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Zinsstrukturmodelle
Thorsten Schmidt Mathematisches Institut der Universit¨at Leipzig, Augustusplatz 10/11 D-04109 Leipzig
[email protected] Version vom 28. Januar 2005
Inhaltsverzeichnis 1 Der Zinsmarkt
5
1.1 Einf¨ uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
1.1.1
Das Bankkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
1.1.2
Floating Rate Notes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
1.1.3
Swaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
1.1.4
Das Konzept der Duration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.2.1
Affine Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.2.2
Optionen auf Bonds in affinen Modellen . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.2.3
Caps und floors im Vasiˇcek Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.3 Das Heath-Jarrow-Morton Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.3.1
Die Dynamik der Bonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.4 Das Gaußsche HJM Modell 1.4.1
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Einige Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
1.5 Europ¨aische Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1.5.1
Optionen auf Bonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
1.6 Kalibrierung von HJM Modellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2 Market Models
35
2.1 Das Problem mit den forward rates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.2 Das Brace-Gatarek-Musiela Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.2.1
Die Dynamik der LIBOR-Raten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
2.2.2
Bond-Preise und das Forward Maß . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.2.3
Pricing von Caps und Floors im BGM-Modell . . . . . . . . . . . . 39
2.2.4
Kalibrierung von BGM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2
INHALTSVERZEICHNIS .
3
INHALTSVERZEICHNIS
4
Literatur: Dieses Skriptum h¨alt sich zum Teil wesentlich an die Vorlagen von Bj¨ork und Filipovi´c. Teile aus Shreve werden ebenso verwendet. Es gibt eine Menge Literatur zu dem Thema Zinsm¨arkte, und hier seien ein paar genannt: • Bj¨ork (1998): Arbitrage Theory in Continuous Time • Brigo and Mercurio (2001): Interest Rate Models - Theory and Practice • Filipovi´c (2002): Fixed Income Models • James and Webber (2000): Interest Rate Modelling • Musiela and Rutkowski (1997): Martingale Methods in Financial Modelling • Shreve (2004): Stochastic Calculus for Finance II
Kapitel 1 Der Zinsmarkt 1.1
Einfu ¨ hrung
Diese Vorlesung wird sich im wesentlichen mit den unterschiedlichen Thematiken der Zinsm¨arkte besch¨aftigen und am Ende auf M¨arkte mit Kreditrisiko eingehen. Zu Beginn werden wir uns mit den prim¨aren Produkten am Markt vertraut machen. Im Prinzip entsteht ein Zinsgesch¨aft bereits, wenn man sein Geld bei einer Bank deponiert, oder sich einen Kredit leiht. Wieso muss man eigentlich einen Zinssatz zahlen, wenn man sich Geld leiht? Die Idee die dahintersteht, ist, dass 1000 EUR heute mehr wert sind als 1000 EUR in einem Jahr. Den entstehenden Wertverlust gleicht man mit einem Zins aus. M¨ochte man bei seiner Bank Geld festlegen, so ist die Laufzeit wesentlich. F¨ ur jede Laufzeit gibt es einen anderen Zins. Man spricht von einer Zinskurve: Greece IR 8 feb 02 5.8 5.6 5.4 5.2 5 4.8 4.6 5
10
15
20
T
Als Teilnehmer im Zinsmarkt legt man das Geld nicht bei einer Bank fest, sondern man kauft sich einen Bond. In unserem Fall w¨are ein Bond mit Nennwert 1000 EUR das richtige. Die Zinszahlungen treten bei einem Bond als Kupons auf, so dass eine Verzinsung von (j¨ahrlich) 4 % durch Kupons in der H¨ohe 40 EUR jeweils nach Ablauf eines Jahres diese Funktion u urlich seinen ¨bernehmen k¨onnten. Im Verlaufe der Zeit wird dieser Bond nat¨ 5
1.1 Einf¨ uhrung
6
Wert ¨andern, je nachdem ob die Zinsen steigen oder fallen. Er k¨onnte zu einem zuk¨ unftigen Zeitpunkt t mehr oder auch weniger als 1000 EUR kosten. Typischerweise wird sein Wert auch an den Zeitpunkten, an welchen ein Kupon ausgezahlt wird, springen. Ein einfacheres Finanzprodukt wird die Systematik wesentlich erleichtern. Betrachten wir einen Bond, welcher keine Kuponzahlungen verspricht. Weiterhin normieren wir den Nennwert des Bonds auf 1. Dies f¨ uhrt zur folgenden Definition 1.1.1. Ein zero-coupon Bond ist ein Finanzgut, welches zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt (Maturity), sagen wir T , den Nennwert N = 1 zahlt. Den Preis eines solchen Bonds zum Zeitpunkt t < T bezeichnen wir mit B(t, T ). Eine Besonderheit von Bonds tritt hier gleich zu Tage, und zwar ist B(T, T ) = 1 und (meistens) B(t, T ) < 1. Solche Bonds eignen sich bereits hervorragend zur Beschreibung anderer Produkte, n¨amlich der Bonds mit Kupons. Angenommen, ein solcher Bond B C zahlt die Kupons Ki zu den Zeitpunkten Ti , i = 1, . . . , n und das Nominal an Tn , so ist sein Wert zu einem Zeitpunkt t < T1 gerade C
B (t, T ) = B(t, Tn ) +
n X
Ki B(t, Ti ).
(1.1)
i=1
Aufgabe 1. Nehmen Sie an, Sie beobachten Bondpreise von Bonds, die an den Zeitpunkten T1 , T2 , . . . , Tn jeweils einen Kupon K zahlen, und zwar B C (t, T1 ), . . . , B C (t, Tn ). Bestimmen Sie daraus die Preise von zero-coupon Bonds B(t, T1 ), . . . , B(t, Tn ). M¨ochte man nun die Dynamik von Bonds beschreiben, so erweist es sich als n¨ utzlich, nicht die Dynamik der Bonds direkt anzugehen, sondern sich (gem¨aß der Marktpraxis) solcher Gr¨oßen zu bedienen, welche mehr Aussagekraft haben. Die Intuition, die man f¨ ur diese Gr¨oßen hat, f¨ uhrt dann zu besseren Modellen. Wir hatten bereits von einem Zins gesprochen. Ebenso spricht man ja von einer Zinskurve. Noch besser eignen sich ¨ forward rates zur Modellierung. Diese entstehen aus einer ganz einfachen Uberlegung: Sei t die aktuelle Zeit. M¨ochte man einen gewissen Betrag in einem Zeitintervall [S, T ] in der Zukunft (t < T < S) investieren, so kann man bereits heute einen Zins daf¨ ur vereinbaren (die sogenannte forward rate). Sie l¨aßt sich leicht durch folgende Strategie bestimmen • An t: Verkaufe B(t, T ) und kaufe daf¨ ur
B(t,T ) B(t,S)
Bonds mit Laufzeit S. (keine Kosten!)
• An T : Zahle 1 f¨ ur den verkauften T -Bond. • An S: Erhalte
B(t,T ) B(t,S)
als R¨ uckzahlung aus den S-Bonds.
Das entsprechende Finanzprodukt heißt Forward Rate Agreement und verpflichtet den K¨aufer zur Zahlung von 1 EUR an T und zahlt ihm im Gegenzug einen (an t fixierten) ) Zins f¨ ur diesen Zeitraum, was nat¨ urlich ¨aquivalent zu einer Auszahlung von B(t,T an S B(t,S) sein muss, d.h. der Zins (sagen wir F ) ist gerade bestimmt durch 1 + (S − T ) F =
B(t, T ) . B(t, S)
1.1 Einf¨ uhrung
7
Definition 1.1.2. Dies f¨ uhrt zu einer Reihe von Definitionen: • Die (diskrete) forward rate f¨ ur den Zeitraum [T, S] zur Zeit t ist 1 B(t, T ) F (t; T, S) := −1 . S − T B(t, S) • Der (diskrete) Zins f¨ ur den Zeitraum [t, T ] ist 1 y(t, T ) := F (t; t, T ) = T −t
1 −1 . B(t, T )
Die hier benutzten Raten entsprechen den Marktgepflogenheiten, so nennt man den diskreten Zins auch oft market rate oder LIBOR (=London Inter Bank Offered Rate) rate. LIBOR rates werden f¨ ur den Zeitraum u ¨ ber Nacht bis zu 12 Monaten gehandelt, siehe z.B. http://www.bba.org.uk/bba/jsp/polopoly.jsp?d=141&a=627. Benutzt man eine stetige Verzinsung R, so ist die Umrechnung zum diskreten Zins F jeweils eR (S−T ) = 1 + F (S − T ) und wir erhalten analog • Die (stetige) forward rate f¨ ur [T, S] an t ist R(t; T, S) := −
ln B(t, S) − ln B(t, T ) . S−T
• Die (stetige) spot rate f¨ ur [t, T ] ist R(t, T ) := R(t; t, T ) = −
ln B(t, T ) . T −t
Nun m¨ochte man nicht st¨andig mit unterschiedlichen Intervallen jonglieren. Dazu l¨aßt man die Intervalll¨ange gegen Null gehen und erh¨alt • Die (instantaneous) forward rate f¨ ur maturity T an t ist f (t, T ) = lim R(t; T, S) = − S↓T
∂ ln B(t, T ). ∂T
• Die (instantaneous) short rate an t ist r(t) := f (t, t) = lim R(t; T ). t↓T
Im folgenden werden wir von der instantaneous forward rate als forward rate sprechen, ebenso steht short rate f¨ ur rt und mit einem Bond meinen wir typischerweise einen zerocoupon Bond. Aus obiger Definition ergibt sich sofort der Zusammenhang zwischen Bond und forward rate B(t, T ) = exp
−
ZT t
f (t, u) du .
1.1 Einf¨ uhrung
1.1.1
8
Das Bankkonto
Im Gegensatz zum Black-Scholes Modell haben wir es nun mit einem Markt zu tun, in dem Zinsen stochastisch sind. Das bisherige Bankkonto ert geh¨ort somit der Vergangenheit an. Was kann man nun als Bankkonto benutzen? Investiert man zur Zeit t einen Euro f¨ ur eine Zeit von der L¨ange ∆t, so erh¨alt man an t + ∆t 1 = exp B(t, ∆t)
t+∆t Z f (t, u) du = 1 + f (t, t)∆t + o(∆t). t
Hat man zur Zeit t mit dieser Strategie B(t) angespart, so wird daraus 1 = B(t) · 1 + r(t)∆t . B(t + ∆t) = B(t) B(t, ∆t)
F¨ ur ∆t → 0 erhalten wir
dB(t) = r(t)B(t) dt.
Die L¨osung dieser SDE ergibt wie erwartet B(t) = exp
Zt 0
r(u) du .
Man beachte, dass f¨ ur ∆t → 0 in unendlich vielen Bonds gehandelt werden muss. Dies ist wesentlich trickreicher als obiges Argument vermuten l¨aßt und wird in Bj¨ork, di Masi, Kabanov, and Runggaldier (1997) pr¨azisiert.
1.1.2
Floating Rate Notes
Neben dem oben schon erw¨ahnten Kupon Bond mit festen Kupons gibt es auch Vereinbarungen u ¨ ber die Zahlung eines variablen Zinssatzes. Die Zahlung wird zu jedem Zahlungszeitpunkt neu festgesetzt und orientiert sich an einem benchmark. So k¨onnte der Kupon zur Zeit Ti (i = 1, . . . , n) aus der LIBOR rate f¨ ur den vergangenen Zeitraum [Ti−1 , Ti ] hervorgehen: Ki = (Ti − Ti−1 )L(Ti−1 , Ti ) · K. ¨ Uberraschend ist, dass Ki erst an Ti gezahlt wird, dessen H¨ohe aber schon an Ti−1 bekannt ist. Wir werden gleich sehen, wieso dass so ist. F¨ ur den Wert des Bonds diskontieren wir die zuk¨ unftigen Zahlungen wie bereits in (1.1) mit den Bondpreisen, allerdings gibt es hier eine Besonderheit: Der Kupon zur Zeit Ti ist zur Zeit t gar nicht bekannt! Man kann, mittels eines FRA, die verwendete LIBOR-Rate heute schon fixieren. Verwendet man diese in der Berechnung, so erh¨alt man f¨ ur t ≤ T0 Fl
B (t, T ) = B(t, Tn ) + = B(t, Tn ) +
n X
i=1 n X
B(t, Ti )(Ti − Ti−1 )L(t; Ti−1 , Ti ) · K B(t, Ti )
i=1
= B(t, Tn ) + K
n X i=1
B(t, Ti−1 ) −1 ·K B(t, Ti )
B(t, Ti−1 ) − B(t, Ti ) = B(t, Tn )(1 − K) + KB(t, T0 ).
1.1 Einf¨ uhrung
9
F¨ ur K = 1 erhalten wir demnach B F l (t, T ) = B(t, T0 ). Diese Floating Rate Note kann mit einer einfachen Handelsstrategie repliziert werden, was gerade ihre Attraktivit¨at ausmacht. Auf dem gleichen Prinzip beruhen auch die im n¨achsten Kapitel folgenden Zinsswaps. Wir haben bei obiger Berechnung etwas schwammig argumentiert. Die replizierende Handelsstrategie stellt diese Argumentation jedoch auf solide F¨ uße. Fl Aufgabe 2. Finden Sie die Handelsstrategie, die B repliziert.
1.1.3
Swaps
Ein Swap ist im Prinzip ein Tauschgesch¨aft. Bei den standardisierten Swaps wird eine feste Zinsrate gegen eine variable Zinsrate getauscht. Haupts¨achlich gibt es zwei typische Swaps, einen Payer und einen Receiver Swap. Beim Payer Swap wird die feste Rate gezahlt, beim Receiver Swap gerade umgekehrt. Der Payer Swap ist demnach durch drei Dinge festgelegt 1. Die Zahlungszeitpunkte T1 , . . . , Tn , 2. die feste Rate K, 3. das Nominal N . Der Einfachheit halber nehmen wir ¨aquidistante Zahlungen an und setzen ∆ := Ti − Ti−1 . ¨ Ahnlich wie bei den floating rate notes zahlt man die variable Zinsrate im Nachhinein (engl. ,,in arrears”). Damit zahlt der Inhaber des Payer Swaps an Ti (i = 1, . . . , n) gerade K∆N und erh¨alt gleichzeitig die LIBOR-Rate L(Ti−1 , Ti )∆N . Damit ist der Wert der gesamten Zahlung zur Zeit t, d.h. der Wert des Swaps zur Zeit t, ¨ wenn wir wieder die tats¨achlich verwendete LIBOR-Rate durch ihr Aquivalent zur Zeit t ersetzen, n X Sp (t) = B(t, Ti ) L(t; Ti−1 , Ti )∆N − K∆N (1.2) i=1
= N B(t, T0 ) − B(t, Tn ) − ∆K
n X i=1
B(t, Ti ).
Den Eintritt in einen Swap gestaltet man m¨oglichst einfach, eben so, dass keine Zahlungen f¨allig sind, erst an T1 . Genau der Parameter K, f¨ ur den der Swap den Wert Null hat, wird als feste Zahlung vereinbart. Man nennt dann K die swap rate B(t, T0 ) − B(t, Tn ) P Rswap (t) = . ∆ ni=1 B(t, Ti ) Bemerkung 1.1.3. In den sp¨ater behandelten Marktmodellen ist eine andere Darstellung der swap rate n¨ utzlich. Man verwendet direkt (1.2) und erh¨alt n X B(t, Ti ) Pn Rswap (t) = L(t; Ti−1 , Ti ), j=1 B(t, Tj ) i=1 also ist die swap rate ein gewichtetes Mittel der forward rates mit Gewichten B(t, Ti ) . wi = P n j=1 B(t, Tj )
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
1.1.4
10
Das Konzept der Duration
Durch den Kauf eines Bonds vereinbart man eigentlich einen gewissen Zins u ¨ber einen Zeitraum. Sagen wir, der Bond hat den Preis B(t, T ) und zahlt keine Kupons, so geht der vereinbarte Zins aus B(t, T ) = e−y(T −t) · 1 hervor. Wir erhalten Definition 1.1.4. Der (stetige) Null Kupon Zins ist definiert durch y(t, T ) = −
ln B(t, T ) . T −t
Die Kurve gegeben durch T 7→ y(t, T ) nennt man die (Null Kupon) Zinskurve an t. Zahlt ein Bond Kupons K1 , . . . , Kn an T1 , . . . , Tn , so entspricht sein Preis B C (t, T ) der yield-to-maturitiy ym , wenn ym die folgende Gleichung l¨ost: C
B (t, Tn ) =
n X
Ki e−ym (Ti −t) + e−ym (Tn −t) .
i=1
Definition 1.1.5. F¨ ur einen Kupon Bond mit yield-to-maturity y sei seine Duration definiert durch Pn (Ti − t)Ki e−ym (Ti −t) + (Tn − t)e−ym (Tn −t) . D = i=1 B C (t, Tn ) Die Duration ist ein gewichtetes Mittel der Auszahlungszeitpunkte des Bonds, was soviel bedeutet wie: Konzentrierte man alle Auszahlungen auf einen Zeitpunkt, so erh¨alt man diese an t + D. Ihre besondere Bedeutung liegt in folgender Formel begr¨ undet: ∂ B C (t, Tn ) = −D · B C (t, Tn ). ∂ym Die Duration stellt somit die Sensitivit¨at des Bonds in Bezug auf den Zins ym dar (bzw. auf parallele Bewegungen in der Zinskurve), und spielt so die Rolle des Deltas bei Calls ¨ und Puts. Das Aquivalent zum Gamma nennt man Konvexit¨at: C=
1.2
∂ 2 B C (t, Tn ) . ∂ym
Diffusionsmodelle fu ¨ r die short-rate
Wir betrachten den filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F , (Ft )t≥0 , P). Hierbei ist P das reale Maß. Unser Ziel ist, Schlussfolgerungen aus dem no-arbitrage Prinzip abzuleiten. Dabei spielt die short-rate nat¨ urlich eine große Rolle. Wir haben bereits gesehen, dass das Bankkonto mit der short-rate verzinst wird. Kann man nun Bedingungen an die Bonds ableiten?
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
11
Die Antwort ist Nein. Der Grund hierf¨ ur ist simpel: Marktteilnehmer k¨onnen ja nur im Bankkonto handeln (im Black-Scholes Modell konnte man ja in Aktien und Bankkonto handeln) und so keine nennenswerten Replikationsstrategien bilden. Nat¨ urlich gibt der no-arbitrage Rahmen gewisse Beziehungen zwischen den Bonds vor. Mehr noch, wenn wir einen Bond als handelbares Finanzgut dem Markt hinzuf¨ ugen, dann leiten sich, wie im Black-Scholes Modell, die anderen Bondpreise davon ab. Wir starten mit folgender Annahme: Annahme 1.2.1. Wir betrachten einen Arbitrage-freien Markt, auf dem Bonds jeder Laufzeit gehandelt werden. Außerdem h¨angt der Preis eines Bonds in der Form B(t, T ) = F (t, rt , T ) stetig von t, rt und T ab. Beginnen wir zuerst mit einem Modell f¨ ur die short-rate und schauen mal, wie weit wir kommen. Wir nehmen an, dass die short-rate folgender Dynamik gen¨ ugt drt = at dt + bt dWt , mit einer Brownschen Bewegung (Wt )t≥0 unter P. Daraus erhalten wir f¨ ur die Dynamik des Bonds h i dB(t, T ) = B(t, T ) α(t, T ) dt + σ(t, T ) dWt . (1.3)
Hierbei ergeben sich Drift und Volatilit¨at mit der Itˆo-Formel: Ft + aFr + 21 b2t Frr , F bFr . σ(t, T ) = F
α(t, T ) =
In obiger Notation schreiben wir F f¨ ur F (t, rt , T ) und die Sub-Indizes bedeuten partielle Ableitungen. Das Portfolio, welches den Betrag u1 in T-Bonds und den Betrag u2 in S-Bonds h¨alt hat folgende Dynamik u1 u2 dB(t, T ) + dB(t, S) B(t, T ) B(t, S) = u1 α(t, T ) + u2 α(t, S) dt + u1 σ(t, T ) + u2 σ(t, S) dWt .
dVt =
Damit das Portfolio risikolos wird, w¨ahlen wir u1 und u2 so, dass u1 σ(t, T ) + u2 σ(t, S) = 0.
Der Drift des Portfolios muss rt sein, was gleichbedeutend ist mit rt Vt = rt u1 + u2 = u1 α(t, T ) + u2 α(t, S). Setzen wir (1.4) ein, so erhalten wir
α(t, S) − rt α(t, T ) − rt = . σ(t, T ) σ(t, S)
(1.4)
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
12
Die linke Seite h¨angt dabei nicht von S ab, w¨ahrend die rechte Seite nicht von T abh¨angt, also k¨onnen wir den obigen Ausdruck mit einem stochastischen Prozess (λt )t≥0 , dem market price of risk gleichsetzen: λt :=
α(t, T ) − rt σ(t, T )
f¨ ur jede beliebige Wahl von T ≥ t. Der Marktpreis des Risikos ist also f¨ ur jeden Bond gleich! Das ist also die interne Konsistenzbedingung, die alle Bonds erf¨ ullen m¨ ussen. Weiterhin gibt er sozusagen die Entfernung zwischen P und Q an. Denn die Dichte dQ := Expt (−λ · W) = exp − dP
ZT
1 λu dWu − 2
0
ZT 0
λ2u du
f¨ uhrt gerade den Maßwechsel zum risikolosen Maß durch. In der Tat, unter diesem Maß ist Zt ˜ t := Wt + λu du W 0
eine Brownsche Bewegung und, eingesetzt in (1.3), erhalten wir, dass die Bonds gerade den Drift rt unter dem neuen Maß haben. Also ist dieses Maß ein risikoneutrales Maß. Was heißt das f¨ ur die short-rate? Wir halten fest Satz 1.2.2. Unter den obigen Annahmen folgt die short-rate unter Q folgender Dynamik: h i ˜t drt = at − bt λt dt + bt dW ¨ Beweis. Ubungsaufgabe.
Kommen wir zur¨ uck zu unseren obigen Bemerkungen. Haben wir neben dem Bankkonto noch einen weiteren Bond im Markt, so ist der market price of risk festgelegt, und wir k¨onnen alle anderen Bondpreise bestimmen. Ist der Markt vollst¨andig, Q also eindeutig, so erhalten wir direkt ZT Q B(t, T ) = E exp − ru du Ft . t
Obige Diskussion zeigt, dass wir nun in der Lage sind aus der Dynamik unter P die Dynamik von r unter Q abzuleiten. An dieser Stelle darf man sich fragen, wof¨ ur die Dynamik unter P, dem realen Maß, noch ben¨otigt wird? Sicher, will man die Parameter statistisch sch¨atzen, so ist dies der einzig gangbare Weg. Bei der Zinsmodellierung w¨ahlt man aber einen anderen Zugang. Man spezifiert das Modell (hier f¨ ur die short-rate) direkt unter Q und kann damit leicht Derivate bewerten. Bleibt die Frage, wie man an die ModellParameter kommt? Die Antwort wird sp¨ater in ausf¨ uhrlicher Form gegeben: Man kalibriert das Modell, d.h. passt die Modellparameter an beobachtbare Optionspreise an. Damit ist die P-Dynamik f¨ ur pricing und hedging nicht mehr n¨otig. F¨ ur das Risikomanagement ben¨otigt man allerdings wieder die reale Dynamik. Im folgenden betrachten wir also alle Prozesse unter Q, insbesondere nehmen wir an, dass
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
13
Annahme 1.2.3. Die short-rate hat folgende Darstellung drt = at dt + bt dWt mit adaptierten stochastischen Prozessen (at )t≥0 und (bt )t≥0 sowie einer Brownschen Bewegung (Wt )t≥0 unter dem risikoneutralen Maß Q. Nat¨ urlich muss Q nicht immer eindeutig sein, siehe die Diskussion um unvollst¨andige M¨artke am Ende der letzten Vorlesung. Ist dies der Fall, so kann man sich hier sozusagen eines aussuchen, und dann immer unter diesem Maß rechnen. Die Preise die man damit erh¨alt erlauben dann keine Arbitrage. F¨ ur allgemeine Anspr¨ uche kannm man nun ein Bewertungsprinzip ableiten. Lemma 1.2.4. Sei φ : R 7→ R eine stetige Funktion, T > 0 und f¨ ur F = F (t, r) ∈ C 1,2 ([0, T ] × R) gelte1 1 Ft + aFr + b2 Frr − rF = 0, 2 F (T, r) = φ(r), so ist der diskontierte Preisprozess Mt := exp − und unter Fr exp(−
Zt 0
Rt 0
(1.5)
ru du F (t, rt ) ein lokales Martingal
ru du)b(t) ∈ H2 [0, T ]
sogar ein Martingal. In diesem Fall gilt außerdem F (t, rt ) = E
Beweis. Setzen wir Dt := exp(−
Q
Rt 0
exp −
ZT t
ru du φ(rT ) Ft .
ru du), so erhalten wir mit der Itˆo-Formel
h i 1 dMt = d DF = − rDF + D Ft + aFr + b2 Frr dt + DbFr dWt . 2
Unter (1.5) erhalten wir also dMt = DσFr dWt , mithin ein lokales Martingal und unter entsprechender Integrabilit¨atsbedingung eben ein Martingal und damit F (t, rt )Dt = Mt = EQ (MT |Ft ) = EQ DT φ(rT ) Ft . Bringt man Dt noch auf die andere Seite, so folgt die letzte Behauptung des Satzes.
1
Wieder schreiben wir Fr f¨ ur die partielle Ableitung, und lassen die Zeitindizes weg (rt = r usw).
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
14
Es gibt nun eine Vielzahl von unterschiedlichen short-rate Modellen, und wir listen die wichtigsten auf: 1. Vasiˇcek (1977): drt = κ(θ − rt ) dt + σ dWt 2. Cox-Ingersoll-Ross (CIR, 1985): √ drt = κ(θ − rt ) dt + σ rt dWt 3. Dothan (1978): drt = rt θ dt + σ dWt
4. Black-Derman-Toy (1990): rt = exp(Yt ) mit 1 ∂σ Yt dt + σ(t) dWt dYt = a(t) + σ(t) ∂t 5. Black-Karasinsky (1991): rt = exp(Yt ) mit dYt = a(t) + b(t)Yt dt + σ(t) dWt
was f¨ ur r soviel bedeutet wie
i h drt = rt a(t) + b(t) ln rt dt + σ(t) dWt 6. Hull-White (extended Vasiˇcek, 1990): drt = a(t) − b(t)rt dt + σ(t) dWt
7. Hull-White (extended CIR, 1990):
√ drt = a(t) − b(t)rt dt + σ(t) rt dWt
Hierbei sind σ(t), a(t), b(t) jeweils deterministische Funktionen und κ > 0. Beachten Sie, dass drei Typen von Verteilungen entstehen: Normalverteilt (Vasiˇcek), (verallgemeinert) Chi-quadrat (CIR) und log-normalverteilt (Black et. al). Insgesamt kann man eine allgemeine Form angeben, die alle obigen Modelle beinhaltet: h i h iν drt = K0 (t) + K1 (t)rt + K2 (t)rt ln(rt ) dt + H0 (t) + H1 (t)rt dWt .
Hierbei sind Ki und Hi deterministische Funktionen und typischerweise ν ∈ {0.5, 1, 1.5}.
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
1.2.1
15
Affine Modelle
M¨ ussen wir zur Bewertung eines Bonds immer eine Dgl bem¨ uhen, so ist das schon recht aufwendig. Es w¨are also n¨ utzlich, wenn man in obigen Modellen zumindest den Bondpreis in expliziter Form darstellen k¨onnte. Eine Prozessklasse, in der das sehr elegant l¨osbar ist, sind die affinen Modelle. Im diesem Abschnitt arbeiten wir unter Annahme 1.2.3. Definition 1.2.5. Ein Zinsmodell ist ein affines Modell, wenn der Bondpreis sich in der Form B(t, T ) = F (t, rt , T ) = exp − A(t, T ) − B(t, T )rt (1.6) darstellen l¨aßt.
Der Name r¨ uhrt daher, dass der Exponent affin (d.h. von der Gestalt a + bx) ist. Aus F (T, r, T ) = 1 erhalten wir A(T, T ) = B(T, T ) = 0.
Man kann die affinen Modelle vollst¨andig charakterisieren durch folgenden Satz: Satz 1.2.6. Ein short-rate Modell der Form drt = a(t, rt ) dt + b(t, rt ) dWt
ist ein affines Modell, falls es deterministische Funktion a, b, α, β : R+ 7→ R gibt, so dass Drift und Volatilit¨at folgende Form haben: a(t, r) = a(t) + α(t)r
b2 (t, r) = b(t) + β(t)r.
F¨ ur die Funktionen A und B erhalten wir folgendes System von Differentialgleichungen 2 1 At = b(t)B 2 − a(t)B, 2 1 Bt = β(t)B 2 − α(t)B − 1 2
A(T, T ) = 0 B(T, T ) = 0.
Beweis. Wir setzen den Ansatz (1.6) in die Modellierungs-Dgl (1.5) ein und erhalten 1 −rF − F At + Bt r − F Ba(t, r) + F B 2 b2 (t, r) = 0. 2
(1.7)
Diese Gleichung gilt nat¨ urlich f¨ ur alle zul¨assigen (t, T ). Wir m¨ochten ja gerne etwas u ¨ber a und b erfahren. Also benutzen wir diese Gleichung f¨ ur ein T1 und ein T2 und erhalten dadurch ein Gleichungssystem −B(t, T1 ) 21 B 2 (t, T1 ) a(t, rt ) At (t, T1 ) + Bt (t, T1 )rt + rt = . −B(t, T2 ) 12 B 2 (t, T2 ) b2 (t, rt ) At (t, T2 ) + Bt (t, T2 )rt + rt Nun sind B(t, ·) und B 2 (t, ·) linear unabh¨angig (außer wenn B ≡ 0) und somit k¨onnen wir die Matrix invertieren und erhalten a(t, rt ) = g(t, T1 , T2 ) + f (t, T1 , T2 )rt b(t, rt )2 = g˜(t, T1 , T2 ) + f˜(t, T1 , T2 )rt . 2
Wieder sei At die partielle Ableitung von A.
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
16
Die linke Seite h¨angt nicht von T1 und T2 ab, also darf diese Abh¨angigkeit auch auf der rechten Seite nicht vorhanden sein. Das f¨ uhrt uns zur behaupteten, affinen Struktur von a und b. Setzen wir diese nun ein und separieren in nach r, so erhalten wir aus (1.7) 1 1 −At + −Ba(t) + B 2 b(t) + r − 1 − Bt − Bα(t) + B 2 β(t) = 0. 2 2
Dabei ist r beliebig. F¨ ur r = 0 erhalten wir die Aussage u ¨ ber A und dann auch die Aussage u ¨ber B. Der Beweis ist fertig. Schauen wir auf die Liste unserer short-rate Modelle, so sehen wir, dass die meisten affine Modelle sind, außer die Modelle von Dothan, Black-Derman-Toy und Black-Karasinski, also gerade die Zinsmodelle mit log-normalen short-rates. Das Vasiˇ cek-Modell Das einfachste Beispiel eines affinen Modell ist das Modell von Vasiˇcek: drt = κ(θ − rt ) dt + σ dWt .
(1.8)
Diese SDE haben wir bereits in der Vorlesungen Finanzmathematik 2 durch die Substitutionen Yt = rt − θ und Zt = eκt Yt gel¨ost und erhielten rt = θ + (r0 − θ)e
−κt
+ σe
−κt
Zt
eκs dBs .
0
Aufgabe 3. Berechnen Sie den Erwartungswert und die Varianz von rt . Was heißt das f¨ ur rt , wenn t gegen unendlich geht? Da (rt ) ein Gaußscher Prozess ist, hat er eine positive Wahrscheinlichkeit, negativ zu werden. F¨ ur Zinsen ist dies nat¨ urlich nicht w¨ unschenswert. Allerdings kann man in diesem Modell sehr gut rechnen, und f¨ ur geeignete Wahl der Parameter ist diese Wahrscheinlichkeit klein. Das Vasiˇcek Modell ist ein affines Modell mit a(t) = κθ,
α(t) = −κ,
b(t) = σ 2 ,
β(t) = 0.
Damit m¨ ussen wir nach Satz 1.2.6 die Dgl ∂t B(t, T ) = κB(t, T ) − 1,
B(T, T ) = 0
l¨osen. Dies ist eine inhomogen Dgl. Die L¨osung der homogenen Dgl ist C exp(κt). Eine L¨osung der inhomogenen Dgl erhalten wir durch Variation der Konstanten, d.h. wir stellen uns C als Funktion C(t) vor und setzen sie in die Dgl ein. Das klappt leider nicht so gut, weswegen wir es mal mit 1+C(t) versuchen, und in der Tat, wir gelangen an die partikul¨are
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
17
L¨osung exp(κt)− κ1 . Die allgemeine L¨osung erh¨alt man aus allen L¨osungen der homogenen plus einer L¨osung der inhomogenen Dgl, also 1 B(t, T ) = C(T )eκt − . κ Dabei haben wir klammheimlich das alte C durch ein neues C ausgetauscht. Des weiteren haben wir f¨ ur jedes T ein anderes C und erhalten aus der Randbedingung B(T, T ) = 0 die endg¨ ultige L¨osung 1 B(t, T ) = 1 − e−κ(T −t) . κ Nun m¨ ussen wir noch A betrachten und erhalten −
ZT t
∂s A(s, T ) ds = A(t, T ) − A(T, T ) = κθ
ZT t
1 B(s, T ) ds − σ 2 2
ZT t
B 2 (s, T ) ds.
Hierf¨ ur erhalten wir direkt −κ(T −t) e −1 σ 2 [3 − 4e−κ(T −t) + e−2κ(T −t) − 2κ(T − t)] + (T − t) − . A(t, T ) = θ κ 4κ3 ¨ Aufgabe: Uberpr¨ ufen Sie obige Gleichung! Das Cox-Ingersoll-Ross Modell Das CIR-Modell
√ drt = κ(θ − rt )dt + σ rt dBt
(1.9)
hat eine eindeutige L¨osung f¨ ur r0 ≥ 0 (Beachte, dass die Lipschitz-Bedingung aus der Vorlesung Finanzmathematik nicht erf¨ ullt ist! Man wendet ein st¨arkeres Resultat an, wie auch in dem extended CIR-Modell von Hull/White. Gilt außerdem κ·θ ≥
σ2 2
so ist rt > 0 ∀t,
falls nur r0 > 0 ist.
Satz 1.2.7. Satz 1.2.7 liefert nun die Dgl 1 Bt = σ 2 B 2 + κB − 1, 2
B(T, T ) = 0.
Dies ist eine Riccati Dgl 3 , welche die L¨osung
mit γ =
3
√
2 1 − eγ(T −t) , B(t, T ) = (γ + κ)(eγ(T −t) − 1) + 2γ κ2 + 2σ 2 , hat. Integration f¨ uhrt direkt zu 2γe(γ−κ)(T −t)/2 2κθ . A(t, T ) = 2 ln σ (γ + κ)(eγ(T −t) − 1) + 2γ
Die urspr¨ ungliche Riccati-Dgl. ist y = x2 + y 2 siehe z.B. Heuser (1989)
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
18
Also erhalten wir ebenso wie im Vasiˇcek-Modell eine explizite Darstellung f¨ ur den BondPreis. Bemerkenswert ist, dass die SDE (1.9) nur f¨ ur eine explizite L¨osung hat. Trotzdem kann man, wie soeben geschehen, einige Erwartungswerte mit dem Umweg u ¨ ber Dgls explizit ausrechnen. Zum ersten Mal ist es unumg¨anglich, diesen Weg zu gehen. Bei komplizierteren Modellen werden sich diese Dgls auch nicht mehr explizit l¨osen lassen, aber trotzdem gibt es sehr effiziente numerische Verfahren zu L¨osung solcher Dgls (→ Finite Differenzen). Außerdem besitzen auch einige Optionen auf Bonds eine explizite Form! Aufgabe 4. Jakob Bernoulli l¨oste die originale Riccati-Dgl durch die Substitution y = L¨osen Sie mit einer ¨ahnlichen Substitution Gleichung (1.2.7).
z0 . z
Bemerkung 1.2.8. F¨ ur eine log-normale shortrate hat der Bank-account keinen endlichen Erwartungswert: Zδt r0 + rδt · δt , E exp rs ds ≈ E exp 2 0
wobei der Exponent nun log-normal verteilt. Aber Erwartungserte dieses Types sind unendlich. Die Modelle von Hull und White. Die extended Vasiˇcek und CIR-Modell bieten eine große Flexibilit¨at, was aber zu Lasten der Handhabbarkeit geht. Wir betrachten deswegen den Spezialfall drt = κ (θ(t) − rt ) dt + σdWt . Das bedeutet, dass wir, wie im Vasiˇcek-Modell B(t, T ) = erhalten. Damit ist A(t, T ) = κ
ZT t
1 1 − e−κ(T −t) κ
1 θ(s)B(s, T ) ds − σ 2 2
ZT t
B 2 (s, T ) ds.
Man m¨ochte θ(·) an die aktuelle Zinskurve fitten. Deswegen betrachten wir die forward rates zur Zeit t = 0, ∂ ∂ ∂ ln B(0, T ) = A(0, T ) + r0 B(0, T ) ∂T ∂T ∂T ZT ∂ = κ θ(T )B(T, T ) + θ(s) B(s, T )ds ∂T
f (0, T ) = −
0
ZT ∂ 2 ∂ 1 2 2 B (s, T )ds + r0 B(0, T ). − σ B (T, T ) + 2 ∂T ∂T 0
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
19
6 4 fHt,TL 2 0 10
10 8
8 6
6 4
4 T
2
2
t
0
Abbildung 1.1: Forward-Kuven im Hull/White Modell. Geplottet ist die Darstellung der forward rate in (1.10) mit κ = 0.3, σ = 2, r t ≡ 2 und f (0, · = 0).
Nat¨ urlich ist B(T, T ) jeweils Null. Außerdem sieht man leicht, dass ∂ ∂ B(S, T ) = − B(S, T ) ∂T ∂S
und somit gilt f (0, T ) = κ
ZT
θ(s)e
−κ(T −S)
0
2 1 σ2 ds − 2 1 − e−κT +r0 · e−κT . } | 2 κ {z =:g(T )
Eigentlich wollen wir ja θ bestimmen, deswegen betrachten wir die partielle Ableitung von f und erhalten ZT ∂ ∂ −κ(T −s) f (0, T ) = κ θ(T ) + θ(s) · (−κ)e ds + g − κr0 e−κT ∂T ∂T 0
Demnach ist
∂ g − κr0 e−κT . = κ θ(T ) − f (0, T ) + g(T ) + r0 e−κT + ∂T
1 ∂ θ(T ) = f (0, T ) − g(T ) + f (0, T ) − g(T ) κ ∂T Man rechnet leicht nach, dass mit diesem θ f (t, T ) = f (0, T ) − e−κ(T −t) f (0, t) σ2 −κ(T −t) +e rt + 2 1 − e−κ(T −t) e−κ(T −t) − e−κ(T +t) . 2κ
(1.10)
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
1.2.2
20
Optionen auf Bonds in affinen Modellen
Wir betrachten ein affines Modell nach Definition 1.2.1. Ziel dieses Abschnittes wird es sein, einen Call auf den Bond zu bewerten, d.h. h RT i + EQ e− t rs ds e−A(T,S)−B(T,S)rT − K | Ft (1.11) f¨ ur t ≤ T ≤ S zu bestimmen. Hierf¨ ur werden wir einen Maßwechsel durchf¨ uhren, n¨amlich ¨ den Ubergang zu dem T-forward Maß definiert durch RT
e− 0 ru du dQT = . dQ B(0, S) T
Mit der Bayes-regel erhalten wir (wir schreiben kurz ET f¨ ur EQ ) h + i (1.11) = B(t, T )ET e−A(T,S)−B(T,S)rT − K | Ft .
F¨ ur diesen Erwartungswert (oder auch f¨ ur andere Optionen) m¨ ussen wir nur die bedingte Verteilung von rT unter QT kennen. Diese wird nat¨ urlich durch die Laplace-Transformierte (1.12) ET eλrT | Ft bestimmt. Wie kann man nun obigen Erwartungswert bestimmen? Zun¨achst ist RT 1 E e− t rs ds+λrT | Ft , (1.12) = B(t, T )
es gen¨ ugt also, sich auf diesen Erwartungswert zu konzentrieren. Analog zu Satz 1.2.6 starten wir mit der Annahme, dass RT E e− t rs ds+λrT | Ft = e−φ(t,T,λ)−ψ(t,T,λ)rt . Damit ergibt sich
1 φt = b(t)ψ 2 − a(t)ψ, 2 1 ψt = β(t)ψ 2 − α(t)ψ − 1, 2
φ(T, T, λ) = 0 (1.13) ψ(T, T, λ) = 0
und f¨ ur λ = 0 erhalten wir gerade den Bondpreis, also φ(t, T, 0) = A(t, T )
und φ(t, T, 0) = B(t, T ).
Wir schreiben kurz Et (·) f¨ ur den bedingten Erwartungswert E(·|Ft ). Damit ist RS RT 1 1 Et e− 0 r(s)ds+λr(T ) = Et e− t r(s)ds · e−A(T,S)−B(T,S)r(T )−λr(T ) B(t, S) B(t, S) RT 1 e−A(T,S) Et e− t r(s)ds−(B(T,S)+λ)rT = B(t, S) h = exp A(t, S) + B(t, S)rt − A(T, S) i − φ t, T, λ + B(T, S) − ψ t, T, λ + B(T, S) rt
1.2 Diffusionsmodelle f¨ ur die short-rate
21
Damit haben wir die Laplace-transformierte unter QS berechnet. Die Inverse Laplacetransformierte liefert (zumindest numerisch) die gesuchte Verteilung von rT . F¨ ur den Call m¨ ussen wir folgenden Erwartungswert betrachten: h
E exp −
ZT t
h
rs ds
= Et exp −
+ i B(T, S) − K Ft
ZT t
i
h
rs ds B(T, S)1{B(T,S)>K} − KEt exp −
ZT t
i rs ds 1{B(T,S)>K}
Der zweite Erwartungswert ist gerade B(t, T )QT B(T, S) > K Ft = B(t, T )QT rT ≤ r ∗ Ft K mit r ∗ = − A(T,S)+ln . F¨ ur den ersten Erwartungswert erhalten wir B(T,S)
h
E exp −
ZT t
rs ds E exp −
ZS T
i S ∗ rs ds FT 1{B(T,S)>K} Ft = B(t, S)Q rT ≤ r Ft ,
d.h. die Bewertung des Calls ist im wesentlichen durch die Verteilung von r(T ) unter dem S- bzw. T-Forward-Maß gegeben. −→ Eine Klassifkation von Affinen Modellen findet man in Dai and Singleton (2000).
1.2.3
Caps und floors im Vasiˇ cek Modell
Ist ein Kreditnehmer zu Zinszahlungen, welche sich an einem variablen Zinssatz orientieren, verpflichtet, so bedeutet ein steigender Zins mitunter ein erhebliches Risiko. Es ist nur nat¨ urlich, dass man sich gegen solche Risiken absichern m¨ochte. Das entsprechende Instrument ist ein sogenannter cap. F¨ ur den Inhaber dieses Produkts werden die Zinsen bei einem oberen level K gekappt. D.h. der cap ist ein Produkt, was bei hohen Zinsen Auszahlungen leistet. Pr¨azise formuliert ist ein cap ein Portfolio aus caplets. Ein caplet ist ein call auf den Zins. ¨ Ahnlich wie bei einem Swap bezieht sich die Auszahlung auf einen Zins, der sich bereits realisiert hat. Betrachten wir einen cap mit reset date T und settlement date T + ∆, so ist die Auszahlung des caplets an T + δ gerade + ∆ y(T, T + ∆) − K , wobei y(T, T + ∆) der diskrete Zins f¨ ur den Zeitraum [T, T + ∆] ist.
Ein cap ist nun ein Portfolio (man sagt auch strip) von caplets. Bezeichne t den heutigen Zeitpunkt und sei t < T0 < T1 , · · · < Tn mit Ti − Ti−1 = ∆ die zugrundeliegende Zeitstruktur. Tn bezeichnet dann die maturity des caps. Ein cap mit cap rate K zahlt an Ti , i = 1, . . . , n den Betrag + (1.14) ∆ y(Ti−1 , Ti ) − K .
1.3 Das Heath-Jarrow-Morton Modell
22
Schreiben wir nun Cpl(t; i) f¨ ur den Preis eines caplets mit reset date Ti−1 und settlement date Ti , so ist der Preis des caps gerade Cp(t) =
n X
Cpl(t; i).
i=1
Mit den Hilfsmitteln aus den vorigen Kapiteln k¨onnen wir bereits Optionen auf Bonds bewerten. Gl¨ ucklicherweise gibt es einen direkten Zusammenhang zu Optionen auf Zinsen. Setzt man die Definition des diskreten Zins (siehe Def. 1.1.2) in (1.14) ein, so erh¨alt man + + 1 1 1 − (1 + K∆)B(Ti−1 , Ti ) ∆ =∆ −1 −K ∆ B(Ti−1 , Ti ) ∆B(Ti−1 , Ti ) + 1 + K∆ 1 = − B(Ti−1 , Ti ) . B(Ti−1 , Ti ) 1 + ∆K Die Auszahlung des caps (an Ti ) ist also ¨aquivalent zu einer Auszahlung an Ti−1 , und zwar genau das (1+K∆) fache einer Auszahlung eines puts (an maturity) mit strike 1/(1+K∆) auf einen Bond mit maturity Ti . Ebenso wie bereits mehrfach zuvor ist die Auszahlung so geschickt gew¨ahlt, dass man sie elegant in eine andere, ¨aquivalente Auszahlung u uhren ¨ berf¨ kann, welche sich gut bewerten l¨aßt. Das Gegenst¨ uck zum cap ist der floor. Er sichert den Inhaber gegen fallende Zinsen ab und hat, in der obigen Notation, die Auszahlung + ∆ K − y(Ti−1 , Ti ) (1.15) an Ti . Wie bei den caplets sagt man, der floor ist ein strip von floorlets. Aufgabe 5. Put-call Parit¨at bei caps und floors. Zeigen Sie, dass Cp(t) − F l(t) = Sp (t), d.h. ein Portfolio aus einem cap (long) und einem floor (short) mit gleicher Zeitstruktur und gleicher cap/floor rate K ist ¨aquivalent zu einem payer swap mit ebendieser Zeitstruktur und swap rate K. Aufgabe 6. Zeigen Sie, dass im Vasiˇcek Modell der call auf den Bond folgenden Wert hat: ! ! r ∗ − d(T, T, r0 ) r ∗ − d(T, S, r0 ) p p − KB(0, T ) Φ , C(0, T ) = B(0, S) Φ v(T ) v(T )
mit entsprechendem d, v.
1.3
Das Heath-Jarrow-Morton Modell
Das Heath-Jarrow-Morton Modell verallgemeinert die bisherigen Modelle wesentlich. Es wird nicht mehr nur die short-rate modelliert, sondern die ganze Zinsstrukturkurve. Dies geschieht, indem man ein Modell f¨ ur alle forward rates ansetzt: f (t, T ) = f (0, T ) +
Zt 0
α(s, T ) ds +
Zt 0
σ(s, T ) dBs.
(1.16)
1.3 Das Heath-Jarrow-Morton Modell
23
Hierbei sind (α(t, T ))t≥0 und (σ(t, T ))t≥0 f¨ ur alle T ∈ [0, T ∗ ] in (t, T ) stetige Prozesse, welche geeignete Integrabilit¨atsbedingungen erf¨ ullen. Die Bondpreise ergeben sich bekannterweise aus den forward-raten durch
B(t, T ) = exp −
ZT t
f (t, u) du .
Wir m¨ochten nun untersuchen, unter welchen Bedingungen an die Koeffizienten α und σ die diskontierten Bondpreise Martingale bilden. Dies ist gleichbedeutend damit, dass das Maß, unter dem obige Gleichung gilt, ein Martingalmaß ist. Das folgende Theorem gibt nun die ber¨ uhmte Drift Bedingung des HJM-Modells. Theorem 1.3.1. Folgen die forward-Raten der Dynamik (1.16), und ist dabei (B t )t≥0 eine Brownsche Bewegung unter einem Maß Q, so ist Q ein Martingalmaß (d.h. alle diskontierten Bondpreise bilden Martingale unter Q), genau dann, wenn α(t, T ) = σ(t, T )
ZT
σ(t, u) du.
(1.17)
t
Beweis. Betrachten wir den Prozess ZT
y(t, T ) :=
f (t, u) du.
t
Wir m¨ ussen zun¨achst die Dynamik von y bestimmen. Setzen wir (1.16) ein, so erhalten wir y(t, T ) =
ZT h
f (0, u) +
t
Zt
α(s, u) ds +
0
Zt 0
i σ(s, u) dBs du.
F¨ ur die Dynamik m¨ ussen wir nat¨ urlich auch y(0, T ) kennen, y(0, T ) =
ZT h 0
i f (0, u) du.
Damit erhalten wir zun¨achst y(t, T ) = y(0, T ) −
ZT h
f (0, u) +
t
Zt
α(s, u) ds +
0
Zt 0
i σ(s, u) dBs du.
Wie bereits gesagt, werden wir diskontierte Preisprozesse betrachten, und daf¨ ur ist es utzlich, y in Verbindung mit der spot rate darzustellen. F¨ ur diese gilt nat¨ urlich ¨außerst n¨ ZT t
ru du =
ZT h t
f (0, u) +
Zu 0
α(s, u) ds +
Zu 0
i σ(s, u) dBs du,
1.3 Das Heath-Jarrow-Morton Modell
24
was uns zu dem folgenden Ausdruck f¨ uhrt: ZT ZT Z t ZT Z t y(t, T ) = y(0, T ) − ru du − α(s, u) ds du − σ(s, u) dBs du t
+
ZT Zu t
t
α(s, u) ds du +
0
0
t
ZT Zu t
0
σ(s, u) dBs du.
0
Unser Ziel ist nat¨ urlich ein Integral u urlich, den Satz ¨ber dem Intervall [0, t]. Es ist nur nat¨ von Fubini daf¨ ur zu nutzen und wir erhalten ZT Z t ZT Z t ZT y(t, T ) = y(0, T ) − ru du + α(s, u) du ds + σ(s, u) du dBs. t
0
s
0
s
Wir definieren α∗ (t, T ) :=
ZT
α(t, u) du,
ZT
σ(t, u) du.
s
σ ∗ (t, T ) :=
t
Die Dynamik des Bondpreises kann man nun leicht mit der Itˆo-Formel ausrechnen und erh¨alt h i 1 dB(t, T ) = B(t, T ) − dy(t, T ) + d < y(·, T ) >t 2 h i 2 1 ∗ = B(t, T ) ru − α (t, T ) + σ ∗ (t, T ) dt − σ ∗ (t, T ) dBt . (1.18) 2 Unter den angenommenen Integrabilit¨atsbedingungen ist obiger Prozess ein Martingal, falls 2 1 α∗ (t, T ) = σ ∗ (t, T ) . 2 Differenzieren nach T liefert die ber¨ uhmte HJM Drift Bedingung. Man zeigt leicht, dass auch die R¨ uckrichtung gilt. Ist das Maß Q ¨aquivalent zu dem realen Maß P , so liefert obiges Theorem gerade die Bedingung, unter dem Q ein ¨aquivalentes Martingalmaß ist. Allerdings haben wir das Modell, wie in Zinsmodellen u ¨blichen, direkt unter Q formuliert. Der Wechsel zwischen P und Q wird in folgender Aufgabe ausgearbeitet. Aufgabe 7. Nehmen Sie an, dass Dynamik (1.16) mit einer Brownschen Bewegung (Bt )t≥0 unter dem realen Maß P gelte. Alle ¨aquivalenten Maßtransformationen werden durch das Girsanov-Theorem gegeben. Damit erh¨alt man unmittelbar, dass B unter Q die DarstelRt lung Bt − 0 λ(s) ds, mit einem adaptierten Prozess (λt )t≥0 , hat. Zeigen Sie, dass Q ein ¨aquivalentes Martingalmaß ist, falls die modifizierte Drift-Bedingung ZT α(t, T ) = σ(t, T ) σ(t, u) du + λ(t) t
gilt.
1.4 Das Gaußsche HJM Modell
1.3.1
25
Die Dynamik der Bonds
Im vorangehenden Beweis haben wir aus der Dynamik der forward rates die Dynamik der Bonds abgeleitet. Diese hat uns dann zur no-arbitrage Bedingung gef¨ uhrt. Die Dynamik der Bonds halten wir in einem Lemma fest. Lemma 1.3.2. Im HJM-Modell folgen die Bonds folgender Dynamik dB(t, T ) = B(t, T ) a(t, T ) dt + b(t, T ) dBt ,
wobei a und b durch folgende Formeln gegeben sind: 1 a(t, T ) = rt − α∗ (t, T ) + σ ∗ (t, T )2 , 2
b(t, T ) = −σ ∗ (t, T ).
Das Lemma folgt direkt aus Gleichung (1.18).
1.4
Das Gaußsche HJM Modell
In diesem Abschnitt betrachten wir einen wichtigen Spezialfall des HJM-Modell.Dazu machen wir die Annahme, dass σ(t, T ) eine deterministische Funktion ist. Man beachte, dass aus der Drift-bedingung (also unter dem Risiko-neutralen Maß) dann auch α eine deterministische Funktion ist. Damit folgt sofort, dass die Bonds log-normalverteilt sind. Dieses Setting hat also eine ¨ große Ahnlichkeit mit dem Black-Scholes Modell. Typischerweise sind HJM-Modelle pfadabh¨angig. Der Gaußsche Fall deutet aber schon stark auf eine Markov-Eigenschaft hin, und wir werden dies nun genauer untersuchen. Definition 1.4.1. Ein stochastischer Prozess (Xt )t≥0 heißt Markovsch, falls f¨ ur alle t > s ≥ 0 und beschr¨ankte Borel-meßbare Funktionen h : R 7→ R E h(Xt ) FtX = E h(Xt ) Xs . Ein Markov-prozess ist also nicht pfadabh¨angig.
Stellen wir uns die Frage, ob die short-rate die Markov-eigenschaft hat. Aus der Dynamik f¨ ur die forward-rates folgt f¨ ur die short-rate rt = r 0 +
Zt 0
Wir erhalten folgende Aussage
∗
σ(u, t)σ (u, t) du +
Zt 0
σ(u, t) dBu.
(1.19)
1.4 Das Gaußsche HJM Modell
26
Satz 1.4.2. Die short-rate besizte die Markov-Eigenschaft. Sei weiterhin f¨ ur alle 0 ≤ t ≤ ∗ T ≤ T die Volatilit¨at σ(t, T ) 6= 0. Dann gibt es zwei Funktionen g und h, so dass f¨ ur alle 0 ≤ t ≤ T ≤ T∗ σ(t, T ) = g(t)h(T ). Außerdem gilt f¨ ur den Drift des Bonds, dass f¨ ur alle 0 ≤ s ≤ t ≤ T b(s, T ) =
σ(s, s) · b(t, T ) − b(t, s) . σ(t, s)
Ist die Volatitlit¨at außerdem zeitlich homogen, d.h.σ(t, T ) ist alleinig eine Funktion von T − t, so existieren zwei Konstanten α und γ, s.d. α −γ(T −t) . (1.20) b(t, T ) = 1−e γ Beweis. Betrachten wir die Dynamik der short-rate in (1.19), so erkennen wir, dass der Drift deterministisch ist. Deswegen ist die short-rate genau dann Markoffsch, falls das Integral Dt :=
Zt
σ(u, t) dBu
0
die Markov-Eigenschaft hat. Wir zerlegen D f¨ ur t < s in Ds = D t +
Zs
σ(u, s) dBs +
t
Zt 0
σ(u, s) − σ(u, t) dBu .
F¨ ur die Markov-Eigenschaft muss E(h(Ds )|Ft ) = E(h(Ds )|Dt ) gelten. Zun¨achst ist das Integral u ¨ ber [t, s] unabh¨angig von Dt . Die Markov-Eigenschaft kann also nur noch von dem letzen Integral gest¨ort werden. Schauen wir uns das Integral genauer an: Zt 0
σ(u, s) − σ(u, t) dBu =
Zt
σ(u, s) dBu − Dt .
0
Dieses Integral darf also nicht von der ganzen R t Ft -Vergangenheit abh¨angen, sondern h¨ochstens von Dt . Anders ausgedr¨ uckt: Das Integral 0 σ(u, s) dBu muss σ(Dt )-messbar sein. Da beide Ausdr¨ ucke normalverteilt sind, ist dies der Fall, wenn sie die Korrelation 1 haben, d.h. Zt 0
σ(u, s) dBu = h(s) · Dt =
Zt
h(s)σ(u, t) dBu.
0
Nat¨ urlich kann diese Konstante f¨ ur jedes s eine andere sein. Es ist nicht schwer einzusehen, dass daraus σ(u, s) = h(s)σ(u, t)
1.4 Das Gaußsche HJM Modell
27
folgt (Betrachte die quadratische Variation der beiden Ausdr¨ ucke). W¨ahlen wir nun t = T ∗ so erhalten wir die geforderte Darstellung mit g(u) = σ(u, T ∗ ). F¨ ur die zweite Behauptung setzen wir diese neu erhalten funktionale Gestalt einfach in (1.18) ein. Dadurch erhalten wir b(s, T ) = −g(s)
ZT
h(u) du.
s
Ebenso gilt b(t, T ) − b(t, s) = −g(t)
h ZT
h(u) du −
t
Zs
i
h(u) du = −g(t)
t
ZT
h(u) du,
s
und wir erhalten unmittelbar die zweite Behauptung. Ist σ zeitlich homogen, so kann man etwa σ(t, T ) = exp(z(T −t)) mit z : R 7→ R schreiben, ˜ ). Partiell ableiten liefert also z(T − t) = ln g(t) + ln h(T ) = g˜(t) + h(T g˜0 (t) = −z 0 (T − t),
˜ 0 (T ) = z 0 (T − t), h
was soviel bedeutet wie z 0 (x) = const =: γ. Damit haben wir also z(x) = a + γx. Mit a = ln α erhalten wir also im zeitlich homogenen Modell σ(t, T ) = αeγ(T −t) . Einsetzen in (1.20) ergibt die Behauptung.
1.4.1
Einige Beispiele
Beispiel 1.4.3. Ho-Lee Modell Nehmen wir an, dass σ(t, T ) = σ, also die forward-rates unabh¨angig von t und T konstante Volatilit¨at haben. Einsetzen der Drift-Bedingung liefert folgende Dynamik: df (t, T ) = σ
ZT t
σ du dt + σ dBt = σ 2 (T − t) dt + σ dBt .
Wir schließen, dass die zuf¨allige Komponente in diesem Modell (eben gerade B) einen paralleln Einfluß auf die forward-rate Kurve hat. Die determistitsche Bewegung aus dem Drift ist ja vorhersehbar. Explizit erhalten wir f¨ ur die forward rate t2 ) + σBt . 2 Welchen Einfluß hat dies auf die eigentlich Zinskurve ? Berechnen wir den (diskreten) Zins R T 1 f (t,u) du t e y(t, T ) = −1 T −t i h ZT σ2 t 1 2 2 exp f (0, u) du + t(1 − )(T − t ) + σ(T − t)Bt − 1 . = T −t 2 2 f (t, T ) = f (0, T ) + σ 2 T (t −
t
1.4 Das Gaußsche HJM Modell
28
Eigentlich m¨ochte man jetzt noch die Anfangs-Zinskurve y(0, ·) darin unterbringen. Nat¨ urlich ist i hR h ZT i exp 0T f (0, u) du hR i exp f (0, u) du = t exp f (0, u) du 0 t =
1 + T y(0, T ) . 1 + t y(0, t)
Insgesamt verh¨alt sich die Zinskurve also wie folgt: h σ2 i t 1 + T y(0, T ) 1 2 2 · exp t(1 − )(T − t ) + σ(T − t)Bt − 1 . y(t, T ) = T − t 1 + t y(0, t) 2 2
Hier kann nat¨ urlich nicht mehr die Rede von eine parallen Bewegung sein. Dies liegt nat¨ urlich daran, dass die diskrete Zinskurve sich prinzipiell anders verh¨alt als die kontinuierliche Zinskurve. Auf den diskreten Zins wirkt B in ged¨ampfter Form. Lange Restlaufzeiten werden mit einem h¨oheren Faktor bedacht als k¨ urzere. Dies ist gegens¨atzlich zu Marktbeobachtungen. Man sieht außerdem, dass Zinsen mit unterschiedlichen Laufzeiten eine direkte funktionale Abh¨angigkeit haben. Beispiel 1.4.4. Anders als im vorigen Beispiel m¨ochten wir diesmal, das forward-rates mit langer Restlaufzeit geringere Volatilit¨at haben als forward-rates mit kurzer Restlaufzeit. Inspiriert durch unsere Erkenntnisse aus dem Markoffschen Modell setzen wir σ(t, T ) = σe−γ(T −t) . Dann ist ∗
σ (t, T ) =
ZT
σe
−γ(u−t)
t
i σ h −γ(T −t) du = − e −1 , γ
womit wir f¨ ur die Dynamik der forward-rates folgendes erhalten: σ2 df (t, T ) = − e−γ(T −t) e−γ(T −t) − 1 dt + σe−γ(T −t) dBt . γ
Wir interesieren uns nat¨ urlich wieder f¨ ur eine Dynamik der short-rate. Vorsicht: Man darf in obiger Gleichung nicht einfach T = t setzen ! (Wieso nicht?) Stattdessen betrachtet man Zt 2 Zt σ −γ(t−u) −γ(t−u) rt = f (t, t) = f (0, t) − e e − 1 du + σe−γ(t−u) dBu γ 0
=: m(t) +
Zt
0
σe−γ(t−u) dBu .
0
Diese Dynamik kommt uns irgendwie bekannt vor... In der Tat, man vergleiche sie mit dem Ohrenstein-Uhlenbeck Prozess und ein Vergleich liefert 0 drt = γm(t) + m (t) − γrt dt + σdBt , also befinden wir uns eigentlich im Vasiˇcek Modell!
1.5 Europ¨aische Optionen
29
Beispiel 1.4.5. In der Arbeit von Heath, Jarrow, and Morton (1992) wird ein zwei-Fakor Modell vorgestellt. Es handelt sich also um ein Modell mit einer Brownschen Bewegung ¯t )t≥0 auf R2 . Die forward-rates werden modelliert durch (B ¯t, df (t, T ) = α(t, T ) dt + σ(t, T ) dB wobei σ(t, T )> ∈ R2 . Heath, Jarrow und Morton kombinieren nun den Ho-Lee Ansatz mit dem erweiterten Vasiˇcek-Modell durch σ(t, T )> = σ1 , σ2 e−γ(T −t) .
Dies ist ein Spezialfall des sogenannten zwei-dimensionalen Vasiˇcek-Modells, indem > −γ1 (T −t) −γ2 (T −t) σ(t, T ) = σ1 e , σ2 e
modelliert wird.
1.5
Europ¨ aische Optionen
Wir hatten bereits die n¨ utzliche Bewertungsformel
E exp −
ZT t
kennengelernt, wobei durch
T ru du XT Ft = B(t, T )E XT Ft
1 dQT := exp − B(0, T )
ZT 0
(1.21)
ru du dQ =: LT dQ
das T -forward Maß definiert wurde. Wie stellt sich dieser Maßwechsel konkret im HJMModell dar ? Dazu m¨ ussen wir eine entsprechende Darstellung f¨ ur die Dichte finden, die mit dem Girsanov-Theorem korrepsondiert. Wir erinnern uns, f¨ ur die Herleitung der RT Drift-Bedingung hatten wir y(t, T ) := t f (t, u) du betrachtet und y(t, T ) = y(0, T ) −
Zt
ru du +
0
Zt
α∗ (s, T ) ds +
0
Zt
σ ∗ (s, T ) dBs
0
erhalten. Dabei wurde t ≤ T gefordert. Deswegen gilt ebenso Zt
ru du = −y(t, T ) + y(0, T ) +
0
Zt
α∗ (s, T ) ds +
0
Zt
σ ∗ (s, T ) dBs.
0
Dabei h¨angt die linke Seite gar nicht von T ab. Wir w¨ahlen T = t und erhalten Zt 0
ru du = y(0, t) +
Zt 0
α∗ (s, t) ds +
Zt 0
σ ∗ (s, t) dBs .
1.5 Europ¨aische Optionen
30
Da die Dichte LT ein Martingal ist, interessiert uns im wesentlichen nur das dBs -Integral. ¨ Eine kurze Uberlegung f¨ uhrt direkt zu 1 exp − B(0, T )
ZT
ru du = exp −
0
ZT
1 σ ∗ (s, T ) dBs − 2
ZT
∗
2
σ (s, T ) ds .
0
0
Aufgabe 8. Beweisen Sie mit der Itˆo-Formel, dass die rechte Seite obiger Gleichung tats¨achlich ein Martingal ist. Mit dem Girsanov-Theorem erhalten wir nun direkt folgende Aussage: Lemma 1.5.1. Unter dem T -forward Maß ist BtT
:= Bt +
Zt
∗
σ (s, T ) ds = Bt −
0
Zt
b(s, T ) ds
0
eine Brownsche Bewegung. Was bedeutet dies nun f¨ ur die forward rates? Intuitiv sind dir forward-rates die heute beobachtbare SSch¨atzungf¨ ur eine zuk¨ unftige Zinsrate. Man k¨onnte vermuten, dass f (0, T ) = E(rT ). Dies ist leider nicht richtig, aber auch nicht weit gefehlt. Es gilt n¨amlich Corollary 1.5.2. F¨ ur alle T ∈ [0, T ∗ ] ist die forward rate gerade der Erwartungswert von rT unter dem T -forward Maß: f (t, T ) = ET rt Ft . Beweis. Es gilt
rT = f (T, T ) = f (0, T ) +
ZT
α(s, T ) ds +
0
= f (0, T ) +
ZT 0
ZT
σ(s, T ) dBs
0
α(s, T ) − σ(s, T )σ ∗ (s, T ) ds +
ZT
σ(s, T ) dBsT ,
0
wobei wir uns bei der letzten Gleichung Lemma 1.5.1 zunutze gemacht haben. Wegen der Drift-Bedingung ist das dt-Integral gerade Null, also rt ein Martingal unter dem T -forward Maß mit E T (rT ) = f (0, T ) und Zt E(rT Ft ) = f (0, T ) + σ(s, T ) dBsT 0
= f (0, T ) +
Zt 0
σ(s, T )σ ∗ (s, T ) ds +
Zt 0
σ(s, T ) dBs = f (t, T ).
1.5 Europ¨aische Optionen
1.5.1
31
Optionen auf Bonds
In diesem Abschnitt werden wir Europ¨aische Optionen auf Bonds betrachten unter der zentralen Annahme, dass das Modell eine deterministische Volatilit¨atsstruktur besitzt. Es ist nur nat¨ urlich, dass die Optionsbewertung letztendlich analog zum Black-Scholes Modell verlaufen wird. Ein Call auf einen Bond B(T, S) mit maturity T und strike K hat die Auszahlung + B(T, S) − K
an T . F¨ ur die Bewertung werden wir (1.21) benutzen, wir ben¨otigen also die Verteilung von B(T, S) unter QT . Wir betrachten die Dynamik eines Bonds (zur Erinnerung: b(t, T ) = −σ ∗ (t, T ). h i dB(t, T ) = B(t, T ) rt dt + b(t, T ) dBt h = B(t, T ) rt + b2 (t, T ) dt + b(t, T ) dBtT . Unter der Annahme, dass σ deterministisch ist, ist also B(t, T ) eine geometrische Brownsche Bewegung unter QT . Berechnen wir Erwartungswert und Varianz. Wir haben B(t, T ) = B(0, T ) exp
Zt
1 rs + b2 (s, T ) − b2 (s, T ) ds + 2
0
Zt 0
b(s, T ) dBsT .
Damit ist B(t, T ) log-normalverteil mit ET
B(t, T ) = ET ln B(0, T ) =
Zt
Zt 0
1 rs + b2 (s, T ) ds 2
1 f (0, s) + b2 (s, T ) ds =: µ(t, T ) 2
0
und Varianz Var
T
B(t, T ) = ln B(0, T )
Zt
b2 (s, T ) ds =: σ 2 (t, T ).
0
Wir k¨onnen nun die Black-Scholes Formel direkt anwenden, indem wir die entsprechenden Terme ersetzen und erhalten CB(T,S) (0, T ) = B(0, S)Φ(d1 ) − KB(0, T )Φ(d2 ) mit d1 = d2 =
B(0,S) ln KB(0,T + σ 2 (t, T )/2 )
σ(t, T ) B(0,S) ln KB(0,T − σ 2 (t, T )/2 )
σ(t, T )
.
1.6 Kalibrierung von HJM Modellen
1.6
32
Kalibrierung von HJM Modellen
Aus der Drift-Bedingungen in HJM Modellen ist ersichtlich, dass alleinig die aktuelle Zinskurve und die Volatilit¨at der forward rates das Modell bestimmen, also f (0, t) : t ∈ [0, T ∗ ] und σ(t, T ) f¨ ur 0 ≤ t ≤ T ≤ T ∗ . F¨ ur die praktische Implementierung ist nat¨ urlich die Frage, wie kommt man an diese Funktion. Im folgenden Stellen wir eine Prozedur vor (s. Shreve (2004, 10.3.6)) welche historische Daten benutzt, aber dann an die aktuelle Zinskurve kalibriert. Einen alternativen Ansatz bietet Schmidt (2004a). Zun¨achst einmal ist es wichtig zu erkennen, dass σ sich durch den Maßwechsel von P nach Q nicht ver¨andert. Deswegen ist es m¨oglich, σ zu sch¨atzen (d.h. unter P) und dies dann f¨ ur die Modellierung unter Q zu nutzen. Im folgenden m¨ochten wir log-normale forward rates so gut wie m¨oglich imitieren. Der n¨achste Abschnitt will voll und ganz diesem Aspekt gewidmet sein. Wir werden folgende Annahme treffen: σ(t, T ) = σ ˜ (T − t) min{M, f (t, T )}. Das Minimum ist n¨otig, damit die forward rates nicht explodieren, siehe den Kommentar in 2.1. Die obige Annahme hat zum einen etwas von einem log-normalen Modell und zum anderen ist diese Volatilit¨at nur von T − t und nicht von t und T separat abh¨angig. Dies hat eine zeitliche Homogenit¨at zur Folge, die f¨ ur unsere Berechnungen sehr n¨ utzlich ist. Die Funktion σ˜ sch¨atzen wir mit Hilfe von historischen Daten. Angommen, wir befinden uns sozusagen an t = 0 und haben Beobachtungen an den Zeitpunkten t1 < t2 < · · · < tn < 0. Die Beobachtungen an ti bestehen jeweils aus einer Zinskurve mit den maturities ti + x1 < · · · < ti + xK . Da unser Modell auf df aufgebaut ist, ben¨otigen wir nat¨ urlich auch eine a¨hnliche Beobachtung. Sei δ > 0 eine kleine Zahl, so dass ti + δ < ti+1 und außerdem tN + δ ≤ 0 gelte. Damit haben wir also folgende Beobachtungen: ( f (tj , tj + xk ) . t1 < t2 < · · · < tn < 0, 0 < x1 < · · · < xK : f (tj + δ, tj + xk ) Nach unserem Modell haben wir f (tj + δ, tj + xk ) − f (tj , tj + xk ) ≈ δα(tj , tj + xk ) + σ ˜ (xk ) M ∧ f (tj , tj + xk )
Btj +δ − Btj ,
h i2 also ist die Differenz in f normalverteilt mit Varianz σ ˜ (xk ) M ∧ f (tj , tj + xk ) δ. Des weiteren sind die einzelnen Differenzen unabh¨angig, und somit k¨onnen wir die Varianz prima mit der Stichprobenvarianz sch¨atzen. Wir schreiben ∆f (tj , tj + xk ) := f (tj + δ, tj + xk ) − f (tj , tj + xk ). Wir m¨ ussen nun noch annehmen, dass α ebenfalls nur von x und nicht von t abh¨angt (Beachte: Beim Sch¨atzen agieren wir unter P, so dass wir die Drift-Bedingung nicht anwenden k¨onnen! W¨ urde α auch von t abh¨angen, so m¨ ussten wir mit einem Kurvensch¨atzer α(t, x)
1.6 Kalibrierung von HJM Modellen
33
bestimmen, und ebendies in der Sch¨atzung f¨ ur die Kovarianz verwenden). Die Stichprobenvarianz erh¨alt man dann durch ˆ 1 , x2 ) = C(x
N 1 X ∆f (tj , tj + x1 ) − α(x ˆ 1 ) ∆f (tj , tj + x2 ) − α(x ˆ 2) √ √ · , N − 1 j=1 δM ∧ f (tj , tj + x1 ) δM ∧ f (tj , tj + x2 )
P ˆ eigentlich mit dem wobei α ˆ (xi ) := N1δ N j=1 ∆f (tj , tx + xi ). Man beachte, dass vor α √ Faktor δ versehen ist. Ist δ klein genug, kann man diesen Ausdruck vernachl¨assigen. Dann ben¨otigt man nat¨ urlich auch die obige Annahme an α nicht mehr. Die theoretische Kovarianz ist nun σ ˜ (x1 )˜ σ (x2 ). Obige Methode gibt uns also zu K Unbekannten K(K + 1)/2 Gleichungen. Die beste Wahl f¨ ur σ˜ (x1 ), . . . σ ˜ (xn ) erh¨alt man durch die sogenannte Diskriminanzanalyse. Man geht wie folgt vor. Setzen wir ˆ 1 , x1 ) . . . C(x ˆ 1 , xK ) C(x .. .. .. ˆ = C , . . . ˆ K , x1 ) · · · C(x ˆ K , xK ) C(x
ˆ eine symmetrische, positiv semidefinite K ×K Matrix, hat also folgende Zerlegung so ist C in Eigenvektoren: > ˆ = λ 1 e1 e> C 1 + · · · + λ K eK eK .
Wir nehmen an, dass die Eigenwerte der Gr¨oße nach geordnet sind, also λ1 ≥ · · · ≥ λK . Eigentlich wollen wir ja, dass σ˜ (x1 ) h i ˆ = ... σ C ˜ (x1 ) · · · σ˜ (xK ) , σ ˜ (xK )
¨ aber nach obiger Uberlegung ist das Beste, was wir erreichen k¨onnen σ ˜ (x1 ) p . . . = λ1 e1 . σ ˜ (xK )
M¨ochten wir weitere Eigenwerte einbringen, so m¨ ussen wir die Dimension der Brownschen Bewegung in unserem HJM-Modell erh¨ohen. Man kann sich beispielsweise eine Pr¨azision ε vorgeben, und w¨ahlt die Dimension der Brownschen Bewegung, d, gerade so groß, dass K X
λj < ε.
j=d+1
Damit hat man also eine Approximation der Kovarianzstruktur vorgenommen. Man beachte, dass wir bisher ausschließlich historische Daten verwendet haben. Von einer Kalibirierung an aktuelle Daten war noch nicht die Rede. Allerdings ist das Modell auch bereits fertig bestimmt. Wir m¨ ussen noch einen zus¨atzlichen Parameter einf¨ uhren k¨onnen,
1.6 Kalibrierung von HJM Modellen
34
der f¨ ur die Kalibrierung an aktuelle Marktdaten verantwortlich ist. Das geschieht wie folgt: Wir nehmen nun an, dass σ(t, T ) = s(t)˜ σ (T − t) M ∧ f (t, T ) .
Das bedeutet nun, dass wir f¨ ur jeden Zeitpunkt t > 0 einen weiteren Freiheitsgrad haben, mit dem wir das Modell an Marktdaten anpassen k¨onnen. Nat¨ urlich ist das kein besonders großer Spielraum, aber typischerweise a¨ndert sich die Kovarianzstruktur bei Zinsen in kurzen Zeitr¨aumen nicht sehr vehement.
Kapitel 2 Market Models Bisher haben wir ausschließlich Modelle in stetiger Zeit betrachtet, insbesondere war in allen Modellen ein Kontinuum an maturities zugegen. Die Marktpraxis sieht allerdings anders aus, wie genaure Betrachtung von 1.1.2 bereits vermuten l¨aßt. In diesem Abschnitt werden wir Modelle vorstellen, die sehr nah an der Marktpraxis sind. F¨ ur Literatur sei auf Shreve (2004), Brigo and Mercurio (2001) und Rebonato (1996) verwiesen.
2.1
Das Problem mit den forward rates
Wie bereits erw¨ahnt, ist es nicht m¨oglich, in einem HJM-Modell log-normalverteilte forward rates zu benutzen. Dies soll in diesem Abschnitt erl¨autert werden. F¨ ur log-normale forward rates br¨auchten wir notwendigerweise σ(t, T ) = σf (t, T ), und damit h¨atte die forward rate folgenden Drift: 2
σ f (t, T )
ZT
f (t, v) dv.
t
In der Arbeit von Heath, Jarrow, and Morton (1992) findet man einen Beweis f¨ ur die Explosion der forward rate. Heuristisch gesehen, ist das Quadrat der forward rate das Problem. Vergleichen wir die SDE mit der deterministischen Dgl f 0 (t) = σ 2 f 2 (t),
f (0) > 0,
so hat diese Gleichung die L¨osung f (t) =
f (0) . 1 − σ 2 f (0)t
Diese L¨osung explodiert an dem Zeitpunkt σ2 f1(0) . Tats¨achlich ist unsere SDE aber noch wesentlich gef¨ahrlicher, denn durch die zuf¨allige St¨orung von B findet eine Explosion u.U. noch viel fr¨ uher statt. Tats¨achlich kann man zeigen, dass einige Pfade unabh¨angig von der Anfangsbedingung sofort explodieren. Diese Schwierigkeiten umgeht man in den folgenden Marktmodellen. 35
2.2 Das Brace-Gatarek-Musiela Modell
2.2
36
Das Brace-Gatarek-Musiela Modell
Das Modell vorgestellt in Brace, Gatarek, and Musiela (1995) ist das erste, das obige Schwierigkeit l¨ost. Es ist eingebettet in ein HJM Modell. Allerdings ist es in der MusielaParameterisierung formuliert, die wir als erstes vorstellen werden. Im wesentlichen besteht diese Parameterisierung daraus, statt f (t, T ) die forward rates in time-to-maturity, also die Gr¨oßen r(t, x) := f (t, t + x), zu betrachten. Dadurch ¨andert sich nat¨ urlich auch die Dynamik. Zun¨achst gilt f¨ ur die Bond-preise
B(t, T ) = exp −
ZT t
f (t, v) dv ,
also in der neuen Parameterisierung (wir schreiben dann D) Zx D(t, x) = exp − r(t, v) dv . 0
Im n¨achsten Schritt wollen wir das Differential df (t, T ) = df (t, t + x) f¨ ur die Parametrisierung r(t, x) = f (t, t + x) umschreiben. Betrachtet man sich die Formulierung f (t, t + x), so ist klar, dass mit Ver¨anderung von t auch eine Ver¨anderung in der zweiten Koordinate einhergeht. Betrachtet man allerdings dr(t, x), so wirkt es eindeutig nur auf die erste Koordinate. Bei der Umparametrisierung muss man also eine Korrektur durchf¨ uhren. Ausgangspunkt ist der Zusammenhang r(t, x) = f (t, t + x). W¨are f eine differenzierbare Funktion, so h¨atten wir dr(t, x) = f1 (t, t + x)dt + f2 (t, t + x)dt, wobei hier mit f1 , f2 die partiellen Ableitungen nach der ersten bzw. zweiten Koordinate bezeichnet seinen. Den ersten Ausdruck m¨ ussen wir allerdings anpassen, da f im ersten Argument nicht differenzierbar ist. Wir erhalten dr(t, x) = df (t, t + x) + f2 (t, t + x)dt Zx ∂ = σ(t, x) σ(t, v) dv dt + σ(t, x) dBt + r(t, x) dt ∂x 0 i ∂ h r(t, x) + σ ∗ (t, x)2 dt + σ(t, x) dBt . = ∂x Rx Hier schreiben wir σ ∗ (t, x) = 0 σ(t, v) dv. Nat¨ urlich kann man obige Heuristik auch pr¨azise fassen, siehe Schmidt (2004b). Was erh¨alt man nun f¨ ur die Dynamik von D(t, x)? Man kann dies nat¨ urlich auch direkt ableiten, geschickter ist es aber, die Dynamik der Bondpreise, die wir bereits in 1.3.2 bestimmt hatten, zu nutzen. Damit ist dD(t, x) = dB(t, t + x) + B2 (t, t + x) dt 1 = D(t, x) rt − α∗ (t, x) + σ ∗ (t, x)2 dt − σ ∗ (t, x) dBt − r(t, x)D(t, x) dt 2 ∗ = D(t, x) rt − r(t, x) dt − σ (t, x) dBt .
2.2 Das Brace-Gatarek-Musiela Modell
37
An dieser Stelle macht man eine interessante Beobachtung: Diskontiert man D(t, x), so erh¨alt man (Beachte: wir sind bereits unter Q) kein Martingal. Daf¨ ur gibt es eine nat¨ urliche Erkl¨arung: D(t, x) ist kein Produkt was ich in diesem Sinne am Markt kaufen kann: Betrachtet man sich die Entwicklung u ¨ber die Zeit, vergleicht man also D(t1 , x) mit D(t2 , x), so erkennen wir, dass wir an t2 eine andere maturity haben als an t1 . Die tats¨achlich gehandelten Bonds haben allerdings eine feste Maturity. Wir m¨ ussen also deutlich unterscheiden zwischen D und B. In Definition 1.1.2 hatten wir den diskreten Zins f¨ ur ein Intervall eingef¨ uhrt. Die LIBOR (London Interbank Offered Rate) Rate ist genau ein solcher Zins, d.h. f¨ ur ein Intervall mit der L¨ange ∆ (etwa ∆ = 0.25) berechnet sich die LIBOR-Rate zum Zeitpunkt t f¨ ur das Intervall [x, x + ∆] aus dem Bond-preis durch R x+∆ exp x r(t, u) du − 1 L(t, x) := ∆ D(t,x) −1 D(t,x+∆) = ∆ Insbesondere ist nat¨ urlich 1 + ∆L(t, 0) = 1/D(t, ∆). Ist x > 0, so nennt man obige Rate auch forward LIBOR, schließlich ist der Zins f¨ ur eine zuk¨ unftige Periode. Anschließend an die Bemerkungen der vorigen Sektion, werden wir eine log-normale Verteilung f¨ ur die LIBOR Raten modellieren. Dies ist im Gegensatz zu den forward rates durchaus m¨oglich.
2.2.1
Die Dynamik der LIBOR-Raten
Ziel ist es also, die Volatilit¨at der forward-raten, σ(t, T ), so zu w¨ahlen, dass dL(t, x) = . . . dt + L(t, x)γ(t, x) dBt . Berechnen wir zun¨achst dL. Dazu ben¨otigen wir erst einmal h i 1 1 = d r(t, x + ∆) − rt + σ ∗ (t, x + ∆)2 dt + σ ∗ (t, x + ∆) dBt , D(t, x + ∆) D(t, x + ∆) und erhalten somit
D(t, x) 1 d ∆ D(t, x + ∆) D(t, x) = rt − r(t, x) dt − σ ∗ (t, x) dBt ∆D(t, x + ∆) ∗ 2 ∗ ∗ ∗ + r(t, x + ∆) − rt + σ (t, x + ∆) dt + σ (t, x + ∆) dBt − σ (t, x)σ (t, x + ∆) dt
dL(t, x) =
1 + ∆L(t, x) h r(t, x + ∆) − r(t, x) + σ ∗ (t, x + ∆) σ ∗ (t, x + ∆) − σ ∗ (t, x) dt ∆ i ∗ ∗ + σ (t, x + ∆) − σ (t, x) dBt . =
2.2 Das Brace-Gatarek-Musiela Modell
38
An dieser Stelle k¨onnen wir bereits γ ausmachen, und zwar ist 1 + ∆L(t, x) ∗ σ (t, x + ∆) − σ ∗ (t, x) (2.1) ∆ Des weiteren liegt die Vermutung nahe, dass wie in den Dynamiken von D und r eine partielle Ableitung auftauchen wird. Dazu berechnen wir R x+∆ r(t, u) du −1 exp x ∂ ∂ L(t, x) = ∂x ∂x ∆ x+∆ Z 1 r(t, u) du r(t, x + ∆) − r(t, x) = exp ∆ γ(t, x)L(t, x) =
x
1 = (1 + ∆L(t, x)) r(t, x + ∆) − r(t, x) . ∆
Damit erhalten wir also f¨ ur die Dynamik von L ∂ ∗ L(t, x) + L(t, x)σ (t, x + ∆)γ(t, x) dt + L(t, x)γ(t, x) dBt . dL(t, x) = ∂x Nun m¨ ussen wir das σ noch herausrechnen. Wir verwenden (2.1), σ ∗ (t, x + ∆) = σ ∗ (t, x) +
∆L(t, x)γ(t, x) 1 + ∆L(t, x)
(2.2)
und somit erhalten wir schließlich die folgende Dynamik: ∂ ∆L2 (t, x)γ 2 (t, x) ∗ dt + L(t, x)γ(t, x) dBt . L(t, x) + L(t, x)σ (t, x)γ(t, x) + dL(t, x) = ∂x 1 + ∆L(t, x) (2.3) Ein bisschen verwirrend ist Gleichung (2.1) schon. Was ist hier deterministisch und was zuf¨allig ? Man beachte, das wir ja schließlich eine log-normale Dynamik f¨ ur L wollen, also ∗ muss γ deterministisch sein. Deswegen ist σ zuf¨allig. Schauen wir uns (2.1) noch einmal genauer an. Man erkennt, dass σ ∗ (t, x) rekursiv durch γ und σ ∗ (t, x), x ∈ [0, ∆) bestimmt ist. Setzen wir σ(t, x) = 0 f¨ ur x ∈ [0, ∆), so erhalten wir f¨ ur x ≥ ∆ [x/∆] ∗
σ (t, x) =
X k=1
∆L(t, x − k∆) γ(t, x − k∆), 1 + ∆L(t, x − k∆)
wobei [x] der sogenannte Gauß-Abschnitt von x, d.h. die gr¨oßte ganze Zahl, die kleiner oder gleich x ist. Man beachte, dass das BGM Modell ein spezielles HJM Modell ist, d.h. Arbitragefreiheit erhalten wir direkt aus unseren fr¨ uheren Resulaten. Allerdings sind nun die forward-raten log-normalverteilt, wie gew¨ unscht. Kehren wir noch einmal zur¨ uck zur Gleichung (2.3). Im Gegensatz zu den bisher behandelten SDEs ist (2.3) eine stochastische partielle Differentialgleichung. Genau genommen, besitzen r wie auch D ebenso SPDEs, und diese haben wir bereits gel¨ost. Dies k¨onnen wir auch f¨ ur L, indem wir zur Notation (t, T ) zur¨ uckkehren. Merke: Diese Form der SPDE geht mit einer Verschiebung in der zweiten Variable einher.
2.2 Das Brace-Gatarek-Musiela Modell
39
Aufgabe 9. Setzen Sie K(t, T ) := L(t, T − t) und zeigen Sie, dass die Dynamik von K folgender Gleichung gen¨ ugt: i h ∆K(t, T )γ(t, T − t) ∗ dt + dBt . (2.4) dK(t, T ) = γ(t, T − t)K(t, T ) σ (t, T − t) dt + 1 + ∆K(t, T )
Bemerkung 2.2.1. Was erh¨alt man f¨ ur immer kleinere Intervalle ∆? Man erwartet eigentlich, dass sich die kontinuierliche Formulierung hier als Grenzfall ergibt. In der Tat, aus der Definition der LIBOR-Rate erhalten wir direkt x+∆ Z ∂ r(t, u) du = r(t, x), lim L(t, x) = exp ∆→0 ∂∆ x
und ebenso nat¨ urlich in der klassischen HJM-Parameterisierung K(t, T ) → f (t, T ). Ebenso ergibt sich aus (2.4) die altbekannte Dynamik der forward rates im HJM-Modell.
2.2.2
Bond-Preise und das Forward Maß
Da das BGM-Modell ein Spezialfall des HJM-Modell ist, haben wir k¨onnen wir die Dynamik des Bonds aus Lemma 1.3.2 ablesen. Der Wechsel zum T -Forward Maß ergab, dass (siehe 1.5.1, hierbei benutzen wir σ in der Musiela-Parameterisierung) BtT := Bt +
Zt 0
σ ∗ (u, T − u) du
ein Martingal unter dem T -Forward Maß ist. Betrachten wir (2.4). Unter dem T + ∆Forward Maß gilt hh i ∆K(t, T )γ(t, T − t) dK(t, T ) = γ(t, T − t)K(t, T ) σ ∗ (t, T − t) dt + dt + dBt 1 + ∆K(t, T ) h i ∗ = γ(t, T − t)K(t, T ) σ (t, T + ∆ − t) dt + dBt = γ(t, T − t)K(t, T )dBtT +∆ ,
also, ist K ein Martingal unter dem T + ∆-Forward Maß. Zur Implementierung des HJM-Modells gibt man sich typischerweise eine deterministische LIBOR-Volatilit¨at vor. Damit ist K sogar eine geometrische Brownsche Bewegung unter dem T +∆-Forward Maß, d.h. K ist log-normalverteilt. Damit kommen wir zum Kernst¨ uck der BGM-Modellierung:
2.2.3
Pricing von Caps und Floors im BGM-Modell
In Sektion 1.2.3 hatten wir bereits Caps und Floors kennengelernt. Die Auszahlung eines caps mit reset date T , settlement date T + ∆ und strike K ist in unserer Formulierung gerade (strike X) + + = ∆ K(T, T ) − X . ∆ L(T, 0) − K Wir haben nun zwei F¨alle zu unterscheiden:
2.2 Das Brace-Gatarek-Musiela Modell
40
1. t ∈ [T, T + ∆], d.h. wir befinden uns schon nach dem reset date. Die Auszahlung (an T + ∆) ist zur Zeit t bereits bekannt, also ist
Cpl(t; T + ∆) = E exp −
TZ+∆ t
+ ∆ K(T, T ) − X Ft
= B(t, T + ∆) K(T, T ) − X
+
.
2. t ∈ [0, T ). Dieser Fall ist nat¨ urlich der Schwierigere. Zu bestimmen ist
Cpl(t; T + ∆) = E exp −
TZ+∆ t
+ ru du ∆ K(T, T ) − X Ft
= B(t, T + ∆) ∆E
T +∆
+ K(T, T ) − X Ft .
Nun nutzen wir, dass K log-normalverteilt ist. Zun¨achst ist K(T, T ) = K(t, T ) exp
ZT
γ(u, T −
u) dBuT +∆
1 − 2
t
ZT t
γ 2 (u, T − u) du
also insbesondere der exp-Term log-normalverteilt mit bedingter Varianz (des Exponenten) von ZT t
γ 2 (u, T − u) du =: ρ2 (t)
und Erwartungswert (des Exponenten) von − 21 ρ2 (t). Damit ist analog zur BlackScholes Formel h i Cpl(t; T + ∆) = ∆B(t, T + ∆) K(t, T )Φ(d1 ) − XΦ(d2 ) ,
ln(K(t, T )/K) 1 + ρ(t) ρ(t) 2 d2 := d1 − ρ(t). √ Ist γ gar konstant, so ist ρ = γ T − t. Obige Formel wird oft als Black Caplet Formula bezeichnet. Sie ist sozusagen g¨angige Marktpraxis. d1 :=
Der Preis des caps setzt sich nun in bekannter Weise aus den Preisen der einzelnen caplets zusammen: n X Cp(t) = Cpl(t; T + i∆). i=1
Nat¨ urlich erh¨alt man auf analoge Weise die Preise f¨ ur floors. Zum pricing von swaps sei bemerkt, dass die bereits erhaltene Formel f¨ ur swap rates ja Modell unabh¨angig war, also direkt auch im Falles eines BGM Modells angewendet werden kann. F¨ ur Swaptions muss allerdings wieder ein Modell vorausgesetzt werden.
2.2 Das Brace-Gatarek-Musiela Modell
2.2.4
41
Kalibrierung von BGM
Was ben¨otigt man f¨ ur die Implementierung eines BGM-Modells? Zun¨achst einmal die Zinskurve L(0, x), x ≥ 0 und die zugeh¨origen Volatilit¨aten γ(t, x),
t, x ≥ 0.
Wie bereits erw¨ahnt, nehmen wir an, dass die Vola γ deterministisch ist. Das BGM-Modell gibt keine Auskunft u ur time-to-maturities kleiner als ∆. Deswegen ¨ber die Volatilit¨at f¨ muss man sich auch noch Gedanken u ¨ber σ ∗ (t, x),
t ≥ 0, x ∈ [0, ∆)
machen. F¨ ur die Kalibrierung nehmen wir an, dass Preise von caplets Cpl(0; T0 + ∆), Cpl(0; T1 + ∆), . . . , Cpl(0; Tn + ∆) zur Verf¨ ugung stehen. Die Formel f¨ ur ein caplet mit reset date T h¨angt von der Vola ZT
γ 2 (u, T − u) du
0
ab. Wie bereits bei der Kalibrierung des HJM-Modells nehmen wir eine zeitliche Homogenit¨at an, d.h. γ(t, x) = γ(x), also ZT
γ 2 (u, T − u) du =
0
ZT
γ 2 (T − u) du =
0
ZT
γ 2 (u) du.
0
Aus den caplet Preisen erhalten wir nun durch Inversion die Ausdr¨ ucke ZT0 0
γ 2 (u) du;
ZT1
γ 2 (u) du, . . . ,
ZTn
γ 2 (u) du.
Tn−1
T0
Da wir keine weitere Informationen haben, liegt es nahe, anzunehmen, dass γ konstant auf den Intervallen (0, T0 ], (T0 , T1 ], . . . , (Tn−1 , Tn ] ist. Es gibt nat¨ urlich auch Alternativen (Welche ?) Unter dieser Annahme h¨atten wir also γ vollst¨andig bestimmt. H¨atte man andererseits mehr Information, d.h. Zugang zu Preisen cpl(0; x) f¨ ur alle x ≥ 0, so erh¨alt man durch Invertierung die Vola, und dann ist v u ZT u u ∂ γ(T ) = t γ 2 (u) du. ∂T 0
2.2 Das Brace-Gatarek-Musiela Modell
42
F¨ ur die vollst¨andige Kalibrierung fehlt uns allerdings noch σ ∗ . σ ∗ ist die Volatilit¨at eines Bonds mit Laufzeit kleiner als ∆, also typischerweise kleiner als 3 Monate. Man k¨onnte auch dies konstant setzen, die Formeln vereinfachen sich allerdings noch mehr, wenn man σ gleich Null setzt. Dies wird typischerweise gemacht. Die Rekursion (2.2) erlaubt es nun, aus den gegebenen γ’s die entsprechende Dynamik von L zu bestimmen. Man startet mit γ auf dem ersten Intervall [0, ∆] und erh¨alt direkt L. F¨ ur das n¨achste Intervall [∆, 2∆] ben¨otigt man das bereits berechnete L und die neue Volatilit¨at, usw.
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