Ernst Baltrusch
Die Juden und das Römische Reich .. Geschichte einer konfliktreichen Beziehung
Wissenschaftliche Buchg...
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Ernst Baltrusch
Die Juden und das Römische Reich .. Geschichte einer konfliktreichen Beziehung
Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Einbandgestaltung: Neil McBeath, Stuttgart.
Meinem akademischen Lehrer Jochen Bleicken
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Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz rur diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlieh geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere rur Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.
© 2002 by Wissenschaftliche Buchgesellschaft; Darmstadt Reproduktionsfähige Druckvorlagenerstellung: Renate Meincke Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in,Germany
Besuchen Sie uns im Inlernel: www.wbg-darmsladl.de
ISBN
3-534-15585-8
Inhalt
Vorwort
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Einleitung 1.
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" Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Kön igs": Die Herausbildung der jüdischen Religion als politisches Phänomen vom 8. bis 4. Jahrhundert v. ehr . .
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1 1. "Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche
aufgeben": Die jüdischen "väter l i chen Gesetze" und der Hellenismus . . . . . : . . . . . . . . . . . . . . . :. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ....... :........... .4 1 .
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III. " D ie Unterw o r fenen zu schonen und die Hochmütigen
niederzuwerfen" D ie Römische Republik a l s W e l t m acht
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IV. "Freundschaft mit al len, die zu ihnen kommen" (I. Makk. 8, I): Die Juden als "Verbündete und Fre unde" im Vorhof des Römischen Reiches zwischen 164 und 63 v. ehr. ..... .. . . . . . . . . . . . 85 V. "Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere": Die Grenzen der Toleranz im Verhältnis de s republikanischen Rom und der j üdischen Diaspora . ...... .. . . . ............
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V1."Wie deren Nachkommen, miteinander im Stre it u m die Königsherrschaft, d ie Römer und Pompeius in d ie Ange legenheiten hineinzogen": Die Einrichtung der r ö m i schen Herrschaft über Judäa und die Ursachen flir ihr Scheitern (63 -55 v. ehr.) . . . . . . . . . . . . . . . ................... . . ..... . . . . . . . . . . . . . . . . .... . . ... . . . . . . . .. . . 1 29 Vll. Zusammenfassung und Ausblick
Anmerkungen . . ... . ... .. . Bibliographie . . ... .. Namens- und Sachregister . . . . . . . . . . . . ...... .
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Vorwort
Rom und die Juden - wie nah ist dieser Forschungsgegenstand an unserer Gegenwart und wie sehr widerlegt er auch all j ene, die mei nen, daß die Alte Geschichte ftlr das Fach Geschichte in Schule und Universität verzichtbar und höchstens noch eine Spielwiese unendlich spezialisierter Detailforschung sei . Das Gegenteil ist richtig, und nie mand hat das klarer formuliert und in seinem CEeuvre zum Ausdruck gebracht als mein akademischer Lehrer in Göttingen, Jochen Bleicken: "Die Alte Geschichte gehört zu den historischen Fächern, die auf das historische Bewußtsein der ganzen Gesellschaft reflektie ren" ( 1 996). Das vorliegende Buch zu den Wurzeln der jüdisch-euro päischen Beziehungen verbindet intensive Quel lenforschung mit dem B lick auf die historische Entwicklung, eine gleichsam typisch "B leickensche" Kombination. Daher möchte ich es ihm widmen. Danken möchte darüber hinaus einigen Personen, die in besonde rer Weise die Vollendung dieses Buches mit Rat und vor allem Tat ermöglicht haben. An erster Stelle muß Frau Renate Meincke genannt werden, meine Sekretärin, die weit über ihre dienstlichen Verpflich tungen hinaus mit ihren Fähigkeiten am Computer und ihrem Arbeits einsatz, und das auch in rur sie schwierigen Zeiten, das Manuskript und, m it tatkräftiger und sachkundiger Unterstützung von Herrn Dr. Robert Schmitt Scheubel, auch die Druckvorlage erstellt hat. Meine w issenschaftliche Hilfskraft Frau A nke Schumacher hat nicht nur Kor rektur gelesen u nd korrigiert, sondern manche gute Idee beigesteuert. Mit dem Hellenismus-Fachmann Herrn Dr. Christian M ileta habe ich viele Einzelfragen vorbesprochen, so daß ich manchen Fehler ver meiden konnte. Ein besonderer Dank geht auch an meine Ko llegen im Fach Alte Geschichte am Friedrich-Meinecke-lnstitut der Freien Universität Berlin, den Proff. A lexander Demandt, Vo lker Fadinger und Peter Spahn - fur die nicht selbstverständliche kollegiale Zusam menarbeit.
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Vorwort
Wie hätte aber das Buch ausgesehen ohne meine Familie? Meine Frau Dr. Dagmar Beate Baltrusch hat jedes Stadium des Entstehens begleitet; sie entdeckte sofort, wenn ich mich um Klarheit drücken wollte, und sie hat in vielen Diskussionen durch ihre Kenntnis der jü dischen Geschichte des Mittelalters auch inhaltlich wesentlich beige tragen. Meine Tochter Anna-Victoria, nun schon 12, begleitete mit ih rer Liebe, ihrem Humor und mit ihrem eindringlichen Klavierspiel meine Schreibtischtätigkeit. Anni und Lothar Schneider halfen in Co burg auf jede nur mögliche Weise - dafur sage ich auch ihnen Dank. In einer solchen Umgebung fällt die Arbeit leicht.
Einleitung
Noch immer ist die Frage unbeantwortet, warum das Verhältnis zwischen Römern und Juden in der ersten Phase des Prinzipats (von Augustus bis Hadrian) eskalierte. Nicht in der fur das ganze Reich katastrophalen Bürgerkriegszeit (49-31 v. Chr.) und auch nicht in der Zeit der christlichen Kaiser, die ja in gleicher Weise eine Zeit der au ßenpolitischen Bedrohungen und der innenpolitischen Belastungen war, sondern ausgerechnet in der Zeit, die nach antikem wie auch mo dernem Urteil die goldene Zeit des Römischen Reiches zu sein schien. Edward Gibbon betrachtete sie als "die Periode in der Weltgeschichte, während welcher die Lage des Menschengeschlechts die beste und glücklichste war" I. Friede, Sicherheit und Wohlstand im tnnern, Er folge im Äußeren, dazu ein wachsendes Zusammengehörigkeitsgefühl der Reichsbewohner, gipfelnd in der constitutio Antoniniana von 212 n. Chr., befreiten das Leben der meisten Menschen im gesamten Mit telmeerraum auf eine nie zuvor gekannte Weise von Angst und Not. Dies ist ein Idealbild, gewiß, aber es drückt doch aus, daß der frühe Prinzipat die friedlichste und wirtschaftlich erfolgreichste Zeit in Roms Geschichte, nicht nur für die römischen Bürger, sondern auch filr alle Reichsangehörigen war. In auffälligem Kontrast zu diesem Idealbild steht die Tatsache, daß die Juden zu dieser "Mutter aller" ein gestörtes Verhältnis hatten, ja daß die größten Krisen im frühen Prinzipat, soweit sie von Reichsbe wohnern ausgingen, die jüdisch-römischen Konflikte waren. Die Liste dieser Konflikte hat einen beträchtlichen Umfang; um die wichtigsten zu nennen: L Die Krise in Alexandria zur Zeit Caligulas (38 n. Chr.) 2. Der jüdische Krieg (66-70 n. Chr. bzw. 74 n. Chr.) 3. Der Aufstand der jüdischen Diaspora (115-117 n. Chr.) 4 . Der Bar-Kochba-Aufstand (132-135 n. Chr.) Vier große Konflikte und Aufstände also in einem Zeitraum von nicht einmal I 00 Jahren - diese Bilanz läßt schon auf den ersten Blick erkennen, daß es im Verhältnis der Römer und Juden zueinander nicht
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Ein leitung
stimmte. Wenn man dazu weiß, daß beide Seiten nicht von Anfang an einander feindlich gegenüberstanden und Rom das kleine Judäa 63 v. Chr. und 6 n. Chr. nicht allein mit militärischer Gewalt seinem Reich eingegliedert hat, daß viele Juden diese E inbeziehung in das Römische Reich geradezu herbeiwUnschten und zu diesem Behufe sogar Ge sandte abgeschickt und in Rom vorstellig wurden, erscheint die Ent wicklung dieses Verhältnisses noch unerklärlicher. Die vorliegende U ntersuchung hat sich deshalb ein im Kern h isto risches Ziel gesetzt. Es geht darum, das bis heute nicht wirklich er klärte Phänomen der jüdisch-römischen Katastrophe zu erforschen. Allein d ie Häufigkeit und die Heftigkeit der Zusammenstöße zwischen Juden und Römern mahnen, i n ihnen mehr als situationsbedingte kurz fristige Reibungen zu sehen. Ohne den kontinuierlichen Blick auf die inneren Entwicklungen beider Kontrahenten, auf die politischen und geistigen Veränderungen, wie s ie sich auf beiden Seiten nicht nur vor der Katastrophe, sondern gerade auch vor dem Zusammentreffen zwi schen Juden und Römern im Jahre 63 v. Chr. ergeben haben, kann man die Ursachen fur die Spannungen zwischen Juden und Römern nicht ergründen. 2
Es fehlt natürlich nicht an Erklärungen rur d iese Konflikte, filr den jüdischen Krieg, fur den Diaspora-Au fstand und fur den Bar-Kochba Aufstand. Das erste Manko d ieser Erklärungen jedoch besteht darin, daß jeder Aufstand filr sich genommen wurde, daß man nach den Ein zel-Ursachen ftIr diese oder jene Krise fragte, ohne das Aufstandsjahr hundert als Ganzes zu betrachten. Das ist ein zutiefst historisches Manko. Wenn man zum Beispiel die Ursachen des Jüd ischen Krieges von 66 n. Chr. erforschen will, ist es zu wenig, nur die politischen Entwicklungen in der Region zwischen 44 und 66 n. Chr. oder auch 6 und 66 n. Chr. zu berücksichtigen, aber den B l ick nach Rom zu scheuen und langfi'istig aufgebaute politische und gesellschaftliche Strukturen zu vernachlässigen. So kam es, daß eine Reihe von moder nen Studien fehlerhaftes Verwalten der Provinz Judäa durch die über forderten ritterständischen Statthalter ausmachten und in persönlichem Fehlverhalten die A u fstandsursache erblickten. 3 . Unser ältester Gewährsmann und Erforscher der jüdisch.römi schen Beziehungen, Flavius Josephus, machte diesen Fehler auch; er war aber als J ude und Römer zugleich in einem Zwiespalt und daher voreingenommen. Als Apologet der Juden einerseits und Advokat der Römer andererse its war er mehr der Beschwörung eines gedeihlichen Auskommens m iteinander zugetan denn der Erforschung von M iß-
Einleitung
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ständen und Zwietracht. Weit entfernt davon, strukturelle Antagonis men zwischen Juden und Römern im 1. Jahrhundert n. Chr. aufzudek ken, suchte er lieber seine Erklärung für den von ihm mitangefillu1en antirömischen Ausbruch der Juden im Versagen von Einzelpersonen und in der Radikalität von Eiferern auf beiden Seiten. So vermied er eine Grundsatzdebatte. Eine andere Erklärung ftIr den D issens zwischen Römern und Ju den bot vielen Autoren die jüdische Religion. Danach war die gleich sam präexistente, unwandelbare jüdische Gottesverehrung und das mit dieser untrennbar verbundene Gesetz, die Thora, der Maßstab, an dem die Juden die sie umgebenden politischen Verhältnisse bewerteten. . Weil diese Religion bedroht war, lehnten sich die Juden gegen die Vormacht auf. Da nun aber irgendwann auch die j üdische Religion "entstanden" sein muß, ist auch hier h istorisch nachzufragen, wie sich d iese Entstehung vollzog: Ob also das Leben der Juden unter Babyio niern, Persern und Griechen unter einem ähnlichen "Diktat" der Reli gion stand, oder ob n icht gerade politische Wandlungen diese Religion selbst verändern konnten, welche Rolle die jewei lige Vormacht dabei spielte und warum eine gedeihliche Zusammenarbeit m it Rom offen kundig nicht möglich war. Eine besondere Deutung der j üd ischen Re ligion hat vor nicht langer Zeit H. G. K ippenberg vorgeschlagen. 4 Er verwendet den Begriff "pragmatische Religion" und konstatiert ganz richtig, " ... daß mit der jüdischen Religion in der Antike eine spezifi sche politische Bedeutung verknOpft worden war, die es Juden er laubte, AnsprUche auf die B i ldung autonomer BOrgergemeinden zu erheben."s Diese Erkenntnis gilt es historisch zu überprüfen und zu erweitern. Diese Überlegungen bringen ein weiteres Defizit ans Licht, das vielen Untersuchungen des j üd isch-römischen Verhältnisses anhaftet. Wohl ist das Besondere, Einzigartige an den jüd ischen U ntertanen im Vergleich mit anderen Untertanen des Römischen Reiches schon lange konstatiert seit Cicero, Tacitus und Augustin und auch in mo derner Zeit (in bezug auf die Religion) immer wieder betont worden. Daß auch das römische Weltreich nicht alltäglich war, daß es im Ver gleich zu seinen Vorgängern anders, etwas Besonderes und Einzigar tiges war, ist bislang noch niemandem so aufgefallen, daß er diese Er kenntnis ftIr die Erforschung des Verhältnisses zu den J uden nutzbar gemacht hätte. Die römische Verfassung, d ie Außenpolitik und die Reichsverwaltung mögen an dieser Stelle als Stichworte fur das Be sondere der Römer genUgen, das ja die Untertanen mass iv betraf. Er-
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Einleitung
Einleitung
klärungen zum Verhältnis zwischen Juden und Rom mUssen deshalb auch die römische Seite berUcksichtigen: Nicht nur die Untertanen, sondern auch die Vormacht muß auf ihre inneren Entwicklungen hin geprUft werden. Erforscht werden muß darUber hinaus, welche Vorstellungen beide Seiten von Herrschaft bzw. von Autonomie hatten. Hier scheint es gravierende Unterschiede gegeben zu haben. Das ist erkennbar an den Vorgängen, die zu einer direkten Beherrschung des jUdischen Gebie tes durch Rom filhrten. Es gab jedenfalls im Grundsatz keine Vorbe halte, ein Herrschaftsverhältnis zu etablieren, weder von den Römern noch von den Juden. Anders verhielt es sich mit der Ausgestaltung dieses Herrschaftsverhältnisses. Wenn die Römer den Begriff Auto nomie filr ihre Untertanen in klassischem griechischen Sinne ausleg ten und meinten, damit auch die jUdischen Untertanen zufrieden stel len zu können, so war das ganz offensichtlich falsch. Wir können diese Differenzen gerade deshalb so genau verfo lgen, weil zweimal römische I nterventionen von jUdischer Seite geradezu herbeigefUhrt wurden und beide Male die Erwartungen beider Seiten enttäuscht wurden. Es sind dies die Eckdaten des jUdisch-römischen Verhältnis ses, die Jahre 63 v. Chr. und 6 n. C hr., als wesentliche Weichenstel lungen, hier die Einrichtung Judäas als Provinz, dort als abhängiges FUrstentum, vorgenommen wurden und in beiden Fällen sowohl der Wi lle Roms, ein "guter Herr" zu sein, als auch der Wille der Juden, "gute Untertanen" zu sein, klar erkennbar waren. Aber beide Male wurden die Hoffnungen und Erwartungen enttäuscht. Man hatte o ffen sichtlich ein unterschiedliches Verständnis von "Autonomie", und deshalb mUssen die jeweiligen Autonomie-Konzeptionen herausgear beitet werden. Ein Schwerpunkt der Untersuchung liegt deshalb auf den Motiven fUr die Entscheidungen des Jahres 63 v. C hr. Eine historisch argumentierende Erforschung des jUdisch-römi schen Verhältnisses ist ein Desiderat. Verbreitet ist dagegen ein ande rer Weg, sich diesem Verhältnis zu nähern, und dieser Weg hängt mit der. Quellenlage zusammen. Nun muß ein Historiker filr sein Thema alle verfUgbaren Quellengattungen heranziehen und nach ihrer jewei ligen Wertigkeit interpretieren. Dies auszusprechen ist gewiß banal, scheint mir aber angesichts heute Ublicher Tendenzen in der Erfor schung jUdisch-römischer Beziehungen nicht UberflUssig zu sein. Was den Quellenbestand angeht, ist nun nicht zu bestreiten, daß er in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist. JUdische Inschriften aus na
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wie die umfangreichen archäologischen Grabungen sind geeignet, un ser Wissen Uber das A lltagsleben der Juden in einzelnen Städten des Reiches, Uber regionale Bestattungssitten, Uber kulturelles und religiö ses Leben der Juden, ihre Verbindungen zu ihren heidnischen Nach barn, auch Uber von außen kommende EinflUsse" auf jUdisches Leben bzw. jUdischen Einfluß auf ihre Nachbarn zu bereichern. Eine bedau erliche (Neben-)Folge dieser intensiven Forschertätigkeit ist nun aber, daß allzu bereitwillig Inschriften und Papyrus-Dokumente fllr sich ge nommen und zu wenig in den allgemeinen historischen Zusammen hang eingeordnet werden, so daß Besonderheiten verallge meinert werden, langwierige historische Prozesse zunehmend weniger beruck sichtigt, schließlich sogar geleugnet werden. Nicht also die Tatsache sith innerhalb kurzer Zeitphasen wiederholender Aufstände von Juden im ganzen Römischen Reich, nicht die in der literarischen Überliefe 6 rung allerorten greifbare Ablehnung der Juden durch Heiden, auch nicht die nachweisbaren Konflikte zwischen Juden und ihren Nach barn in vielen Städten Palästinas, Ägyptens, Syriens und anderswo be stimmen das B ild moderner Gelehrter vom Leben de r Juden im Römi schen Reich. Vielmehr, so liest man in der wissenschaftlichen litera tur immer häufiger, seien die Synagogenanlagen in der östlichen Reichshälfte oder die Inschriftenfunde in Rom aussagekräftig genug, um ein "im Großen und Ganzen" ungestörtes Miteinander von Juden ? und Römern bzw. Heiden zu belegen. Daß Juden die griechische und lateinische, aber nur selten die hebräische Sprache verwandten, be sondere Begriffe, die archäologisch erwiesene Tatsache, daß sich Synagogen eng an heidnische Stadtzentren anschlossen, all das wird als ein Beweis fUr dieses Miteinander angefUhrt. Die unterschiedli chen Religionen von Juden und Heiden seien kein Hinderungsgrund
filr ein gutes Zusammenleben gewesen; schließlich gelte das auch ftir
die vielfi1ltigen Religionen der Mittelmeerwelt ganz al lgemein. Man mUsse sich, so kann man weiter lesen, die antike Welt als einen "Marktplatz" der unterschiedlichsten Religionen vorstellen, aus dem sich jeder das aussuchte und leichsam einkaufte, was ihm gerade zu
r
sagte und in den Sinn kam. Aus einem disparaten Quellenbestand werden bequeme und als allgemeingtiltig betrachtete SchlUsse gezo
gen. So führen Uns a l l diese "Entdeckungen" in den zentralen Fragen
des Zusammenlebens zwischen Juden und ihren Nachbarn und des Verhältnisses zwischen jUdischen Untertanen und dem römischen Staat nicht weiter.
hezu allen Teilen des Reiches, Papyri aus Ägypten und Palästina so. '
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Einleitung
Unproblematisch kann das Verhältnis zwischen Juden und Römern nicht gewesen sein, denn wie wäre es zu den dramatischen Konflikten gekommen? Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen, warum sich die Integration der Juden in das Römische Reich so schwierig gestal tete. Daß sie nicht so gelang, wie bei allen anderen Völkerschaften konstatierte schon Augustin: Iudaei . . . manent eum signo; nee sie vieti sunt, ut a vietoribus absorberentur ("Die Juden bleiben gezeichnet; sie sind nicht so besiegt worden, daß sie von den Siegern aufgesaugt wur den"),9 und: Per omnes gentes manent eerte (sc. Iudaei), et Iudaei sunt, nee destiterunt quod erant: id est, gens ista non ita eessit in iura Romanorum, ut amiserit formam Iudaeorum; sed ita subdita Romanis est, ut etiam leges suas teneat, quae leges sunt dei ("Sie bleiben in al len Völkern Juden, und sind Juden, und sie haben nicht aufgehört, zu sein, was sie waren: das heißt, dieses Volk ist nieht so integriert wor den [= eessit in iura Romanorum], daß es das JUdische abgelegt hätte; s.ondern es ist so den Römern untertan, daß es sogar seine Gesetze be h� lt, welch�s die Gesetze Gottes sind,,).10 FUr diese Sonderstellung, die Augustmus beobachtet, sind mehrere Erklärungen denkbar. Eine könnte die religiös-kulturelle Unvereinbarkeit beider Seiten sein, eine andere die wirtschaftliche bzw. politische UnterdrUckung seitens der römischen Vormacht. Vielleicht war es auch der nationale Freiheits drang der Juden, der sie von einer Einbindung in den römischen Staat abhielt. Oder es könnten aktuelle politische Anlässe Spannungen zwi schen beiden Seiten ausgelöst haben. Weiterhin wäre an EinflUsterun gen durch einflußreiche Einzelpersonen, wie zum Beispiel für den Io nischen Aufstand der Milesier Aristagoras mit seinen persönlichen Interessen verantwortlich gewesen sein soll, oder durch politisch-reli giöse Gruppierungen zu denken. Oder aber die jUdischen und römi schen Vorstellungen Uber die Folgen einer Reichsintegration gingen von Anfang an weit auseinander, und als die jUdische Seite endlich bemerkte, wohin der römische Hase (oder sollte man sagen: die römi sche Wölfin?) lief, war es für eine Umkehr schon zu spät; und ebenso begriffen die Römer erst ganz allmählich, daß die jUdischen Unterta nen in anderer Weise als Griechen oder die Barbaren "unzivilisierter" Regionen im Westen zu behandeln waren. Hätten die Römer die Geschichte Judäas studiert, hätten einige Mißverständnisse zwischen ihnen und ihren jUdischen Untertanen ausgeräumt werdf.':n können. Vor allem aber hätten sie erkannt, daß die Juden von ihren bisherigen Vormächten - den Assyrern, BabyIoniern, Persern und Griechen - gewiß nicht immer konfliktfrei beherrscht
Einleitung
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worden waren, daß aber Risse im gegenseitigen Verhältnis durchaus gekittet werden konnten. Selbst das fur die Juden existenzbedrohende Religionsverbot des seleukidischen Königs Antiochos IV hatte trotz weitreichender Auswirkungen für die innerjUdische Entwicklung doch nicht die Konsequenz, daß Juden die Zusammenarbeit mit Griechen' 'seien es Ptolemäer, seien es Seleukiden, daraufhin verweigert hätten. Andererseits hätten auch die Juden Lehren aus der römischen Ge schichte ziehen können, wenn sie zum Beispiel den Zusammenhang . von Reichsentwicklung und innerer Krise oder die römische Interpre tation von Autonomie zur Kenntnis genommen hätten - ihre Vorstel Itlngen von den Vor� und Nachteilen einer Zugehörigkeit zu diesem Reich wären wohl erheblich realistischer ausgefallen. Nicht, daß Rom eine antijUdische Politik von vornherein intendierte. Eher das Gegen teil war der Fall, wenn man die allgemeinen Prinzipien im Umgang mit Untertanen seit Pompeius oder die Prinzipien der Provinzialpolitik des Prinzipats und die spezifisch auf die Juden bezogenen politischen Verfügungen der ersten Kaiser - von Caesar bis Claudius - in Erwä gung zieht. Es ging um etwas anderes, viel grundSätzlicheres. Rom u'nterschied sich von allen anderen Vormächten, mit denen es die Ju den bis dahin zu tun gehabt hatten, in einer ganz besonderen Weise: �s war eine verfaßte Ordnung, eine Republik - auch der Prinzipat war Ja dem Anspruch nach nichts anderes als eine res publiea restituta , ein Rechtsstaat. Die folgende Untersuchung wird von diesem meines Erachtens zentralen Aspekt im Verhältnis zwischen dem römischen Staat und den Juden ausgehen. Aus diesen Überlegungen ergeben sich die Schwerpunkte der Un tersuchung nahezu von selbst. Folgende Themen mUssen vertiefend behandelt werden: . I. Die Entwicklung der jUdischen Religion als ein politisches Phä nomen. Diese Religion soll nicht als etwas Präexistentes, Unwandel bares betrachtet werden, von dem in den Augen der Juden das Ver hältnis zur Vormacht jeweils positiv oder negativ bestimmt wird. Vielmehr muß umgekehrt gefragt werden, wie die jeweiligen (außen) politischen Verhältnisse die Entwicklung der Religion beeinflußt ha ben und ob nicht hinter der seit Hiskija (8. Jahrhundert v. Chr. ) nach prUfbaren Ausbildung wesentlicher Strukturelemente der jUdischen Religion ein ausgeprägter Freiheitsdrang steckt und die Religion also zu einem Mittel wurde, Autonomie von der Vormacht zu erlangen.11 Der historische Rahmen ist deshalb weit abzustecken und orientiert . sich an den, das jUdische Gemeinwesen beherrschenden Vormächten, -
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Einleitung
also den Assyrern, BabyIoniern, Persern und Griechen. Zentral ist da bei das Verhältnis von "Reichsrecht" und "Volksrecht" (Mitteis) in den jüdisch bewohnten Regionen. Auf diesem Diskussionsfeld gibt es gerade in letzter Zeit interessante Ansätze, wie P. Freis These von der "Reichsautorisation" und Lokaltradition. 12 2. Parallel dazu ist zu fragen, wie sich das römische Herrschafts verständnis herausbildete, welche Formelemente römischer Herrschaft es gab und was römische Herrschaft nicht nur provinzialer, sondern auch patronaler Natur von ihren Untertanen erwartete. Diese Frage stellung erfordert einen zeitlichen Rahmen vom Beginn des römischen Ausgreifens über Italien hinaus, also vom Ersten Punischen Krieg (264-241 v. ehr.) an. Man muß herausfinden, ob die Ende des 3. /Anfang des 2. Jahrhunderts allgegenwärtige Verleihung der Auto nomie an die Untertanen durch die Römer dem materiellen Inhalt nach den Autonomievorstellungen des jtidischen Gemeinwesens entsprach. Denn von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob die Startbedin gungen römischer Herrschaft über jüdische Gemeinden günstig waren. Auf der römischen Seite ist ferner die Verfassungsfrage zu erörtern. Die Stellung der Juden hing nur während der römischen Herrschaft von Institutionen, sonst dagegen von Einzelpersonen (Königen) ab. Hier ist, auch wenn man Analogien zum Mittelalter hinzuzieht (Karo linger, Ottonen, Stadtherren während der Kreuzztige), nach Auswir kungen verfassungsrechtlicher Unterschiede der Vormächte auf die Juden zu fragen. 3. Da die römisch-jüdischen Beziehungen im Jahre 164 v. ehr. gleichsam bei Null begannen, sollen in einem dritten Schritt Form und Inhalt dieser ersten Kontakte geprüft werden. Dabei dürfen weder die Erwaltungen und Hoffnungen, die beide Seiten mit der Herstellung eines ausgewogenen und stabilen Vertragsverhältnisses verbanden, aus den Augen verloren werden noch der Zusammenhang zwischen der beiderseitigen inneren Entwicklung und der gegenseitigen Haltung zueinander. 4 . Dazu kommt ein weiterer, filr die römische Herrschaftsaus übung zentraler Aspekt. Wie entwickelte sich das Verhältnis zwischen Juden und Griechen in Palästina und den Diaspora-Gemeinden, nach dem Rom aufgetaucht war und nachdem es die Herrschaft zunächst tiber einzelne Diaspora-Gemeinden, seit 63 n. ehr. tiber Palästina übernommen hatte? Dem Dreiecksverhältnis zwischen Juden-Römern Griechen kam reichsweit eine entscheidende Bedeutung ftir die römi-
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sehen Herrschaftsziele "Ruhe und Ordnung" zu, so daß die Positions bestimmung der Römer filr die Lage der Juden entscheidend wurde. 5. Und schließlich: Viele moderne Forscher betonen, daß Rom, wenn es direkte oder indirekte Herrschaft übernahm, wenig an den re gionalen Verhältnissen änderte; die Untertanen hätten lediglich neue Herren erhalten. 13 Zu fragen ist, was dieses "wenig" tatsächlich be deutete und wie Rom seine Herrschaft sichtbar, aber auch unsichtbar, allmählich etablierte. Eine auf diese Fragen sich grtindende Untersuchung ist vielver sprechend, da sie gleichsam von Null, nämlich den ersten (freund schaftlichen) Kontakten zwischen Juden und Römern ausgehen und das Verhältnis gründlich und historisch nachzeichnen kann. Es geht zunächst um die Voraussetzungen, und darum schließt das Buch wohlüberlegt gerade mit dem Beginn der römischen Herrschaft über Palästina durch Pompeius und den ersten sechs Jahren dieser Herr schaft (bis Gabinius). Noch mehr berechtigt die Quellenlage zu Opti mismus. Denn die Auffassungen beider Seiten sind uns in schriftli chen Zeugnissen überliefert, wobei die jüdischen Quellen zu dem konkreten Verhältnis zwar in der Überzahl gegenüber den latei nisch/griechischen Deutungen sind; dafür allerdings können wir auf eine Ftille von römischem Material bezüglich der Reichsverwaltung in der Römischen Republik zurückgreifen und dieses auf das Klientelfllr stentum (bzw. später die Provinz) Judäa in Anwendung bringen. Es gibt bisher keine Monographie oder auch nur Aufsätze, die sich mit diesem Phänomen auseinandersetzen; die bisherige Forschung ist ge tragen von isolierten Einzelbetrachtungen. So handelt denn dieses Buch von der politischen Existenz jüdischer Gemeinwesen unter Fremdherrschaften im Zeitraum von 727-55 v. ehr.
1.
"Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs":} Die Herausbildung der jüdischen Religion als politisches Phänomen vom 8. bis 4. Jahrhundert v. ehr.
Das Verhältnis von Juden und Römern war schwierig und mUndete einer Katastrophe - drei großen Kriegen und der Zerstörung des Tempels in Jerusalem im Jahre 70 n. ehr. Warum aber kam es zu die ser Katastrophe? Schließlich war die Beziehung zwischen Juden und Römern zunächst "unbelastet", begann gleichsam bei Null und hatte deshalb gute Startbedingungen. Ebenso mangelte es nicht an gutem Willen zur Verständigung auf beiden Seiten. Das Bild, das sich die griechisch-römische Welt von den Juden gemacht hat, war ausschließlich durch deren Religion geprägt,2 und diese soll deshalb in ihrer Ausbildung und in ihrer Bedeutung rur das . Selbstverständnis des jüdischen Volkes untersucht werden. Die Meilensteine der Untersuchung sind jene Ereignisse und Zäsuren inner halb der Geschichte des Judentums, bei denen von Kultreformen die Rede ist und bei denen die Religion eine zentrale Rolle im Politischen einnahm. Namentlich sind dies: 1. die Regierungszeit Hiskijas, des Königs von Juda (716-687 oder wohl richtiger 727/6-700 v. ehr.); 2. die Regierungszeit Josijas, ebenfalls König von Juda (wohl 639/8-609 v. ehr.); 3. das babylonische Exil (587-539 v. ehr.); 4. das Wirken Nehemias und Esras zur Zeit der persischen Herr schaft (Mitte/Ende des 5. Jahrhunderts v. ehr.); 5. die Zerstörung des Tempels von Elephantine im Jahre 410 v. ehr. durch die Ägypter; 6. der Makkabäeraufstand (seit 165 v. ehr.) und seine Folgen. Am Ende dieser Entwicklung hatte sich Jerusalem eine Religion geschaffen, die sich in den meisten Belangen von den Religionsvor stellungen seiner Umgebung unterschied: einem rigorosem Monothein
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs
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ismus,3 einem Gesetzbuch, einem Tempel als identitätsstiftendem Zentrum in Jerusalem, einer religiösen und politischen Mitte in Gestalt des Hohepriesteramtes, ferner in Gesetzen und Vorschriften, wie der Beschneidung, strengen Speisevorschriften (die im übrigen fUr sich genommen sehr stark die Abgrenzung von der Umwelt betonen, wie etwa Leviticus I I deutlich macht), der strikten Einhaltung eines Ru hetages, des Sabbat, auch der Zentralisation des Kultes in Jerusalem. Schon diese bloße Aufzählung läßt keine Zweifel an der politischen Dimension der jüdischen Religion, denn sie regelte das öffentliche Leben und die Verehrung Jahwes gleichermaßen. Ihre Herausbildung kann daher adäquat nur in der Zusammenschau der außen- und innen politischen Entwicklungen verstanden werden. An einer wichtigen Zä sur in der religiösen Entwicklung, mitten im Aufstand der Juden ge gen die seleukidische Herrschaft, trafen Jerusalem und Rom zum er sten Mal zusammen - beide mit politischen Ordnungen ausgestattet, de ren Kompatibilität sich alsbald erweisen mußte.
Hiskija Mit dem König Hiskija (wohl 727/6-700 oder 716-68 7 v. Chr. ) setzt der Proieß einer religiösen (und dann auch politischen) Sonder entwicklung der Juden ein. Die Gründe daftlr hängen zum einem mit der assyrischen Macht, zum anderen mit der Verkleinerung des jüdi schen Territoriums zusammen, das kaum über Jerusalem hinauslangte. Dieser König des Südreiches Juda nahm unter dem Eindruck der assy rischen Bedrohung eine richtungsweisende Weichenstellung vor und steht daher am Anfang der historischen Untersuchung über den Cha rakter der jüdischen Religion. Nachdem sich das Großreich Davids und Salomons seit 93 1 v. Chr. in das Nordreich Israel (um Samaria) und das Südreich Juda (um Jerusalem) aufgespalten hatte, begann die Entwicklung, die die Juden unter fremde, d. h. zunächst assyrische, dann babylonische, persische und makedonische Herrschaft brachte. 4 Die Bücher des Alten Testa mentes, insbesondere die Königs- und Chronikbücher sowie die Pro pheten, kommentierten diese historische Entwicklung; ihre Aufgabe war es, die durch diesen Prozeß hervorgerufenen Leiden der Juden zu erklären, und es konnte keine andere Erklärung geben als die, daß Gott mit den Juden haderte, weil sie ihn nicht richtig verehrten, weil sie sich den Nachbarn anbiederten, indem sie Götzen auf Anhöhen anbeteten, weil sie seine Gesetze nicht befolgten. 5 _
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Bald nach der Spaltung des David-Reiches zogen dunkle Wolken am Horizont auf, die von mächtigen und bedrohlichen Reichen kün deten. Das mächtigste war das neuassyrische Reich, das sich seit dem Ende des 9. Jahrhunderts immer weiter ausdehnte und dem am Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. das Nordreich Israel zum Opfer fiel: Be reits seit 738 v. Chr. in dem Status eines Vasallenstaates, wurde Sama ria 721 v. Chr. nach Loslösungsversuchen Hoseas, des Königs von Is rael, von den assyrischen Königen Salmanassar V und Sargon 11 ein genommen, Angehörige der Oberschicht wurden deportiert und Sama rien zur assyrischen Provinz gemacht. Juda um Jerusalem blieb ver schont, aber die Lage war fUr das kleine Königreich fatal: Im Norden lauerte das tibermächtige Assur, im Süden Ägypten, das sich gleich falls von Assur bedroht fUhlte. Juda lag als "Durchmarschgebiet" zwi sc�en beiden. Im näheren Umfeld befanden sich dazu die von den As syrern bereits 'einverleibten oder bedrohten Städte und Regionen. In einer politisch derart verzweifelten Situation, in der Gottvertrauen wahrlich vonnöten war, waren fUr die Juden in Jerusalem zwei Wege denkbar: Sie konnten die Übermacht der Assyrer anerkennen und ei nen Vasallenstatus akzeptieren,6 oder aber sich der assyrischen Macht zur Erhaltung der Selbständigkeit widersetzten. Hiskija hat sich, wenn man den Quellen glauben darr,? ftlr den zweiten Weg entschieden.8Im eil)zelnen ist auch heute noch vieles umstritten, was diese über Hiskija berichten,9 aber die Grundzüge seiner Herrschaft sind unstreitig: Er stens widersetzte er sich den assyrischen Einverleibungsversuchen Ju das, und zwar durchaus mit Erfolg, und zweitens reformierte er den jüdischen Kult. Die Einzelheiten dieser Reform sind gleichfalls kaum zu rekon struieren, aber die politische Zwangslage, in der sich Juda im Krieg gegen die Assyrer befand, läßt zumindest eine Tendenz erkennen: Die Stadt Jerusalem, auf die Hiskija von Sancherib beschränkt wurde, wurde nicht nur baulich,1O sondern vor allem auch kultisch "ver stärkt""! Insbesondere schaffte Hiskija die "Höhen" ab (mo:m; 'tu 1nl'EÄ.a; excelsa), zertrümmerte die "Malsteine" (m::J�on; O'tlJAUt; statuae), zerschlug die "Ascheren" (nillam; 'tu ÜAOTJ; luci). Das be deu ' tete: Die Symbole "im Land" wurden aufgegeben zugunsten der Verehrung Jahwes im Tempel zu Jerusalem. Hiskija praktizierte, was de'r Prophet und Gottesmann Jesaia, wenn auch noch konsequenter, vorgedacht hatte:!2 Das einzig wirksame Mittel gegen die numerische Überlegenheit der Feinde konnte nur die Unterstützung durch Jahwe sein,l3 Jesaia hatte deshalb jedes Bündnis mit fremden Mächten wie
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Ägypten und sogar die Befestigung Jerusalems abgelehnt. Assur, so lautete sein Credo, feillt allein durch das Schwert des "Nicht-Mannes", das Schwert eines "Nicht-Menschen" wird es fressen (ro�lot-lot,:, und Oilot-lot':,; der Septuaginta-Text gibt den Text nicht so pointiert wieder: OU fl.UXUtpU uvopo
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zweier Voraussetzungen: Zum einen mußten die Juden se lbst sich strikt an das Gesetz halten - schon um Eingriffen der Vormacht nicht Vorschub zu leisten -, und damit dies leicht kontro lliert werden konnte, war ein "Gesetzbuch" nötig, das Herren wie Untertanen glei chermaßen bekannt war. Dieses ' Buch war das Buch des mosaischen Gesetzes, mliD n,m ,00 bzw. "Co ßtßA.iov v6�ou Mwuofj. 60 Zum an deren aber galt es auch, sich von den anderen, nichtjüdischen Völkern abzusetzen und ein von diesen unabhängiges Verhältnis zu der Vor macht zu entwickeln.61 In dieses Bild fugt sich auch, daß sich der Mauerbau in Jerusalem wegen des Widerstandes der Nachbarn, der Überlieferung nach v. a. der Samaritaner, verzögerte; und auch die merkwürdige M itteilung, daß die Heimkehrer jede Hilfe von außen ablehnten,62 währe nd die Hilfe der Vormacht in großem Stil ange nommen wurde, hat ihren S inn: Das neue jüd ische Gemeinwesen wol lte ein eigenes, gleichsam unvermischtes Verhältnis zur Zentrale aufbauen und sich auf diese Weise einen herausgehobenen Status si chern. Diesem politischen Ziel dienten auch weitere Maßnahmen Nehemias. Die bau lichen Veränderungen Jerusalems dienten dessen Schutz und erregten gerade deswegen den Zorn der nichtjüd ischen Nachbarn;63 die Sozialpolitik Nehemias, die manche Härten der persi schen Herrschaft abzubauen bestrebt war,64 zielte darauf, "das Gesetz Gottes" m it dem "Gesetz des Königs" zu vereinbaren und damit die Akzeptanz der persischen Herrschaft in der jüdischen Bevölkerung zu erhöhen. Für diesen Zusammenhang der Nehemia-Reformen spricht entschieden die Tatsache, daß Nehemia nicht nur strikt auf die Ein� haltung der gesetzlichen Regelungen achtete,65 sondern auch und vor allem, daß er immer als persischer Beamter handelte und als solcher sich dem persischen Hof, nicht Jerusalem verantwortlich filhlte.66 Die religiösen Vorstellungen der Propheten, die sich um den Tempel, um die Wiederherstellung, um Reinheit und S ittlichkeit des Volkes dreh ten,67 konnten sich auf diese Weise aufs beste mit den politischen In teressen der persischen Herrschaft verbinden. Schwieriger und mit unabsehbaren Folgen gestaltete sich dagegen das Verhältnis zu den unmittelbaren Nachbarn. In die persische Zeit fällt die dauerhafte Trennung vom früheren Nordreich, von Samaria.68 Auch dürfte die Neubesiedlung Jerusalems und Judas sowie die Ex klusiv ität der neuen Gemei nde die Beziehungen zu anderen Nachbarn von vornherein problematisch gestaltet haben, zumal Jerusalem offen kundig mit U nterstUtzung der babylonischen Diaspora weiterhin das .gute Verhältnis zur persischen Zentrale pflegte und auch Herrschafts-
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aufgaben übernahm, wenn e s zu. Differenzen und Unruhen zwischen Diaspora-Juden und ihren Nachbarn kam. Dies können wir neben den alttestamentarischen Schriften auch dem erhaltenen Archiv von Ele phantine entnehmen . Jerusalem spielte, als es zu Unruhen in der D iaspora-Gemeinde kam, filr die Entscheidungen der persischen Vormacht eine wichtige Rolle. Damit ist e'in wichtiger Punkt angesprochen, den fortan jedes an tike Weltreich mit jüdischen Untertanen zu berücksichtigen hatte: Über die enge Verbindung zu der babylonischen Diaspora hinaus üb�rnahm Jerusalem gleichsam eine Art Vertretung aller D iasporaju deh. Die Reform Esras und Nehemias mit ihrer Zentralisierung der Gottesverehrung im Jerusalemer Tempel, offenkundig ein Skandalon flli d ie nichtjüdischen Nachbarn, war also auch geeignet, im Sinne des Pe'rserkönigs Herrschaft auszuüben, und so nimmt dessen UnterstUt zung rur die R,eform nicht wunder. Für Jerusalem freilich war damit keine leichte Aufgabe verbunden, da die Alleinverehrung Jahwes in Jerusalem erst noch durchgesetzt werden mußte. In Elephantine, einer Militärkolonie an der Südgrenze Ägyptens gelegen, war eine Diaspora-Gemeinde beheimatet. W ie und wann sie dort hinge langte, ist unklar; zur Zeit der Perser, über die allein wir et w�s wissen, hfltte sie jedenfalls den Charakter einer Militärkolonie, die hoheitliche; Aufgaben im Auftrage der Perser zu erfil llen hatte. Für un.s ist sie greifbar in den etwa 100 Jahren zwischen 495 und 3 98 v. Chr., denn in diesem Zeitraum bewegen sich die vorhandenen Zeug nisse.69 In unserem Zusammenhang sind insbesondere vier Papyri von Bedeutung (2 1 , 27, 30 und 3 1 ). Sie berichten uns, wie die Juden vor Ort am Ende des 5. Jahrhunderts v: Chr� mit den Ägyptern - insbe sondere den ebenfalls dort beheimateten Priestern des Gottes Chnum, rur die die jüdischen Widderopfer ein Greuel waren (der Widder war ihnen heil ig) -'- aneinandergerieten, wie die persischen Beamten in Ägypten mit den Chnum-Priestern gemeinsame Sache gegen die Ju den machten, wie die Juden sich Hilfe und Unterstützung von Jerusa lern und dem persischen König erhofften - und schließlich auch er hielten. Die jüdische Gemeinde in Elephantine hatte seit langer Zeit terminus ante quem ist 525 v. Chr. - einen eigenen Tempel, und auf dem Höhepunkt des Konfl iktes war dieser Tempel von den Ägyptern zerstört worden, als nach dem Tod des persischen Königs Artaxerxes I im Jahre 425 v. Chr. und den darauf folgenden Wirren im Perserreich Ägypten rebellierte. Die B itte um Hilfe rur einen Wiederaufbau war zu:dem mit B lick auf die Zentralisierung des Jahwekultes in Jerusalem -
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brisant - schließlich sollte jede Opferhandlung nur i m dortigen Tem pel gestattet sein. D ie j üdische Gemeinde in Elephantine hielt sich zu gute, immer die persische Sache vertreten zu haben und von allen Per. serkönigen geschützt worden zu sein,7o so daß sie billigerweise auch in der jetzigen Gefahr Unterstützung erwartete. Diese blieb aber zu nächst aus, und zwar n icht nur, weil die Durchruhrung des Tieropfers auch in der Zukunft Probleme mit den ägyptischen Priestern erwarten ließ, sondern vor allem, weil m it dem Tempelwi ederaufbau Jerusale mer Belange betroffen waren. Die Angelegenheit endete mit einem Komprorniß: Der Tempel durfte wiederaufgebaut werden, das Ganz opfer aber nicht mehr ausgefllhrt werden.71 Dieser Komprorniß war wahrscheinlich weder aus ägyptischer noch Jerusalemer Sicht noch aus der S icht der jüd ischen Gemeinde in Elephantine befriedigend, aber er war ganz im S inne der persischen, auf Ruhe und Ordnung be dachten Zentrale. Der Fall Elephantine lehrt uns, wie prekär in einem monarchischen Weltreich wie dem der Perser die Lage der jUdischen U ntertanen war. Der von den nichtjüdischen Nachbarn gegen sie geäußerte Vorwurf, die "Gesetze des Königs" n icht zu befolgen, konnte jederzeit erhoben werden und er wurde auch erhoben.72 Diesem Vorwurf konnten die Juden, wie in Elephantine bezeugt, nur durch äußerste Treue und Loyalität entgegentreten, und das wiederum steigerte den Haß der Umgebung - eine Spirale mit, wie wir aus römischer Zeit sicher wis sen, fatalen Folgen; denkbar sind diese auch rur Elephantine, denn nach 398 v. Chr. gab es dort keine jüdische Geme inde und ke inen Tempel mehr; was dort geschehen sein mag, ist heute leider nicht mehr zu rekonstruieren. Die VorwUrfe gegenüber den Juden zielen aber gerade nicht auf die religiöse Sphäre, sofern n icht der eine Kult vollzug einen anderen beeinträchtigt. Wenn die Juden in Elephantine W idder opferten, so konnte diese Handlung als Beleidigung von den jenigen angesehen werden, denen diese Tiere heilig waren. Aber eine Haltung, wie wir sie später unter Griechen und Römern verbreitet fin den und die etwa in den als Vorwurf gemeinten Satz mUndeten "Die Juden verehren nicht dieselben Götter wie die Griechen", d. h. daß man eigene religiöse Vorstellungen fllr "richtiger" als die der anderen hielt - eine solche Haltung ist für die persische Zeit nicht nachweis bar. Anhand der Papyri von Elephantine läßt sich zudem gut zeigen, daß sich die jüdische Gemeinde dort keineswegs aus religiösen Grtin den absonderte und ein völlig separates Eigenleben fuhrte; v ielmehr lassen Brief-Adressen und Gerichtsformeln in den Dokumenten au f
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e ine gewisse Ass i milation an die Umwelt schließen.73 Die religiöse Ordnung schützte die Autonomieanspruche j üdischer Gemeinden vor d�m Zugriff anderer Mächte und auch der Vormacht, stärkte das Ge meinschaftsleben und intensivierte auch die Zusammengehörigkeits geruhle zumal in der Fremde, aber sie verhi nderte ganz offensichtlich nicht den Kontakt m it der Umgebung und auch nicht die gegenseitige Beeinflussung. : Das politische Vermächtnis der persischen Zeit des Judentums ist die Verbindung von Autonomie mit unbedingter Loyalität gegenüber der Vormacht: Für diese war die jüdische Autonomie daher ein großer Vorteil, die fo lglich nicht nur von den J uden selbst, sondern auch von den Herrschenden als etwas zu Schützendes angesehen wurden.74 Da gegen können wir e inen religiösen Antagonismus nicht feststellen. In ' sofern repräsentierten die Juden . seit der Perserzeit eine neue Art von Untertanen, die sich durch eine religiös ausgerichtete Unabhängigkeit und staatliche Verfassung dem jewei ligen Herrscher dienstbar und .nach Möglicl1keit unersetzlich zeigen wollten. Wie der weitere Ver l"uf der Gescrichte zeigt, war dieses System letzten Endes erfo Iglos, jund schon rur die persische Zeitgibt es H inweise auf Schwierigk�iten im Verhältni� der beiden Seiten zueinander. Das historisch nichfein zpordnende Buch Esther etwa br,ingt die schwierige Lage des Juden Itums . unter einer Fremdherrschaft grundsätzlich zum Ausdruck und sollte gerade deshalb vielleicht als Allegorie aufgefaßt werden;75 Fla vius Josephus berichtet in seinen Antiquitates Judaicae (Jüdische Al tertümer) von zunehmenden Schwierigkeiten und Meinungsverschie denheiten zwischen J uden und Persern, die auch aus einer zunehmen den Orientierung von Teilen der jUdischen FUhrung nach außen resul ti,erten; jUdisohe Priester versuchten offenbar Ober persönliche Kon t,lkte zu persischen Führungspersönlichkeiten zu größerer Macht im eigenen Gemeinwesen zu gelangen.76 Entwicklungen dieser Art bela steten die Beziehungen zwischen Vormacht und Untertanen allge mein; denn die religiöse und damit auch politische Isol ierung des jüdi schen Gemeinwesens war die Grundlage dieser Beziehungen gewesen. Und schließlich : Die Beziehungen zwischen Juden und Persern lie f(;!n über den könig. Es scheint, daß er allein darUber befand, ob den jüdischen oder den antijüdischen Eingaben zu entsprechen war. E in Zieugnis darur finden wir ebenfalls in der Hinterlassenschaft der j Udi sehen Gemeinde zu Elephantine: Im Jahre 4 1 9 v. Chr. schrieb ein ge wisser Hanariiah an den Vorsitzenden dieser Gemeinde Jedoniah einen Brief, der offenbar das Passahfest und das Fest der ungesäuerten Brote
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betraf. Wenn eine von K. Galling vorgeschlagene Lesart der dritten Zeile dieses Briefes richtig ist; hätte König Dareios dem ägyptischen Statthalter Arsames darin den Befehl erteilt, s ich fe indlicher Über griffe gegen die jüdische Gemeinde zu enthalten.77 In mehreren Fällen entschied der König gegen seine Statthalter in Samaria oder Ägypten und zugunsten der Juden, es mag aber auch andere, wen iger günstige Entscheide gegeben haben. Der König also allein war wichtig, er hatte gleichsam die "größte Macht auf Erden" .78 Das Perserreich, wie alle antiken Reiche mit Ausnahme vielleicht des Römischen, war kein Rechtsstaat, schon gar nicht im modernen S inne, m it verbrieften Rechten ftlr die Untertanen. Man wußte nie, ob der jeweilige Nachfol ger als König auch die Politik seines Vorgängers fortsetzen würde, so daß der Reichsordnung immer ein Moment der Ungewißheit anhaf tete. Das war ein Nachteil j eder Monarchie. Die Juden tibertrugen deshalb in späterer Zeit, als sie d iese Ungewißheit bei jedem Herr scherwechsel unter ptolemäischer und besonders unter seleukidischer Herrschaft massiv zu spüren bekamen, die Verantwortung daftlr der monarchischen Verfassungsordnung schlechthin, die nicht imstande war, der W illktir der Könige entgegenzutreten. Diese Haltung hatte sich noch nicht während der Perserherrschaft gezeigt, wie die · altte stamentarischen Schriften belegen, und sie wäre angesichts einer noch weitgehend konstanten und den Juden gegenüber loyalen Königspoli ti k auch nicht berechtigt gewesen. Aber die Wurzeln filr die spätere monarchiekritische Einstel lung vieler Juden bildeten sich schon unter den Persern. Denn die überaus enge Bindung an den jeweiligen König war insbesondere in Zeiten, da dieser sich nicht auf ein besonderes Verhältnis zu seinen jüdischen Untertanen einlassen wollte, das Loya . lität gegenüber dem Herrscher mit der Gewährung einer großzügigen Lokalautonomie einhandelte, darauf angelegt, aus der bloßen Enttäu schung über den einzelnen Herrscher eine grundsätzliche Ablehnung der monarchischen Staatsform werden zu lassen. Für die Beurteilung des griechisch-jildischen und des römisch-jüdischen Verhältnisses wird dieser Aspekt eine erheb liche Bedeutung erlangen. Die oben skizzierten Entwickl ungen innerhalb des Judentums als einer von fremden Mächten beherrschten Volksgruppe und Religion vor seiner Eingliederung in das Reich Alexanders können wir wie folgt zusammenfassen: 1. D ie religiöse Entwicklung ist wesentlich von den außenpolitisch bedrängtenVerhältnissen bestimmt gewesen.
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2. Die religiöse Ausrichtung se lbst war multifunktional: a) Sie half die Autonomie zu wahren bzw. zu erlangen79, we i l eine sakrale Ord nung sich nach allgemeingtiltiger Vorstellung der Disponibil ität ent zieht; b) sie kpnnte gleichzeitig in ihrer über den Kult definierten Ab sonderung von Nachbarn der Vonnacht filr die Beherrschung der Re gion niltzlich sein, c) sie stärkte den Zusammenhalt - ein Aspekt': der in der Femde und in Zeiten der Bedrohung von Außen bedeutend wurde. I 3. Anders als während der griechisch-römischen Epoche des Ju dentums kam den Strukturmerkmalen des j tidischen Gemeinwesens, wie dem strengen Monotheismus, dem mosaischen Gesetzbuch, der Zentralisierung des Kultes im Jerusalemer Tempel und dem Hoheprie steramt eine ordnungspolitische Dimension in der Herrschaftspolitik der persischen Vormacht zu. 4. Es ergibt sich daraus, daß diese religiöse Absonderung ihrer Entstehung nach (Hiskija, Josij a) keine ,,Abschottung" um ihrer Selbst willen war, sondern eher eine schutzhülle ftlr das eigene Gemeinwe sen gegen Eingriffe von außen; ließ sich der herrschende Staat auf 'S'chutzgarantlpn ein, konnte er als "Wohltäter" Gegenleistungen. flir diese Autono�ie in Form von unbedingter Loyalität erwarten. ! 5. D ie Ktiltzentrierung in Jerusalem entwickelte sich zum einen ;aus der Reali�ät (z. Z. Hiskijas war der jildische Raum kaum größer), zum anderen · aus der in den Notzeiten erwachsenen Notwendigkeit, das Zusammengehörigkeitsgefilhl zu stärken. 6. Unmitte lbar folgt daraus, daß auch weiter entfernt wohnende Juden (Diaspora) zunehmend auf den einen Ku ltort Jerusalem ver pflichtet wurden - ftlr die Herrschenden andererseits brachte die enge Verbindung zwischen Diaspora und Kernland zunächst im Sinne einer Verstärkung der Kontrollmechanismen Vorteile. ; 7. Religion als Schutzwall nach außen und einigendes Band nach innen konnte' darUber hinaus in Zeiten · der' äußeren Bedrohung - wie später unter Antiochos rv ersichtlich - Kraftreserven freimachen und ein noch größeres Gewicht erhalten. 8. Das j üdische System ist entstanden in Zeiten der Bedrängnisse und des Beherrschtwerdens von Großmächten, und es hat sich gerade in solchen Zeiten auch bewährt. Das müßte bedeuten, und die spätere Entwicklung wird es erweisen, daß bei fehlendem äußerem "Druck", etwa in einem eigenen unabhängigen Staat, zum indest in der Führung der Faktor "Religiosität" zugunsten einer Angleichung an die Umwelt . abnimmt.
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"A lle solltim ein Volk werden undjeder seine Gebräuche aufgeben U: Die jüdischen " väterlichen Gesetze und der Hellenismui U
Im Jahre 332 v. ehr. gliederte Alexander der Große Palästina sei nem Reich ein, und so wechselte die Region nach mehr als 200 Jahren ihren Herrn. Auch fur Syrien, Phönikien und Palästina begann mit ; Alexanders S iegeszug eine neue Epoche, der Hellenismus.2 : Der Zeitra�m, auf den sich d ie folgenden Überlegungen konzen tri�ren, reicht ,von 332 v. ehr., dem Jahr der Eroberung Palästinas durch A lexander, bis 1 64 v. ehr., dem Jahr der ersten Kontaktauf nalune zwischen Römern und Juden. Es lassen in Bezug auf das palä stinensische Judentum grob drei Phasen erkennen: Die 1 . Phase ist eine Zeit der U nsicherheit. Sie reicht von 3 323021 1 v. ehr., als Alexander und die Diadochen, besonders Antigonos Monophthalmos, über Palästina herrschten; . die 2. Phase umfaßt die ptolemäische Herrschaft von 3 02/0 1 1 9,8 v . ehr. und die 3. Phase die seleukidische Herrschaft Ober Palästina seit 1 98 v. ehr. ( im Jahre 1 42/ 1 wurde Jerusalem als Folge des Makkabäerauf sl örU1C\» inaugurierte das auf so vielen gegenseitigen M ißverständnissen beruhende j üdisch-römische Verhältnis.3 Der historische H intergrund fiir diesen Brief besteht in eirier erneuten Niederlage des seleukidi sehen "Kanzlers" Lysias, der von Antiochos IV auch als Erzieher des m inderj ährigen Antiochos V eingesetzt wurde.4 Im Jahre 1 6 5 v. ehr. griff Lysias von SUden (Idumaea) her an und erlitt bei B eth-Zur süd lich von Jerusalem gegen Judas eine empfin� li�he N ie�erla�e. � Is . . . Folge dieser Niederlage änder�e SIch dIe seleukldlsche PolItIk. LysJas trat nun fiir einen Ausgleich ein,6 für den er auch Antiochos IV ge winnen ·konnte.7 In diesen Zusammenhang einer jüdisch-seleukidi sehen Annäherung gehört der erste Kontakt Jerusalems mit den Rö mern. Der schon erwähnte Brief der römischen Gesandten hat folgendes Formular: l. Präskript: Die Gesandten (1tPEOßU'tCH) Quintius Memmius, Titus Manius8 grüßen das Volk der Juden. Il. Haltung der Römer: I . Billigung der Zugeständnisse des Lysias an die Juden; 2. Angebot, die j üdische Sicht vor dem seleukidischen König zur Geltung zu bringen; 3 . Aufforderung zur E ile bei der Beratung, da d ie Gesandten dem nächst in Antiochia sein werden. Hl. Schluß und Datum (i. 1. 1 4 8 [sel.], 1 5. Xantikos). Der Brief selbst bereitet, was seine historische Einordnung angeht, keine Probleme; daß die Römer seit 1 88 v. ehr. und spätestens seit der siegreichen Schlacht gegen den makedonischen König Perseus bei
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Pydna 1 68 v. ehr. ihr Interesse auf die seleukidischen-ptolemäischen Konflikte9 ul!d überhaupt die neuralgischen Punkte im Herrschaftsbe" reich der Seleukiden riChtete, ist evident. Es ist deshalb von vornher ein wahrscheInlich, daß Rom auch über die Vorgänge in Palästina seit 169 v. ehr. inform iert war, und es wäre eher verwunderl ich, wenn es nicht über die Verhandlungen zwischen Lysias und den Juden Be s'cheid gewußt hätte.1O Die Art und Weise der Einflußnahme ist dabei freilich aufsc� lußreich. Sie hat ganz offensichtlich- den Ausgleich zwi schen beiden Seiten auf der Basis j üdischer Forderungen zum Ziel, nicht das Schüren des Konfliktes. Damit steht sie in einem Gegensatz zu der weit verbreiteten Forschungsmeinung, die Römer hätten immer nach der Methode divide et impera gehandelt. 1 1 Nach dem Wortlaut des Briefes zu urte i len, kann Rom nicht ausschließlich im Sinn gehabt haben, die seleukidische Macht zu schwächen und dazu den jüdischen Aufstand zu benutzen. Dazu ist er zu zurückhaltend formul iert. Viel mehr haben die (in Kapitel IV diskutierten) Grundsätze römischer WeItrnachtpolitik, nach denen Herrschaft als eine Interessengemein schaft zwischen V ormacht und 'Verbündeten gedeutet wurde, die Fe der bei der Abfassung des Briefes an den Demos der Juden gefUhrt. Die Formulierungen s ind außerordentlich vorsichtig, was die eigene römische Position angeht; keineswegs kann man von einem antiseleu-' kidischen Tohfall sprechen. Die Zurtickhaltung könnte man vielleicht ' vö lkerrechtlieh begründen, denn Judäa war "eigentiich" Teil des se ' Ieukidischen Reiches. 12 Daß man freilich die modeme Systematik des Völkerrechts nicht allzu starr auf antike Verhältnisse übertragen sollte, kann man den römisch-parthischen Beziehungen in der spätrepublika nisch-frUhkaiserzei tlichen Epoche entnehmen. 13 , Deutlich zielte die römische Politik in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts V. ehr. dahin, Einfluß durch d ie Akzeptanz seiner Ver bündeten zu gewinnen. Diesem Ziel diente die Freundschaftssymbo Ilk. Viel wichtiger a ls der materielle war in der Tat der symbolische Ihhalt der Beziehungen. Rom - billigte deshalb die Vereinbarungen zwischen dem seleukidischen Kanzler (E1tL 't&v 1tpa'Y�(t't(ov) Lysias 14 lind den Auf�tändischen und bekundete auch darUber hinaus - aller dings ganz uflverbindlich - seinen M itwirkungswillen vor Ort. Damit war wohlwo�lende Uneigennützigkeit symbolisiert, fernab aller Ge fahren rur die j üdischerseits angestrebte Autonomie. 15 Eine charakteri stische Stanemetrios II aufgenommen hatte, mußte sich al lerdings wenig später m,it einem neuebruch des seleukidischen Königs auseinandersetzen. Aber es stand schon ein neuer Usurpator namens Tryphon auf der un , übersichtlichen seleukidischen Bühne, der als Vormund von Antio chos vI auftrat. D iesem wandte sich Jonathan� etzt zu, und er erlangte . ' \4on Ihm auch entsprechende Zugeständnisse. 5 Daraufhin kämpfte er r�cht erfolgreich gegen Demetrios.66 Die Situation im Seleukidenreich Mitte der 40er Jahre des 2. Jahrhunderts v. Chr. war also im höchsten Maße verwiCkelt. � A ls es 144 v. Chr. zur Vertragserneuerung Jerusalems m it Rom , kam, war die! Situation durchaus derjenigen, die zum ersten Vertragsabschluß geftihrt hatte, vergleichbar. Der seleukidische König Antiochos VI bzw.; sein Vormund Tryphon hatten Jonathan eine quasi-auto : norne Position übertragen,67 die von dessen Rivalen Demetrios II (wie 'grenzung .!lnd Assimilation immer stärker an_ den rfo ernissen er römischen O rdnung zu ori entier� Für 'die zahlreichen jüdischen Gemeinden in de r Dias'pora wie in Palästiha, Öte-'fii-aieSetnSp'annungsfeld lebten und dabei doch i e jüd ische Identität bewahren konnten/3 ergab sich daraus ein un .aufuebbäies-I? il�mriHl, daß nämlich dieselbe römische UoterstÜtzuog, die die eigene Position in Stadt und Land sichern half, gleichzeitig -ilie Abhängigkeit vergrößerte lind eine Lebensweise w'�_sie ,sicll hist'O=, rlsch seit H iskija, unter den Persern und teilweise auch noch unter d en 'Griechen entwTClü:ICfiätfe,-geraae nlcnt zuließ. Das bedeutete: D ie R.;ligion zur Grundlage aller Autonomieansprüche zu machen, fullk tionierte unter den Römern nicht mehr. Das lag nicht an den religiösen Inhalten oder· dem Kult an s ich. All das war den Römern ziemlich gleichgültig oder wohl wo llender ausgedrückt: Die Römer waren in religiösen Fragen ausgesprochen tolerant, jedenfalls bis zu den oben
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skizzierten Grenzen hin. Wichtiger war ihnen, wie in Rom so auch im Reich, eine relativ homogene und konsensorientierte Gemeinschaft. Davon ahnten die jUd ischen Gesandten der Makkabäer und Hasmo näer aber nichts, denn die offenen Arme, mit denen Rom gerade die kleineren und bedrohten Staaten aufnahm, wiesen in eine ganz andere Richtung; und wohl auch die nach Rom, in die neue Weltstadt ausge wanderten jüdischen S iedler dUrften von dem Edikt des Prätors im Jahre 1 3 9 v. Chr. ziemlich Uberrascht gewesen sein. In diesem schein baren Widerspruch zwischen römischer Offenheit gegenUber Fremden und Hilfesuchenden einerseits und einer Ordnung andererseits, deren Grundlagen Homogenität und Konsens bildeten und die Einflüsse von außen und Fremden gerade nicht oder nur in eng begrenztem Umfang vertrug, liegt nach meiner Einschätzung der SchlUsse I zum Verständ nis der so problematischen jüdisch-römischen Beziehungen in Repu blik und frUhem Prinzipat. Wie sich das jUdisch-römische Verhältnis in den Städten mit Diaspora-Gemeinden bis 63 v. Chr. weiter entwickelte, ist im Einzel nen unklar, aber, was wir wissen, könnte unsere Überlegungen bestä tigen. Zunächst geht es um eine beiläufige Nachricht die Juden von Kyrene betreffend: Als Sulla 87/6 v. Chr. den Krieg' gegen den ponti. sehen König Mithridates in Griechenland vorbereitete, schickte er LuculJus nach Syrien, Ägypten und Kyrene, um von dort Schi ffe ge gen M ithridates zu erhalten.24 In Kyrene fand Lucullus, so ist Uberlie fert, Aufruhr und Krieg vor, so daß er zunächst tur Ordnung sorgen mußte.25 Daß auch Juden an dieser Stasis beteiligt waren, ist unzwe i felhaft.26 Weiteres erfahren wir nicht, zum Beispiel ob ein jUdischer Aufstand der Anlaß der Stasis gewesen ist, wie von modemen For. sehern immer wieder behauptet wird.27 Vereinzelte Zeugnisse von jU discnen Siedlern in Kyrene gibt es schon in vorhellenistischer Zeit. SiedlungsschUbe erfolgten unter Ptolemaios I (wahrscheinlich im Jahre 3 1 2 v. Chr.) und wieder in der Zeit des Makkabäers Simon um 1 40 v. ehr.; Kyrene ist auch in dem bereits diskutierten römischen Brief an Städte, Länder und Könige aus dieser Zeit genannt.28 Das Verhältnis zwischen Juden und Griechen war indes in Kyrene höchst problematisch, wie rur wenig später belegt ist.29 Der Hintergrund ftlr die Stasis des Jahres 87 v. Chr. l iegt im Herrschaftswechsel des Jahres 96 v. Chr., der das kyrenische Gebiet und die dortige jUdische Ge meinde aus der ptolemäischen unter die römische Herrschaft fLihrte. Der letzte kyrenische König Ptolemaios Apion hatte nämlich testa. mentarisch sein Reich den Römern vermacht, die jedoch von ihrem
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Erbe nur da� Königsland in Besitz nahmen und 'die griechischen Städte rur frei erklärten.JO Legt inan die Verhältnisse ein halbes Jahr- . hundert später zugrunde, haben die kyrenischen Griechen ihre ver �eintlich neu�gewonnene Autonomie zu einer Beschneidung jUdischer Rechte im B'�reich der F inanzhoheit, der Sabbatheiligung und der KuliausUbung genutzt,J ) und damit wurde Juden die Gleichberechti glmg aberkannt, wenn sie sich als Juden bekannten. Juden und, Griechen befehdeten sich zu dieser Zeit noch an e iner I ahderen prominenten Stelle des ptolemäischen Einflußgebietes, näm1ith in Alexandr ia.32 Auslöser, nicht Ursache, auch dieses Streites war 1 dilS Fehlen einer Ordnungsrnacht, da die Ptolemäer untereinander heillos zerstritten waren.J) 88 v. Chr. hatte auch Ptolemaios X Alex ander I in de � Auseinandersetzung mit seinem Bruder Ptolemaios IX Soter 11 ftlr d:en Fall, daß ihm etwas zustoße, sein Reich den Römern testamentarisch vermacht. Die Bürger Alexandrias lehnten ihn vor al lem wegen s�iner judenfreundlichen Politik ab, erhoben sich gegen iqn und vertr�eben ihn aus der Stadt; Ptolemaios X vertraute also den �ömern mit �einem Reich auch seine "Klientel", die Juden, in dem .J ' Testament a�. 4 Doch als er ein Jahr später im Kampf um Zypern �el,J5 unterna.hm Rom nichts, so daß der "antijüdische" Ptolemaios IX Soter 1 1 bis zu seinem Tod 8 1 v. Chr. unbehelligt regieren konnte . . Die Staseis der jUdischen Gemeinden in Kyrene und Alexandria im Jahre 87 v. C,hr. dUrften daher mit einer Verschlechterung ihrer Lage durch den Tod ihres BeschUtzers Ptolemaios X Alexander I zusam menhängen. D ie Römer kamen hier zum ersten Mal in die Rolle einer Ordnungsma
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Im Jahr 63 v. Chr. bot sich also dem Römer Pompeius die vorder gründig seltsame Konstellation dar, daß die im eigentlichen Sinne ,jü ( dischen", religiös orientierten Parte ien ftlr eine römische Ordnung der , Verhältnisse eintraten, während der weltlich-"he llenistische" Aristo bul eine römische Einm ischung ganz und gar ablehnte. , �ompeius selbst l ieß sich, römische Traditionen fortfiihrend gaJlZ....., und gar von der Rechtslage leiten. Sein Quaestor S .urus hatte noch ilaen aem ersten Augenschein und nach kräftiger finanzieller Zuwen- . dung Aristobul tur den rechtmäßigen Herrscher gehalten. Doch Pom peius nahm sich Zeit zur Untersuchung der Verhältnisse, und seine Entscheid_\lIlgl e ektieren sehr enaue Kenntnisse der r-e-ionalen Verl!iiiQis. � Hyrkan, der bereits von seiner Mutter zum Hohep�i��te� gemachte und darum nach lokalem Recht als Fürst legitim ierte ältere B ruder Aristobuls, war auch nach römischem Rechtsverständnis der legitime Herrscher. Den Königstitel fre ilich bekam er nicht mehr, we niger weil Pompeius das jüdische Gemeinwesen schwächen wollte, als viel mehr weil er (vie lleicht über die "dritte Partei") wußte, daß dieser Titel usurpiert war (seit Aristobul I) und zudem im "Grundgesetz" des Makkahäers_Si nicht vorgesehen war.54· In diesen Zusammenha�g einer von Pompeius gestärkten religiös legitimierten Ordnung in Jerusalem möchte ich auch die beträchtliche territoriale Verkleinerung des jüdischen Staates gestellt sehen. Pom peius mochte d a s n en sein daß die fromme Kritik an der Abkehr der Hasmonäer von den väterlichen Sitten auch deren ex�n. sive Außen o l itik umschloß was ja in gewisser Hinsicht auch nicht gariz falsch war. Er ordnete deshalb nur die primär jüdisch bewohnten Regionen dem neuen Gemeinwesen zu . Wenn trotzdem d ie hasmonäi sche Außenpolitik mit ihrer auch gewaltsamen Ausbreitung jüdischen Einflusses und des Judentums als Religion in die uml iegenden Regio nen den Frommen gerade kein Stein des Anstoßes gewesen war, wie neuerdings mit Nachdruck herausgearbeitet wurde,55 mußte Pompeius das aus herrschaftspolitischen Gründen ignorieren. Denn er . erfüllte mit der Abtrennung zahlreiche. " dte und Region en �o n '-der H err schaft Jerus s die vielerorts an ihn heran etragenenWiliische nach :s.chafi.. Natürlich kannte -'er jieiJ:ciun von der hasmonäi auch nicht die einsch lägigen Passagen der Torah tiber die Ausdehnung ' I von Eretz Israel; hätte er sie gekannt, hätten sie seinem Verständnis von Religion und noch mehr seinem Ziel einer regionalen Befriedung widersprochen. Zweifellos war dieses (nach jtidischer Deutung) Miß \ Verständnis oder noch eher: diese Mi ß-Achtung der jtidischen Reli-
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Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen
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gion durch d ie Römer gleich am Anfang der r mischen Herrschaft über Palästina ein wesentlicher Grund dafur, daß die so woh l durch-. �ach.!:.. Ord�g d�s Pompeius keinen Bestand hatte und mittelfristig r ieder zu einer "großen" Lösung, nämlich einer jüdischen Oberherr schaft tiber die gesamte Region im Süden Syriens ftlhrte; dies war der Kl ientelstaat unter Herodes mit hasmonäischen Ausmaßen und dar über hinaus, was das Territorium betraf. , Insgesarrit war die pompeianische Neuordnung auch dazu angetan, pie Juden zu:r Bewahrung ihrer Identität und zur Ausübung ihrer Reli gion zu ermutigen. Den n die Religion machte die jüdische Identität aus, und es .konnte fur die Vormacht keine bessere Garantie ftlr die Stab i lität der Ordnung geben, als wenn sie ihre Untertarien tiber die Religion, noch dazu eine so tief im Bewußtsein verankerte, an sich zu pinden vers�nd;56 auch der seleukidische König Antiochos III hatte die Unterstü�zung der jtidischen Religion offen als herrschaftsdienlich eingestuft.57� Und berücksichtigte nicht ebenso Pompeius die Vorsch läge der: ,;dritte n", jener antihasinonäisch-pharisäischen Partei? Gewiß, Hyrk.an und noch mehr sein Helfer Antipater waren mit ihrer peuen Rolle 'ais Kl ienteJftirslen Pälästi nas nicht unzufrieden, wei l die eigene Stellting garantiert war und sich unter römischem Dach durch aus auch irgendwann eine territorial und nach außen verbesserte Posi tion Judäas in der Region vorstellen ließ. Für die Anti-Hasmonäer da gegen nahm jetzt, nachdem der Glanz außenpolitischer Erfolge end. gültig der V gangenheit angehörte, mehr denn je die Religion al lein die Funktion: wahr, Autonomieforderungen zu legitimieren . So schien, als Pompeius zumindest teilweise auf ihre Wünsche einging, die Integration
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Diese Vermutung grUndet auf der Überlegung, daß Pompeius filr seine Entscheidung�findung fllr die geplante Neuordnung sicherlich auf alle Informationsquellen, also auch au f das Zentrum des jUdischen Ge !l'l(:inwesens, jZurOckgegriffen haben dUrfte; nur hier konnte er in die , arcan a dieser. geheimnisvollen Religion vordringen. Materielle GUter olier eine bewußte Demiltigung der Juden erstrebte er dagegen nach Ausweis der Quellen nicht. Gleichzeitig gehörte aber auch immer die Q�'!1�ns.tration röm ischer Überlegenheit zum politischen Instrumenta rium des Pompeius. Das ungehinderte Betreten des Allerheil igsten war ein bewußt gesetztes Zeichen römischer Al lmacht und brachte j e , dem nahe, daß es filr RoiTI keinen 11ei1'Sc11ä- freTei1 Raum gep.en könne, andererseits sei Rom aber auch so mächtig, im Interesse der j Od ischen Religion jeden anderen am Betreten dieses Tempels zu hin dern. Diese Zeiche nsprache sagte also auch: Wir Römer können und werden Eure Forderungen nach Autonomie erfiillen, wenn Ihr, die Ju den, Rom Ub�r Euch anerkennt. Ein Te il der Juden konnte sich mit dieser Vorgabe - Unterordnung unter Rom als Preis für weitgehende \ � fu Autonomie - arrangieren, aber viele Juden zogen eine andere Lehre � "r 1 aus ihrer Geschichte, nämlich mit ihrer Treue gegenUber dem religiös :tu i, verankerten Gesetz-der Forderung nach politischer Freiheit auch unter 1, cter Vorherrschaft einer fremden Macht Nachdruck zu verleihen. ' Ger�de das aber, verstanden die Römer nicht unter Religion. Sie dUrften dje interpretatio ludaica des Religionsbegriffes als unzulässige Politisierung aufgefaßt haben, durch die der "wirklich fromme Kult" (pius cultus), der Inhalt wahrer religio, radikal vernichtet wOrde.67 , Pompeius war gewiß nicht so tief in die religiösen Gefiihle from- 1 mer Juden eingedrungen, um sich der ganzen Schwere seines Verge- ( hens bewußt geworden zu sein - so wenig sich Römer wie Cicero oder später Cassius Dio dessen bewußt waren. Was fur'sie alle zählte, war \ allein die Tatsache, daß Pompeius nichts von den Tempelschätzen an- I gerUhrt hatte.�g p�mit symbolis iert diese Episode, wie Römer und Ju�. �'��.!!.a!l� ... inan_der yorbeigingeg, el n�nder nicht verstanden. Es ist dieses I II grundsätzliche Mi ßverständnis, das le Katastrophe 66 v. ehr. letztlich verursacHen wird. ; Es brauchte al lerdings gar nicht so lange, bis die Neuordnung des Pompeius ihre erste Belastungsprobe zu bestehen hatte; eigentlich hat sie nie wirklich funktioniert. Pompeius hatte nach dem Rechtsprinzip entschieden -: Hyrkan war ja tatsächlich der rechtmäßige Hohepriester -' und das "hellenistische" Prinzip wechselseitig gewährter " Wohlta ten" vernachlässigt. Von diesem hatte sich noch sein Quaestor Scaurus
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