (x−vph t) + v+ (x+vph t) (10.6) √ angeben, wobei vph = 1/ L C die Phasengeschwindigkeit des Signals dar¨ stellt. Gleichung (10.6) kann als Uberlagerung zweier Signale interpretiert werden, die sich in entgegengesetzter Richtung auf der Leitung ausbreiten: v− (x−vph t) beschreibt den Spannungsverlauf eines sich mit der Geschwindigkeit vph in positiver x-Richtung bewegenden Pulses, v+ (x+vph t) entsprechend einen in negativer x-Richtung laufenden Puls. Die Pulsform ¨andert sich dabei nicht im Lauf der Zeit – wegen der stets vorhandenen Verluste ist dies bei realen Leitungen jedoch nur ann¨ ahernd erf¨ ullt.
10.1.2 Leitungswellen F¨ ur eine sich mit der Kreisfrequenz ω ausbreitende Welle gilt i(x, t) = Re[ ˆi(x) e jωt ]
und
v(x, t) = Re[ vˆ(x) e jωt ] .
(10.7)
Einsetzen liefert f¨ ur ˆi(x) und vˆ(x) das folgende System gew¨ohnlicher Differentialgleichungen zweiter Ordnung d2 ˆi(x) = γ 2 ˆi(x) dx2
und
d2 vˆ(x) = γ 2 vˆ(x) , dx2
(10.8)
wobei γ die (frequenzabh¨ angige) komplexe Ausbreitungskonstante bezeichnet
γ =
(R + jωL )(G + jωC ) .
(10.9)
412
10. Leitungen
Die allgemeine L¨ osung des Systems (10.8) ist von der Form vˆ(x) = vˆ− e −γx + vˆ+ e γx
und
−γx − v ˆ+ e γx ˆi(x) = vˆ− e . Z0
(10.10)
Die Gr¨oßen vˆ− und vˆ+ bezeichnen dabei (durch Randbedingungen zu bestimmende) Integrationskonstanten; die Gr¨ oße Z 0 heißt Wellenwiderstand oder charakteristische Impedanz der Leitung
Z0 =
R + jωL . G + jωC
(10.11)
Realteil α = Re(γ) und Imagin¨ arteil β = Im(γ) der Ausbreitungskonstante werden als D¨ ampfungskonstante (D¨ ampfungskoeffizient) bzw. Phasenkonstante (Phasenkoeffizient) bezeichnet. Zur Erl¨auterung wird die Teilwelle mit der reellen Amplitude vˆ− = vˆ− betrachtet
Re vˆ− e −γx ejωt
= vˆ− e −αx Re e−jβx+jωt = vˆ− e −αx cos(βx−ωt) = vˆ− e−αx cos[ β(x−vph t)] .
(10.12)
Wie die Zerlegung zeigt, beschreibt dies eine mit e −αx abklingende Welle, die sich mit der Phasengeschwindigkeit vph = ω/β
(10.13)
entlang der Leitung ausbreitet. F¨ ur α = 0 (keine D¨ampfung) beschreibt (10.12) eine cosinusf¨ ormige Welle der Kreisfrequenz ω bzw. der Periode T = 1/f = 2π/ω
(10.14)
und der Wellenl¨ ange λ = 2π/β = vph T = vph /f .
(10.15)
Die Amplituden vˆ− und vˆ+ lassen sich wegen v+ vˆ(0) = vˆ− +ˆ
und
ˆi(0) = (ˆ v − −ˆ v + )/Z 0
durch vˆ(0) und ˆi(0) ersetzen. Auf diesem Weg erh¨alt man f¨ ur eine Leitung der L¨ange Λ aus Gl. (10.10) den folgenden linearen Zusammenhang zwischen den Amplituden vˆ(0) bzw. ˆi(0) von Spannung bzw. Strom am Leitungsanfang und den entsprechenden Amplituden vˆ(Λ) bzw. ˆi(Λ) am Leitungsende (vgl. Abb. 10.2) ⎛ ⎜ ⎝
vˆ(Λ) ˆi(Λ)
⎞
⎛
⎟ ⎜ ⎠ = ⎝
cosh(γΛ)
−Z 0 sinh(γΛ)
−Z −1 0 sinh(γΛ)
cosh(γΛ)
⎞⎛ ⎟⎜ ⎠⎝
vˆ(0) ˆi(0)
⎞ ⎟ ⎠ . (10.16)
10.1. Grundlagen
413
0
L x i2 ( L )
i1 ( 0 )
v 2(L )
v 1(0 )
Abb. 10.2. Leitung der L¨ ange Λ
Dies entspricht einer Beschreibung der Leitung als passiver Vierpol in Kettenform mittels der b-Parameter. Die dabei auftretenden Vierpolparameter sind transzendente Funktionen von ω – das ist typisch f¨ ur Bauelemente, die nicht der Konzentriertheitsannahme gen¨ ugen. Vierpole, die aus konzentrierten Bauelementen aufgebaut sind, weisen dagegen Vierpolkenngr¨oßen auf, die sich als rationale Funktionen von ω ausdr¨ ucken lassen. Wird Gl. (10.16) nach den Gr¨oßen am Leitungsanfang aufgel¨ ost, so folgt ⎛ ⎜ ⎝
vˆ(0) ˆi(0)
⎞
⎛
⎟ ⎜ ⎠ = ⎝
cosh(γΛ)
Z 0 sinh(γΛ)
Z −1 0 sinh(γΛ)
⎞⎛ ⎟⎜ ⎠⎝
cosh(γΛ)
vˆ(Λ) ˆi(Λ)
⎞ ⎟ ⎠ .
(10.17)
Wellengr¨ oßen. Wellen auf Leitungen werden h¨aufig durch die normierten Gr¨oßen
a(x) = vˆ− e −γx / Z 0
und
b(x) = vˆ+ e γx / Z 0
(10.18)
beschrieben. Mit diesen Gr¨ oßen gilt vˆ(x) =
Z 0 [ a(x)+b(x)]
und
ˆi(x) = a(x)−b(x) √ . Z0
(10.19)
Die angegebenen Wellengr¨ oßen sind insbesondere in Verbindung mit SParametern gebr¨ auchlich.
10.1.3 Pulse auf Leitungen Soll ein Puls u ¨ber eine Leitung u ¨bertragen werden, so ist dieser aus sinusf¨ormigen Wellen unterschiedlicher Frequenz zusammengesetzt. Jede dieser Komponenten breitet sich mit der entsprechenden Phasengeschwindigkeit aus, was i. allg. zur Dispersion, d. h. zu einer Verbreiterung des Pulses mit der Zeit, f¨ uhrt. F¨ ur die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Maximums der H¨ ullkurve des Pulses ist die Gruppengeschwindigkeit maßgeblich vgr =
1 . dβ/dω
(10.20)
¨ Zur verzerrungsfreien Ubertragung pulsf¨ ormiger Signale muß die Phasengeschwindigkeit frequenzunabh¨ angig sein, d. h. β muß linear von ω abh¨angen
414
10. Leitungen
und f¨ ur ω = 0 verschwinden. Wird nur ein eingeschr¨ankter Frequenzbereich ¨ f¨ ur die Ubertragung verwendet, so gen¨ ugt es, daß die Phasengeschwindigkeit im ausgen¨ utzten Frequenzintervall konstant ist.
10.1.4 Kurze Leitungen Das Verhalten einer Leitung kann sowohl durch eine π-Ersatzschaltung als auch durch eine T-Ersatzschaltung beschrieben werden (Abb. 10.3). Z
i( 0 ) v (0 ) Y p
i( L ) p
Y
i( 0 )
v (L ) p
Z
Z T
v (0 ) Y
i( L ) T
v (L ) T
T - E r s a tz s c h a ltu n g
p - E r s a tz s c h a ltu n g Abb. 10.3. π- und T-Ersatzschaltung einer Leitung
Die Elemente Z π , Y π , Z T , Y T sind so zu w¨ahlen, daß die jeweilige Ersatzschaltung das durch (10.16) beschriebene Verhalten zeigt. Diese Forderung f¨ uhrt auf Z π = Z 0 sinh(γΛ)
und
Y π = Z −1 0 tanh(γΛ/2)
(10.21)
sowie Z T = Z 0 tanh(γΛ/2)
Y T = Z −1 0 sinh(γΛ) .
und
(10.22)
Im Fall kurzer Leitungen ist |γΛ| 1; durch Entwickeln ergeben sich in diesem Fall die N¨ aherungen
γ 2 Λ2 sinh(γΛ) ≈ γΛ 1 + 6
,
γΛ γ 2 Λ2 tanh(γΛ/2) ≈ 1− 2 12
.
Werden lediglich Terme erster Ordnung in γΛ ber¨ ucksichtigt, so folgt aus Gl. (10.21) bzw. (10.22) Z π ≈ Z 0 γΛ = (R + jωL )Λ
(10.23)
Y π = Z −1 0 γΛ/2 = (G + jωC )Λ/2
(10.24)
ZT
= Z 0 γΛ/2 = (R + jωL )Λ/2
(10.25)
YT
= Z −1 0 γΛ = (G + jωC )Λ .
(10.26)
Entsprechende Ersatzschaltungen sind in Abb. 10.4 dargestellt.
10.1. Grundlagen
415 R 'L
C 'L 2
L 'L
G 'L 2
G 'L 2
C 'L 2 (a )
R 'L 2
R 'L 2
L 'L 2 G 'L
L 'L 2
C 'L (b )
Abb. 10.4. Ersatzschaltungen f¨ ur kurze Leitungen. (a) Π-Ersatzschaltung und (b) T-Ersatzschaltung
10.1.5 Verlustlose Leitung F¨ ur verlustlose Leitungen gilt R = G = 0; der Wellenwiderstand
Z0 =
L /C
(10.27)
ist in diesem Fall reell, w¨ ahrend die Ausbreitungskonstante rein imagin¨ar ist √ γ = jω L C = jβ = jω/vph . Mit Gl. (10.1) ergibt sich so der Zusammenhang √ √ vph = 1/ L C = c/ r .
(10.28)
In (10.27) eingesetzt folgt der Wellenwiderstand der verlustlosen Leitung √ r √ pF/cm = 33.3 Ω · r · , (10.29) Z0 = c · C C d. h. Z0 wird durch den Kapazit¨ atsbelag eindeutig festgelegt.
10.1.6 Leitung mit geringen Verlusten Aufspalten von Gl. (10.9) in Real- und Imagin¨arteil ergibt allgemeine Ausdr¨ ucke f¨ ur die Phasen- und D¨ ampfungskonstante einer Leitung [4, 5]. Im Fall geringer Verluste (R ωL und G ωC ) folgt durch Entwickeln [6] α ≈
R 2
√
C G + L 2
L C
R R G β ≈ ω L C + + 2 2 L /C 4ωL
L G R G √ − . C 4ωC 4ω L C
416
10. Leitungen
Da G ≈ ωC tan δ prim¨ ar durch dielektrische Verluste in der Isolation zwischen Leiter und R¨ uckleiter bestimmt wird, kann f¨ ur die Phasenkonstante β auch geschrieben werden β = ω
√
L C
1 R 1 + tan2 δ − 8 4
1 C tan δ + L 8
C R2 1 . L L ω
Der Wert von β ist nun nicht mehr exakt proportional zur Kreisfrequenz ω, so daß die Phasengeschwindigkeit vph = ω/β eine Funktion von ω wird. Als Folge des Skineffekts sind R und L frequenzabh¨angige Gr¨oßen [7]. Diese Abh¨angigkeit kann durch Erweitern der Ersatzschaltung f¨ ur ein Leitungssegment mittels zus¨ atzlicher konzentrierter Elemente erfaßt werden [8]. Alternativ hierzu kann die Frequenzabh¨ angigkeit der Bel¨age als Funktion vorgegeben und die zeitabh¨ angige Ausbreitung von Pulsen durch Transformation (Faltungssatz) [9] berechnet werden. Der Skineffekt bedingt bei großen Leitungsl¨angen eine erh¨ ohte Dispersion, d. h. eine Verformung von Pulsen. Widerstandsbel¨ age d¨ urfen in der Regel vernachl¨assigt werden, wenn R Λ Z0 gilt, wobei Λ die Leitungsl¨ ange bezeichnet. Dies ist bei Verbindungen auf Leiterplatten und Dickschicht-Hybridschaltungen gew¨ohnlich der Fall. Der Einfluß des Skineffekts auf den Widerstandsbelag ist zwar schon bei Anstiegszeiten von ca. 7 ns (Leiterplatten) bzw. 1 ns (Dickschicht) zu beachten, wegen des geringen Fl¨ achenwiderstands bei Gleichbetrieb f¨ uhrt dies aber zu keinem nennenswerten Einfluß auf die Pulsausbreitung [10]. Abgesehen von dielektrischen Verlusten d¨ urfen derartige Leitungen als verlustfrei angenommen werden. Bei D¨ unnschichtschaltungen und st¨arker ausgepr¨agt bei integrierten Schaltungen hingegen sind die Widerstandsbel¨age meist nicht zu vernachl¨assigen und f¨ uhren zu einer deutlichen Verz¨ ogerung der Pulsausbreitung sowie zu einer Verformung der Pulse. Wegen der geringen Schichtdicken derartiger Leiterbahnen kann der Skineffekt in der Regel vernachl¨assigt werden, da er erst bei extrem kurzen Anstiegs- bzw. Abfallzeiten (von der Gr¨oßenordnung 200 ps (D¨ unnschicht) bzw. 10 ps (IC), [10]) zu nennenswerten Ver¨anderungen des Widerstandsbelags f¨ uhrt. F¨ ur Verbindungsleitungen in elektronischen Schaltungen mit Daten entsprechend der Tabelle 10.1 kann der Skineffekt demzufolge f¨ ur praktisch auftretende Anstiegs- und Abfallzeiten vernachl¨assigt werden [10]. Tabelle 10.1 Typische Daten f¨ ur Leitungen in elektronischen Schaltungen [10] Aufbautechnik
Bahnbreite µm Integrierte Schaltung 1−2 D¨ unnschicht 10 − 25 Dickschicht 75 − 100 Leiterplatte 60 − 100
Widerstandsbelag Ω/cm 130 − 260 1.25 − 4 0.4 − 0.7 0.06 − 0.08
max. Leitungsl¨ange cm 0.7 − 1.4 20 − 45 20 − 50 40 − 70
10.2. Leitung mit Beschaltung
417
10.2 Leitung mit Beschaltung Abbildung 10.5 zeigt eine von einer Spannungsquelle mit Innenwiderstand RG getriebene Leitung der L¨ ange Λ, an deren Ende eine Last angeschlossen ist. Eine entsprechende Situation liegt beispielsweise vor, wenn der Ausgang eines digitalen Schaltkreises u ¨ber eine Leitung mit dem Eingang eines anderen digitalen Schaltkreises verbunden ist. L 0 R
i( 0 ,t) G
v G (t)
i( L ,t) v (0 ,t)
v (L ,t)
Z L
Abb. 10.5. Beschaltete Leitung der L¨ ange Λ
10.2.1 Reflexionsfaktor Der Verlauf von vG (t) wird zun¨ achst als sinusf¨ormig angenommen
vG (t) = Re vˆg e jωt
.
Die Impedanz der Last bei der Kreisfrequenz ω sei durch Z L gegeben. F¨ ur die Amplitude vˆ(Λ) der Spannung am Leitungsausgang gilt dann vˆ(Λ) = Z L ˆi(Λ) . F¨ ur das Verh¨altnis von vˆ− und vˆ+ folgt nun aus den Gln. (10.10) vˆ+ /ˆ v − = r e −2γΛ mit dem (Spannungs-)Reflexionsfaktor r =
ZL − Z0 ZL + Z0
(10.30)
F¨ ur eine korrekt abgeschlossene Leitung (Z L = Z 0 ) ist r = 0 und damit vˆ+ = 0: in diesem Fall tritt keine Reflexion am Ende auf. Die Amplitude der reflektierten Welle u ¨berlagert sich mit der Amplitude der einlaufenden Welle – die Amplitude der Spannung an der Last ist demnach vˆ+ e γΛ + vˆ− e −γΛ = (1 + r)ˆ v − e −γΛ = b vˆ− e −γΛ . In verlustlosen Leitungen besitzt e −γΛ den Betrag eins, d. h. der Betrag der Amplitude am Ausgang betr¨ agt das |1 + r|-fache des Betrags der Amplitude
418
10. Leitungen
am Eingang. Der Faktor b = 1 + r wird gew¨ohnlich – in Analogie zur Optik – als Brechungskoeffizient bezeichnet. Reflexionsfaktor und Brechungskoeffizient bestimmen die Spannungsspr¨ unge auf Leitungen bei Fehlanpassung. Eng verwandt mit dem Reflexionsfaktor ist die Welligkeit (Stehwellenverh¨altnis, englisch: voltage standing wave ratio, VSWR) VSWR =
1 + |r| 1 − |r|
(10.31)
und die R¨ uckflußd¨ ampfung (englisch: return loss, RL) RL = −20 dB · log |r| .
(10.32)
10.2.2 Schaltvorg¨ ange auf verlustlosen Leitungen Betrachtet wird der Einschaltvorgang bei einer als verlustlos angenommenen Leitung (R = G = 0) der L¨ ange Λ mit ohmscher Last Z L = RL (Abb. 10.5). vG (t) soll zur Zeit t = 0 sprunghaft vom Wert 0 auf VG erh¨oht werden. Am Eingang der Leitung stellt sich zur Zeit t = 0 damit die Spannung v1 (0+ ) =
Z0 VG Z0 + RG
ein, da der Eingangswiderstand der Leitung im Moment des Einschaltens gleich dem Wellenwiderstand ist. Der Spannungssprung bewegt sich nun entlang der Leitung fort und erreicht deren Ende nach der Laufzeit √ td = Λ/vgr = Λ L C . Ist die Leitung korrekt abgeschlossen (RL = Z0 ), so nimmt v2 den Wert v2 =
RL VG RL + RG
an. Ist hingegen RL = Z0 , so tritt am Leitungsende eine Reflexion auf. Der zur¨ ucklaufende Spannungssprung besitzt die Amplitude v2,r = r v1 (0+ ) =
RL − Z0 Z0 VG . RL + Z0 Z0 + RG
Er erreicht den Eingang nach der Zeit 2 td . Liegt Anpassung am Eingang vor (RG = Z0 ), so tritt keine weitere Reflexion mehr auf; es gilt v1 = v2 =
RL VG . RL + RG
Im Fall RG = Z0 tritt auch am Eingang eine Reflexion auf, bei Fehlanpassung an Ein- und Ausgang kommt es somit zu Mehrfachreflexionen, die um so langsamer abklingen, je gr¨ oßer die Fehlanpassung ist.
10.2. Leitung mit Beschaltung
419
Mehrfachreflexionen, Lattice-Diagramm F¨ ur eine Untersuchung von Mehrfachreflexionen an den Leitungsenden hat sich das sog. Lattice-Diagramm als n¨ utzlich erwiesen. Dieses illustriert die zwischen den Leitungsenden hin und her laufenden Signale. R v
G
L 0
G
1 1 + b 1r 1 + b 1r2+ b 1r1r
R L
0 td
b
3 td
b 2(1 + r1r2)
5 td
b 2(1 + r1r2+ r
2
2 td 2
2
x
2
4 td 1
2
r 2
2
)
6 td t t
Abb. 10.6. Lattice-Diagramm f¨ ur eine Leitung bei Fehlanpassung
Direkt nach dem Einschalten und bis zur Ankunft (bei t = 2 td ) evtl. reflektierter Wellen besitzt die Spannung am Leitungsanfang den Wert v1 (0+ ); bei t = 2td wird diesem Wert der gebrochene Anteil des reflektierten Signals + u ¨berlagert, so daß v1 (2t+ d ) = (1 + b1 r 2 )v1 (0 ) – ein Wert, der bis zu t = 4td erhalten bleibt. Allgemein (n ≥ 1) liegt im Zeitintervall 2ntd < t < 2(n + 1)td am Leitungsanfang die Spannung +
v1 (t) = v1 (0 ) 1 + b1 r2
n−1
k
(r1 r2 )
= v1 (0+ ) 1 + b1 r2
k=0
1−(r1 r2 )n 1−r1 r2
an; am Leitungsende f¨ allt im Zeitintervall (2n − 1)td < t < (2n + 1)td v2 (t) = b2 v1 (0+ )
n−1
(r1 r2 )k = b2 v1 (0+ )
k=0
1−(r1 r2 )n 1−r1 r2
ab. Da |r1 r2 | < 1 ist, gilt f¨ ur große Zeiten (n → ∞, (r1 r2 )n → 0)
v1 (t) →
b r 1+ 1 2 1−r1 r2
v1 (0+ ) =
RL VG RL + RG
und v2 (t) →
b2 RL v1 (0+ ) = VG . 1 − r1 r2 RL + RG
420
10. Leitungen
9 6SDQQXQJDP$XVJDQJ (LQVFKDOW ]HLWSXQNW
9
9
6SDQQXQJDP(LQJDQJ 9
9
V
95
QV 95
QV 99 7LPH
QV
QV
Abb. 10.7. Simulierter Spannungsverlauf an den Leitungsenden der verlustlosen Leitung bei beidseitiger Fehlanpassung (Beispiel 10.2.1)
Beispiel 10.2.1 Als Beispiel wird eine verlustlose Leitung mit der Laufzeit 2 ns und dem Wellenwiderstand Z0 = 50 Ω betrachtet. Als Last wird ein Widerstand RL = 500 Ω, als Quellwiderstand ein Wert RG = 10 Ω angenommen. An den Enden treten damit die Reflexionsfaktoren r1 =
RG − Z0 = −0.667 RG + Z0
und
r2 =
R L − Z0 = 0.818 R L + Z0
auf; die Brechungskoeffizienten sind b1 =
2RG = 0.333 RG + Z0
und
b2 =
2RL = 1.818 . RL + Z0
Zur Zeit t = 0 springt die Spannung am Eingang auf den Wert v1 (0+ ) =
Z0 · 5 V = 4.167 V . RG + Z0
ur die Spannungen an Eingang und AusBezeichnet td die Laufzeit, so ergibt sich f¨ gang der Leitung anhand von Abb. 10.6 die folgende Abh¨angigkeit Zeitintervall
[ 0, td ]
[ td , 2td ]
[ 2td , 3td ]
[ 3td , 4td ]
[ 4td , 5td ]
[ 5td , 6td ]
v(0, t)/V v(Λ, t)/V
4.167 0
4.167 7.576
5.292 7.576
5.292 3.442
4.683 3.442
4.683 5.697
Abbildung 10.7 zeigt das Ergebnis einer SPICE-Transientenanalyse f¨ ur die Eingangsspannung v(0, t) und die Ausgangspannung v(Λ, t) einer entsprechend beschalteten, verlustlosen Leitung mit der Laufzeit td = 2 ns (vgl. Kap. 10.3). Die Ergebnisse der Simulation stimmen mit dem Ergebnis des Lattice-Diagramms u ∆ ¨berein.
10.2. Leitung mit Beschaltung
421
10.2.3 Eingangsimpedanz, Widerstandstransformation F¨ ur die Eingangsimpedanz der mit Z L belasteten Leitung folgt vˆ(0) 1 + r e −2γΛ = Z0 = Zi . ˆi(0) 1 − r e −2γΛ
(10.33)
Als Kurzschlußeingangsimpedanz Z iK der Leitung wird die Eingangsimpedanz bei kurzgeschlossenem Ende bezeichnet. Mit Z L = 0 bzw. r = −1 folgt Z iK = Z 0 tanh(γΛ) .
(10.34)
Die Leerlaufeingangsimpedanz Z iL bezeichnet entsprechend die Eingangsimpedanz der Leitung bei offenem Ende. Mit Z L → ∞ bzw. r = 1 folgt Z iL = Z 0 coth(γΛ) .
(10.35)
Aus den leicht zu messenden Eingangsimpedanzen Z iK und Z iL folgen Wellenwiderstand und Ausbreitungskonstante gem¨aß Z0 =
Z iK Z iL
und
γ =
1 arctanh Z iK /Z iL . Λ
(10.36)
Widerstandstransformation. F¨ ur verlustfreie Leitungen ist Z0 = L /C reell, d. h. ein korrekter Abschluß der Leitung erfordert einen ohmschen Widerstand, der gleich dem Wellenwiderstand der Leitung ist. Reflexionen, die bei ohmscher Last mit RL = Z0 auftreten, lassen sich durch Zwischenschalten eines Leitungsst¨ ucks der L¨ ange λ/4 und des Wellenwiderstands Z0 =
Z0 RL
(10.37)
unterdr¨ ucken (λ/4-Transformator). In diesem Fall besitzt die dazwischen geschaltete Leitung die Eingangsimpedanz Z0 und die Ausgangsimpedanz RL . Die Anpassung mittels eines λ/4-Transformators ist nur bei ohmscher Last m¨oglich. Bei kapazitiver Last kann durch Verwenden einer Stichleitung [1] eine Anpassung bei einer Frequenz vorgenommen werden. Da bei Schaltvorg¨angen Anteile unterschiedlicher Frequenz u ¨berlagert sind, wird an kapazitiven Lasten stets ein Teil der einlaufenden Leistung reflektiert (vgl. Beispiel 10.3.2).
10.2.4 Spannungs¨ ubertragungsfaktor Mit der Eingangsimpedanz Z i der beschalteten Leitung berechnet sich der Wert von vˆ(0) mit der Spannungsteilerformel vˆ(0) =
Zi vˆ ; Z i + RG g
wobei vˆg die komplexe Amplitude der Quellspannung bezeichnet.
422
10. Leitungen
Mit
vˆ(0) = 1 + re −2γΛ vˆ−
und
vˆ(Λ) = (1 + r) e −γΛ vˆ−
l¨aßt sich nun der Spannungs¨ ubertragungsfaktor H v (jω) = vˆ(Λ)/ˆ v g bestimmen vˆ(Λ) vˆ(0) vˆ− vˆ(Λ) = vˆg vˆg vˆ(0) vˆ−
H v (jω) = =
Zi 1 (1 + r)e −γΛ Z i +RG 1 + re −2γΛ
=
Z 0Z L . (10.38) Z 0 (Z L +RG ) cosh(γΛ) + (Z 20 +RG Z L ) sinh(γΛ)
Mit der Substitution jω → s folgt im Fall einer kapazitiven Last (Z L = 1/sCL ) H v (s) =
1 (1+sRG CL ) cosh(γΛ) + (sCL Z 0 +RG /Z 0 ) sinh(γΛ)
und daraus die Verz¨ ogerungszeit nach Elmore (1.50) bei kapazitiver Last. Diese wird im folgenden Abschnitt f¨ ur die RC-Leitung n¨aher betrachtet.
10.2.5 RC-Leitung Der u ¨ber eine Leitung zu u ¨bertragende Frequenzbereich ist nach oben begrenzt. Eine solche Frequenzgrenze l¨ aßt sich aus der Transitfrequenz fT der eingesetzten Transistoren absch¨ atzen, eine andere folgt aus den Anstiegs- und urzeste Anstiegszeit Abfallzeiten der zu u ¨bertragenden Pulse: Ist tr,min die k¨ eines Pulses, der u auft, so folgt eine obere Frequenzgrenze ¨ber die Leitung l¨ ugen die Bel¨ age der Bedingung 2πfT LS R bzw. aus fo ≈ 1/(2 tr ). Gen¨ atsbelag vernachl¨assigt werden. Die2πfo LS R , so kann der Induktivit¨ se Situation wird in integrierten Schaltungen h¨aufig angetroffen, wobei in Digitalschaltungen u ¨blicherweise eine kapazitive Last umzuladen ist. Diese Situation wird im Folgenden untersucht. Q u e lle R
R C - L e it u n g , L ä n g e L , W id e r s t a n d R = R 'L , K a p a z it ä t C = C 'L G
v G (t)
R 'D x
C 'D x
R 'D x
R 'D x
C 'D x
Abb. 10.8. RC-Leitung mit kapazitiver Last
C 'D x
R 'D x
C 'D x
L a s t
R 'D x
C 'D x
C L
v 2
10.2. Leitung mit Beschaltung
423
Laufzeit nach Elmore. F¨ ur Ausbreitungskonstante und Wellenwiderstand ergibt sich in diesem Fall n¨ aherungsweise (jω → s) √ γ ≈ sR C und Z 0 ≈ R /γ . Bei kapazitiver Last resultiert die Verz¨ ogerungszeit nach Elmore dann zu
τd = (RG + R Λ)CL + RG + R Λ/2 C Λ . Der Ausdruck setzt sich aus zwei RC-Zeitkonstanten“ zusammen: Der erste ” Term ber¨ ucksichtigt das Umladen von CL u ¨ber den Quellwiderstand RG und den Leitungswiderstand R Λ; der zweite Term beschreibt das Umladen der ur Leitungskapazit¨ at C Λ u ¨ber RG und den verteilten Leitungswiderstand. F¨ große Leitungsl¨ angen ist der letzte Beitrag dominierend – die Verz¨ogerungszeit wird dann proportional zu Λ2 ansteigen. Abhilfe k¨onnen hier Zwischenverst¨arker (Repeater) [11–13] bieten, die so dicht plaziert sind, daß auf den Teilleitungsst¨ ucken der Term proportional zu Λ2 unbedeutend ist, sich die Verz¨ogerungen auf den Teilstrecken demnach zu einem lediglich proportional zu Λ anwachsenden Wert addieren. Ausgangsspannung im Zeitbereich. Werden nur Widerstands- und Kapazit¨atsbelag ber¨ ucksichtigt, so lautet die Telegraphengleichung ∂v(x, t) ∂ 2 v(x, t) . = R C 2 ∂x ∂t Im Fall einer RC-Leitung der L¨ ange Λ mit kapazitiver last CL (Abb. 10.8) kann die Ausgangsspannung v2 (t) als Reihe [14, 15]
v2 (t) = V+
∞
σk t 1+ Kk exp − RC k=1
ausgedr¨ uckt werden, falls vG zur Zeit t = 0 vom Wert 0 auf V+ springt. Die Gr¨oßen R = R Λ und C = C Λ bezeichnen dabei Widerstand und Kapazit¨at der Leitung. Die σk sind aus der Gleichung (RT = RG /R, CT = CL /C) √ tan σk =
1−σk RT CT √ (RT +CT ) σk
zu bestimmen, was i. allg. numerisch geschehen muß. Die Konstanten
Kk = (−1)k √
2 2 (1+σk2 RT )(1+σk2 CT2 )
2 )(1+σ 2 C 2 ) + (R +C )(1+σ R C ) σk (1+σk2 RT T T k T T k T
lassen sich mit den σk berechnen. F¨ ur Zeiten t > 0.1RC gen¨ ugt nach [14] bereits der erste Term in der Reihendarstellung, um eine f¨ ur den Schaltungsentwurf hinreichende Genauigkeit zu erzielen (Abb. 10.9)
424
10. Leitungen 1 .0 0 .8
e x a k te r V e r la u f
+
0 .4
v 2(t)/V
0 .6
0 .2
R T
= C T
= 0
0
Abb. 10.9. Verlauf der Ausgangsspannung einer RCLeitung bei einem Spannungssprung am Eingang (nach [14])
N ä h e r u n g d u r c h e in fa c h e E x p o n e n tia lfu n k tio n
-0 .2 0
1
0 .5
1 .5 2
t / R C
v2 (t) ≈ V+
σ1 t 1 + K1 exp − RC
.
(10.39)
F¨ ur die Gr¨oßen σ1 und K1 gilt nach [15] n¨aherungsweise σ1 RC
=
1.04 RG CL +RG C + RCL + (2/π)2 RC
K1 = −1.01
RG C +RCL +RC . RG C +RCL + (π/4)RC
Die relative Abweichung dieser N¨ aherungen vom exakten Wert betr¨agt dabei ur σ1 . Die Ausgangsspannung v2 (t) folgt die maximal 3 % f¨ ur K1 und 4 % f¨ N¨aherung
t − 0.1 RC v2 (t) ≈ 1 − exp − V+ RG CL +RG C +CL R+0.4RC
(10.40)
Die Zeit t(v2 ) nach der am Ausgang die Spannung v2 erreicht ist, folgt in dieser N¨aherung durch Umstellen
v2 t(v2 ) ≈ 0.1 RC − (RG CL +RG C +CL R+0.4RC) ln 1 − v+
. (10.41)
Aus (10.41) folgen insbesondere die Zeiten t50 % und t90 % nach denen die Ausgangsspannung noch 50 % bzw. 10 % vom Endwert abweicht [14] t50 % = 0.377 RC + 0.693(RG CL +RCL +RG C) t90 % = 1.02 RC + 2.3 (RG CL +RCL +RG C) Beispiel 10.2.2 Als Beispiel wird eine Al-Leiterbahn der Dicke 1 µm und der Breite 4 µm, die durch ein Dielektrikum (r = 4) der Dicke 1 µm von planaren, auf Massepotential liegenden Elektroden (ground planes) isoliert wird, mit den in Abb. 10.10 angegebenen Bel¨ agen [11] betrachtet.
10.2. Leitung mit Beschaltung
425
g r o u n d p la n e 1 m m
e r = 4
1 m m
L e ite r
1 m m
4 m m
R ' » 1 0 W /m m C ' » 0 .2 p F /m m L ' » 0 .2 n H /m m
g r o u n d p la n e
Abb. 10.10. Zu Beispiel 10.2.2
Die Bedingung 2πf L R ist erf¨ ullt f¨ ur f R /2πL ≈ 8 GHz. Mit den angegebeur nen Bel¨ agen folgt unter der Annahme Λ = 10 mm, RG = 200 Ω sowie CL = 1 pF f¨ die Verz¨ ogerungszeit nach Elmore td = (200 Ω + 100 Ω) · 10 pF + (200 Ω + 50 Ω) · 2 pF = 0.8 ns . W¨ urde die Last ohne Verz¨ ogerung durch die Leitung nur u ¨ber RG aufgeladen werden, so w¨ are die Verz¨ ogerungszeit RG CL = 0.2 ns, d.h. durch die Leitung kommt eine zus¨ atzliche Verz¨ ogerung von 0.6 ns hinzu. Mit RC = 100 Ω · 2 pF = 0.2 ns und RG CL +RG C +CL R+0.4RC = 0.2 ns + 0.4 ns + 0.1 ns + 0.08 ns = 0.78 ns folgt f¨ ur die Ausgangsspannung v2 (t) t/ns − 0.02 ≈ 1 − exp − V+ 0.78 ns Wird auf der rechten Seite f¨ ur t die Verz¨ ogerungszeit nach Elmore eingesetzt, so folgt v2 (td )/V+ = 1 − exp(−1) = 63.2 % , die Elmore-Verz¨ogerungszeit ist deshalb gr¨ oßer als t50 % und kleiner als t90 % .
∆
RLC-Leitung. In sehr schnellen Digitalschaltungen liegen die Anstiegs- und Abfallzeiten unter 0.1 ns. In solchen Schaltungen ist der induktive Leitungsbelag meist nicht mehr vernachl¨ assigbar. Eine Erweiterung der Arbeit von Sakurai auf den Fall von RLC-Leitungen ist in [16, 17] zu finden. Der induk¨ tive Leitungsbelag kann zu Uberschwingern f¨ uhren. Aus der Forderung, daß ¨ der Betrag des Ubertragungsfaktors der Leitung keinen Peak aufweist, kann ¨ auch eine Bedingung abgeleitet werden, unter der Uberschwinger aufgrund induktiver Leitungsbel¨ age vermieden werden k¨onnen [18].
426
10. Leitungen i1
A 1 v 1
i2 Z 0 ,
T D
B 1 v 2
A 2
B 2
Abb. 10.11. Verlustlose Leitung
10.3 Modellierung der Leitung in SPICE Die ideale Leitung ist als passives Netzwerkelement in SPICE verf¨ ugbar. Entsprechende Elementanweisungen beginnen mit einem T und sind von der Form T(name) A1 A2 B1 B2 Z0 = Wellenwiderstand + (TD = Laufzeit) (IC = .....) A1 und A2 bezeichnen dabei die Knotennamen am Leitungsanfang, B1 und B2 die Knotennamen am Leitungsende (Abb. 10.11). Der Wellenwiderstand Z0 ist in Ω anzugeben; statt der Laufzeit TD kann auch die auf die Wellenl¨ange λ bezogene Leitungsl¨ ange5 NL = L¨ ange/λ angegeben werden. F¨ ur Str¨ome und Spannungen an Ein- und Ausgang lassen sich (optional) Anfangsbedingungen vorgeben. Abbildung 10.12 zeigt die Ersatzschaltung der verlustfreien Leitung mit Wellenwiderstand Z0 . i2
i1 i2 ( t- T v
Z 1
D
)
i1 ( t- T Z
0
v 2(t-T D
)
) D
0
v 1(t-T D
v 2
)
Abb. 10.12. Ersatzschaltung der verlustfreien Leitung
Die folgende Betrachtung zeigt, daß diese Ersatzschaltung dieselben Ergebnisse liefert wie die Analyse mit dem Lattice-Diagramm. Die Beschaltung der Leitung wird entsprechend Abb. 10.5 angenommen; der Einfachheit halber wird nur das Zeitintervall 0 < t < 2 TD betrachtet. F¨ ur t < TD ist v2 = 0 und i2 = 0; im Zeitintervall 0 < t < TD ist am Eingang daher die in Abb. 10.13 a dargestellte vereinfachte Ersatzschaltung g¨ ultig. Dies f¨ uhrt sofort auf v1 = Z0 VG /(Z0 + RG )
und
i1 = v1 /Z0 .
Zwischen TD und NL besteht der Zusammenhang TD = NL/f , wobei f den Wert der Frequenz (in Hz) bezeichnet. Da der Zeitschritt bei der Transientenanalyse nicht gr¨ oßer sein kann als die H¨ alfte der kleinsten Laufzeit TD, k¨ onnen sehr kurze Leitungen unbeabsichtigt lange Programmlaufzeiten verursachen. 5
10.3. Modellierung der Leitung in SPICE
427
i1 R v
G
Z Z
G
v 0
v ' 0
R 1
v
v L
2
1
(a )
(b )
Abb. 10.13. Zum Verhalten des Modells der verlustlosen Leitung. (a) Eingang, (b) Ausgang
Die vereinfachte Schaltung (a) ist auch im Zeitintervall TD < t < 2 TD auf der Eingangsseite maßgeblich, da noch kein reflektiertes Signal eingetroffen sein kann (v2 (t − TD) = 0 und i2 (t − TD) = 0). Auf der Ausgangsseite sind im Zeitintervall TD < t < 2 TD die Stromquelle und die Spannungsquelle zu ber¨ ucksichtigen: Aus der in Abb. 10.13 b dargestellten Teilschaltung folgt durch Anwenden von Maschen- und Knotensatz 2v1 = v2 (1 + Z0 /RL )
bzw.
v 2 = b2 v 1 ,
was f¨ ur Z0 = RL (korrekter Abschluß der Leitung) offensichtlich zu v1 = v2 , andernfalls zu Reflexionen f¨ uhrt. 1 0 W v
1
2 5 0 0 W
G
0
Abb. 10.14. Zu Beispiel 10.3.1
Beispiel 10.3.1 Als Beispiel wird eine Koaxialleitung mit geerdetem Außenleiter, 50 Ω Wellenwiderstand, einer Laufzeit von 2 ns und einer Beschaltung entsprechend Abb. 10.14 betrachtet. Diese besitzt die Elementanweisung TKOAX
1
0
2
0
Z0 = 50
TD = 2N
Ein Simulationsergebnis, das mit diesem Leitungsmodell gewonnen wurde, ist in Abb. 10.7 zu sehen. ∆
Verlustbehaftete Leitungen lassen sich grunds¨atzlich mit aneinandergereihten Teilschaltungen entsprechend Abb. 10.1 simulieren. Bei der Simulation langer Leitungen ist allerdings eine Unterteilung in sehr viele Segmente erforderlich.6 Dies f¨ uhrt zu beachtlichen Rechenzeiten und kann auch numerische Probleme verursachen. Der in PSPICE implementierte Ansatz zur Simulation verlustbehafteter Leitungen geht von der Darstellung im Frequenzbereich aus und berechnet die Abh¨ angigkeit im Zeitbereich unter Verwendung des Faltungssatzes [9, 19]. 6
Als Faustregel gilt, daß die Laufzeit durch ein Segment nicht gr¨ oßer sein sollte als ein F¨ unftel der k¨ urzesten Anstiegs- bzw. Abfallzeit [9].
428
10. Leitungen
9
YW UHLQ NDSD]LWLYH/DVW
9
YW $EVFKOXVV ZLGHUVWDQG2KP
9
9
YJW
YJW
V
9Y
XV 9YHLQ
XV
XV
XV
XV
7LPH
Abb. 10.15. Spannungsverl¨ aufe am Ausgang eines Koaxialkabels bei kapazitiver Last (Beispiel 10.3.2)
Verlustbehaftete Leitungen werden in PSPICE durch Angabe der L¨ange sowie durch Widerstands-, Ableitungs-, Induktivit¨ats- und Kapazit¨atsbelag beschrieben. Entsprechende Elementanweisungen beginnen ebenfalls mit einem T und sind von der Form T(name) A1 A2 B1 B2 LEN = L¨ ange + R = Widerstandsbelag L = Induktivit¨ atsbelag + G = Ableitungsbelag C = Kapazit¨ atsbelag Alternativ lassen sich die Parameter u ¨ber eine Modellanweisung spezifizieren. Beispiel 10.3.2 Als Beispiel wird die Ausbreitung eines Pulses auf einem Koaxialkabel mit den Bel¨ agen L = 238 nH/m, C = 95.3 pF/m, R = 0.01 Ω/m, G = 0, der L¨ ange 20 m und einer kapazitiven Last von 100 pF betrachtet. Am Eingang wird von einer PULSE-Quelle eine rechteckf¨ ormige Spannung mit einem Hub von 5V geliefert, die u ¨ber einen Quellwiderstand von 10 Ω auf den Eingang der Leitung wirkt. Bei rein kapazitiver Last ergeben sich starke Reflexionen an den Enden, die sich in ¨ ausgepr¨ agten Uberschwingern“ bemerkbar machen. Diese werden weitgehend unter” dr¨ uckt, wenn parallel zur Kapazit¨ at ein Abschlußwiderstand von 50 Ω – entsprechend dem Wellenwiderstand – geschaltet wird. Da der Abschlußwiderstand mit dem Quellwiderstand einen Spannungsteiler bildet, kann nun am Ausgang nicht mehr der volle Hub erreicht werden Abb. 10.15). ∆
10.4. Leitungsformen
429
10.4 Leitungsformen Der Entwickler elektronischer Schaltungen sollte zumindest Grundkenntnisse u ¨ber Zweidrahtleitungen, Koaxialleitungen und Streifenleiter (insbesondere Microstreifenleitungen) besitzen. Dieser Abschnitt stellt die wichtigsten Eigenschaften zusammen.
d s
Abb. 10.16. Zweidrahtleitung
10.4.1 Zweidrahtleitung Der Wellenwiderstand der symmetrischen Zweidrahtleitung ist ⎡
120 Ω ⎣ s + Z0 = √ ln r d
⎤
2
s d
−1⎦ ,
(10.42)
falls der gesamte die Dr¨ ahte umgebende Raum von einem Dielektrikum der ullt wird. Ist dies nicht der Fall, so ist r durch Dielektrizit¨atszahl r ausgef¨ eine effektive Dielektrizit¨ atszahl r,eff zu ersetzen. v i/2
v i/2
v
v i
v i/2
i
v i
Abb. 10.17. Verringerung induzierter St¨ orspannungen durch Verdrillen
Die symmetrische Zweidrahtleitung hat den Nachteil, daß sie – zusammen mit Quelle und Verbraucher – eine Leiterschleife bildet, in der St¨orspannungen induziert werden k¨ onnen. Dies kann durch Verdrillen von Leiter und R¨ uckleiter deutlich reduziert werden, da die in aufeinanderfolgenden Schleifen induzierten Spannungen gegenl¨ aufig sind und sich deshalb kompensieren (Abb. 10.17). Der Wellenwiderstand einer solchen verdrillten Zweidrahtleitung (twisted pair) ist durch den Grad der Verdrillung, den Drahtdurchmesser und die St¨arke der Isolation sowie deren Dielektrizit¨atszahl bestimmt. Verdrillte Zweidrahtleitungen erm¨ oglichen einfach zu realisierende Verbindungen f¨ ur Signale im Megahertzbereich – sie lassen sich insbesondere leicht an die in
430
10. Leitungen
der Computertechnik gebr¨ auchlichen Steckerleisten anschließen. Der Wellenwiderstand h¨angt vom Verdrillwinkel, d. h. vom Drahtdurchmesser und der Anzahl der Umdrehungen je L¨ angeneinheit, ab. Nach [20] gilt ⎡
120 Ω D + Z0 = √ ln ⎣ r,eff d
D d
2
⎤
−1⎦ ,
(10.43)
wobei D den Drahtdurchmesser mit und d den Drahtdurchmesser ohne Isolaatszahl r2 der Isolation, der Dielektion sowie r,eff eine von der Dielektrizit¨ trizit¨aszahl r1 des umgebenden Mediums und dem Verdrillwinkel θ (in Grad) abh¨angige effektive Dielektrizit¨ atszahl bezeichnet 7
r,eff ≈ r1 + 0.25 + 4 · 10−4 (θ/grad)2 (r2 −r1 )
(10.44)
1 /N ' D
q
Abb. 10.18. Verdrillte Zweidrahtleitung
Der Verdrillwinkel θ kann anhand des Drahtdurchmessers aus der Anzahl der Umdrehungen je L¨ angeneinheit N bestimmt werden (Abb. 10.18) θ = arctan(πN D) . Er wird u ¨blicherweise zwischen 20◦ und 45◦ gew¨ahlt – kleinere Verdrillwinkel schr¨anken die mechanische Stabilit¨ at ein (die Dr¨ahte k¨onnen sich dann leicht gegeneinander verschieben), gr¨ oßere Verdrillwinkel f¨ uhren zu großen mechanischen Spannungen in den Dr¨ ahten. Beispiel 10.4.1 Als Beispiel wird eine verdrillte Zweidrahtleitung betrachtet, die aus Dr¨ ahten mit PVC-Isolierung der Dicke 0.3 mm vom Außendurchmesser 1.2 mm hergestellt wird; f¨ ur diese Dr¨ ahte gilt D/d ≈ 2. F¨ ur PVC gilt r2 ≈ 3 bei f = 1 MHz, bei einer Verdrillung von einer Umdrehung pro Zentimeter resultiert der Verdrillwinkel θ = arctan(πN D) = 20.65 grad und damit in Luft (r1 = 1) die effektive Dielektrizit¨atszahl r,eff = 1 + 2 0.25 + 4 · 10−4 · (20.65)2 = 1.84 , so daß √ 120 Ω ln 2+ 3 ≈ 116.5 Ω . Z0 ≈ √ 1.84 7
Bei sehr weicher Isolation kann die Abh¨ angigkeit vom Verdrillwinkel zunehmen [20].
10.4. Leitungsformen
431
Wegen der schlechten dielektrischen Eigenschaften von PVC bei Frequenzen im Megahertzbereich, die sich in einer dielektrischen Verlustzahl im Prozentbereich und einer frequenzabh¨ angigen Dielektrizit¨ atszahl bemerkbar machen, sind derartige Leitungen verlustbehaftet. F¨ ur Leitungsl¨ angen im Bereich weniger Meter ist dies jedoch i. allg. unproblematisch. ∆
D
D ie le k tr ik u m e r
d
D
Abb. 10.19. Querschnitt durch eine Koaxialleitung
10.4.2 Koaxialkabel Im Fall des Koaxialkabels ist der Kapazit¨atsbelag der eines Zylinderkondensators, d. h. mit den in Abb. 10.19 erl¨ auterten Abmessungen gilt C =
2π0 r . ln(D/d)
Mit (10.29) folgt der Wellenwiderstand des verlustlosen Koaxialkabels
60 Ω D Z0 = √ ln r d
.
(10.45)
Die in der Praxis u ¨blichen Koaxialkabel haben Wellenwiderst¨ande von 50 Ω oder von 75 Ω. Die Durchmesser D variieren – abh¨angig von der maximalen Betriebsspannung – im Bereich von ca. 1 mm bis ca. 20 mm. Als Isolatormaterial wird vorzugsweise Polyethylen (PE) oder Teflon (PTFE) verwendet. D¨ ampfung. Der Widerstandsbelag des Koaxialkabels setzt sich aus dem Widerstandsbelag Ri des Innenleiters und dem Widerstandsbelag Ra des Außenleiters zusammen. Wird der spezifische Widerstand ρ des Innenleiters und des Außenleiters als identisch angenommen, so folgt f¨ ur Außenleiter der Dicke ∆ D unter Vernachl¨ assigung des Skineffekts R =
4ρ ρ . + πd2 πD∆
Bei Leiterquerschnitten der Gr¨ oßenordnung 1 mm liegt die Grenzfrequenz f¨ ur den Skineffekt (vgl. Kap. 7.1) in der Gr¨ oßenordnung 10 kHz. Bei wesentlich h¨oheren Frequenzen fließt der Strom im Innen- und Außenleiter nur noch in
432
10. Leitungen
Tabelle 10.2 Eigenschaften einiger Koaxialkabeltypen (Daten nach [21])
Gr¨ oße Einheit Wellenwiderstand, Z0 Ω Innenleiter, d mm Dielektrikum Außendurchmesser, D Dielektrizit¨ atszahl, r Kapazit¨ atsbelag, C Induktivit¨ atsbelag, L D¨ ampfungsfaktor, kD Widerstandsfaktor, kr bei 30 MHz: D¨ ampfung Widerstandsbelag Spannungsfestigkeit
Ω/m
RG58 50 ± 2 0.90 Litze PE 2.95 2.28 ca. 101 ca. 0.25 0.016 0.184
RG213 50 ± 2 2.25 Litze PE 7.25 2.28 ca. 101 ca. 0.25 0.0065 0.075
RG141 50 ± 2 0.95 Draht Teflon 2.95 2.1 ca. 95 ca. 0.24 0.012 0.138
RG59 75 ± 3 0.60 Draht PE 3.7 2.28 ca. 67 ca. 0.38 0.011 0.127
dB/m Ω/m kVeff
0.088 1.0 1.9 − 2.5
0.036 0.41 5
0.066 0.76 2.5
0.06 0.7 2.3 − 3.5
mm pF/m µH/m
einer Randzone der effektiven √ Dicke δ = ρ/(πµf ). Der Widerstandsbelag aßt sich mit dem Widerstandsfaktor steigt dann proportional zu f an und l¨ kr in der Form
R = kr
f MHz
mit
kr =
1 1 + d D
ρµ · 1 MHz π
angeben. Die D¨ ampfungskonstante α wird f¨ ur Frequenzen im Megahertzbereich haupts¨achlich durch die Widerstandsverluste bestimmt, d. h. es gilt α ≈ R /2Z0 . Das D¨ ampfungsmaß einer Leitung bei der Frequenz f ist definiert als a = 20 dB · log [ V (0)/V (Λ)] , wobei V (0) und V (Λ) die Effektivwerte der Spannungen am Anfang und Ende der Leitung bezeichnen. Die D¨ ampfung einer Leitung wird u ¨blicherweise durch ampfungsmaß pro Meter Leitungsl¨ange) den D¨ ampfungsbelag a (das ist das D¨ angegeben a = 20 log [ exp(α · 1 m)) = 20 α log(e) · 1 m . dB/m Werden nur Widerstandsverluste (Skinverluste) ber¨ ucksichtigt, so gilt R · 1 m a = 8.686 · = kD dB/m 2Z0
f , MHz
d. h. die D¨ampfung steigt proportional zur Wurzel der Frequenz an. Der D¨ ampfungsfaktor kD ist dabei vom Wellenwiderstand Z0 und dem Wider-
10.4. Leitungsformen
433
standsfaktor kr abh¨ angig. Typische Werte f¨ ur kD liegen bei Koaxialkabeln in der Gr¨oßenordnung 10−2 . Die Typbezeichnung f¨ ur Koaxialkabel wird u ¨berwiegend nach der US-Norm MIL-C-17 vorgenommen (RG-Typen); den unterschiedlichen Anforderungen entsprechend ist eine breite Palette verschiedener Koaxialkabel verf¨ ugbar, von denen einige in Tabelle 10.2 vorgestellt werden.8 S tr e ife n le ite r
e d
b
r
R ü c k s e ite n m e ta llis ie r u n g
Abb. 10.20. Streifenleiter
10.4.3 Streifenleiter Streifenleiter werden als flache, leitende Streifen auf einem dielektrischen Substrat u ¨ber einer leitenden Grundplatte hergestellt. In Abb. 10.20 ist die Mikrostreifenleitung (microstrip line) dargestellt, die vor allem in integrierten Mikrowellenschaltungen vielfach verwendet wird. Wegen der hohen Dielektrizit¨atszahlen der verwendeten Substratmaterialien (z. B. Al2 O3 mit r = 9.8) verlaufen die Feldlinien vorwiegend im Substrat zwischen dem Streifenleiter und der auf Massepotential liegenden R¨ uckseite ( ground plane“ ). ” Der Wellenwiderstand der Streifenleitung kann f¨ ur d¨ unne Leiterbahnen, bei denen die Schichtdicke weniger als ein Zehntel der Bahnbreite betr¨agt, n¨aherungsweise bestimmt werden [23]. Danach gilt f¨ ur breite Leitungen (b/d > 1) 120π Z0 1 ≈ √ Ω r,eff 1.393 + b/d + 0.667 ln (1.444 + b/d) .
(10.46)
mit der effektiven Dielektrizit¨ atszahl r +1 r −1 + r,eff ≈ 2 2
d 1 + 12 b
−1/2
(10.47)
und entsprechend f¨ ur schmale Leitungen (b/d < 1)
60 b Z0 8d ≈ √ + ln Ω b 4d r,eff 8
(10.48)
Eine praxisorientierte Einfhrung in die Kabeltypen fr nachrichtentechnische Anwendungen bietet [22].
434
10. Leitungen
mit der effektiven Dielektrizit¨ atszahl r +1 r −1 + r,eff ≈ 2 2
d 1 + 12 b
−1/2
+ 0.04
b 1− d
2
.
(10.49)
Der Kapazit¨ atsbelag C der Mikrostreifenleitung folgt aus Gl. (10.29). F¨ ur b/d < 1 f¨ uhrt dies auf die N¨ aherungsformel C = 0.556
r,eff pF · cm ln[ 8d/b + b/(4d) ]
(10.50)
f¨ ur b/d > 1 folgt entsprechend
fF b b · ln 1.444 + C = 88.3 r,eff 1.393 + + 0.667 d cm d
.
(10.51)
aßt sich unter Verwendung von (10.27) aus C und Der Induktivit¨ atsbelag L l¨ Z0 berechnen. Dies ergibt im Fall b/d < 1
b nH 8d · ln + L = 2 cm b 4d
(10.52)
und im Fall b/d > 1 L = 12.5
1 nH · . cm 1.393 + b/d + 0.667 ln(1.444 + b/d)
(10.53)
Sind die Dicke d sowie die Dielektrizit¨ atszahl r des Substratmaterials vorgegeben, so folgt aus dem geforderten Wellenwiderstand Z0 f¨ ur die Breite der Leiterbahn b = d
8e A , e 2A −2
(10.54)
falls b/d < 2 und r < 16, sowie
r −1 0.61 2d [ B −1−ln(2B −1) ] + ln(B −1) + 0.39 − b = π 2r r
, (10.55)
falls 2 < b/d < 20 und r < 16. Die Gr¨ oßen A und B stehen dabei f¨ ur Z0 /Ω A = 60
r + 1 r − 1 + 2 r + 1
0.11 0.23 + r
(10.56)
und B = √
60π 2 . r Z0 /Ω
(10.57)
Beispiel 10.4.2 Auf einem Al2 O3 -Keramiksubstrat (r = 9.8) der Dicke d = 0.63 mm soll eine Leitung mit Wellenwiderstand Z0 = 50 Ω realisiert werden. Mit
10.4. Leitungsformen Z0 /Ω A = 60
435 r + 1 r − 1 + 2 r + 1
0.23 +
0.11 r
= 2.133
folgt 8e A b = 2A = 0.975 , d e −2 was nach Multiplikation mit der Substratdicke auf die erforderliche Breite der Leiterbahn von 0.61 mm f¨ uhrt. ∆
10.4.4 Geschirmte Leitungen, Triaxialkabel Werden hochohmige OP-Eing¨ ange von OPs mit Feldeffekttransistoren genutzt, so kann es zu Verf¨ alschungen aufgrund von Leckstr¨omen u ¨ber die Leiterplatte kommen. Zur Abhilfe wird der hochohmige Eingang ringf¨ormig mit einem Leiter ( guard ring“) umschlossen, der niederohmig auf dem Poten” tial des Eingangs gehalten wird. Liegt der hochohmige Eingang ann¨ahernd auf Massepotential, so k¨ onnen Leckstr¨ ome vom hochohmigen Eingang klein gehalten werden, wenn der Eingangsknoten durch einen auf Massepotential gelegten Ring umgeben wird. Liegt der hochohmige Eingang nicht auf Massepotential, so kann der guard ring mit dem Ausgang eines Spannungsfolgers verbunden werden, dessen (sehr hochohmiger) Eingang ebenfalls mit dem hochohmigen Eingang verbunden ist (vgl. Abb. 10.21).
g u a rd r in g
+ h o c h o h m ig e r E in g a n g
+ -
In n e n le ite r g u a rd A u s s e n le ite r T r ia x ia l- K a b e l
Abb. 10.21. Vermeidung von Leckstr¨ omen bei hochohmigen Eing¨ angen durch Guarding und Traixialkabel
Um Leckstr¨ome zwischen Leiter und Masse im geschirmten Kabel zu reduzieren, werden in der Meßtechnik sog. Triaxialkabel eingesetzt, bei denen der innere Leiter von einem zweiten Innenleiter ( guard“) umgeben ist, dessen Po” tential u ¨ber einen Spannungsfolger auf das Potential des Innenleiters gelegt wird. Um diesen befindet sich ein zweiter mit Masse verbundener Außenleiter. Leckstr¨ome zu Masse fließen demnach zwischen guard und Außenleiter, werden vom Spannungsfolger geliefert und machen sich nicht als Leckstrom auf dem Innenleiter bemerkbar.
436
10. Leitungen
10.5 Verkoppelte Leitungen In elektronischen Schaltungen und in der Nachrichtentechnik sind h¨aufig nicht abgeschirmte Leitungen nebeneinander angeordnet. Durch induktive und ka¨ pazitive Kopplung resultiert dann eine als Ubersprechen bezeichnete gegenseitige Beeinflussung der Leitungsvorg¨ ange.
10.5.1 Ersatzschaltung ¨ Zur Untersuchung des Ubersprechens zwischen miteinander verkoppelten Leitungen wird die in Abb. 10.22 dargestellte Ersatzschaltung f¨ ur einen Ausschnitt der L¨ange ∆x der beiden verkoppelten Leitungen herangezogen.
v 1(x ,t) R 1
'D x
i1 ( x ,t)
L 1 'D x
L m
'D x
i2 ( x ,t) R 2
'D x
C 1
'D x
C m
'D x
2
'D x
L 2 'D x
v 2(x ,t) C
G 1
'D x
G m
'D x
2
'D x
G
x + D x x
Abb. 10.22. Ersatzschaltung von Leitungsst¨ ucken der L¨ ange ∆x mit induktiver und kapazitiver Kopplung
Diese Ersatzschaltung beschreibt den Fall zweier gekoppelter Leitungen, die in einem – gemessen an der Wellenl¨ ange – geringen Abstand parallel verlaufen. Im Grenzfall ∆x → 0 resultiert das folgende System von Differentialgleichungen f¨ ur die Potentiale auf den Leitungen −
∂v1 ∂x
= R1 i1 + L1
∂i1 ∂i2 + Lm ∂t ∂t
(10.58)
−
∂v2 ∂x
= R2 i2 + L2
∂i2 ∂i1 + Lm ∂t ∂t
(10.59)
und f¨ ur die Str¨ ome
10.5. Verkoppelte Leitungen
437
−
∂i1 ∂x
= G1 v1 + C1
∂v1 ∂v12 + Cm + Gm v12 ∂t ∂t
(10.60)
−
∂i2 ∂x
= G2 v2 + C2
∂v2 ∂v12 − Cm − Gm v12 ∂t ∂t
(10.61)
wobei v12 (x, t) = v1 (x, t) − v2 (x, t). Dieses System von vier partiellen Differentialgleichungen ist bei der Berechnung des Verhaltens zweier gekoppelter Leitungen zu l¨osen.
10.5.2 Simulation verkoppelter Leitungen Die Simulation verkoppelter Leitungen mit PSPICE ist m¨oglich durch Definition eines Kopplungsfaktors. Die entsprechende Elementanweisung ist von der Form K(name)
T(name1)
T(name2)
Lm = Lm
Cm = Cm
der wobei f¨ ur Lm der Belag Lm der Koppelinduktivit¨at, f¨ ur Cm der Belag Cm Koppelkapazit¨ at anzugeben ist. Diese Anweisung muß zus¨atzlich zu den Anweisungen T(name1) und T(name2) in die Netzliste aufgenommen werden.
Beispiel 10.5.1 Die Anweisungen T1 1 0 2 T2 3 0 4 K12 T1 T2
0 R=0.1 L=250n 0 R=0.1 L=250n Lm=25n Cm=10p
G=0.1n G=0.1n
C=100p C=100p
LEN=1 LEN=1
definieren beispielsweise verlustbehaftete Leitungen T1 und T2 der L¨ange 1 m, die u at mit dem Belag Lm = 25 nH/m und die Koppelkapazit¨at ¨ber die Koppelinduktivit¨ upft sind. ∆ mit dem Belag Cm = 10 pF/m miteinander verkn¨
S tr e ife n le ite r
d
e
b
s
b
r
R ü c k s e ite n m e ta llis ie r u n g
Abb. 10.23. Verkoppelte Streifenleitungen zu Beispiel 10.5.2
Beipiel 10.5.2 Als Beispiel werden zwei parallel verlaufende Leiterbahnen der L¨ange 10 cm und der Dicke 35,µm auf einer Epoxidharzplatte (r = 4.5, Dicke d = 1.6 mm) betrachtet (Abb. 10.23); die Breite b der Leiterbahnen betrage 0.5 mm, zwischen ihnen befinde sich eine L¨ ucke von s = 2.5 mm. F¨ ur die Simulation werden die Leitungs-
438
10. Leitungen
bel¨ age ben¨ otigt. Der Widerstandsbelag liegt dabei in der Gr¨oßenordnung 10 mΩ/cm und wird in der Folge vernachl¨ assigt. Mit der effektiven Dielektrizit¨atszahl −1/2 2 r +1 r −1 b d + ≈ 3.06 + 0.04 1 − r,eff ≈ 1 + 12 2 2 b d folgen Kapazit¨ ats- und Induktivit¨ atsbel¨ age einer einzelnen Streifenleitung aus Gl. (10.50) und (10.52) zu 8d b nH nH · ln + L ≈ 2 ≈ 6.5 cm b 4d cm C
≈ 0.556
r,eff pF pF · ≈ 0.52 . cm ln [8d/b + b/(4d)] cm
Die Bel¨ age f¨ ur die Koppelinduktivit¨ at und Koppelkapazit¨at lassen sich nach [24] absch¨ atzen durch 2 2d nH nH Lm ≈ 1 · ln 1 + ≈ 0.76 cm s+b cm Cm
≈
Lm C fF . ≈ 61 L cm
F¨ ur den Wellenwiderstand und die Phasengeschwindigkeit einer Leitung folgt L cm 1 , ≈ 16.2 Z0 ≈ ≈ 105.8 Ω und vph ≈
C +Cm ns L (C +Cm ) falls Anfang und Ende der anderen Leitung auf Masse gelegt wird. Bei einer Leitungsl¨ ange von 10 cm ergibt dies eine Laufzeit td = 0.615 ns. Im Folgenden wird angenommen, daß die beiden Leitungen an Anfang und Ende korrekt mit diesem Wellenwiderstand abgeschlossen sind. Abbildung 10.25 zeigt das Ergebnis einer Transientenanalyse f¨ ur die Spannung am Leitungsanfang der gest¨orten Leitung 2, wenn die Spannungsquelle am Eingang der st¨ orenden Leitung 1 einen Spannungssprung von uhrt 0 auf 5 V (Beginn des Anstiegs bei t = 0.4 ns, Anstiegszeit tr = 0.2 ns) durchf¨ (Abb. 10.24). Am Anfang der Leitung 2 tritt w¨ahrend der doppelten Laufzeit des Pulses eine konstante Spannung von ca. 139 mV auf.
Z
L e itu n g 1
v
0
Z G
Z 0
iL
L e itu n g 2
iC
iC Z
0
0
Abb. 10.24. Induzierte Str¨ ome in verkoppelten Leitungen (nach [25])
10.5. Verkoppelte Leitungen
P9
439
7(UVDW]VFKDOWXQJ /HLWXQJVPRGHOO /HLWXQJVDQIDQJ
P9
9 /HLWXQJVHQGH 7(UVDW]VFKDOWXQJ /HLWXQJVPRGHOO P9
V
QV QV QV QV 9RXWD 9LQD 9LQE 9RXWE 7LPH
QV
QV
Abb. 10.25. Zeitabh¨ angiger Verlauf der St¨ orspannung am Leitungseingang berechnet mit dem Leitungsmodell und mit der verkoppelten T-Ersatzschaltung der Leitung
Das Zustandekommen dieses Kurvenverlaufs l¨aßt sich unter Vernachl¨assigung der Verluste qualitativ verstehen [25]. Bei der gegebenen Beschaltung springt die Spannung am Eingang von Leitung 1 bei t = 0.4 ns auf den Wert v1 = 2.5 V. Der Spannungssprung am Eingang der Leitung breitet sich auf dieser mit der Geschwindigkeit √ v = 1/ L C aus. Durch die kapazitive und induktive Kopplung wird in dem dem Spannungssprung gegen¨ uberliegenden Segment der Leitung 2 ein Strom iC bzw. iL hervorgerufen (Abb. 10.24). Dieser fließt wegen der Laufzeit auf Leitung 2 w¨ahrend der doppelten Laufzeit 2td durch den Widerstand Z0 am Beginn der Leitung 2 und ruft in dieser Zeit am Abschlußwiderstand Z0 des Eingangs von Leitung 2 einen Spannungsabfall Z0 · (iL + iC ) hervor. Nach [25] gilt bei schwacher Kopplung, d. h. unter der Annahme, daß die Ausbreitung des Pulses auf Leitung 1 durch Leitung 2 nicht nennenswert beeinflußt wird, f¨ ur die auf Leitung 2 bei x induzierte St¨ orspannung 1 Lm d td (10.62) v2 (x, t) = − − Cm Z0 x v1 0, t − x 2 Z0 dt Λ Λ Lm td td . + + Cm Z0 v1 0, t − x − v1 0, t − 2td + x 4td Z0 Λ Λ F¨ ur t > 0.6 ns ist v1 (0, t) konstant, v2 wird bei x = 0, d. h. am Anfang von Leitung 2 bis zu t = 2td + 0.6 ns = 1.83 ns durch den Ausdruck in der eckigen Klammer bestimmt. Dieser ist bis auf die abschließende Flanke (tf = 0.2 ns) konstant und f¨ uhrt auf 0.76 nH/cm fF 10 cm + 61 · 105.8 Ω · 2.5 V ≈ 139 mV , v2 (0, t) = 4 · 0.615 ns 105.8 Ω cm
440
10. Leitungen
¨ in guter Ubereinstimmung mit den Ergebnissen der Simulation. F¨ ur die am Leitungsende (x = Λ) induzierte St¨ orspannung ist nur der erste Term auf der rechten Seite von Gl. (10.62) von Bedeutung, da der Ausdruck in der eckigen Klammer f¨ ur x = Λ verschwindet. Die in diesem Term auftretende Ableitung ist f¨ ur die gegebene Eingangsspannung nur w¨ ahrend der ansteigenden Flanke von v1 (Λ, t) = v1 (0, t − td ) verschieden. Mit d d 12.5 V/ns f¨ ur 0.4 ns+td < t < 0.6 ns+td v1 (0, t−td ) = v1 (Λ, t) = 0 sonst dt dt f¨ uhrt Einsetzen der gegebenen Werte im Zeitintervall 1.015 ns < t < 1.215 ns auf Λ Lm d − Cm Z0 · v1 (Λ, t) = −45 mV , v1 (Λ, t) = − 2 Z0 dt was durch die Simulation (Abb. 10.25) best¨ atigt wird.
v 1(0 ,t)
R '1 L / 2
i1 ( 0 ,t)
1
'L
G 1
'L
C m
'L
G m
'L
C 2
'L
G 2
'L
L 'm L / 2
i2 ( 0 ,t) R '2 L / 2
v 2(0 ,t)
C
L '1 L / 2
L '2 L / 2
v 1(L ,t) L '1 L / 2
R '1 L / 2 L 'm L / 2
L '2 L / 2
R '2 L / 2
v 2(L ,t)
Abb. 10.26. Ersatzschaltung f¨ ur zwei kurze verkoppelte Leitungsst¨ ucke der L¨ ange Λ
Zum Vergleich sind in Abb. 10.25 die Ergebnisse f¨ ur eine verkoppelte T-Ersatzschaltung entsprechend Abb. 10.26 dargestellt. Der Verlauf des damit berechneten St¨orspannungspulses zeigt deutliche Abweichungen vom exakten Ergebnis (TLM). Die TErsatzschaltung liefert dennoch ein gr¨ oßenordnungsm¨aßig richtiges Ergebnis f¨ ur die Amplitude der induzierten St¨ orspannung und ist deshalb f¨ ur die Absch¨atzung des ¨ Ubersprechens zwischen kurzen verkoppelten Leitungsst¨ ucken geeignet. ∆
10.5.3 Wellen in zwei gekoppelten Leitungen Allgemeine L¨ osung. Wird nur kapazitive und induktive Kopplung ber¨ucksichtigt
(Gm = 0) und angenommen, daß sich auf beiden Leitungen Wellen der Kreisfrequenz ω ausbreiten, d. h. v1 (x, t) = Re vˆ1 (x) e jωt = Re(v 1 )
10.5. Verkoppelte Leitungen
441
und entsprechend f¨ ur i1 (x, t), v2 (x, t) und i2 (x, t), so resultiert das folgende Gleichungssystem f¨ ur die komplexen Spannungszeiger i1 (x) jωLm v 1 (x) R1 +jωL1 d = − (10.63) dx v 2 (x) i2 (x) jωLm R2 +jωL2 , C˜2 = C2 + Cm f¨ ur die komplexen Stromund mit den Abk¨ urzungen C˜1 = C1 + Cm zeiger −jωCm i1 (x) G1 +jω C˜1 v 1 (x) d = − (10.64) dx i2 (x) v 2 (x) −jωC G +jω C˜ m
Durch Zusammenfassen folgt A11 v 1 (x) d2 = 2 dx v 2 (x) A21
A12 A22
2
2
v 1 (x)
v 2 (x)
(10.65)
mit den Koeffizienten A11
=
(R1 +jωL1 )(G1 +jω C˜1 ) + ω 2 Lm Cm
A22
=
(R2 +jωL2 )(G2 +jω C˜2 ) + ω 2 Lm Cm
A12
=
jωLm (G2 +jω C˜2 ) − jωCm (R1 +jωL1 )
A21
=
jωLm (G1 +jω C˜1 ) − jωCm (R2 +jωL2 )
Zur L¨ osung des Differentialgleichungssystems werden zun¨achst die Eigenwerte γ12 und γ22 der Koeffizientenmatrix [A] bestimmt. Diese folgen aus der Gleichung A11 −γ 2 A12 = 0 A21 A22 −γ 2 zu 2 γ1,2 =
1
A11 +A22 ± (A11 −A22 )2 + 4A12 A21 . 2 2
Mit Hilfe der zugeh¨ origen Eigenvektoren 2 √ γ1 −A22 B11 2 =
(A22 −γ12 )2 + A221 B21 A21 √ B12 γ22 −A22 − 2 =
(A22− γ22 )2 + A221 B22 A21 lassen sich u ¨ber die Transformation B11 B12 v 1 (x) w1 (x) = v 2 (x) w2 (x) B21 B22
(10.66)
(10.67)
(10.68)
neue Zeiger w1 (x) und w2 (x) einf¨ uhren, die dem Differentialgleichungssystem
442
10. Leitungen d2 dx2
w1 (x)
=
w2 (x)
γ12
0
0
γ22
w1 (x)
(10.69)
w2 (x)
gen¨ ugen. Die w1 (x) und w2 (x) beschreiben die Eigenwellen des verkoppelten Leitungssystems; ihre allgemeine Form lautet (+)
w1 (x) = w1
(+) w2
w2 (x) = (+)
(−)
e −γ1 x
(10.70)
(−) w2
−γ2 x
(10.71)
e +γ1 x + w1 e
(−)
+γ2 x
+
(+)
e
(−)
Die Zeiger w1 , w1 , w2 und w2 sind durch Randwerte festzulegen; die komplexen Zeiger v 1 (x) und v 2 (x) folgen dann mit Hilfe von Gl. (10.68).
Symmetrische Leitungen. Im Folgenden beschr¨anken wir uns auf den Fall symmetrischer Leitungen und schreiben L1 = L2 = L , C1 = C2 = C , Widerstands- und Ableitungsbel¨ age werden als vernachl¨ assigbar angenommen. Unter diesen Bedingungen ist A11 = A22 und A12 = A21 ; die Eigenwerte und Eigenvektoren vereinfachen sich in diesem Fall zu
A11 ± A12 (10.72) γ1,2 = bzw.
B11
=
B21
1
und
1
B12
B22
=
1 −1
,
d. h. die allgemeine L¨ osung ist von der Form v 1 (x) 1 1 + w2 (x) . = w1 (x) 1 −1 v 2 (x) F¨ ur w2 = 0 sind die beiden Leitungswellen v 1 (x) demnach gleichphasig und f¨ ur w1 = 0 entsprechend gegenphasig. Die Eigenwelle w1 (x) wird deshalb auch als uckGleichtaktwelle, die Eigenwelle w2 (x) als Gegentaktwelle bezeichnet. Unter Ber¨ sichtigung der Gln. (10.70) und (10.71) folgt v 1 (x) = w1 e γ1 x + w1 e −γ1 x + w2 e γ2 x + w2 e −γ2 x (+)
(−)
(+)
(−)
v 2 (x) = w1 e γ1 x + w1 e −γ1 x − w2 e γ2 x − w2 e −γ2 x (+)
(−)
(+)
(−)
(10.73) ur die Stromzeiger [26] und daraus f¨ (+)
i1 (x)
= −
w1
i2 (x)
= −
w1
Z 01 (+)
wobei
Z 01 =
e γ1 x
e γ1 x
Z 01
L + Lm C˜ − Cm
e −γ1 x w e γ2 x w e −γ2 x − 2 + 2 Z 01 Z 02 Z 02
(−)
+
w1
+
w1
(+)
e −γ1 x w e γ2 x w e −γ2 x + 2 − 2 Z 01 Z 02 Z 02
(−)
(+)
bzw.
(−)
Z 02 =
L − Lm C˜ + Cm
(−)
10.5. Verkoppelte Leitungen
443
den Gleichtakt- bzw. Gegentaktwellenwiderstand der verkoppelten Leitungen bezeichnen. Z
0
v
1
L v 1(0 )
0 1
Z v
3
0
0 2
Z
v 1(L )
2
L v 2(0 )
v 2(L ) Z
4
Abb. 10.27. Beschaltung der verkoppelten Leitungen
¨ ¨ Ubersprechen. F¨ ur eine Untersuchung des Ubersprechens zwischen benachbarten Leitungen wird zwei entsprechend Abb. 10.27 beschaltete Leitungen betrachtet. Die (+) (−) (+) (−) Zeiger w1 , w1 und w2 , w2 , sind nun so zu bestimmen, daß die Randbedingungen v 1 (0) = v 01 − Z i i1 (0)
und
v 1 (Λ) = Z 2 i1 (Λ)
v 2 (0) = v 02 − Z 3 i2 (0)
und
v 2 (Λ) = Z 4 i2 (Λ)
bzw.
erf¨ ullt sind. Einsetzen der allgemeinen L¨ osung f¨ uhrt auf ein System von vier Gleichungen f¨ ur die vier unbekannten komplexen Zeiger. Die im Fall beliebiger Impedanzen osung ist recht un¨ ubersichtlich. Wir folgen desZ 1 , Z 2 , Z 3 und Z 4 resultierende L¨ halb [26] und beschr¨ anken uns auf den Sonderfall Z 1 = Z 2 = Z 3 = Z 4 . Dies schließt insbesondere den Fall ein, daß beide Leitungen am Anfang und Ende korrekt abgeschlossen sind. Mit den Abk¨ urzungen P00 = 1 +
Z1 , Z 01
P10 = 1 −
Z1 , Z 01
P01 = 1 +
Z1 Z und P11 = 1 − 1 Z 02 Z 02
folgt dann [26] v 1 (x) =
R01 (x)+R02 (x) v0 2
und
v 2 (x) =
mit R01 (x) =
P00 e γ1 (Λ−x) − P10 e −γ1 (Λ−x) 2 e γ1 Λ − P 2 e −γ1 Λ P00 10
R02 (x) =
P01 e γ2 (Λ−x) − P11 e −γ2 (Λ−x) . 2 e γ2 Λ − P 2 e −γ2 Λ P01 11
und
R01 (x)−R02 (x) v0 2
444
10. Leitungen
Die Spannungs¨ ubertragungsfaktoren H v (0) = v 2 (0)/v 0 und H v (Λ) = v 2 (Λ)/v 0 werden im Folgenden f¨ ur den Fall schwacher Kopplung untersucht. Dabei werden nur Terme erster Ordnung in den Kopplungsbel¨ agen ber¨ ucksichtigt. Gleichtakt- und Gegentaktwellenwiderstand lassen sich in dieser N¨aherung durch Z01 =
Z0 1−δ
und
Z02 =
Z0 1+δ
ausdr¨ ucken, wobei 1 δ = 2
Cm L + m L C˜
und
Z0 =
L . C˜
Sind beide Leitungen an Anfang und Ende mit Z0 abgeschlossen, so folgt P00 ≈ 2−δ, P10 ≈ δ, P01 ≈ 2 + δ und P11 ≈ −δ. Als weitere N¨aherung wird
γ1 ≈ γ2 ≈ γ0 = jω L C˜ angenommen. Mit diesen Ausdr¨ ucken folgt f¨ ur den Spannungs¨ ubertragungsfaktor am Leitungsanfang H v (0) =
1 δ [ R01 (0)−R02 (0) ] ≈ 1 − e −2γ0 Λ , 2 4
wobei wiederum nur Terme erster Ordnung in δ ber¨ ucksichtigt wurden. Im Bereich niedriger Frequenzen gilt in guter N¨ aherung e −2γ0 Λ ≈ 1 − 2γ0 Λ , so daß 1 δγ0 Λ = H v (0) ≈ 2 4
Cm L + m L C˜
· jω
L C˜ · Λ .
proportional zur Frequenz ansteigt. Beispiel 12.5.3 Auf den in Beispiel 12.5.2 untersuchten Fall angewandt resultiert |H v (0)| ≈ 0.214 ·
f . GHz
Dies wird sehr gut durch eine AC-Analyse mittels SPICE best¨atigt (Abb. 10.28). Mit zunehmender Frequenz ergeben sich Abweichungen vom Anstieg proportional zu f ; ¨ der Spannungs¨ ubertragungsfaktor nimmt nach Uberschreiten eines maximalen Werts wieder ab und erreicht ein Minimum f¨ ur 2 Imγ0 Λ = 2π
bzw.
1 . f=
2 L C˜ Λ
Im konkreten Beispiel resultiert f¨ ur f hieraus der Wert 814 kHz, was durch die Simulation best¨ atigt wird (vgl. Abb. 2.4.13). Die verkoppelte T-Ersatzschaltung liefert bis zu Frequenzen von mehr als 100 MHz praktisch dasselbe Ergebnis wie das Modell verkoppelter Leitungen. Mit Ann¨ aherung an die Resonanzfrequenz 816 kHz treten dann allerdings deutliche Abweichungen auf. F¨ ur den Spannungs¨ ubertragungsfaktor am Leitungsende
10.6. Literaturverzeichnis
445
P 6SDQQXQJVXHEHUWUDJXQJVIDNWRU /HLWXQJVDQIDQJ
P 7(UVDW]VFKDOWXQJ I*+] /HLWXQJVPRGHOO
P
0+] X 0+] 0+] 9LQD 9VUF
0+] 0+] 9LQE 9VUF )UHTXHQF\
0+]
0+]
*+]
Abb. 10.28. Frequenzgang des Spannungs¨ ubertragungsfaktors zweier kurzer verkoppelter Leitungsst¨ ucke der L¨ ange Λ
H v (Λ) =
1 [ R01 (Λ) − R02 (Λ) ] 2
folgt in der betrachteten N¨ aherung der Wert null – die dort auftretende St¨orspannung ist in erster Ordnung vernachl¨ assigbar. Daß H v (Λ) ann¨ahernd null ist, folgt aus der Tatsache, daß die durch induktive bzw. kapazitive Kopplung bewirkten Str¨ome am Leitungsende entgegengesetzt gleich groß sind (vgl. Beispiel 2.4.5.2), weswegen am Abschlußwiderstand kein Spannungsabfall auftritt. Dieser Effekt wird in der HFTechnik f¨ ur die Realisierung sog. Richtkoppler verwendet. ∆
10.6 Literaturverzeichnis [1] O. Zinke, H. Brunswig. Lehrbuch der Hochfrequenztechnik, Band 1: Hochfrequenzfilter, Leitungen, Antennen. Springer, Berlin, f¨ unfte Auflage, 1995. [2] H.Grabinski. Theorie und Simulation von Leitbahnen. Springer, Berlin, 1991. [3] G.L. Matthaei, G.C. Chinn, C.H. Plott, N. Dagli. A simplified means for computation of interconnect distributed capacitances and inductances. IEEE Trans. CAD, 11(4):513– 524, 1992. [4] K. K¨ upfm¨ uller. Einf¨ uhrung in die theoretische Elektrotechnik. Springer, Berlin, dritte Auflage, 1973. [5] H.-G. Unger. Elektromagnetische Wellen auf Leitungen. H¨ uthig, Heidelberg, dritte Auflage, 1991. [6] R.E. Matick. Transmission Lines for Digital and Communication Networks. IEEE Press, New York, 1995.
446
10. Leitungen
[7] H.A. Wheeler. Formulas for the skin effect. Proc. I.R.E., pp. 412–424, September 1942. [8] C.-S. Yen, Z. Fazarinc, R.L. Wheeler. Time-domain skin-effect model for transient analysis of lossy transmission lines. Proc. IEEE, 70(7):750–757, 1982. [9] A.R. Djordjevic, T.K. Sarkar, R.F. Harrington. Time-domain response of multiconductor transmission lines. Proc. IEEE, 75(6):743–764, 1987. [10] A. Deutsch et.al. High-speed signal propagation on lossy transmission lines. IBM J. Res. Develop., 34(4):601–615, 1990. [11] W.Wilhelm. Propagation delays of interconnect lines in large-scale integrated circuits. Siemens Forsch.- und Entwickl.-Ber., 15(2):60–63, 1986. [12] S. Takahashi, M. Edahiro, Y. Hayashi. Interconnect design strategy: Structures, repeaters and materials with strategic system performance analysis (S2 PAL) model. IEEE Trans. Electron Devices, 48(2):239–251, 2001. [13] K. Banerjee, A. Mehrotra. A power-optimal repeater insertion methodology for global interconnects in nanometer designs. IEEE Trans. Electron Devices, 49(11):2001–2007, 2002. [14] T. Sakurai. Approximation of wiring delay in MOSFET LSI. IEEE J. Solid-State Circuits, 18(4):418–426, 1983. [15] T. Sakurai. Closed-form expressions for interconnection delay, coupling, and crosstalk in VLSI’s. IEEE Trans. Electron Devices, 40(1):118–124, 1993. [16] J.A. Davis, J.D. Meindl. Compact distributed RLC interconnect models – part I. Single line transient, time delay and overshoot expressions. IEEE Trans. Electron Devices, 47(11):2068–2077, 2000. [17] J.A. Davis, J.D. Meindl. Compact distributed RLC interconnect models – part II. Coupled line transient expressions and peak crosstalk in multilevel networks. IEEE Trans. Electron Devices, 47(11):2078–2087, 2000. [18] J.R. Brews. Overshoot-controlled RLC-interconnections. IEEE Trans. Electron Devices, 38(1):76–87, 1991. [19] J.S. Roychowdhury, D.O. Pederson. Efficient transient simulation of lossy interconnect. In Proceedings, No.29 in ACM/IEEE Design Automation Conference, pages 740–745, 1991. [20] P. Lefferson. Twisted magnet wire transmission line. IEEE Trans. on Parts, Hybrids and Packaging, (4):148–154, 1971. [21] G. Janzen. Kurze Antennen. Franckh, Stuttgart, 1986. [22] U. Queck. Kupferkabel f¨ ur Kommunikationsaufgaben. Pflaum, M¨ unchen, 2000. [23] E.O. Hammerstad. Equations for microstrip circuit design. Proc. of the Europ. Microw. Conf., pp. 261–272, 1975. [24] C.S. Walker. Capacitance, Inductance and Crosstalk Analysis. Artech House, Boston, 1990. [25] A. Feller, H.R. Kaupp, J.J. Digiacomo. Crosstalk and reflections in high-speed digital systems. In Proceedings, Fall Joint Computer Conference, pp. 511–525, 1965. [26] J.C. Isaacs, N.A. Strakhov. Crosstalk in uniformly coupled lossy transmission lines. Bell Syst. Tech. J., 52(1):101–115, 1973.
11 Resonatoren und Filter Resonatoren spielen eine bedeutende Rolle als frequenzbestimmende Elemente in Oszillatoren – mit Resonatoren hoher G¨ ute k¨onnen außerdem sehr schmalbandige Filter verwirklicht werden. Gegenstand dieses Abschnitts sind Schwingquarze und Quarzfilter, Oberfl¨ achenwellenbauelemente sowie dielektrische Resonatoren und Filter.
11.1 Resonatoren und Filter mit RLC-Kombinationen Die G¨ ute eines aus Spulen und Kondensatoren aufgebauten Resonanzkreises (Schwingkreis) ist durch die G¨ ute der Einzelbauteile bestimmt. Als Beispiel wird der in Abb. 11.1 dargestellte Parallelschwingkreis betrachtet.
L C
Abb. 11.1. Parallelschwingkreis
W¨are dieser mit einer idealen Induktivit¨at und einer idealen Kapazit¨at aufgebaut, so w¨are seine Admittanz bei der Resonanzfrequenz √ (11.1) fr = 1/2π LC atte an dieser Stelle einen Pol. Bei Verwendung null, d. h. die Impedanz Z h¨ realer Bauteile mit den Verlustfaktoren tan δC bzw. tan δL weist die Admittanz bei der Resonanzfrequenz – definiert als Nullstelle des Imagin¨arteils – einen nicht verschwindenden Realteil Y (fr ) ≈ 2πfr C tan δC +
tan δL 2πfr L
(11.2)
auf; der Wert der Resonanzfrequenz bleibt weitgehend unver¨andert, solange tan uber eins sind. Aus der Gleichung |Y (f )| = √ δC und tan δL klein gegen¨ 2 · Y (fr ) folgen zwei Frequenzen f1 und f2 , deren Differenz f2 − f1 = ∆f die Resonanzbreite und damit die Bandbreite B = ∆f eines entsprechenden Filters angibt. Solange ∆f fr erf¨ ullt ist, gilt f¨ ur die relative Bandbreite B/fr ≈ tan δC + tan δL ≈ 1/Q = 1/QC + 1/QL ,
(11.3)
ute des Kondenwobei Q die G¨ ute des Resonanzkreises, QC = 1/ tan δC die G¨ sators und QL = 1/ tan δL die G¨ ute der Kapazit¨at bezeichnet.
448
11. Resonatoren und Filter
Schmalbandige Filter erfordern Resonatoren mit sehr hoher G¨ ute. Wie in Kap. 8 und Kap. 9 ausgef¨ uhrt, liegt die G¨ ute QC von Kondensatoren wie sie f¨ ur Schwingkreise Verwendung finden im Bereich von 10−3 −10−4 , die G¨ ute QL von Schwingkreisspulen mit Ferritkern im Bereich von 100−700. In der Praxis erzielte Schwingkreisg¨ uten Q liegen typischerweise im Bereich zwischen 100 und 500, d. h. mit Schwingkreisen lassen sich Bandfilter mit relativen Bandbreiten im Bereich weniger Promille erzielen. Bei Q = 200 und fr = 10 MHz bedeutet dies immerhin eine Bandbreite B = 10 MHz/200 = 50 kHz. Da die erreichbare Schwingkreisg¨ ute bei hohen Frequenzen abnimmt, eignen sich Resonatoren aus diskreten Elementen nicht f¨ ur die Realisierung schmalbandiger Filter im Frequenzbereich oberhalb ca. 200 MHz.
11.2 Leitungsresonatoren In Leitungen, die nicht mit dem Wellenwiderstand abgeschlossen werden – in der Praxis verwendet man meist am Ende offene oder kurzgeschlossene Leitungen – k¨onnen sich stehende Wellen ausbilden. Die Leitung zeigt bei den jeweiligen Frequenzen das Verhalten eines Resonanzkreises: Der Imagin¨arteil der Impedanz verschwindet, w¨ ahrend der Realteil einen Extremwert aufweist. Leitungsresonatoren k¨ onnen in Frequenzbereichen, in denen Schwingkreise nicht mehr diskret aufzubauen sind, deren Rolle u ¨bernehmen. Kurzschluß am Ende. Die Eingangsimpedanz einer am Ende kurzgeschlosseange Λ ist nen Leitung (ZL = 0, r = −1) der L¨ Zi = Z0
1 − e −2γΛ 1 − e −2αΛ e −j2βΛ = Z . 0 1 + e −2γΛ 1 + e −2αΛ e −j2βΛ
F¨ ur einen reellen Wellenwiderstand Z0 verschwindet der Imagin¨arteil von Z i nur unter der Bedingung e −j2βΛ = ±1
bzw.
2βΛ = mπ ,
wobei m eine ganze Zahl bezeichnet. Diese Bedingung ist wegen β = 2π/λ gleichbedeutend mit der Forderung Λ = m λ/4
mit
λ = vph /f .
Resonanz tritt demnach auf, falls die L¨ ange Λ der Leitung ein ganzzahliges Vielfaches von λ/4 betr¨ agt. Ist Λ ein ungeradzahliges Vielfaches von λ/4, so weist Zi ein Maximum auf (Parallelresonanz), w¨ahrend Zi minimal wird, falls Λ ein geradzahliges Vielfaches von λ/4 betr¨agt (Serienresonanz). Offenes Ende. Bei offenem Ende (ZL → ∞, r = +1) wird die Eingangsimpedanz Zi = Z0
1 + e −2γΛ 1 + e −2αΛ e −j2βΛ = Z 0 1 − e −2γΛ 1 − e −2αΛ e −j2βΛ
11.2. Leitungsresonatoren
449
ebenfalls nur unter der Bedingung Λ = m λ/4 reell. Allerdings tritt hier Serienresonanz (Zi minimal) bei ungeradzahligen Vielfachen und Parallelresonanz (Zi maximal) bei geradzahligen Vielfachen von λ/4 auf. G¨ ute. Die G¨ ute eines Leitungsresonators ist durch die D¨ampfungs- und Phasenkonstante der Leitung festgelegt [1] Q = β/2α .
(11.4)
Mit den f¨ ur schwach ged¨ ampfte Leitungen g¨ ultigen N¨aherungen f¨ ur α und β ullt ist folgt f¨ ur Resonanzfrequenzen fr , bei denen 2πfr L R erf¨ Q ≈
1 , tan δ (fr ) + R /(2πfr L )
(11.5)
ur die Resonanzfrequenz eines λ/4wobei tan δ 1 angenommen wurde. F¨ Resonators gilt fr =
vph vph 1 √ , = ≈ λ 4Λ 4Λ L C
so daß Q(fr ) ≈
1 . tan δ (fr ) + 2R Λ/(πZ0 )
(11.6)
Beispiel 11.2.1 Als Beispiel werden Real- und Imagin¨arteil der Eingangsadmittanz eines Streifenleiters mit offenem1 Ende durch Simulation mittels PSPICE berechnet. Die Leitung wurde f¨ ur die Resonanzfrequenz 2 GHz ausgelegt. Vorgegeben war die Breite b = 1 mm, die Substratdicke d = 0.63 mm, die Dielektrizit¨atszahl des Substrats r = 9.8, die dielektrische Verlustzahl des Substrats bei der Resonanzfrequenz achenwiderstand der Leiterbahn bei der Resonanzfrequenz tan δ = 0.001 und der Fl¨ 1.5 mΩ. Zur Bestimmung der Bel¨ age wurde zun¨ achst nach Gl. (10.47) die effektive Dielek√ trizit¨ atszahl ermittelt, mit dem Ergebnis reff = 6.90. Mit vph = c/ reff = 1.14·1010 cm/s folgt die Wellenl¨ ange bei f = 2 GHz zu λ = 5.71 cm, d. h. der λ/4-Resonator muß eine L¨ ange von Λ = 1.43 cm aufweisen. Mit der effektiven Dielektrizit¨atszahl f¨ uhrt Gl. (10.46) auf den Wellenwiderstand Z0 = 41.4 Ω. Zur Bestimmung der Leitungsbel¨ age wird die Leitung zun¨ achst als verlustfrei angenommen, dies f¨ uhrt auf √ 33.3 reff L Z2 C C ≈ = 2.11 und ≈ 02 = 3.61 . pF/cm Z0 /Ω nH/cm Ω nF/cm Widerstands- und Ableitungsbelag folgen dann zu R = 15 mΩ/cm
und
G = ωC tan δ = 2.65 · 10−5 S/cm .
Mit den gegebenen Werten folgt mit (11.6) die G¨ ute des Leitungsresonators 1
In der Simulation wurde ein Abschlußwiderstand von 1 MΩ verwendet.
450
11. Resonatoren und Filter Q ≈
1 1 = ≈ 752 , tan δ + 2R Λ/(πZ0 ) 10−3 + 3.3 · 10−4
¨ in guter Ubereinstimmung mit der aus Abb. 11.2 ablesbaren Resonanzbreite.
∆
= 2KP /DHQJH FP
& S)FP
5H<
/ Q+FP 5 2KPFP * X6FP
,P< *+] 5,9 9
,0*,9 9
*+]
*+]
)UHTXHQF\
Abb. 11.2. Real- und Imagin¨ arteil der Eingangsadmittanz eines Streifenleiters (ZL → ∞)
Kapazitive Beschaltung. Wird das Ende des Leitungsresonators mit einer Kapazit¨at C beschaltet, so lautet der Reflexionsfaktor r =
1 − jωCZ0 . 1 + jωCZ0
F¨ ur die Eingangsimpedanz der als verlustfrei angenommenen Leitung folgt damit Z i = Z0
1 + jωCZ0 + (1−jωCZ0 ) e −j2βΛ . 1 + jωCZ0 − (1−jωCZ0 ) e −j2βΛ
Der Imagin¨arteil von Z i verschwindet bei den Resonanzfrequenzen der Anordnung; diese folgen als L¨ osungen der impliziten Gleichung Z0 tan (βΛ) = 1/ωr C
mit
β = ωr /vph .
(11.7)
Die niedrigste Resonanzfrequenz liegt dabei niedriger als bei offenem Leitungsende. Im Gegensatz zu Leitungsresonatoren mit offenem oder kurzgeschlossenen Ende sind die h¨ oheren Resonanzfrequenzen hier keine ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz.
11.3. Schwingquarze und Quarzfilter
451
11.3 Schwingquarze und Quarzfilter Mit Schwingquarzen lassen sich Resonatoren und Filter aufbauen, die sich gegen¨ uber RLC-Kombinationen durch eine wesentlich verbesserte G¨ ute bei gleichzeitiger Temperaturkonstanz auszeichnen. Das Resonanzverhalten ist auf eine Kopplung mechanischer Schwingungen mit dem elektrischen Feld aufgrund des piezoelektrischen Effekts zur¨ uckzuf¨ uhren. K ra ft + + + + + + + + +
- - - - - - - - (a )
K ra ft
(b )
Abb. 11.3. Auftreten einer Polarisationsladung in piezoelektrischen Kristallen bei Deformation
11.3.1 Der piezoelektrische Effekt Unter dem direkten piezoelektrischen Effekt versteht man die elektrische Polarisation eines Kristalls aufgrund einer mechanischen Deformation. Polarisation P und Druck σ sind miteinander u ¨ber den piezoelektrischen Koeffizienten 2 dπ verkn¨ upft P = dπ σ . Durch Anlegen eines elektrischen Felds kann umgekehrt eine mechanische Deformation eines Piezokristalls hervorgerufen werden; dies wird als inverser piezoelektrischer Effekt oder als Elektrostriktion bezeichnet. Der Wert des piezoelektrischen Koeffizienten dπ liegt – abh¨angig vom Material – in der Gr¨oßenordnung (10−12 − 10−10 ) C/N. Der piezoelektrische Effekt tritt in polaren Kristallen oder Ionenkristallen auf, falls diese kein Inversionszentrum [2] aufweisen. Unter dieser Bedingung verschieben sich bei Deformation der positive und der negative Ladungsschwerpunkt der Zelle gegeneinander. Als Beispiel wird Quarz (kristallines SiO2 ) betrachtet (Abb. 11.3). Wegen der hohen Elektronegativit¨ at des Sauerstoffs ist die Si-O-Bindung polar: Bei den 2
Dies ist eine vereinfachte Darstellung. In der Regel sind Druck und Polarisation nicht parallel; außerdem bedingt nicht nur Druck sondern auch Scherung eine elektrische Polarisation.Um dies zu erfassen ist anstatt eines einzelnen piezeoelektrischen Koeffizienten eine Matrix aus 3 × 6 - Koeffizienten zu verwenden.
452
11. Resonatoren und Filter
Sauerstoffatomen u ¨berwiegt die negative Ladung, bei den Siliziumatomen die positive Ladung. Solange der Kristall nicht deformiert wird, fallen positiver und negativer Ladungsschwerpunkt zusammen: Zwischen den Oberfl¨achen des Kristalls tritt keine Potentialdifferenz auf. Bei Verformung werden positiver und negativer Ladungsschwerpunkt gegeneinander verschoben: An den Oberfl¨achen entsteht eine Polarisationsladung. In Kristallen mit Inversionszentrum tritt kein piezoelektrischer Effekt auf: In diesem Fall werden der positive und der negative Ladungsschwerpunkt bei Deformation im selben Maß verschoben, so daß keine Polarisationsladung entsteht.
11.3.2 Schwingquarze Schwingquarze sind SiO2 -Quarzplatten, auf die zwei d¨ unne Metallschichten als Elektroden aufgedampft wurden. Sie sind so in einem Geh¨ause montiert, daß sie in der gew¨ unschten Richtung frei schwingen k¨onnen. Wird zwischen den Elektroden ein Wechselfeld angelegt, so regt dieses – wegen des inversen piezoelektrischen Effekts – den Kristall zu mechanischen Schwingungen an. Dies geschieht besonders wirkungsvoll bei der Eigenfrequenz der mechanischen Schwingungen des Kristalls (elektromechanische Resonanz). Dann liegen das durch die Deformation aufgrund des piezoelektrischen Effekts bedingte elektrische Feld und das von außen angelegte Feld in Phase. F¨ ur Schwingquarze u unne Quarz¨blich ist der sog. AT-Schnitt, bei dem d¨ scheiben mit einer bestimmten Kristallorientierung aus dem SiO2 -Kristall ges¨agt werden. Schwingquarze im AT-Schnitt werden meist als runde Scheiben ausgef¨ uhrt, in denen Scherschwingungen 3 (Abb. 11.4 b) durch ein elektrisches Wechselfeld an den Elektroden angeregt werden. Dabei sind sowohl Grundschwingungen als auch Oberschwingungen m¨oglich. Zu beachten ist jedoch, daß nur ungeradzahlige Harmonische erregt werden k¨onnen. Bei geradzahligen Harmonischen tritt zwischen den Oberfl¨achen kein elektrisches Feld auf; mechanische Schwingungen dieser Frequenz lassen sich nicht durch ein elektrisches Wechselfeld erregen. Quarze im AT-Schnitt werden f¨ ur Grundschwingungen im Bereich von 800 kHz bis 35 MHz und f¨ ur Obertonschwingungen im Bereich von 16 MHz bis 270 MHz hergestellt. Die Frequenz der Grundtonschwingung eines AT-Quarzes ist durch die Dicke d der Scheibe bestimmt; n¨aherungsweise gilt f · d ≈ 1.66 MHz mm . 3
(11.8)
F¨ ur niederfrequente Schwinger kommen auch andere Schwingungsmoden wie Biegeschwingung, Dehnungsschwingung oder Fl¨ achenscherungsschwingung in Betracht. Diese sind jedoch auf Sonderf¨ alle beschr¨ ankt, da es meist vorteilhaft ist, niedrige Frequenzen durch Frequenzteilung aus Dickenscherungsschwingern im AT-Schnitt zu gewinnen. Das gr¨ oßte Einsatzgebiet finden Biegungsschwinger als Quarz-Stimmgabelresonatoren mit einer Eigenfrequenz von 32,768 kHz, aus denen durch die Frequenzteilung (215 : 1) die Frequenz 1 Hz abgeleitet wird (Zeitnormal f¨ ur Quarzuhren“ ). ”
11.3. Schwingquarze und Quarzfilter
453
Da sich d nicht nennenswert unter eine Dicke von 0.1 mm verringern l¨aßt, k¨ onnen Grundton-Schwingquarze nur bis zu Frequenzen von einigen 10 MHz hergestellt werden.4 G r u n d s c h w in g u n g - - - - -
Q u a r z p la tte E le k tr o d e E le k tr o d e d
+
+
+
+
+
+
+
-
-
+
-
+
-
+
3 . O b e r to n s c h w in g u n g - - - - - - -
+
-
-
-
+ K n o te n lin ie n
-
-
-
-
D +
+
+
+
+
+
+
+
+ C
A n s c h lu ß s tifte
(a ) R
1
L 1
+
+
+
(b )
0
C 1
(c )
Abb. 11.4. Schwingquarz. (a) Aufbau, (b) Scherschwingungen und (c) Ersatzschaltung
Herstellung. Die zur Herstellung von Schwingquarzen ben¨otigten Kristalle hoher Reinheit m¨ ussen gez¨ uchtet werden. Zu diesem Zweck l¨aßt man bei erh¨ohter Temperatur und unter erh¨ ohtem Druck gel¨osten Quarz auf einkristallinen Quarzkeimen mit definierter Kristallorientierung aufwachsen. Die Geschwindigkeit des Kristallwachstums ist gering (ca. 1mm/Tag), wobei langsameres Kristallwachstum i. allg. zu besserer Kristallqualit¨at f¨ uhrt. Nach dem Kristallschnitt und dem Aufdampfen der Elektroden wird der Schwingquarz so montiert, daß die mechanischen Eigenschwingungen m¨oglichst wenig ¨ ged¨ampft werden. Uber die Halterung wird auch die elektrische Energie zugef¨ uhrt (Abb. 11.4 a). Da sich in ungesch¨ utzten Schwingquarzen durch Wasserdampfdiffusion im Kristallgitter eine Verschiebung der Resonanzfrequenz in der Gr¨oßenordnung ∆f /fr ≈ (10−8 − 10−9 )/ h einstellt, werden Schwingquarze in einem mit Schutzgas gef¨ ullten, hermetisch dichten Geh¨ause (Metall oder Glas) vor ¨außeren Einfl¨ ussen gesch¨ utzt. Die Zuverl¨ assigkeit des Verschlusses bestimmt wesentlich das Alterungsverhalten des Schwingquarzes. Um Flußmitteld¨ampfe, die sich mit dem Schutzgas vermischen k¨ onnen, zu vermeiden, wird meist eine Stromverschweißung der Geh¨ auseteile eingesetzt. 4 ¨ Neue Herstellverfahren, die durch Atzen Schichtdicken von annhernd 10 µm erreichen, erm¨ oglichen Grundschwingungen bis zu 200 Mhz und Oberschwingungen bis zu 600 MHz [3].
454
11. Resonatoren und Filter
Ersatzschaltung. F¨ ur Frequenzen in der N¨ahe der Resonanzfrequenz l¨aßt sich das elektrische Verhalten eines Schwingquarzes n¨aherungsweise durch die in Abb. 11.4 c gezeigte Ersatzschaltung beschreiben. Das elektromechanische Resonanzverhalten wird durch den Reihenschwingkreis C1 , L1 und R1 beschrieben. Die dynamische Induktivit¨ at L1 erfaßt dabei die schwingende Masse des Quarzresonators, die dynamische Kapazit¨ at C1 die Elastizit¨at und den piezoelektrischen Effekt; R1 erfaßt die D¨ampfung der mechanischen Schwingung aufgrund der viskosen Eigenschaften des Materials, der endlichen Abmessungen und der Leistungsabgabe an des umgebende Gas. ucksichtigt die durch die Elektroden und das Die statische Kapazit¨ at C0 ber¨ Geh¨ause bedingte Koppelkapazit¨ at zwischen den Anschlußsiften. Der Wert von C0 wird maßgeblich durch die Elektrodenfl¨ache πD2 /4 und die Plattendicke d bestimmt, deren Wert durch die Resonanzfrequenz vorgegeben ist. Mit Gl. (11.8) und r = 3.9 folgt so f πD2 C0 ≈ 0 r + CH ≈ 16 fF · 4d MHz
D mm
2
+ CH
wobei CH die Kapazit¨ at von Geh¨ ause und Halterung (< 1 pF) bezeichnet. Die Werte von C0 liegen typischerweise [4] im Bereich (1−10) pF; C1 weist Werte im Bereich von (0.1−100) fF, L1 Werte im Bereich von (10−3 −106 ) H auf. Die Admittanz der Ersatzschaltung ist Y
= jωC0 +
1 R1 + j (ωL1 −1/ωC1 )
(11.9)
=
R1 ωL1 −1/ωC1 + j ωC − 0 2 R12 + (ωL1 −1/ωC1 ) R12 + (ωL1 −1/ωC1 )2
.
Bei der Resonanzfrequenz fr verschwindet der Imagin¨arteil Im(Y ) des Leitwerts. Die Forderung Im(Y (fr )) = 0 f¨ uhrt auf eine biquadratische Gleichung osungen aufweist: Die Serienresonanzf¨ ur die Resonanzfrequenz fr , die zwei L¨ frequenz fs und die Parallelresonanzfrequenz fp . Im Fall vernachl¨assigbarer Verluste (R1 = 0) lauten diese fs0
1 √ = 2π L1 C1
und
fp0 = fs0
1+
C1 . C0
Unter Ber¨ ucksichtigung von R1 gilt n¨ aherungsweise
fs = fs0
R2 C0 1+ 1 2L1
und
fp = fp0
R2 C0 1− 1 2L1
(11.10)
.
(11.11)
ur die Verlustfaktoren bei SerienIm Intervall fs < f < fp ist Im(Y ) < 0. F¨ bzw. Parallelresonanz gilt tan δs =
1 1 R1 1 ≈ Qs 2π L1 fs
und
tan δp =
1 1 R1 1 ≈ . Qp 2π L1 fp
(11.12)
11.3. Schwingquarze und Quarzfilter
455
Die Verlustfaktoren weisen vergleichbare Werte auf, da Serien- und Parallelresonanzfrequenz dicht beieinander liegen. Die Kehrwerte der Verlustfaktoren werden als Schwingungsg¨ uten (kurz: G¨ uten) bezeichnet. Ihr Wert liegt beim AT-Schnitt typischerweise zwischen 25000 und 150000. Die maximal erreichbare G¨ ute ist durch die D¨ ampfung des Materials bestimmt und frequenzabh¨angig, sie nimmt mit zunehmender Frequenz ab.5 Besonders hohe Schwingungsg¨ uten lassen sich mit Schwingquarzen im Frequenzbereich von (2 − 5) MHz erzielen [5]. P & S) P
/ + 5H<
& I) 5 2KP
P 6HULHQUHVRQDQ]IUHTXHQ] P
P
P 0+] ,0*,9 9LQ
,P<
0+] 5,9 9LQ )UHTXHQF\
3DUDOOHOUHVRQDQ]IUHTXHQ]
0+]
Abb. 11.5. Realteil und Imagin¨ arteil des Leitwerts der Ersatzschaltung f¨ ur einen 1 MHzSchwingquarz als Funktion der Frequenz
Beispiel 11.3.1 Mit den Werten C0 = 2.488 pF, L1 = 2.546 H, C1 = 9.954 f F und R1 = 640 Ω folgt *
fs0 = 1 2π L1 C1 ≈ 0.999752 MHz und
fp0 = fs0 1 + C1 /C0 ≈ 1.001750 MHz . Eine Ber¨ ucksichtigung von R1 bei der Berechnung der Resonanzfrequenzen l¨aßt die ersten sechs Stellen unver¨ andert und kann deshalb unterbleiben. Die beiden Resonanzfrequenzen liegen um 1998 Hz auseinander. Die Schwingungsg¨ uten bei Serienbzw. Parallelresonanz sind L1 1 C1 = 24703 und Qp ≈ Qs 1 + = 24752 . Qs ≈ R1 C1 C0 5
Nach [5] gilt Q · f < 16 · 1012 Hz .
456
11. Resonatoren und Filter
Abbildung 11.5 zeigt den Verlauf von Real- und Imagin¨arteil der Admittanz in der N¨ ahe der Resonanzfrequenz, berechnet mittels der SPICE-AC-Analyse unter Verwendung der Quarzersatzschaltung. Die dicht beieinander liegenden Nulldurchg¨ange des Imagin¨ arteils der Admittanz (bei den Resonanzfrequenzen) sind eingezeichnet; ihr Wert stimmt mit den Ergebnissen der Beispielrechnung u ∆ ¨berein.
Die Impedanz des Quarzes ist definitionsgem¨aß reell; bei Serienresonanz folgt aus (11.9) und den N¨ aherungen (11.10) f¨ ur die Resonanzfrequenz sofort Rs ≈ R1 ;
(11.13)
im Fall der Parallelresonanz gilt entsprechend 1 Rp = R1 + R1
1 ωp L1 − ωp C1
2
≈ R1 +
C1 L1 . R1 C0 (C1 +C0 )
(11.14)
Die in Abb. 11.4 c angegebene Ersatzschaltung ist g¨ ultig in der Umgebung der Resonanzfrequenz der Grundschwingung. Um das Verhalten des Schwingquarzes in der N¨ ahe der Obert¨ one zu beschreiben, sind in der Ersatzschaltung zus¨atzliche RLC-Reihenschwingkreise parallel zu schalten (Abb. 11.6). C
R 1
L 1
R 2
L 2
R n
L n
0
C 1
C 2
C n
Abb. 11.6. Erweiterte Ersatzschaltung zur Beschreibung von Obertonschwingungen
Die Werte f¨ ur Ln , Cn und Rn sind dabei auf die n-te Obertonfrequenz abzustimmen. Da die schwingende Masse im Obertonbetrieb ann¨ahernd dieselbe ist wie im Grundtonbetrieb, bleibt die dynamische Induktivit¨at nahezu unver¨andert. Die dynamische Kapazit¨ at C1 ist im n-ten Oberton jedoch deutlich reduziert; n¨aherungsweise gilt Cn /C1 = 1/n2 . Die kleine dynamische Kapazit¨ at von Obertonquarzen eignet sich zur Konstruktion besonders frequenzstabiler Quarzoszillatoren. In Normalfrequenzquarzen wird meist die Schwingung im dritten Oberton ausgenutzt. Der Resonanzwiderstand Rn im n-ten Oberton betr¨agt ann¨ahernd das n-fache des Resonanzwiderstands der Grundschwingung [5]: Rn ≈ nR1 .
11.3. Schwingquarze und Quarzfilter
457
Schwingquarz mit kapazitiver Beschaltung. Zum Abgleich der Resonanzfrequenz wird gew¨ ohnlich parallel oder in Serie zum Schwingquarz eine Kapazit¨at geschaltet. Dabei ist jedoch zu beachten, daß die G¨ ute des Resonanzkreises wegen der Verlustfaktoren der f¨ ur die Beschaltung verwendeten Kondensatoren abnimmt.
C C p
s
(a )
(b )
Abb. 11.7. Abgleich der Resonanzfrequenz durch (a) parallel geschalteten und (b) in Reihe geschalteten Trimmkondensator
Die Kapazit¨at Cp liegt parallel zur Kapazit¨at C0 der Quarzersatzschaltung (Abb. 11.7 a). Die Parallelresonanzfrequenz nimmt dadurch ab, w¨ahrend die Serienresonanzfrequenz in erster N¨ aherung unver¨andert bleibt; n¨aherungsweise gilt
fp (Cp ) = fs0
C1 C1 1+ ≈ fs0 1 + C0 +Cp 2(C0 +Cp )
,
(11.15)
es tritt eine relative Frequenz¨ anderung C1 Cp fp (Cp )−fp (0) ≈ − fs0 2C0 (C0 +Cp ) auf. Bei Serienschaltung (Abb. 11.7 b) einer Kapazit¨at Cs zum Schwingquarz gilt n¨aherungsweise
fs (Cs ) ≈ fs0
C1 C1 1+ ≈ fs0 1 + C0 +Cs 2(C0 +Cs )
,
(11.16)
hier nimmt die Serienresonanzfrequenz ab. Die durch kapazitive Beschaltung erreichbare Frequenz¨ anderung ist zwar gering, erm¨oglicht aber dennoch den Ausgleich fertigungsbedingter Toleranzen. Als Ziehbetrag (englisch pulling range) PR wird die erreichbare (relative) Frequenz¨anderung bezeichnet; dabei gilt stets PR < C1 /(2C0 ). Verlustleistung. Bei erh¨ ohten Anforderungen an die Frequenzstabilit¨at ist die Verlustleistung wesentlich, da die damit verbundene Erw¨armung zu einer uhren kann. Die Verlustleistung ist gegeben durch Frequenzverschiebung 6 f¨
P = I 2 R1 1 + 6
C0 CL
2
,
Meistens wird eine Zunahme der Resonanzfrequenz mit der Verlustleistung beobachtet.
458
11. Resonatoren und Filter
wobei CL die Lastkapazit¨ at und I den Effektivwert des u ¨ber den Quarz fließenden Stroms bezeichnet. Die Lastkapazit¨at CL in der Schaltung wird dabei durch den parallel oder in Serie zum Quarz geschalteten Kondensator und parasit¨are Kapazit¨ aten, wie Koppelkapazit¨aten zwischen Leiterbahnen und Bauteilen, sowie die internen Kapazit¨ aten von Halbleiterbauteilen bestimmt. Typische Werte der Verlustleistung liegen im Bereich von (0.1 − 1) mW. ¨ Temperaturabh¨ angigkeit. Die relative Anderungs ∆f /f der Resonanzfrequenz eines Schwingquarzes mit der Temperatur ist n¨aherungsweise [6] ∆f ϑ−ϑinv (ϑ−ϑinv )3 = −5 · 10−6 ∆θ ◦ + 10−10 . f C (◦ C)3
(11.17)
Dabei bezeichnet ∆θ die Abweichung des Schnittwinkels vom Nullwinkel 7 in Grad und ϑinv die sog. Inversionstemperatur, das ist die Temperatur am Wendepunkt der durch Gl. (11.17) definierten Parabel. Um gew¨ unschte Abh¨angig2 0 p p m
U m k e h rp u n k t
1 0
D q = 0 .1
0
D f f
U m k e h rp u n k t
-1 0 -2 0
D q = 0
-6 0
-4 0
-2 0
J
0
2 0 J / C
in v
4 0
6 0
8 0
1 0 0
Abb. 11.8. Rela¨ tive Anderung der Resonanzfrequenz mit der Temperatur f¨ ur Schwingquarze im AT-Schnitt mit unterschiedlichem Schnittwinkel bez¨ uglich des Nullwinkels (nach [6])
keiten der Frequenz von der Temperatur zu realisieren, wird der Schnittwinkel bis auf wenige Winkelsekunden genau eingehalten. Die Inversionstemperatur wird f¨ ur Frequenznormale so gew¨ ahlt, daß sie in der Mitte des zul¨assigen Temperaturbereichs der Schaltung zu liegen kommt; dies f¨ uhrt zu symmetrischen Abweichungen und zu einem minimalen Fehler |∆f /f |. F¨ ur erh¨ohte Anforderungen bez¨ uglich der Frequenzstabilit¨at werden auch temperaturgeregelte Schwingquarze eingesetzt. Die Temperatur des Schwingquarzes wird dabei auf der Temperatur eines Umkehrpunkts gehalten, da in diesem n¨aherungsweise df /dT = 0 gilt. Alterung. Die Resonanzfrequenz von Schwingquarzen weist eine langfristige Drift (Alterung) auf; f¨ ur die relative Frequenzabweichung aufgrund der Alterung gilt dabei ann¨ ahernd ein logarithmisches Zeitgesetz [5] 7
Das ist der Winkel bei dem die Wendetangente waagrecht verl¨ auft (vgl. Abb. 11.8).
11.3. Schwingquarze und Quarzfilter
459
∆f /f ≈ κ(T ) ln(t/h) . Der Faktor κ(T ) gen¨ ugt n¨ aherungsweise dem Arrhenius-Gesetz, d. h. die Al¨ terung wird mit zunehmender Temperatur beschleunigt; bei Uberlastung des Schwingquarzes kann es dar¨ uber hinaus zu einer bleibenden Ver¨anderung der Resonanzfrequenz durch Versetzungen im Kristallgitter kommen. Quarzoszillatoren. Mit Schwingquarzen lassen sich relativ einfach Oszillatoren mit Frequenzstabilit¨ aten im ppm-Bereich realisieren. Abbildung 11.9 a zeigt einen Pierce-Oszillator aufgebaut mit einem CMOS-Inverter als Verst¨arker. Der Schwingquarz mit der Frequenz 32768 Hz k¨onnte z. B. als Zeitnormal in einer Quarzuhr“ dienen – durch Frequenzteilung im Verh¨altnis 1 : 215 ” ergibt sich die Frequenz 1 Hz. Abbildung 11.9 b zeigt eine weitere Grundschaltung: Den emittergekoppelten Quarzoszillator. Der Wert von RE ist so zu w¨ahlen, daß die Schaltung einerseits sicher anschwingt, andererseits aber auch nicht zu sehr u ¨bersteuert. Diese Schaltung ist Bestandteil von integrierten Oszillatorschaltungen. V
1 0 0 k
1 0 M
V
R +
v
3 2 7 6 8 H z
v 2 0 p
2 0 p
(a )
V +
+
R C
C
v
A 1
A 2
A
R
R E
E
(b )
Abb. 11.9. Schaltbeispiele f¨ ur Quarzoszillatoren. (a) Pierce-Oszillator f¨ ur Quarzuhren und (b) emittergekoppelter Quarzoszillator
In der Praxis werden Quarzoszillatoren meist nicht mit diskreten Bauteilen aufgebaut, sondern verwenden monolithisch integrierte Ansteuerschaltungen. Diese haben zum einen einen geringeren Platzbedarf, bieten zum anderen aber auch eine optimierte Ansteuerung, indem sie die Amplitude und damit die im Quarz umgesetzte Verlustleistung begrenzen, was sich positiv auf die Frequenzstabilit¨ at auswirkt. Nach DIN45175-1 werden Quarzoszillatoren in einfache Quarzoszillatoren (PXO), spannungsgesteuerte Quarzoszillatoren (VCXO), temperaturkompensierte Quarzoszillatoren (TCXO) und temperaturstabilisierte Quarzoszillato-
460
11. Resonatoren und Filter
ren (OCXO) eingeteilt. Mit einfachen Quarzoszillatoren lassen sich bei niederfrequenten Schwingquarzen relative Frequenzabweichungen von ±2 · 10−4 im Temperaturbereich von −40◦ C bis +90◦ C realisieren; mit Dickenscherschwingern im AT-Schnitt sind f¨ ur Frequenzen gr¨oßer 1 MHz Genauigkeiten in der Gr¨oßenordnung von ±2 · 10−5 zu erreichen. V
V +
R
V +
+
V
V +
R V
V +
R
B 1
+
T re n n v e rs tä rk e r C
T h e r m is to r A u s g a n g
V Z
V T h e r m is to r
R 0
R
R
B 2
R E
C E
Abb. 11.10. Temperaturkompensierter Quarzoszillator (nach DIN 45175-1)
F¨ ur erh¨ohte Anforderungen an die Temperaturkonstanz besteht die M¨oglichkeit der Temperaturkompensation mit Hilfe eines zus¨atzlichen Netzwerks. Bei analoger Temperaturkompensation wird in Serie zum Schwingquarz eine Kapazit¨atsdiode geschaltet, die u ¨ber ein Netzwerk temperaturabh¨angiger Widerst¨ande mit einer temperaturabh¨ angigen Sperrspannung betrieben wird (Abb. 11.10). Die in Serie zum Schwingquarz wirkende Lastkapazit¨at weist damit einen Temperaturgang auf, der zur Kompensation des Temperaturgangs der Resonanzfrequenz verwendet werden kann. Temperaturkompensierte Quarzoszillatoren sind als fertig verschaltete Module von zahlreichen Herstellern verf¨ ugbar, sie weisen typischerweise eine relative Frequenzkonstanz von 1 ppm (Pr¨ azisionstypen unter 0.1 ppm) u ¨ber einen Temperaturbereich von 0 bis 50◦ C auf. Mit temperaturstabilisierten Quarzoszillatoren lassen sich sehr pr¨azise Oszillatoren aufbauen (relative Frequenz¨ anderung nach Betrieb u ¨ber mehrere Monate kleiner als 10−11 pro Tag, im wesentlichen bedingt durch die Alterung des Quarzes). Eine Diskussion der prinzipiellen Grenzen der erreichbaren Frequenzstabilit¨ at ist in [7] zu finden.
11.3. Schwingquarze und Quarzfilter
461
11.3.3 Quarzfilter Die hohe G¨ ute des Quarzresonators erlaubt die Realisierung von Filtern mit steilen Flanken, die elektrischen LC-Kreisen weit u ¨berlegen sind. Die einfachsten Quarzfilter verwenden einen Schwingquarz in Serie oder parallel zum Verbraucher (Abb. 11.11 a und 11.11 b). R S
C v
R S
R L
0
S
(a ) R v
v S
R S
S
R
L 1
1
C 1
R L
L
(c )
(b ) Abb. 11.11. Einfache Quarzfilter
Abbildung 11.11 c zeigt die Ersatzschaltung der Schaltung 11.11 b. Solange die statische Kapazit¨ at vernachl¨ assigt werden kann, entspricht die Anordnung einem LRC-Reihenschwingkreis. Mit den Ergebnissen von Kap. 1 folgt dann Hv ≈
jωC1 RL R 1 + jωRC − ω 2 L1 C1
mit
R = RL +RG +R1 .
Der Spannungs¨ ubertragungsfaktor der Anordnung zeigt ein lokales Maximum bei der Serienresonanzfrequenz. Dort ist Hv =
RL . RG +RL +R1
F¨ ur die 3 dB-Bandbreite des Durchlaßbereichs“ bei der Serienresonanzfre” quenz folgt mit der G¨ ute Q = 2πfs L1 /R
fs RL RG fs = 1+ + B = Q Qs R1 R1
,
ute des Quarzes bezeichnet. Bei wobei Qs = 2πfs L1 /R1 die Schwingungsg¨ geringen Werten f¨ ur RG und RL ergibt sich demnach ein Bandfilter hoher G¨ ute. Nachteilig an der in Abb. 11.11 c gezeigten Anordnungen ist die parallel wirkende statische Kapazit¨ at. Diese f¨ uhrt in Verbindung mit RL zu einem Hochpaßverhalten, das den Wert des Spannungs¨ ubertragungsfaktors bei großen Frequenzen gegen den Wert H v → RL /(RG +RL ) laufen l¨aßt.
462
11. Resonatoren und Filter
G%%DQGEUHLWH+]
& S)
&
3DUDOOHOUHVRQDQ] 0+] '%9RXW
0+] '%9RXW
0+]
0+]
0+]
)UHTXHQF\
¨ Abb. 11.12. Ergebnisse der SPICE-AC-Analyse f¨ ur das Maß des Ubertragungsfaktors des in Abb. 11.11 b gezeigten Quarzfilters
Beispiel 11.3.2 Abbildung 11.12 zeigt die Ergebnisse einer SPICE-AC-Analyse f¨ ur das Maß des Spannungs¨ ubertragungsfaktors der in Abb. 11.11 c gezeigten Ersatzschaltung. Die Elemente der Quarzersatzschaltung wurden wie in Beispiel 11.3.1 gew¨ ahlt (C0 = 2.488 pF, L1 = 2.546 H, C1 = 9.954 f F und R1 = 640 Ω); zum Veruhrten Simulation gleich wurde die statische Kapazit¨ at C0 in einer zus¨atzlich durchgef¨ gleich null gesetzt. F¨ ur RG und RL wurden die Werte 50 Ω bzw. 1 kΩ angenommen. ¨ Die Simulation zeigt: Das Ubertragungsverhalten in unmittelbarer Umgebung der Serienresonanzfrequenz darf unter Vernachl¨ assigung der statischen Kapazit¨at berechnet werden. Die Absch¨ atzung f¨ ur die Bandbreite 50 RG RL 1 MHz fs 1000 + + 1+ = B = 1+ = 106.9 Hz Qs R1 R1 24703 640 640 und das Verst¨ arkungsmaß bei der Resonanzfrequenz RL = −4.557 dB av = 20 dB · log RG + R1 + RL stimmt mit den Resultaten der Simulation u ¨berein. Wird die statische Kapazit¨at ucksichtigt, so kommt bei der Parallelresonanzfrequenz fp ein Minimum des C0 ber¨ Spannungs¨ ubertragungsfaktors hinzu. F¨ ur Frequenzen fernab der Resonanzfrequenz ubertragungscharakteristik mit der Grenzfrequenz fg = bedingt C0 eine Hochpaߨ uhrt dies auf das Verst¨arkungsmaß (2πRL C0 )−1 ≈ 64 MHz. Bei fs ≈ 1 MHz f¨ av ≈ 20 dB · log (1/64) ≈ −36.1 dB ¨ in Ubereinstimung mit der Simulation (Abb. 11.12).
∆
11.3. Schwingquarze und Quarzfilter
463
¨ Da die durch C0 bedingten Hoch- bzw. Tiefpaßanteile der Ubertragungsfaktoren der in den Abbn. 11.11a und 11.11b gezeigten Quarzfilter gew¨ohnlich st¨oren, werden diese meist durch zus¨atzliche Quarze und/oder LCKombinationen erg¨ anzt. Abbildung 11.13 a zeigt ein mit Schwingquarzen aufgebautes Abzweigfilter. Quarzfilter in Abzweigschaltung sind einfach im Aufbau und vergleichsweise unempfindlich gegen¨ uber Streuungen der Bauteilparameter. Durch Reihen- oder Parallelschaltung von Kondensatoren k¨onnen die Resonanzfrequenzen der Quarze und damit die Bandbreite ver¨andert werden; durch Einsatz von Kapazit¨ atsdioden lassen sich sogar Bandfilter mit stufenlos ver¨anderlicher Bandbreite verwirklichen [8].
C
(a )
(b )
Abb. 11.13. Quarzfilter. (a) Abzweigfilter und (b) Br¨ uckenschaltung
Quarzfilter in Abzweigschaltung weisen unterschiedlich steile untere und obere Flanken auf und kommen deswegen meist als Einseitenbandfilter zum Einsatz. Alternativ zur Abzweigschaltung wird die Br¨ uckenschaltung verwendet, mit der symmetrische Filterflanken auch bei h¨oherer Bandbreite realisiert werden k¨onnen. Quarzfilter in Br¨ uckenschaltung werden in der Praxis meist unter Verwendung eines Differential¨ ubertragers aufgebaut (Abb. 11.13 b) [8]. Werden die Serienresonanzfrequenzen der Quarze etwas unterschiedlich gew¨ahlt, so kann die Durchlaßcharakteristik ver¨andert werden. Durch die Kapazit¨at C lassen sich die Serienresonanzfrequenzen der Quarze zus¨atzlich auseinander schieben, wodurch die Durchlaßcharakteristik gegl¨attet wird. Monolithische Quarzfilter. Monolithische Quarzfilter vereinen mehrere mechanisch nur schwach verkoppelte elektromechanische Resonatoren auf einer Quarzplatte. Diese wird so d¨ unn gew¨ ahlt, daß sich in ihr keine Wellen im relevanten Frequenzbereich ausbreiten k¨onnen. Die von den aufgebrachten Elektroden erregten Schwingungen sind lokal – ihre Amplitude f¨allt exponentiell mit dem Abstand von den Elektroden ab. Dieser Effekt wird als energy trapping bezeichnet. Zwischen den einzelnen Resonatoren stellt sich dann eine – durch den Abstand der Elektroden einstellbare – mechanische Kopplung ein. Durch diese mechanische und elektrische Kopplung lassen sich so Kettenschaltungen mehrerer Resonatoren auf einem einzigen Quarztr¨ager aufbauen. Auf diesem Weg k¨ onnen Bandfilter realisiert werden, die ohne ¨außere Indukti¨ vit¨aten auskommen; die Ubertragungsfaktoren k¨onnen dabei in einem weiten Bereich bei der Herstellung eingestellt werden.
464
11. Resonatoren und Filter
11.4 Oberfl¨ achenwellenbauelemente Akustische Oberfl¨ achenwellenbauelemente (OFW-Bauelemente 8 ) nutzen den piezoelektrischen Effekt in Verbindung mit speziellen oberfl¨achengebundenen elastischen Wellen, den sog. Rayleigh-Wellen, zur Realisierung von Resonatoren, Kopplern, Verz¨ ogerungsleitungen und Filtern [9, 10].
R a y le ig h - W e lle
Abb. 11.14. Elastische Ober߬ achenwelle
Elastische Oberfl¨ achenwellen. Die als Rayleigh-Wellen bezeichneten Oberfl¨achenwellen [11] sind elastische Schwingungen eines Festk¨orpers, bei denen nur eine Deformation der Oberfl¨ ache auftritt; die Eindringtiefe der Welle in den Festk¨ orper ist dabei von der Gr¨oßenordnung der Wellenl¨ange. Die Phasengeschwindigkeit der Rayleigh-Wellen betr¨agt ca. das 10−4 -fache der Lichtgeschwindigkeit und ist weitgehend frequenzunabh¨angig. Sie ist geringer als die Phasengeschwindigkeit von Volumenwellen, bei denen das gesamte Festk¨ orpervolumen beteiligt ist. Bei Phasengeschwindigkeiten von ange von ca. 3 µm bei der Frequenz (3 − 4) · 109 µm/s resultiert eine Wellenl¨ 1 GHz. In piezoelektrischen Materialien besteht eine Kopplung zwischen der mechanischen Rayleigh-Welle und dem elektrischen Feld an der Oberfl¨ache des Festk¨orpers. Dies erm¨ oglicht die Anregung von Oberfl¨achenwellen bzw. deren Umsetzung in ein elektrisches Signal mittels geeignet geformter Elektroden. Interdigitalwandler. Die Anregung von Oberfl¨achenwellen durch elektrische Signale und die Umsetzung von Oberfl¨ achenwellen in elektrische Signale wird mittels sog. Interdigitalwandler bewerkstelligt. Dies sind fingerf¨ormig ineinandergreifende Elektrodenpaare, die durch Foto¨atztechnik aus einer auf dem piezoelektrischen Substrat abgeschiedenen Metallschicht hergestellt werden. 8
Aus dem Amerikanischen stammt die Abk¨ urzung SAW (von surface acoustic wave.)
11.4. Oberfl¨achenwellenbauelemente E in g a n g
465 A u s g a n g
P ie z o e le k tr is c h e s M a te r ia l
Abb. 11.15. Interdigitalwandler zum Ein- und Auskoppeln elektrischer Signale in OFW-Bauteilen
Abbildung 11.15 zeigt in Draufsicht zwei Interdigitalwandler 9 zum Einund Auskoppeln von Oberfl¨ achenwellen. Wird zwischen den beiden Anschl¨ ussen eines Interdigitalwandlers eine Wechselspannung angelegt, so baut sich zwischen den Fingern ein elektrisches Wechselfeld auf (Abb. 11.16). Wegen des piezoelektrischen Effekts f¨ uhrt dies zu mechanischen Deformationen der Oberfl¨ache, die sich als Rayleigh-Wellen entlang der Oberfl¨ache ausbreiten. a k u s tis c h e O b e r flä c h e n w e lle
F in g e r d e s In te r d ig ita lw a n d le r s p
e le k tr is c h e s F e ld
Abb. 11.16. Anregung von Oberfl¨ achenwellen mit Hilfe eines Interdigitalwandlers
Die Anregung der Rayleigh-Wellen erfolgt besonders wirksam, wenn die Wellenl¨ange der erzeugten Oberfl¨ achenwelle gleich 2p ist. Dies definiert die sog. Mittenfrequenz f0 des Interdigitalwandlers f0 = vph /2p ,
(11.18)
wobei vph die Phasengeschwindigkeit der Rayleigh-Welle angibt. Daß Anregungen mit dieser Frequenz besonders wirksam sind, wird deutlich, wenn man sich eine Anregung vorstellt, die sich von einem Rand des Wandlers zum anderen ausbreitet. Liegt f bei der Mittenfrequenz, so erfolgt die Anregung bei jedem Fingerpaar in Phase mit der einlaufenden Welle, was sich in einer optimalen Verst¨arkung auswirkt. Bei Anregungen mit anderer Frequenz sind die Auslenkung bei den benachbarten Fingerpaaren nicht in Phase mit der einlaufenden Welle, wodurch es zu einer Abschw¨achung bzw. verminderten Verst¨arkung kommt. Umgekehrt bewirkt eine einen Interdigitalwandler pas9
Hierbei handelt es sich um ungewichtete“ Wandler. Durch alternative Formgebung f¨ ur ¨ ” die Elektroden kann auf die Ubertragungscharakteristik Einfluß genommen werden.
466
11. Resonatoren und Filter
sierende Rayleigh-Welle eine Spannung zwischen dessen Fingern – auf diesem Weg werden Signale ausgekoppelt. OFW-Filter. Oberfl¨ achenwellenfilter (OFW-Filter) sind Bandpaßfilter aus zwei miteinander verkoppelten Interdigitalwandlern, die f¨ ur Bandmittenfrequenzen von ca. 10 MHz bis zu mehr als 2 GHz hergestellt werden; sie werden als Bandfilter vorzugsweise in der Fernsehtechnik eingesetzt, finden aber auch bei Frequenzen im GHz-Bereich (Mobilfunktechnik) ihre Anwendung. Gegen¨ uber LC-Bandfiltern zeichnen sie sich durch geringen Platzbedarf, eng tolerierte Daten und eine g¨ unstige Filtercharakteristik aus, die bei der Herstellung nicht durch einen nachtr¨ aglichen Abgleich eingestellt werden muß. Bei der Herstellung wird durch mechanische D¨ampfung der Oberfl¨achenwellen an den Kanten daf¨ ur Sorge getragen, daß reflektierte Oberfl¨achenwellenanteile nicht zu St¨orsignalen f¨ uhren. OFW-Filter weisen einen von Substratmaterial und Kristallschnitt abh¨angigen negativen TK auf, d. h. die Bandmittenfrequenz verschiebt sich bei Temperaturerh¨ohung zu niedrigeren Frequenzen. Bei OFW-Filtern auf Lithiumniobat-Basis ist der Betrag des Temperaturkoeffizienten kleiner als 10−4 K−1 . Die Ein- bzw. Ausgangsimpedanz eines OFW-Filters ist, insbesondere wegen der frequenzabh¨ angigen Abstrahlung“ des Wandlers, frequenzabh¨angig, ” wobei vor allem der Realteil der Eingangsadmittanz bei der Mittenfrequenz ein ausgepr¨agtes Maximum aufweist. Wegen der R¨ uckstrahlung“ des jeweils ” anderen Wandlers hat dessen Beschaltung Einfluß auf den Frequenzgang der Admittanz. Zur Unterdr¨ uckung von St¨ orsignalen durch Mehrfachreflexion“ ” (Triple-Transit-Echo) sollte die Ansteuerung eines OFW-Filters sehr niederohmig erfolgen. Elektromechanische Verz¨ ogerungsleitungen. Jede Leitung der L¨ange Λ √ f¨ uhrt zu einer Verz¨ ogerung eines Signals um Λ/vgr ≈ r Λ/c. Wegen der hohen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Leitungswellen sind f¨ ur gr¨oßere Verz¨ogerungszeiten unzweckm¨ aßig große Leitungsl¨angen erforderlich. Als Folge der wesentlich kleineren Schallgeschwindigkeit in Festk¨orpern erm¨oglichen elektromechanische Bauteile den Aufbau von sehr viel kompakteren Verz¨ogerungsgliedern. Dabei regt ein piezoelektrischer Wandler Wellen im Festk¨orper an, diese breiten sich mit der Schallgeschwindigkeit durch den Festk¨orper fort, wobei sie f¨ ur eine Strecke von 1 cm ungef¨ ahr 3 µs ben¨otigen. In einem zweiten Wandler erfolgt dann die R¨ uckwandlung in das elektrische Signal.
11.5. Dielektrische Resonatoren und Filter
467
11.5 Dielektrische Resonatoren und Filter Die in Kap. 10 betrachteten Leitungswellen stellen einen Sonderfall der allge¨ meinen Ausbreitungsmoden in einem Wellenleiter dar. F¨ ur die Ubertragung hochfrequenter Signale mit Wellenl¨ angen im Zentimeter- und Millimeterbereich weisen Leitungen aber – z. B. wegen des bei diesen Frequenzen deutlich erh¨ohten Widerstands (Skineffekt) – eine hohe D¨ampfung auf. Als Alternative k¨ onnen hier Hohlleiter eingesetzt werden, in denen die Leistung in Form elektromagnetischer Wellen u ¨bertragen wird. Diese weisen eine geringere D¨ampfung auf als Koaxialkabel und erlauben es, h¨ohere Leistungen zu transportieren. Die W¨ ande eines Hohlleiters sind leitend, was die M¨oglichkeit der ausbreitungsf¨ ahigen Moden einschr¨ankt. Als Nachteil der Hohlleiter sind ihre hohen Kosten, die mechanische Starrheit und die – insbesondere bei gr¨oßeren Wellenl¨ angen – beachtlichen Abmessungen und das damit verbundene Gewicht zu nennen. Durch Fortschritte auf dem Gebiet der Mikrowellenkeramik [12] sind heute Materialien mit hoher Dielektrizit¨ atszahl r , geringem Verlustwinkel und geringer Temperaturabh¨ angigkeit verf¨ ugbar. Dies ist von praktischer Bedeutung, da sich die Abmessungen von mit dielektrischem Material gef¨ ullten √ Hohlleitern und Hohlraumresonatoren mit 1/ r verringern lassen. Die hohen Werte der Dielektrizit¨ atszahlen erm¨ oglichen so eine Volumenreduktion (Fak−3/2 ) gegen¨ uber Hohlleiterbauelementen von der Gr¨oßenordnung 1000; tor r die Abmessungen von Hohlleiterbauelementen, die h¨aufig im Dezimeterbereich liegen, konnten auf diesem Weg so stark reduziert werden, daß sie sich in Verbindung mit Streifenleitern auf Substraten aufbauen lassen. Sie sind h¨ aufig in SMT-Bauform verf¨ ugbar.
Dielektrische Resonatoren Dielektrische Resonatoren [13] werden z. B. zur Frequenzstabilisierung in Oszillatoren f¨ ur Mobilfunk oder in Heimempfangsanlagen f¨ ur das Satellitenfernsehen verwendet. Sie zeichnen sich durch g¨ unstigen Preis und mechanische Robustheit aus. Zylinderresonatoren. Zylinderresonatoren sind zylinderf¨ormige Vollst¨ ucke aus verlustarmer Mikrowellenkeramik. Sie werden eingesetzt zur Frequenzstabilisierung von Mikrowellenoszillatoren (z. B. in TV-Satellitenempf¨angern). F¨ ur die Resonanzfrequenz gilt n¨ aherungsweise c 1 , fr ≈ √ r D
468
11. Resonatoren und Filter
wobei c die Vakuumlichtgeschwindigkeit, r die Dielektrizit¨atszahl des Resonators und D den Durchmesser 10 des Zylinders bezeichnet. Die Durchmesser liegen im Bereich weniger mm, die Eigenfrequenzen der Resonatoren liegen im Frequenzbereich von 1 GHz bis 30 GHz. D ie le k tr is c h e r R e s o n a to r H
l /4
M ic r o s tr e ife n le itu n g
S u b s tra t
Abb. 11.17. Dielektrischer Resonator zur schmalbandigen Kopplung zweier Streifenleitungen
Dielektrische Zylinderresonatoren werden gew¨ohnlich an Streifenleitungen angekoppelt (Abb. 11.17). F¨ ur maximale Kopplung des Resonators an das magnetische Feld ist dieser an Strommaxima auf den Streifenleitern zu plazieren – d. h. um λ/4 gegen¨ uber den Enden der im Leerlauf betriebenen Streifenleitung verschoben. Der Resonator bewirkt dann eine schmalbandige Kopplung zwischen den beiden Streifenleitungen. Eine Temperaturabh¨ angigkeit der Resonanzfrequenz resultiert aus der Temperaturvariation der Dielektrizit¨ atszahl r des Resonators sowie seiner W¨armeur den Temausdehnung. Mit dem W¨ armeausdehnungskoeffizienten αl folgt f¨ peraturkoeffizient der Resonanzfrequenz 1 dfr 1 dr = − − αl . fr dT 2r dT Dieser l¨aßt sich durch die Zusammensetzung des Keramikmaterials variieren, so daß dielektrische Zylinderresonatoren nach Kundenwunsch (vorgegebene Werte von r , TK und fr ) hergestellt werden k¨onnen. Der Temperaturkoeffizient wird bei Pr¨ azisionsresonatoren auf ca. ±0.5 ppm/K spezifiziert, w¨ahrend die Fertigungstoleranzen bei Standardprodukten im Bereich von ±1.5 ppm/K liegen [14]. Die G¨ ute Q eines dielektrischen Zylinderresonators ist stark von der Resonanzfrequenz abh¨ angig und nimmt mit zunehmendem fr ab. Als grobe Absch¨atzung gilt dabei [14] Q fr ≈ const. Bei f = 10 GHz sind G¨ utewerte bis ca. 10000 verf¨ ugbar. Zur Vermeidung von Abstrahlverlusten m¨ ussen die Resonatoren in ein Metallgeh¨ause eingebaut werden; wegen der in der Geh¨ ausewand induzierten Str¨ome f¨ uhrt dies zu einer Verringerung der G¨ ute. 10
Die H¨ ohe des Zylinders betr¨ agt typ. L ≈ 0.4D.
11.5. Dielektrische Resonatoren und Filter
469
k e r a m is c h e r K o a x ia lr e s o n a to r
V R
Abb. 11.18. Spannungsgesteuerter Oszillator mit Koaxialresonator (nach [14])
Koaxialresonatoren. Keramische Koaxialresonatoren eignen sich zur Frequenzstabilisierung im Frequenzbereich 300 MHz bis 6 GHz; die Resonanzfrequenz l¨aßt sich dabei elektronisch abstimmen. Anwendungsbeispiele liegen etwa in der Mobilfunktechnik; Abb. 11.18 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines spannungsgesteuerten Oszillators mit einem keramischen Koaxialresonator. Keramische Koaxialresonatoren sind λ/4-Resonatoren, aufgebaut als Quader aus keramischem Material mit koaxialer Bohrung, die auf der Innen- und Außenseite von einer leitenden Schicht (gew¨ohnlich Silber oder Kupfer) u ¨berzogen sind. Die Resonanzfrequenz fr wird durch die Dielektrizit¨atszahl und die L¨ange Λ des Resonators bestimmt fr ≈
c 1 mm . √ ≈ 75 GHz · √ 4Λ r r Λ
Da sich beim Einbau des Resonators in die Schaltung aufgrund parasit¨arer Parallelkapazit¨ aten die Resonanzfrequenz i. allg. nach unten verschiebt, ist ein Abgleich erforderlich. Die G¨ ute Q der Koaxialresonatoren wird in erster Linie durch die Metallisierung bestimmt; diese bedingt eine Begrenzung bei f = 1 GHz auf Werte in der Gr¨oßenordnung 1000 weitgehend unabh¨angig vom Keramikmaterial. Bei niedrigeren Frequenzen f nimmt die G¨ ute ab, wobei in grober Absch¨atzung √ Q ∼ fr gilt.
Dielektrische Filter Durch Verkopplung mehrerer dielektrischer Resonatoren lassen sich keramische Bandfilter realisieren [15]. Dies kann durch Verschalten separater Resonatoren oder durch monolithischen Aufbau, bei dem koaxiale Resonatoren z. B. u ¨ber Koppelschlitze [12] zusammenwirken, erfolgen. Dielektrische Bandfilter sind in SMD-Bauform verf¨ ugbar, sie sind wegen der großen Dielektrizit¨atszahlen (in der Gr¨ oßenordnung von 100) sehr kompakt und besitzen eine geringe Einf¨ uged¨ampfung. Anwendungen f¨ ur derartige Filter liegen beispielsweise in der Mobilfunktechnik bzw. in schnurlosen Telefonen [14]. Wegen ihrer geringen dielektrischen Verluste k¨ onnen mit dielektrische Resonatoren f¨ ur spezielle Anwendungen auch Bandpaßfilter mit G¨ uten Q > 1000 bei Frequenzen von
470
11. Resonatoren und Filter
100 GHz sowie Filter f¨ ur u ¨bertragene Leistungen im Kilowattbereich aufgebaut werden.
11.6 Literaturverzeichnis [1] H.-G. Unger. Elektromagnetische Wellen auf Leitungen. H¨ uthig, Heidelberg, dritte Auflage, 1991. [2] K.H. Hellwege. Einf¨ uhrung in die Festk¨ orperphysik. Springer, Berlin, 1976. [3] K. Wessendorf, T. Payne. Quarzoszillatoren f¨ ur h¨ ochste Frequenzen. Elektronik, (3):68– 73, 1999. [4] B. Neubig. Schwingquarze in der Oszillatorschaltung. in ’Schwingquarze’, ZVEISymposium 1985, Vistas, Berlin, pp. 51–108, 1985. [5] W. Briese. Aufbau, Eigenschaften und Anwendungen von Schwingquarzen. ’Schwingquarze’, ZVEI-Symposium 1985, Vistas, Berlin, pp. 7–50, 1985.
in
[6] O. Zinke, H. Brunswig. Lehrbuch der Hochfrequenztechnik, Band 1: Hochfrequenzfilter, Leitungen, Antennen. Springer, Berlin, dritte Auflage, 1986. [7] F.L. Walls, J.R. Vig. Fundamental limits on the frequency stabilities of crystal oscillators. IEEE Trans. Ultrasonics, Ferroelectrics and Frequence Control, 42(4):576–589, 1995. [8] O. Zinke, H. Brunswig. Lehrbuch der Hochfrequenztechnik, Band 1: Hochfrequenzfilter, Leitungen, Antennen. Springer, Berlin, f¨ unfte Auflage, 1995. [9] C.K. Campbell. Applications of surface acoustic and shallow bulk acoustic wave devices. Proc. IEEE, 77(10):1453–1484, 1989. [10] C.W. Ruppel, L. Reindl, R. Weigel. SAW devices and their wireless communications applications. IEEE Microwave Mag., pages 65–71, June 2002. [11] R. Helbig. Elastische Oberfl¨ achenwellen. Physik in unserer Zeit, 9(5):148–153, 1978. [12] Y. Konishi. Novel dielectric waveguide components - microwave applications of new ceramic materials. Proc. IEEE, 79(6):726–740, 1991. [13] S.J. Fiedziusko, S. Holme. Dielectric resonators. IEEE Microwave Mag., pp. 51– 60, September 2001. [14] Siemens Matsushita Components. Mikrowellenkeramik (Brosch¨ ure mit Anwendungshinweisen). Siemens Matsushita, M¨ unchen, 1994. [15] J.K. Plourde, C.-L. Ren. Application of dielectric resonators in microwave components. IEEE Trans. MTT, 29(8):754–770, 1981.
12 Halbleiter F¨ ur das Verst¨andnis der elektronischen Halbleiterbauelemente sind Grundkenntnisse auf dem Gebiet der Halbleiterphysik unerl¨aßlich. Dieses Kapitel faßt die wichtigsten Grundlagen zusammen.
12.1 Halbleitermaterialien, Leitungsmechanismen Abbildung 12.1 zeigt typische Werte f¨ ur den spezifischen Widerstand unterschiedlicher Materialien bei Raumtemperatur (T = 300 K). Halbleiter sind Materialien, deren elektrische Leitf¨ ahigkeit bei Raumtemperatur zwischen der der Metalle (Leiter) und der der Isolatoren (Nichtleiter) liegt, d. h. Materialien mit 10−4 Ω cm < ρ < 109 Ω cm. M e ta lle
H a lb le ite r
Is o la to r e n
G a A s
P V C
S i C u
1 0
-8
E p o x id h a r z
G e
1 0
-4
N y lo n
1 0 0
1 0 4
1 0 8
1 0
1 2
S iO
1 0
1 6
W c m
2
1 0
2 0
s p e z ifis c h e r W id e r s ta n d Abb. 12.1. Spezifischer Widerstand verschiedener Materialien
Im Unterschied zu metallischen Leitern, deren spezifischer Widerstand mit abnehmender Temperatur sinkt, weisen reine Halbleiter eine Zunahme des spezifischen Widerstands beim Abk¨ uhlen auf. Bei T = 0 K verhalten sich reine Halbleiter wie Isolatoren. Eine weitere Besonderheit der Halbleiter ist, daß ihre elektrische Leitf¨ ahigkeit durch Einbau bestimmter Fremdatome (Dotierung) in einem weiten Bereich eingestellt werden kann. Dies erkl¨art die breiten Intervalle f¨ ur den spezifischen Widerstand der in Abb. 12.1 angef¨ uhrten Beispiele Germanium (Ge), Silizium (Si) und Galliumarsenid (GaAs). Typisch ist auch, daß die Absorption optischer Strahlung eine f¨ ur das Halbleitermaterial charakteristische Grenzwellenl¨ ange λG aufweist – optische Strahlung mit einer Wellenl¨ange λ > λG wird praktisch ungehindert durchgelassen, im Fall λ < λG aber stark absorbiert. Weitere bereits im 19. Jhdt. gefundene Ph¨anomene wie der Fotovoltaische Effekt an einer Halbleiter-Elektrolyt Grenzfl¨ache (Becquerel, 1839), die Foto-
472
12. Halbleiter
leitf¨ahigkeit, d.h. die Zunahme der Leitf¨ ahigkeit eines Materials bei Beleuchtung (Smith, 1873), die gleichrichtende Wirkung von Metallkontakten auf einem Bleiglanzkristall (Braun, 1874) sowie die Beobachtung von Hall (1879), daß in einigen Materialien positive Ladungstr¨ager, in anderen negative Ladungstr¨ager den Strom transportieren, blieben ebenfalls lange unverstanden. Das Verst¨andnis dieser Eigenschaften kam erst nachdem 1926 die Schr¨odingerGleichung gefunden und diese auf Elektronen im Festk¨orper angewandt wurde. Dies f¨ uhrte zur Entdeckung der Bandstruktur der Festk¨orper, brachte die Erkenntnis, daß Halbleiter eine Energiel¨ ucke aufweisen und f¨orderte das Verst¨andnis f¨ ur die Wirkungsweise der Dotierung. H
H e L i
B e
B
C
N
N a
M g
A l
S i
P
K
C a
G a
G e
R b
S r
In
1 .
2 .
3 .
O
F
N e
S
C l
A r
A s
S e
B r
K r
S n
S b
T e
J
X e
4 .
5 .
6 .
7 .
H a u p tg ru p p e
8 .
Abb. 12.2. Ausschnitt aus dem Periodensystem der Elemente
Abbildung 12.2 zeigt einen Ausschnitt aus dem Periodensystem der Elemente. Silizium und Germanium sind sog. Elementhalbleiter, das sind Festk¨orper, die aus lauter identischen Atomen aufgebaut sind. Die Elementhalbleiter kommen aus der IV. Hauptgruppe des Periodensystems (Abb. 12.2); weitere Elementhalbleiter sind Selen und Tellur aus der VI. Hauptgruppe. Selen wurde fr¨ uher in Gleichrichtern und als lichtempfindliche Schicht in der Walze von Kopierger¨aten eingesetzt, ist heute aber f¨ ur die Herstellung elektronischer Bauelemente von geringer Bedeutung. Neben den Elementhalbleitern sind zahlreiche Verbindungshalbleiter von technischer Bedeutung. Verbindungshalbleiter sind kovalent gebundene Festk¨ orper aus zwei oder mehr verschiedenen Elementen. Bei den bin¨ aren Halbleitern, die aus zwei verschiedenen Elementen aufgebaut sind, wird unterschieden zwischen den sog. IV-IV-Halbleitern, die aus unterschiedlichen Elementen der IV. Hauptgruppe zusammengesetzt sind (z.B. SiC), III-V-Halbleitern, die aus Elementen der III. und V. Hauptgruppe des Periodensystems bestehen (z.B. GaAs, InP, GaP) und den sog. II-VI-Halbleitern (z.B. ZnS, CdS) aus Elementen der II. und VI. Gruppe des Periodensystems. Tern¨ are Halbleiter (z.B. AlGaAs) sind aus drei verschiedenen Elementen aufgebaut, quatern¨ are Halbleiter (z.B. Gax In1−x Asy P1−y ) aus vier verschiedenen Elementen.
12.1. Halbleitermaterialien, Leitungsmechanismen
473
In Halbleitermaterialien sind benachbarte Atome u ¨ber die kovalente Bindung (Elektronenpaarbindung) miteinander verbunden. Als Beispiel wird Silizium betrachtet – das Halbleitermaterial, das in der Elektronik die breiteste Anwendung gefunden hat. Siliziumatome haben vier Valenzelektronen; im Siliziumkristall gehen diese vier kovalente Bindungen mit den vier n¨achsten Nachbarn im Kristall ein. Zwischen je zwei benachbarten Siliziumatomen bildet sich dabei ein Bindungsorbital aus, das von maximal zwei Elektronen (unterschiedlichen Spins) besetzt werden kann.
Abb. 12.3. Anordnung der Atome im Siliziumkristall
a
3
Beispiel 12.1.1 Silizium weist die Dichte ρm = 2.329 g/cm und die Molmasse ur die 28.0855 g/mol auf. Mit der Avogadrozahl Nmol = 6.022 · 1023 mol−1 folgt f¨ Dichte der Siliziumatome im Kristallgitter 2.329 NSi =
1 g · 6.022 · 1023 cm3 mol = 4.994 · 1022 1 . g cm3 28.0855 mol
Abbildung 12.3 zeigt die Anordnung der Siliziumatome im Kristall. Die w¨ urfelf¨ormige Elementarzelle ist mit acht Atomen besetzt; in einem Kubikzentimeter befinden sich demnach 0.125 · 4.994 · 1022 Zellen, was auf das Zellvolumen a3 = 1.602 · 10−22 cm3 f¨ uhrt. Die Gitterkonstante a erechnet sich damit zu 5.431 ˚ A. Die n¨achsten Nachbarn eines Siliziumatoms im Gitter liegen auf den Ecken eines Tetraeders der Seitenl¨ange √ achster Nachbarn im Siliziumgitter ist gleich dem Radius a/ 2. Der Abstand zweier n¨ der das Tetraeder umschreibenden Kugel √ √ 3a 6 a ˚. = = 2.35 A d = √ 4 2 4
474
12. Halbleiter
Im Grundzustand ist jedes Bindungsorbital im Siliziumgitter mit zwei Elektronen gef¨ ullt und damit vollst¨ andig besetzt (Abb. 12.4). Wegen des PauliVerbots 1 k¨onnen diese Elektronen nicht von einem Gitterplatz zum n¨achsten wandern – s¨amtliche erlaubten Zust¨ ande dort sind ja bereits besetzt. Deshalb
4 +
4 +
4 +
4 +
4 +
4 +
4 G itte r io n
+
4 +
4 +
B in d u n g s o r b ita l
Abb. 12.4. Silizium im Grundzustand (schematische Darstellung)
ist im Grundzustand kein Stromfluß m¨ oglich. Strom kann erst dann fließen, wenn einzelne Elektronen aus ihrem Bindungsorbital in energetisch h¨oher liegende Zust¨ande angeregt werden. Diese angeregten Zust¨ande werden als Leitungsbandzust¨ ande bezeichnet, im Gegensatz zu den Valenzbandzust¨ anden, die durch die Elektronenzust¨ ande in den Bindungsorbitalen gegeben sind. Mit zunehmender Temperatur werden immer mehr Elektronen aus den Bindungsorbitalen – also aus Valenzbandzust¨anden – in h¨oher liegende Leitungsbandzust¨ande angeregt. Dies verbessert die Leitf¨ahigkeit in zweifacher Hinsicht: Zum einen sind die in Leitungsbandzust¨ande angeregten Elektronen frei im Festk¨orper beweglich und k¨ onnen somit einen Strom transportieren, zum anderen lassen sie unbesetzte Valenzbandzust¨ande zur¨ uck, die von Elektronen aus benachbarten Orbitalen besetzt werden k¨onnen. Zum Stromtransport im Halbleiter tragen demnach sowohl Elektronen im teilweise besetzten Leitungsband als auch unbesetzte Zust¨ ande im Valenzband bei. Da die Anzahl beider Spezies mit der Temperatur stark zunimmt, steigt auch die Leitf¨ahigkeit mit der Temperatur. Abbildung 12.5 erl¨ autert den Stromtransport im Valenzband eines Siliziumkristalls: Liegt im Valenzband ein unbesetzter Zustand vor, so kann dieser von einem Elektron aus einem benachbarten Bindungsorbital besetzt werden (1). Dadurch entsteht ein neuer unbesetzter Zustand, der wiederum aus einem benachbarten Bindungsorbital besetzt werden kann (2). Die Elektro1
Nach dem Pauli-Verbot darf ein Elektronenzustand nicht mit mehreren Elektronen besetzt werden.
12.2. Grundelemente des B¨andermodells
4
4 +
4 +
(2 )
475
+
(2 )
(1 )
4 +
4 +
4 +
4 +
4 +
4 +
E le k tr o n e n b ild
(1 )
L ö c h e r b ild
Abb. 12.5. Ladungstr¨ agertransport im Valenzband, dargestellt im Bindungsladungsmodell
nenzust¨ande im Valenzband eines Halbleiters sind normalerweise zum gr¨oßten Teil besetzt. F¨ ur die Beschreibung des Stromtransports im Valenzband ist es deswegen zweckm¨ aßiger, die unbesetzten Zust¨ande zu betrachten – auf diesem Weg gelangt man zum L¨ ocherbild des Stromtransports im Valenzband (Abb. 12.5): Im L¨ ocherbild werden die unbesetzten Bindungsorbitale wie po¨ sitive Teilchen behandelt. Statt des Ubergangs eines Elektrons in einen unbesetzten Zustand unter Hinterlassung eines Lochs wird vom Transport eines Lochs in entgegengesetzter Richtung gesprochen. Die Beschreibung elektrischer Vorg¨ ange im Halbleiter beschr¨ankt sich gew¨ohnlich auf die Betrachtung der besetzten Leitungsbandzust¨ande – in der Folge als Elektronen bezeichnet – und der unbesetzten Valenzbandzust¨ande – in der Folge als L¨ ocher bezeichnet.
12.2 Grundelemente des B¨ andermodells 12.2.1 Energieb¨ ander, Bandschema Elektronen k¨onnen in Atomen nur bestimmte Energieniveaus besetzen. Im Orbitalmodell lassen sich diese einzelnen (Elektronen-)Schalen zuordnen, wobei die elektrischen und chemischen Eigenschaften nahezu ausschließlich durch die sog. Valenzelektronen, das sind die Elektronen in der a¨ußersten besetzten Schale, der sog. Valenzschale, bestimmt sind. Atome mit vollst¨andig abgeschlossener Valenzschale weisen eine sehr große Ionisierungsenergie auf (Edelgaskonfiguration). Die Rumpfelektronen – also die Elektronen in den abgeschlossenen inneren Schalen – sind fest an den Kern gebunden. Um derartige Elektronen aus
476
12. Halbleiter
ihren Schalen anzuregen, werden Anregungsenergien von typischerweise mehr als 100 eV ben¨ otigt. Das ist wesentlich mehr, als bei den chemischen und elektrischen Vorg¨ angen in der Elektronenh¨ ulle u ugung ¨blicherweise zur Verf¨ steht: Die Rumpfelektronen bleiben auch nach Bildung des Festk¨orpers in der N¨ahe ihres“ Kerns und k¨ onnen mit diesem zu einem (positiv geladenen) ” Gitterion zusammengefaßt werden. Dieses ist f¨ ur unsere Zwecke durch seine Masse und Ladung vollst¨ andig beschrieben. W
fr e ie E le k tr o n e n z u s tä n d e ( n ic h t q u a n tis ie r t) 0 W
W W
g e b u n d e n e E le k tr o n e n z u s tä n d e ( q u a n tis ie r t) c
C V
W
O rt L e itu n g s b a n d E n e r g ie lü c k e
g
p o te n tie lle E n e r g ie
V a le n z b a n d R u m p fe le k tr o n e n ( lo k a lis ie r t)
Abb. 12.6. Zur Entstehung der Energieb¨ ander im Festk¨ orper
N¨ahern sich einzelne Atome so weit, wie dies in einem Kristallgitter der Fall ist, so u ¨berlappen sich die Atomorbitale der Valenzschale. Die anziehende Wirkung eines postiven Gitterions auf ein Elektron seiner“ Valenzschale ” wird im Innern des Festk¨ orpers durch die konkurrierende Wirkung benachbarter ebenfalls postiv geladener Gitterionen teilweise aufgehoben. Die Po” tentialberge“ zwischen benachbarten Atomen (Abb. 12.6) werden dadurch so niedrig, daß die Valenzelektronen leicht von einem Gitterplatz zum n¨achsten gelangen k¨onnen. Die Elektronen der Valenzschale sind damit nicht mehr an ein Gitterion gebunden und m¨ ussen durch Wellenfunktionen beschrieben werden, die sich u ¨ber den gesamten Festk¨orper erstrecken. Diese nicht lokalisierten Zust¨ande sind wie die Elektronenzust¨ande in einem Atom quantisiert, liegen jedoch so dicht beeinander, daß eine Unterscheidung einzelner Energieniveaus hier nicht mehr sinnvoll ist. Man faßt die Zust¨ande deshalb zu sog. Energieb¨ andern zusammen (Abb. 12.6). Die elektrischen Eigenschaften des Festk¨orpers werden durch Valenz- und Leitungsband bestimmt. Elektronen in diesen B¨ andern k¨ onnen sich im Festk¨orper bewegen – wobei das Pauli-Verbot beachtet werden muß; zur Emission aus dem Festk¨orper muß jedoch zus¨atzlich Energie aufgebracht werden. Valenz- und Leitungsband k¨ onnen sich u ¨berlappen oder energetisch durch eine Energiel¨ ucke getrennt sein. Bezeichnet WC die Energie des Leitungsband-
12.2. Grundelemente des B¨andermodells
477
zustands mit der geringsten Energie und WV die Energie des Valenzbandzustands mit der h¨ ochsten Energie, und gilt WC > WV , so wird Wg = WC − WV
(12.1)
als Energiel¨ ucke oder Bandabstand bezeichnet. Die Valenzbandzust¨ande beschreiben die Elektronen in den Bindungsorbitalen. Die Energie Wg ist deshalb die Energie, die mindestens aufgebracht werden muß, um ein Elektron aus dem Bindungsorbital zu l¨ osen. Die Energie die aufgebracht werden muß, um ein Elektron von der Leitungsbandkante WC aus so weit anzuregen, daß es den Festk¨orper verlassen kann wird als Elektronenaffinit¨ at Wχ bezeichnet (Abb. 12.6). Bei der in Abb. 12.6 verwendeten Energieskala wurde der Nullpunkt so gew¨ ahlt, daß im Festk¨ orper gebundene Elektronenzust¨ande eine negative Gesamtenergie, ungebundene (freie) Elektronen eine positive Gesamtenergie aufweisen. W 0
fr e ie E le k tr o n e n L e itu n g s b a n d
E le k tr o n e n im F e s tk ö r p e r W
g
< 3 e V W g
> 3 e V
V a le n z b a n d R u m p fz u s tä n d e M e ta ll
H a lb le ite r
Is o la to r
b e i T = 0 K
u n b e s e tz te E n e r g ie n iv e a u s
b e i T = 0 K
v o lls tä n d ig b e s e tz te E n e r g ie n iv e a u s
Abb. 12.7. Energieb¨ ander (schematisch) im Metall, Halbleiter und Isolator
Halbleiter und Isolatoren weisen eine Energiel¨ ucke Wg > 0 zwischen Valenzund Leitungsband auf. Bei T = 0 K befindet sich der Halbleiter im Grundzustand, in dem nur die tiefsten Elektronenzust¨ande besetzt sind. Unter diesen Bedingungen ist das Valenzband vollst¨andig gef¨ ullt, das Leitungsband vollst¨andig geleert; wegen des Pauli-Prinzips kann der Halbleiter keinen Strom f¨ uhren: Bei T = 0 K verhalten sich Halbleiter wie Isolatoren. Die Energiel¨ ucke Wg eines Halbleiters ist jedoch so klein, daß bei Raumtemperatur eine nennenswerte Zahl von Elektronen vom Valenz- ins Leitungsband angeregt sind. Dies erkl¨art eine nicht verschwindende Leitf¨ahigkeit, deren Wert zwischen der
478
12. Halbleiter
der Metalle und der der Isolatoren liegt. Isolatoreigenschaften (ρ > 109 Ωcm) werden bei reinen Kristallen f¨ ur Wg > 3 eV beobachtet (Abb. 12.7). Als Beispiel seien hier die drei Halbleitermaterialien Germanium (Ge), Silizium (Si) und Galliumarsenid (GaAs) genannt. Die Energiel¨ ucken dieser Materialen besitzen bei T = 300 K die Werte 0.66 eV (Ge), 1.12 eV (Si) und 1.42 eV (GaAs). Der Wert der Energiel¨ ucke f¨ ur die Kristalle aus Elementen der IV. Hauptgruppe nimmt mit zunehmender Ordnungszahl ab: Si und Ge besitzen eindeutig Halbleitereigenschaften. Reiner Diamant (C , Wg = 5.5 eV) ist ein Isolator, Sn ist f¨ ur Temperaturen gr¨ oßer als 18◦ C metallisch, wandelt sich f¨ ur kleinere Temperaturen jedoch in eine allotrope Modifikation mit Diamantstruktur um (graues Zinn), die sich wie ein Halbleiter mit sehr kleiner Energiel¨ ucke verh¨alt. W E le k tr o n m it h o h e r k in e tis c h e r E n e r g ie
L e itu n g s b a n d
k in e tis c h e E n e r g ie ( E le k tr o n e n )
E le k tr o n m it g e r in g e r k in e tis c h e r E n e r g ie W
0
C
W
W V
g
E n e r g ie lü c k e L o c h m it g e r in g e r k in e tis c h e r E n e r g ie
V a le n z b a n d L o c h m it h o h e r k in e tis c h e r E n e r g ie
0 k in e tis c h e E n e r g ie (L ö c h e r)
Abb. 12.8. Eindimensionales Bandschema eines Halbleiters im feldfreien Fall
Die Vorg¨ange in Halbleiterbauelementen werden u ¨blicherweise anhand des sog. Bandschemas veranschaulicht (Abb. 12.8). Das Bandschema zeigt die Lage des Leitungsbandminimums WC und des Valenzbandmaximums WV auf der Energieskala als Funktion des Orts (entlang einer Ortsachse). Die kinetische Energie der Elektronen und L¨ ocher wird von den Bandkanten aus gemessen (Abb. 12.8). Dabei ist zu beachten, daß die Energie der Elektronen nach oben, die der L¨ ocher nach unten aufgetragen wird. Die Lage der Bandkanten im B¨ anderschema definiert die potentielle Energie der Elektronen und L¨ ocher. Die potentielle Energie wird ortsabh¨angig sobald im Halbleiter ein elektrisches Feld auftritt – im B¨anderschema tritt deshalb eine Bandverbiegung“ auf, d. h. die Bandkanten verlaufen nicht mehr hori” zontal sondern ¨ andern ihre Lage mit dem Ort (vgl. Kap. 12.4.1).
12.2. Grundelemente des B¨andermodells
479
12.2.2 Zur Bandstruktur Eine korrekte Beschreibung der Elektronen im Festk¨orper ist nur mit den Mitteln der Quantenmechanik m¨ oglich. Elektronen werden dabei durch sog. Bloch-Wellen beschrieben. Dieser Abschnitt skizziert das Prinzip und erl¨autert die sich aus der Bandstruktur ergebende quasiklassische Beschreibung von Elektronen und L¨ ochern durch das sog. Effektivmassenmodell.
De Broglie-Wellen, Quantisierung Ein freies Elektron wird in der Quantentheorie durch sog. de Broglie-Wellen beschrieben. Einem Elektron mit dem Impuls p entspricht demnach eine Elektronenwelle mit der Wellenl¨ ange λ = h/p
(de Broglie-Wellenl¨ ange) ,
(12.2)
bzw. der Wellenzahl k = p/¯h
(12.3)
wobei ¯h = h/2π = 1.054589 · 10−34 Js = 0.6582 · 10−15 eVs bis auf den Faktor (2π)−1 der Planckschen Konstante entspricht. Eine solche Welle mit genau definierter Wellenl¨ ange ist unendlich ausgedehnt, was gleichbedeutend damit ist, daß u ¨ber den Ort an dem sich das Elektron aufh¨alt keine Aussage getroffen werden kann. Um ein Elektron zu beschreiben, dessen Ort bis auf die Ortsunsch¨ arfe ∆x bekannt ist, m¨ ussen mehrere de Broglie-Wellen mit unterschiedlicher Wellenzahl u ¨berlagert werden, genau so wie ein elektromagneti¨ scher Strahlungspuls als Fourier-Integral, d. h. durch Uberlagerung von Wellen unterschiedlicher Wellenzahl beschrieben wird. Je kleiner nun ∆x wird, desto unterschiedlicher sind die Wellenzahlen der Wellen die u ¨berlagert werden m¨ ussen, um das lokalisierte Wellenpaket zu beschreiben. Da der Impuls des Elektrons jedoch proportional zur Wellenzahl k ist ergibt sich daraus eine Unsicherheit im Impuls des Elektrons, die sog. Impulsunsch¨ arfe ∆p. Je kleiner also ∆x wird, desto gr¨ oßer wird ∆p, wobei das Produkt aus beiden Gr¨oßen der Heisenbergschen Unsch¨ arferelation ∆x · ∆p ≥ ¯ h/2
(12.4)
gen¨ ugen muß. Das Wellenbild des Elektrons erkl¨art auch warum gebundene Elektronen nur bestimmte Energieniveaus besetzen k¨onnen. Zur Veranschaulichung kann ein Elektron betrachtet werden, das in einem (eindimensionalen) Kasten der L¨ange L eingesperrt“ ist und zwischen den W¨anden des Kastens ” hin und her reflektiert wird. Ein solches gebundenes Elektron muß durch eine stehende de Broglie-Welle beschrieben werden: Nur de Broglie-Wellen, die sich nicht durch Interferenz mit sich selbst ausl¨oschen bleiben erhalten, d. h. die de Broglie-Wellenl¨ ange muß der Bedingung λ = 2L/m gen¨ ugen, wobei
480
12. Halbleiter
m eine ganze Zahl bezeichnet (Abb. 12.9). Die Wellenzahl k = 2π/λ eines U m k e h rp u n k te m = 1 m = 2 m = 3 Abb. 12.9. Stehende Wellen in einem Potentialtopf der L¨ ange L
L
gebundenen Elektrons und damit seine kinetische Energie (∼ p2 = h ¯ 2 k2 ) kann demzufolge nur bestimmte Werte aufweisen – die Energieniveaus sind quantisiert. Die Wellenzahl zweier benachbarter Zust¨ande (m und m + 1) unterscheidet sich um ∆k = π/L, d. h. die Differenz ist um so kleiner, je gr¨oßer die Abmessung L des Kastens ist, in den das Elektron eingesperrt ist. Ist L = 0.1 nm (Gr¨ oßenordnung des Atomdurchmessers), so liegt der Energieunterschied benachbarter Zust¨ ande in der Gr¨oßenordnung einiger Elektronenvolt; bei L = 10 cm resultiert dagegen ein Wert kleiner als 10−16 eV, d. h. ein meßtechnisch nicht mehr aufl¨ osbar kleiner Energieunterschied.
Energie-Impuls-Diagramm f¨ ur Elektronen im Vakuum Die Gesamtenergie W (p) eines Elektrons im externen Feld ist die Summe aus kinetischer Energie p2 /2me und potentieller Energie Wpot am Ort. Wird W (p) u ¨ber dem Impuls p aufgetragen, so resultiert ein parabelf¨ormiger Verlauf mit einem Minimum bei p = 0 (Abb. 12.10). W
W
p o t
+
p 2 m
(p )
k in e tis c h e E n e r g ie 2
p o te n tie lle E n e r g ie e
0
p
Abb. 12.10. Energie-Impuls-Diagramm f¨ ur Elektronen im Vakuum
Aus W (p) folgt der Impuls des Elektrons durch einfaches Differenzieren p = me dW/dp .
12.2. Grundelemente des B¨andermodells
481
Durch zweimaliges Differenzieren von W (p) erh¨alt man den Kehrwert der Masse des Elektrons 1/me = d2 W/dp2 . Diese Beziehungen sind f¨ ur die Beschreibung der Festk¨orperelektronen zu verallgemeinern.
Energie-Wellenzahl-Diagramm f¨ ur Elektronen im Festk¨ orper Elektronenzust¨ ande in einem Band werden nicht durch einen Impuls p, sondern durch eine Wellenzahl k (Kristallimpuls) gekennzeichnet. Die Energie der Zust¨ande im Leitungsband wird durch die Funktion WC (k) angegeben, die der Zust¨ande im Valenzband durch die Funktion WV (k).2 Das Minimum der Funktion WC (k) der Leitungsbandelektronen liegt nicht notwendigerweise bei k = 0. Liegen Valenzbandmaximum und Leitungsbandminimum beim selben k-Wert, so spricht man von einem direkten Halbleiter, andernfalls von einem indirekten Halbleiter. Direkte und indirekte Halbleiter unterscheiden sich insbesondere bei der Wechselwirkung mit optischer Strahlung. W W L e itu n g s b a n d m in im u m W
V a le n z b a n d m a x im u m
W
L e itu n g s b a n d m in im u m C
L e itu n g s b a n d m in im u m
(k ) W q
g
W
k V
W
(a )
(k )
g
V a le n z b a n d m a x im u m
(k )
C
W
k V
(k )
(b )
Abb. 12.11. Bandstruktur. (a) direkter Halbleiters und (b) indirekter Halbleiter; q bezeichnet die Wellenzahldifferenz zwischen Valenzbandmaximum und Leitungsbandminimum
Tritt bei k = k0 ein Minimum von WC (k) auf ( Leitungsbandminimum“), so ” l¨aßt sich WC (k) um k = k0 bis zur zweiten Ordnung entwickeln
1 d2 WC WC (k) ≈ WC (k0 ) + (k − k0 )2 . 2 dk 2 k 0
2
Der Einfachheit halber wird zun¨ achst nur eine Impulskomponente (ein Freiheitsgrad) betrachtet.
482
12. Halbleiter
Definiert man Impuls p und effektive Masse der Elektronen im Leitungsband m∗n durch
p = h ¯ (k−k0 )
und
1 1 d2 WC = m∗n ¯ 2 dk 2 k h
0
so geht diese Beziehung in die f¨ ur freie Elektronen bekannte Form W = WC + p2 /2m∗n
(12.5)
an, wobei die Bandkante WC der potentiellen Energie und p2 /2m∗n der kinetischen Energie eines Teilchens der Masse m∗n entspricht. Auf dieselbe Weise folgt mit p = h ¯ k f¨ ur die Energie eines Lochs W = WV − p2 /2m∗p , wobei
(12.6)
1 1 d2 WV = − m∗p ¯ 2 dk 2 k=0 h die effektive Masse f¨ ur L¨ ocher bezeichnet. Im sog. Effektivmassenmodell werden Elektronen als negative Ladungstr¨ager ocher als positiv geladene Ladungstr¨ager der der effektiven Masse m∗n und L¨ effektiven Masse m∗p beschrieben. Maßgeblich f¨ ur die effektiven Massen ist die Kr¨ ummung der WC (k)- bzw. der WV (k)-Kurve. Die Werte der effektiven Massen sind f¨ ur die meisten Halbleitermaterialien kleiner als die Masse eines freien Elektrons, jedoch von derselben Gr¨oßenordnung. Die effektive Masse m∗p der L¨ocher ist dabei gew¨ ohnlich gr¨ oßer als die effektive Masse der Elektronen; entsprechend ist die Beweglichkeit der L¨ocher meist geringer als die der Elektronen.
12.2.3 Bloch-Wellen Im Rahmen der Quantentheorie werden Elektronen durch komplexe Wellenfunktionen ψ(x, t), beschrieben, die der Schr¨ odinger-Gleichung gen¨ ugen. Die Wellenfunktionen f¨ ur Elektronen die sich im periodischen Potential der Gitterionen bewegen, sind sog. 3 Bloch-Funktionen der Form ψα,k (x) = uα,k (x) e jk·x .
(12.7)
Die Funktion uα,k (x) besitzt dabei die Periodizit¨at des Gitters, α wird als Bandindex bezeichnet. Da das Elektron u ugt besitzt der Wellenzahl¨ber drei Freiheitsgrade verf¨ vektor k drei Komponenten. Die Energie eines Zustands in einem bestimmten Band wird durch k bestimmt. Als Bandstruktur des Festk¨orpers wird die Abh¨angigkeit der Energie W vom Wert von k f¨ ur die verschiedenen B¨ander des Festk¨orpers bezeichnet. Dabei gen¨ ugt die Kenntnis f¨ ur Wellenzahlvektoren die innerhalb der ersten 3
Eine gr¨ undlichere Darstellung der physikalischen Grundlagen ist z.B. in [1–4] zu finden.
12.2. Grundelemente des B¨andermodells k
483
1 1 1 z
0 0 1 X
L X G
k
k y
K X
1 0 0
0 1 0
x
2 p /a
Abb. 12.12. Brillouin-Zone f¨ ur kubische Kristalle. Das Zentrum der Brillouinzone wird mit Γ bezeichnet, Grenze auf der kx -Achse ( 100 Richtung) mit X (Koordinaten (π/a, 0, 0)) die Grenze in 111 richtung mit L (Koordinaten (π/2a, π/2a, π/2a))
Brillouinzone liegen; diese ist in Abb. 12.12 f¨ ur ein kubisches Kristallgitter dargestellt. Graphische Darstellungen der Bandstruktur geben in der Regel Wα (k) zwischen Γ und X bzw. L wieder, also f¨ ur Wellenzahlvektoren, die in 100 bzw. 111 Richtung zeigen. Die elektronischen Eigenschaften eines Halbleiters werden vor allem durch das Valenzband (Bandindex V) und das Leitungsband (Bandindex C) bestimmt. Das Maximum von WV (k) liegt dabei im allgemeinen bei Γ; das Leitungsband hingegen weist mehrere Minima auf (bei X in Si und bei L in Ge and GaAs und zus¨atzlich bei Γ in Ge und GaAs). In der Umgebung dieser Punkte kann WC (k) durch Parabeln angen¨ ahert werden (Abb. 12.13). W
[1 1 1 ]
G
[1 0 0 ]
X
W G
W L
W
X
E n e r g ie lü c k e
W e lle n z a h lv e k to r S 0
V a le n z b a n d
W
L e itu n g s b a n d
L
Abb. 12.13. Prinzipieller Verlauf der Bandstruktur eines kubischen Modellhalbleiters [5]
484
12. Halbleiter
Tabelle 12.1 Bandstrukturparameter f¨ ur Halbleiter mit kubischem Gitter (nach [6]) WΓ eV
WL eV
WX eV
Ws0 meV
m∗l me
m∗ me
m∗t me
α 1/eV
|A|
|B|
|C|
C
11.67 12.67
5.45
6
1.4
-
0.36
-
3.61
0.18
3.76
Si
4.08
1.87
1.13
44
0.98
-
0.19
0.5
4.22
0.78
4.80
Ge
0.89
0.76
0.96
290
1.64
-
0.082
0.65
13.35
8.50
13.11
AlP
3.3
3.0
2.1
50
-
-
-
-
3.47
0.12
3.98
AlAs 2.95
2.67
2.16
280
2.0
-
-
-
4.04
1.56
4.71
AlSb
2.5
2.39
1.6
750
1.64
-
0.23
-
4.15
2.02
4.95
GaP
2.7
2.7
2.2
80
1.12
-
0.22
-
4.20
1.96
4.65
GaAs 1.42
1.71
1.90
340
-
0.067
-
0.64
7.65
4.82
7.71
GaSb 0.67
1.07
1.30
770
-
0.045
-
1.36
11.80
8.06
11.71
InP
1.26
2.0
2.3
130
-
0.080
-
0.67
6.28
4.16
6.35
InAs 0.35
1.45
2.14
380
-
0.023
-
2.73
19.67
16.74
13.96
InSb
0.23
0.98
0.73
810
-
0.014
-
5.72
35.08
31.28
22.27
ZnS
3.8
5.3
5.2
70
-
0.28
-
0.14
2.54
1.50
2.75
ZnSe
2.9
4.5
4.5
430
-
0.14
-
0.26
3.77
2.48
3.87
ZnTe 2.56
3.64
4.26
920
-
0.18
-
0.26
3.74
2.14
4.30
CdTe 1.80
3.40
4.32
910
-
0.096
-
0.45
5.29
3.78
5.46
Die Energiel¨ ucke Wg wird durch den Kleinsten der Werte von WX , WL und WΓ bestimmt. Gilt Wg = WΓ , wie dies in GaAs der Fall ist, so weist der Halbleiter eine direkte Energiel¨ ucke auf, im Fall des Si, mit Leitungsbandminima bei den (sechs) X-Punkten (Wg = WX ) und Ge mit Leitungsbandminima bei den (acht) L-Punkten ucke vor. (Wg = WL ) liegt eine indirekte Energiel¨
Quasiklassische Beschreibung Bloch-Wellen charakterisieren nichtlokalisierte Zust¨ande, d.h. ein Elektron das durch die Wellenfunktion ψα,k (x) beschrieben wird, kann sich u ¨berall im Festk¨orper aufhalten. Um die Lage eines Elektrons n¨ aher einzugrenzen m¨ ussen mehrere Blochwellen mit unterschiedlichem Wellenzahlvektor k u ¨berlagert werden. Befindet sich das Zentrum eines solchen Wellenpakets bei x, mit einer Ortsunsch¨arfe ∆x, so m¨ ussen Wellen mit Wellenzahlvektoren im Bereich ∆k bei k u ¨berlagert werden. x und k k¨ onnen als (unscharfe) Werte f¨ ur Ort und (Kristall-)Impuls des Elektrons aufgefaßt werden. Beschreibt das Wellenpaket ein Elektron das sich in einem elektrischen Feld E bewegt, so gen¨ ugen x und k den quasiklassischen Beziehungen [2] dk/dt
= −eE/¯ h,
(12.8)
dx/dt
= un (k) = h ¯ −1 ∇k WC (k) .
(12.9)
12.2. Grundelemente des B¨andermodells
485
Diese Beziehungen stellen die Grundlage der quasiklassischen Beschreibung des Stromtransports in Halbleitern dar. Weist WC (k) ein Minimum bei k = 0 auf, so l¨ aßt sich WC (k) um dieses Minimum entwickeln WC (k) ≈ WC (0) +
¯2 h |k|2 = WC + wc (k) , 2m∗n
(12.10)
mit der effektiven Masse m∗n ; die Gruppengeschwindigkeit eines Wellenpakets mit Schwerpunkt bei k ist dann un (k) = h ¯ k/m∗n .
(12.11)
Liegt allgemein ein Leitungsbandminima bei k0 vor, so lautet die Entwicklung f¨ ur WC (k) in einem geeigneten Koordinatensystem WC (k) = WC +
3 ¯ 2 (kα −kα0 )2 h ; 2 α=1 m∗α
statt einer effektiven Masse ist nun ein Effektivmassentensor diag(m∗1 , m∗2 , m∗3 ) maßgeblich, die Bandstruktur ist anisotrop (richtungsabh¨angig). 0 0 1
k z
1 0 0 2 p 0 .8 5 a
0 1 0 k
k x
y
Abb. 12.14. Fl¨ achen konstanter Energie im Leitungsband von Silizium
Silizium ist ein indirekter Halbleiter mit sechs ¨aquivalenten Leitungsbandminima im k-Raum die im Abstand von ca. 0.85 (2π/a) vom Γ Punkt in X-Richtung liegen [7]. Abbildung 12.14 a illustriert die Fl¨ achen konstanter Energie f¨ ur das Leitungsband des Siliziums (im k-Raum) f¨ ur eine Energie die etwas oberhalb des Leitungsbandminimums liegt. Die ellipsoidische Form folgt aus der Anisotropie der effektiven Masse, die den Wert m∗l in Richtung der Symmetrieachse und den Wert m∗t senkrecht dazu aufweist. Die kinetische Energie wc (k) = WC (k) − WC eines Elektrons, mit einer Gesamtenergie etwas oberhalb des Leitungsbandminimums WC bei kx0 = 0.85 (2π/a) ist wc (k) =
h2 ky2 ¯ ¯ 2 (kx −kx0 )2 h h2 kz2 ¯ + + . 2m∗l 2m∗t 2m∗t
(12.12)
Die Fl¨ achen konstanter Energie wc (k) = const. sind deshalb Rotationsellipsoide im k-Raum. Die Werte m∗l ≈ 0.98 me und m∗t ≈ 0.19 me unterscheiden sich um mehr als
486
12. Halbleiter
den Faktor f¨ unf. Neben dem Betrachteten sind noch f¨ unf weitere (gleichberechtigte) Leitungsbandminima vorhanden; die Umgebungen dieser Minima werden als T¨ aler bezeichnet. Die Elektronen im Leitungsband verteilen sich gleichf¨ormig auf die sechs ur die in T¨ aler. Werden Elektronen nun in Richtung von kx beschleunigt, so ist f¨ ur die 100 -Richtung orientierten T¨ aler die effektive Masse m∗l wirksam, w¨ahrend f¨ in 010 -Richtung oder 001 -Richtung orientierten T¨aler die effektive Masse m∗t wirksam ist. Mittelt man u aler, so ergibt sich ¨ber die sechs T¨ −1 1 2 m∗n = 3 + ∗ . m∗l mt Die so gemittelte effektive Masse m∗n bestimmt die Beschleunigung der Elektronen im elektrischen Feld und damit die Beweglichkeit der Leitungsbandelektronen; sie heißt ur Silizium folgt daher auch Leitf¨ ahigkeitsmasse4 (engl. conductivity effective mass). F¨ ∗ mn ≈ 0.26 me . Das Valenzbandmaximum der Halbleiter mit kubischer Elementarzelle liegt stets bei k = 0. Insgesamt werden drei Subb¨ ander unterschieden, von denen eines ein um Ws0 (vgl. Tabelle 12.1) tiefer liegendes Maximum aufweist (split-off band). Die meisten L¨ ocher finden sich deshalb in den beiden anderen Teilb¨andern mit Maximum ander durch unterschiedliche effektive Massen gekennbei WV . Da die beiden Teilb¨ zeichnet sind, unterscheidet man schwere und leichte L¨ocher. F¨ ur die Energie der schweren und leichten L¨ ocher gilt WV (k) = WV + wv (k) wobei die kinetische Energie anderschema nach unten aufzutragen ist und n¨aherungsweise der L¨ ocher wv (k) im B¨ durch (k = |k|) wv (k) =
¯2 h |A|k 2 ∓ B 2 k 4 + C 2 (kx2 ky2 + ky2 kz2 + kz2 kx2 ) 2me
gegeben ist (vgl. Tabelle 12.x). Die beiden Vorzeichen entsprechen den beiden Teilb¨ andern mit großer und kleiner effektiver Masse. Die Fl¨achen konstanter Energie weisen eine vergleichsweise komplizierte Form auf (warped spheres, vgl. [8]). Erfreulicherweise sind diese Details der Valenzbandstruktur aber nicht so bedeutend f¨ ur das Verst¨ andnis der Wirkungsweise elektronische Halbleiterbauelemente, wir verwenden deshalb den einfachen N¨ aherungsansatz ¯ 2 |k|2 /2m∗p wv (k) = h f¨ ur die kinetische Energie der L¨ ocher im Valenzband.
4
Daneben gibt es noch die f¨ ur die Berechnung der Zustandsdichte maßgebliche effektive Masse (m∗l )1/3 (m∗t )2/3 (engl. density-of-state effective mass). Sofern nicht explizit anderahigkeitsmasse weitig vermerkt wird unter der effektiven Masse m∗n hier aber stets die Leitf¨ verstanden.
12.3. Halbleiter im thermischen Gleichgewicht
487
12.3 Halbleiter im thermischen Gleichgewicht Im thermischen Gleichgewicht wird die Dichte der Elektronen und L¨ocher im Halbleiter einzig durch die Dotierung und die Temperatur bestimmt. Unter diesen Bedingungen fließen im Halbleiter keine Str¨ome. Diese treten nur bei Abweichungen vom thermischen Gleichgewicht auf – wie sie beispielsweise durch Anlegen einer Spannung oder Bestrahlen mit Licht hervorgerufen werden. Beim praktischen Betrieb elektronischer Halbleiterbauelemente interessiert zwar vor allem der Nichtgleichgewichtsfall, dennoch ist eine vorhergehende Untersuchung des Gleichgewichtsfalls unverzichtbar, da bei der Beschreibung von Halbleitern im Nichtgleichgewicht stets Abweichungen vom Gleichgewicht betrachtet werden.
12.3.1 Massenwirkungsgesetz Ist die absolute Temperatur T gr¨ oßer als 0 K, so werden immer wieder Elektronen durch die W¨ armebewegung aus dem Valenzband ins Leitungsband angeregt. Im thermischen Gleichgewicht ist die Rate, mit der Elektronen ins Leitungsband angeregt werden, und dabei ein Loch zur¨ ucklassen (Generation eines Elektron-Loch-Paars), und die Rate mit der Elektronen in einen freien Zustand im Valenzband zur¨ uckfallen k¨ onnen (Rekombination eines ElektronLoch-Paars) gleich groß. Die Elektronendichte n – das ist die Zahl der besetzten Zust¨ande im Leitungsband je Volumeneinheit – ergibt sich aus der Dichte der Elektronenzust¨ande im Leitungsband multipliziert mit der jeweiligen Besetzungswahrscheinlichkeit. Letztere ist durch die in Kap. 12.3.2 erl¨auterte FermiVerteilung gegeben, die außer von der Temperatur noch von dem Parameter angt: Die Elektronendichte wird bestimmt WF , der sog. Fermi-Energie, abh¨ durch den energetischen Abstand der Fermi-Energie WF von der Leitungsbandkante. Solange WF um mindestens 3 kB T unter der Leitungsbandkante liegt, l¨aßt sich die Elektronendichte im thermischen Gleichgewicht 5 n0 n¨aherungsweise beschreiben durch
n0 ≈ NC exp
WF −WC kB T
.
(12.13)
Dabei bezeichnet kB ≈ 1.38·10−23 J/K die Boltzmann-Konstante, T die absolute Temperatur und NC die sog. effektive Zustandsdichte des Leitungsbands. Eine entsprechende Beziehung gilt f¨ ur die L¨ocherdichte p0 im Gleichgewicht
p0 ≈ NV exp
WV −WF kB T
,
(12.14)
5 Zur Kennzeichnung des Zustands des thermischen Gleichgewichts wird der Index 0 angeh¨ angt.
488
12. Halbleiter
mit der effektiven Zustandsdichte NV des Valenzbands. Im reinen (intrinsischen) Halbleiter k¨ onnen Elektronen nur aus dem Valenz- ins Leitungsband gelangen, d.h. jedes Elektron im Leitungsband hat ein Loch im Valenzband zur¨ uckgelassen: Es gilt n0 = p0 bzw. unter Verwendung der Gln. (12.13) und (12.14)
NC exp
WF −WC kB T
= NV exp
WV −WF kB T
.
Dies f¨ uhrt sofort auf den Wert der Fermi-Enerige WF des intrinsischen Halbleiters
WF =
WV +WC kB T NV + ln 2 2 NC
= WFi .
(12.15)
Der zweite Term auf der rechten Seite ist dabei vergleichsweise unbedeutend (Gr¨oßenordnung wenige meV), d. h. die Fermi-Energie WFi im undotierten Halbleiter liegt in guter N¨ aherung in der Mitte der Energiel¨ ucke. Durch Dotieren des Halbleiters ver¨ andert sich die Lage der Fermi-Energie relativ zu den Bandkanten (vgl. Kap. 12.3.5). Multipliziert man n0 und p0 , so folgt das sog. Massenwirkungsgesetz6 n0 p0 = NC NV e −Wg /kB T = n2i (T )
(12.16)
Das Produkt der Elektronen- und L¨ ocherdichte im thermischen Gleichgewicht ist demnach unabh¨ angig vom Wert der Fermi-Energie7 nur durch die Temperatur bestimmt. Die Gr¨ oße ni heißt intrinsische Dichte und ist gleich der Dichte der Elektronen bzw. L¨ ocher im undotierten (intrinsischen) Halbleiter, in dem n0 = p0 gilt. Insbesondere wegen des, die absolute Temperatur T enthaltenden Exponentialfaktors ist ni stark von der Temperatur abh¨angig. Die Werte f¨ ur T = 300 K k¨ onnen Tabelle 12.2 entnommen werden. Tabelle 12.2 Kenngr¨ oßen wichtiger Halbleiter bei T = 300 K (aus [9–11]) Halb- r leiter
NC cm−3
NV cm−3
Wg eV
ni cm−3
Wg (0) eV
α meV/K
β K
Ge 16.3 Si 11.8 GaAs 10.9
1.04 · 1019 2.86 · 1019 4.7 · 1017
6.1 · 1018 3.1 · 1019 7 · 1018
0.66 1.12 1.42
2.4 · 1013 1.08 · 1010 1.79 · 106
0.7437 1.170 1.519
0.4774 0.473 0.5405
235 636 204
6
Die Bezeichnung Massenwirkungsgesetz stammt von der entsprechenden Beziehung f¨ ur chemische Reaktionen im thermischen Gleichgewicht. Zum Vergleich: Wassermolek¨ ule disulen soziieren gelegentlich in H+ -Ionen und OH− -Ionen, die jedoch wieder zu Wassermolek¨ rekombinieren k¨ onnen (H+ + OH− H2 O). Im Gleichgewicht ist das Produkt der Ionenkonzentrationen [H+ ] und [OH− ] eine Funktion der Temperatur: [H+ ] · [OH− ] = f (T ). 7 Und damit von der Dotierung: Das Massenwirkungsgesetz beh¨ alt seine G¨ ultigkeit, wenn die Elektronen- und L¨ ocherdichten durch Dotieren ver¨ andert werden.
12.3. Halbleiter im thermischen Gleichgewicht
489
Der Wert der Energiel¨ ucke Wg ist eine temperaturabh¨angige Gr¨oße (Abb. 12.15); die Temperaturabh¨ angigkeit wird n¨aherungsweise durch die Funktion Wg (T ) = Wg (0) −
αT 2 T +β
(12.17)
beschrieben (Tabelle 12.2). F¨ ur die Modellierung elektronischer Bauteile wird diese nichtlineare Beziehung h¨ aufig bei der Betriebstemperatur T = 300 K durch eine Tangente angen¨ ahert; dann gilt
dWg Wg (T ) ≈ eVg0 + T dT 300 K
(12.18)
mit der zu T = 0 K extrapolierten Bandabstandsspannung
Vg0
1 dWg = Wg (300 K) − 300 K e dT 300 K
.
(12.19)
1 .6 e V
G a A s
1 .4 e V
g 0
S i
1 .0
W
g
(T )
1 .2
0 .8 G e 0 .6 0
4 0 0
2 0 0
6 0 0
T
K
8 0 0
Abb. 12.15. Energiel¨ ucke Wg als Funktion der Temperatur und zu T = 0 K extrapolierte ur Bandabstandsspannung Vg0 f¨ die Halbleiter Ge, Si und GaAs
12.3.2 Zustandsdichte und Besetzungswahrscheinlichkeit Die Elektronendichte n erfaßt alle Elektronen des Leitungsbands unabh¨angig von ihrer Energie. Die Dichte n (W ) dW der Elektronen mit Energien im Intervall zwischen W und W +dW ist durch die Dichte ZC (W ) dW der in diesem Energieintervall vorhandenen Zust¨ ande und deren Besetzungswahrscheinlichkeit f (W ) bestimmt n (W )dW = ZC (W )f (W )dW . F¨ ur die Zustandsdichte ZC (W ) im Leitungsband gilt nahe der Bandkante 2NC W −WC ZC (W ) ≈ , kB T πkB T
(12.20)
(12.21)
490
12. Halbleiter
uhrte effektive Zustandsdichte im Leitungsband wobei NC die in Kap. 12.3.1 eingef¨ bezeichnet. Die Besetzungswahrscheinlichkeit der Zust¨ande in Valenz- und Leitungsband ist durch die Fermi-Verteilung −1 W −WF (12.22) f (W ) = 1 + exp kB T gegeben; WF bezeichnet dabei die Fermi-Energie. F¨ ur T → 0 K geht die FermiVerteilung in eine Stufenfunktion u ¨ber 1 f¨ ur W < W F f (W ) = . 0 f¨ ur W > W F Diese Besetzung entspricht dem Grundzustand des Festk¨orpers, in dem alle Zust¨ande mit Energien unterhalb der Fermi-Energie WF besetzt, alle Zust¨ande mit gr¨oßeren Energiewerten unbesetzt sind. F¨ ur T > 0 K sind Elektronen aufgrund der W¨armebewegung aus Zust¨anden ande mit W > WF angeregt. Unterhalb der Fermi-Energie mit W < WF auf Zust¨ (W < WF ) gibt es jetzt auch unbesetzte Zust¨ande (f (W ) < 1), w¨ahrend oberhalb ande auftreten (f (W ) > 0). F¨ ur W = WF besitzt die (W > WF ) besetzte Zust¨ ¨ Fermi-Verteilung den Wert 1/2 und die Steigung −1/(4 kB T ). Der Ubergang von f (W ) ≈ 1 auf f (W ) ≈ 0 erfolgt demnach innerhalb eines Energieintervalls von der Gr¨ oßenordnung 4kB T (Abb. 12.16).
f(W ) 4 k BT 1
0 .5 T = 0 K T > 0 K 0 W F
W
Abb. 12.16. Verlauf der Fermi-Verteilung f (W )
F¨ ur dotierte Halbleiter, bei denen die Dotierstoffkonzentration klein ist im Vergleich zu den effektiven Zustandsdichten, liegt die Fermi-Energie WF zwischen den Bandkanten WV und WC . Die Elektronendichte n0 im thermischen Gleichgewicht errechnet sich aus n (W ) durch Integration u amtliche erlaubten Zust¨ande ¨ber s¨ ∞ ZC (W )f (W ) dW . (12.23) n0 = WC
Wegen des exponentiellen Abfalls der Fermi-Verteilung f¨ ur W WF wurde hier die obere Integrationsgrenze nach ∞ verschoben. In v¨olliger Analogie gibt p (W ) dW = ZV (W )[ 1−f (W )] dW
(12.24)
12.3. Halbleiter im thermischen Gleichgewicht
491
die Dichte der unbesetzten Zust¨ ande im Valenzband mit Energien zwischen W und W +dW , d. h. die Dichte der L¨ ocher mit entsprechenden Energien an. Dabei bezeichnet ZV (W ) die Zustandsdichte im Valenzband; mit der effektiven Zustandsdichte NV im Valenzband gilt nahe der Valenzbandkante die N¨aherung WV −W 2NV ZV (W ) ≈ . (12.25) kB T πkB T Die L¨ ocherdichte errechnet sich aus Gl. (12.24) zu WV p0 = ZV (W )[ 1−f (W )] dW .
(12.26)
−∞
F¨ ur nichtentartete Halbleiter (keine extrem hohen Dotierungen) liegt die FermiEnergie hinreichend weit von den Bandkanten entfernt in der verbotenen Zone, um eine Entwicklung f¨ ur f (W ) in den B¨ andern zu rechtfertigen: Im Leitungsband gilt f¨ ur WC − WF kB T WF −W f (W ) ≈ exp , kB T und im Valenzband f¨ ur WF − WV kB T WF −W 1 − f (W ) ≈ exp − . kB T Werden Elektronen- und L¨ ocherdichte mit diesen N¨aherungen berechnet, so ergeben sich die Gln. (12.13) und(12.14). Beispiel 12.3.1 Betrachtet wird ein Siliziumkristall, bei dem die Fermi-Energie um 150 meV unter der Leitungsbandkante liegt. Bei T = 300 K gilt dann WC −WF ≈ 331 1 . exp kB T F¨ ur die Fermi-Verteilung l¨ aßt sich bei W = WC deshalb die Boltzmann-N¨aherung WC −WF f (WC ) ≈ exp − ≈ 3.02 · 10−3 kB T verwenden, d.h. nur 0.3 % aller Zust¨ ande an der Leitungsbandkante sind unter diesen Umst¨ anden besetzt. F¨ ur Zust¨ ande oberhalb der Leitungsbandkante ist die Boltzmann-N¨ aherung erst recht gerechtfertigt. Zust¨ande, die um 2kB T (bei Raumtemperatur ca. 50 meV) u ¨ber der Leitungsbandkante liegen sind nur noch mit der Wahrscheinlichkeit f (WC +2kB T ) ≈
1 f (WC ) ≈ 4.09 · 10−4 e2
besetzt. Dies illustriert den steilen Abfall der Besetzungswahrscheinlichkeit f¨ ur Zust¨ ande oberhalb der Fermi-Energie: Im Leitungsband sind deswegen vorzugsweise Zust¨ ande in der N¨ ahe der Leitungsbandkante besetzt. ∆
492
12. Halbleiter
12.3.3 Dotierung Im reinen Halbleiter k¨ onnen Elektronen nur durch Anregung aus dem Valenzband in das Leitungsband gelangen. Elektronen und L¨ocher werden dabei paarweise erzeugt, so daß n0 = p0 = ni . Durch Dotieren, d. h. durch den gezielten Einbau chemischer Verunreinigungen in das Kristallgitter des Halbleiters kann das Verh¨ altnis von Elektronen- zu L¨ocherdichte ver¨andert werden. Bei den eingebauten Dotierstoffatomen wird zwischen Donatoren und Akzeptoren unterschieden. Donatoren sind Elemente, die bei Einbau in das Kristallgitter sehr leicht ein Elektron an das Leitungsband abgeben k¨onnen. Akzeptoren sind dagegen Elemente, die bei Einbau in das Kristallgitter sehr leicht ein Elektron aus dem Valenzband aufnehmen k¨onnen, und damit ein Loch im Valenzband zur¨ ucklassen. Als Beispiel wird die Dotierung von Silizium mit den Dotierstoffen Arsen (As) und Bor (B) betrachtet. S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
A s
S i
S i
S i
+
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
(a )
W L e itu n g s b a n d k a n te W C
W D
lo k a lis ie r te D o n a to rz u s tä n d e W
V a le n z b a n d k a n te
V
(b )
Abb. 12.17. Donatoren. (a) Einbau eines As-Atoms in das Si-Gitter als As+ -Ion mit schwach gebundenem Elektron, (b) Bandschema mit lokalisierten Donatorzust¨ anden
Donatoren. Arsen (As) ist ein f¨ unfwertiges Element. Es besitzt f¨ unf Elektronen in der Valenzschale. Beim Einbau eines As-Atoms in das Si-Gitter werden vier der f¨ unf Valenzelektronen f¨ ur die Abs¨attigung der Bindungen mit den vier n¨ achsten Nachbaratomen im Si-Gitter ben¨otigt. Diese vier Valenzelektronen kompensieren die Ladung des As-Atomkerns bis auf eine Elementarladung – das As-Atom wird demzufolge als As+ -Ion in das Gitter eingebaut. Das verbleibende f¨ unfte Elektron ist nur schwach an dieses einfach positiv geladene Ion gebunden: Die Bindungsenergie WC − WD dieses Elektrons liegt f¨ ur typische Donatoren im Bereich von (10 − 50) meV. Im Bandschema sind nun zus¨atzlich lokalisierte Donatorzust¨ ande (Abb. 12.17 b) unterhalb der Leitungsbandkante zu ber¨ ucksichtigen.
12.3. Halbleiter im thermischen Gleichgewicht
493
Bei T = 0 K sind alle f¨ unf Valenzelektronen an das As-Ion gebunden: S¨amtliche Donatorzust¨ ande sind mit Elektronen besetzt – die St¨orstellen haben in diesem Fall keinen Einfluß auf die Leitf¨ahigkeit. Bei Raumtemperatur sind die Donatoratome weitgehend ionisiert, d.h. die Elektronen wurden durch die W¨armebewegung aus den Donatorniveaus in Leitungsbandzust¨ande angeregt. Es entstehen zus¨ atzliche frei im Festk¨ orper bewegliche Elektronen und fest im Gitter gebundene Donatorionen. Mit der Dichte der eingebauten Donatoratome steigt dabei die Dichte der Elektronen im Leitungsband und damit die Leitf¨ahigkeit. u n v o lls tä n d ig a b g e s ä ttig te s B in d u n g s o r b ita l S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
B
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i
S i (a )
S i
S i
W L e itu n g s b a n d k a n te W C
lo k a lis ie r te A k z e p to rz u s tä n d e W V a le n z b a n d k a n te
W
A V
(b )
Abb. 12.18. Akzeptoren. (a) Einbau eines B-Atoms in das Si-Gitter, (b) Bandschema mit lokalisierten Akzeptorzust¨ anden oberhalb der Valenzbandkante
Akzeptoren. Das Bor-Atom (B) hat nur drei Valenzelektronen. Wird Bor in das Si-Gitter eingebaut, so bleibt eine der vier kovalenten Bindungen zu den n¨ achsten Nachbarn unges¨ attigt (Abb. 12.18 a): Es entsteht ein unbesetzter (lokalisierter) Elektronenzustand, der energetisch nur wenig u ¨ber dem nahezu vollst¨andig besetzten Valenzband liegt (Abb. 12.18 b). Elektronen aus dem Valenzband sind leicht thermisch so weit anzuregen, daß sie diesen Akzeptorzustand besetzen k¨ onnen. Auf diesem Weg entsteht im Leitungsband ein unbesetzter Zustand (Loch), der f¨ ur den Stromtransport zur Verf¨ ugung steht. Liegt die Fermi-Energie deutlich oberhalb der St¨orstellenniveaus, so sind bei Raumtemperatur nahezu s¨ amtliche Akzeptorzust¨ande besetzt: Die Dichte der L¨ocher im Valenzband ist dann ann¨ ahernd gleich der Dichte der eingebauten Akzeptoratome. In Verbindungshalbleitern sind Atome mit unterschiedlicher Anzahl der Valenzelektronen zum Gitter zusammengef¨ ugt: Im Beispiel GaAs etwa Galli-
494
12. Halbleiter
um mit drei Valenzelektronen und Arsen mit f¨ unf Valenzelektronen. Zinkatome (zweiwertig) werden im Gitter bevorzugt auf Ga-Pl¨atzen eingebaut: Zink wirkt als Akzeptor; Selen-Atome (sechswertig) werden im Gitter bevorzugt auf As-Pl¨ atzen eingebaut und wirken damit als Donator. Vierwertige Elemente (z.B. Si) k¨ onnen sowohl auf Ga-Pl¨atzen als auch auf As-Pl¨atzen eingebaut werden, sie wirken im ersten Fall als Donator und im zweiten Fall als Akzeptor. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von amphoteren Dotierstoffen.
12.3.4 Ladungstr¨ agerdichten im dotierten Halbleiter Im homogen dotierten Halbleiter gilt im thermischen Gleichgewicht stets die Neutralit¨ atsbedingung p0 − n0 + ND+ − NA− = 0 ,
(12.27)
wobei ND+ die Dichte der ionisierten Donatoren und NA− die Dichte der ionisierten Akzeptoren bezeichnet. Die Neutralit¨atsbedingung besagt, daß sich positive und negative Ladungen im Halbleiter kompensieren – der Halbleiter ist elektrisch neutral. Zusammen mit dem Massenwirkungsgesetz n0 p0 = n2i folgt im thermischen Gleichgewicht f¨ ur die Tr¨agerkonzentrationen in einem − 8 n-Typ Halbleiter (NA = 0) nn0
1 + 2 + 2 = (ND ) + 4ni + ND ; 2
pn0 =
n2i nn0
(12.28)
np0 =
n2i pp0
(12.29)
und f¨ ur einen p-Typ Halbleiter (ND+ = 0) pp0 =
1 − 2 (NA ) + 4n2i + NA− ; 2
Liegen sowohl Donatoren als auch Akzeptoren vor, so verh¨alt sich der Halbleiter wie ein n-Typ Halbleiter, falls die Donatorkonzentration u ¨berwiegt oder wie wie ein p-Typ Halbleiter, falls die Akzeptorkonzentration u berwiegt. Maߨ geblich f¨ ur die Berechnung der Ladungstr¨agerdichten ist jeweils die NettoDotierstoffkonzentration ND+ − NA− bzw. NA− − ND+ . F¨ ur Halbleiterbauelemente werden die Dotierstoffkonzentrationen so gew¨ahlt, daß sie im zugelassenen Betriebstemperaturbereich wesentlich gr¨oßer sind als die intrinsische Dichte ni . Im n-Typ Halbleiter (NA− = 0) gilt nn0 ≈ ND+
bzw.
pn0 ≈ n2i /ND+ .
(12.30)
Unter der Voraussetzung ND+ ni gilt nn0 pn0 , d.h. im n-Typ Halbleiter ist die Dichte der Elektronen groß im Vergleich zur Dichte der L¨ocher. Elektronen 8 Bei dieser Schreibweise sagt der erste Index ob es sich um einen n-Typ oder p-Typ Halbleiter handelt; der zweite Index 0 bezeichnet den Fall des thermischen Gleichgewichts.
12.3. Halbleiter im thermischen Gleichgewicht
495
werden deshalb auch als Minorit¨ aten, die L¨ocher als Majorit¨ aten bezichnet. Im p-Typ Halbleiter (ND+ ≈ 0) gilt entsprechend pp0 ≈ NA−
bzw.
np0 ≈ n2i /NA− ,
(12.31)
Hier ist pp0 np0 , d. h. im p-Typ Halbleiter u ¨berwiegt die Dichte der L¨ocher die der Elektronen: Im p-Typ Halbleiter sind die L¨ocher die Majorit¨aten und die Elektronen die Minorit¨ aten. Die Majorit¨atsdichten nn0 und pp0 sind durch die Dotierstoffkonzentration bestimmt und ann¨ahernd konstant, w¨ahrend die Minorit¨atsdichten np0 und pn0 stark von der Temperatur abh¨angig sind. 3
in tr in s is c h e r F a ll 2 S tö r s te lle n e rs c h ö p fu n g
c m
-3
S tö r s te lle n re s e rv e
n (T )
n /1 0
1 5
1
n i( T ) 0 0
1 0 0
2 0 0 T
3 0 0
4 0 0
5 0 0
K
6 0 0
Abb. 12.19. Elektronendichte in n-Typ-Silizium (Dotierung ND = 1015 cm−3 ) als Funktion der Temperatur (schematisch)
Da die intrinsische Dichte eines Halbleiters stark mit der Temperatur ansteigt, gelten die Beziehungen (12.30) und (12.31) nur f¨ ur einen begrenzten Temperaturbereich. Abbildung 12.19 zeigt die Abh¨angigkeit der Elektronendichte von der Temperatur f¨ ur einen mit 1015 Donatoratomen pro cm3 dotierten Siliziumkristall. Dort werden drei Bereiche auf der Temperaturskala unterschieden. F¨ ur technische Anwendungen ist dabei vor allem der Bereich der St¨ orstellenersch¨ opfung, in dem praktisch alle St¨orstellenatome ionisiert sind von Bedeutung. Hier ist die Dichte der Majorit¨aten in guter N¨aherung gleich der Dotierstoffkonzentration (ND ≈ ND+ , bzw. NA ≈ NA− ). Bei sehr tiefen Temperaturen treten, bedingt durch den Einfang von Ladungstr¨agern in die St¨ orstellenniveaus, Abweichungen auf. Die unvollst¨andige Ionisation der St¨ orstellenatome bedingt eine im Vergleich zur Dotierstoffkonzentration verringerte Dichte der Majorit¨atsladungstr¨ager. Dieser Bereich wird als St¨ orstellenreserve bezeichnet. Mit zunehmender Temperatur wird ni nach Gl. (12.16) immer gr¨oßer und kann nicht mehr gegen die St¨ orstellenkonzentration vernachl¨assigt werden.
496
12. Halbleiter
Bei sehr hohen Temperaturen ist ni groß im Vergleich zur St¨orstellenkonzentration. Dann gilt nn0 ≈ pn0 ≈ ni . Der Halbleiter verliert unter diesen Umst¨anden seine spezifischen n-Typ oder p-Typ-Eigenschaften – in diesem Bereich liegen ann¨ ahernd intrinsische Verh¨altnisse vor. St¨ orstellenreserve. Im Fall der St¨orstellenreserve sind die eingebauten Donatorbzw. Akzeptoratome nur zum Teil ionisiert. Bezeichnet ND die Dichte der in das Gitter eingebauten Donatorst¨ orstellen, so ist die Dichte ND+ der ionisierten Donatoren, d. h. der Donatoren, die ein Elektron an das Leitungsband abgegeben haben, durch die Energie WD der Donator-Energieniveaus bestimmt [11] ND+ =
N D . WF − WD 1 + exp kB T
(12.32)
ucksichtigt, daß an das Donatoratom gebundene ElekDie effektive Energie WD ber¨ tronen zwei verschiedene Spinrichtungen aufweisen k¨onnen (Spin-Entartung) und ur m¨ aßig dotierte Halbleiter, in denen die Fermiweicht deshalb etwas von WD ab. F¨ Energie deutlich unterhalb der St¨ orstellenniveaus liegt (WD > WF ), gilt in guter ur die Elektronendichte im n-dotierten Halbleiter folgt aus N¨ aherung ND ≈ ND+ . F¨ WF − WC nn0 = NC exp ≈ ND+ kB T und ND+ =
N ND D = WF − WD WC − WD nn0 1 + exp 1+ exp kB T NC kB T
eine quadratische Gleichung f¨ ur nn0 mit der L¨osung WD −WC WC −WD NC 4ND exp nn0 = 1+ exp · −1 . 2 kB T NC kB T Bei niedrigen Temperaturen ist der 2. Term unter der Wurzel dominant. Dann gilt
WD −WC ND NC exp nn0 ≈ , 2kB T d. h. die Elektronendichte h¨ angt hier exponentiell von der Temperatur ab.
12.3.5 Lage der Fermi-Energie Im Fall dotierter Halbleiter ergibt sich die Lage der Fermi-Energie aus
n0 = NC exp
WF −WC kB T
sowie der Neutralit¨ atsbedingung p0 − n0 + ND+ − NA− = 0 ,
und
p0 = NV exp
WV −WF kB T
12.3. Halbleiter im thermischen Gleichgewicht
497
wobei ND+ die Dichte der ionisierten Donatoren und NA− die Dichte der ionisierten Akzeptoren bezeichnet. F¨ ur p-dotierte Halbleiter gilt ND+ ≈ 0 und np0 ≈ 0, so daß
WF ≈ WV + kB T ln NV /NA−
= WFp .
(12.33)
Mit zunehmender Dotierung NA− verschiebt sich die Fermi-Energie demnach immer mehr zur Valenzbandkante hin. F¨ ur n-dotierte Halbleiter gilt NA− ≈ 0 und pn0 ≈ 0, so daß
WF ≈ WC − kB T ln NC /ND+
= WFn .
(12.34)
Mit zunehmender Dotierung ND− verschiebt sich die Fermi-Energie demnach immer mehr zur Leitungsbandkante hin.
12.3.6 Stark dotierte Halbleiter Bei starker Dotierung ist die Dichte der Majorit¨aten groß und es kommt zu Abweichungen von (12.13) bzw. (12.14), da die Fermi-Verteilung nicht mehr durch einen einfachen Boltzmannfaktor angen¨ahert werden kann. Dar¨ uber hinaus kommt es zu Abweichungen durch den Einfluß der Dotierstoffatome und der zus¨atzlich vorhandenen Ladungstr¨ager auf die Zustandsdichte [12,13]. Die genannten Einfl¨ usse bewirken einen Anstieg der intrinsischen Dichte und zeigen demnach dieselbe Wirkung wie eine Verringerung der Energiel¨ ucke (bandgap narrowing); dies hat u.a. erhebliche Auswirkungen auf die Stromverst¨arkung von Bipolartransistoren. Die Hochdotierungseffekte lassen sich durch eine von der Dotierstoffkonzentration abh¨angige effektive intrinsische Dichte nie beschreiben
nie
∆Wgapp (N ) = ni exp 2kB T
.
(12.35)
Dabei bezeichnet ∆Wgapp (N ) das sog. scheinbare bandgap narrowing; diese Gr¨oße ber¨ ucksichtigt sowohl die Auswirkungen der tats¨achlichen Abnahme der Energiel¨ ucke als auch der Abweichungen von der Boltzmann-Statistik. F¨ ur das scheinbare bandgap narrowing als Funktion der Dotierstoffkonzentration wird u ¨blicherweise die empirische Beziehung [14]
∆Wgapp (N ) = W1 ln(N/N0 ) +
ln2 (N/N0 ) + 0.5
(12.36)
verwendet. Das scheinbare bandgap narrowing wird durch elektrische Messungen ermittelt; da diese allerdings stets das Produkt aus der Beweglichkeit der Minorit¨aten und dem Quadrat der effektiven intrinsischen Dichte ergeben,
498
12. Halbleiter
kann nie und damit ∆Wgapp (N ) nur bei bekannter Minorit¨atsladungstr¨agerbeweglichkeit extrahiert werden. Silizium. Daten f¨ur das scheinbare bandgap narrowing in Silizium die mit dem Beweglichkeitsmodell von Klaassen [15, 16] zusammenpassen sind W1 = 6.92 meV und N0 = 1.3 · 1017 cm−3 . Gilt N N0 , so steigt das scheinbare bandgap narrowing ann¨ ahernd logarithmisch mit der Dotierstoffkonzentration N an N . (12.37) ∆Wgapp ≈ 13.84 meV · ln 1.3 · 1017 cm−3 F¨ ur den Anstieg der effektiven intrinsischen Dichte ergibt sich daraus ein Potenzgesetz T0 /T N , (12.38) nie (T ) ≈ ni (T ) 1.3 × 1017 cm−3 wobei T0 ≈ 13.84 meV/2kB ≈ 80 K. W
W
Z C
W
(W )
C
W
Z C
W
(W )
Z
g
h ö h e r e D o tie r u n g
(W )
Ü b e r la p p u n g v o n L e itu n g s b a n d u n d S tö rb a n d
D
g e r in g e D o tie r u n g W
C
W g
-D W g
B a n d a u s lä u fe r W V
Z V(W ) (a )
Z V(W )
Z u s ta n d s d ic h te
Z V(W ) Z u s ta n d s d ic h te
Z u s ta n d s d ic h te (b )
(c )
Abb. 12.20. Zustandsdichte im (a) reinen, (b) gering bis m¨ aßig dotierten und (c) sehr stark n-dotierten Halbleiter mit Veringerung der Energiel¨ ucke
Einfluß auf die Zustandsdichte. In reinen Halbleitern ist die Zustandsdichte in der Energiel¨ ucke null (Abb. 12.20 a). Ein substitutionell eingebautes Donatoratom f¨ uhrt zu einem lokalisierten Zustand in der Energiel¨ ucke, der von einem Elektron besetzt werden kann. Werden mehrere solcher Donatoren in das Gitter eingebaut und ist ihre mittlere Entfernung so groß, daß sich die Wellenfunktionen der Donatorzust¨ ande nicht gegenseitig beeinflussen, so weist die Zustandsdichte eine zus¨ atzliche Spitze in der N¨ahe der Leitungsbandkante auf (Abb. 12.20 b). Die Ausdehnung der Wellenfunktion eines Donatorzustands l¨aßt sich aus dem Bohrschen Radius a0 = 4π¯ h2/m∗n e2 absch¨atzen, und liegt bei gr¨oßenordnungsm¨aßig 10 nm. Nur wenn der Abstand zwischen benachbarten St¨orstellen
12.3. Halbleiter im thermischen Gleichgewicht
499
groß ist gegen¨ uber a0 , d.h. f¨ ur Donatorkonzentrationen ND die der Beziehung ND 1/a30 gen¨ ugen kann die Wechselwirkung zwischen den Donatorzust¨anden vernachl¨ assigt werden. Mit a0 ≈ 10 nm f¨ uhrt dies auf die Forderung 18 −3 ND 10 cm . Bei h¨ oherer Dotierung k¨onnen sich die Wellenfunktionen benachbarter Donatorzust¨ ande u ¨berlappen – es kommt zur Ausbildung eines St¨ orbands. Das Enerigeniveau der St¨ orstellenzust¨ande verschiebt sich dabei etwas, da benachbarte St¨ orstellen ebenfalls eine Kraft auf ein an einem Donatorion gebundenes Elektron aus¨ uben. Das Ausmaß dieser Verschiebung h¨angt vom Abstand zum Nachbarn und damit von der Dotierstoffkonzentration N ab [12]. Da die Verteilung der Dotierstoffatome statistischen Schwankungen unterworfen ist, werden einzelne St¨ orstellenzust¨ande st¨arker, andere weniger stark verschoben: Die Zustandsdichte verbreitert sich (Abb. 12.20 b) und weist im Bereich des St¨ orbands ann¨ ahernd die Form einer Gauß-Verteilung auf [17]. W W
W g
W g
(x ) = W
x
W
C
(x )
L e itu n g s b a n d Z C
(W )
V
g
(x )
V a le n z b a n d
Z V
(W )
Z (W )
Abb. 12.21. Zur Bildung von Bandausl¨ aufern durch r¨ aumliche Schwankungen des elektrostatischen Potentials (nach [18])
Die St¨orstellen sind nicht v¨ ollig gleichf¨ ormig u ¨ber das Kristallgitter verteilt. Dies f¨ uhrt zu r¨ aumlichen Fluktuationen des auf die Ladungstr¨ager wirkenden elektrostatischen Potentials und zur Bildung von Potentialmulden in den B¨andern (Abb. 12.21). Die Zustandsdichtefunktion weist unter diesen Umst¨anden sog. Bandausl¨ aufer auf Abb. 12.20 c). Solche Bandausl¨aufer treten sowohl in Valenz- als auch im Leitungsband auf und sind weitgehend identisch [19]. Mit weiter zunehmender Donatorkonzentration verschmilzt das St¨orband mit dem Leitungsband (Abb. 12.20 c); eine Unterscheidung zwischen St¨orstellenzust¨ anden und Leitungsbandzust¨anden ist nicht mehr m¨oglich. Da die Fermi-Energie in so stark n-dotierten Halbleitern oberhalb der Lei” tungsbandkante“ zu liegen kommt, bleiben auch bei sehr tiefen Temperaturen zahlreiche Leitungsbandzust¨ ande besetzt. Die Ladungstr¨ager frieren nicht wie im Bereich der St¨ orstellenreserve des moderat dotierten Halbleiters aus – sehr stark dotierte Halbleiter gehen auch bei tiefen Temperaturen nicht in den Isolatorzustand u ¨ber.
500
12. Halbleiter
12.4 Halbleiter im Nichtgleichgewicht Ohne ¨außere Anregung verbleiben Halbleiter im Zustand des thermischen Gleichgewichts. Anlegen einer Spannung, Bestrahlen mit Licht o.¨a. f¨ uhrt jedoch zu Abweichungen von diesem Zustand mit der Folge, daß ein Strom fließt, zus¨atzliche Elektron-Loch-Paare erzeugt werden, usw. Str¨ome in Halbleitern haben ihre Ursachen in einem elektrischen Feld (Driftstrom), einer ortsabh¨angigen Konzentration der Ladungstr¨ager (Diffusionsstrom) oder in einer vom Ort abh¨ angigen Temperatur (Thermostrom). Das Verhalten der u ¨blicherweise in der Elektronik verwendeten Halbeiterbauelemente wird nahezu ausschließlich durch Drift- und Diffusionsstr¨ome bestimmt. Dieser Abschnitt erl¨autert die grundlegenden Gleichungen der Drift-Diffusions-N¨aherung, sowie die f¨ ur Sensorbauelemente bedeutsamen galvanomagnetischen, thermoelektrischen und piezoresistiven Effekte.
12.4.1 Driftstrom Ein elektrisches Feld E(x) u ¨bt die Kraft −eE(x) auf Elektronen aus. Wird ein Elektron um dx im elektrischen Feld verschoben, so muß die Arbeit dW = −eE(x)dx verrichtet werden. Dabei ¨ andert sich seine potentielle Energie: Im Bandschema wird die Lage der Bandkanten ortsabh¨angig. Bezeichnet dWC = ¨ −dW = eE(x)dx die Anderung der potentiellen Energie, so folgt E(x) =
1 dWC , e dx
d.h. die Steigung der Leitungsbandkante im Bandschema ist durch die elektrische Feldst¨arke bestimmt (Abb. 12.22). Elektronen und L¨ ocher werden durch die Kraftwirkung des elektrischen Feldes beschleunigt: L¨ ocher in und Elektronen entgegengesetzt zur Richtung des Feldst¨arkevektors. Der Weg eines Elektrons bzw. Lochs ist im Bandschema als horizontale Linie (W = const.) einzuzeichnen, solange das betreffende Teilchen keine Energie an das Gitter abgibt bzw. von dort aufnimmt. Durch die Beschleunigung des Elektrons im elektrischen Feld wird zwar potentielle Energie in kinetische Energie umgewandelt, die Gesamtenergie bleibt dabei jedoch erhalten: Mit zunehmendem Weg erh¨oht sich der Abstand von den Bandkanten, was als Zunahme der kinetischen Energie (Bewegungsenergie) interpretiert wird. Reale Kristalle weisen keine exakt periodische Gitterstruktur auf: Defekte (insbesondere in das Kristallgitter eingebaute Fremdatome) sowie Gitterschwingungen aufgrund der W¨ armebewegung bewirken eine Streuung der Elektronen. Durch derartige St¨ oße mit dem Gitter verlieren die Teilchen i. allg. Energie, k¨onnen von dort aber auch welche aufnehmen. Im Bandschema wer¨ den diese Anderungen der aus kinetischer und potentieller Energie des Elek-
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht W
501
U m w a n d lu n g v o n p o te n tie lle r in k in e tis c h e E n e r g ie ( E le k tr o n e n )
D r iftb e w e g u n g e in e s E le k tr o n s
k in e tis c h e E n e r g ie
W
W e le k tr is c h e s F e ld
o h n e E n e r g ie a b g a b e a n d a s G itte r
(x ) C
D r iftb e w e g u n g e in e s L o c h s
V
(x )
E n e r g ie d e r L ö c h e r
E n e r g ie d e r E le k tr o n e n
x
U m w a n d lu n g v o n p o te n tie lle r in k in e tis c h e E n e r g ie ( L ö c h e r )
Abb. 12.22. Eindimensionales Bandschema eines Halbleiters bei Anwesenheit eines elektrischen Feldes
trons zusammengesetzten Energie durch Abweichungen der W (x)-Kurve von der horizontalen Linie dargestellt (Abb. 12.22). Die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur, daß ein Elektron Energie u ¨ber einen Stoß mit dem Gitter verliert, w¨achst mit zunehmender Bewegungsenergie des Elektrons stark an. Aus diesem Grund gelingt es nur sehr wenigen Elektronen, eine hohe kinetische Energie aus dem Feld aufzunehmen: Die meisten W (x)-Kurven verlaufen innerhalb eines schmalen Bereichs der Breite 100 mV bei der Bandkante WC (x). Ein einfaches Modell f¨ ur den Stromtransport aufgrund der Bewegung der Ladungstr¨ager im elektrischen Feld ist das Drude-Lorentz-Modell. Dabei wird angenommen, daß die Ladungstr¨ ager bei Streuvorg¨angen an Gitterst¨orungen mit gleicher Wahrscheinlichkeit in jede Richtung gestreut werden. Der Mittelwert der Geschwindigkeitsvektoren direkt nach einem Streuvorgang ist deshalb null. F¨ ur die gerichtete Bewegung des Ladungstr¨agers im elektrischen Feld verbleibt damit nur die Zeit zwischen jeweils zwei Streuvorg¨angen. Diese erfolgen statistisch: Als Maß f¨ ur die H¨ aufigkeit der Streuvorg¨ange dient die Streuzeit – das ist die Zeit, die im Mittel zwischen zwei St¨oßen verstreicht – bzw. die freie Wegl¨ ange – das ist die im Mittel zwischen zwei Streuvorg¨angen zur¨ uckgelegte Wegstrecke. Je gr¨ oßer die Streuzeit bzw. die freie Wegl¨ange, desto l¨anger werden die Ladungstr¨ ager ungehindert in Feldrichtung beschleunigt, desto gr¨oßer wird die Driftgeschwindigkeit mit der sich die Ladungstr¨ager im Mittel in bzw. entgegengesetzt der Feldrichtung fortbewegen. Da die La-
502
12. Halbleiter
dungstr¨ager bei gr¨ oßerer Feldst¨ arke st¨ arker beschleunigt werden, w¨achst ihre Driftgeschwindigkeit mit der Feldst¨ arke an: Die Driftgeschwindigkeiten vn und vp f¨ ur Elektronen und L¨ ocher sind mit der elektrischen Feldst¨arke verkn¨ upft u ¨ber die Beziehungen vn = −µn E
und
vp = µp E .
(12.39)
Die Gr¨oßen µn und µp heißen Beweglichkeiten f¨ ur Elektronen bzw. L¨ocher. Ihr Wert w¨achst n¨ aherungsweise proportional zu den Streuzeiten τcn bzw. τcp f¨ ur Elektronen bzw. L¨ ocher an, wobei gilt µn = eτcn /m∗n
und
µp = eτcp /m∗p .
(12.40)
Beispiel 12.4.1 In schwach dotiertem Silizium liegt die Elektronenbeweglichkeit ur die Streuzeit folgt bei Raumtemperatur bei ca. 1400 cm2 /Vs bzw. 0.14 m2 /Vs. F¨ daraus mit m∗n = 0.26 me und der Umrechung kg m2 /s2 = VAs τcn =
0.14 m2 /Vs · 0.26 · 9.11 · 10−31 kg µn m∗n = ≈ 0.2 ps . e 1.602 · 10−19 As
Die zwischen zwei Streuvorg¨ angen im Mittel verstreichende Zeit ist demnach sehr gering. Dieser Tatbestand ist f¨ ur die Elektronik interessant, da die Beweglichkeit bei Wechselstrom der Kreisfrequenz ω als frequenzunabh¨angig angenommen werden ullt ist [2]: Wegen der sehr kleinen Streuzeiten ist die kann, solange ωτcn 1 erf¨ Beweglichkeit frequenzunabh¨ angig bis weit in den Gigahertzbereich. ∆
Die Beweglichkeit eines Ladungstr¨ agers bzw. seine Driftgeschwindigkeit in einem gegebenen elektrischen Feld E ist nach (12.40) umso gr¨oßer, je kleiner seine effektive Masse ist. Ein Halbleitermaterial mit besonders kleiner effektiver Elektronenmasse und besonders großer Elektronenbeweglichkeit ist InSb mit m∗n ≈ 0.0145 me und µn = 80000 cm2 /(Vs); aber auch Galliumarsenid mit m∗n ≈ 0.067 me und µn = 8500 cm2 /(Vs) weist eine deutlich geringere effektive Masse f¨ ur Elektronen und damit eine h¨ohere Elektronenbeweglichkeit auf als beispielsweise Silizium. Dies wird insbesondere in Heterostrukturbipolartransistoren und MODFETs ausgenutzt, um extrem schnelle“ Transistoren ” herzustellen. Zum Drude-Lorentz-Modell. Ist 1/τcn die Rate mit der Elektronen gestreut werden ur, daß ein Elektron zur Zeit (Streurate), so ist exp(−t/τcn ) die Wahrscheinlichkeit daf¨ t nach dem letzten Stoß noch nicht gestreut wurde. Die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur, daß ein Elektron im Zeitintervall [t, t+dt] nach dem letzten Stoß gestreut wird ist deshalb durch p(t) dt mit 1 t p(t) = exp − τcn τcn gegeben. Die mittlere Streuzeit f¨ ur Elektronen ∞ t p(t) dt = τcn 0
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
503
ergibt sich als Kehrwert der Streurate. Da sich die Elektronen zwischen Streuvorg¨ angen mit der Beschleunigung ax = −eE/m∗n im elektrischen Feld bewegen, legen Elektronen die zur Zeit t nach dem letzten Stoß gestreut werden im Mittel den uck. Die mittlere Verschiebung ∆xn eines Elektrons zwischen zwei Weg ax t2/2 zur¨ St¨ oßen ist demnach 1 ∞ 2 ax t2 p(t) dt = ax τcn . ∆xn = 2 0 Die Driftgeschwindigkeit der Elektronen ergibt sich nun durch Quotientenbildung vn = −µn E =
∆xn = ax τcn τcn
was auf (12.40) f¨ uhrt.9 Bei konstanter Streuzeit steigt die Driftgeschwindigkeit demnach proportional zur Feldst¨ arke an. Dies ist jedoch nur bei moderaten Feldst¨arken bis zu ca. 1 kV/cm in guter N¨ aherung erf¨ ullt. F¨ ur gr¨oßere Feldst¨arken kommt es zu Abweichungen von der Proportionalit¨ at und damit von Ohmschen Gesetz (vgl. Beispiel 12.4.2).
Spezifischer Widerstand Die Driftstromdichten Jn und Jp f¨ ur Elektronen und L¨ocher sind f¨ ur eine gegebene Feldst¨arke E proportional zur jeweiligen Ladungstr¨agerkonzentration und zur Driftgeschwindigkeit Jn = −envn = eµn nE Jp =
epvp
= eµp pE
(12.41)
Tragen Elektronen und L¨ ocher zum Stromtransport bei, so ist die Gesamtstromdichte J = Jn + Jp = e(µn n + µp p)E = σE = E/ρ .
(12.42)
Spezifische Leitf¨ ahigkeit σ und spezifischer Widerstand ρ sind also durch die allgemeine Beziehung σ = e(µn n + µp p) = 1/ρ
(12.43)
gegeben. Da im Bereich der St¨ orstellenersch¨opfung die Dichte der Majorit¨aten durch die Dotierstoffkonzentration bestimmt und groß im Vergleich zur Dichte 9 In der 1. Auflage wurde die mittlere Driftgeschwindigkeit wie in [20] als ax τcn /2 ermittelt. Da Elektronen nach dem Streuvorgang die mittlere Geschwindigkeit null haben und oht, ist es naheliegend, die mittsich diese innerhalb der mittleren Streuzeit bis auf ax τcn erh¨ lere Geschwindigkeit als arithmetisches Mittel aus Anfangswert“ 0 und Endwert“ ax τcn ” ” zu ermitteln. Dies ist jedoch nicht korrekt, da die Verschiebung der Teilchen proportional zum Quadrat der verstrichenen Zeit ist – Elektronen die f¨ ur Zeiten t τcn gestreut werden tragen deshalb wesentlich st¨ arker zum Strom bei als Elektronen die nach sehr kurzer Zeit erneut gestreut werden.
504
12. Halbleiter 1 0 2
W c m
r
1 0 1
1 0 0
1 0
-1
1 0
-2
1 0
-3
S iliz iu m T = 3 0 0 K
p -T y p
n -T y p
~ N
-1
~ N 1 0
-1
-4
1 0
1 4
1 0
1 5
1 0
1 6
1 0
1 7
1 0
1 8
1 0
1 9
1 0
2 0
c m
-3
D o tie r s to ffk o n z e n tr a tio n N
Abb. 12.23. Spezifischer Widerstand ρ von dotiertem Silizium bei T = 300 K (nach [9])
der Minorit¨aten ist, errechnet sich der spezifische Widerstand von n- bzw. pdotierten Halbleitern in guter N¨ aherung aus ρn =
1 eµn ND
bzw.
ρp =
1 . eµp NA
(12.44)
Abbildung 12.23 zeigt die Abh¨ angigkeit des spezifischen Widerstands ρ f¨ ur n-dotiertes und p-dotiertes Silizium von der Dotierstoffkonzentration. Wegen der durch die Dotierstoffkonzentration N bestimmten Majorit¨atsdichten nimmt der spezifische Widerstand ρ bei geringer Dotierung ab wie 1/N . F¨ ur Dotierstoffkonzentrationen N ≥ 1016 cm−3 ergeben sich Abweichungen von der umgekehrten Proportionalit¨ at, da die Beweglichkeiten mit der Dotierstoffkonzentration abnehmen. Die Beweglichkeiten h¨ angen sowohl von der Temperatur als auch von Dotierstoffkonzentration und Feldst¨ arke ab. Die Abh¨angigkeit von Temperatur und Dotierstoffkonzentration ist leicht einzusehen. Mit erh¨ohter Temperatur weisen die Gitteratome eine verst¨ arkte thermische Bewegung auf, was die Elektronen zu vermehrter Streuung veranlaßt und eine Abnahme der Streuzeit verursacht. In derselben Weise wirkt eine Erh¨ohung der Dotierstoffkonzentration: Durch den Einbau der Dotierstoffatome in das Gitter werden zus¨atzliche Streuzentren geschaffen, die ebenfalls zu einer Reduktion der Streuzeit und damit der Beweglichkeit f¨ uhren. Die Abh¨angigkeit der Beweglichkeiten f¨ ur Elektronen und L¨ ocher von der Dotierstoffkonzentration ist in Abb. 12.24
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht 1 0
1 4
1 0
1 5
1 0
1 6
1 0
505 1 7
1 0
1 8
1 0
1 9
1 0
2 0
1 0
2 1
1 5 0 0 c m V s
3 5 c m 2/s 3 0
2
1 0 0 0 m n, m
2 5
E le k tr o n e n
2 0 p
D n
, D p
1 5
5 0 0
1 0
L ö c h e r
5 0
1 0
1 4
1 0
1 5
1 0
1 6
1 0
1 7
1 0
1 8
1 0
1 9
c m
0 -3
1 0
2 1
D o tie r s to ffk o n z e n tr a tio n Abb. 12.24. Beweglichkeiten µn und µp sowie Diffusionskoeffizienten Dn und Dp bei T = 300 K in Silizium als Funktion der Dotierstoffkonzentration
dargestellt.10 Die Abbildung zeigt, daß die L¨ocherbeweglichkeit nur gut ein Drittel der Elektronenbeweglichkeit betr¨agt. Dies hat beispielsweise zur Folge, daß Transistoren die einen L¨ ocherstrom steuern bei gleichen Abmessungen langsamer arbeiten und geringere Str¨ ome f¨ uhren als Transistoren, die einen Elektronenstrom steuern.
Feldst¨ arkeabh¨ angigkeit der Beweglichkeit Die Feldst¨ arkeabh¨ angigkeit der Beweglichkeit h¨angt damit zusammen, daß die Streumechanismen im Halbleiter energieabh¨angig sind. Den Hintergrund hierf¨ ur liefert die Quantentheorie, nach der bestimmte Gitterschwingungen (sog. optische Phononen) eine bestimmte Energie aufweisen (quantisiert sind). Ist die kinetische Energie eines Ladungstr¨agers geringer als die Energie einer solchen Schwingung, so kann dieser seine Energie nicht unter Erzeugung eines optischen Phonons abgeben. Dies ¨ andert sich, sobald die zur Erzeugung eines optischen Phonons erforderliche Energie Wop erreicht ist – die Streuzeit f¨ ur Ladungstr¨ager mit Energien gr¨ oßer als Wop ist deshalb wesentlich geringer als die Streuzeit f¨ ur Ladungstr¨ ager mit Energien unterhalb der Schwelle. Nur sehr wenige Elektronen – sog. heiße Elektronen – werden deshalb so stark beschleunigt, daß ihre kinetische Energie deutlich oberhalb der Schwellenergie f¨ ur die Erzeugung optischer Phononen liegt. Dies f¨ uhrt zu einer S¨ attigung 10 Modellgleichungen f¨ ur die Beweglichkeiten in Silizium sind am Ende dieses Abschnitts zusammengestellt.
506
12. Halbleiter 1 0 8
c m /s
D r iftg e s c h w in d ig k e it
1 0
S i
G a A s E le k tr o n e n 7
1 0 6
1 0 5
E le k tr o n e n
S i L ö c h e r
1 0
1 0 2
3
1 0 4
1 0 5
e le k tr is c h e F e ld s tä r k e
V /c m
1 0 6
Abb. 12.25. Driftgeschwindigkeit f¨ ur Elektronen und L¨ ocher in Si und GaAs
der Driftgeschwindigkeit [21]. Die S¨ attigungsgeschwindigkeit l¨aßt sich aus der Energie zur Erzeugung eines optisches Phonons absch¨atzen. Absch¨atzung der S¨ attigungsgeschwindigkeit. F¨ur die Driftgeschwindigkeit der Elektronen gilt vn = −
eτcn E m∗n
bzw.
eE = −
vn m∗n . τcn
Ist Wop die Energie eines optischen Phonons und τop die Zeit die im Mittel zwischen zwei St¨ oßen mit Anregung eines optischen Phonons verstreicht, so verliert ein Elektron im Mittel pro Zeiteinheit die Energie Wop /τop ; diese Verlustleistung muß bei Geschwindigkeitss¨ attigung im Gleichgewicht mit der im Mittel vom elektrischen Feld verrichteten Leistung −eEvnsat stehen, was auf die Leistungsbilanz Wop m∗ 2 = −eEvnsat = n vnsat τop τcn f¨ uhrt. Mit Wop = 63 meV und m∗n ≈ 0.26 me folgt so f¨ ur die S¨attigungsgeschwindigkeit vnsat der Elektronen in Silizium Wop τcn τcn 7 cm = 1.63 · 10 vnsat = ∗ mn τop s τop Da τcn alle Streuprozesse erfaßt, ist11 τcn /τop < 1; da die Erzeugung optischer Phononen bei hohen Feldst¨ arken aber einen hohen Anteil der Streuprozesse ausmacht [23], ist das Verh¨ altnis in der Gr¨ oßenordnung von eins und die S¨attigungsgeschwindigkeit in der Gr¨ oßenordnung von 107 cm/s. 11
Der Zusammenhang zwischen τcn und τop ist durch die Matthiesensche Regel [22] gegeben wonach, mit der Streurate 1/τnop der Streuprozesse bei denen keine optischen Phononen erzeugt werden, gilt: 1/τcn = 1/τnop + 1/τop .
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
507
g r o ß e e ffe k tiv e M a s s e B e w e g lic h k e it m nL < < m nG
3 e V
W C
2 D W 1
= W L - W = 0 .3 1 e V
k le in e e ffe k tiv e M a s s e , B e w e g lic h k e it m n G G
W g
= 1 .4 2 4 e V
0 W V
-1 1 1 1 L
G
1 0 0 X
Abb. 12.26. Bandstruktur von GaAs (vereinfacht)
Abbildung 12.25 zeigt die Driftgeschwindigkeit von Elektronen und L¨ochern f¨ ur Si und f¨ ur GaAs. W¨ ahrend bei Si die Driftgeschwindigkeit monoton mit der Feldst¨arke zunimmt und gegen den Wert der S¨attigungsgeschwindigkeit verl¨auft, steigt in GaAs die Driftgeschwindigkeit nur bis zu einem Maximalwert an, um dann mit zunehmender Feldst¨arke wieder abzunehmen. Dies ist die Ursache des sog. Gunn-Effekts, der anhand von Abb. 12.26 erkl¨art werden kann. Dort ist eine vereinfachte Darstellung der Bandstruktur von GaAs zu sehen. Das Leitungsband weist zwei T¨ aler bei Γ und bei L auf, wobei das L-Tal nur um 0.31 eV oberhalb des Γ-Tals liegt. Die Kr¨ ummung der WC (k)-Kurve ist im L-Tal jedoch deutlich geringer als im Γ-Tal, d.h. die Beweglichkeit µnL der Elektronen im L-Tal ist wesentlich kleiner als die Beweglichkeit µnΓ der Elektronen im Γ-Tal. Die Elektronenbeweglichkeit µn h¨angt nun davon ab, wie sich die Elektronen auf die beiden T¨aler verteilen. Ist nΓ die Dichte der Elektronen im Γ-Tal und nL die Dichte der Elektronen im L-Tal, so ist µn =
µnΓ nΓ + µnL nL . nΓ + nL
Bei Raumtemperatur und geringen Feldst¨arken ist die mittlere Energie der Elektronen gering: Die Elektronen bev¨ olkern nahezu ausschließlich Zust¨ande oßerer Feldst¨arke gibt es jedoch viele im Γ-Tal und es gilt µn ≈ µnΓ . Mit gr¨ Elektronen, die so viel Energie aus dem Feld aufgenommen haben, daß sie in das L-Tal gestreut werden k¨ onnen, wodurch die Population dieses Tals ansteigt und die Beweglichkeit sinkt. Beispiel 12.4.2 Die Geschwindigkeitss¨ attigung f¨ uhrt zu Abweichungen vom Ohmschen Gesetz, wie dieses Beispiel zeigt: Betrachtet wird ein Si-Halbleiterwiderstand der L¨ ange 10 µm, Breite 2 µm und Dicke 200 nm, der mit Donatoren der Konzen-
508
12. Halbleiter
X RKPVFKHU:LGHUVWDQGN2KP
PLW%HUXHFNVLFKWLJXQJGHU *HVFKZLQGLJNHLWVVDHWWLJXQJ
9
,*
9
9 ( 9
9
9
9
9
9
9
9
Abb. 12.27. Abweichungen vom Ohmschen Gesetz (Beispiel 12.4.2)
tration ND = 1016 cm−3 dotiert ist. Wird an den Widerstand die Spannung V angelegt, so tritt im Halbleiter ein elektrisches Feld vom Betrag V /L auf und es fließt ein Driftstrom. Bei kleiner Feldst¨ arke ist die Beweglichkeit der Elektronen µn (0) ≈ 1200 cm2 /Vs und der Widerstand R(0) =
L 1 = 130 kΩ . eµn (0)ND D W
Wird die Feldst¨ arkeabh¨ angigkeit der Beweglichkeit (12.70) ber¨ ucksichtigt, so ist 1/µn (0) durch 1 1 1 2 2 = 1 + (µn (0)E/vnsat ) = 1 + (V /V ∗ ) µn (E) µn (0) µn (0) zu ersetzen. Der Widerstandswert wird spannungsabh¨angig und f¨ ur den Strom durch den Widerstand folgt µA V 2 = 7.7 V I = 1 + (V /V ∗ ) . R(V ) V Die Spannung V ∗ = vnsat L/µn (0) ≈ 8.33 V kann als charakteristische Spannung f¨ ur √ Hochfeldeffekte dienen: Bei V = V ∗ ist der Widerstandswert auf das 2-fache von R(0) angestiegen. Abbildung 12.27 zeigt das nichtohmsche Verhalten anhand einer SPICE-Simulation. Der Widerstand wurde dabei durch eine spannungsgesteuerte Stromquelle u ¨ber die Anweisung G1 1 0 VALUE = {7.7E-6*V(1,0)*SQRT(1+0.01441*V(1,2)*V(1,2))} modelliert; der Vergleich mit der Kennlinie des ohmschen Widerstands 130 kΩ zeigt die Auswirkung der Geschwindigkeitss¨ attigung. ∆
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
509
12.4.2 Diffusionsstrom Ursache des Diffusionsstroms ist die W¨armebewegung der Ladungstr¨ager. Diese ist ihrer Natur nach ungerichtet. Solange die Dichte der Ladungstr¨ager nicht vom Ort abh¨ angt, tritt deshalb kein Strom auf: Die aufgrund der thermischen Bewegung aus einem Teilvolumen austretenden Teilchen werden im statistischen Mittel durch eine gleichgroße Zahl von Teilchen ersetzt, die aus den angrenzenden Gebieten hereinstr¨ omen. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn die Tr¨agerdichte vom Ort abh¨ angt: Aus den Gebieten hoher Teilchendichte bewegen sich dann mehr Teilchen fort, als von den umliegenden – schw¨acher besetzten – Gebieten nachgeliefert werden. Bei inhomogener Verteilung der beweglichen Ladungstr¨ ager fließt deshalb ein Teilchenstrom vom Gebiet hoher Konzentration in Zonen niederer Konzentration (Abb. 12.28). n (x )
n (x )
K o n z e n tr a tio n s g e fä lle d e r E le k tr o n e n J nT
h o m o g e n e E le k tr o n e n d ic h te n
J n
n
x
x
Abb. 12.28. Zur Entstehungen des Diffusionsstroms
Die durch Diffusion bedingte Stromdichte ist proportional zum Gradienten der entsprechenden Tr¨ agerkonzentration (1. Ficksches Gesetz ) Jn = eDn
∂n ∂x
und
Jp = −eDp
∂p . ∂x
(12.45)
Die dabei auftretenden Proportionalit¨ atsfaktoren Dn und Dp werden als Diffusionskoeffizienten f¨ ur Elektronen bzw. L¨ocher bezeichnet. Sie sind mit den entsprechenden Beweglichkeiten u upft ¨ber die Einstein-Relationen verkn¨ Dn = µn VT
und
Dp = µp VT .
(12.46)
Zur Einstein-Relation. Ursache der Diffusion ist die statistisch ungeordnete W¨armebewegung. Der Einfachheit halber beschr¨ anken wir uns auf die Bewegung in xRichtung; die Wahrscheinlichkeit ein Elektron zur Zeit t im Intervall zwischen x und x + ∆x anzutreffen sei f (x, t)∆x; die Wahrscheinlichkeitsdichte f (x, t) f¨ ur ein Elektron das urspr¨ unglich bei x = 0 war ist dabei12 durch eine zeitabh¨angige GaußVerteilung [24] gegeben 12 Hier ist angenommen, daß keine zus¨ atzliche Kraftwirkung durch ein ¨ außeres Feld vorliegt; wird die Bewegung des Elektrons zus¨ atzlich durch die Wirkung eines elektrischen
510
12. Halbleiter f(x ,t) t1
t2> t1
t3> t2 x
Abb. 12.29. Zeitliche Entwicklung der Dichtefunktion f (x, t) aufgrund der Diffusion f¨ ur ein urspr¨ unglich bei x = 0 befindliches Teilchen
x2 1 exp − f (x, t) = √ , 4Dn t 4πDn t
(12.47)
wie sie in Abb. 12.29 skizziert ist. Je gr¨ oßer der Diffusionskoeffizient Dn , desto schneller verbreitert sich die Dichtefunktion f (x, t). Da die Diffusion keine Richtung bevorzugt verschwindet die mittlere Verschiebung des Elektrons ∞ x(t) = xf (x, t) dx = 0 , −∞
nicht jedoch das Schwankungsquadrat ∞ x2 (t) = x2 f (x, t) dx = 2Dn t .
(12.48)
−∞
Die aufgrund der W¨ armebewegung von einem Elektron im Zeitintervall [ 0, t ] zur¨ uckgelegte Weg ergibt sich aus der Geschwindigkeit ∆vx (t) der W¨armebewegung t x(t) = ∆vx (t ) dt , (12.49) 0
wobei x(t) = 0. F¨ ur die Varianz der Verschiebung folgt so t t x(t)2 = ∆vx (t )∆vx (t ) dt dt . 0
(12.50)
0
Die Autokorrelationsfunktion (vgl. Kap. 3) ∆vx (t )∆vx (t ) = ∆vx (0)∆vx (τ ) = R∆vx (τ ) h¨ angt bei station¨ aren Prozessen nur von der Differenz t − t = τ ab; eine entsprechende Substitution u uhrt (12.50) in ¨berf¨ t ∞ ∞ x(t)2 = R∆v (τ ) dτ dt = 2t R∆v (τ ) dτ . (12.51) 0
−∞
0
Feldes Ex beeinflußt, so verschiebt sich das Maximum der Gauß-Verteilung mit der Driftgeschwindigkeit −µn Ex , d.h. im Argument der Exponentialfunktion ist x2 durch (x + µn Et)2 zu ersetzen.
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
511
Die Integrationsgrenzen f¨ ur τ wurden dabei ins Unendliche verlegt, was f¨ ur Zeiten groß gegen¨ uber der mittleren Streuzeit τcn gerechtfertigt ist, da die Autokorrelationsur τ τcn schnell gegen null abf¨allt. Durch Vergleich von (12.48) funktion R∆vx (τ ) f¨ mit (12.51) ergibt sich die folgende Beziehung zwischen dem Diffusionskoeffizienten und der Autokorrelationsfunktion der Geschwindigkeitsfluktuationen ∞ Dn = R∆v (τ ) dτ . (12.52) 0
Unter der Annahme isotroper Streuung besteht keine Korrelation zwischen den Teilchengeschwindigkeiten vor und nach einem Streuvorgang, d.h. ∆vx (0)∆vx (τ ) = ∆vx2 (0) e−τ /τcn . Nach dem Gleichverteilungssatz der klassischen Thermodynamik ist die mittlere Energie der W¨ armebewegung in einem Freiheitsgrad kB T /2 = m∗n ∆vx2 /2, so daß ∆vx2 (0) = kB T /m∗n . Zusammenfassen und einsetzen in (12.52) liefert dann ∞ kB T −τ /τcn kB T Dn = e dτ = τcn ∗ mn m∗n 0 Mit der Elektronenbeweglichkeit µn = eτcn /m∗n folgt so Dn =
kB T kB T eτcn τcn = = µn VT . m∗n e m∗n
(12.53)
Das ist die Einstein-Relation.
12.4.3 Generation und Rekombination Im thermischen Gleichgewicht werden durch thermische Anregung gleich viel Elektronen vom Valenz- ins Leitungsband angeregt wie Elektronen mit L¨ochern im Valenzband rekombinieren. Auf diesem Weg bleibt die Dichte der Elektronen und L¨ ocher konstant. Abweichungen der Ladungstr¨agerdichte von ¨ ihrem Wert im thermischen Gleichgewicht f¨ uhren zu einem Uberwiegen der Generation oder der Rekombination – der Halbleiter ist bestrebt, wieder in den Zustand des thermischen Gleichgewichts zu gelangen. Die Rekombinationsrate R gibt die Abnahme der Elektronen- bzw. L¨ocherdichte durch Rekombination an
∂n ∂p = = −R , ∂t Rekombination ∂t Rekombination die Generationsrate G entsprechend die Zunahme der Elektronen- bzw. L¨ocherdichte durch Generation
∂p ∂n = = G. ∂t Generation ∂t Generation
512
12. Halbleiter
Als Nettorekombinationsrate wird die Differenz R−G bezeichnet. Werden nur die im thermischen Gleichgewicht wirksamen Generations- und Rekombinationsmechanismen betrachtet, so ist die Nettorekombinationsrate in dotierten Bahngebieten in erster N¨ aherung 13 proportional zu den Abweichungen der Minorit¨atsdichten vom Gleichgewichtswert R−G =
pn − pn0 τp
(im n-Gebiet)
R−G =
np − np0 τn
(im p-Gebiet) .
und
(12.54) (12.55)
Diese Beziehungen beschreiben Generations-Rekombinations-Vorg¨ange (kurz G-R-Vorg¨ange) bei kleinen elektrischen Feldst¨arken und ohne Lichteinfluß. Die Lebensdauern τn und τp f¨ ur Elektronen und L¨ocher sind dabei vor allem von der Dotierstoffkonzentration abh¨ angig. Sowohl bei der Generation als auch bei der Rekombination von ElektronLoch-Paaren muß die Energie- und Impulserhaltung (genauer: Die Erhaltung des Kristallimpulses k) gew¨ ahrleistet sein. Dies kann u ¨ber verschiedene Mechanismen sichergestellt werden, erfordert aber stets die Wechselwirkung mit einem dritten Teilchen“ (Photon, St¨ orstelle oder Ladungstr¨ager), das die ” frei werdende Energie aufnimmt. W C
W V
h n h n G e n e r a tio n
R e k o m b in a tio n
Abb. 12.30. Generation und Rekombinationsvorg¨ ange unter Beteiligung eines Photons
G-R-Vorg¨ ange unter Beteiligung eines Photons Bei der Generation eines Elektron-Loch-Paars durch Licht wird ein Photon der Energie hν > Wg im Halbleiter absorbiert. Seine Energie wird dazu verwendet, ein Elektron aus dem Valenzband in das Leitungsband anzuheben. Dieser Effekt wird z.B. in Fotodetektoren und Solarzellen ausgenutzt. Bei der Rekombination eines Elektron-Loch-Paars f¨allt ein Elektron aus dem Leitungsband in einen unbesetzten Zustand im Valenzband zur¨ uck. Die dabei freiwerdende Energie wird in Form eines Photons abgestrahlt. Da sich 13
Diese Beziehungen verlieren bei großen Abweichungen vom Gleichgewicht (Hochinjektion) ihre G¨ ultigkeit.
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
513
Elektronen und L¨ ocher auf der Energieskala vorzugsweise in der N¨ahe der Bandkanten aufhalten, gilt f¨ ur die Energie der emittierten Photonen hν ≈ Wg , d. h. das emittierte Licht ist weitgehend monochromatisch (vgl. Kap. 29). Die beschriebene strahlende Rekombination erm¨oglicht die Herstellung lichtemittierender Halbleiterbauelemente, wie z.B. Leuchtdioden. Die Wahrscheinlichkeit mit der G-R-Vorg¨ange unter Photonenbeteiligung auftreten, h¨angt vom Halbleitermaterial ab. In indirekten Halbleitern besitzen die meisten Elektronen eine Energie in der N¨ahe des Leitungsbandminimums und damit einen betragsm¨ aßig großen Kristallimpuls, w¨ahrend die meisten L¨ocher eine Energie in der N¨ ahe des Valenzbandmaximums und damit einen betragsm¨aßig kleinen Kristallimpuls aufweisen. Ein Elektron-Loch-Paar besitzt deshalb in der Regel einen großen Kristallimpuls. Bei der Rekombination w¨ urde ein Photon der Energie hν ≈ Wg entstehen, das jedoch nur einen sehr geringen Impuls aufweist. Strahlende Rekombinationsvorg¨ange in indirekten Halbleitern w¨ urden den Impulssatz verletzen und treten deshalb nicht auf.14 In direkten Halbleitern besitzen Elektronen und L¨ocher betragsm¨aßig kleine Werte des Kristallimpulses; hier ist die Wahrscheinlichkeit f¨ ur strahlende ” ¨ Uberg¨ange“ wesentlich gr¨ oßer als in indirekten Halbleitern.
G-R-Vorg¨ ange unter Beteiligung einer St¨ orstelle St¨orstellen im Halbleiter f¨ uhren in der Regel zu lokalisierten Energieniveaus in der Energiel¨ ucke. In diese k¨ onnen Elektronen und/oder L¨ocher eingefangen werden, was in einem zweistufigen Vorgang zur Generation bzw. Rekombination eines Elektron-Loch-Paars f¨ uhrt (Abb. 12.31). Dieser Mechanismus wird nach seinen Entdeckern [25–27] meist als Shockley-Read-Hall-Mechanismus (SRH) bezeichnet. Eine St¨ orstelle wirkt um so effizienter als Rekombinationszentrum, je n¨ aher das zugeh¨ orige Energieniveau bei der Mitte der Energiel¨ ucke liegt. Dotierstoffe mit ihren in der N¨ahe der Bandkanten liegenden Energieniveaus sind hier nicht problematisch – Schwierigkeiten k¨onnen jedoch von metallischen St¨ orstellen (wie Kupfer oder Gold) herr¨ uhren. Die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur, daß ein Minorit¨ ats- mit einem Majorit¨atstr¨ager an einer St¨orstelle rekombiniert, ist proportional zur Dichte der St¨orstellen und zur Dichte der Majorit¨ aten, d. h. die Lebensdauer f¨ ur Minorit¨aten aufgrund der SRH-Rekombination ist ann¨ ahernd umgekehrt proportional zur Dotierstoffkonzentration. G-R-Vorg¨ange unter Beteiligung einer St¨orstelle beeinflussen die Eigenschaften von Halbleiterbauelementen meist in unerw¨ unschter Weise; beispiels14
Durch St¨ orungen des perfekten Kristallgitters (z.B. durch Einbau sog. isoelektronischer St¨ orstellen) kommt es auch in indirekten Halbleitern zu strahlenden Rekombinationsvorg¨ angen.
514
12. Halbleiter
v o rh e r:
W c
e n
(a )
n
(c )
C
(d )
S tö r s te lle (b )
c
e p
p
W V
n a c h h e r:
W (c )
C
(d )
S tö r s te lle (a )
(b )
W V
¨ Abb. 12.31. Uberg¨ ange an einer tiefen St¨ orstelle vom Akzeptortyp [27]
weise bestimmt die Generation von Elektron-Loch-Paaren an St¨orstellen maßgeblich die Dunkelstr¨ ome in Fotodetektoren und die Sperrstr¨ome in Dioden. Rekombination an St¨ orstellen beeinflußt auch den Wirkungsgrad von Solarzellen. Die Zunahme der St¨ orstellen im Kristall im Laufe der Lebensdauer eines Bauelements f¨ uhrt zu Alterungseffekten (Degradation), die sich beispielsweise in einer Abnahme der Stromverst¨arkung von Bipolartransistoren mit der Zeit oder der Abnahme des Wirkungsgrads von Leuchtdioden bemerkbar machen. Der gezielte Einbau von St¨ orstellen zur Reduktion der Minorit¨atslebensdauer wird zur Verringerung der Schaltzeiten in Leistungsbauelementen eingesetzt. F¨ ur diesen Zweck ist insbesondere Gold gebr¨auchlich, das ein beinahe in der Mitte der Energiel¨ ucke liegendes Energieniveau aufweist. Durch den Einbau von Goldatomen in n-dotiertes Silizium kann beispielsweise die Lebensdauer f¨ ur L¨ ocher im Bereich von 1 µs (Goldkonzentration 1014 cm−3 ) bis 0.1 ns (Goldkonzentration 1018 cm−3 ) eingestellt werden. Eine andere Methode ist, durch Beschuß mit energiereichen Strahlen Kristallsch¨aden zu erzeugen. Energiereiche Elektronen erzeugen in Silizium beispielsweise Defekte die zu lokalen Akzeptorzust¨ anden 400 meV oberhalb der Valenzbandkante und Donatorzust¨ anden 360 meV unterhalb der Leitungsbandkante f¨ uhren. Die St¨orstellen sind dabei, abh¨ angig von der Eindringtiefe der die Sch¨aden verursachenden Strahlung, ungleichf¨ ormig verteilt – im Gegensatz zum Einbau von Goldatomen, die durch Diffusion bei ca. 1000◦ C gleichf¨ormig im Kristall verteilt werden k¨ onnen.
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
515
Netto-Rekombinationsrate f¨ ur SRH-Prozesse. Zur Erl¨auterung werden die in ¨ Abb. 12.31 dargestellten Uberg¨ ange an einer tiefen St¨orstelle betrachtet. F¨ ur diese St¨ orstelle vom Akzeptortyp gibt es nur zwei m¨ogliche Zust¨ande: entweder sie ist ¨ mit einem Elektron besetzt oder unbesetzt. Insgesamt lassen sich vier Uberg¨ ange unterscheiden: (a) Einfang eines Elektrons aus dem Leitungsband, (b) Emission eines Elektrons aus dem besetzten Akzeptorzustand in das Leitungsband, (c) Rekombination eines im Akzeptorzustand eingefangenen Elektrons mit einem Loch im valenzband (dieser Vorgang entspricht dem Einfang eines Lochs vom Valenzband durch die mit einem Elektron besetzte St¨ orstelle)) und (d) Einfang eines Elektrons aus dem Valenzband (dies kann auch als Emission eines Lochs von der St¨orstelle in das Valenzband ¨ beschrieben werden). Wie in [27,28], werden die Ubergangsraten dieser vier Prozesse mit cn n, en , cp p und ep bezeichnet; die Dichte der tiefen St¨orstellen wird mit NT bezeichnet. Unter der Annahme einer station¨aren Besetzungswahrscheinlichkeit folgt f¨ ur die Netto-Rekombinationsrate R − G = NT
pn − n2i τp0 (n+n1 ) + τn0 (p+p1 )
(12.56)
mit τn0 = 1/cn und τp0 = 1/cp . F¨ ur die n1 und p1 gilt im thermischen Gleichgewicht WT −WC WT −WFi en n1 = = NC exp = ni exp cn kB T kB T WV −WT WFi −WT ep = NV exp p1 = = ni exp cp kB T kB T wobei WT die Energie des St¨ orstellenzustands und WFi die Lage der Fermi-Energie im undotierten Halbleiter bezeichnet. Unter dieser Bedingung ergibt sich Gilt τp0 = τn0 = τ NT so vereinfacht sich (12.56) zu R−G =
1 pn − n2i ; τ n + p + 2ni cosh [ (WT −WFi )/kB T ]
(12.57)
die Netto-Rekombinationsrate h¨ angt demzufolge stark von der Energie des St¨orstellenniveaus WT ab und errecht ihren maximalen Wert f¨ ur WT → WFi . In einem n-Typ Halbleiter wird der Nenner von (12.56) durch den Term τp0 n ≈ ur die Netto-Rekombinationsrate τp0 ND+ dominiert. Mit pn0 ≈ n2i /ND+ , folgt dann f¨ R−G ≈
pn nn −n2i pn −pn0 = , τpSRH τpSRH ND+
(12.58)
wobei τpSRH = τp0 /NT die Lebensdauer f¨ ur L¨ocher aufgrund des SRH-Mechanismus bezeichnet. Analog dominiert τn0 p ≈ τn0 NA− im Nenner (12.56) im Fall eines p-Typ Halbleiters bei Niederinjektion, so daß R−G ≈
pp np −n2i np −np0 , − = τnSRH τnSRH NA
(12.59)
wobei τnSRH = τn0 /NT die Lebensdauer f¨ ur L¨ ocher aufgrund des SRH-Mechanismus bezeichnet.
516
12. Halbleiter
Generation und Rekombination an Oberfl¨ achen. Die Grenzfl¨ache zwischen einem Halbleiter und einem Isolator kann die Generation und Rekombination auf zweifache Weise beeinflussen: Zum einen sind an der Grenzfl¨ache St¨orstellenzust¨ande – vor allem durch nicht abges¨ attigte Bindungsorbitale bedingt – an denen Generation und Rekombination stattfinden kann, zum anderen k¨onnen Ladungen im Isolator eingefangen werden und durch ihr elektrisches Feld die Rekombinationsvorg¨ange im Halbleiter in der N¨ ahe der Grenzfl¨ ache beeinflussen. F¨ ur die Stromdichte der Elektronen und L¨ ocher an einer solchen Oberfl¨ ache gilt Jp = −Jn = e(R−G) ; die Netto-Rekombinationsrate (pro Fl¨ acheneinheit) (R − G) l¨aßt sich bei Niederin15 jektion in einem n-Typ Gebiet mit Hilfe der Oberfl¨achenrekombinationsgeschwinucken [29] digkeit Sp ausdr¨ e(R−G) = Sp (pn −pn0 ) ;
(12.60)
bei Niederinjektion ist Sp unabh¨ angig von der Dichte der L¨ocher an der Grenzfl¨ache.
G-R-Vorg¨ ange unter Beteiligung dreier Ladungstr¨ ager Stoßionisation. Elektronen oder L¨ ocher, die eine kinetische Energie gr¨oßer als die Energiel¨ ucke Wg aufweisen, sind in der Lage, weitere Elektron-LochPaare zu erzeugen. Dieser als Stoßionisation bezeichnete Vorgang tritt vorzugsweise in elektrischen Feldern oberhalb von 105 V/cm auf. Bei kleineren Feldst¨arken ist der Weg, den die Ladungstr¨ager zur¨ ucklegen m¨ ußten, um eine hinreichend große kinetische Energie zu erlangen, zu groß: Bevor der erforderliche Wert erreicht ist, wird die Energie u ¨ber St¨oße an das Gitter abgegeben. Die mit der Stoßionisation verbundene Generationsrate ist proportional zur jeweiligen Stromdichte G = αn |Jn | + αp |Jp | .
(12.61)
Die Gr¨oßen αn und αp werden als Ionisationskoeffizienten bezeichnet.Ihr Wert h¨angt vom Verlauf der elektrischen Feldst¨arke im Halbleitermaterial ab. Sie k¨onnen als Funktion der lokalen elektrischen Feldst¨arke angesehen werden, falls diese nur geringf¨ ugig mit dem Ort variiert. F¨ ur diesen Fall wird f¨ ur die beiden Ionisationskoeffizienten meist der Ansatz von Chynoweth [30]
αn ≈ an exp −
bn |E(x)|
und
αp ≈ ap exp −
bp |E(x)|
(12.62)
ur Elektronen sowie ap und verwendet, wobei die Konstanten an und bn f¨ bp f¨ ur L¨ocher stark unterschiedliche Werte aufweisen. Die in der Literatur ver¨offentlichten Zahlenwerte f¨ ur diese Parameter sind sehr unterschiedlich, ¨ ein Uberblick ist z.B. in [31] zu finden. Der Ansatz (12.62) ist nur anwend¨ bar, solange die Anderung der elektrischen Feldst¨arke auf einer Strecke, die 15
Die Betrachtung f¨ ur ein p-Typ Gebiet verl¨ auft analog.
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht W
( 2 ') (1 )
517
W
C
V
(2 )
( 1 ')
E Abb. 12.32. Stoßionisation
im Mittel ben¨otigt wird um die zur Stoßionisation erforderliche Energie zu gewinnen, vernachl¨ assigbar klein ist. Diese Forderung ist in Bauelementen der Mikroelektronik mit ihren sehr d¨ unnen Raumladungszonen jedoch h¨aufig nicht erf¨ ullt. Shockley-Modell. Die exponentielle Abh¨angigkeit der Ionisationskoeffizienten von der Feldst¨ arke l¨aßt sich anhand des – stark vereinfachenden – Shockleyschen Modells [32], [33] der Stoßionisation verstehen. Dieses ber¨ ucksichtigt zwei Energieverlustmechansimen f¨ ur ein Elektron, das im Feld der Raumladungszone beschleunigt wird: • Anregung von Gitterschwingungen (optischen Phononen), beschrieben durch die ur, daß ein Elektron die mittlere freie Wegl¨ ange λop : Die Wahrscheinlichkeit daf¨ Strecke d zur¨ ucklegt, ohne ein optisches Phonon anzuregen, ist P = exp (−d/λop ). • Erzeugung von Elektron-Loch-Paaren: Sobald die kinetische Energie des Elektrons gr¨ oßer als die Ionisationsenergie“ 16 Wi ist, kann ein Elektron ein Elektron-Loch” Paar erzeugen. Die freie Wegl¨ ange f¨ ur Stoßionisation f¨ ur Elektronen mit W > Wi wird mit λi bezeichnet. Um in einem elektrischen Feld E die Energie Wi aufzunehmen, muß das Elektron die ur, daß ein Elektron diese Strecke Wi /(eE) durchlaufen. Die Wahrscheinlichkeit daf¨ Strecke durchl¨ auft, ohne ein optisches Phonon zu erzeugen, ist P (Wi ) = exp (−Wi /eλr E) . Sobald ein Elektron die Energie Wi u ¨berschreitet, besitzt es die F¨ahigkeit zur Stoßionisation. Der Anteil der Elektronen der beim n¨achsten Streuvorgang kein optisches Phonon sondern ein Elektron-Loch-Paar erzeugt ist λr /λi . Durch (λr /λi )P (Wi ) 16
Wi ist dabei in indirekten Halbleitern gr¨ oßer als die Energiel¨ ucke Wg anzusetzen, da unden der die Stoßionisation von Elektronen mit kinetischen Energien Wkin ≈ Wg aus Gr¨ Impulserhaltung vernachl¨ assigbar klein ist.
518
12. Halbleiter
ist damit die Wahrscheinlichkeit gegeben, daß ein Elektron ein Elektron-Loch-Paar durch Stoßionisation erzeugt. Der Ionisationskoeffizient ist proportional zu dieser Gr¨ oße. Dies erkl¨ art die exponentielle Abh¨ angigkeit der Ionisationskoeffizienten von der Feldst¨ arke in der Chynoweth-Beziehung.
Nichtlokale Effekte. Wie bereits erw¨ahnt lassen sich Ionisationskoeffizienten nur bei schwacher Ortsabh¨ angigkeit der elektrischen Feldst¨arke als eine Funktion der lokalen elektrischen Feldst¨ arke ausdr¨ ucken. Ein vergleichsweise einfacher Ansatz zur Ber¨ ucksichtigung einer vom Ort abh¨ angigen elektrischen Feldst¨arke [34–36] f¨ uhrt auf Ionisationskoeffizienten in Chynoweth-Form αn = an exp (−bn /|Eeff (x)|) , in denen statt der lokalen elektrischen Feldst¨ arke eine effektive Feldst¨arke x x−x 1 E(x ) exp Eeff (x) = dx . λwn xp λwn
(12.63)
(12.64)
verwendet wird. Die Streul¨ ange λwn wird in [35, 37] mit 65 nm angegeben, in [36] ur L¨ocher wurde in [37] der Wert λwn = wurde λwn = 80 nm als passend gefunden. F¨ 50 nm angegeben.
Auger-Rekombination. Die Umkehrung der Stoßionisation ist die AugerRekombination. Diese stellt den dominierenden Rekombinationsmechanismus in stark dotierten indirekten Halbleitern dar. Der bei der Rekombination eines Elektron-Loch-Paars auftretende Impuls¨ uberschuß und die freiwerden17 wird an ein Elektron (eeh-Prozeß) oder an ein Loch (ehhde Energie Prozeß) abgegeben. Da die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur, daß ein Minorit¨atstr¨ager gleichzeitig mit zwei Majorit¨ atstr¨ agern zusammenst¨oßt, proportional zum Quadrat der Majorit¨ atstr¨ agerkonzentration ist, nimmt die durch die AugerRekombination bestimmte Lebensdauer umgekehrt proportional zum Quadrat der Dichte der Majorit¨ aten und damit zum Quadrat der Dotierstoffkonzentration ab. Der u ¨bliche Ansatz zur Beschreibung der Auger-Rekombination verwendet die Nettorekombinationsrate R−G = (np−n2i )(Cn n+Cp p) ,
(12.65)
mit Koeffizienten Cn und Cp die durch Messung bestimmt werden. Parameter f¨ ur Silizium werden im Folgenden angegeben. Lebensdauern in Silizium. In schwach dotiertem Silizium dominiert die ShockleyRead-Hall Rekombination mit Lebensdauern in der Gr¨oßenordnung einiger Mikrosekunden, bei hohen Dotierstoffkonzentrationen wird die Auger-Rekombination maßgeblich mit der Netto-Rekombinationsrate (12.65). Tabelle 12.3 zeigt Werte f¨ ur die 17
Zumindest zum großen Teil: eine genauere Analyse der Auger-Rekombinationsvorg¨ ange zeigt, daß zus¨ atzliche Wechselwirkungen mit Gitterschwingungen und St¨ orstellen eine wichtige Rolle spielen.
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht 1 0
-4
S R H - R e k o m b in a tio n
s
t
1 0
-5
1 0
-6
1 0
-7
~ 1 /N
p
519
A u g e r - R e k o m b in a tio n
D
T H A a c h e n
1 0
B e c k /C o n ra d t
-8
K e n d a ll D z ie w io r /S c h m id
1 0
W ie d e r -9
~ 1 /N
1 0
1 0
1 5
1 6
1 0
1 0
1 7
1 8
D o n a to r k o n z e n tr a tio n
1 0
1 9
c m
D
-3
2
1 0
2 0
Abb. 12.33. L¨ ocherlebensdauer in n-Typ Silizium (nach [39])
Parameter Cn und Cp , die aus dem Abfall des bei der Rekombination von ElektronLoch-Paaren ausgesendeten Lichts nach Anregung mit einem kurzen Laserpuls bestimmt wurden [38]. Tabelle 12.3. Parameter Cn und Cp f¨ ur Auger Rekombination in Silizium [38] Temperatur Cn /(cm6 s−1 ) Cp /(cm6 s−1 )
77 K
300 K
400 K
2.3 × 10−31 7.8 × 10−32
2.8 × 10−31 9.9 × 10−32
2.8 × 10−31 1.2 × 10−31
In stark dotiertem n-Typ Silizium resultiert die Nettorekombinationsrate 1 R−G ≈ Cn n + (pn−n2ie ) , τpSRH n da n p. Wird wie in [40] durch Lebensdauer f¨ ur L¨ocher τp ≈
τpSRH , 1 + Cn τpSRH n2
(12.66)
die effektive Lebensdauer f¨ ur L¨ ocher eingef¨ uhrt, und beachtet, daß bei Niederinjektion pn0 = n2ie /n gilt, so ergibt sich die Netto-Rekombinationsrate R−G =
pn −pn0 . τp
Das ist der u ur die Beschreibung der Minorit¨aten verwendete Ansatz. ¨blicherweise f¨ Eine grafische darstellung der L¨ ocherlebensdauer in n-Typ-Silizium ist in Abb. 12.33 zu sehen.
520
12. Halbleiter
12.4.4 Grundgleichungen der Drift-Diffusions-Theorie Die Drift-Diffusions-Theorie verwendet f¨ unf Gleichungen – die Stromgleichungen, die Kontinuit¨ atsgleichungen und die Poisson-Gleichung – um die Ladungstr¨ager- und Stromdichten f¨ ur Elektronen und L¨ocher sowie das elektrische Feld zu ermitteln. Dieses System von f¨ unf partiellen Differentialgleichungen wird in Simulationsprogrammen [31,36,41] numerisch gel¨ost – analytische L¨osungen lassen sich nur f¨ ur vereinfachende Sonderf¨alle angeben. Wegen der N¨ aherungsannahmen, die den Stromgleichungen zugrunde liegen, liefert dieser Ansatz gew¨ ohnlich nur dann sinnvolle Werte, wenn sich die elektrische Feldst¨ arke nur geringf¨ ugig u ¨ber einer freien Wegl¨ange ver¨andert – andernfalls ist auch eine Vorhersage der Stoßionisation problematisch. Zwar besteht prinzipiell die M¨ oglichkeit, durch aufwendigere Verfahren wie die L¨osung der Boltzmann-Gleichung bzw. die dazu gleichwertige Monte-CarloSimulation [42, 43] korrekte Simulationsergebnisse zu erzielen. Wegen des beachtlichen Aufwands werden diese Techniken aber nahezu ausschließlich f¨ ur Studien eingesetzt.
Stromgleichungen Durch Zusammenfassen der Ausdr¨ ucke f¨ ur die Driftstromdichte und die Diffusionsstromdichte folgen die Stromgleichungen f¨ ur Elektronen bzw. L¨ocher. Der allgemeine Ansatz J n = eµn nE + eDn ∇n
und
J p = eµp pE − eDp ∇p
vereinfacht sich im eindimensionalen Fall zu Jn = eµn nE + eDn
∂n ∂x
und
Jp = eµp pE − eDp
∂p . ∂x
(12.67)
Beispiel 12.4.3 In einem ungleichf¨ ormig dotierten n-Typ Halbleiter ist die Dichte der Elektronen ortsabh¨ angig. Deshalb diffundieren Elektronen vom st¨arker dotierten zum schw¨ acher dotierten Ende. Die fest im Gitter gebundenen Donatorionen k¨onnen diese Bewegung nicht mitmachen: Das st¨ arker dotierte Ende l¨adt sich deshalb positiv auf, das schw¨ acher dotierte negativ. Auf diesem Weg entsteht ein elektrisches Feld; der mit diesem Feld verbundene Driftstrom ist dem Diffusionsstrom entgegengesetzt. Da im thermischen Gleichgewicht kein Strom fließt, m¨ ussen sich Drift- und Diffusionsstromdichte kompensieren. Aus der Forderung Jn = 0 und der Einstein-Beziehung ur die elektrische Feldst¨arke im Halbleiter und damit Dn = µn VT folgt mit (12.67) f¨ f¨ ur die Steigung der Bandkanten im Bandschema E(x) = −
1 dWC VT dn = . n dx e dx
Mit den Elektronendichten bei x = 0 und x = d folgt f¨ ur die Potentialdifferenz u ¨ber dem Halbleiterst¨ uck
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
521
ψ(0) − ψ(d) = VT ln [n(0)/n(d)] . Wird die Elektronendichte n(x) u ¨ber den Ansatz (12.13) mit ortsabh¨angigen Werten f¨ ur WC und WF beschrieben, so folgt dn WC −WF dWF d n dWC = NC exp − − = − . dx dx kB T kB T dx dx Aus der Bedingung Jn = 0 folgt aber dn nE n dWC enE = − = − , = − dx VT kB T kB T dx d.h. Jn = 0 kann nur gelten, wenn dWF /dx = 0 gilt. Im thermischen Gleichgewicht muß die Fermi-Energie also u ∆ ¨berall denselben Wert aufweisen (Abb. 12.34). z u n e h m e n d e D o tie r u n g W C
W F
E
W
W
C
(x )-W F
= k B T ln [N C
/n (x )]
V
0 d
x
Abb. 12.34. B¨ anderschema eines ungleichf¨ ormig dotierten nTyp Halbleiters
Beweglichkeit in Silizium. Wegen der Streuung an Gitterschwingungen ist die Beweglichkeit temperaturabh¨ angig; in reinem Silizium wird die Temperaturabh¨angigkeit durch ein Potenzgesetz beschrieben µ(T ) = µ300 K (300 K/T )
α
,
(12.68)
wobei α ≈ 2.2 in Silizium18 . Bei dotiertem Silizium h¨angt die Ladungstr¨agerbeweglichkeit wegen der Streuung an ionisierten Donatoren und Akzeptoren zus¨atzlich von der Dotierstoffkonzentration ab. Nach [44] lassen sich bei T = 300K gemessene Daten f¨ ur die Beweglichkeit der Majorit¨ aten19 durch µL0 = µmin + 18
µmax −µmin µ1 − , 1 + (N/Nr1 )α1 1 + (Nr2 /N )α2
(12.69)
In der Literatur werden Werte zwischen 2.2 und 2.6 angegeben (vgl. [6, 31]). Die Beweglichkeiten f¨ ur Minorit¨ aten k¨ onnen in stark dotierten Halbleitern von den Beweglichkeiten der Majorit¨ aten abweichen, da die ionisierten St¨ orstellen auf die Majorit¨ aten anziehend, auf die Minorit¨ aten abstoßend wirken, was sich in unterschiedlichen Streuraten auswirkt. Die Beweglichkeit der Minorit¨ aten ist dabei in stark dotierten Halbleitern gr¨ oßer als als die der Majorit¨ aten. 19
522
12. Halbleiter
beschreiben; N bezeichnet die Dichte der ionisierten St¨orstellen, die Parameter µmin , µmax , µ1 , Nr1 , α1 , Nr2 and α2 sind in Tabelle 12.4 aufgef¨ uhrt. Tabelle 12.4. Parameter f¨ ur die Beweglichkeiten der Majorit¨aten a ) [44]
As P B a
µmin
µmax
µ1
Nr1
α1
Nr2
α2
52.2 68.5 44.9
1417 1414 470.5
43.4 56.1 29.0
9.68 × 1016 9.2 × 1016 2.23 × 1017
0.68 0.711 0.719
3.43 × 1020 3.41 × 1020 6.1 × 1020
2 1.98 2
) Beweglichkeiten in cm2 /(Vs), Dotierstoffkonzentrationen in cm−3 .
Da die Streuung an St¨ orstellen eine andere Temperaturabh¨angigkeit aufweist als die Streuung an Gitterschwingungen, kann die Beweglichkeit in st¨arker dotierten Halb¨ leitern durch eine Uberlagerung entsprechend der Matthiesenschen Regel ermittelt werden; eine entsprechendes Beweglichkeitsmodell wird in [15, 45] vorgestellt. Die zunehmende Erzeugung optischer Phononen bedingt eine Abnahme der Beweglichkeit bei großer Feldst¨ arke; dabei wird u ¨blicherweise die empirische Beziehung von Caughey uand Thomas [46] µ(E) =
µ(0) 1 + (µ(0)E/vnsat )
β
1/β
(12.70)
mit β ≈ 2 zugrundegelegt.
Stromtransport in Materialien mit ortsabh¨ angiger Energiel¨ ucke. Durch eine ¨ Anderung in der Zusammensetzung eines Verbindungshalbleiters kann eine allm¨ahli¨ che Anderung der Energiel¨ ucke (z.B. u ¨ber der Basis eines Bipolartransistors) erreicht werden (graded base). Ein weiterer Effekt der zu einer ortsabh¨angigen Energiel¨ ucke f¨ uhrt ist das bandgap narrowing. Eine in Flußrichtung der Elektronen abnehmende Energiel¨ ucke wirkt sich auf den Transferstrom wie ein zus¨atzliches Driftfeld aus: In Halbleitern mit ortsabh¨ angiger Zusammensetzung sind die Stromgleichungen f¨ ur Elektronen und L¨ ocher wie folgt zu verallgemeinern [47] ∂n n dNC dWC + µn n − eDn ∂x dx NC dx
Jn
= enµn E + eDn
Jp
= −epµp E + eDp
∂p p dNV dWV + µp p − eDp ∂x dx NV dx
(12.71) (12.72)
¨ Dabei bezeichnet dWC /dx die Anderung der Energie der Leitungsbandkante im feld¨ freien Fall und dWV /dx die Anderung der Energie der Valenzbandkante. Entspre¨ der effektiven Zustandsdichte im Leitungschend bezeichnet dNC /dx die Anderung band mit dem Ort und dNV /dx diejenige des Valenzbands.
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
523
Kontinuit¨ atsgleichungen Die Kontinuit¨ atsgleichungen f¨ ur Elektronen und L¨ocher stellen die Bilanz“ ” ¨ f¨ ur diese Ladungstr¨ ager auf, d. h. sie verkn¨ upfen die Anderung der Ladungstr¨agerdichte mit der Stromdichte und der Nettorekombinationsrate. Die eindimensionale Kontinuit¨ atsgleichung f¨ ur Elektronen lautet 1 ∂Jn ∂n = − (R−G) . ∂t e ∂x
(12.73)
F¨ ur L¨ocher gilt entsprechend 1 ∂Jp ∂p = − − (R−G) ∂t e ∂x
(12.74)
mit der L¨ocherstromdichte Jp . Die Verallgemeinerung dieser Beziehungen auf den dreidimensionalen Fall ergibt 1 ∂n = ∇·J n − (R−G) ∂t e F lu ß r ic h tu n g
bzw.
1 ∂p = − ∇·J p − (R−G) . ∂t e
d e r E le k tr o n e n
J
D x
n T
(x -D x /2 ) J
n T
(x + D x /2 )
Q u e r s c h n itts flä c h e A x -D x /2 x
x + D x /2
x
Abb. 12.35. Teilchenfluß (eindimensional) durch ein quaderf¨ ormiges Volumen
Herleitung der Kontinuit¨ atsgleichung. Zur Herleitung der eindimensionalen Kontinuit¨ atsgleichung f¨ ur Elektronen wird ein eindimensionaler Elektronenfluß in xRichtung, beschrieben durch die Teilchenstromdichte JnT (x), betrachtet (Abb. 12.35). Die Rate, mit der Elektronen in den skizzierten Quader mit Querschnittsfl¨ache A str¨ omen, ist EIN = AJnT (x−∆x/2) . Die Rate, mit der Elektronen aus dem Quader herausfließen, ist AUS = AJnT (x+∆x/2) . Ferner ist ein Schwund durch Rekombination zu ber¨ ucksichtigen
524
12. Halbleiter SCHWUND = (R−G)A∆x .
Die Bilanz f¨ ur Elektronen im Volumen V lautet damit ¨ ANDERUNG = EIN − AUS − SCHWUND . ¨ Die ANDERUNG der Anzahl der Elektronen im Volumen V = A ∆x h¨angt mit der ¨ Anderung der Elektronendichte im Volumen u ¨ber die Beziehung ∂n ¨ A∆x ANDERUNG = ∂t zusammen. Setzt man diese Zusammenh¨ ange in die Bilanzgleichung ein, so folgt ∂n A∆x = AJnT (x−∆x/2) − AJnT (x+∆x/2) − (R−G)A∆x ∂t bzw. nach Division durch A und ∆x ∂n JnT (x+∆x/2) − JnT (x−∆x/2) = − − (R−G) . ∂t ∆x Im Grenzfall ∆x → 0 geht der erste Term auf der rechten Seite in die Ableitung der Teilchenstromdichte u uhrt dies auf Gl. (12.73). ¨ber. Mit Jn = −eJnT f¨
L ic h t
W D L
Abb. 12.36. Zu Beispiel 12.4.4
Beispiel 12.4.4 Als einfaches Anwendungsbeispiel der Kontinuit¨atsgleichung wird das in Abb. 12.36 skizzierte Halbleiterpl¨ attchen (Silizium) mit der Akzeptorkonzentration NA ni betrachtet. Im unbeleuchteten Fall ist der Leitwert des Pl¨attchens G = e(µn np0 + µp pp0 )W D/L ≈ eµp NA W D/L vor allem durch die Dotierung bestimmt. Trifft Licht auf das Pl¨attchen, so werden zus¨ atzliche Elektron-Loch-Paare erzeugt; da Elektronen und L¨ocher paarweise erzeugt werden, steigt die Elektronen- und L¨ ocherdichte im selben Maß an (∆n = ∆p). Da die Stromdichte im betrachteten Beispiel nicht vom Ort abh¨angt lautet die Kontinuit¨ atsgleichung f¨ ur die Elektronen np −np0 dnp = − + Ghν (t) dt τn wobei Ghν (t) die zus¨ atzliche Generationsrate durch die absorbierte Strahlung angibt. Ist die auftreffende Strahlung monochromatisch mit der Wellenl¨ange λ, so ist die
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
525
Energie eines Photons Whν = hc/λ (vgl. Kap. 26). Die Anzahl der pro Zeiteinheit auftreffenden Photonen ist dann φe (t)/Whν wobei φe (t) die auftreffende Strahlungsleistung ist. Bezeichnet η den Anteil der auftreffenden Photonen, die ein ElektronLoch-Paar erzeugen, so ist die durch die optische Strahlung bedingte Generationsrate Ghν (t) =
φe (t) 1 η . W LD hc/λ
Bei dieser Betrachtung wurde der Einfachheit halber angenommen, daß die Strahlungsleistung gleichf¨ ormig im Volumen absorbiert wird, d.h. Ghν (t) ist die u ¨ber das Volumen gemittelte Generationsrate.20 (a) Wird zur Zeit t = 0 eine konstante Beleuchtung eingeschaltet, so gilt f¨ ur t < 0: ur t > 0 gen¨ ugt Ghν = 0 und np = np0 (thermisches Gleichgewicht, Abb. 12.37, (1)); f¨ atsgleichung np (t) der Kontinuit¨ dnp np −np0 = − + Ghν dt τn mit Ghν > 0; diese Differentialgleichung ist zum Anfangswert np (0) = np0 zu l¨osen. Bei t = 0+ gilt dnp /dt = Ghν > 0, d.h. die Kontinuit¨atsgleichung liefert erwartungsgem¨ aß eine mit der Zeit ansteigende Elektronendichte. Die Elektronendichte steigt an, bis dnp /dt = 0 gilt, bzw. bis beim Wert np = np0 +Ghν τn ein station¨arer Zustand erreicht wird (Abb. 12.37, (2)). Elektronen- und L¨ocherdichte gen¨ ugen f¨ ur t > 0 der Beziehung np (t) = np0 + Ghν τn [1 − exp(−t/τn )] . Mit np0 pp0 ≈ NA folgt f¨ ur den Leitwert des beleuchteten Halbleiterpl¨attchens G = eµp NA
WD WD + e(µn +µp )Ghν τn = Gdark + ∆G L L
wobei Gdark den Leitwert des unbeleuchteten Halbleiterpl¨attchens und ∆G die Zunahme des Leitwerts bei Beleuchtung bezeichnet. n
b e le u c h te t p
G
(2 )
(1 ) n
h n
t
u n b e le u c h te t
n
(3 )
0
p 0
t n
t n
t
¨ Abb. 12.37. Anderung der Elektronendichte im p-Typ Halbleiter nach Ein- und Ausschalten der Beleuchtung 20
Eine aufwendigere Rechnung mit einer von der Eindringtiefe abh¨ angigen Generations¨ rate liefert dasselbe Ergebnis f¨ ur die Anderung des Leitwerts bei Beleuchtung.
526
12. Halbleiter
ur t < 0 und Ghν = 0 (b) Wird das Licht bei t = 0 ausgeschaltet, d.h. gilt Ghν > 0 f¨ f¨ ur t > 0, so lautet die Kontinuit¨ atsgleichung f¨ ur t > 0 dnp np −np0 = − dt τn mit der Anfangsbedingung np (0) = np0 + Ghν τn > np0 . Bei t = 0+ gilt dnp /dt = −Ghν < 0, d.h. die Elektronendichte nimmt erwartungsgem¨aß ab. Die Elektronendichte f¨ allt ab bis dnp /dt = 0 bzw. np = np0 erreicht ist: Sich selbst u ¨berlassen strebt der Halbleiter also wieder den Zustand des thermischen Gleichgewichts an (Abb. 12.37, (3)). (c) F¨ allt f¨ ur t > 0 Licht mit sinusf¨ ormig modulierter Leistung auf das Halbleiterpl¨ attchen, so lautet die Kontinuit¨ atsgleichung np −np0 dnp = − + Ghν0 + Gˆhν∼ cos(ωt) . dt τn Der Gleichanteil der Generationsrate Ghν0 verursacht einen Anstieg der Elektronendichte auf den Wert np = np0 + Ghν0 τn ; diesem Gleichanteil der Elektronendichte wird ein Wechselanteil np∼ (t) u ¨berlagert, der durch np∼ dnp∼ = − + Gˆhν∼ cos(ωt) dt τn bestimmt ist. Die L¨ osung dieser DGL ergibt τn Gˆhν∼ np∼ (t) =
cos(ωt + ϕ) = n ˆ p∼ cos(ωt + ϕ) 1 + ω 2 τn2 mit ϕ = − arctan(ωτn ). Es lassen sich zwei Grenzf¨alle betrachten • F¨ ur niedere Frequenzen mit ωτn 1 ist n ˆ p∼ ≈ τn Gˆhν∼ ; unter diesen Bedingungen stellen sich Leitwerts¨ anderungen mit einer von der Frequenz unabh¨angigen Amplitude ein. ˆ p∼ ≈ Gˆhν∼ /ω; unter diesen Bedingungen • F¨ ur hohe Frequenzen mit ωτn 1 ist n f¨ allt die Amplitude der durch den Wechselanteil der Strahlung bedingten Leitwerts¨ anderungen umgekehrt proportional zur Frequenz ab. Der in diesem Beispiel untersuchte Fotowiderstand zeigt somit bei Wechselbetrieb ∆ ein Tiefpaßverhalten mit der Grenzfrequenz 1/(2πτn ). Beispiel 12.4.5 Ein sch¨ one Illustration des Zusammenwirkens von Drift, Diffusion und Rekombination bietet das Haynes-Shockley-Experiment [48] mit der in Abb. 12.38 skizzierten Anordnung. In einem n-Typ Halbleiter werden dabei bei x = 0 durch einen kurzen Lichtblitz zur Zeit t = 0 Elektron-Loch-Paare erzeugt. Durch ein angelegtes elektrisches Feld driften die erzeugten L¨ocher nach rechts. Wird das elektrische Feld im Halbleiter als konstant angenommen (dE/dx = 0), so lassen sich die Strom- und die Kontinuit¨ atsgleichung f¨ ur die L¨ocher im n-Gebiet Jp = eµp pn E − eDp zusammenfassen zu
∂pn ∂x
und
∂pn 1 ∂Jp pn − pn0 = − ∂t e ∂x τn
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
527
L ic h tb litz z u r Z e it t= 0 n - T y p H a lb le ite r V +
p n(x ,t) t1
E = 0
t2> t1 p
t3> t2
n 0
0 x
p n(x ,t) E > 0
t1 t2> t1
t3> t2 p
n 0
0
v pt1
v pt2
v pt3
x
Abb. 12.38. Haynes-Shockley Experiment. Versuchsanordnung und Verteilung der Minorit¨ atsladungstr¨ ager f¨ ur verschiedene Zeiten
pn −pn0 ∂pn ∂ 2 pn ∂pn = − + Dp − µp E . ∂t τp ∂x ∂x2 Werden durch den Lichtblitz N L¨ ocher zur Zeit t = 0 bei x = 0 erzeugt, so ist die L¨ osung dieser partiellen Differentialgleichung t N (x−vp t)2 exp − pn (x, t) =
exp − + pn0 . τp 4Dp t 4πDp t Dabei bezeichnet vp = µp E die Driftgeschwindigkeit der L¨ocher im elektrischen Feld E. Liegt keine Spannung an, so ist E = 0; das Maximum der L¨ocherdichte bleibt dann bei x = 0, aufgrund der Diffusion verteilen sich die L¨ocher aber u ¨ber einen zunehmend gr¨ oßeren Bereich und nehmen aufgrund der Rekombination (Faktor exp(−t/τp )) insgesamt ab. Wird ein elektrisches Feld u ¨berlagert, so verschiebt sich das Maximum der L¨ ocherdichte mit der Driftgeschwindigkeit in Feldrichtung. ∆
Poisson-Gleichung F¨ ur eine vollst¨andige Beschreibung der Vorg¨ange im Halbleiter unter Nichtgleichgewichtsbedingungen sind die Strom- und Kontinuit¨atsgleichungen durch eine Beziehung zu erg¨ anzen, die es erlaubt, die elektrische Feldst¨arke E = −∂ψ/∂x
(12.75)
528
12. Halbleiter
bzw. das elektrostatische Potential ψ aus der Verteilung der Ladungen zu berechnen. Der gesuchte Zusammenhang wird durch die Poisson-Gleichung [49] geliefert, die in ihrer eindimensionalen Form durch ρ ∂2ψ = − ∂x2 0 r
(12.76)
gegeben ist. Hierbei bezeichnet
ρ = e p−n+ND+ −NA−
(12.77)
die Ladungsdichte. Die Verallgemeinerung auf drei Dimensionen lautet ∇·E = −∇2 ψ = ρ/0 r .
12.4.5 Abschirmung Werden Minorit¨ aten in ein zuvor neutrales Bahngebiet injiziert, so ziehen diese aufgrund ihrer Ladung dort Majorit¨ atstr¨ager an, die sich so verschieben, daß die injizierte Minorit¨ atsladung weitgehend neutralisiert wird. Dieser Vorgang erfolgt in Materialien mit großem spezifischem Leitwert σ sehr schnell. Die charakteristische Zeitkonstante f¨ ur diesen Ausgleichsvorgang ist die dielektrische Relaxationszeit τ = 0 r /σ .
(12.78)
F¨ ur Dotierstoffkonzentrationen gr¨ oßer als 1017 cm−3 , wie sie in den Bahngebieten von Halbleiterbauelementen h¨ aufig anzutreffen sind, ist τ deutlich kleiner als 1 ps, die neutralisierenden Majorit¨aten folgen den injizierten Minorit¨aten unter diesen Umst¨ anden nahezu tr¨ agheitsfrei. Im Fall eines n-Typ Halbleiters der Dotierstoffkonzentration ND+ folgt aus (12.78) f¨ ur die dielektrische Relaxationszeit21 τ = 0 r /eµn ND+ .
(12.80)
21
Die Beziehung (12.80) darf nur verwendet werden, falls die Feldst¨ arkeabh¨ angigkeit der Elektronenbeweglichkeit vernachl¨ assigbar ist. Ist dies nicht der Fall, so ist statt µn die Kleinsignalbeweglichkeit µn (E0 ) = µn (E0 ) + E0
dµn dE E0
(12.79)
arke im Arbeitspunkt bezeichnet. Diese kann in bestimmzu verwenden, wobei E0 die Feldst¨ ten Halbleitern negative Werte annehmen, was zu exponentiell mit der Zeit anwachsenden St¨ orungen und damit zu einer Instabilit¨ at der Ladungsverteilung (Gunn-Effekt) f¨ uhren kann.
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
529
Mit dieser Zeitkonstante wird sich eine zuf¨allige Anh¨aufung von Elektronen, wie sie z.B. durch die W¨ armebewegung zustandekommen kann, wieder aufl¨osen. Die charakteristische L¨ ange f¨ ur die Abschirmung der injizierten Minorit¨aten durch Majorit¨aten ist die Debye-L¨ ange 22
LD =
0 r VT . eN
(12.81)
F¨ ur N ist dabei die Dichte der Majorit¨aten einzusetzen, also nn im nur n-Typ Silizium mit ND+ = 1017 cm−3 Halbleiter und pp im p-Halbleiter. F¨ ergibt sich beispielsweise eine Debye-L¨ ange von LD = 13 nm: Die injizierten Minorit¨atstr¨ager k¨ onnen hier f¨ ur die meisten Zwecke als perfekt neutralisiert angenommen werden. Physikalischer Hintergrund. Als Beispiel wird eine St¨orung ∆n(x, t) der Elektronendichte n(x, t) = ND+ + ∆n(x, t) in einem gleichf¨ormig dotierten n-Typ Halbleiter betrachtet. Durch Ableiten der Stromgleichung Jn = −eµn n
∂n ∂ψ + eDn ∂x ∂x
folgt mit der Poisson-Gleichung ∂2ψ ρ e∆n = − = ∂x2 0 r 0 r f¨ ur die Kontinuit¨ atsgleichung ∂n ∂2 ∂ 1 ∂Jn eµn n = ∆n = = − ∆n + Dn 2 ∆n . ∂t ∂t e ∂x 0 r ∂x Wird im Produkt n ∆n = (ND+ + ∆n)∆n ≈ ND+ ∆n der Term ∆n2 vernachl¨assigt, was f¨ ur kleine Abweichungen ∆n vom Gleichgewichtswert zul¨assig ist, so folgt mit Dn = VT µn ∂2 ∆n 1 ∂ ∆n ∆n − 2 = ∂x2 LD Dn ∂t wobei
LD =
(12.82)
0 r VT /eND+
die Debye-L¨ ange bezeichnet. Diese partielle Differentialgleichung beschreibt allgemein das Verhalten einer St¨ orung ∆n(x, t) der Majorit¨atsdichte. An dieser Stelle sollen nur zwei Sonderf¨ alle betrachtet werden: 22
Zur Veranschaulichung der Debye-L¨ ange LD kann man sich eine Punktladung – etwa ein Elektron – in einem p-Typ-Halbleiter vorstellen. Das Elektron zieht L¨ ocher an, die sich in einer Wolke“ mit Abmessungen von der Gr¨ oßenordnung der Debye-L¨ ange um die negative ” Ladung h¨ aufen und diese abschirmen (neutralisieren).
530
12. Halbleiter
• H¨ angt die St¨ orung nur vom Ort ab, so vereinfacht sich (12.82) zu d2 ∆n ∆n − 2 = 0 dx2 LD mit der L¨ osung ∆n(x) = ∆n(0) e−x/LD , d.h. die Debye-L¨ ange beschreibt wie schnell eine St¨orung auf der L¨angenskala abklingt. • H¨ angt die St¨ orung nur von der Zeit ab, so vereinfacht sich (12.82) zu Dn ∆n d ∆n ∆n = = 2 LD τ dt mit der dielektrischen Relaxationszeit τ = L2D /Dn = 0 r /eµn ND+ = 0 r /σ; die L¨ osung dieser Differentialgleichung ist von der Form ∆n(t) = ∆n(0) e−t/τ , d.h. die dielektrische Relaxationszeit bestimmt wie schnell eine St¨orung auf der Zeitskala abklingt.
12.4.6 Quasi-Fermipotentiale Die Fermi-Energie WF bestimmt die Besetzungswahrscheinlichkeit der Elektronenzust¨ande in Leitungs- und Valenzband unter den Bedingungen des thermischen Gleichgewichts. Elektronen- und L¨ocherdichte sind in diesem Fall durch das Massenwirkungsgesetz miteinander verkn¨ upft. Im Nichtgleichgewichtsfall treten Abweichungen der Elektronendichten und L¨ocherdichten von ihren jeweiligen Gleichgewichtswerten auf. Die f¨ ur die Wiederherstellung des Gleichgewichtszustands maßgeblichen Zeitkonstanten sind die Lebensdauern ur die Thermalisierung“ τn und τp . Diese sind groß im Vergleich zu den f¨ ” von Elektronen und L¨ ochern ben¨ otigten Zeiten: Durch St¨oße der Elektronen bzw. L¨ocher untereinander und mit dem Gitter haben diese bereits nach einer Zeit von der Gr¨ oßenordung 1 ps eine dem Gleichgewichtsfall entsprechende Energieverteilung. Aus diesem Grund ist es naheliegend das Konzept der Fermi-Energie zu verallgemeinern. Im thermischen Gleichgewicht gilt f¨ ur die Elektronendichte
WFn −WC n = NC exp kB T
.
Bei Anwesenheit eines elektrischen Feldes mit dem elektrostatischen Potential ψ(x) wird die Leitungsbandkante ortsabh¨angig: Es gilt dWC /dx = −edψ/dx. Da der Nullpunkt f¨ ur die Skala des elektrostatischen Potentials frei gew¨ahlt werden kann, ist der Ansatz
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
ψ−φn n = nie exp VT
531
,
ur naheliegend; dabei bezeichnet φn = −WFn /e das Quasi-Fermi-Potential f¨ Elektronen. Das Quasi-Fermi-Potential f¨ ur Elektronen folgt aus dem elektrostatischen Potential und der Elektronendichte nach der Beziehung23 φn = ψ − VT ln (n/nie ) ;
(12.83)
entsprechend folgt das Quasi-Fermi-Potential f¨ ur L¨ocher aus dem elektrostatischen Potential und der L¨ ocherdichte gem¨aß φp = ψ + VT ln (p/nie ) ;
(12.84)
es weist nur im Fall des thermischen Gleichgewichts denselben Wert auf wie ur das np-Produkt“ gilt die folgende Verallgemeinerung des Massenφn . F¨ ” wirkungsgesetzes f¨ ur das Nichtgleichgewicht
np =
n2ie exp
φp −φn VT
(12.85)
und f¨ ur die Stromdichten Jn = −eµn n
∂φn ∂x
sowie
Jp = −eµp p
∂φp . ∂x
(12.86)
Diese Beziehungen erfassen sowohl den Drift- als auch den Diffusionsstromanteil von Elektronen bzw. L¨ ochern. Fließt kein Strom so ist nach (12.86) ∂φn /∂x = ∂φp /∂x = 0, d.h. im stromlosen Fall ist das Quasi-Fermipotential ortsunabh¨angig. In Beispiel 12.4.3 wurde gezeigt, daß sich in einem ungleichf¨ ormig dotierten Halbleiter ein elektrisches Feld ausbildet, das den Diffusionsstrom aufgrund der ortsabh¨angigen Ladungstr¨agerdichte kompensiert. Zwischen den unterschiedlich stark dotierten Enden des Halbleiters besteht deshalb eine Potentialdifferenz. W¨ urden wir mit einem Voltmeter versuchen diese Potentialdifferenz zu messen, so w¨ urde dieses nichts anzeigen: Die nach außen sichtbare Spannung ist gleich der Differenz der Quasi-Fermipotentiale an den Kontakten – sofern die Ladungstr¨agerdichten am Kontakt dem thermischen Gleichgewicht entsprechen24 . 23
Mathematisch gesehen handelt es sich bei den Gln. (12.83) und (12.84) um eine Variablentransformation. Die Vorg¨ ange im Halbleiter lassen sich sowohl durch Verwenden der Gr¨ oßen n, p, und ψ als auch durch Verwenden der Gr¨ oßen φn , φp , ψ beschreiben. Da die Schreibweisen ¨ aquivalent sind, kann die f¨ ur den jeweiligen Fall g¨ unstigste (bequemste) herangezogen werden. 24 Dies ist an Metallkontakten in sehr guter N¨ aherung erf¨ ullt; bei anderen Kontaktmaterialien (z.B. poly-Silizium) zumeist nicht.
532
12. Halbleiter
12.4.7 Thermoelektrische Effekte Der Thermostrom hat seine Ursache in einer vom Ort abh¨angigen Temperatur der Ladungstr¨ ager. Die Temperatur charakterisiert die mittlere kinetische Energie der statistisch ungeordneten W¨armebewegung der Ladungstr¨ager. Da diese mit zunehmender Temperatur ansteigt, bewegen sich (bei ortsunabh¨angiger Ladungstr¨ agerdichte) aufgrund der thermischen Bewegung mehr Ladungstr¨ ager aus den w¨ armeren Zonen fort, als aus den k¨alteren nachgeliefert werden. Der durch das Temperaturgef¨alle hervorgerufene Teilchenstrom verl¨auft somit vom w¨ armeren zum k¨alteren Ende. Der Thermostrom wird durch den Temperaturgradienten ∇T bestimmt, mit dem (absoluten) ur die Elektronenstromdichte Seebeck-Koeffizienten αSn und αSp folgt f¨ J n = −eµn n (∇φn − αSn ∇T )
(12.87)
und f¨ ur die L¨ocherstromdichte J p = −eµp p (∇φp + αSp ∇T ) .
(12.88)
Werden die Enden des Leiters nicht angeschlossen, so kann kein Strom fließen; als Folge des Thermostroms baut sich dann eine Thermospannung u ¨ber dem Leiter auf. Beispiel 12.4.6 Es wird ein n-Typ Halbleiters der L¨ange L betrachtet, zwischen dessen Enden die Temperaturdifferenz T (L)−T (0) = ∆T auftritt. Bei offenen Enden (Jn = 0) folgt aus (12.87) bei Annahme eindimensionaler Verh¨altnisse dT dφn = αSn . dx dx Wird diese Beziehung von 0 bis L integriert so folgt unter der Annahme, daß αSn u ur die Spannung die sich zwischen ¨berall im Halbleiter denselben Wert aufweist f¨ den Enden einstellt φn (L) − φn (0) = αSn ∆T , wobei αSn der Einfachheit halber als temperaturunabh¨angig angenommen wurde. Zwischen den Enden des Leiters tritt demzufolge eine zur Temperaturdifferenz proportionale Thermospannung auf. Der Spannungspfeil zeigt dabei vom w¨armeren Ende (das sich positiv aufl¨ adt) zum k¨ alteren Ende (negative Aufladung). ∆
Thomson-Effekt, W¨ armestrom. Ein weiterer thermoelektrischer Effekt neben dem oben beschriebenen Seebeck-Effekt ist der Thomson-Effekt. Dieser beschreibt den mit einem elektrischen Stromfluß verbundenen W¨armetransport. Besteht in dem Leiter ein Temperaturgef¨alle, so kann die Stromflußrichtung so liegen, daß die Elektronen vom w¨ armeren zum k¨alteren Ende transportiert werden. Durch den elektrischen Stromfluß gelangen dann Elektronen mit vergleichsweise hoher Temperatur in ein Gebiet mit niederer Gittertemperatur
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
533
und w¨armen dieses auf: Es kommt zu einer zus¨atzlichen Leistungsabgabe an das Gitter. Fließen die Elektronen dagegen vom k¨alteren zum w¨armeren Ende, so gelangen aufgrund des Stromflusses kalte Elektronen in eine Zone mit h¨oherer Gittertemperatur, erw¨ armen sich auf die Gittertemperatur und entziehen dem Gitter dadurch W¨ arme: Die an das Gitter abgegebene Leistung ist negativ. Der W¨ armestrom Q ist neben der W¨armeleitung aufgrund eines Temperaturgradienten durch die vom elektrischen Strom transportierte W¨arme bestimmt. Mit den Peltier-Koeffizienten πn und πp f¨ ur Elektronen und L¨ocher l¨aßt sich schreiben [50] Q = −λ∇T + eπn J n + eπp J p .
(12.89)
Die Peltier-Koeffizienten sind dabei mit den Seebeck-Koeffizienten u ¨ber die Beziehungen πn = αSn T
und
πp = αSp T
(12.90)
verkn¨ upft. Um die pro Volumeneinheit umgesetzte Leistung H zu berechnen ist neben der Jouleschen und der Thomsonschen W¨armeleistung die durch die bei der Rekombination von Elektron-Loch-Paaren freiwerdende Leistung, die absorbierte elektromagnetische Strahlungsleistung Hhν und die aufgrund der W¨armeleitung erfolgende Aufheizung zu beachten [50, 51]; H = |J n |2 /(eµn n) + |J p |2 /(eµp p) + αSn J n ·∇T + αSp J p ·∇T −J n ·∇πn − J p ·∇πp + e(φp −φn −πn +πp ) (R−G) +Hhν − ∇·(λ∇T ) .
12.4.8 Galvanomagnetische Effekte Galvanomagnetische Effekte treten in stromdurchflossenen Leitern unter dem Einfluß eines Magnetfelds auf. Sie sind in Halbleitern wegen der im Vergleich zu Metallen geringen Dichte beweglicher Ladungstr¨ager besonders ausgepr¨agt. Auf Ladungstr¨ ager der Ladung q, die sich mit der Geschwindigkeit v in einem magnetischen Feld der magnetischen Induktion B bewegen, wirkt die Lorentz-Kraft F = q(v × B) .
(12.91)
Diese f¨ uhrt zu einer Ablenkung der Ladungstr¨ager senkrecht zur Stromflußrichtung. Die folgende vereinfachte Betrachtung25 (in Anlehung an [52]) nimmt an, daß es sich bei den beweglichen Ladungstr¨agern um Elektronen 25
Diese Betrachtung l¨ aßt außer acht, daß das Magnetfeld die Bewegung der Ladungstr¨ ager zwischen Streuvorg¨ angen und damit die Beweglichkeit beeinflußt. Vgl. [8] f¨ ur eine genauere Betrachtung.
534
12. Halbleiter
handelt, die sich einheitlich mit der Driftgeschwindigkeit v n bewegen. Ohne Magnetfeld (B = 0) folgt die Driftgeschwindigkeit aus der Stromgleichung v n (0) = −
µn J n (0) Dn Dn = −µn E − ∇n = Fe − ∇n en n e n
(12.92)
wobei F e die Kraft auf ein Elektron bezeichnet. Wird dem elektrischen Feld ein Magnetfeld B u ¨berlagert, so ist die Kraft auf ein Elektron gleich der Lorentz-Kraft F e = −e(E + v n ×B) . In (12.92) folgt damit v n (B) = v n (0) − µn v n (B)×B bzw. J n (B) = J n (0) − µn J n (B)×B . Um diese Gleichung nach J n (B) aufzul¨ osen wird zun¨achst das Vektorprodukt B × J n (B) gebildet. Mit den Identit¨ aten B × [ J n (B) × B ] = J n (B) |B|2 − [J n (B) · B ] B und J n (B) · B = J n (0) · B folgt so bei vernachl¨assigbarem Diffusionsstrom mit J n = eµn nE J n (B) = eµn n
E + µn B × E + µ2n (B ·E) B . 1 + µ2n |B|2
(12.93)
Hall-Effekt, Gauß-Effekt. Die folgende Betrachtung bezieht sich auf die in Abb. 12.39 a dargestellte Geometrie mit einem in z-Richtung orientierten Magnetfeld und einem Stromfluß parallel zur x|y-Ebene mit der Stromdichte J n (B) = eµn n
Ex − µn Bz Ey Ey + µn Bz Ex ey . 2 ex + eµn n 2 1 + µn |B| 1 + µ2n |B|2
(12.94)
Im Fall B = 0 besitzt das elektrische Feld nur eine x-Komponente, die von der extern angelegten Spannung V0 herr¨ uhrt, und einen Stromfluß Ix bedingt. Die Lorentz-Kraft verursacht f¨ ur B = 0 eine Ablenkung der Teilchen senkrecht zur x-Richtung. Fließt in y-Richtung kein Strom, so f¨ uhrt dies zum Aufbau eines elektrischen Feldes Ey : Zwischen den Elektroden in y-Richtung tritt die Hall-Spannung VH = −Ey W = µn Bz Ex W =
Ix Bz . enW D
auf. Da µn Ex = Ix /(enW D) gilt, ist VH proportional zum Strom Ix . Wird der Strom durch L¨ ocher transportiert, so stellt sich eine Hall-Spannung mit ¨ umgekehrtem Vorzeichen ein (Ubungsaufgabe!). Legt man an ein vom Strom attchen ein Voltmeter mit unendlich hohem InnenwiIx durchflossenes Hallpl¨ derstand senkrecht zur Flußrichtung an, so l¨aßt sich die Hall-Spannung
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
W
B F
v D
F
535
h
e
F e
v e
v
F e
F e
v L
v h
e
v
h
e
e
I V
V H
z
(a ) y
x
B v h
F
v
F
h
h
v
F
h
F h
v
h
h
h
I V H
V (b )
VH = −
Abb. 12.39. Hall-Effekt. (a) Mit Elektronen und (b) mit L¨ ochern
1 Ix Bz Ix Bz = −RH qn D D
messen, wobei q die Ladung der Ladungstr¨ager bezeichnet. Die Gr¨oße RH = 1/(qn) heißt Hall-Koeffizient. Sind Ix , By , und die Dicke des Pl¨attchens d bekannt, so l¨aßt sich aus der Hallspannung VH der Hallkoeffizient berechnen. Aus diesem folgen Dichte und Vorzeichen der Ladungstr¨ager. Der Hall-Koeffizient ist umgekehrt proportional zur Ladungstr¨agerdichte - und der Hall-Effekt aus diesem Grund in Materialien mit einer geringen Ladungstr¨agerdichte besonders ausgepr¨agt. In Metallen ist der Hall-Effekt sehr klein - trotzdem wurde er zuerst an d¨ unnen Gold-Pl¨ attchen nachgewiesen26 . (12.94) zeigt noch eine weiteren Einfluß des Magnetfelds auf den Stromfluß in x-Richtung: Bei konstanter Spannung wird die Stromkomponente in x-Richtung durch das magnetische Feld verringert: Der Widerstand in xRichtung ist magnetfeldabh¨ angig. Dieser Effekt heißt Magnetowiderstandseffekt oder Gauß-Effekt. 26
Vom amerikanischen Physiker Edwin Hall im Jahre 1879.
536
12. Halbleiter
Thermomagnetische Effekte. Thermomagnetische Effekte treten auf, wenn gleichzeitig magnetische Felder und Temperaturunterschiede vorliegen. Liegt das Magnetfeld in z-Richtung B = Bz ez , und fließt der Strom in x-Richtung J = Jx ex so treten folgende Effekte auf: • Nernst-Ettinghausen-Effekt: Liegt ein Temperaturgradient in x-Richtung vor und gilt Jx = 0, so tritt in y-Richtung ein elektrisches Fels Ey ∼ Bz ∂T /∂x auf. Fließt hingegen ein Strom in x-Richtung so stellt sich im magnetischen Feld ein Temperaturgradient ∂T /∂y ∼ Jx Bz in y-Richtung ein. • Magneto-Seebeck-Effekt: Der Seebeck-Koeffizient αS zeigt eine leichte Abh¨angigkeit von der magnetischen Induktion senkrecht zur Stromflußrichtung. • Righi-Leduc Effekt: Im stromlosen Fall f¨ uhrt ein Temperaturgradient in x-Richtung in Verbindung mit einem Magnetfeld in z-Richtung zu einem Temperaturgradienten in y-Richtung. Thermomagnetische Effekte wurden schon vereinzelt in der Sensorik (z.B. NernstEttinghausen-Detektoren [53]) eingesetzt, sind i.allg. jedoch von untergeordneter Bedeutung.
12.4.9 Piezoresistiver Effekt ¨ Der piezoresistive Effekt bezeichnet eine Anderung des spezifischen Widerstands eines Festk¨ orpers aufgrund einer mechanischen Verformung. Durch die Deformation a¨ndert sich der Abstand der n¨achsten Nachbaratome im Gitter und damit die Bandstruktur des Festk¨ orpers, was sich wiederum auf die effektiven Massen und so auf den spezifischen Widerstand auswirkt. Der Piezowiderstandseffekt wird am Beispiel des n-Typ Silizium erl¨autert. Liegt keine mechanische Deformation vor, so weist das Leitungsband im k-Raum sechs ¨aquivalente Minima auf (Abb. 12.40 a). 0 0 1
k
0 0 1 z
k z
1 0 0 0 .8 5
0 1 0 k
2 p a
k
1 0 0 k x
0 1 0 k
y
(a )
x
y
(b )
Abb. 12.40. Fl¨ achen konstanter Energie (f¨ ur einen Energiewert der etwas oberhalb der Leitungsbandkante liegt) f¨ ur (a) nicht deformiertes und (b) deformiertes Silizium
12.4. Halbleiter im Nichtgleichgewicht
537
Da sich die Elektronen im Leitungsband zu gleichen Teilen auf die sechs gleichberechtigten Zonen um die Leitungsbandminima verteilen, ist die Beweglichkeit des Siliziums in 100 -Richtung als gewichtetes Mittel µSi n = (µn + 2µn⊥ )/3 aus den Beweglichkeiten µn und µn⊥ zu ermitteln. Dabei bezeichnet µn die Beweglichkeit der Elektronen in T¨ alern die in 100 Richtung, µn⊥ die Beweglichkeit der Elektronen in den senkrecht dazu orientierten T¨alern. Mit der Abk¨ urzung µn⊥ /µn = m∗l /m∗t = B = 5.15, lassen sich die Beweglichkeiten µn und µn⊥ durch µn ausdr¨ ucken µn =
3µn 2B + 1
and
µn⊥ =
3Bµn . 2B + 1
Durch eine Zugspannung in 100 -Richtung vergr¨oßert sich der Atomabstand in dieser Richtung - in der Richtung senkrecht dazu verkleinert er sich als Folge der Querkontraktion. Dies f¨ uhrt zu einer Anhebung der Leitungsbandminima in 100 Richtung und zu einer Absenkung der anderen Minima. Die Fl¨achen konstanter Energie schließen deshalb in den senkrecht zur 100 Richtung orientierten T¨ alern ein deutlich gr¨oßeres Volumen und damit wesentlich mehr Elektronenzust¨ ande ein: Die Elektronen verteilen sich nun nicht mehr gleichf¨ormig auf die T¨ aler und halten sich bevorzugt in den senkrecht zu 100 -Richtung orientierten T¨ alern auf. Bezeichnet ∆Wx die Veschiebung der Leitungsbandminima der in 100 -Richtung orientierten T¨aler und ∆Wz die Veschiebung der Leitungsbandminima der in 010 - bzw. 001 Richtung orientierten T¨aler, so folgt f¨ ur das Verh¨ altnis der Elektronendichte n eines Tals in 100 -Richtung zur Dichte n⊥ in einem senkrecht dazu orientierten Tal
n ∆Wz −∆Wx = exp n⊥ kB T
= Θ.
Die Werte von ∆Wx und ∆Wz sind proportionel zur relativen L¨angen¨anderung T = ∆L/L: Mit der Deformationspotentialkonstante von Silizium Ξu ≈ 9.2 eV gilt ∆Wx = −Ξu T /3 und ∆Wz = 2Ξu T /3, so daß ∆Wz − ∆Wx = ur −Ξu T gilt. Da 2n + 4n⊥ gleich der Elektronendichte n sein muß folgt f¨ den Anteil der Elektronen in den unterschiedlich orientierten T¨alern 2n Θ = n 2+Θ
und
4n⊥ 2 = . n 2+Θ
F¨ ur die Beweglichkeit in 100 -Richtung folgt auf diesem Weg 3Θ + 6B 0.265 Θ + 2.735 µn (T ) = = . µn (0) (2B + 1)(2 + Θ) 2+Θ
(12.95)
538
12. Halbleiter
12.5 Eigenschaften ausgew¨ ahlter Halbleiter Dieser Abschnitt fasst Eigenschaften technisch bedeutsamer Halbleiter zusammen. Da auf Silizium im Text bereits ausf¨ uhrlich eingegangen wurde, werden aus der vierten Hauptgruppe Germanium, Silizium-Germanium-Mischkristalle und der IV-IV-Verbindungshalbleiter Siliziumkarbid betrachtet. Ein weiterer Absatz geht kurz auf die Besonderheiten der III-V-Verbindungshalbleiter ein.
12.5.1 Germanium Germanium steht im Periodensystem unter dem Silizium und verf¨ ugt wie dieses u ucke. Im Unter¨ber vier Valenzelektronen und eine indirekte Energiel¨ schied zu Silizium weist das Leitungsband acht T¨aler bei den L-Punkten auf – mit effektiven Massen die deutlich unter denen der Leitungsbandelektronen des Siliziums liegen: Die Beweglichkeit der Elektronen in reinem Germanium ist deshalb ann¨ ahernd dreimal so groß wie in reinem Silizium. Die ersten Halbleiterbauelemente wurden mit Germanium-Kristallen realisiert, da Germanium wegen der im Vergleich zu Silizium (1415◦ C) geringen Schmelztemperatur bei 937◦ C sehr viel leichter eingeschmolzen und in einkristalliner Form gez¨ uchtet werden konnte. Die vergleichsweise kleine Energiel¨ ucke von ca. 0.66 eV bei Raumtemperatur bedingt jedoch einen großen Wert der intrinsischen Dichte. Dies wirkt sich in großen Sperrstr¨omen ¨ gleichrichtender pn-Uberg¨ ange aus; wegen des starken Anstiegs der intrinsischen Dichte mit der Temperatur kommt diese bereits bei Temperaturen ur Divon ca. 100◦ C in den Bereich der Dotierstoffkonzentration wie sie f¨ oden mit Sperrspannungen im Bereich von 100 V ben¨otigt werden. Dies f¨ uhrt zum Verlust der Sperrf¨ ahigkeit und schr¨ ankt den Temperaturbereich in dem Germanium-Bauelemente eingesetzt werden k¨onnen deutlich ein. Germanium wurde deshalb mit der Entwicklung der Silizium-Technologie weitgehend verdr¨angt und wird heute nur noch in speziellen Anwendungen der Optoelektronik und der Sensortechnik eingesetzt.
12.5.2 Silizium-Germanium D¨ unne Schichten aus Silizium-Germanium-Mischkristallen die aus der Gasphase auf Silizium abgeschieden werden, haben in den letzten Jahren erhebliche Bedeutung erlangt, da sie die Herstellung von Heterostrukturbauelementen im Rahmen der etablierten Siliziumprozeßtechnik erm¨oglichen. Silizium und Germanium bilden Kristalle mit Diamantgitter und k¨onnen als Mischkristalle in beliebiger Konzentration hergestellt werden. Die Gitterkonstante von Germanium ist jedoch 4.17% gr¨ oßer als die von Silizium; ein Si1−x Gex -
12.5. Eigenschaften ausgew¨ahlter Halbleiter
539 m it V e r s e tz u n g
e p ita k tis c h e S c h ic h t
o d e r
e in k r is ta llin e s S u b s tr a t p s e u d o m o r p h e S c h ic h t
Abb. 12.41. Illustration der M¨ oglichkeiten eine Halbleiterschicht auf ein Substrat mit abweichender Gitterkonstante aufzuwachsen (nach [54])
Mischkristall mit dem Germanium-Anteil x weist nach der Vegardschen Regel die Gitterkonstante aSi(1−x) Gex = aSi + (aGe −aSi )x
(12.96)
auf [55], wobei aSi die Gitterkonstante von Silizium, aGe die von Germanium bezeichnet. Heterostrukturen aus Si-Si1−x Gex -Mischkristallen mit unterschiedlichem Germaniumanteil sind nur mit Einschr¨ankungen m¨oglich, da die voneinander abweichenden Gitterkonstanten zu Versetzungen f¨ uhren (Abb. 12.41). Diese Versetzungen verringern die mechanische Spannung in der aufgebrachten Schicht und damit die in der Verspannung gespeicherte Energie. Die Deformationsenergie sehr d¨ unner Schichten ist gering – kleiner als die zur Bildung von Versetzungen ben¨ otigte Energie. In diesem Fall w¨achst eine auf dem Si-Einkristall abgeschiedene Si1−x Gex -Schicht mit der Gitterkonstante des Substrats auf. Dabei tritt eine Kompression parallel zur Oberfl¨ache und ein Zug senkrecht zur Oberfl¨ ache auf (Abb. 12.41). In solchen pseudomorphen oder or strained-layer Heterostrukturen m¨ ussen die Gitterkonstanten aufeinanderfolgender Schichten nicht u ¨bereinstimmen – solange eine kritische Dicke der aufgewachsenen Schicht nicht u ¨berschritten wird. Abbildung 12.42 zeigt die kritische Dicke von Si1−x Gex -Schichten als Funktion der relativen Abweichung ∆a/a der Gitterkonstante f¨ ur zwei verschiedene Abscheidetemperaturen. Die Abbildung zeigt, daß bei h¨oherer Temperatur aufgewachsene SiGe-Schichten eine geringere kritische Dicken aufweisen als bei niederer Temperatur aufgewachsene.
540
12. Halbleiter
K r itis c h e D ic k e ( i.E in h . v o n b )
1 0 4
5 5 0 C 1 0 3
1 0 2
7 5 0 C
1 0
th e r m is c h e s G le ic h g e w ic h t 1
0
1 % 2 % r e l. A b w e ic h u n g d e r G itte r k o n s ta n te n
3 %
Abb. 12.42. Kritische Dicke von SiGe-Schichten auf Si-Substrat f¨ ur unterschiedliche Abscheidetemperaturen (Einheit: Betrag des Burger-Vektors b ≈ 0.4 nm, nach [56, 57])
Einfluß auf die Bandstruktur. In Silizium-Germanium-Legierungen ist die Energiel¨ ucke im Vergleich zum reinen Silizium verringert. Die Abnahme der Energiel¨ ucke ist dabei in pseudomorphen Schichten wesentlich ausgepr¨agter [56, 58] als in nicht verspannten SiGe-Mischkristallen (Abb. 12.43). Die Energiel¨ ucke einer Gex Si1−x -Schicht auf Silizium ist eine Funktion des Germanium-Anteils x, wobei n¨ aherungsweise gilt [54] Wg (x, T )/eV = Wg (0, T )/eV − 0.96 x + 0.43 x2 − 0.17 x3 . In Gex Si1−x /Si-Hetero¨ uberg¨ angen bedingt ein Germanium-Anteil von 20% demzufolge eine Verringerung der Energiel¨ ucke um 176 meV bzw. 7kB T bei Raumtemperatur. Der Valenzbandsoffset (Kap. 14.5) an einem Gex Si1−x /SiHetero¨ ubergang ist vom Germaniumanteil abh¨angig und nimmt um ann¨ahernd 7 meV je Prozent Germanium zu [59,60], d.h. ∆WV (x, T ) ≈ x · 700 meV. Das Leitungsband weist nur einen geringen Offset auf; dieser wurde in [56, 58] mit ca. 20 meV berechnet. Beweglichkeiten. In Si1−x Gex -Mischkristallen ist die Bandstruktur bis zum Germanium-Anteil x = 0.85 ¨ ahnlich der des Siliziums mit sechs ¨aquivalenten Leitungsbandminima; f¨ ur gr¨ oßere Werte von x ist die Leitungsbandstruktur aquivalenten Leitungsbandminima in ¨ahnlich der des Germanium mit acht ¨ 111 -Richtung. In Si1−x Gex -Mischkristallen nimmt die Beweglichkeit wegen der zunehmenden Streuung an Germaniumatomen mit zunehmendem Germaniumanteil x ab bis zu x = 0.85; f¨ ur gr¨ oßere Werte von x, ergibt sich wieder ein Anstieg von µn bis zum Wert von reinem Germanium bei x = 1. Pseudomorphe Si1−x Gex -Schichten auf Si-Substrat zeigen wegen des Piezowiderstandseffekts eine deutlich gr¨ oßere Elektronenbeweglichkeit senkrecht zur aufgewachsenen Schicht als parallel zur Schicht.27 Bei geringer Dotier27
Die mechanische Spannung parallel zur Schicht ist
12.5. Eigenschaften ausgew¨ahlter Halbleiter
541
1 .2
E n e r g ie lü c k e W
g
e V o h n e D e fo r m a tio n
1 .0
o b e re s B a n d
0 .8
u n te re s B a n d
0 .6 0
2 0 %
4 0 %
6 0 %
G e r m a n iu m - A n te il
8 0 %
1 0 0 %
Abb. 12.43. Energiel¨ ucke von Si1−x Gex Mischkristallen und pseudomorphen Si1−x Gex Schichten auf Si-Substrat (nach [56, 57])
stoffkonzentration nimmt die Elektronenbeweglichkeit mit x ab, nur bei hoher Dotierstoffkonzentration ist eine leichte Zunahme der Elektronenbeweglichkeit senkrecht zur Schicht zu beobachten. Dies ist vorteilhaft f¨ ur Heterostrukturbipolartransistoren, da die Elektronenbeweglichkeit zusammen mit der Basisweite die Transitzeit beeinflußt. F¨ ur die L¨ocherbeweglichkeit in pseu15 −3 domorphen p-Typ (NA = 10 cm ) Si1−x Gex -Schichten auf 100 -Silizium wurde parallel zur aufgewachsenen Schicht ein Anstieg um 50% bei x = 0.1, um 80% bei x = 0.2 und um 140% bei x = 0.3 gefunden [61]; diese Zunahme wird auf eine Abnahme der effektiven Masse der L¨ocher zur¨ uckgef¨ uhrt. Bei gr¨oßeren Werten der Dotierstoffkonzentration sinkt die Beweglichkeit wegen zunehmender Streuung an ionisierten St¨ orstellen.
12.5.3 Siliziumkarbid (SiC) Siliziumkarbid zeichnet sich durch eine große Energiel¨ ucke, gute Elektronenbeweglichkeit, hohe mechanische Festigkeit und Strahlenbelastbarkeit aus. Es wurde in den letzten Jahren zunehmend als Material f¨ ur die Herstellung von Bauelementen f¨ ur hohe Durchbruchspannungen und hohe Betriebstemperaturen herangezogen. Da Siliziumkarbid-Einkristalle wegen der sehr hohen Schmelztemperatur von ca 2830 ◦ C bei 35 bar derzeit nicht u ¨ber das Czochralski-Verfahren produziert werden k¨onnen, werden SiC-Kristalle durch Abscheiden aus der Gasphase hergestellt, wobei die geringen Aufwachsraten problematisch sind. Siliziumkarbid kann in zahlreichen (mehr als 200) unterschiedlichen Polytypen auftreten, das sind Kristalle mit identischer st¨ochiometrischer ZusammenT =
1+ν aSiGe (x) − aSi , 1−ν aSiGe (x)
mit der Poisson-Zahl ν = 0.280 − 0.007x von Si1−x Gex . Mit diesen Beziehungen kann die Elektronenbeweglichkeit entsprechend Kap. 12.4.9 berechnet werden [61].
542
12. Halbleiter
S i C
C A
A
0 .1 8 9 n m
B
C A
0 .0 6 3 n m
C B
A
C B
B
C A
B
C A
A B
C A
B
C A
B
C A
B
C A
B
C A
B
C A
A
A B
C B
A
(b )
(a )
Abb. 12.44. Siliziumkarbid (a) Anordnung der Silizium- und Kohlenstoffatome im SiCGitter und (b) zur Kennzeichnung m¨ oglicher Stapelfolgen (nach [62])
setzung aber unterschiedlicher Anordnung der Atome in der Elementarzelle. Der Aufbau eines SiC-Kristalls ist in Abb. 12.44 a dargestellt; der Kristall ist aus aufeinanderfolgenden Silizium-Kohlenstoff-Doppelschichten vorzustellen. Wird die Lage der Kohlenstoffatome einer Schicht wie in Abb. 12.44 b mit A bzeichnet, so k¨ onnen die Kohlenstoffatome der dar¨ uber liegenden Schicht entweder auf den mit B oder auf den mit C bezeichneten Pl¨atzen liegen. Die Schichtfolge bestimmt dabei den vorliegenden Polytyp. Die als Substratmeterialien erh¨altlichen Polytypen28 4H und 6H haben die Schichtfolge ABCB bzw. ABCACB. Alle Polytypen des Siliziumkarbid sind indirekte Halbleiter mit Energiel¨ ucken bei Raumtemperatur zwischen ca. 2.2 eV (3C) und 3.3 eV (2H). Tabelle 12.5 stellt die wichtigsten Materialkenngr¨oßen der drei bedeutendsten Polytypen 4H, 6H und 3C zusammen. Tabelle 12.5. Materialparameter einiger SiC-Polytypen im Vergleich zu Si Parameter
3C
4H
6H
Si
Wg /(eV Ecrit /(MV/cm) λ, W/cmK ni (300 K), cm−3 vnsat , cm/s µn , cm2 /Vs µp , cm2 /Vs r