Atlan - Der Held von Arkon Nr. 183
Der Mutantenjäger Er wird gehetzt - eine ganze Welt ist gegen ihn von H. G. Francis...
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Atlan - Der Held von Arkon Nr. 183
Der Mutantenjäger Er wird gehetzt - eine ganze Welt ist gegen ihn von H. G. Francis
Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man eine Zeit, die auf Terra dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III. ein brutaler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Nachfolge antreten zu können. Gegen den Usurpator kämpft Kristallprinz Atlan, der rechtmäßige Thronerbe des Reiches, mit einer stetig wachsenden Zahl von Getreuen und besteht ein gefahrvolles Abenteuer nach dem anderen. In dieser Zeit der harten Kämpfe und Verfolgungen trachtet inzwischen ein Mann danach, sich auf Arkon zu etablieren und sich einen Namen zu machen. Der junge Kristallprinz ahnt nichts von der Existenz dieses Mannes. Er kann überhaupt nichts von ihm wissen, denn der Mann ist Terraner und kommt aus dem Jahr 2844, also aus der fernen Zukunft, in der dereinst Atlan, durch einen Zellschwingungsaktivator relativ unsterblich geworden, als Lordadmiral der USO fungieren wird. Der Mann, von dem hier gesprochen wird, ist USO-Spezialist Sinclair Marout Kennon. Mittels Alfo Zharadins Illusionsmaschine in die Vergangenheit Arkons und in seinen verkrüppelten Menschenkörper versetzt, wendet Kennon seine genialen kriminalistischen Fähigkeiten an, um zu überleben, und wird DER MUTANTENJÄGER …
Der Mutantenjäger
3
Die Hautpersonen des Romans: Sinclair Marout Kennon alias Lebo Axton - Der Kosmo-Kriminologe der USO arbeitet in der Vergangenheit. Gentleman Kelly - Kennons seltsamer Roboter. Vagont Ternnan und Quertan Merantor - Zwei Polizeipräsidenten. Larcenia Sammaron - Ein Mädchen wird gesucht. Apprat Cokret - Ein lebender Toter. Jektor - Ein Arzt, der Kennon behilflich ist.
Traum oder Wirklichkeit? Wache ich? Schlafe ich? Ich denke. Bin ich also? Wo ist der Anfang jener und der Beginn dieser Zeit? Wie auch immer Zukunft und Vergangenheit sich gegeneinander vertauschen, die Gegenwart muß eine Brücke bilden. Es ist diese Brücke, über die ich gehe. Wo auch immer sie ist.
1. Der Raum wurde durch eine flimmernde Energiewand geteilt. Auf der einen Seite dieser materieabweisenden Schranke saß ein verkrüppelter Mann auf einem Hocker. Er besaß einen auffallend großen Schädel mit hervorquellenden Augen, abstehenden Ohren und dünnem, strohgelbem Haar. Das linke Augenlid dieses Mannes zuckte ununterbrochen, obwohl er sich Mühe gab, dieses Zeichen seiner Nervosität zu unterdrücken. Hinter ihm stand ein Roboter, der im Vergleich zu ihm wie ein Koloß wirkte, obwohl er nur zwei Meter groß war. Auf den ersten Blick war zu erkennen, daß er aus zahlreichen Einzelteilen unterschiedlichen Alters zusammengesetzt war. Einige Teile schienen überhaupt nicht zu diesem Robotertyp zu passen. Gentleman Kelly stammte vom Schrottplatz, und das war ihm auch anzusehen. Sein Rumpf bestand aus einem Ovalkörper von etwa einem Meter Höhe. Daran waren die Extremitäten befestigt. Am Rücken waren Haltegriffe und Steigbügel angebracht. Auf der anderen Seite der flimmernden
Energiewand lehnten drei Arkoniden an der Konsole einer Positronik. Einen von ihnen kannte der Verwachsene bereits. Er hatte ihn in 3D-Vision gesehen. Es war der Präsident der Komitees auf Arkon III. Eihrett Khantron war ein untersetzter Mann mit schlaffen Gesichtszügen, rötlichen Augen und schlohweißem Haar, das ihm bis auf die Hüften herabreichte. Es wurde durch vier breite Spangen aus einem Edelmetall, zu einem Zopf zusammengezwungen. Die beiden anderen Männer kannte der Krüppel nicht. »Ihr Name ist Lebo Axton«, stellte Khantron fest. »Ist das richtig?« »Ich kann und will es nicht bestreiten. Wie ist Ihr Name?« Khantron hob ruckartig den Kopf. Er blickte sein Gegenüber prüfend an. Die Unterlippe sackte ihm leicht nach unten. Er schien überrascht zu sein. Für einen kurzen Moment schien es, als wolle er Axton einen Verweis erteilen, dann jedoch glitt ein leichtes Lächeln über die schlaffen Lippen. »Ich bin Khantron, Präsident des Komitees auf Arkon III. Dieser Herr hier neben mir ist Vagont Ternnan, der Polizeipräsident von Arkon III.« Ternnan war lang und dünn. Er hatte einen leicht gekrümmten Rücken, und er streckte den Kopf stets etwas vor, als sei er kurzsichtig. Sein Haar war so dünn, daß er es sorgfältig über den ganzen Schädel verteilen mußte, damit es diesen einigermaßen bedecken konnte. Alles an ihm war lang und schmal. Er erinnerte Axton-Kennon lebhaft an die Aras, jene medizinischen Genies, die aus dem Volk der Arkoniden hervorgegangen waren. Aber er war kein Ara. Er war ein Arkonide. »Dieser Herr hier ist vom Geheimdienst«,
4 fuhr Khantron, zur anderen Seite gewandt, fort. Er nannte den Namen dieses Mannes nicht. Gerade dieser aber erschien Axton besonders gefährlich. Er hatte ein scharfgeschnittenes, undurchsichtiges Gesicht, das eine asketische und äußerst disziplinierte Einstellung erkennen ließ. Seine Figur war athletisch und schien durchtrainiert zu sein. Sinclair Marout Kennon kannte diese Typen von seiner jahrhundertelangen Mitarbeit bei der USO her. Sie waren unberechenbar und oft fanatisch bis zur Selbstverleugnung. Er nahm sich vor, diesen Mann besonders im Auge zu behalten. »Sind Sie zufrieden?« fragte Khantron spöttisch. »Absolut«, entgegnete Kennon-Axton. Seine Stimme klang heiser, und er sprach die arkonidische Sprache mit einem deutlichen Akzent, wie ihn niemand aus der arkonidischen Welt dieser Zeit kannte. »Sie scheinen mir ein kluger Mann zu sein«, sagte Eihrett Khantron. »Danke.« »Sie werden daher nicht überrascht sein, daß wir einige Fragen an Sie haben.« »Es hätte mich erstaunt, wenn es nicht so gewesen wäre.« »Wir haben verfolgt, wie Sie den Mordfall Mosselcrin aufklärten. Dabei sind Sie auf Zusammenhänge gestoßen, die nicht gerade schmeichelhaft für uns waren.« »Ist meine Prämie in Gefahr?« fragte Axton ängstlich. Er richtete sich auf und atmete heftig. »Das wird sich zeigen.« »Ich protestiere.« »Dazu besteht kein Grund. Geben Sie uns die Antworten auf unsere Fragen, die uns ein integrer Mann erteilen kann, und alles ist in Ordnung.« Axton-Kennon deutete eine Verbeugung an. »Fragen Sie, bitte.« »Können Sie sich ausweisen? Haben Sie eine Identitätskarte?« »Ich bin überfallen und bestohlen worden, Khantron. Ich habe nichts mehr bei mir. Nur
H. G. Francis noch ein paar Münzen. Sehen Sie. Hier.« Der Verwachsene holte etwas Geld aus der Hosentasche und hielt es den drei Arkoniden hin. »Ich bin zu schwach. Ich kann mich gegen derartige Subjekte nicht wehren.« »Wo ist das passiert?« »Hier auf Arkon III. In der Nähe eines Trainingsplatzes für Raumfahrer …« »Können Sie die Männer beschreiben, die das getan haben?« »Es war eine dunkle Nacht.« »Also, nicht.« »Nein.« »Sie sind sich darüber klar, daß wir mit einer derartigen Erklärung nicht zufrieden sind?« »Natürlich. Das war der Grund dafür, daß ich mich bemühte, Ihnen einen Beweis meiner Lauterkeit und Loyalität zu geben. Mir ging es nicht nur darum, etwas Geld zu verdienen. Ich war mir dessen bewußt, daß ich auch zeigen mußte, daß ich zu den positiven Kräften Arkons gehöre. Deshalb habe ich die Kraft eingesetzt, die mir ermöglicht, in dieser Welt zu leben. Ich meine meine kriminalistische Intelligenz, Präsident.« Der Geheimdienstmann meldete sich zum ersten Mal zu Wort. »Wir befinden uns im Krieg, Lebo Axton«, erklärte er kalt. »Die Methanatmer kämpfen mit allen Hinterhältigkeiten, zu denen Kreaturen dieser Lebenssphäre überhaupt fähig sind. Wir wissen, daß die Methans auch biologische Experimente machen.« »Ich verstehe nicht«, sagte Axton mit stockender Stimme. Sein linkes Augenlid zuckte ununterbrochen. »Sie wissen sehr wohl, was ich meine. Ich frage Sie: Wie nun, wenn Sie das Ergebnis dieser biologischen Experimente wären? Wie nun, wenn Sie eine Art mißglückter Bioroboter wären, der den Auftrag hat, hinter den Linien zu kämpfen?« »Wahnsinn!« Lebo Axton-Kennon sprang auf. Tränen schossen ihm in die Augen. Er versuchte, etwas zu sagen, aber er brachte keine Silbe über die Lippen. Hilflos schüt-
Der Mutantenjäger telte er die Fäuste. Derartige Hinweise auf seinen mißgestalteten Körper vertrug Kennon nicht. Er trat einige Schritte auf die Energiewand zu. »Für diese Behauptung werden Sie bezahlen. Niemand soll es wagen, derartige Beleidigungen auszusprechen. Ich werde …« »Sie haben nicht richtig zugehört«, unterbrach ihn der Geheimdienstler. »Ich habe lediglich Spekulationen angestellt. Ich habe gesagt, was wäre für den Fall, daß … Ich wollte also nur, daß Sie sich des Problems bewußt werden.« Der Terraner drehte ihm den Rücken zu und kehrte mit nachschleifenden Füßen zum Hocker zurück. Er setzte sich. »Lebo Axton«, sagte der Polizeipräsident von Arkon III. »Beantworten Sie mir nur die eine Frage: Woher kommen Sie? Auf welchem Planeten sind Sie geboren?« Das Gesicht des Verwachsenen zuckte. Er blickte auf den Boden. »Muß das sein?« »Es muß. Wir werden exakt aufklären, welche Vergangenheit Sie haben. Wenn Sie uns dabei nicht helfen, müssen wir annehmen, daß Sie sich in feindlicher Absicht haben einschleusen lassen.« »Dann hätte ich mich fraglos unauffälliger benommen.« »Das ist kein Argument. Also?« »Von Abbashir, dem Freihandelsplaneten. Ich habe mich an Bord eines Schiffes geschlichen. Mein einziger Wunsch war, endlich diese Welt der Gesetzlosigkeit und des Terrors zu verlassen.« »Und Sie verlangen, daß wir Ihnen glauben?« Der Präsident blieb höflich. Seine Stimme klang sanft. Ein gewisser Vorwurf war nicht zu überhören. Axton war klar, daß der Arkonide ihn nur deshalb noch so respektvoll behandelte, weil er den Mordfall Mosselcrin so gut aufgeklärt hatte. Axton war ein Mann, der selbst Tausende von Verhören geführt hatte. Er wußte, daß er mit bewußt eingestreut unlogischen Aussagen etwas erreichen konnte. Er war durch die Illusionsmaschine mit der Ischtar-Me-
5 mory Programmierungsmethode durch die Jahrtausende in die Vergangenheit zurückgeschleudert worden. Er wußte, daß er niemandem eine wirklich befriedigende Erklärung über seine Anwesenheit geben konnte. Er hatte keine arkonidische Vergangenheit. Er war mitten in diese Szene der Gegenwart hineingesprungen. Ihm fehlten alle Beweise, die ein Mann normalerweise hätte haben müssen. Niemand konnte bestätigen, daß er irgendwann und irgendwo vorher existiert hatte. Die Situation wäre für einen Mann, der nicht über die Qualitäten eines Sinclair Marout Kennon verfügte, ausweglos gewesen. »Warum sollten Sie mir nicht glauben?« fragte er, Überraschung heuchelnd. »Ich sage die Wahrheit.« »Wann und mit welchem Raumschiff sind Sie nach Arkon III gereist?« Lebo Axton überlegte. Dann nannte er ein Schiff, das er vor einigen Tagen, kurz nach seiner Materialisation beobachtet hatte. »Der Name des Schiffes war FANTHIA«, erklärte er. Ternnan wandte sich um und drückte einige Tasten der Positronik herunter. »Sie lügen«, stellte er danach fest. »Die FANTHIA ist niemals auf Abbashir gewesen.« Lebo Axton rutschte wieder vom Sessel. Sein Lid zuckte heftig. Er breitete die Arme aus. »Warum erlauben Sie einem unglücklichen Krüppel nicht, mit seiner verächtlichen Vergangenheit zu brechen, eine Welt zu vergessen, in der der Mensch nicht nach seinen geistigen Fähigkeiten, sondern nach der äußerlichen Erscheinung beurteilt wird? Warum gönnen Sie mir nicht, auf Arkon glücklich zu sein? Ich möchte nur meinen intellektuellen Fähigkeiten leben. Ich möchte mich der Faszination schwierigster Kriminalfälle ergeben. Müssen Sie unbedingt herausfinden, daß ich aus einer Welt der Qualen, der Erniedrigung und der Verächtlichkeit komme, die nichts als Demütigungen für mich hatte? Bin ich ins Zentrum des Im-
6 periums gereist, nur um hier zu erleben, daß der Verstand, das höchste Geschenk der allmächtigen Natur an den Menschen, hier nichts zählt?« »Lebo Axton, wie weit wollen Sie Ihr Spiel noch treiben?« fragte der Geheimdienstmann. »Meine Herren, ich schlage Ihnen vor, diesen Mann einem Sonderverhör zu unterwerfen.« Axton-Kennon erschrak. Er wußte, daß die Arkoniden über besondere Methoden verfügten, mit denen sie jedem Inhaftierten die Wahrheit entlocken konnten. Aber dieses Geschäft war höchst einseitig. Die Arkoniden erfuhren zwar, was sie wissen wollten, der Verhörte aber überlebte diese Prozedur nicht. »Ich bewundere Sie«, sagte Axton sarkastisch. »Sie sind ein Mann der Tat. So etwas wie Vertrauen kennen Sie nicht. Sie vernichten lieber, als daß Sie etwas wagen.« »Sie meinen, ich sei ein Feigling?« fragte der Geheimdienstler ärgerlich. Er hängte die Daumen vorn in den Gürtel und blickte spöttisch auf den Verwachsenen herab. »Oh, nein, das sind Sie nicht. Sie sind …« »Schluß jetzt«, unterbrach Vagont Ternnan, der Polizeipräsident, das Gespräch. »Lebo Axton hat nicht unrecht. Weshalb sollen wir ihm nicht vertrauen? Er hat immerhin einen Mann wie Mosselcrin überführt. Dabei mußte er wissen, daß er unsere Aufmerksamkeit erregt. Er ist also bewußt ein hohes Risiko eingegangen. Warum sollten wir nicht auch ein gewisses Risiko eingehen? Wir können es uns leisten, großzügig zu sein, bis wir merken, daß eine derartige Haltung nicht angebracht ist. Dann ist es immer noch früh genug, Lebo Axton mit Spezialmethoden zu verhören.« »Ternnan, wir sind nicht auf Arkon I oder Arkon II, sondern auf dem Kriegsplaneten. Wenn hier eine Person ohne Vergangenheit auftaucht, ist das zweifellos gefährlicher für uns als auf den anderen Planeten.« »Wirklich?« fragte Ternnan ironisch. »Ich denke, wer dort eindringt, wo große Politik gemacht wird, kann wirklich Schaden an-
H. G. Francis richten. Dieser Mann ist ein brillanter Geist. Er versteht etwas von Kriminalistik. Geben wir ihm einen Vorschuß an Vertrauen. Dann werden wir erleben, ob er ihn verdient oder nicht.« »Die Verantwortung …« »Die Verantwortung dafür trage ich«, erklärte der Polizeipräsident nachdrücklich. »Ich protestiere«, sagte der Geheimdienstler. »Vergeblich«, entgegnete Ternnan. »Was haben Sie vor?« fragte Eihrett Khantron. »Ich will Axton eine Chance geben. Der Polizeipräsident von Arkon I hat ein Problem an mich herangetragen. Vielleicht kann Lebo Axton uns dabei helfen, es zu lösen.« Er dämpfte seine Stimme und sprach so leise weiter, daß Kennon ihn nicht mehr verstehen konnte.
* Die Energiewand fiel. Eihrett Khantron und der Geheimdienstler verließen grußlos den Raum. Lebo Axton schien nicht mehr für sie zu existieren. Ternnan blieb. Er trat langsam an den Verwachsenen heran, der sich unterwürfig erhob. Lebo Axton war sich klar darüber, daß er nicht mehr als eine Galgenfrist erhalten hatte. Er war fest entschlossen, sie zu nutzen. Für ihn war wichtig, daß er beweisen konnte, ein Gegner der Maahks zu sein. Die Arkoniden standen den Methanatmern haßerfüllt gegenüber. Der Krieg wurde mit äußerster Härte und Entschlossenheit geführt. Sachliche Diskussionen über die Maahks waren ausgeschlossen. Gar zu weit hatten sich die streitenden Parteien voneinander entfernt. Je deutlicher er daher zeigen konnte, daß er mit den Methanatmern nichts gemein hatte, desto besser für ihn. »Ich verspreche Ihnen, Ternnan, daß Sie Ihre Fürsprache für mich niemals bereuen werden«, erklärte er. »Das wird sich zeigen«, erwiderte der Polizeipräsident gleichgültig. Er hob den rech-
Der Mutantenjäger ten Arm. Eine Robotbank rollte heran, so daß er sich setzen konnte. Mit einer flüchtigen Handbewegung gab er Axton zu verstehen, daß auch er Platz nehmen sollte. Prüfend blickte er ihm in die Augen. Axton war jetzt ruhig. Sein Lid zuckte nicht mehr. »Für mich wäre eine Enttäuschung keine Katastrophe, Axton. Für Sie aber wäre es ziemlich arg, wenn ich später einmal feststellen muß, daß es verhängnisvoll war, Ihnen eine Chance zu geben.« »Ich bin mir dessen bewußt.« »Um so besser.« »Was kann ich für Sie tun?« »Mein Freund Quertan Merantor, Polizeipräsident von Arkon I, hat mit mir über einen Problemfall gesprochen, den seine Männer bisher nicht lösen konnten. Sie haben bewiesen, daß Sie von Kriminalistik viel verstehen und ungewöhnliche Methoden auch unter schwierigen Umständen durchzusetzen wissen. Sie mußten immerhin gegen den gesamten Polizeiapparat von Arkon III, gegen Militärs und Geheimdienst arbeiten.« Axton schwieg, als Ternnan eine Pause machte. Er spürte, daß der Arkonide gar keine Bemerkung von ihm hören wollte. »Ich werde Merantor den Rat geben, Sie in diesem Fall einzusetzen, Axton. Sie können beweisen, was Sie können.« »Darf ich fragen, wo die Hauptschwierigkeit in dieser Sache liegt?« »Das ist mir nicht bekannt. Das werden Sie an Ort und Stelle erfahren. Ich weiß jedoch, daß Sie Fingerspitzengefühl beweisen müssen. Sie werden zeigen müssen, daß Sie ein Psychologe sind und daß Sie sich auch von extremer Arroganz nicht beeindrucken lassen.« »Wie soll ich das verstehen?« Vagont Ternnan lächelte. »Tun Sie nicht so, Axton, als wüßten Sie nicht schon Bescheid. Sie sollten nicht versuchen, mich zu täuschen. Das schaffen Sie nicht.« »Ich werde es also mit Edelleuten und hochgestellten Persönlichkeiten Arkons zu tun haben.«
7 »Ich wußte es doch.« »In diesen Gesellschaftskreisen hat man wenig Respekt vor einem Krüppel. Er muß sich offene Verachtung gefallen lassen.« »Hm.« »Sie gehen davon aus, daß ich gerade dadurch Möglichkeiten erhalten werde, die andere Männer nicht haben. Sie meinen, einem Mann gegenüber, den man für einen Narren hält, ist man unaufmerksamer und macht leichter Fehler als gegenüber einem anderen.« »Sie hatten recht, Axton. Man soll einen Mann wirklich nicht nach seinem Äußeren beurteilen. Glauben Sie, solchen Demütigungen gewachsen zu sein?« Der Verkrüppelte senkte den Kopf. Seine Lippen bebten, und das linke Lid zuckte nervös. Doch dann blickte er rasch auf. Vagont Ternnan lächelte sardonisch. Kennon sah ihm an, daß er davon überzeugt war, ihn in eine Hölle zu schicken, in der er umkommen mußte. »Man möge mir verzeihen, daß ich mich von meinen Emotionen habe überwältigen lassen, Ternnan. Es war, weil die Gefühle der Dankbarkeit allzu mächtig wurden.« Der Arkonide erhob sich und lachte schallend. »Verzichten Sie darauf, Axton, sich über mich lustig zu machen. Ich sagte schon, daß es schwer ist, mich zu täuschen.« »Ich hätte es wissen müssen.« Der Arkonide wurde ernst. Wieder musterte er den Verkrüppelten scharf. »In einer halben Stunde starten Sie nach Arkon I. Ich hoffe, daß Sie mir bald eine Erfolgsmeldung machen können.« »Kann ich damit rechnen, von Quertan Merantor unterstützt zu werden?« »Er wird Ihnen alle Informationen geben, die Sie benötigen. Ich fürchte jedoch, daß das nicht viel sein wird.«
2. »Das Raumschiff ist viel zu klein«, sagte Lebo Axton protestierend, als der Pilot den
8 Gleiter vor einem spindelförmigen Beiboot anhielt. »Vagont Ternnan hat mich angewiesen, dieses Schiff zu fliegen«, entgegnete der Arkonide. »Wollen Sie sich bei ihm beschweren?« Er streckte den Arm aus und legte die Finger auf die Tasten des Videogerätes. »Schon gut. Wenn Ternnan gesagt hat, daß wir dieses nehmen sollen, dann wird er auch wissen, warum.« Er wandte sich dem Roboter an seiner Seite zu. »Los, mach die Tür auf, Kelly. Worauf wartest du?« Der Roboter gehorchte. Er stieg aus und hielt dem Verwachsenen die Hand hin, um ihm beim Aussteigen zu helfen. Axton tat, als ob sie nicht vorhanden wäre. Umständlich rutschte er aus der Maschine. Er wäre gestürzt, wenn Gentleman Kelly nicht zugegriffen und ihn aufgehalten hätte. Dafür erntete der Roboter jedoch keinen Dank. »Zurück«, schrie Axton-Kennon. »Wie kannst du es wagen, mich anzurühren.« Der Arkonide blickte zur Seite, als der Verkrüppelte zum Beiboot hin über ging. Scheu wandte er ihm den Rücken zu, als er die Kontakte der Schleuse drückte. Das Schott glitt zur Seite. Es war so klein, daß der Arkonide gebückt hindurch gehen mußte. »Steh nicht so 'rum«, schrie Axton den Roboter an. »Hilf mir gefälligst in die Schleuse.« Behutsam legte Gentleman Kelly ihm die Hände unter die Arme und hob ihn hoch. In der Pilotenkanzel war so wenig Platz vorhanden, daß der Pilot nur beengt in seinem Sessel sitzen konnte. Kennon-Axton mußte sich bereits mit einem Behelfspolster zufriedengeben. Gentleman Kelly aber mußte sich auf den Boden legen und die Beine so einknicken, daß sie in die Schleusenkammer ragten. Auf andere Weise wäre er nicht unterzubringen gewesen. Lebo Axton beobachtete den Piloten bei seiner Arbeit. Das Raumschiff unterschied sich mit seinen Einrichtungen doch beträchtlich von jenen, die er aus der Zeit des terra-
H. G. Francis nischen Imperiums her kannte. Zahlreiche Einrichtungen waren noch vorhanden, die in späterer Zeit einmal in die Bordpositroniken integriert werden würden, und um die sich dann kein Pilot mehr zu kümmern brauchte. Alles würde sehr viel einfacher und übersichtlicher werden. Axton bezweifelte, daß er dieses Schiff unvorbereitet allein fliegen konnte. Doch diese Frage beschäftigte ihn nur wenige Sekunden lang. Dann überlegte er, warum Vagont Ternnan ihn mit einem derartig winzigen Raumschiff nach Arkon I schickte. War das ein Zeichen dafür, daß er doch nicht an seine kriminalistischen Fähigkeiten glaubte? Das Raumschiff startete. Axton-Kennon begann, haltlos zu fluchen. Der Arkonide hörte es nicht. So erleichtert Kennon auch war, weil es ihm endlich gelungen war, aus seinem verhaßten Robotkörper herauszukommen, so sehr fraß die Verzweiflung über den Körper, den er nun sein eigen nannte, an ihm. Hätten seine Beine und seine Arme nicht ein bißchen länger und kräftiger sein können? Hätte sein Rumpf nicht etwas gestreckter sein können? Für ihn wäre doch alles leichter gewesen, wenn er sich wenigstens ohne Schmerzen und ohne allzu große Mühen hätte bewegen können. Warum mußte er ausgerechnet auf einen Roboter angewiesen sein, um schnell und wenig genug sein zu können. Er versetzte Gentleman Kelly einen wütenden Tritt gegen den Kopf. Der Roboter wandte ihm das Organband mit den Quarzlinsen zu. Axton holte erneut aus, verzichtete dann je doch darauf, der Maschine den Fuß mitten ins Gesicht zu setzen. Wütend wandte er sich ab. War dies überhaupt die Wirklichkeit? Oder träumte er einen überaus realistischen Traum? Befand er sich gar nicht im arkonidischen Imperium in der Zeit des jungen Atlan, in einer Epoche also, die um mehr als zehntausend Jahre in der Vergangenheit lag? Er hatte gefährliche Erlebnisse bei seiner
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Jagd nach dem Mörder Mosselcrins überstanden. Was aber wäre gewesen, wenn er dabei tödlich verletzt worden wäre? Wäre er dann wirklich gestorben, oder wäre nur sein Traum in der Illusionsmaschine beendet gewesen? Axton-Kennon schüttelte den Kopf. Nein, dies mußte die Realität sein. Dies konnte kein Traum mehr sein. Es war einfach nicht möglich, sich derartige Dinge, wie er sie erlebt hatte, einfach nur einzubilden. Er lehnte sich zurück und versuchte, sich zu entspannen. Er schloß die Augen und lauschte auf die Geräusche des Raumschiffs, das die Atmosphäre von Arkon III längst verlassen hatte und nun auf den Wohn- und Regierungsplaneten Arkon I zuraste. Die Beschleunigung spürte er kaum. Die Antigravneutralisatoren schirmten ihn fast völlig gegen diese Kräfte ab, die ihn tödlich belastet hätten, wenn er mit ihnen hätte fertig werden müssen. Axton beschloß, alle Gedanken und Erinnerungen an die Zeit Rhodans zu verdrängen. Er wollte sich nicht mehr mit ihnen befassen. Er wollte nicht mehr darüber nachdenken, ob er träumte oder sich in der Realität bewegte. Er wollte nicht mehr fragen, ob Zukunft oder Vergangenheit wirklich für ihn waren, sondern sich nur noch auf die Gegenwart konzentrieren. Sie war allein wichtig für ihn. In ihr konnte er etwas für den jungen Atlan tun. Er konnte ihm helfen und ihm den Weg in die Zukunft bereiten, der ihn irgendwann zur Erde und an die Seite Perry Rhodans führen würde. Axton war müde. Er hatte schon seit mehr als zwanzig Stunden nicht mehr geschlafen. Warum sollte er den Flug nicht dazu nutzen, sich zu erholen?
* Merantor empfing ihn in einem Trichtergebäude, das nicht sehr weit vom Raumhafen entfernt war. Es lag mitten in einer park-
ähnlichen Landschaft, die von überwältigender Schönheit war. Noch niemals zuvor hatte Axton-Kennon so etwas gesehen. Gern hätte er den Piloten gebeten, mit dem Gleiter ein wenig über den Anlagen zu verweilen, doch er unterdrückte den Wunsch. Er sagte sich, daß er später noch genügend Gelegenheit haben würde, sich die Kristallwelt, anzusehen. Der Pilot des Raumschiffs führte Axton bis in das Vorzimmer des Polizeipräsidenten, in dem zwei junge Mädchen und zwei Männer an vier mit Instrumenten übersäten Pulten arbeiteten. »Dies ist der Mann«, sagte er und gab Axton mit einer Handbewegung zu verstehen, daß er eintreten sollte. Der Verwachsene folgte der Einladung. Er ging mit schleifenden Schritten an dem Arkoniden vorbei und blickte sich im Vorzimmer um, als seien die Mitarbeiter des Präsidenten nicht vorhanden. Gentleman Kelly wollte ihm folgen, aber der Pilot streckte abwehrend die Hand aus. »Roboter haben hier nichts zu suchen.« Dann winkte er den Helfern des Präsidenten kurz zu und verließ den Raum. Die beiden Männer und die Mädchen blickten Axton an, als sei er ein exotisches Tier. Eines der Mädchen prustete hinter der vorgehaltenen Hand los. Bei dem anderen zuckten die Mundwinkel verdächtig. »Wollen Sie mich Quertan Merantor nicht melden?« fragte der Verwachsene scharf. Einer der beiden Männer erhob sich und verneigte sich grinsend vor ihm. »Wir bitten untertänigst um Entschuldigung, Axton. Wir ahnten ja nicht …« Die Stimme versagte ihm. Er legte die Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen. »Fol … folgen Sir mir.« Er eilte auf eine breite Tür zu und öffnete sie. Dann meldete er den Besucher jedoch nicht beim Präsidenten an, wie Kennon es erwartet hatte, sondern trat rasch zur Seite. Lebo Axton schleppte sich keuchend an ihm vorbei. Seine Beine wurden plötzlich schwer. Ihm war, als habe er Bleistiefel an. Die Tür fiel hinter ihm zu.
10 Quertan Merantor saß an seinem Arbeitstisch und machte sich einige Notizen. Ohne aufzusehen, zeigte er auf einen Sessel und sagte: »Setzen Sie sich.« Als Axton sich dem Sitzmöbel näherte, vernahm der Präsident das Schleifen der Füße auf dem Teppich. Er hob dann Kopf, und seine Augen weiteten sich. Das Blut wich aus seinem massigen Gesicht, und die Unterlippe sackte ihm nach unten. »Wer sind Sie?« fragte er mit gedämpfter Stimme. »Mein Name ist Lebo Axton«, entgegnete der Verwachsene. »Ich komme auf Empfehlung von Vagont Ternnan.« Merantor stand auf. Er war über zwei Meter groß und mochte etwa 130 kg wiegen, sah dabei jedoch nicht übergewichtig, sondern unglaublich kräftig aus. »Das kann doch nicht wahr sein«, sagte Merantor. Sein Gesicht verfärbte sich. Er beugte sich vor und stützte sich mit beiden Händen auf die Platte seines Arbeitstisches. »Was wollen Sie hier? Wieso besitzen Sie die Frechheit, mich bei der Arbeit zu stören?« »Ich erwähnte schon, daß Vagont Ternnan mich zu Ihnen geschickt hat. Er erklärte mir, daß Sie gewisse kriminalistische Probleme haben, und er bat mich, Ihnen zu helfen, diese zu beseitigen.« »Sie sollen mir helfen? Ausgerechnet Sie? Was soll ich mit einem Hampelmann?« Zornbebend schaltete er sein Video an. »Geben Sie mir Vagont Ternnan«, brüllte er ins Mikrophon. »Sofort.« »Merantor, hören Sie«, sagte Axton. »Warten Sie …« »Sie halten den Mund«, schrie der Polizeipräsident mit einer Stimmengewalt, die die Gläser auf einer Anrichte neben dem Arbeitstisch erzittern ließ. Vagont Ternnan meldete sich. »Hallo, Quertan, alter Freund. Wie geht es dir? Ich …« »Mir ist schlecht, Ternnan.« »Was ist los mit dir, Quertan? Warum brüllst du so?«
H. G. Francis »Weil du dir erlaubt hast, mir den miesesten Witz zu präsentieren, der mir jemals vorgekommen ist. Mir reicht es jetzt. Diese aus einem Kuriositätenkabinett entlaufene Figur hat …« »Quertan, so hör' doch. Ich will …« »Ich kündige dir unsere Freundschaft. Eine derartige Frechheit ist mir in meinem Leben noch nicht vorgekommen. Wir haben hier verdammt ernste Probleme. Aber das kannst du dir natürlich nicht vorstellen. Von jetzt an erbitte ich mir eine förmliche Anrede und jene Distanz, wie sie unter Fremden üblich ist, die höchstens berufliches Interesseverbindet.« »Quertan, ich will …« Merantor schaltete ab. Er streckte den Arm aus und zeigte auf die Tür. »Und jetzt 'raus mit Ihnen.« Lebo Axton setzte sich in einen Sessel und kreuzte die Arme vor der Brust. »Offenbar haben Sie keine ernst zu nehmende Arbeit.« »Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?« »Doch, aber es beeindruckt mich nicht sonderlich. Sie meinen, Vagont Ternnan habe sich einen Witz erlaubt. Sie meinen, deshalb habe er Ihnen einen Mann geschickt, der aus einer Gagsendung aus 3D-Vision stammen könnte.« Quertan Merantor beugte sich weit vor. Er blickte Axton mit funkelnden Augen an. Er schäumte vor Wut. »Genau so ist es.« »Sie irren. Komplexbeladen, wie Sie nun einmal sind, meinen Sie, ein fähiger Kriminalist müsse mindestens Ihr Gewicht auf die Waage bringen.« »Sie wagen es, mich …?« »Warum nicht? Vertragen Sie die Wahrheit nicht?« Quertan Merantor schnaufte. Einer seiner Assistenten öffnete die Tür und trat ein. »Soll ich ihn in den Antigravschacht werfen?« fragte er. Merantor schüttelte den Kopf. Er scheuchte den Mann mit einer Handbewe-
Der Mutantenjäger gung wieder hinaus. Argwohnisch musterte er Lebo Axton. Er war verunsichert und wußte nun überhaupt nicht mehr, was er von ihm halten sollte. Sein Zorn war keineswegs verraucht. »Entweder spielen Sie Ihre Rolle verdammt gut, oder Sie …« »Können wir nicht endlich zur Sache kommen?« fragte der Verwachsene kühl. »Ich bin es satt, mich ständig nur über die Unzulänglichkeiten meines Körpers unterhalten zu müssen. Also, um welchen Fall geht es?« Quertan Merantor kreuzte die Arme ebenfalls vor der Brust. Er setzte sich und blickte Axton starr an. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, mein Lieber, wir werden nicht zusammenarbeiten. Auf gar keinen Fall. Glauben Sie, ich könnte es mir leisten, eine derartige Witzfigur wie Sie im Namen unserer Organisation auftreten zu lassen? Was bildet sich Ternnan eigentlich ein? Er muß den Verstand verloren haben, als er Sie zu mir schickte.« Kennon-Axton stand auf und ging mit schlurfenden Schritten zur Tür. Dort blieb er stehen und drehte sich um. »Vagont Ternnan ließ durchblicken, daß der Leiter der Polizei von Arkon I die Figur eines Mannes, der vor Selbstbewußtsein platzen würde, aber das typische Charakterbild eines Schwächlings hat. Die Arbeit im den höchsten Adelskreisen des Imperiums habe ihn zermürbt, so deutete Ternnan an, so daß er nun nicht mehr den Mut habe, Entscheidungen zu treffen.« Quertan Merantor kam um seinen Arbeitstisch herum auf Axton zu. Er war bleich geworden. »Für eine Witzfigur sind Sie verdammt leichtsinnig«, sagte er drohend. »Für diese Worte könnte ich Sie erschlagen, ohne dafür belangt zu werden.« »Ich wünschte, ich könnte mich mit Ihnen über ein Videogerät unterhalten, dessen Bildteil ausgefallen ist«, erwiderte Axton ruhig. »Vielleicht käme dann etwas Vernünftiges zustande.«
11 Merantor blickte Axton mit verengten Augen an. Plötzlich wandte er sich ruckartig ab und kehrte zu seinem Sessel zurück. »Setzen Sie sich«, befahl er. Axton blieb an der Tür stehen. »Ich habe Ihnen eine Anweisung gegeben.« »Ich denke nicht, daß es irgend jemanden im Imperium gibt, der so etwas tun könnte.« »Dies ist Ihre letzte Chance. Wenn Sie sie nicht wahrnehmen, ist alles für Sie vorbei.« Kennon überlegte kurz, dann gab er nach. Es war sinnvoller, sich anzuhören, was der Präsident wollte, als ihn noch mehr zu provozieren. Er setzte sich. »Also …?« Quertan Merantor war jetzt eiskalt. Plötzlich war er wie umgewandelt. Lebo Axton erkannte den gefährlichen und listenreichen Kämpfer in ihm. »Vagont Ternnan hat sich einen verdammt schlechten Witz erlaubt«, stellte der Präsident fest. »Davon bin ich nach wie vor überzeugt. Nun, er soll seinen Spaß haben.« »Wie meinen Sie das?« Der Arkonide lächelte boshaft. »Sie werden Ihren Fall bekommen, den Fall, der mir am meisten Sorge macht.« »Mehr wollte ich nicht.« »Wirklich nicht?« Merantor glaubte ihm kein Wort. »Sie werden diesen Fall lösen, Lebo Axton.« »Das habe ich vor.« »Daran soll Ternnan sich die Zähne ausbeißen. Er soll es noch bereuen, mir eine derartige Witzfigur geschickt zu haben. Sie, Axton, werden Arkon I nicht eher verlassen, bis der Fall geklärt ist. Sollten Sie es dennoch versuchen, werde ich Sie über den Haufen schießen lassen. Glauben Sie nur nicht, daß ich in dieser Hinsicht Skrupel habe.« Axton-Kennon glaubte ihm. Er spürte, daß Merantor die Wahrheit sagte. Der Polizeipräsident hatte das Angebot seines Freundes vollkommen mißverstanden. Nun wollte er sich rächen. »Sie sitzen in der Klemme, Axton, aber
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H. G. Francis
das ist Ihre Schuld. Sehen Sie zu, wie Sie aus dieser Falle wieder herauskommen. An diesem Fall haben sich meine besten Männer die Zähne ausgebissen. Sie wird er den Kopf kosten.« Merantor legte sich weit in seinem Sessel zurück. Er lachte dröhnend. »Eine Woche Zeit gebe ich Ihnen. Danach werden Sie keine Sorgen mehr haben.« »Sie werden nicht das Vergnügen haben, Merantor, mich abknallen zu können«, erwiderte Axton. »Und nun erzählen Sie mir endlich, um was es geht.« Der Präsident drückte eine Taste. Einer seiner Assistenten kam herein. Merantor beugte sich über seine Akten und schrieb. »Erläutern Sie ihm den Fall vom Squedon-Kont-Viertel«, ordnete er in verächtlichem Ton an.
* »Das SquedonKontViertel ist einer der größten und elegantesten Wohnparks von Arkon I«, erklärte der Assistent. »Dort wohnen fast ausschließlich hochgestellte Persönlichkeiten, Edelleute, Offiziere, Wissenschaftler ersten Ranges. Ungewöhnliche Dinge sind geschehen. Nachts gab es in verschiedenen Wohnhäusern seltsame Leuchterscheinungen, unheimliche Geräusche und unerklärliche Bewegungen. Risse bildeten sich in Decken, Fenstern und Möbeln, absolut einbruchsichere Panzerschränke öffneten sich wie von Geisterhand bewegt, Schmuckstücke, Geld und Wertpapiere wirbelten durch die Luft davon und mußten mühsam wieder eingesammelt werden, Waffen entluden sich von selbst und steckten ganze Wohnungen in Brand. Und vor zwei Tagen ist eine junge Dame verschwunden. Sie heißt Larcenia Sammaron. Sie ist die Tochter eines Industriellen, der zu den wohlhabendsten und einflußreichsten Männern des Imperiums gehört.« Der Arkonide blickte Axton hochmütig an. »Die Edlen sind beunruhigt und empört. Sie machen uns die heftigsten Vorwürfe,
weil es uns noch nicht gelungen ist, den Fall zu lösen.« »Seit wann passieren diese Dinge?« »Seit etwa zwei Wochen.« »Was haben Sie herausgefunden?« »Nichts.« Lebo Axton erhob sich. »Ich bewundere Sie«, sagte er ironisch. »Welch geniale Leistung. In zwei Wochen haben Sie nichts ermittelt. Wirklich. Sie werden in die Geschichte der Kriminalistik eingehen.« »Verschwinden Sie!« Der Assistent ballte die Fäuste. Er war nahe daran, über Axton herzufallen und ihn zusammenzuschlagen. Nur die Tatsache, daß er nicht genau wußte, was im Dienstzimmer des Präsidenten vorgefallen war, mochte ihn daran hindern. Axton-Kennon winkte Gentleman Kelly zu sich heran. Der Roboter kniete sich hin und wandte ihm dabei den Rücken zu, so daß er seine Füße auf die Bügel setzen und sich an den Griffen an der Schulter festhalten konnte. Ohne den Assistenten weiter zu beachten, ließ Axton sich hinaustragen.
* Axton-Kennon spürte die Blicke der anderen Passagiere, als er die Rohrbahn betrat, mit der er vom Polizeipräsidium bis zum Squedon-Kont-Viertel fahren wollte. Einige der Frauen blickten ihn entsetzt an und wandten sich dann ab. Die Männer musterten ihn teils feindlich, teils erheitert. Keiner der Arkoniden aber verhielt sich so, als sei nichts geschehen. Axtons Hände krampften sich um die Haltebügel auf den Schultern Gentleman Kellys. »Das liegt nur an dir, du Mißgeburt von einem Roboter«, sagte er zischelnd. »Wenn du nicht so verrückt aussehen würdest, würde sich niemand über uns aufregen.« Der Roboter stand zwischen zwei freien Sitzen. Axton blieb auf den Halterungen stehen und blickte auf den Schirm eines Videogerätes. Er versuchte, sich auf den ausgestrahlten Bericht über eine Raumschlacht
Der Mutantenjäger mit den Methans zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht. Allzu deutlich fühlte er, wie gespannt die Atmosphäre im Wagen war. Deutliches Unbehagen machte sich breit. Und schon an der nächsten Station leerte sich der Wagen. »Du bist schuld«, schrie Axton wütend. Er schlug mit der Faust auf den Kopf Kellys. Seine Lippen zuckten. Für Minuten kämpfte er mit sich. Er fragte sich, wofür er sich abkämpfte, und wann er endlich auch einmal ohne ständige Demütigungen leben konnte. Wie froh und glücklich war er zu Anfang gewesen, wieder in seinem alten Körper weilen zu können. Dabei hatte er über alle negativen Aspekte hinweggesehen und alles verdrängt, was störend sein konnte. »Warum mußte ich dich finden?« fragte er. »Warum konnte ich nicht einen Roboter aufspüren, der nicht so abgrundtief häßlich ist wie du?« »Schätzchen, du tust mir unrecht«, entgegnete Gentleman Kelly. »Wer hat mich denn zusammengebastelt? Das war ich doch nicht.« »Was fällt dir ein, mich so zu nennen?« rief Axton wütend. »Ich fühle mich gedemütigt.« »Ein Roboter mit Gefühlen! Ich platze vor Lachen.« »Ich kann nicht lachen, wenn meine Psyche so verletzt wird.« »Du elender Klapperkasten, du kannst sicher sein, daß ich dir einen neuen Kopf verpassen werde, sobald ich einen finde.« »Jetzt machst du den gleichen Fehler wie Quertan Merantor, Liebling.« »Ich bin nicht dein Liebling!« brüllte Axton. »Aber du machst den gleichen Fehler.« »Welchen?« fragte der Verwachsene stöhnend. Er wußte, daß Gentleman Kelly hartnäckig immer wieder zu diesem Punkt zurückkommen würde, bis er ihm endlich Gelegenheit gab, sich auszusprechen. »Du beurteilst mich nach meinem Äußeren.« »Er konnte dich gar nicht beurteilen. Er
13 hat dich gar nicht gesehen.« »Das sind Spitzfindigkeiten, mit denen du mir ausweichen willst, Herzchen.« »Dafür bringe ich dich um.« »Das wäre eine Sünde.« »Was weiß ein Roboter von Sünde?« »Du hast gesagt, daß ich häßlich bin. Das ist eine Sünde.« »Vergiß nicht, daß du vom Schrottplatz stammst, Mißgeburt. Und jetzt sei still.« Der Zug hielt. Die Türen öffneten sich. Zwei junge Mädchen traten ein, sahen den Roboter mit dem Verwachsenen auf dem Rücken und verließen den Waggon wieder. Eine von ihnen blickte mitleidig zurück. Diese Geste traf Sinclair Marout Kennon tiefer als alles, was er bisher hatte hinnehmen müssen. Verbittert senkte er den Kopf. Der Zug fuhr weiter. Axton schwieg. Er hing seinen Gedanken nach. Wiederum versuchte er, sich abzulenken. Er konzentrierte sich auf den Kriminalfall, den er lösen sollte. Doch auch jetzt gelang es ihm nicht, sich von seinen eigenen Problemen zu lösen. Immer wieder fragte er sich, ob es nicht doch besser war, wenn er versuchte, in die Zeit zurückzukommen, aus der er stammte. Als der Zug jedoch abermals hielt, und Gentleman Kelly den Waggon verließ, vergaß Axton seine Sorgen. Er war unter dem Squedon-Kont-Viertel, und das Jagdfieber erfaßte ihn. Hier geschahen geheimnisvolle Dinge, und damit bot sich ihm abermals eine Gelegenheit zu zeigen, was er konnte. Er schlug Kelly mit der Faust auf den Kopf. »Schneller«, befahl er. Die Bahnstation war fast leer. Nur wenige Arkoniden waren aus dem Zug gestiegen. Sie eilten dreißig Meter vor ihm her und bemerkten ihn nicht. Axton sah sich forschend um. Der Bahnhof ließ auf den ersten Blick erkennen, daß hier keine gewöhnlichen Leute wohnten. Er war mit kostbaren Materialien ausgestattet, glänzte vor Sauberkeit und hatte etwas Abwehrendes an sich. Hier spürte jeder, daß nur Gäste willkommen waren, die zu den obersten Gesellschaftsschichten
14 des Imperiums gehörten. In dieser Hinsicht kannte Axton-Kennon jedoch keine Komplexe. Er war es gewohnt, sich überall zu bewegen. Reichtum und Macht imponierten ihm nicht. Sie waren bedeutungslos für ihn. Über eine Antigravschräge glitten sie nach oben und gelangten in eine Parklandschaft von solcher Schönheit, wie der Terraner sie nie zuvor gesehen hatte. Auf keinem Planeten der Galaxis in der Zeit des terranischen Imperiums wurde ein derartiger gartenbaulicher Kult getrieben wie auf Arkon I. Zierpflanzen aus allen Teilen der bekannten Galaxis schienen hier zusammengetragen worden zu sein. In kaum sichtbaren Energiegattern wurden wilde Tiere gehalten, die Kennon noch nie gesehen hatte. Aber diese Dinge interessierten ihn vorläufig nur am Rande. Er trieb den Roboter an, ihn zu einem der Trichtergebäude zu tragen, von denen jedes eine Höhe von fünfhundert Metern erreichte. Niemand hielt ihn auf. Er konnte das Gebäude betreten, ohne kontrolliert zu werden. Er wußte jedoch, daß es Beobachtungsanlagen gab, die Aufnahmen von ihm anfertigten und alles registrierten, was er tat, bis er eine der Wohnungen betrat. Und auch dort würde er überwacht werden, falls die Bewohner die positronische Aufzeichnung nicht abgeschaltet hatten. In einem großzügig angelegten Antigravschacht schwebten er und Kelly auf einer runden Plattform nach oben. In einer Höhe von etwa einhundert Metern begannen die Wohnetagen, zwischen denen immer wieder künstliche Gartenlandschaften angelegt waren, in denen die unterschiedlichsten Klimazonen imitiert wurden. Sammaron, der Vater des verschwundenen Mädchens, wohnte über einer Polarlandschaft, die von zahlreichen Tieren bevölkert wurde. Axton fand den Eingang zur Wohnung des Industriellen im obersten Stockwerk, wo die luxuriösesten Wohnungen lagen. Er betrat einen völlig in rotes Licht getauchten Gang, als eine freundliche Frauen-
H. G. Francis stimme fragte: »Guten Tag. Würden Sie mir bitte Ihren Namen nennen? Was führt Sie zu uns?« »Ich komme von der Polizei«, entgegnete er. »Es geht um Larcenia.« »Weisen Sie sich, bitte, aus.« »Das kann ich nicht. Fragen Sie beim Polizeipräsidenten zurück. Er wird bestätigen, daß ich fahndungsberechtigt bin.« Bis zu diesem Zeitpunkt war sich Kennon dessen nicht bewußt gewesen, wie groß seine Schwierigkeiten tatsächlich waren. Er stand einem Roboter gegenüber, der sich vermutlich stur an sein Programm halten würde. Daran hatte er nicht gedacht. Jetzt aber fiel ihm ein, daß er in seiner Wohnung in Terrania City einen solchen Robotportier gehabt hatte, der dafür sorgte, daß nur willkommene Gäste eintreten konnten. Doch er hatte Glück. Der Roboter entschied offenbar nicht eigenmächtig, sondern informierte einen der Bediensteten. Die Tür öffnete sich. Ein schlanker Arkonide blickte auf den Gang hinaus. »Sie sind von der Polizei?« Er konnte es sich offenbar nicht vorstellen. »So ist es. Ich suche Larcenia und benötige einige Informationen.« »Treten Sie ein.« Axton schlug Gentleman Kelly die Hand klatschend auf den Schädel. Der Roboter marschierte jedoch schon los. Der Durchgang war so hoch, daß der Verwachsene seinen Kopf nicht einzuziehen brauchte. Sie kamen in einen mit tropischen Gewächsen ausgestatteten Raum. Eine zweite Tür war nicht erkennbar. »Steigen Sie, bitte, von Ihrem Roboter herab«, sagte der Bedienstete. »Die Wohnung dürfen nur Sie allein betreten.«
3. Sammaron war ein schwergewichtiger Mann mit kurzem Haar und großen Händen. Als Lebo Axton den Wohnsalon betrat, saß er in einem Sessel vor einem Methanarium und beobachtete einige farbenprächtige
Der Mutantenjäger Kleintiere aus der Welt der Maahks. Hinter ihm stand ein auffallend schönes Mädchen, das mit einem durchscheinenden Gewand nur spärlich bekleidet war. Der Verwachsene blieb vor einem hell erleuchteten Graben stehen, der sich quer durch den Raum zog und ihn von dem Vater der Entführten und der Arkonidin trennte. Darin bewegten sich mehrere rote und grüne Schlangen, die teils zwischen Kriechpflanzen versteckt waren, teils über offene Flächen krochen. »Sie können hinübergehen«, erklärte Sammaron mit dröhnender Baßstimme. »Ein Prallfeld trägt Sie.« Axton schob einen Fuß vor und spürte den Widerstand. Ihm wurde heiß. Er war sich dessen bewußt, daß der Arkonide ihn mühelos hereinlegen konnte. Er brauchte nur das Prallfeld abzuschalten, um ihn den Schlangen auszuliefern. »Wie geschmackvoll«, sagte Axton mit einem mißglückten Lächeln. Er atmete auf, als er den Graben überwunden hatte. Sammaron musterte ihn wie ein exotisches Insekt. Das Mädchen lächelte interessiert. Der Verwachsene tat, als sei alles in Ordnung. »Mein Name ist Lebo Axton«, stellte er sich vor. »Ich bemühe mich, Ihre Tochter zu finden.« Die Augen des Arkoniden wurden feucht. Das war ein deutliches Zeichen der Nervenbelastung, unter der er stand. »Quertan Merantor schickt Sie?« fragte er. Seine Stimme bebte vor Zorn. »Hat die Polizei nichts Besseres zu tun, als mir eine Figur wie …« Das Mädchen legte ihm rasch die Hand vor den Mund. »Merantor schickt mich nicht«, erwiderte Axton ruhig. »Er hat sich sogar dagegen gesträubt, daß ich mich in die Fahndung einschalte, weil er meint, es auch allein schaffen zu können.« »Sie sagen das in einem Ton, als hätten Sie keine besonderes hohe Achtung vor dem Polizeiapparat Merantors«, bemerkte die Ar-
15 konidin. »Das ist vollkommen richtig.« Der Zorn Sammarons legte sich. Er schob den Arm des Mädchens zur Seite und beugte sich vor. Erst jetzt schien er Axton richtig zu sehen. Er schüttelte den Kopf. »Mann, es gibt heute kosmetische Operationen, mit denen Sie Ihr Aussehen beträchtlich verändern könnten. Bei Ihnen paßt nichts zusammen. Die Füße sind zu groß, die Beine zu dünn, die Ohren stehen ab, und auch sonst sind Sie häßlich. Warum tun Sie nichts für sich?« »Vater!« »Sei still, Arina. Wir leben nicht mehr in der Barbarenzeit. Dieser Mensch ist eine Beleidigung für jedes Auge.« »Wenn Sie damit sagen wollen, daß Sie mir diese Operationen für den Fall finanzieren wollen, daß ich Ihnen Ihre Tochter zurückbringe, können wir darüber reden«, erwiderte Lebo Axton. »Vorläufig interessiert mich diese Frage nicht. Kommen wir lieber zum Thema.« Sammaron blickte ihn verblüfft an. Seine Tochter beugte sich zu ihm herab und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Axton verfügte über ein ungewöhnlich gutes Gehör. Er vernahm Worte wie: »Party … besondere Überraschung … einladen …« Der Arkonide drängte sie erneut zur Seite. »Was wissen Sie?« fragte er Axton. »Nichts.« »Nichts?« »Nein. Es gehört zu meinen besonderen Fahndungsmethoden, mich aus erster Quelle zu informieren. Und das sind Sie. Merantor hätte mir nur einen Bericht gegeben, der bereits mit vielleicht falschen Interpretationen gespickt ist. Und darauf lege ich keinen Wert. Ich weiß nur, daß Ihre Tochter Larcenia verschwunden ist, und daß es hier im Squedon-Kont-Viertel zu einer Reihe von Erscheinungen gekommen ist, die sich scheinbar nicht mit rein physikalischen Mitteln erklären lassen.« »Das ist richtig«, entgegnete der Arkonide. »Mein Panzerschrank wurde geöffnet,
16 ohne daß jemand meine Wohnung betreten hat, und ohne daß ein Schlüssel dafür benutzt wurde. Das wäre ohnehin nicht möglich gewesen, da sowohl der Schlüssel, als auch der Schrank mit einem auf mich abgestimmten Individualtaster versehen sind.« »Nur Sie können ihn also öffnen?« »Nur ich.« »Aber Sie haben es nicht getan?« »Ich könnte es noch nicht einmal im Schlaf getan haben, denn ich war auf Arkonll.« »Das ist eindeutig. Haben Sie die Individualdaten Ihrer Töchter mit Ihren eigenen vergleichen lassen?« »Was soll das heißen? Wollen Sie damit sagen, daß sie ähnliche Daten haben könnten wie ich?« »So etwas ist schon vorgekommen. Die Abweichungen waren so gering, daß die Taster sie nicht zur Kenntnis nahmen.« Sammaron sprang auf. »Sie wollen also behaupten, Larcenia habe den Schrank selbst geöffnet und sei dann davongelaufen?« »Das haben Sie gesagt. Ich bin noch lange nicht soweit, Schlüsse irgendwelcher Art zu ziehen.« »Ich sollte Sie hinauswerfen.« »Vater, damit erreichen wir doch nichts. Du kannst von einem Polizisten nicht erwarten, daß er Larcenia von vornherein als Täterin ausschaltet.« Sammaron setzte sich wieder. »Also gut«, sagte er brummig. »Weiter. Was wollen Sie noch wissen?« »Ist etwas aus dem Safe entwendet worden?« »Nein. Das ist ja das Verrückte. Er stand nur offen. Dabei weiß ich genau, daß ich ihn verschlossen habe. Außerdem schließt er sich automatisch selbst, sobald ich mich aus dieser Wohnung entferne.« »So etwas ist aber nicht nur bei uns geschehen«, bemerkte Arina Sammaron sanft, »sondern auch in anderen Wohnungen. Nicht nur in diesem Haus, sondern auch in anderen.«
H. G. Francis Ein Bediensteter betrat den Raum. »Noch ein Polizist«, meldete er und warf Axton einen verwunderten Blick zu. »Noch einer? Führen Sie ihn herein.« Axton-Kennon war beunruhigt. Er spürte, daß irgend etwas nicht in Ordnung war. Sammaron musterte ihn argwöhnisch. Ein Arkonide, der eine dunkelblaue Kombination trug, kam herein. »Merantor befürchtete, daß Sie hier sind, Axton«, sagte er. »Befürchtete? Das stimmt wohl nicht ganz.« Kennon fühlte, daß sein Protest nichts nützen würde. Verzweifelt überlegte er, was vorgefallen sein könnte. »Merantor befiehlt Ihnen, sich ab sofort nicht mehr um den Fall Larcenia und die seltsamen Vorgänge in diesem Viertel zu kümmern«, sagte der Polizist. »Ich soll Ihnen mitteilen, daß er Sie über den Haufen schießen läßt, wenn Sie nicht tun, was er will. Das waren seine eigenen Worte, Axton.« »Bestellen Sie ihm, daß er ein Trottel ist«, entgegnete der Verwachsene erregt. Arina kam zu Axton. Sie beugte sich zu ihm herab. »Machen Sie sich keine Sorgen«, flüsterte sie. »Wir sehen uns später.« Dabei blickte sie ihn so warmherzig an, daß sich ihm plötzlich die Kehle verschloß. Er wollte etwas antworten, aber die Stimme versagte ihm. So nickte er ihr nur dankbar zu, wandte sich um und verließ den Raum.
* »Verdammt, Kelly, wie soll ich weiterkommen, wenn Merantor so mit mir verfährt?« fragte Axton-Kennon, als er mit seinem Roboter vor der Wohnungstür des Industriellen stand. »Kannst du dir erklären, was das zu bedeuten hat?« »Ich bitte um Informationen«, erwiderte Kelly. »Ich weiß nicht, was vorgefallen ist.« Einem unbestimmten Impuls folgend, sagte Axton: »Wir fahren ganz nach oben. Ich will mir die Gegend ansehen.«
Der Mutantenjäger Gentleman Kelly trug Axton in den Antigravschacht und schwebte mit ihm nach oben. Wie erwartet, bildeten großzügig angelegte Dachterrassen den Abschluß des Trichtergebäudes. Hier hielt sich niemand auf, und auch robotische Anlagen stellten sich Axton nicht in den Weg. Ungehindert konnte er bis zum Rand des Trichters vordringen und von kleinen Aussichtsplattformen über das Land sehen. »Dort unten sind Polizeigleiter«, stellte der Roboter fest. Er streckte einen Arm aus und zeigte auf eine flammend rote Spirale aus Blütenbeeten. So sehr Axton sich auch anstrengte, er konnte aus dieser Höhe kaum etwas erkennen. Er sah nur, daß einige Maschinen zwischen den Blumenfeldern gelandet waren. »Was ist da los?« fragte er. Er beobachtete, wie Kelly die Brennweite seiner Linsen veränderte. »Da liegt jemand«, erwiderte der Roboter. Axton verzichtete auf weitere Fragen. »Wir fahren nach unten, Kelly. Tempo.« Der Roboter rannte mit Axton auf dem Rücken zum Antigravschacht und ließ sich vom abwärts gepolten Teil nach unten tragen. Dort trieb der Terraner ihn erneut zur Eile an. Er richtete sich so hoch wie möglich auf, während Gentleman Kelly durch den Park stürmte. So machte er die lockere Kette von Polizisten bald aus, die Quertan Merantor hatte bilden lassen. Kennon mußte ständig an die Worte des Polizeichefs von Arkon I denken. Dieser wollte wissen, ob Vagont Ternnan sich über ihn lustig gemacht hatte oder nicht. Wollte Merantor aber auch jetzt noch, daß er Axton den Fall löste? Oder hatte er es sich anders überlegt? Der Terraner war sich von Anfang an darüber klar geworden, daß die örtliche Polizei die Hände nicht in den Schoß legte und ihm die Arbeit überließ. Sie hatte vermutlich gar nicht die Möglichkeit, untätig zu bleiben, weil sie von den Edelleuten ständig unter Druck gesetzt wurde. Um so schwieriger war seine Aufgabe. Sie wurden vielleicht sogar unlösbar, wenn er auch noch von Merantor behindert wurde.
17 Er dirigierte Gentleman Kelly zu einer Lücke im Absperriegel. Vorsichtig schob sich der Roboter zwischen zwei Baumstämme. Von hier aus konnte er die Polizeigleiter sehen. Der nächste Polizist war etwa zehn Meter von ihm entfernt. »Krieche auf allen vieren weiter, Kelly«, befahl Axton. »Aber so, daß sie dich nicht bemerken.« Der Roboter ließ sich nach vorn sinken und tat, wie der Terraner es angeordnet hatte. Der Verwachsene legte sich flach auf den Ovalkörper und klammerte sich mit Armen und Beinen fest, während Kelly sich durch die Büsche schlich. Die Polizisten schienen überhaupt nicht damit zu rechnen, daß jemand versuchen würde, zu den Gleitern vorzudringen. Sie waren nicht besonders aufmerksam. Als Gentleman Kelly die Flugmaschinen erreicht hatte, sagte Axton: »Aufstehen.« Der Roboter erhob sich so vorsichtig, daß der Terraner nicht herabfallen konnte. Dennoch fluchte Axton wütend, weil er mit einem Fuß ausrutschte und fast gestürzt wäre. »Du Tölpel«, sagte er zischelnd und hieb Kelly die Faust auf den Kopf. »Wenn du noch nur nicht so ungeschickt wärst.« »Du solltest so etwas nicht immer zu mir sagen, Liebling«, entgegnete der Roboter. »Ich könnte Minderwertigkeitskomplexe entwickeln.« »Ich habe dir schon einmal erklärt, daß so etwas völlig unmöglich ist. Erstens bist du ohnehin minderwertig, und zweitens entbehrt deine positronische Pseudoseele jeglicher Empfindsamkeit, die eine Komplexbildung zulassen könnte. Ruhe jetzt.« Der Roboter ging weiter. Dabei hielt er sich in der Deckung der Maschinen, so daß sie erst entdeckt wurden, als sie unmittelbar hinter den Ärzten standen, die neben dem Liegenden knieten. »Er lebt«, sagte gerade einer der beiden Mediziner. »Daran besteht überhaupt kein Zweifel.« »Aber er reagiert nicht. Seltsam«, be-
18 merkte der andere. »Wer ist das?« fragte Lebo Axton einen Polizisten, der fotografische Aufnahmen machte. »Apprat Cokret«, antwortete der Arkonide, ohne aufzusehen. Der Mann lag zwischen den Blumen und streckte Arme und Beine weit von sich. Das Gesicht war starr wie das eines Toten. Er hielt die Augen und die Lippen geschlossen. Die Brust bewegte sich kaum merklich. Er trug eine schlichte Uniform. Sein Impulsstrahler, der in einem Halfter am Gürtel steckte, war zerbrochen, obwohl sonst keinerlei Anzeichen von irgendeiner Gewaltanwendung zu erkennen waren. »He, was machen Sie hier?« fragte ein Polizeioffizier, der zwischen einigen Büschen hervorkam. Verblüfft sah er Lebo Axton an. »Dumme Frage«, erwiderte der Verwachsene. »Und Sie, was machen Sie hier?« »Verhaften«, befahl der Arkonide, wobei er über die Schulter zurücksprach. Vier weitere Polizisten kamen heran. Sie umringten Axton und den Roboter. Einer von ihnen richtete einen Paralysator auf den Verwachsenen. »Machen Sie keinen Unsinn, sonst schieße ich Sie von da oben 'runter.« »Fragen Sie erst einmal Quertan Merantor, ob Sie dann nicht anschließend in Pension gehen müssen.« Ein weiterer Polizeioffizier näherte sich. Der reichverzierte Gürtel, den er trug, wies ihn als Vorgesetzten der anderen aus. Er blieb vor Gentleman Kelly stehen und blickte zu Axton hinauf. »Ich habe damit gerechnet, daß Sie versuchen würden, sich hier einzumischen, Axton«, sagte er. »Merantor hat so etwas angedeutet. Sie haben hier nichts zu suchen. Verschwinden Sie also, bevor es unangenehm für Sie wird.« »Dann ist dieser Apprat Cokret also ein wichtiger Mann«, stellte Axton gelassen fest. »Sie wären verdammt froh, wenn er endlich aufwachte und Ihnen erzählen könn-
H. G. Francis te, was vorgefallen ist. Stimmt's?« »Bringt den Mann weg. Wenn er sich sträubt, paralysiert ihn und werft ihn irgendwo in die Büsche.« befahl der Offizier. »Ich ziehe mich ja schon zurück«, rief Axton, wobei er abwehrend die Hände ausstreckte. Gentleman Kelly wandte sich um und eilte mit weit ausgreifenden Schritten davon. Lebo Axton blickte ständig auf den Boden. Plötzlich sah er etwas Helles zwischen den Blumen liegen. »Halt«, befahl er. Der Roboter stoppte so schnell, daß der Terraner fast über seinen Kopf hinweggeschleudert worden wäre. »Du elender Holzkopf.« »Ich verstehe deinen Protest, aber ich muß dich korrigieren. Mein Kopf hat eine Hülle aus bestem Arkonit. Das Innere besteht aus reiner Positronik, die in eine von dem Meisterkonstrukteur Abbahat entwickelte Leichtmetallkonstruktion eingebettet ist. Von Holz kann überhaupt keine Rede sein.« »Du bist falsch informiert. Erstens bist du Ausschußware, zweitens hat sich nie ein Meister mit dir befaßt, und drittens wurden die Hohlräume in deinem Kopf mit Holzspänen ausgefüllt.« »Ach, Schätzchen!« Kennon-Axton schwieg verbittert. Er suchte seine Taschen nach einem harten Gegenstand ab, den er dem Roboter über den Kopf hätte schlagen können, aber er fand nichts. »Das Ding, das du suchst, liegt auf dem Boden.« Der Roboter kniete sich hin. Axton besann sich schnell wieder auf seine Aufgabe. Er ließ sich von Kelly reichen, was er im Vorübergehen entdeckt hatte. Es war der Arm einer Kinderpuppe. Das Leichtmetallgelenk war aus seiner Halterung gerissen worden. Die Pseudobiosubstanz war kalt. Das deutete darauf hin, daß dieser Arm wenigstens seit einer Stunde hier lag. Viel länger konnte er nicht vom Rumpf der Puppe abgetrennt worden sein, denn dann hätten
Der Mutantenjäger sich in der halblebenden Substanz Verfallserscheinungen zeigen müssen. Das aber war nicht der Fall. »Weiter. Schnell.« Der Roboter sprang auf und rannte los. »So schnell nun auch wieder nicht«, schrie Axton, der Mühe hatte, sich auf dem Rücken Kellys zu halten. »Langsamer.« Der Roboter verzichtete darauf, ein fünf Meter breites Blumenbeet mit einem Satz zu überspringen, und bog auf einen Weg ein. Rasch marschierte er an zwei Polizisten vorbei. »Das schwöre ich dir, Kelly. Sobald ich ein wenig Zeit habe, werde ich dich auseinanderbauen. Ich werde mir aus dem Rumpf als Basis einen idealen Helfer zusammenbasteln und ihn mit einem positronischen Hirn versehen, das mir nichts als Freude macht.« »Das macht mich glücklich.« »Das ist dein Ende als frei herumlaufender Roboter. Du wirst wieder auf einem Schrottplatz landen und verrotten.« »Wiederum ein Irrtum. Es wird nichts geschehen.« »Nichts? Ich habe doch gerade gesagt, was ich mit dir machen werde.« »Dazu wird es nie kommen.« »Warum nicht? Willst du mir drohen? Willst du damit sagen, daß du dich weigern wirst?« »Nein, auf gar keinen Fall, aber ich weiß, daß du nie genug Zeit für solche Operationen haben wirst.« »Eines Tages wirst du dich gewaltig wundern, Kelly. Aber ich verspreche dir, daß ich dich hin und wieder auf dem Schrottplatz besuchen werde. Du sollst Gelegenheit haben, über die Unverschämtheiten nachzudenken, die du mir ständig bietest.« »Ich werde …« »Du wirst den Mund halten. Sofort. Das ist ein Befehl.« Lebo Axton wartete argwöhnisch darauf, daß Gentleman Kelly dennoch weitersprechen würde, aber das tat er nicht. Zufrieden seufzend entspannte der Terraner sich.
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* Axton lenkte Kelly in eine Videozelle, die neben dem Eingang eines Trichtergebäudes eingerichtet worden war. Mit wenigen Knopfdrücken verband er sich mit dem Polizeipräsidium. »Ich bin Lebo Axton«, sagte er, als ein Robotzeichen im Bild erschien und ihn zum Sprechen aufforderte. »Ich muß Quertan Merantor sprechen.« Einige Sekunden verstrichen. Kennon fürchtete bereits, daß er abgewiesen werden würde, da wechselte das Bild. Der Polizeipräsident blickte ihn gleichgültig vom Bildschirm herab an. »Was ist los?« fragte Merantor. »Sind Sie am Ende? Wollen Sie zugeben, daß Sie nichts als ein Clown sind?« »Im Gegenteil. Ich habe ein paar Fragen. Wer ist Apprat Cokret, und was ist mit ihm geschehen?« »Kein Kommentar.« »Wie soll ich den Squedon-Kont-Fall lösen, wenn Sie mich behindern, statt mir zu helfen?« »Kein Kommentar.« »Cokret ist also ein äußerst wichtiger Mann. Daß ihm etwas zugestoßen ist, kommt einer Katastrophe gleich. Er ist …« »Noch was?« unterbrach ihn Merantor. »Ja. Ich benötige ein Quartier.« »Im Esga-Trichter steht eine kleine Wohnung frei. Sie können sie solange benutzen.« »Wie lange?« »Bis Sie fällig sind, Axton, und keine Sekunde länger.« »Sie wollen mir also nicht helfen. Sie wollen mir keine Informationen geben.« »Wozu? Sie wollen doch den Fall lösen. Oder nicht?« Quertan Merantor lachte boshaft und schaltete ab.
* Die Wohnung war klein und lag noch im runden Sockel des Trichtergebäudes in einer
20 Höhe von etwa fünfzig Metern. Sie war bescheiden eingerichtet und verfügte nur über ein einziges Fenster, das nach Westen zeigte. Von hier aus konnte Axton zu dem Gebäude hinübersehen, in dem Sammaron und Familie wohnte. Er war zufrieden. Er brauchte nicht mehr als ein Bett und eine Hygienekabine. Diese Unterkunft, die einem Dienstboten gehört haben mochte, reichte daher für ihn aus. Er hatte ein Videogerät, eine Robotküche, und er konnte sehen, was sich in dem Gebiet abspielte, das für ihn wichtig war. Er besichtigte die Hygienekabine, schaltete sie ein und stellte enttäuscht fest, daß sie für ihn kaum geeignet war, da Duschen und Massagegeräte für normal gewachsene Menschen eingerichtet waren. Gentleman Kelly beobachtete ihn. Kennon blieb stehen und drehte sich zu ihm um. »Was glotzt du so?« fragte er. »Ich stelle fest, daß du falsch pfeifst.« Der Verwachsene lachte schrill. »Ich pfeife falsch? Was verstehst du Fehlkonstruktion schon von terranischen Volksliedern? Nichts!« »Terranische Volkslieder? Davon habe ich nie gehört.« Kennon-Axton blickte den Roboter betroffen an. Er wußte, daß er einen Fehler gemacht hatte. Terra war auf Arkon vollkommen unbekannt. Erst etwa zehntausend Jahre später würde dieser Planet in den Logbüchern arkonidischer Raumschiffe erwähnt werden, dann allerdings unter einem anderen Namen. Als sich Kennon dessen bewußt wurde, daß allein die Namensverschiedenheit schon eine ausgezeichnete Tarnung bedeutete, atmete er unmerklich auf. Für die Arkoniden war es so gut wie unmöglich, die Spur zu finden. Falsch war es lediglich gewesen, sich überhaupt auf Terra zu beziehen. »In der Galaxis gibt es eine schier unendliche Zahl von Planeten, von denen die meisten viele verschiedene Namen tragen«, entgegnete er. »Die Arkoniden nennen die Welten ganz anders, als die Bewohner dieser
H. G. Francis Welten es tun. Und auch unter ihnen gibt es mehrere Namen für diesen einen Planeten. Ein Dummkopf wie du kann noch nicht einen Bruchteil der Namen kennen.« »Ich bin kein Dummkopf.« »Das hört sich an, als ob du beleidigt seist.« »Das bin ich auch. Ich …« »Ruhe«, brüllte Axton. Das Videogerät sprach an. Er wollte es bereits einschalten, als ihm bewußt wurde, daß er völlig nackt war. Er fluchte, streifte sich Hemd und Hose über und drückte dann erst die Taste. Danach verfärbten sich ihm die Wangen, denn ihm fiel ein, daß er noch ungekämmt war. Arina Sammaron lächelte verständnisvoll. »Oh, ich habe Sie überrascht«, sagte sie mit weicher Stimme. »Entschuldigen Sie. Sind Sie mir böse?« »Keineswegs«, entgegnete er mit stockender Stimme. Verlegen wischte er sich über das Haar. »Ich möchte Sie bitten, heute abend unser Gast zu sein. Mein Vater empfängt einige hochgestellte Persönlichkeiten. Kommen Sie?« »Natürlich. Gern.« Axton hatte sich wieder gefangen. »Ich danke Ihnen.« Arina Sammaron freute sich sichtlich. »Ich mag Sie«, sagte sie und schaltete aus. »Ich mag dich auch, Schätzchen«, bemerkte Gentleman Kelly. Lebo Axton bückte sich, nahm einen seiner Stiefel auf und schleuderte ihn gegen den Roboter.
4. Axton hatte vergeblich versucht, in der noch verbleibenden Zeit eine neue Kombination zu finden, die gut paßte. So mußte er einige kleine Änderungen vornehmen. Doch danach sahen die neuen Kleider immer noch besser aus als die alten. Axton legte einen weiten Schulterumhang dazu an, der durch eine Edelmetallspange auf der Brust zusammengehalten wurde. So
Der Mutantenjäger ausgestattet, ließ er sich von Gentleman Kelly zur Abendgesellschaft der Sammarons tragen. Wie erwartet, brauchte er den Portierrobot dieses Mal nicht zu berücksichtigen. Die Türen öffneten sich von selbst vor ihm. Ein uniformierter Bediensteter empfing ihn in einer Vorhalle und führte ihn von dort in den Festsalon, eine Halle, die etwa vierzig Meter lang und zwanzig Meter breit war. In ihr hatte sich eine illustre Gesellschaft versammelt. Axton schätzte, daß etwa zweihundert Personen anwesend waren. Sie standen plaudernd um zahlreiche Tische herum. Im Hintergrund war ein wandgroßer 3DSchirm errichtet worden, auf dem ein Bericht von einer paradiesischen Welt lief. Dieses Gerät mußte allein ein Vermögen gekostet haben. Die 3D-Technik gab es noch nicht lange in dieser Vollkommenheit. Überall galten kleinere Apparate, wie man sie in Restaurants, Ausstellungshallen und Unterhaltungsstätten sah, noch als Sensation. Geräte dieser Dimension aber, wie sie Sammaron hatte, konnten sich nur die reichsten Familien des Imperiums leisten. Aus mehreren Lautsprechern, die in der Decke versteckt waren, ertönte eine angenehme Musik. Als Lebo Axton auf dem Rücken des Roboters den Saal betrat, erregte er sofort Aufmerksamkeit. Einige Männer und Frauen lachten ihn offen aus. Andere lächelten versteckt. Keiner aber schien ihn wirklich ernst zu nehmen. Arina Sammaron eilte auf ihn zu. Sie trug ein langes schimmerndes Kleid, das ihren zierlichen Körper wie ein Energiefeld zu umschließen schien. »Ich freue mich, daß Sie gekommen sind, Lebo«, rief sie zu ihm hinauf. »Guten Abend«, sagte er zurückhaltend. Geradezu ängstlich musterte er ihr Gesicht. Sie schien sich wirklich zu freuen. Ihr Lächeln war von einer Herzlichkeit, die ihn vergessen ließ, wie die anderen sich verhielten. »Kommen Sie, Lebo. Sie werden Hunger haben. Ich gebe Ihnen etwas zu essen.« Sie
21 führte ihn zu einer runden Tafel, auf der kulinarische Kostbarkeiten aufgestellt worden waren, wie Axton sie noch nie gesehen hatte. »Der Roboter wird mich bedienen«, erklärte er, als sie ihm etwas reichen wollte. »Das ist mir lieb. Da kommen noch weitere Gäste, um die ich mich kümmern muß.« Und schon war sie wieder verschwunden. Kelly wählte sorgfältig. Kennon konnte nicht viel essen und wollte daher nur das nehmen, was ihm am besten erschien. Er hatte gerade erst einige Bissen verzehrt, als ein junger Arkonide sich zu ihm gesellte. »Sie sind Lebo Axton?« fragte er. »So ist es.« »Ich habe gehört, daß Sie zur Polizei gehören. Sie sollen eine neue Polizeitruppe gegründet haben.« Axton-Kennon aß weiter. Der Arkonide grinste. »Die Zwergenpatrouille. Ist das richtig?« »Vollkommen«, antwortete Axton ernsthaft. »Allerdings nehmen wir nur geistige Zwerge auf. Wie wär's mit Ihnen?« »Unverschämtheit«, sagte der Edelmann wütend. Er eilte davon. Ein korpulenter Offizier, der die Worte mitgehört hatte, lachte schallend. Er kam zu Axton. »Das war gar nicht schlecht, Axton«, bemerkte er. Dabei nahm er sich einige Delikatessen. »Mein Name ist Terval. Ich darf Ihnen sagen, daß ich keineswegs nur einen Party-Gag in Ihnen sehe, wie die meisten hier, sondern daß ich Sie durchaus ernst nehme.« Axton zuckte zusammen. Er blickte sich um. Und erst jetzt fiel ihm auf, daß außer ihm noch einige andere Nichtarkoniden im Saal waren. Er entdeckte einige exotische Lebewesen von bizarrem Äußeren, die von den Gästen bestaunt und begafft wurden. Einige Männer und Frauen unterhielten sich ganz offensichtlich über ihn, wobei sie immer wieder in ein gedämpftes Gelächter ausbrachen. »Ich bin also nur eingeladen worden, um
22 die Gäste zu amüsieren?« »Natürlich. Was dachten Sie?« Axton hatte das Gefühl, einen Schlag in den Magen bekommen zu haben. Bis zu diesem Moment hatte er an Arina Sammaron geglaubt. Jetzt erkannte er, wie gründlich er sich getäuscht hatte. »Wir gehen, Kelly.« »Sie bleiben noch«, sagte Terval. »Warum nutzen Sie Ihre Chance nicht?« »Welche Chance?« »Nun, Sie könnten doch einiges über Apprat Cokret erfahren. Merantor wäre bestimmt nicht erfreut, wenn er wüßte, daß Sie hier sind.« »Sie kennen Cokret?« Axton vergaß schlagartig die Demütigungen. Plötzlich hatte er sein Ziel wieder klar vor Augen. Er mußte herausbekommen, warum der Mann, den man bewußtlos im Park gefunden hatte, so wichtig war. »Ich kenne ihn. Er ist ein hoher Offizier der Raumflotte. Und ich weiß, daß er in einem Gebiet tätig gewesen ist, das zur Zeit von den Methans beherrscht wird.« Terval lachte herab lassend. »Das macht ja Merantor und die Herren von der Abwehr gerade so nervös. Sie wissen nicht, was mit Cokret passiert ist. Niemand hat damit gerechnet, daß er schon jetzt nach Arkon zurückkommen würde. Er wurde erst in zwölf Tagen erwartet. Er hat sich nicht angemeldet, sondern war plötzlich hier. Er kann nicht mit einem Raumschiff gekommen sein. Das wäre aufgefallen. Also, wie ist er nach Arkon I gereist? Einfach so durch die Luft?« Terval breitete die Arme aus und bewegte sie wie Flügel. Dabei lachte er schadenfroh. Er freute sich offensichtlich darüber, daß Merantor in einer Klemme steckte. »Sie kennen Quertan Merantor?« Der Arkonide wurde ernst. Er verzehrte einige Krabben. »Und wie, Axton, und wie ich ihn kenne. So wie heute habe ich ihn allerdings noch nicht erlebt. Er schäumt vor Wut, und er haßt Sie wie die Pest.« »Mich? Warum? Ich habe ihm nichts ge-
H. G. Francis tan.« »Sie haben etwas zerstört, was ihm ungeheuer viel bedeutet hat. Ich meine die Freundschaft mit Vagont Ternnan. Er traut Ihnen nicht.« »Aber Sie tun es?« Terval lächelte versteckt. Bestätigend hob er die Hände. »Allerdings, Axton. Ich habe einen Tip von Arkon III bekommen. Ein Untergebener von mir hat mir Informationen über den Fall Mosselcrin zukommen lassen. Ich berste vor Vergnügen, Axton. Wenn Merantor wüßte, was für eine Dummheit er gemacht hat, dann …« Er ließ offen, was Merantor machen würde. Er stopfte sich den Mund mit Pilzen voll und schwieg, bis er sie heruntergeschluckt hatte. »Ich muß Sie allerdings warnen, Axton«, sagte er dann. »Ich weiß, daß Merantor Sie vernichten will. Er glaubt, daß er nur so seine Welt wieder in Ordnung bringen kann.« Er legte dem Verwachsenen die Hand auf die Schulter. »Sehen Sie den Kahlköpfigen dort hinten? Das ist ein Arzt. Er leitet die Station, auf der Apprat Cokret liegt. Warum sprechen Sie nicht mit ihm?« »Würden Sie mich ihm vorstellen?« »Warum sollte ich das tun? Nein, ich möchte sehen, wie Sie es schaffen, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Nur so kann ich mein Vergnügen an dieser Sache steigern.« Kennon-Axton begriff. Der Offizier handelte keineswegs uneigennützig. Er wollte sich auch nicht nur an Merantor aus irgendeinem Grunde rächen. Er wollte sich hauptsächlich amüsieren, und dafür kam er ihm gerade recht. Axton fand, daß eine solche Haltung immer noch besser war, als über seine körperlichen Unzulänglichkeiten zu lachen. »Ich hoffe, daß ich Ihren Erwartungen gerecht werden kann«, entgegnete er daher höflich. »Besten Dank für Ihre Informationen.« Er schlug Kelly mit der flachen Hand auf
Der Mutantenjäger den Schädel und ließ sich zu dem Mediziner tragen, den Terval ihm gezeigt hatte. Dabei überlegte er, wie er diesen Arkoniden dazu bringen konnte, vernünftig mit ihm zu reden. Der Arzt stand allein an einer Tafel und aß. Er blickte überrascht auf, als Gentleman Kelly mit dem Verwachsenen auf dem Rücken vor ihm erschien. »Eine Empfehlung von Terval veranlaßt mich, Sie zu stören«, sagte Kennon. »Ich hoffe, es ist Ihnen nicht unangenehm?« Der Arzt blieb ernst. Er betrachtete Axton mit dem Interesse eines Mediziners, und er schien nichts Komisches an seinem Äußeren zu finden. »Sie stören mich nicht«, erwiderte er. »Und ich sehe nicht ein, warum es unangenehm sein sollte, mit Ihnen zu reden. Was kann ich für Sie tun?« »Überhaupt nichts. Ich wollte Sie nicht um einen Gefallen bitten. Mich interessiert lediglich das Befinden von Apprat Cokret. Ich war zufällig dabei, als er hier in der Nähe gefunden wurde. Ist er schon aufgewacht?« »Nein«, entgegnete der Kahlköpfige einsilbig. Er schien nicht gewillt zu sein, Auskunft zu geben. »Ich habe vor etwa einem Jahr einmal einen Mann gesehen, der sich in einem vergleichbaren Zustand befand«, behauptete Axton. »Alle Lebensfunktionen waren in Ordnung, aber er reagierte auf nichts. Es war, als wäre ein Teil seines Nervensystems aus ihm entfernt worden.« »Wie bei Cokret«, sagte der Arzt überrascht. »Seine Muskulatur war auch verhärtet?« »Vollkommen. Er war wie ein lebender Toter.« »Wir haben alles versucht, ihn zu sich zu bringen, aber keinerlei Medikamente schlagen an.« »Genau wie bei diesem Mann. Auch bei ihm war nichts auszurichten.« Der Arkonide blickte ihn voller Spannung an. »Und? Wie endete der Fall?«
23 Axton-Kennon zögerte kurz, dann sagte er: »Ein Magier aus einem Primitivenvolk trat in Erscheinung. Er löste die Starre mit PSI-Kräften. Das behauptete er jedenfalls später. Doch niemand glaubte ihm, was nicht verwunderlich ist. Kein ernstzunehmender Wissenschaftler wird daran glauben, daß es so etwas wie PSI gibt.« »Allerdings nicht«, antwortete der Arzt nachdenklich. »Was aber hat den Mann wirklich zu sich gebracht?« »Ich weiß es nicht.« Axton war zufrieden. Er hatte mehr erfahren, als er gehofft hatte. Die Arkoniden bemühten sich intensiv um Cokret, weil dieser eine wichtige Mission durchgeführt hatte. Dabei stand man vor einem Rätsel. Sollten tatsächlich parapsychische Kräfte im Spiel sein? Da die Medikamente keine Wirkung erzielten, war das nicht ausgeschlossen. Axton-Kennon, dessen Spezialgebiet die Geschichte der altgalaktischen Völker war, wußte jedoch, daß PSI-Kräfte im arkonidischen Imperium dieser Zeit nahezu vollkommen unbekannt waren. Wahrscheinlich war eine solche Möglichkeit daher nicht. Sie mußte jedoch mit in Betracht gezogen werden.
* Plötzlich wurde es still, und dann brandete Gelächter auf. Axton blickte zur Eingangstür. Dort erschien ein hochgewachsener Arkonide, der einen seltsamen Begleiter mit sich führte. Das Wesen an seiner Seite war etwa zwei Meter groß. Es bestand praktisch aus einem Ballonkopf, zwei winzigen Füßen und einer dünnen Stange, die beides miteinander verband. Es war vollkommen weiß. So hoben sich die grünen Augen und die flammend roten Lippen, die albern zu lächeln schienen kraß ab. Das Wesen rollte verlegen mit den Augen. Axton sah ihm an, daß es am liebsten geflüchtet wäre. Auf die Arkoniden machte es dabei einen ausgesprochen komischen Eindruck. Sie bemerkten die Angst und die Scham dieses Wesens
24 nicht. Sie lachten hemmungslos. Zweifellos hatte dieser Edelmann mit seinem Begleiter an diesem Abend den Vogel abgeschossen. Ihm war es gelungen, die seltsamste Partysensation aufzubieten. »Wir sind übertroffen worden, Kelly«, sagte Axton leise. »Jetzt hat man etwas anderes, über das man lachen kann.« Der Arzt hatte die Worte gehört. Er wandte sich dem Verwachsenen zu und wurde schlagartig ernst. Seine Wangen röteten sich. »Sie haben recht«, bemerkte er. »Wir benehmen uns schandhaft. Nichts, aber auch gar nichts gibt uns das Recht, uns in dieser Weise über andere lustig zu machen.« »Machen Sie sich keine Vorwürfe.« Axton lächelte. »Mir macht das kaum noch etwas aus.« »Quertan Merantor«, meldete Gentleman Kelly. Axton reckte sich, um besser sehen zu können. Der Polizeipräsident betrat den Raum. Er strahlte. Scherzend unterhielt er sich mit einigen Männern. Arina Sammaron eilte auf Axton zu. »Wir müssen verschwinden, Kelly«, sagte er. »Arina möchte einen Skandal vermeiden.« Das Mädchen blieb vor Axton stehen und blickte verlegen zu ihm auf. Sie wußte offensichtlich nicht, wie sie beginnen sollte. Der Terraner kam ihr entgegen. »Arina, verzeihen Sie mir. Ich habe ein wenig zuviel gegessen. Mir ist nicht besonders wohl. Würden Sie mir erlauben, mich zurückzuziehen?« »Wie höflich Sie sind, Lebo Axton. Ich danke Ihnen.« Sie lächelte ihn wiederum so warmherzig an, daß er zu keinen weiteren Worten fähig war und vergaß, zu welchem Zweck sie ihn wirklich eingeladen hatte. Er tippte dem Roboter auf den Kopf, um ihm damit das Zeichen zum Aufbruch zu geben. In diesem Moment geschah es. Der Boden des Saales spaltete sich. Ein Riß von etwa zehn Zentimeter Breite bildete sich. Krachend platzte der gefaserte Bodenbelag auseinander, und ein greller Blitz
H. G. Francis zuckte quer durch den Raum über die Köpfe der Gäste hinweg. Er kam mitten aus der 3D-Projektion heraus und zerfetzte auf der gegenüberliegenden Seite eine metallene Skulptur. Die Männer und Frauen schrien auf. Die meisten rannten, von Panik erfüllt, auf den Ausgang zu. Ein älterer Arkonide stürzte zu Boden. Die anderen trampelten ihn nieder, als er versuchte, wieder aufzustehen. »Schnell, Kelly. Hilf dem Alten auf«, befahl Axton. Der Roboter sprang mit einem weiten Satz zu dem Alten hinüber, drängte zwei jüngere Männer zur Seite, packte ihn und hob ihn hoch. An der Tür schlugen sich Männer und Frauen um den Vortritt. Edelleute, die vor Sekunden noch kühl und distanziert gewirkt hatten, schleuderten nun alles zur Seite, was sie behindern konnte. Sie kannten keine Rücksicht mehr. Die Angst machte sie zu Barbaren. Auch der Mediziner verlor die Beherrschung. Er wollte ebenfalls fliehen, doch Gentleman Kelly hielt ihn auf Anordnung Axtons fest. Der Roboter zog sich mit dem Arkoniden und Kennon an eine Wand zurück. »Bleiben Sie ruhig«, rief der Verwachsene dem Arzt zu. »Hier passiert Ihnen nichts.« Eine blaue Flamme schwebte mitten im Saal. Sie wuchs bis zu einer Höhe von etwa zwei Metern auf und sank zischend und brodelnd wieder zu einem faustgroßen Feuerball in sich zusammen. So verharrte sie einige Sekunden. Dann platzte sie auseinander und bildete lange Feuerzungen, die bis in die äußersten Winkel der Halle reichten, dabei jedoch wiederum über die Köpfe der letzten noch vorhandenen Gäste hinwegschossen, so daß niemand verletzt wurde. Lebo Axton beobachtete das Geschehen kühl und nüchtern. Er fühlte sich in keiner Weise bedroht, obwohl nun die mit Speisen bedeckten Tische mit einem gespenstischen Tanz begannen. Sie erhoben sich, schlugen gegen die Decke, wo die Speisen kleben
Der Mutantenjäger blieben, stürzten wieder herab, prallten mit anderen zusammen und schleuderten sie zur Seite, so daß sie an den Wänden zerbarsten. Dabei wurden mehrere Männer getroffen, denen es bisher noch nicht gelungen war, den Raum zu verlassen. Gentleman Kelly schützte Axton und den Arkoniden mit seinem Körper. Er wehrte mit den Armen einige Metallschüsseln ab, die durch die Luft flogen, konnte dabei aber nicht verhindern, daß sich eine heiße Suppe über den Arzt ergoß. »Ruhe«, brüllte Quertan Merantor, der versuchte, das Knäuel der nach außen drängenden Arkoniden aufzulösen und auseinander zu reißen. »Behalten Sie doch Ruhe.« Niemand kümmerte sich um ihn. Ein jüngerer Arkonide, der an ihm vorbeizukommen suchte, trat ihm vielmehr in die Kniekehlen, um ihn damit zu Boden zu werfen. Der Polizeipräsident fiel jedoch nicht. Er drehte sich um. Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er holte zum Schlag aus, konnte ihn jedoch nicht mehr ausführen, denn eine unsichtbare Kraft hob ihn an und wirbelte ihn wie einen Kreisel herum. Merantor schrie und brüllte wie ein Wilder. Er schlug um sich, fand jedoch nirgendwo Halt. Er flog durch den Raum und verharrte schließlich in der Nähe Axtons in der Luft. Er hing mit dem Kopf nach unten einige Sekunden, auf der Stelle. »Helfen Sie mir doch, Axton. So helfen Sie mir doch.« Der Verwachsene wollte den Roboter zu ihm dirigieren, doch die unsichtbare Kraft gab ihn frei. Er stürzte mit dem Kopf zuerst in eine Schale, die auf dem Boden stand. Er war mit einer grünen, zähflüssigen Masse gefüllt. Merantor kippte zur Seite. Blind tastete er um sich. Dann wischte er sich den Brei aus dem Gesicht. Tapsig kam er auf Axton zu. »Ich erschlage Sie«, sagte er keuchend vor Wut. Der Mediziner stellte sich ihm in den Weg.
25 »Seien Sie kein Narr, Merantor. Dieser Mann kann sicherlich nichts dafür.« Der Polizeipräsident blieb stehen. Er zitterte am ganzen Körper. Im Raum wurde es still. Die meisten Gäste hatten ihn verlassen. Der Ausgang war frei. Dort lagen fünf Männer und zwei Frauen bewegungslos auf dem Boden. An den Wänden kauerten noch etwa dreißig weitere Männer und Frauen hinter Tischen und Sesseln, hinter denen sie Schutz gesucht hatten. Die Decke, der Boden und die Wände waren mit Speisenresten beschmiert. Alle Tische waren umgestürzt. Der 3DSchirm war zerbrochen. Überall lagen zerfetzte Kleidungsstücke herum. Und aus zahlreichen Lautsprechern ertönte süßliche Musik. Quertan Merantor ging zu einem Sessel und setzte sich. Er nahm ein herumliegendes Tuch und säuberte sich seinen Kopf damit. Dann vergrub er sein Gesicht in den Händen. Lebo Axton beobachtete ihn. Er konnte sich vorstellen, wie es in ihm aussah. Dieser Vorfall konnte sein Ruin sein. Solche Dinge waren schon häufiger in der letzten Zeit passiert, Merantor aber war niemals dabei gewesen. Und das machte den Unterschied aus. Solche Vorfälle durften sich nicht ereignen, wenn der Polizeipräsident anwesend war. Die Gesellschaft erwartete schließlich, von ihm beschützt zu werden.
* Sammaron kam zu Axton. Er sah aus wie ein gebrochener Mann. Eine blutige Schramme zog sich quer über sein Gesicht, und auch in seinem Haar waren Blutspuren. »Sie werden sich gefragt haben, warum dieses Fest überhaupt stattfand«, sagte er zu Axton. »Das alles sieht so aus, als ob ich mir überhaupt keine Sorgen um Larcenia machte. So ist es aber nicht.« Er drehte sich halb um und blickte zu Quertan Merantor hinüber. »Es war die Idee Merantors. Er wollte möglichen Entführern eine Falle stellen.
26 Jetzt sitzt er selbst drin.« Der Polizeipräsident erhob sich und näherte sich ihnen. Feindselig blickten sich die beiden Arkoniden an. »Sie haben mir nicht gerade geholfen, Ihre Tochter zu finden«, sagte er scharf. Er wandte sich Axton zu. »Sie scheinen wirklich vorzuhaben, sich um den Fall zu kümmern.« »Das habe ich, Merantor«, entgegnete der Verwachsene. »Sehr energisch sogar. Ich habe keine Lust, mir von Ihnen den Kopf abreißen zu lassen.« Merantor verzog das Gesicht. Verächtlich kehrte er Axton den Rücken zu. »Geben Sie mir eine Erklärung für das, was hier geschehen ist«, sagte Sammaron zu Merantor. »Ich habe noch nie einen Mann ohne Antigrav fliegen sehen.« »Der Flug war bemerkenswert«, fügte Axton spöttisch hinzu. »Hinreißend aber war die Landung.« Der Präsident fuhr herum. Er hob die Faust, schlug jedoch nicht zu, da Gentleman Kelly sofort zurücksprang und Axton damit in Sicherheit brachte. »Es war ein Trick«, sagte Merantor, der sich rasch wieder in die Gewalt bekam. »Es war ein übler Trick, und ich werde noch herausfinden, was für einer. Ich werde diese Wohnung von meinen Spezialisten bis in den letzten Winkel untersuchen lassen, Sammaron. Das verspreche ich Ihnen. Ich finde den Verantwortlichen.« Er eilte davon. Dicht vor der Tür rutschte er auf einem Saucenfleck aus, stürzte jedoch nicht, sondern fing sich noch rechtzeitig ab, indem er mit den Armen in der Luft herum ruderte. Der Mediziner lachte meckernd. Merantor blickte wütend zurück und beeilte sich danach noch mehr. »Es ist besser, wenn wir jetzt auch gehen«, sagte der Arzt. »Ich hoffe, daß sich bald alles aufklären wird, Sammaron. Es tut mir leid, daß Ihnen dies alles widerfahren mußte.« Axton schloß sich dem Arzt an.
H. G. Francis Jektor, der Arzt, bot Axton in seiner Wohnung, die im gleichen Trichtergebäude lag, in dem auch Sammaron seine Etage hatte, ein Glas Wein an. Er machte keinen Hehl daraus, daß er den geheimnisvollen Fremden mochte. Axton fühlte sich bei ihm wohl. Er hatte sich in einen Sessel gesetzt und Gentleman Kelly nach draußen geschickt. Der Roboter wartete vor der Tür. »Sie haben PSI-Kräfte erwähnt, Axton«, sagte der Mediziner. »Ich habe mir diesen Gedanken durch den Kopf gehen lassen, und ich glaube, daß er viel für sich hat.« »Mir ist etwas aufgefallen, was ich vorher nicht gewußt habe«, entgegnete Axton. »Und das wäre?« »Es ist eine nicht gerade schmeichelhafte Tatsache für Sie. Ich habe nicht geahnt, daß Arkoniden sich über fremdartige Wesen derart amüsieren können, daß sie sie zu ihren Gesellschaften mitbringen. Sie wollen damit imponieren und die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Je erfindungsreicher sie sind, desto besser.« »Sie haben recht, Axton. Auch ich war mir dessen bis heute nicht bewußt, was es eigentlich für diese Wesen bedeutet, daß man über sie lacht. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, was sie empfinden.« »Aber das scheint jetzt wichtig zu sein.« »Richtig.« Die beiden Männer blickten sich an. »Es könnte sein, daß eines dieser exotischen Wesen, das als Partygag vorgestellt wurde, über PSI-Kräfte verfügt und sich auf diese Weise rächen will.« »Daran habe ich auch gedacht, Axton.« »Es wäre nicht verwunderlich, wenn eines von ihnen so reagieren würde. Ich gestehe, daß die Versuchung dazu groß ist. Ich ahnte ja nicht, daß sich die oberste Gesellschaftsschicht Arkons bereits so langweilt, daß sie sich nicht auf andere Weise zu unterhalten weiß.« Der Arzt schenkte Wein nach. »Quertan Merantor ist ein Narr«, sagte er. »Warum sagen Sie das jetzt?« »Weil mir aufgegangen ist, wie dumm es
Der Mutantenjäger von ihm war, Ihre Hilfe abzulehnen. Er hätte seinen Freund Ternnan soweit kennen müssen, um erkennen zu können, ob er ihn verulken wollte oder nicht.« Axton trank einige kleine Schlucke. »Wissen Sie es denn genau?« fragte er. »Ich verstehe Sie nicht.« »Wäre es nicht möglich, daß Ternnan tatsächlich einen Scherz machen wollte? Könnte es nicht sein, daß er ebensowenig wie Merantor an meine Fähigkeiten glaubt?« Sein Gesicht verschloß sich. »Dann ist er ebenso ein Dummkopf wie Merantor«, erklärte Jektor heftig. »Niemand ist bisher auf den Gedanken gekommen, ein Nichtarkonide könnte hinter diesen Erscheinungen stecken. Dazu brauchte man erst jemanden, der die erschreckende Leere unserer Gesellschaft voll durchschaute. Was werden Sie tun, Axton?« »Ich werde Sammaron morgen bitten, mir eine Liste seiner Freunde und ihrer Partygags zu geben«, entgegnete er. »Vielleicht erinnert er sich an einen besonderen Vorfall, der uns weiterhilft. Werden Sie mich darüber informieren, wie es Apprat Cokret ergeht? Ich würde es gerne wissen, wenn er aus seiner Starre erwacht.« »Sie können sich auf mich verlassen, Axton.« Der Terraner erhob sich und verabschiedete sich. Der Mediziner brachte ihn bis an die Tür. »Glauben Sie, daß Merantor es wirklich ernst meint?« fragte Axton. »Womit?« »Mit seiner Drohung. Glauben Sie, daß er sie verwirklicht, falls es mir nicht gelingen sollte, den Fall zu klären?« »Bestimmt«, erwiderte Jektor ernst. »Sie müssen es schaffen, Axton, sonst haben Sie keine Chance. Merantor kann unerbittlich sein. Er ist berüchtigt für seine Brutalität.« Lebo Axton wollte gerade mit dem Frühstück beginnen, als das Video ansprach. Das Bild des Arztes erschien. »Wie sehen Sie aus, Jektor?« fragte Axton erschrocken.
27 Der Mediziner hatte ein angeschwollenes Auge, und seine Lippen waren blutig. »Die Männer Merantors waren bei mir.« »Sie haben es gewagt, Sie …?« »Sie haben es getan«, bestätigte der Arzt erbittert. »Heute nacht haben wir eine Raumschlacht gegen die Methans verloren. Sie fand im Ekret-Sektor statt. Siebzehn Schwere Kreuzer wurden vernichtet, zweiundzwanzig Einheiten konnten schwer beschädigt aus der Schlacht entkommen.« »Was hat das mit Ihnen zu tun?« »Überhaupt nichts. Merantor nahm diesen Vorfall jedoch wahr, um in aller Deutlichkeit klar zu machen, daß wir uns im Krieg befinden. Unter diesen Umständen kann nicht geduldet werden, daß sich irgend jemand gegen eine Organisation wie die Polizei stellt.« »Ich verstehe nicht.« »Axton, ich war gestern abend mit Ihnen zusammen. Sie aber könnten doch ein Feind Arkons sein. Unter diesem Vorwand haben mich die Männer Merantors verhört. Ich habe ihnen sagen müssen, welche Theorie Sie entwickelt haben. Es tut mir leid, Axton, damit habe ich Ihre Chance zunichte gemacht, den Fall vor Merantor zu lösen.« Er wischte sich mit dem Handrücken das Blut vom Mund. »Sie sollten sich aus dem Staube machen. Sie haben keine Chance mehr. Merantor will Sie vernichten.« »Ich danke Ihnen, Jektor.« Der Arzt nickte ihm mühsam lächelnd zu und schaltete ab. Kennon-Axton eilte zum Tisch zurück stopfte sich hastig etwas Gebäck in den Mund, befahl Kelly dann, ihn aus der Wohnung zu tragen. Die Wohnungstür war kaum hinter ihnen zugefallen, als er Stimmen im Antigravschacht vernahm. Der Roboter rannte den Gang entlang bis zur nächsten Abzweigung und bog dort ab. »Warte hier.« Axton ließ sich vom Rücken des Automaten gleiten und schob sich bis zur Ecke vor. Er sah, daß vier Uniformierte die Tür zu seiner Wohnung öffneten. Eilig stieg er wieder auf den Rücken des Roboters. Unmittelbar
28 nachdem er hier eingezogen war, hatte er sich im Gebäude nach einem Fluchtweg umgesehen. So wußte er nun, daß es einen Notschacht gab, der hinter einer normalerweise verschlossenen Tür lag. Diese hatte Axton aber bereits präpariert, um für einen Fall wie diesen vorbereitet zu sein. So konnten er und Kelly verschwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen. Ungesehen erreichten sie den Ausgang des Gebäudes. Dort parkte ein Polizeigleiter. Die Männer Merantors schienen fest davon überzeugt gewesen zu sein, daß sie ihn mühelos fassen konnten. Axton zeigte zum Trichtergebäude hinüber, in dem Sammaron wohnte. »Schnell, Kelly.« Der Roboter flüchtete unter einige Bäume und jagte auf den Trichter zu. Auf halber Strecke stoppte der Terraner ihn. Hier befand sich eine Art alter Brunnen mit halbverfallener Mauer. Hohe Bäume umgaben ihn. »Hier bleiben wir vorerst.« Er stützte sich mit den Ellenbogen auf den Kopf des Automaten und blickte zurück. Die Uniformierten kamen aus dem Haus. Sie waren offensichtlich ratlos. Sie diskutierten kurz miteinander, stiegen dann in den Gleiter und flogen davon. Axton glaubte, seinen Häschern zunächst entkommen zu sein. Er fühlte sich sicher. Er setzte sich auf die Brunnenmauer und überlegte. Er wußte nicht, was er tun sollte. Wie konnte er aus der Falle entkommen, die Merantor ihm gestellt hatte? Auf Arkon III hatte er es leichter bei seiner kriminalistischen Arbeit gehabt als hier. Dort hatte es genügend Gelegenheiten für Kontakte mit Arkoniden gegeben, so daß er sich Informationen beschaffen konnte. Hier erschien ihm alles steril. Er hatte das Gefühl, daß die Leute, die ihm wirklich hätten weiterhelfen können, völlig von ihm abgeschlossen waren. Zwei Kampfgleiter der Polizei landeten vor dem Trichterbau. Axton wurde aufmerksam. Er rutschte von der Mauer herunter und stellte sich hinter einen Baumstamm, damit man ihn nicht sehen konnte.
H. G. Francis Ein älterer Arkonide verließ das Haus. Ein exotisches Wesen begleitete ihn. Es glich einer Mischung aus einem Windhund und einem Vogel. Auf vier schlanken Beinen trabte es neben dem Arkoniden her. Es drehte den farbenprächtig gefiederten Körper hin und her und plapperte dabei, wie Axton aus den Schnabelbewegungen schloß, ständig auf seinen Herrn ein. Zwei Polizisten gingen auf ihn zu und hielten ihn an. Sie sprachen mit ihm. Axton sah, wie er erschrocken zurückfuhr und dann heftig protestierte. Einer der Uniformierten zog seine Waffe und erschoß das vierbeinige Vogelwesen. Darauf drangen die Polizisten in den Trichterbau ein. Trauernd kniete der Arkonide neben dem Getöteten nieder. Einige Polizisten sperrten den Eingang des Hauses ab. »Verstehst du das, Kelly?« fragte Axton beunruhigt. Der Roboter blickte zu den Polizeigleitern hinüber. »Mir stehen nicht genügend Informationen zur Verfügung«, sagte er. »Eine Auswertung ist erst möglich, wenn …« »Ruhe. Ich will nichts mehr hören.« Der Arkonide, der am Abend zuvor den größten Heiterkeitserfolg erzielt hatte, kam aus dem Haus. Er führte seinen Partygag mit sich, das Wesen, das aussah wie ein Ballon auf dünner Stange. Er trippelte neben ihm her. Er schrie den Polizisten etwas zu. Axton konnte ihn nicht verstehen, aber er sah, daß einer der Ordnungshüter seinen Strahler zog und den Ballon zerschoß. Kurz darauf verließen zwei weitere Edelleute mit ihren fremdartigen Begleitern das Haus. Auch sie verloren, womit sie bei Abendgesellschaften renommieren wollten. »Sie beseitigen die Fremden aus Furcht vor PSI«, stellte Axton fest. »Merantor riskierte ein gefährliches Spiel.« »Wir sollten verschwinden«, sagte Gentleman Kelly. »Wohin?« Lebo Axton schloß die Augen. Er überlegte, aber ihm fiel nicht ein, wo er sich verstecken konnte, bis die Vernich-
Der Mutantenjäger tungsaktion beendet war. Merantor handelte konsequent und logisch. Von Jektor, dem Arzt, hatte er erfahren, daß die fremden Wesen möglicherweise die Verursacher der Zwischenfälle waren. Wenn er sie beseitigte, so mochte er annehmen, mußten die unerklärlichen Vorfälle ausbleiben. »Sie haben uns entdeckt«, meldete Kelly. Axton fuhr herum. Er blickte zu den Polizisten hinüber, und er sah, daß zwei von ihnen sich ihm näherten. Sie hielten ihre Energiestrahler in den Händen. Der Roboter kniete sich bereits auf den Boden, so daß der Terraner auf seinen Rücken steigen konnte. Kaum hatte Axton die Griffe gepackt, als Kelly auch schon aufsprang und davonstürmte. Axton blickte über die Schulter zurück. Er sah, daß die beiden Polizisten auf ihn zu rannten. Einer von ihnen zielte mit seinem Strahler auf ihn und schoß. Der Blitz zuckte fauchend über ihn hinweg. Für Sekunden war Axton vollkommen geblendet. Er sah nichts mehr. Wie gelähmt klammerte er sich an den Roboter. Bis zu diesem Moment war er immer noch davon überzeugt gewesen, daß ein beträchtlicher Unterschied zwischen ihm und anderen Exoten bestand. Nun aber sah er, daß Merantor ihn ebenso vernichten wollte wie alle anderen. Gentleman Kelly erreichte einige Buschbäume, deren mächtiges Geäst ein schier undurchdringliches Dickicht bildete. Der Roboter sah eine Chance, sich in diesem zu verbergen und schnellte sich über mehrere Äste hinweg. Danach schob er sich hinter einige kopf große Blätter und kauerte sich zusammen. Lebo Axton war ratlos. Er blickte sich suchend um, und dann erst bemerkte er die anderen Polizisten, die sich jenseits der Buschbäume befanden. Er stellte fest, daß Kelly sich richtig entschieden hatte. Er mußte sich verstecken, wenn er nicht anderen Streifen direkt in die Arme laufen wollte. Die beiden Verfolger kamen heran, ohne Deckung zu suchen. Sie waren sich ihrer Überlegenheit bewußt. Axton blickte ihnen hilflos entgegen.
29 Noch nie war ihm seine Situation so aussichtslos erschienen, seit er in dieser Zeit war. Er konnte nichts tun. Er konnte nur warten, bis sie ihn fanden und töteten. Er blickte zum Trichterhaus hinüber, in dem Sammaron seine Etage hatte. Er wünschte, er könnte sich an ihn wenden und ihn um Hilfe bitten. Jetzt war er sich darüber klar, daß er das Haus nicht so ohne weiteres hätte verlassen dürfen. Er hätte sich Rückhalt verschaffen müssen. Nun war es zu spät.
* Sammaron schleuderte den Polizisten, der sich ihm in den Weg stellte, mit einer einzigen Handbewegung zur Seite. Er stürmte in das Hauptbüro, in dem Quertan Merantor hinter seinem Arbeitstisch saß. Der Polizeipräsident erhob sich, als er den Industriellen sah. »Was führt Sie zur mir, Sammaron?« fragte er. Die beiden Männer standen sich gegenüber, nur durch den Tisch getrennt. Sie blickten sich in die Augen. Unverhohlene Feindschaft stand zwischen ihnen. »Was Sie treiben, Merantor, ist durch nichts mehr zu entschuldigen.« »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.« Sammaron winkte verächtlich ab. »Natürlich wissen Sie es. Ich meine, daß Sie die Exoten töten lassen.« »Diese Maßnahme ist mit den höchsten Regierungsstellen abgesprochen worden, Sammaron. Es ist unsere einzige Möglichkeit, einen Feind zu besiegen, der unsere Position von innen heraus zerstören könnte.« »Wollen Sie alle gegen sich aufbringen, die reich und mächtig sind?« »Darum geht es nicht.« »Warum versuchen Sie nicht, jenen ausfindig zu machen, der für die Vorfälle wirklich verantwortlich ist? Warum töten Sie unterschiedlos, was verdächtig ist?« »Wir werden früher oder später auf den
30 Täter stoßen. Er wird sich wehren und damit unter Umständen beweisen, über welche Kräfte er tatsächlich verfügt.« »Sie glauben also auch an PSI?« Merantor schüttelte den Kopf. »Nein. Es muß etwas anderes sein. Ich denke eher an raffiniert eingesetzte Antigravtechnik, die mit Hilfe von Projektoren verwirklicht wird.« »Dann haben Sie noch weniger Grund, die Exoten umzubringen. Haben Sie denn noch nie daran gedacht, daß unter ihnen auch hochintelligente Geschöpfe sein könnten?« »Haben Sie je daran gedacht, wenn Sie die Exoten als Erheiterungsobjekt für Ihre Gäste hereingeführt haben?« Sammaron zuckte zusammen. »Nein. Leider, nein, Merantor. Ich habe sie genauso gedemütigt wie die anderen auch. Gerade deshalb dürfen wir es uns nicht so einfach machen. Sie könnten sie in einem Lager zusammenfassen und einzeln verhören. Danach könnten Sie …« »Diese Aktion ist von Orbanaschol genehmigt worden«, erklärte Merantor triumphierend. »Sie beschränkt sich auf das Squedon-Kont-Viertel. Dort leben vielleicht fünfzig oder hundert Exoten. Ihren Tod wird Arkon verschmerzen können. Der Schaden ist geringer als jener, der gestern abend bei Ihnen angerichtet wurde.« »Werden Sie Lebo Axton auch töten lassen?« »Natürlich. Warum nicht?« »Sie sind wahnsinnig, Merantor. Dieser Mann hat Arkon I erst vor einigen Tagen betreten.« »Vor zwei Tagen.« »Sie wissen aber genau, daß diese Vorfälle das Squedon-Kont-Viertel schon seit Wochen beunruhigen. Wie können Sie dann einen Mann töten wollen, der dafür bestimmt nicht verantwortlich zu machen ist, der sich vielmehr bemüht, den oder die Urheber zu finden? Das, Merantor, wäre ein eklatantes Verbrechen. Sie gehen zu weit. Außerdem wissen Sie bei Axton mit Sicher-
H. G. Francis heit, daß er kein Tier, sondern ein denkendes, intelligentes Wesen ist. Wenn Sie ihn umbringen, dann haben Sie einen Mord begangen.« »Sammaron, wir befinden uns im Krieg.« »Damit läßt sich nicht alles entschuldigen, Merantor. Es gibt Grenzen. Und bis jetzt gilt Arkon immer noch als Rechtsstaat. Wenn wir die Ideale aufgeben, für die wir immer gekämpft haben, dann lohnt es sich nicht mehr, in diesem Staat zu leben.« Sammaron pochte mit den Knöcheln auf den Tisch. »Ich will, daß Sie Axton verschonen. Schieben Sie ihn meinetwegen nach Arkon III ab, aber ermorden Sie ihn nicht.« »Ich werde sehen, was ich für ihn tun kann«, entgegnete der Präsident. »Wenn Sie mich aber noch länger aufhalten, wird das nicht viel sein.« Sammaron ging grußlos davon.
* »Du mußt mir helfen, Kelly«, sagte Lebo Axton leise. »Allein werde ich mit den beiden nicht fertig.« Die Polizisten trennten sich. Einer von ihnen ging nach links, der andere nach rechts. Dadurch gerieten sie beide aus dem Gesichtsfeld Axtons. »Jetzt«, befahl Axton. Lautlos glitt der Roboter über die Äste. Der Terraner war erstaunt, wie geschickt Kelly sich bewegen konnte. Vorsichtig stieg die Maschine bis auf den Boden herab. Hier waren sie durch das Unterholz gut gedeckt. Axton, der sich fest an den Metallrücken schmiegte, konnte die Beine eines der Polizisten sehen. Der Arkonide war keine fünf Meter von ihm entfernt, blickte aber in die entgegengesetzte Richtung. Axton richtete sich etwas auf, bis er über einen Ast hinweg auch den anderen Polizisten entdeckte. Er stand bei zwei weiteren Ordnungshütern und beriet sich mit ihnen. »Dort«, flüsterte Axton. Er streckte seinen Arm am Kopf des Roboters vorbei und wies auf ein Rohr, das dicht neben den Füßen ei-
Der Mutantenjäger nes Polizisten begann und zum Brunnen zu führen schien. Gentleman Kelly schob sich Zentimeter für Zentimeter voran, wobei er jegliches Geräusch vermied. Axton behielt die Polizisten im Auge. Er hörte sie sprechen. Sie waren ratlos, weil sie nicht wußten, wo er war. Der Arkonide am Wasserrohr ging zwei Schritte weiter. Nun befand sich ein kleiner Buckel mit einer rot wuchernden Pflanze zwischen ihm und Axton. Der Roboter erkannte die Chance, die sich ihm bot, und nutzte sie sofort. Geradezu geschmeidig schnellte er sich vor, fing sich ab und schob sich in die Öffnung des Rohres. Lebo Axton rutschte an Kelly herunter, bis er nur noch auf den relativ dünnen Beinen lag, weil sonst kein Platz für sie beide gewesen wäre. Voller ängstlicher Spannung beobachtete er den Polizisten, bis es ihm endlich gelang, mit Gentleman Kelly in dem Rohr zu verschwinden. Er spähte an der Schulter des Roboters vorbei nach vorn. Weit vor sich sah er die andere Öffnung. Sie mußte ungefähr dort sein, wo der alte Brunnen stand. Kelly wollte weiterkriechen, doch Axton hielt ihn flüsternd zurück. »Warte noch«, befahl er. Dabei lauschte er mit allen Sinnen. Er hörte die Schritte der Arkoniden über sich, und er vernahm ihre Stimmen. Einer von ihnen berichtete, daß er ein Wesen von einem Planeten Xaxanit erschossen hatte. Dann schien jemand über Sprechfunk eine Nachricht durchzugeben. »Merantor hat einmal wieder recht gehabt«, sagte einer der Polizisten. »Sie haben einen Haggater erwischt. Er gehörte dem Edlen Ewquer Zuerton. Er hatte sich ein Nest in der Wohnung gebaut. Und darin haben sie Unterlagen gefunden. Er war ein Spion der Methans.« »Dann braucht Merantor sich keine Sorgen mehr zu machen«, entgegnete ein anderer. »Das rechtfertigt alles.« »Los jetzt«, sagte Axton. »Was liegst du hier noch so faul herum?« Er klopfte Kelly aufs Hinterteil. Der Ro-
31 boter kroch durch die Röhre. Dabei ließen sich Geräusche nicht ganz vermeiden. Vorsichtshalber stoppte Axton die Maschine hin und wieder und horchte. Doch die Arkoniden wurden nicht auf sie aufmerksam. Er hörte sie laut miteinander reden. Weil er fürchtete, sie könnten das Rohr entdecken und hineinsehen, trieb er den Roboter zu immer größerer Eile an, je weiter sie sich von dem Suchkommando entfernten. Mit einem einzigen Schuß hätten die Arkoniden ihn jetzt erledigen können. Plötzlich glaubte Axton, Schritte zu vernehmen. »Halt, Kelly«, rief er hastig. Sie lagen absolut still. Axton wurde sich dessen bewußt, wie laut sein keuchender Atem ging, obwohl er sich doch kaum angestrengt hatte. Irgendwo über ihnen befand sich einer der Polizisten. Der Terraner spürte die Erschütterung des Bodens deutlich bei jedem Schritt. Unwillkürlich fragte er sich, wie dick die Schicht über ihm sein mochte. Vielleicht lag das Rohr hier sogar völlig frei, so daß ihn nur Millimeter von dem Polizisten trennten? Axton verwünschte Quertan Merantor und dessen übertriebene Angst vor einer Blamage. Er wartete. Bange Minuten verstrichen. Über ihm blieb alles ruhig. Er wußte nicht, was das zu bedeuten hatte. Befand sich der Arkonide nicht mehr in der Nähe? Oder kauerte er vielleicht sogar direkt über ihm und lauschte. Kniete er über dem Rohr und wartete darauf, daß sich darin etwas bewegen würde? Axton wurde heiß und kalt zugleich. »Wir müssen weiter, Kelly«, flüsterte er. »Du mußt jedes Geräusch vermeiden.« Der Roboter bewegte sich wieder. Unendlich vorsichtig kroch er weiter. Axton stellte beruhigt fest, daß er sich äußerst geschickt dabei anstellte und tatsächlich keine Geräusche verursachte. Er bezwang seine Ungeduld und verzichtete darauf, Kelly zu größerer Eile anzutreiben. Erst als er glaubte, weit genug von der kritischen Stelle entfernt zu sein, duldete er, daß der Roboter sich
32 schneller bewegte. Doch damit legte sich seine innere Spannung nicht. Er wußte schließlich nicht, ob die Arkoniden nicht doch bemerkt hatten, auf welchem Wege er entkommen war. Er befürchtete, daß sie am Rohrausgang auf ihn warteten. Daher ließ er den Roboter die letzten Meter allein zurücklegen. Er beobachtete, wie Gentleman Kelly sich aus dem Rohr gleiten ließ und sich umsah. Der Roboter verschwand aus seinem Sichtfeld und kehrte kurz darauf zurück, um ihm ein Zeichen zu geben, daß alles in Ordnung war. Aufatmend folgte Axton ihm. Die Uniformierten suchten noch immer in der Gegend, aus der sie entkommen waren. Vor dem Trichtergebäude stand nur noch ein einziger Gleiter. Die anderen Polizisten hatten sich also offensichtlich zurückgezogen. Kelly kniete sich nieder, so daß Axton auf seinen Rücken steigen konnte. »In das Trichterhaus dort drüben«, befahl der Terraner. »Dort steht ein Polizeigleiter«, stellte der Roboter fest. »Da sehe ich selbst, du Blechgenie«, erwiderte Axton ärgerlich. »Wenn ich deinen Rat oder deine Kritik erwarte, werde ich dir rechtzeitig Bescheid sagen. Los jetzt. Worauf wartest du?« Gentleman Kelly duckte sich und rannte auf das Gebäude zu. Dabei hielt er sich ständig in der Deckung von Büschen und Sträuchern, so daß die Polizisten ihn nicht sehen konnten. Axton konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich hin und wieder aufzurichten, um besser sehen zu können. So entdeckte er, daß die Arkoniden die Suche abbrachen. »Tempo«, schrie er. »Wir müssen im Haus sein, bevor sie kommen.« Tief gebückt jagte der Roboter mit weiten Sätzen auf das Haus zu. Dabei konnte er nicht mehr so gleichmäßig laufen, daß sein Rücken völlig ruhig lag. Axton wurde kräftig durchgeschüttelt. Er mußte sich mit aller Kraft festhalten, wenn er nicht herunterfallen wollte. Sie erreichten das Haus und drangen ein.
H. G. Francis In der Empfangsschleuse hielt sich niemand auf. Ungesehen erreichten sie den ersten Antigravschacht. Als Axton hineinblickte, stellte er fest, daß sie ihn nicht benutzen konnten. Mehrere Polizisten schwebten in ihm nach unten. Sie hatten Einblick in das aufwärts gepolte Feld. »Weiter. Wir versuchen es beim nächsten.« Gentleman Kelly eilte einen Gang entlang bis zum nächsten Einstieg. Dieser Schacht war vollkommen leer. So konnten sie sich ihm ruhig anvertrauen. Axton war davon überzeugt, daß die meisten Bewohner dieses Gebäudes Quertan Merantor feindlich gegenüber standen. Er hatte sie immerhin um ihre Spielzeuge gebracht. Daher hoffte er, nicht sofort verraten zu werden, falls er jemandem begegnen sollte. Er hatte jedoch Glück. Er erreichte das Stockwerk, das am Trichteransatz saß. Hier trieb er den Roboter hinaus. »Wohin?« fragte Kelly. Sie befanden sich in einer kleinen Halle, die mit kindlichen Motiven geschmückt war. Vor einem halbrunden Durchgang standen die Skulpturen von zwei Kindern, einem Mädchen und einem Jungen. »Hier muß irgendwo so etwas wie ein Kinderhort sein«, sagte Axton. Er dirigierte den Roboter zum Durchgang. Sie durchschritten ein energetisches Nebelfeld, das ein angenehmes Prickeln auf der Haut verursachte. Dann standen sie vor einer Transpaplastwand. Dahinter sah Axton zahlreiche Kinder in einer künstlichen Landschaft spielen, in der farbenprächtige Phantasiegebilde aufgebaut waren, mit denen die Kinder sich beschäftigen konnten. Die Wand führte in weitem Bogen zu einem weiteren Tor, das etwa fünfzig Meter von Axton entfernt war. Er veranlaßte den Roboter, weiterzugehen. Er wollte nicht mehr Aufsehen erregen, als vermeidbar war. Als sie etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, schoß ein blauer Blitz aus dem Boden empor. Er raste bis zur Decke hoch und bildete dort einen Ball, der nach Sekun-
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denbruchteilen schon wieder verschwand. Axton zuckte zusammen, obwohl er keineswegs überrascht war. Er blickte zu den Kindern hinüber, die nichts bemerkt zu haben schienen. Einige von ihnen spielten mit Puppen, aber er konnte keine sehen, der ein Arm fehlte. »Weiter«, befahl er. Gentleman Kelly gehorchte, doch er blieb erneut stehen, als wiederum ein Blitz aus dem Boden fuhr. Jetzt reagierten die Kinder. Sie kamen zögernd an die Transpaplastwand heran, berührten sie jedoch nicht. Einige Größere schienen Witze über Axton zu machen. Er konnte ihre Stimmen nicht hören, aber er sah, daß die anderen lachten. Da barst die Wand. Ein Riß bildete sich, und unmittelbar darauf, schien alles in Scherben zu gehen. Das Material zerplatzte und zersplitterte, fiel jedoch nicht zu Boden. Es haftete zusammen. Axton war unwillkürlich zurückgefahren. Er blickte auf die Wand, und dann war ihm, als versinke der Roboter unter ihm. »Verschwinde endlich!« Diese Worte zeichneten sich unübersehbar deutlich auf der Transpaplastwand ab. Doch das allein hätte Lebo Axton kaum so entsetzen können. Viel schlimmer war, daß diese Worte in Interkosmo verfaßt waren, also einer Sprache, die erst in einigen Jahrtausenden entstehen würde. Es gab nur einen einzigen Mann im Imperium Arkons, der diese Sprache beherrschte. Er selbst.
6. Jektor erschrak sichtlich, als er Axton vor sich sah. »Sie?« »Wollen Sie mich hier draußen stehen lassen, bis die Polizei mich sieht?« »Treten Sie ein.« Axton ließ seine Hand, klatschend auf den Kopf des Roboters fallen und sich von ihm in die Wohnung des Arztes tragen. Der Arkonide schloß die Tür, schob sich an Gentle-
man Kelly vorbei und eilte in den Salon voraus. Axton stieg vom Rücken des Roboters und setzte sich in einen der Sessel. »Man sieht nicht mehr, daß Sie Besuch hatten«, sagte er. In der Wohnung sah alles wieder so aus wie vorher, als der Terraner zum erstenmal hier gewesen war. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, daß ich zu Ihnen gekommen bin, Jektor?« »Keineswegs«, entgegnete der Arzt, nachdem er kurz gezögert hatte. »Merantor kann nicht länger mit mir rechnen. Ich habe ihm erklärt, daß ich für seinen Sturz sorgen werde. Und ich habe ihm gesagt, daß er ganz besonders große Schwierigkeiten haben wird, wenn er noch länger Jagd auf Sie macht.« »Ich scheine prominente Fürsprecher zu haben. Sammaron hat sich auch für mich eingesetzt.« »Sie waren bei ihm?« fragte Jektor überrascht. »Allerdings. Ich bin einige Stunden mit ihm und seiner Tochter zusammen gewesen. Ich habe mir etwas von der entführten Larcenia erzählen lassen, und ich glaube, daß ich mir nun ein recht gutes Bild von der Situation machen kann.« »Sie glauben, daß sie wirklich entführt wurde?« »Davon bin ich jetzt überzeugt. Es hat zwar erhebliche Spannungen zwischen ihr, ihrem Vater und Arina gegeben, aber Larcenia ist durch sie nicht aus dem Haus getrieben worden. Es muß etwas anderes vorgefallen sein.« »Darf ich Ihnen etwas zu essen anbieten?« »Gern.« Sinclair Marout Kennon war froh, endlich einen Unterschlupf gefunden zu haben, in dem er sich zumindest für einige Stunden sicher fühlen konnte. Er hätte auch bei dem Industriellen Sammaron bleiben können, aber das hatte er nicht gewollt. Ihm kam es darauf an, daß er wenigstens etwas Distanz halten konnte, damit sich das Bild, das er sich von den Zusammenhängen gemacht
34 hatte, nicht trübte. Er gab Kelly einen befehlenden Wink. Der Roboter verstand. Er eilte dem Arzt nach und half ihm. Wenig später kehrten er und Jektor zurück und brachten Speisen und Getränke. Für einige Minuten vergaß Axton seine Probleme. Mit einem wahren Heißhunger machte er sich über das Essen her. »Sie sagen, Larcenia sei entführt worden«, bemerkte der Mediziner, als er gesättigt war. »Warum? Wenn jemand ein solches Verbrechen verübt, dann denkt er sich doch normalerweise etwas dabei. Er will Geld oder sonst irgend etwas erpressen. Das aber scheint hier nicht der Fall zu sein. Der Entführer hat sich bis heute nicht gemeldet, und Larcenia ist nunmehr etwa acht Tage verschwunden.« »Das hat mich Sammaron auch bereits gefragt. Und das ist auch der Grund, weshalb Polizeipräsident Merantor nicht weiterkommt. Er hat sich in diese Idee verbohrt. Für mich aber ist diese Tatsache kein Beweis.« Axton trank einen Schluck Wein. »Wie geht es Apprat Cokret? Ist er mittlerweile aus seiner Ohnmacht erwacht?« »Leider, nein«, erwiderte der Arzt. »Der Offizier liegt starr und mit verhärteten Muskeln da. Allerdings hat er vor vier Stunden zum erstenmal eine echte Reaktion gezeigt.« Axton beugte sich vor. Seine Augen funkelten. »Was ist passiert?« »Nicht viel. Cokret bäumte sich auf seinem Lager auf. Seine Augen öffneten sich, und die Lippen bewegten sich. Es schien, als wolle er uns etwas mitteilen, aber kein Laut kam über seine Lippen. Dann fiel er nach hinten und lag wieder so starr und steif wie vorher da.« »Haben Sie ihn auch während dieser Zeit überwachen lassen?« »Seine medizinischen Werte werden ununterbrochen überprüft. Er ist ständig an positronische Beobachter angeschlossen, die uns über sämtliche Vorgänge in seinem Körper unterrichten.« Der Arzt hob ratlos die
H. G. Francis Hände. »Es ist alles normal bei ihm. Er müßte eigentlich bei vollem Bewußtsein sein, aber er ist es nicht.« Er blickte Axton fragend an. »Glauben Sie, daß ein Zusammenhang besteht zwischen den verrückten Vorgängen auf der Abendgesellschaft bei Sammaron, Larcenia und diesem Offizier?« »Davon bin ich fest überzeugt«, antwortete der Verwachsene, der den Wein sichtlich genoß. »Welcher?« »PSI, Jektor.« »Das verstehe ich nicht.« »Ich möchte es gern beweisen. Wenn ich es wirklich kann, dann komme ich einen bedeutenden Schritt voran. Aber ich bin auf Ihre Hilfe angewiesen.« »Was könnte ich schon für Sie tun?« »Sehr viel. Wenn Sie mit mir in die Klinik fliegen und mir erlauben würden, einige Meßgeräte leicht zu verändern, dann bin ich schon zufrieden.« Jektor senkte den Kopf. Er biß sich nachdenklich auf die Lippe. Unter den gegebenen Umständen ein derartiges Unternehmen zu ermöglichen, war äußerst gefährlich für ihn. »Haben Sie die Nachricht vom Hügel der Weisen gehört, Axton?« »Nein.« »Der Hügel der Weisen hat die Maßnahmen Merantors gebilligt. Er darf also Exoten abschießen. Meine Proteste haben in dieser Hinsicht nichts genützt. Apprat Cokret ist ein Geheimnisträger erster Ordnung. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?« »Sie wollen mir damit zu verstehen geben, daß ich nicht in seine Nähe kommen darf. Merantor würde darin einen Beweis dafür sehen, daß ich nicht an der Aufklärung des Falles arbeite, sondern versuche, an kriegswichtige Informationen zu kommen.« »Genau. Er würde Sie sofort erschießen, wenn er Sie bei Cokret mit Meßgeräten vorfindet, deren Funktion niemand außer Ihnen kennt.« »Das ist mein Risiko, Jektor. Vertrauen
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Sie mir?« Die beiden Männer blickten sich an. Axton wußte, daß er ohne die Unterstützung des Arztes nicht mehr viel weiterkommen würde. Nur mit seiner Hilfe konnte er beweisen, daß wirklich ein Zusammenhang zwischen den rätselhaften Ereignissen, Larcenia und Apprat Cokret vorhanden war. Dieser Zusammenhang konnte nur durch parapsychische Kräfte gegeben sein. Durch PSI. Durch eine Größe, die im Arkon dieser Epoche so gut wie unbekannt war. »Ich habe mich erkundigt, Axton. Niemand weiß, woher Sie gekommen sind.« »Das ist richtig.« »Sie wollen es auch mir nicht sagen?« »Nein. Ich bitte Sie, mir auch so zu vertrauen. Ich bin kein Feind Arkons, sondern ein Freund. Und ich habe es mir zum Ziel gesetzt, dem Imperium in einer ganz bestimmten Sache einen Dienst zu leisten, der die Weichen für die Zukunft stellen soll.« »Das sind große Worte.« »Große Worte für einen verkrüppelten Mann wie mich, der zu schwach ist, sich selbst zu schützen.« Der Arzt erhob sich betroffen. Er trat an eines der Fenster und blickte nach draußen. Die Sonne ging unter. Der zweite Tag neigte sich seinem Ende zu. »Und Sie wollen mir nicht mehr darüber sagen?« »Nein, Jektor. Ich kann nicht. Ich würde damit das große Ziel gefährden, das ich mir gestellt habe. Es muß Ihnen genügen, daß ich ein erklärter Feind aller bin, die gegen das arkonidische Imperium sind.« Der Mediziner lächelte kaum merklich. »Sie formulieren seltsam, Axton. Ein Arkonide würde sagen: Ich bin gegen alle, die gegen Orbanaschol sind.« Der Verwachsene griff erneut nach seinem Glas. Er sah den Mediziner nicht an. »Nun? Jektor? Helfen Sie mir?« »Ich helfe Ihnen.«
*
Die Gleiternische befand sich in unmittelbarer Nähe der Arztwohnung. In ihr war gerade genug Platz für die Maschine. Jektor löschte das Licht, bevor er das Schott auffuhr. Dann glitt die Flugkabine lautlos in die Nacht hinaus. Axton saß neben Gentleman Kelly auf der Bank hinter dem Mediziner, der schon bald auf eine der Routen einbog, die direkt zum klinischen Zentrum führten. Hier herrschte lebhafter Verkehr. Lebo Axton lehnte sich weit in die Polster zurück, so daß sein Kopf nicht über den Seitenrahmen des Gleiters hinausragte. Vorläufig war noch nichts zu befürchten. So konzentrierte er sich noch einmal auf die Maßnahmen, die er treffen mußte. Schritt für Schritt ging er den Plan durch, den er vorher in Sekunden entworfen hatte. Falls Quertan Merantor keine unvorhergesehenen Kontrollen oder Prüfungen einlegte, mußte alles so ablaufen, wie erwartet. »Vorsichtig. Die Klinik.« Axton drückte sich noch tiefer in die Polster. Der Gleiter flog langsamer. »Es ist alles ruhig«, berichtete der Arzt. »Auf dem Dach stehen zwei Polizeimaschinen. Ein Mann steht dabei.« »Können wir an ihm vorbeikommen?« Axton richtete sich auf und blickte an Jektor vorbei. Der Polizist hatte sich direkt vor dem Klinikabgang postiert. »Ich setze die Maschine ganz am Rand des Daches ab«, erklärte der Mediziner. »Darunter ist eine Fenstergondel, von der aus das Gebäude gereinigt werden kann. Sie können mit dem Roboter hineinspringen und von dort durch ein Fenster einsteigen, das ich von innen öffnen werde.« »Kelly wird hier bleiben.« Die Maschine landete. Jektor gab sich Mühe, sich so unbefangen wie möglich zu geben. Er packte einige Papiere zusammen, die auf dem Nebensitz lagen, und stieg aus. Axton hörte, wie er sich entfernte und dann einige Worte mit dem Polizisten wechselte. Er drückte die Seitentür auf und blickte hinaus. Direkt unter ihm schwebte die Gondel.
36 »Du mußt mir helfen, Kelly«, flüsterte er. »Ich kann nicht so tief herunterspringen.« Lautlos schob sich der Roboter über die Polster und streckte ihm die metallenen Hände hin. Axton ergriff sie und überließ sich ihnen. Gentleman Kelly hob ihn über die Dachkante hinaus, beugte sich weit hinunter und ließ ihn schließlich fallen. Der Verwachsene stürzte noch anderthalb Meter tief und schlug hart auf. Ein stechender Schmerz ging von seinem rechten Knöchel aus. Stöhnend blieb er liegen. Über ihm schloß sich die Gleitertür. Der Roboter verschwand. Axton blickte nach oben. Der Wächter auf dem Dach mußte den Aufprall gehört haben. Da öffnete sich direkt neben ihm eine Luke. Er sah das Gesicht von Jektor. Eilig raffte er sich auf und kletterte zu dem Arzt hinüber. Jektor zog das Fenster sogleich wieder zu. Die beiden Männer verharrten einige Sekunden auf der Stelle. Sie horchten. Deutlich waren die Schritte des Polizisten zu hören, doch sie entfernten sich kurz darauf wieder. Jektor atmete erleichtert auf. »Alles gut überstanden?« fragte er. »Es geht.« Lebo Axton biß die Zähne zusammen. Er hatte das Gefühl, sich das rechte Bein gebrochen zu haben. Er konnte den Fuß kaum aufsetzen. Doch er zwang sich, nur an die bevorstehende Aufgabe zu denken und die Schmerzen zu ignorieren. Jektor führte Axton an einigen Türen vorbei und blieb dann vor einem Antigravschacht stehen. »Apprat Cokret ist direkt unter uns, Axton«, berichtete er. »Aber dort unten wimmelt es auch von Polizisten und Geheimagenten.« »Sie sagten, daß es dennoch eine Möglichkeit gibt.« »Für mich nicht. Für Sie vielleicht. Kommen Sie.« Er führte Axton noch einige Meter weiter und blieb dann vor einer Metallklappe stehen. »Dies ist ein Wäscheschacht. Er führt an der positronischen Medokammer vorbei, von der aus Sie Zutritt zu Cokret haben. Wenn Sie sich in diesem Schacht nach
H. G. Francis unten lassen können, dann kommen Sie an Ihr Ziel. Ich kann mich überall frei bewegen.« Er eilte zu einem Schrank und kehrte mit einem Wäschestück zurück. Axton drehte es zu einem Seil zusammen und reichte Jektor einen Zipfel. »Halten Sie. Sobald ich im Schacht bin, können Sie das Ding festklemmen. Achten Sie aber darauf, daß man es nicht so leicht sehen kann.« Er kroch mühsam in den Schacht, prüfte das Wäschestück auf seine Festigkeit und ließ sich dann daran herunter. Seine schwachen Arme vermochten kaum, ihn zu tragen. Er mußte sich mit den Füßen an den Wänden abstützen, wobei sich Geräusche nicht ganz vermeiden ließen. Axton war normalerweise zu schwächlich für solche Einsätze, die er spielerisch leicht bewältigt hatte, als er noch in seinem Robotkörper steckte. Nun wurde der Abstieg für ihn zu einer einzigen Qual. Der Schweiß brach ihm aus, und er mußte Pausen einlegen, weil ihm der Atem knapp wurde. So benötigte er für etwa zwei Meter fast zwanzig Minuten. Dann endlich konnte er durch ein Gitter in den Medoraum sehen. Jektor trat gerade ein. Er ging an das Bett des Offiziers und legte ihm die Finger auf die geschlossenen Augen. Dann wandte er sich an jemanden, der sich nicht im Blickfeld Axtons befand. »Lassen Sie uns allein«, sagte der Arzt. »Ich sage Ihnen Bescheid, wenn ich Sie benötige.« Ein uniformierter Polizist ging an Jektor vorbei und verließ das Zimmer. Sofort eilte der Arzt an die Positronik. Er blickte zu dem Gitter auf. »Alles in Ordnung?« fragte er wispernd. »Helfen Sie mir heraus.« Der Mediziner öffnete das Gitter und wendete es zur Seite. Vorsichtig stützte er Axton, bis dieser aus eigener Kraft aus dem Schacht kriechen konnte. Stöhnend schob er seinen Körper durch die Öffnung. »Ich glaube nicht, daß ich es später schaf-
Der Mutantenjäger fen werde, wieder nach oben zu klettern«, sagte Axton. »Ich bin vollkommen erschöpft.« Jektor reichte ihm ein Glas Wasser. Axton trank, nachdem er sich auf einen Hocker gesetzt hatte. Er benötigte einige Minuten, bis er sich soweit erholt hatte, daß er zu Apprat Cokret gehen konnte. Er sah sofort, daß sich der Zustand des Offiziers nicht geändert hatte. Er tastete das Gesicht des Bewußtlosen ab, kniff ihm in den Hals und fühlte nach dem Puls. Dann kehrte er kommentarlos in die Kammer mit den positronischen Instrumenten zurück, von der aus der Offizier ständig überwacht wurde. Von nun an schien Axton vergessen zu haben, daß es in der Klinik Polizisten gab, die sofort auf ihn schießen würden, wenn sie ihn hier entdeckten. Er arbeitete ruhig und konzentriert. Wie er bereits befürchtet hatte, brauchte er lange, sich überhaupt erst einmal mit den Geräten vertraut zu machen. Aus seiner Sicht waren sie primitiv. Sie waren teilweise unglaublich umständlich konstruiert. Die Arkoniden kannten die Möglichkeiten noch nicht, mit denen sich diese Geräte vereinfachen und verbessern ließen. »Wie lange brauchen Sie noch?« fragte Jektor, als etwa eine Stunde verstrichen war. »Ich habe gerade erst angefangen.« »Ich kann den Posten nicht ewig draußen warten lassen.« »Das weiß ich, Jektor, aber ich kann es nicht ändern.« Wiederum verging fast eine Stunde. Dann endlich war Axton soweit. Er wußte genau, wie die einzelnen Geräte funktionierten und wie er sie verändern mußte, damit er die Messungen vornehmen konnte. Gerade als er damit beginnen wollte, bewegte sich die äußere der Doppeltüren zum Krankenzimmer. Axton rutschte blitzschnell von dem Hocker, auf dem er gesessen hatte, und preßte sich in eine Nische, in der er vom Bett des Offiziers aus nicht gesehen werden konnte. Jektor eilte zu Apprat Cokret zu-
37 rück. Quertan Merantor betrat den Raum. Er ging zu dem Mediziner, der bereits am Bett des Offiziers saß und dessen Arm hielt. Axton konnte ihn sehen. Er zog sich noch weiter in den Winkel zurück. Seine Blicke fielen auf die positronischen Geräte. Die Verschalung war zum Teil entfernt worden. Wenn der Polizeipräsident sich zufällig zur Medokabine hinwenden sollte, dann mußte er einfach sehen, daß jemand sich an der Positronik zu schaffen gemacht hatte. Axton brach der Schweiß aus. Sein Mund war plötzlich trocken, so daß er kaum noch schlucken konnte. Er bemühte sich, so flach wie nur möglich zu atmen, doch ihm schien, daß ihm die Luft laut rasselnd durch die Kehle ging. »Wie steht's mit ihm?« fragte der Präsident. »Leider noch keine Veränderung«, antwortete Jektor. »Ich hatte den Eindruck, daß endlich etwas passieren würde, aber seit einigen Minuten ist er wieder völlig still. Ich hoffe, daß seine Reaktionen bald wiederkommen.« »Hat er etwas gesagt?« »E'r hat es versucht. Deshalb blieb ich hier.« »Haben Sie ihm Medikamente gegeben.« »Mehrere.« Es wurde still im Raum. Axton hielt den Atem an. Er glaubte, Merantor müsse nun merken, daß er hier war. Ihm war, als spähe der Polizeipräsident zu ihm hinüber. Ragten seine Füße vielleicht in das Blickfeld Merantors hinein? Er schielte nach unten und zog die Füße soweit zurück, wie er nur konnte. »Er muß reden, Jektor«, fuhr Merantor fort. »Er muß.« »Ich gebe mir alle Mühe.« »Merantor, das Oberkommando befürchtet einen Angriff der Methans auf einen unserer wichtigsten Stützpunkte. Man glaubt, daß Cokret Informationen hat, die für uns von lebenswichtiger Bedeutung sein können. Er muß sie ausspucken, bevor die Methanat-
38 mer angreifen. Verstehen Sie mich?« »Natürlich«, entgegnete der Arzt voller Abneigung. »Warum schlage ich mir denn die Nacht um die Ohren? Doch nur, weil ich hoffe, Cokret aufwecken zu können.« »Ich werde Ihnen einige Helfer schicken.« »Ich will niemanden hier sehen.« »Sie werden tun, was ich Ihnen sage.« »In diesem Mause bin ich der Chef, Merantor. Je früher, Ihnen das eingeht, desto besser für Sie.« »Wollen Sie mir drohen?« Jektor antwortete nicht. Lebo Axton stand starr in seinem Versteck. Er fühlte, daß sein Herz wild klopfte. »Also gut«, sagte der Polizeipräsident endlich. »Ich lasse Sie allein. Sie aber tragen die Verantwortung, wenn irgend etwas mit Cokret passiert.« »Verschwinden Sie endlich, und stören Sie mich nicht länger bei meiner Arbeit.« Axton hörte, wie sich Schritte entfernten. Die Doppeltüren bewegten sich, und dann atmete Jektor laut auf. »Das war knapp«, bemerkte er. Axton kam aus seinem Versteck heraus. Er setzte sich wieder an die Positronik und wollte mit der Arbeit beginnen, doch seine Hände zitterten zu stark. Er fluchte lautlos. Warum war er in diesem Körper erwacht? Warum hatte ihm die Illusionsmaschine nicht in einen gesunden, leistungsfähigen Körper verschafft? Er schloß die Augen, senkte den Kopf und atmete mehrmals tief durch. Dann setzte er seine Arbeiten fort. Etwa zehn Minuten vergingen, bis er die ersten Sensoren an den Schädel Cokrets heften konnte und damit eine weitere Verbindung zwischen ihm und der Positronik herstellte. Dabei entdeckte er unverhofft einige Möglichkeiten, die in der Welt, aus der er kam, offenkundig übersehen worden waren. Er erinnerte sich an die Mutanten, mit denen er so oft zu tun gehabt hatte. Er lächelte. Es war nur zu verständlich, daß Wissenschaftler, die mit einem Gucky, einem John Marschall oder einer Betty Toufry zusammenarbeiten konnten, sich
H. G. Francis nicht auf derartige Wege konzentrierten. Für sie war es einfach, einen fremden Mutanten aufzuspüren. Sie konnten die Hilfe dieser Mutanten in Anspruch nehmen. Axton justierte die Geräte sorgfaltig und steuerte sie danach vorsichtig aus. Gespannt beobachteten er und der Mediziner die Bildschirme und Oszillographen. »Nun?« fragte Jektor. »Kein Zweifel«, antwortete Axton. »Cokret wird parapsychisch beeinflußt. Jemand hat ihn fest in seiner Gewalt, so daß er nichts sagen kann.« »Dann muß es doch möglich sein, ihn daraus zu befreien.« »Auf jeden Fall, Jektor. Aber nicht hier.« »Wir könnten Merantor informieren.« »Meinen Sie wirklich, daß er uns glauben wird? Sie selbst sind ja nicht einmal sicher, daß es PSI gibt. Und Sie sind Arzt. Quertan Merantor wird sich gar nicht erst anhören, was wir ihm zu sagen haben. Nein, wir müssen die Quelle dieser PSI-Energie finden und beseitigen. Wenn wir das schaffen, wird Cokret frei. Dann kann er Merantor erzählen, was er erfahren hat.« Axton erhob sich. »Es ist doch offensichtlich, Jektor, daß jemand versucht, Cokret daran zu hindern, eben dies zu tun. Oder noch mehr.« »Was wollen Sie damit sagen?« »Das erzähle ich Ihnen später, wenn wir die PSI-Quelle gefunden haben. Ich glaube, ich sehe jetzt klar.« »Können Sie die PSI-Quelle einpeilen? Ich meine, wie können wir sie finden?« »Habe ich noch etwas Zeit?« »Ich hoffe. Garantieren kann ich jedoch nichts.« »Ich werde mich beeilen.« Axton löste die Sensoren wieder vom Kopf Cokrets und arbeitete erneut an der Positronik. »Wir werden keine Zeit haben, die Geräte wieder so herzurichten, daß niemand etwas merkt«, sagte er zögernd. Jektor erschrak. »Dann weiß Merantor Bescheid«, entgeg-
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nete er. »Man wird mich sofort verhaften und des Verrats beschuldigen.« »Das sehe ich ein, Jektor. Nun, ich werde versuchen, was in meiner Macht steht. Sollte die Situation jedoch brenzlig werden, muß ich verschwinden. Ich verspreche Ihnen, daß ich den Fall danach so schnell lösen werde, daß Ihnen nichts passieren kann.« »Ich fürchte, ich habe mich auf eine böse Sache eingelassen«, erwiderte der Mediziner seufzend. Er ließ sich auf die Bettkante sinken, legte die Hände vors Gesicht und massierte sich die Augen. »Ich wünschte, es wäre schon alles vorüber.« »Sie können mir vertrauen, Jektor.« »Was bleibt mir anderes übrig?« Er blickte Axton an und lächelte zaghaft. Der Kosmokriminalist sah ihm an, daß er Angst hatte.
7. Axton konzentrierte sich erneut. Er erinnerte sich an eine Peilmethode, die einmal diskutiert worden war. Bald darauf begann er wieder zu arbeiten. Er löste Kontakte, festigte sie neu, stellte Kreuzverbindungen her und legte Sensoren an Kabel, die sich allmählich zu einem Ring formten. Schließlich legte er diesen auf seinen Kopf und drückte ihn fest, bis er stramm anlag. »Was haben Sie vor?« fragte der Arzt. »Ein Experiment«, erklärte Axton. »Sehen Sie, mit Hilfe dieser Positronik haben wir vorhin feststellen können, daß Apprat Cokret parapsychisch beeinflußt wird. Wir haben beweisen können, daß es diese Energieform gibt.« »Sie haben es sich selbst bewiesen«, verbesserte der Mediziner. »Ich habe nur gewisse Instrumentenanzeigen gesehen. Weiter nichts.« »Mir genügt es, Jektor. Ich will nun die gleichen Gerätschaften nehmen und damit versuchen, einen Teil des Energiestroms auf mich selbst zu lenken.« »Werden Sie dann nicht auch in eine Star-
re verfallen?« fragte der Arkonide erschrocken. »Das könnte sein, aber dann brauchen Sie mir nur die Kabel vom Kopf zu reißen, und ich werde wieder zu mir kommen. Hoffentlich.« »Gibt es keinen anderen Weg?« »Nein.« »Könnten Sie nicht den gesamten Energiestrom ablenken und damit Cokret befreien?« »Auf wen sollte ich ihn strömen lassen? Wir haben niemanden, den wir dafür einsetzen können. Und uns wäre auch nicht wirklich geholfen, denn wir müssen die PSIQuelle finden. Das aber können wir nur, wenn wir uns auf sie einpeilen.« »Ich gebe es ja zu«, erwiderte Jektor unglücklich. Ihm gefiel das gesamte Experiment nicht mehr. Er hatte Angst, aber er wußte auch keinen Ausweg. Weitere zehn Minuten verstrichen. Axton schickte den Arzt hinaus. »Holen Sie irgendwelche Medikamente und Untersuchungsgeräte. Es muß nach Arbeit aussehen. Aber kommen Sie bald wieder, damit niemand auf den Gedanken verfällt, hier zu kontrollieren.« Jektor verließ das Krankenzimmer geradezu erleichtert. Axton arbeitete weiter. Ein frischer Wind schien plötzlich durch den Raum zu wehen. Er fühlte sich befreit, seit der Arzt nicht mehr in seiner Nähe war und seine Konzentration durch seine Nervosität beeinträchtigte. Plötzlich klappte jeder Griff. Er brauchte kaum noch zu überlegen. Als Jektor zurückkehrte, war Axton fertig. »Es ist soweit«, sagte er. Der Arzt setzte das Tablett ab, auf dem er Medikamente und einige Prüfstreifen hereingebracht hatte. Voller Spannung blickte er Axton an. »Und was geschieht jetzt?« »Erste Phase: Einpeilung. Ich will grundsätzlich feststellen, ob es klappt. Danach müssen Sie mich wieder nach draußen schmuggeln. Irgendwie.« »Und dann?«
40 »Dann werde ich mich in den Gleiter setzen und den PSIImpulsen bis zu ihrer Quelle folgen.« Er streckte dem Arzt die Hand entgegen. »Kommen Sie zu mir, Jektor. Helfen Sie mir, falls die Belastung zu groß für mich sein sollte.« Axton nahm den Kabelring mit den Sensoren und legte ihn sich über den Kopf. Sorgfältig befestigte er die Sensoren an Schläfen, Halsschlagadern und Nacken. Dann senkte sich seine Hand auf einige Tasten. »Halten Sie mich fest, Jektor. Bitte.« Der Arkonide stellte sich hinter ihn und drückte ihm die Hände auf die Schultern. Axton lehnte sich zurück. Energisch drückte er die Tasten herunter. Im gleichen Augenblick bäumte er sich auf. Seine Lippen öffneten sich zu einem röchelnden Schrei. Die Arme fuhren hoch. Axton zuckte und bebte am ganzen Körper. Seine Füße trommelten auf den Boden. Er schien jegliche Kontrolle über sich verloren zu haben. Jektor beugte sich über ihn und drückte die Tasten. Sofort erschlaffte Axton. Sein Kopf sank auf die Brust. Er hob die Hände und preßte sie gegen das Gesicht, das plötzlich schweißbedeckt war. »Ich dachte, Sie sterben«, sagte der Arkonide bestürzt. »Warum haben Sie unterbrochen?« fragte Axton gereizt. »Sie hätten sich sehen sollen.« »Ich bekam mich gerade unter Kontrolle. Alles wurde besser.« Axton zwang sich zu einem beruhigenden Lächeln. Er wußte, daß er auf die Hilfe dieses Arkoniden angewiesen war. »Machen Sie sich keine Vorwürfe. Wir schaffen es.« »Haben Sie einen ersten Richtungseindruck?« »Einen sehr guten sogar. Ich möchte behaupten, daß die PSIEnergie aus der Richtung des Squedon-Kont-Viertels fließt.« Jektor blickte ihn schockiert an. »Sie wollen sagen, daß …« »Vorläufig gar nichts, Jektor. Lassen Sie
H. G. Francis mich das Experiment wiederholen.« Er beugte sich vor, ohne dem Arkoniden die Gelegenheit für einen Protest zu geben, und schaltete ein. Wiederum zuckten seine Arme und Beine, aber dieses Mal ließen die konvulsivischen Reflexbewegungen schnell nach. Axton wurde ruhiger, und er konnte sogar einige Regulierungen vornehmen. Als er den Kabelkranz danach abnahm, erklärte er: »Es ist kein Zweifel möglich. Die Richtung stimmt. Entweder finden wir die PSIBegabung im Squedon-Kont-Viertel oder dahinter.« Er packte sorgfältig zusammen, was er benötigte. »Ich werde die Apparatur an eine Gleiterbatterie anschließen müssen. Hoffentlich reicht die Energie aus.« Er wollte damit beginnen, die Spuren zu verwischen und die Medopositronik wieder so herzurichten, daß niemand auf den ersten Blick die Manipulationen erkennen konnte. Doch er sah ein, daß er dazu weitere Stunden Zeit benötigt hätte. Er gab auf und beseitigte nur die gröbsten Spuren. Danach stopfte er sich unter das Hemd, was er mitnehmen wollte. Er eilte zum Fenster und blickte hinaus. Draußen war es nicht besonders dunkel. »Kein Balkon«, sagte er enttäuscht. »Dann muß ich versuchen, wieder durch den Schacht nach oben zu kommen. Sie müssen mir helfen.« »Wie stellen Sie sich das vor?« »Sie müssen nach oben gehen und mich ziehen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.« Jektor seufzte. Ihm war anzusehen, daß er nicht daran glaubte, es auf diese Weise schaffen zu können. Dennoch stimmte er zu. Er half dem Verwachsenen durch die Luke, verschloß diese wieder und eilte aus dem Zimmer. Lebo Axton-Kennon hing an einem Fließtuch im Schacht. Durch das Gitter konnte er einen Polizisten beobachten, der das Zimmer betrat, gelangweilt zu Cokret ging und ihn betrachtete. Dann setzte er sich in einen Sessel neben der Tür. Von hier aus konnte er in
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die Nische der Medopositronik sehen. Axton fühlte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Die schwache Muskulatur seiner Arme konnte ihn nicht mehr lange halten. Allein konnte er sich auf gar keinen Fall nach oben hangeln. Er biß sich auf die Lippen. Ihm schien, daß der Arkonide ständig zu ihm herüberblickte. Axton stockte das Herz, als der Polizist sich plötzlich erhob und auf die Nische zuging. Er glaubte, bereits entdeckt worden zu sein. Doch der Arkonide interessierte sich nicht für die Positronik. Er war müde und versah seinen Dienst äußerst lustlos. Gelangweilt zapfte er sich etwas Wasser aus dem Automaten, trank den Becher aus, warf ihn in den Müllvernichter und kehrte zu seinem Sessel zurück. Er setzte sich, schlug die Beine übereinander, lehnte den Kopf zurück und schloß die Augen. Axton grinste. Er versuchte, sich nach oben zu ziehen, um wenigstens das Gitter zu überwinden. Er schaffte kaum einen halben Meter. Dann mußte er eine Pause einlegen, weil seine Armmuskeln bereits ermüdeten. Seine Kraft reichte gerade noch aus, sich in dieser Lage zu halten. Verzweifelt fragte er sich, warum der Mediziner soviel Zeit benötigte. War er aufgehalten worden?
* Eine Ewigkeit schien verstrichen zu sein, bis Axton endlich einen Ruck verspürte. Er konnte sich kaum noch halten. Schnell zog Jektor ihn nach oben. Axton hatte Mühe, genügend Abstand von der Schachtwand zu halten. Er stieß immer wieder an und verursachte dabei Geräusche. Diese erschienen ihm so laut, daß er glaubte, das ganze Klinikum müsse alarmiert werden. Dem Arkoniden tränten vor Erregung die Augen, so daß er kaum noch etwas sehen konnte. »Merantor«, berichtete er stammelnd. »Der Polizeipräsident ist wieder da. Ich fürchte, er wird bald entdecken, daß jemand
an der Positronik tätig war.« Axton wälzte sich aus dem Schacht. Erschöpft blieb er auf dem Boden liegen. Ihm war, als müßten die Arme abfallen. Er hatte überhaupt kein Gefühl mehr in ihnen. »Schnell«, sagte der Arzt drängend. »Sie müssen in den Gleiter.« Er ergriff Axtons Hand und half ihm beim Aufstehen. Er mußte ihn stützen, als er mit ihm zum Fenster eilte. Allein hätte der Kriminalist den Ausstieg niemals geschafft. Der Arkonide schob ihn durch das Fenster in die Gondel hinein, wo Axton abermals liegenblieb. Das Fenster schloß sich. Der Terraner hörte die Schritte einiger Polizisten auf dem Dach, und er vernahm die energische Stimme von Quertan Merantor. Er konnte nicht alles verstehen, was er sagte, begriff jedoch, daß er noch nichts von den Manipulationen bemerkt haben konnte. Über ihm öffnete sich die Tür des Gleiters. Der runde Kopf Gentleman Kellys kam zum Vorschein. Dann stieg der Roboter aus, kroch über die Dachkante und ließ sich an der Wand herunter, bis seine Füße Axton fast erreichten. Der Terraner packte sie und hielt sich fest. Kelly kletterte wieder hoch, wobei er sich so geschickt verhielt, daß Axton nicht in Gefahr kam abzustürzen. Schließlich griff er mit der Hand nach ihm, verkrallte sie in dem Stoff seiner Kombijacke und richtete sich mit ihm zusammen auf. Der Terraner setzte seinen Fuß auf die Dachkante, beugte sich vor und erreichte die Polster der hinteren Sitze. Keuchend und dem Zusammenbruch nahe, ließ er sich hineinrollen. Der Roboter folgte ihm und schloß die Tür lautlos hinter ihm. Axton legte seine Hände auf die Brust. Sein Herz schlug schmerzhaft schnell. Weitere körperlicher Anstrengungen hätten zu einem Zusammenbruch geführt. Sein Atem ging pfeifend, und vor seinen Augen flimmerte es. »Jektor kommt«, teilte Kelly leise mit. Er spähte vorsichtig auf das Dach hinaus. »Er geht an Merantor vorbei.« Schritte näherten sich. Der Arzt öffnete
42 die Gleitertür. »He, Jektor«, rief Quertan Merantor. »Haben Sie mir nichts zu sagen?« »Wenn das der Fall wäre, Merantor, dann hätte ich es längst getan«, antwortete der Mediziner. Er setzte sich hinter das Steuer, schlug die Tür zu und startete. Lebo Axton erhob sich und ließ sich dann in die Polster sinken. Das Summen des Antigravs erschien ihm wie ein Lebenslied. Die Spannung der letzten Stunden fiel endgültig von ihm ab, obwohl die eigentliche Entscheidung noch nicht gefallen war. »Wohin jetzt?« fragte Jektor. »Zu Ihrer Wohnung«, entschied Axton. »Das geht nicht. Dort wird man zuerst suchen, wenn man entdeckt, was mit der Positronik …« »Dann nennen Sie mir einen Ort, an dem ich in Ruhe eine der Batterien ausbauen kann.« Der Arkonide schwieg. Einige Minuten lang überlegte er. Dann sagte er: »Wir könnten in der Parknische bleiben.« »Genau das werden wir tun, Jektor.« Schweigend flogen sie weiter, bis die Maschine wieder dort aufsetzte, wo sie vor einigen Stunden gestartet war. Als sich das Außenschott der schleusenähnlichen Kammer schloß, flammte Licht auf. Jektor und Axton stiegen aus. Kelly blieb auf Befehl des Terraners in der Maschine sitzen. Der Arkonide ging mit schnellen Schritten zur Tür, legte seine Finger an einen Kontaktstreifen und öffnete sie damit. Er blickte auf den Gang hinaus, winkte Axton kurz zu und eilte zu seiner Wohnungstür hinüber. Auch dort legte er seine Finger an einen Kontaktstreifen und trat ein, nachdem ihn eine Identitätsschranke geprüft und akzeptiert hatte. Lebo Axton klappte die Fronthaube des Gleiters hoch. Darunter lagen die Batteriesätze. Er konnte sie gut und bequem erreichen. Rasch löste er einen von ihnen heraus, winkte dann erst den Roboter zu sich heran und befahl ihm, ihn herauszuheben. Als Gentleman Kelly diese Arbeit verrichtete, ging Axton zur Tür. Er blickte auf den Gang
H. G. Francis hinaus und erstarrte. Vor der Wohnung Jektors standen zwei Polizisten. Sie hielten ihre Energiestrahler in den Händen. Der Arzt erschien in der Tür. Er fuhr sichtlich zusammen, als er die Uniformierten sah. »Was wollen Sie von mir?« rief er überlaut. Axton erkannte, daß er ihn aufmerksam machen wollte. »Kommen Sie mit, Jektor. Sie sind verhaftet«, erklärte einer der beiden Polizisten. »Ich protestiere.« »Das können Sie Merantor gegenüber tun. Wir führen nur Befehle aus.« Sie schlossen die Tür und versiegelten sie. Dann nahmen sie den Arzt in die Mitte und verschwanden mit ihm im Antigravschacht. Axton wartete einige Minuten. Als auch dann noch alles ruhig blieb, setzte er sich den Kabelkranz auf den Kopf und schloß die Sensoren an. Die Tür zum Gang blieb einen Spalt breit offen, so daß er jederzeit verfolgen konnte, was draußen geschah. »Achte auf mich, Kelly«, sagte er. »Wenn ich die Kontrolle über mich verlieren sollte, löse die Kabel ab.« »Ich habe verstanden.« »Dann ist es gut.« Sinclair Marout Kennon zögerte. Er wußte genau, wie hoch die Energien sein konnten, über die Mutanten herrschten. Dem entsprechend hoch war auch das Risiko, das er einging. Er mußte für wenige Sekunden zumindest einen Teil dieser Energien durch sein Gehirn leiten. Da er sich seiner Vermutung nach in unmittelbarer Nähe der PSIQuelle befand, konnte er nicht voraussehen, wie der Versuch verlaufen würde. Er zwang sich zur Ruhe. Gentleman Kelly stand vor ihm und beugte sich leicht nach vorn. Er streckte seine Metallhände aus, um blitzschnell zugreifen zu können. »Jetzt«, sagte Axton. Er drückte eine Taste und gab damit die Energie aus der Batterie frei. Im selben Moment schrie er auf. Er hatte das Gefühl, von einem Blitz getroffen zu werden, der von oben in seinen Kopf schlug
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und bis in die Zehenspitzen raste. Er brach zusammen. Zugleich versuchte er, sich die Kabel vom Kopf zu reißen, aber er schaffte es nicht. Seine Arme gehorchten ihm nicht mehr. Fassungslos blickte er den Roboter an, der sich zeitlupenhaft langsam bewegte. Ihm wurde schwarz vor Augen. Er schlug auf den Boden. Als er wieder zu sich kam, wußte er zunächst nicht, wo er war. Gentleman Kelly beugte sich über ihn und massierte ihm die Halsmuskulatur. »Was ist passiert?« fragte er flüsternd. »Es war zuviel für dich, Liebling.« Dieses Wort machte Axton schlagartig wach. Er fuhr hoch und sah den Kabelkranz. Zugleich vergaß er, daß er den Roboter hatte zurechtweisen wollen. Er begriff, daß er sich getäuscht hatte. Tatsächlich war alles ungeheuer schnell abgelaufen, nur sein Wahrnehmungsvermögen war gestört gewesen. »Es ist hier, Kelly. Es muß hier in diesem Trichter sein.«
* Axton zog die Tür zum Gang auf und verließ die Parknische. Der Roboter folgte ihm dicht auf dem Fuße. »Ich hatte das Gefühl, daß es von oben kam, Kelly«, sagte er. »Also werden wir weiter oben suchen.« »Willst du nicht noch einen weiteren Test machen?« »Ich glaube nicht, daß das notwendig ist.« Axton eilte auf den nächsten Antigravschacht zu, als ein arkonidischer Junge aus dem abwärtsgepolten Feld trat und sich ihm näherte. Er war etwa zehn Jahre alt, war außerordentlich schlank und hatte ausdrucksvolle Augen. Sein Haar war weißblond und reichte ihm bis auf die Schultern herab. Dicht vor dem Verwachsenen blieb er stehen und musterte ihn. »Nanu«, sagte Axton. »So früh am morgen schon unterwegs?« Der Junge blieb ernst. Er blickte zu Kelly
hinüber und dann wieder zu Axton. »Ich möchte Sie warnen, Lebo Axton!« »Du willst mich warnen? Warum? Und wovor?« »Das brauche ich wohl nicht erst zu erklären.« Seine Stimme klang eigenartig hohl. Sie paßte nicht zu seiner sonstigen Erscheinung. »Vielleicht doch«, entgegnete der Terraner. »Ich hätte gern gewußt, mit wem ich es zu tun habe. Meinst du Quertan Merantor?« »Ich will nicht, daß Sie mir noch länger nachspionieren, Lebo Axton. Meine Geduld ist erschöpft.« »Du?« Axton pfiff überrascht durch die Zähne. »Du bist also der Mutant?« »Werden Sie jetzt verschwinden?« »Ich werde es mir überlegen.« »Sie haben noch immer nicht verstanden. Ich scherze nicht.« »Du willst mir also drohen?« »Wenn es sein muß, ja.« »So geht das nicht, Junge. Ich muß mit dir reden.« Der Arkonide schüttelte den Kopf. Er wollte sich umdrehen, doch der Verwachsene streckte rasch seine Hand aus und hielt ihn an der Schulter fest. Der Junge blieb stehen. Seine Augen verengten sich. Axton ließ die Hand sinken. »Glaubst du wirklich, ich hätte mir soviel Mühe gegeben und ein solches Risiko auf mich genommen, wenn ich nicht genau wüßte, was ich will? Meinst du wirklich, ich könnte überhaupt jetzt noch aufgeben?« »Das interessiert mich nicht. Wenn Sie nicht sofort von hier verschwinden und die Sache vergessen, dann wird Quertan Merantor noch heute erfahren, daß Sie aus der Zukunft kommen.« Axton hatte das Gefühl, als habe ihm jemand den Boden unter den Füßen weggerissen. Der Junge drehte sich um, ging zum Antigravschacht und verschwand im aufwärts gepolten Feld. Der Terraner blickte ihm hilflos nach. Er wußte nicht, was er tun sollte. Das gefährliche Spiel, auf das er sich un-
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freiwillig eingelassen hatte, schien zu Ende zu sein.
* In der Parknische fühlte Axton sich relativ sicher. Jedenfalls für den Augenblick. Da der Arzt verhaftet worden war, brauchte er nicht damit zu rechnen, daß jemand die Nische betrat und ihn entdeckte. Er saß in der Falle. Auf der einen Seite mußte er weitermachen, bis der Fall geklärt war, wenn er weiterhin Unterstützung bei Vagont Ternnan, dem Polizeipräsidenten von Arkon III finden, wollte. Er mußte sein Ziel auch weiterhin verfolgen, wenn er Quertan Merantor keinen Vorwand liefern wollte, ihn zu vernichten. Vielleicht würde er Glück haben, daß ihn die Illusionsmaschine in die Zukunft zurückriß. Aber dann mußte er seinen Freunden dort erklären, daß er auf der ganzen Linie versagt hatte. Er wußte, was sie denken würden, oder er glaubte es wenigstens zu wissen. Sie würden seinen Mißerfolg auf seine körperliche Schwäche zurückführen. Kennon wußte, daß er das nicht ertragen würde. Auf der anderen Seite hatte der Mutant ihm aber ein deutliches Zeichen gesetzt. Bis hierher und nicht weiter. Merantor und der arkonidische Geheimdienst würden ihn gnadenlos foltern, wenn sie einmal wußten, woher er wirklich kam, um alles aus ihm herauszuholen, was sie glaubten, in Erfahrung bringen zu müssen. Axton spürte die Belastung der letzten Stunden. Er wurde müde, und es fiel ihm immer schwerer, klar zu denken. Als ihm bewußt wurde, daß seine Leistungsfähigkeit deutlich abgesunken war, entschloß er sich, eine kurze Erholungspause einzulegen. Er stieg in den Gleiter, legte sich auf die Polster und befahl, Kelly, ihn in einer Stunde zu wecken. Er schlief fast augenblicklich ein. Als der Roboter seine Schulter eine Stunde später berührte, war er sofort wach. Er fühlte sich erfrischt und erholt. Aus den Be-
ständen des Gleiters versorgte er sich mit einem leichten Frühstück. Er blickte auf sein Chronometer. Es zeigte die fünfte Stunde des Tages an. Draußen wurde es hell, aber für die Edelleute war es noch zu früh. Nur die Bediensteten standen jetzt schon auf. Wiederum überdachte Axton die Situation. Jetzt sah er alles viel klarer. Ihm blieb nur ein einziger Weg. Er mußte bis zur PSIQuelle vorstoßen. Und er mußte dafür sorgen, daß ihre Kräfte in kontrollierte Bannen geleitet wurden. Nur so konnte er aus der Falle entkommen, die Ternnan und Merantor ihm gestellt hatten. »Wir versuchen es, Kelly«, sagte er. »Wir gehen nach oben.« Der Roboter öffnete die Tür. Sie glitt lautlos zur Seite. Er trat auf den Gang hinaus und näherte sich dem Antigravschacht, als plötzlich eine blaue Flamme direkt vor ihm in der Luft schwebte. Kelly blieb stehen. Axton zögerte. Die Flamme glitt auf den Roboter zu, der vor ihr zurückwich. Der Terraner fluchte verhalten. Gegen solche Mittel konnte er nichts ausrichten. Unter ihnen rumorte es, und ein schwerer Gegenstand polterte zu Boden. Ein sonnenheller Kugelblitz raste von Gentleman Kelly weg und den Gang entlang. Er entfernte sich schnell von dem Roboter und Axton. Als er etwa hundert Meter zurückgelegt hatte, blähte er sich donnernd auf und zerplatzte. Aus den Wänden schlugen blaue Blitze. Die automatische Löschvorrichtung vergoß Sauerstoff verzehrenden hellen Trockenschaum. »Komm«, rief Axton. Er rannte auf die nächste Gangbiegung zu, hinter der er einen weiteren Antigravschacht wußte. Der Roboter folgte ihm. Schon nach wenigen Schritten hatte er ihn erreicht. »Soll ich dich tragen, Schätzchen?« fragte er laut. »Ich werde dir …«, schrie Axton. Ein lauter Knall unterbrach ihn. Gentleman Kelly stürzte zu Boden. Der Terraner blieb stehen. Betroffen
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blickte er auf seinen Begleiter herab. Die Beine des Roboters waren an jeweils zwei Stellen glatt durchgebrochen. Kelly stützte sich auf seine Hände und hob damit seinen Ovalkörper ab. Er schwang sich nach vorn, ließ den Ovalkörper auf den Boden sinken, und warf nunmehr so gestützt die Arme nach vorn. Als er Axton jedoch erreicht hatte, verharrte er auf der Stelle, neigte sich leicht nach hinten und legte den Kopf zurück, damit er ihn ansehen konnte. »Der Verlust der Beine ist von untergeordneter Bedeutung«, erklärte er. »Damit wird meine Bewegungsfähigkeit nur wenig eingeschränkt.« Axton bückte sich und nahm ein Stück vom Schenkel mit dem daranhängenden Fuß auf. Erst dann erkannte er, was wirklich geschehen war. Der Mutant hatte seine zweite, überaus deutliche Warnung ausgesprochen. Wenn er sich nun nicht fügte, so mußte er damit rechnen, auf ähnliche Weise um seine Beine gebracht zu werden.
8. Auf dem Gang wurde es still. Axton blickte um die Ecke. Auf dem weit entfernten Ende des Ganges flüchteten einige Arkoniden hustend und keuchend durch aufsteigenden Qualm. Ein Teil der Wand war aufgeplatzt. Die Isoplastverkleidung hatte sich verbogen, als ob sie großer Hitzeeinwirkung ausgesetzt gewesen sei. Aus dem Antigravschacht kam ein hochgewachsener Polizist. Axton erwartete, daß er dorthin gehen würde, wo der Schaum den Brand erstickt hatte. Aber er blickte zu ihm herüber. Er fuhr zurück und preßte sich an die Wand. Schritte näherten sich ihm. Kennon blickte zur gegenüberliegenden Wand und beobachtete dort an einer spiegelnden Leiste, daß der Polizist vor den abgebrochenen Roboterbeinen stehenblieb. Er stieß sie mit dem Fuß an und bückte sich dann. Axton faßte einen blitzschnellen Entschluß. Er trat vor, hob den Beinstumpf über
den Kopf und hieb ihn mit aller Kraft auf den Schädel des Polizisten. Der Mann stürzte zu Boden und blieb liegen. Eilig drückte Axton ihm die Finger gegen den Hals. Er fühlte den kräftigen Pulsschlag und war beruhigt, daß er den Mann nicht getötet hatte. Mit einem schnellen Griff zog er ihm den Energiestrahler aus dem Halfter. »Zieh ihn um die Ecke und fessele ihn«, befahl er. Gentleman Kelly gehorchte. Der Roboter nahm dem Arkoniden den Gürtel ab und band ihm damit die Hände zusammen. Dann zerfetzte er die Hose und wickelte die Streifen, die er dabei gewann, um die Füße. »Das reicht«, sagte Axton. »Und nun?« »Nun schweben wir nach oben. Wie vorgesehen.« »Hoffentlich breche ich mir nicht den Kopf ab.« »Das wäre keineswegs schade, Kelly. Du erinnerst dich daran, daß wir uns über dieses Thema schon unterhielten?« Axton stieg auf den Rücken des Automaten und ließ sich von ihm transportieren. Mit dem Strahler in der Hand fühlte er sich schon wesentlichsicherer. Wenig später erreichte er das darüber liegende Stockwerk. Er war keineswegs überrascht, als er sah, daß es von einer künstlich angelegten Landschaft eingenommen wurde. Diese Anlage erinnerte an ein Hochgebirgstal mit teilweise üppiger, und teilweise karger Vegetation. In der Nähe befand sich ein See. Armlange Fische sprangen aus dem Wasser und schnappten nach Insekten. Zwischen grauen Felsen erhoben sich mehrere gelbe Bäume, auf deren Ästen Vögel hockten, die Axton an terranische Aras erinnerten. Gentleman Kelly schnellte sich hinter einen Felsen. Diese Bewegung kam so plötzlich, daß Axton fast von seinem Rücken gefallen wäre. »Was ist los?« fragte er leise. Der Roboter streckte den linken Arm aus. Und dann sah auch der Terraner den Jungen,
46 der ihn gewarnt hatte. Er stand unter einem überhängenden Felsen und angelte. Immer wieder warf er einen hellen Blinker ins Wasser und holte ihn ein. Die Fische reagierten jedoch nicht darauf. »Hm«, sagte Axton. »Kannst du dir vorstellen, daß er tatsächlich an nichts anderes mehr denkt als an die Fische?« »Nein«, antwortete Kelly leise. »Du hast ausnahmsweise recht.« Er wollte noch mehr sagen, als er plötzlich ein Mädchen entdeckte, das etwa so alt sein mochte wie der Junge. Es schlich sich von hinten an ihn an und versuchte, ihn ins Wasser zu stoßen. In letzter Sekunde erst bemerkte er sie. Er fuhr herum und wich aus. Mit einem leisen Aufschrei lief sie an ihm vorbei und rutschte aus. Sie fiel jedoch nicht, weil er sie noch rechtzeitig abfing. Das war nicht gerade die Art, in der Telepathen reagierten, fand Kennon. Der Mausbiber Gucky etwa wäre von niemandem zu überraschen gewesen. Er hätte schon längst vorher bemerkt, daß sich ihm jemand näherte. Daraus war nur ein Schluß zu ziehen. Dieser Junge war nicht die PSI-Quelle. Axton wartete ab, und es kam, wie er vermutet hatte. Der Junge steckte seine Angel zusammen und verschwand mit dem Mädchen zwischen den Felsen. »Wollen wir sie verfolgen?« erkundigte sich Kelly. »Nein. Er gehört sicherlich zum Kinderhort. Sie hat ihn abgeholt, vielleicht weil es Frühstück gibt.« Axton löste sich von dem Roboter. Er kletterte an einem Felsen hoch, bis er eine bessere Übersicht hatte. Dieser Gebirgsgarten hatte einen Durchmesser von etwa zweihundert Metern. Axton fiel auf, daß der See von einem Bach gespeist wurde, der aus einer Schlucht kam. In der Nähe dieses Einschnitts gab es zahlreiche Stellen, an denen die Felsen verbrannt waren. Sie sahen aus, als ob dort Blitze eingeschlagen wären. Das aber paßte nicht zu einer parkähnlichen Anlage wie dieser. Naturereignisse dieser Art konnte es hier nicht geben.
H. G. Francis Axton fuhr zusammen, als es unter ihm krachte. Er klammerte sich an den Fels und blickte nach unten. Gentleman Kelly lag auf dem Boden. Er bestand nur noch aus dem Ovalkörper, dem Kopf und je zwei Arm und Beinstümpfen. Die Quarzlinsen waren nach oben gerichtet. »Es hat mich erwischt, Schätzchen«, meldete er mit gedämpfter Stimme. »Wir müssen uns trennen. Von nun an kann ich dir nicht mehr helfen.« »Ich weiß nicht, ob ich erleichtert sein soll«, entgegnete der Terraner boshaft. »Du gibst kein schlechtes Bild ab.« Gentleman Kelly ruderte vergeblich mit seinen vier Stümpfen. Damit konnte er sich nicht mehr aufrichten. Sie waren zu kurz. »Wenn die Lage nicht so ernst wäre, könnte ich mich totlachen«, sagte Axton. Er ließ sich vorsichtig am Felsen heruntergleiten. »Wenn du noch einmal Schätzchen, Liebling oder sonst etwas dieser Art zu mir sagen solltest, werde ich dafür sorgen, daß du niemals wieder Arme und Beine bekommst.« Die Quarzlinsen funkelten. Lebo Axton ging weiter. Er behielt den Eingang zur Schlucht ständig im Auge und achtete darauf, daß er stets in Deckung blieb. Kennon war ein Spitzenkönner seines Fachs. Er hatte über vierhundertfünfzig Jahre im Dienste der USO gestanden und die vielleicht vollkommenste Ausbildung genossen, der sich jemals ein USO-Spezialist unterzogen hatte. Er wußte, wie er sich Mutanten gegenüber zu verhalten hatte, und wie man sich geistig gegen sie abschirmen konnte. Deshalb war ihm nun auch völlig klar, weshalb der Junge zu ihm gekommen war. Der Mutant hatte ihn als Relaisstation benutzt, über die er ihn, Axton, wahrnehmen konnte. Das war allerdings zu einem Zeitpunkt gewesen, an dem er sich dem Mutanten geistig bereits verschlossen hatte. Vorher mußte dieser schon herausgefunden haben, welches Geheimnis ihn umgab. Kennon war überzeugt davon, daß er mit
Der Mutantenjäger parapsychischen Mitteln nun nicht mehr zu orten war. Wenn der Mutant sich in der Schlucht versteckte, so konnte er ihn aber durchaus mit optischen Mitteln ausmachen. Er erreichte den Eingang der Schlucht, ohne angegriffen worden zu sein. Erschöpft blieb er stehen, um sich ein wenig zu erholen. Der Bach war nicht breit. An einer Seite konnte er mühelos entlanggehen, ohne nasse Füße zu bekommen. Als er ein paar Meter weit gegangen war, stieß er auf eine kleine Felskammer. In ihr entdeckte er ein Videogerät. Im ersten Moment glaubte er, seinen Augen nicht trauen zu dürfen, dann erst wurde ihm bewußt, daß er sich in einer künstlichen Landschaft befand, die mitten in einem Wohntrichter lag. Es war nur allzu selbstverständlich, daß es hier überall Kommunikationsgeräte gab. Vermutlich war er an einer Reihe weiterer Geräte vorbeigegangen, ohne sie zu bemerken. Er betrat die Kammer und überlegte. Seine Finger senkten sich bereits auf die Tasten, als er sich anders entschloß. Er trat wieder an den Bach hinaus und folgte ihm. Die Schlucht bog nach rechts ab und weitete sich zu einer Halde, die sanft anstieg. Sie endete an einer spiegelnden Transpaplastwand, hinter der gelblichbraune Schleier wallten. Eine schwarze, vielfach verzweigte Pflanze, die entfernt einem Kraken glich, bildete eine Art Dach, das irgendwo unten im gelben Nebel begann und an der Wand endete. Diesseits der Wand standen zwei verkrüppelte Nadelbäume, die den Dachbogen fortsetzten, so daß eine Doppelhöhle entstanden war. Axton sah, daß etwas Weißes unter diesem Dachbogen lag. Es befand sich unmittelbar an der Transpaplastwand. Von seinem Beobachtungsstandpunkt aus konnte er es jedoch nicht deutlich erkennen. Er wagte es nicht, die Halde hinaufzusteigen, weil er dann allzu ungedeckt gewesen wäre. Statt dessen zog er sich einige Meter weit zurück und kletterte dann mühsam die Felsen hoch. Als er eine Höhe von fast vier Metern erreicht hatte, konnte er durch einen
47 Spalt zur Transpaplastwand hinübersehen. Er hatte sich nicht geirrt. Unter dem Dachgewölbe lag tatsächlich etwas. Es war ein Mädchen. Es sah ausgezehrt und halbverhungert aus. Das weißblonde Haar verdeckte ihr eingefallenes Gesicht zur Hälfte. Dennoch erkannte Axton sie. Es mußte die verschwundene Larcenia Sammaron sein. Die Ähnlichkeit mit ihrer Schwester Arina war so verblüffend, daß Axton meinte, dieses Mädchen vor sich zu sehen. Arina war jedoch nicht so schlank gewesen, wie es Larcenia jetzt war. Dieses Mädchen hatte seit vielen Tagen nichts zu sich genommen. Es hatte hier bewußtlos gelegen und sich nicht rühren können. Lebo Axton kletterte langsam wieder an den Felsen herunter. Er war ängstlich darauf bedacht, nicht auszugleiten und abzustürzen. Als er die Felskammer endlich betreten konnte, war er schweißgebadet. Die Temperaturen schienen ihm unerträglich hoch zu sein. Er verzichtete jedoch auf eine Ruhepause, obwohl er sie dringend benötigt hätte, und schaltete das Videogerät ein, indem er eine Zahlenkombination tippte. Ein uniformierter Polizist meldete sich. Er blickte Axton überrascht an, als er ihn sah. »He, sind Sie nicht …?« fragte er. »Der bin ich in der Tat. Geben Sie mir sofort Quertan Merantor. Verlieren Sie keine Zeit. Es ist eilig.« »Sie können …« »Beeilen Sie sich«, schrie Axton ihn zornig an. Seine Stimme war so zwingend, daß der Arkonide gehorchte. Einige Sekunden verstrichen, dann erschien das Bild des Polizeipräsidenten vor Axton. »Sie wagen es also doch«, sagte Merantor lauernd. »Es ist kein Wagnis dabei«, entgegnete Axton scharf, »Ich bin am Ziel, Merantor. Ich weiß jetzt, wie man Apprat Cokret aus seiner Starre erwecken kann. Und ich weiß auch, wo Larcenia Sammaron ist. Sie wird in wenigen Minuten frei sein.«
48 »Wo sind Sie?« »Bevor ich es Ihnen sage, Merantor, leiten Sie Hilfsmaßnahmen ein. Es wird hier eine kleine Katastrophe geben, denn ich werde ein Methanarium mit meinem Energiestrahler zerstören. Was das bedeutet, wissen Sie.« »Sie sind verrückt, Axton. Das dürfen Sie nicht tun.« »Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, Merantor. Ich muß es tun. Aber danach müssen Sie Larcenia und mich herausholen, Ich werde Ihnen alles erklären.« »Wo sind Sie?« »Leiten Sie entsprechende Maßnahmen ein?« Die beiden Männer blickten sich starr an. Quertan Merantor war nach wie vor argwöhnisch. »Ich bin in der Gebirgslandschaft über der Wohnung des Arztes Jektor. Genau am Eingang der Schlucht. Setzen Sie die Absaugvorrichtungen in Betrieb, damit die Giftgasatmosphäre weniger stark wirken kann. Das Methanarium gehört vermutlich zu der Wohnetage eines Reichen. Ich denke, daß es die Rückwand bildet, die zwischen dieser künstlichen Landschaft und der Wohnung liegt. Beeilen Sie sich.« »Halten Sie ein, Axton«, brüllte Merantor. Axton-Kennon schaltete das Gerät aus. Er überprüfte den Energiestrahler und verließ die Höhle. Über dem Hang flackerte ein blaues Licht. Unruhig glitt es über den Steinen hin und her. Mal schwang es sich auf Axton zu, mal zog es sich von ihm bis zur Transpaplastwand zurück. Kennon arbeitete sich langsam voran. Die schwarze Pflanze im Methanarium bewegte sich, als ob sie von einem Windstoß durchgeschüttelt würde. Der Terraner fragte sich, ob es überhaupt eine Pflanze war. Vielleicht war es ein Tier oder ein halbintelligentes Wesen? Aus seiner langjährigen Praxis als USO-Spezialist wußte er, daß auch Pflanzen über PSI-Fähigkeiten verfügen konnten. Die Flamme wuchs zu einem Feuerball von etwa einem Meter Durchmesser an. Die-
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ben. Er schien sich von der Gravitation Arkons zu lösen und in eine hell schimmernde Wolke hineinzugleiten, in der es keinen Schmerz gab. Seine Muskeln entspannten sich. Seine verkrümmte Wirbelsäule schien sich wieder strecken zu können.
* Die Schläge trafen ihn hart. Er fühlte sich zu unrecht bestraft, und er versuchte, sie abzuwehren, indem er die Arme hob und sie schützend vor das Gesicht hielt. »Gießen Sie ihm Wasser über den Kopf.« Axton wollte sich empört zur Seite drehen, als ihn der eiskalte Wasserschwall traf und ihn endgültig aufweckte. Er fuhr hoch. Ungefähr zwanzig Arkoniden standen um ihn herum. Quertan Merantor kniete neben ihm. »Also, Axton, was haben Sie sich dabei gedacht?« fragte er. Seine Stimme ließ erkennen, daß er überhaupt nichts begriffen hatte. »Wo ist Larcenia Sammaron?« fragte Axton erregt. Er blickte sich um, konnte aber nichts erkennen, weil die Mauer der Arkoniden um ihn herum zu dicht war. »Sie hat oben neben dem Methanarium gelegen.« »Das haben Sie gesehen, und dennoch haben Sie geschossen?« Axton verlor zum ersten Mal die Beherrschung. »Ich will wissen, wo Larcenia ist?« brüllte er Merantor an. »Haben Sie sie gerettet oder nicht? Antworten Sie.« Der Polizeipräsident blickte ihn so überrascht an, als sehe er ihn zum ersten Mal. »Sie ist in der Klinik. Es geht ihr gut.« »Na also. Warum sagen Sie das denn nicht gleich? Ich muß zu ihr.« »Warum?« »Sie verstehen überhaupt nichts, Merantor. Ist Apprat Cokret aufgewacht?« »Natürlich nicht.« »Ich habe erwartet, daß er zu sich kommen würde, Merantor, führen Sie mich zu ihm.«
»Warum?« »Merantor, in dem zerstörten Methanarium da oben war ein methanatmendes Wesen. Es verfügte über parapsychische Kräfte, aber diese waren nicht sehr stark. So merkte niemand etwas. Eines Tages aber geriet Larcenia Sammaron in die Nähe dieses Wesens. Sie hat ebenfalls PSI-Fähigkeiten, ebenfalls geringe. Als sie jedoch in die Nähe des Methangeschöpfes kam, vereinigten sich beide Potentiale zu einem.« »Das ist blanker Unsinn.« »Warten Sie, bis Larcenia zu sich gekommen ist. Sie wird Ihnen alles bestätigen. Sie wird Ihnen sagen, daß der Fremde sie lähmte, aber ihren Geist nicht ausschaltete. So hörte Larcenia sozusagen mit, wie der Methanatmer telepathisch sondierte, und wie er auf den Offizier Apprat Cokret stieß. Dieser Arkonide verfügt über ein für die Methanatmer gefährliches Wissen. Ich vermute, daß es um einen Schlachtplan oder eine groß angelegte Strategie geht. Cokret durfte sein Wissen daher auf gar keinen Fall preisgeben, denn dann mußten die Methans verlieren. Also versuchte dieses Wesen dort oben im Methanarium, Cokret zu töten.« »Cokret ist nicht tot.« »Das weiß ich selbst.« brüllte Axton, der ärgerlich über die Unterbrechung war. »Larcenia hat es verhindert.« »Schluß jetzt«, sagte Merantor energisch. »Ich habe keine Lust, mir einen derartigen Blödsinn noch länger anzuhören.« »Larcenia lag in einem ständigen Zweikampf mit dem Methanatmer«, fuhr Axton unbeeindruckt fort. »Die Auswirkungen davon haben wir alle gespürt. Es waren die Lichterscheinungen, die aufplatzenden Wände, die umstürzenden Tische und die tanzenden Feuer. Sie waren nichts als eine Randerscheinung des Kampfes zwischen diesen beiden unterschiedlichen Geschöpfen. Hätte Larcenia sich ihrem Gegner nicht entgegengestemmt, dann wäre Apprat Cokret längst tot. Ich vermute, daß sie diesen Kampf unbewußt fortsetzt. Deshalb ist es wichtig, sie zu sich zu bringen und ihr zu erklären, daß
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die Gefahr für den Offizier behoben ist. Danach wird Cokret von selbst erwachen.« Quertan Merantor blickte ihn forschend an. Er war wieder unsicher geworden. »Was Sie da sagen, ist nicht ganz unlogisch.« Er gab seinen Männern einen befehlenden Wink. »Helfen Sie ihm, damit wir schneller vorankommen.« Jetzt endlich konnte Axton zum Methanarium hinaufsehen. Es war nur noch ein einziger Trümmerhaufen.
* Larcenia war so erschöpft, daß sie nicht gehen konnte. Verwirrt blickte sie Quertan Merantor und Lebo Axton an. Sie hatte Mühe, in die Wirklichkeit zurückzukehren. »Fahren Sie sie mit ihrem Bett zu Apprat Cokret hinüber«, empfahl Axton. »Je schneller, desto besser.« Merantor gab die Versuche auf, Larcenia davon zu überzeugen, daß alle Gefahr für sie vorbei war. Ein Roboter schob das Bett mit dem Mädchen aus dem Raum und über einen langen Flur in das Krankenzimmer des Offiziers hinüber. Apprat Cokret lag noch immer starr und unbeweglich auf seinem Lager. Als Larcenia ihn sah, weiteten sich ihre Augen. »Geben Sie ihn frei, Larcenia«, sagte Axton eindringlich. »Wir müssen wissen, welche Informationen er für uns hat. Der Methanatmer kann ihn nicht mehr töten.« »Wirklich nicht?« fragte sie wispernd. »Ich habe ihn erschossen«, erklärte Axton. Das Mädchen seufzte. Es sank ins Bett zurück und schloß die Augen. Ihr Körper entspannte sich. Unmittelbar darauf begann Apprat Cokret sich zu bewegen. Er warf den Kopf unruhig hin und her, und richtete sich dann ruckartig auf. Er blickte fragend von einem zum anderen. Drei hohe Offiziere der arkonidischen Raumflotte betraten das Krankenzimmer. Merantor ging sofort zu ihnen und unterhielt sich flüsternd mit ihnen. Dann begab er sich
zusammen mit ihnen an das Bett, in dem Cokret lag. »Es ist alles in Ordnung, Cokret«, sagte Quertan Merantor. »Ich war doch eben noch im Schiff. Was ist passiert? Wer hat mich aus dem Schiff geholt? Ist es abgestürzt?« »Diese Fragen werden wir Ihnen später beantworten«, sagte Merantor. »Berichten Sie, was Sie von den Plänen der Methanatmer erfahren haben.« Apprat Cokret fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Plötzlich war er hellwach. Geradezu erregt informierte er die Militärs über einen Plan der Maahks, bei dem Axton nicht genau verstand, um was es ging. Zu viele unbekannte Bezeichnungen über kosmische Daten, Planeten und strategische Züge kamen darin vor. Die Offiziere hörten gebannt zu. Quertan Merantor zog Axton zur Seite. »Mann«, sagte er. »Haben Sie das begriffen?« »Nein«, gestand Axton. »Wenn Cokret noch einen Tag länger geschwiegen hätte, dann hätten die Methans mehr als zweitausend Raumschiffe in eine tödliche Falle gelockt. Ahnungslos wäre diese Flotte in den Untergang geflogen. Ich glaube, Axton, wir müssen uns mal in Ruhe unterhalten.« Die Offiziere verließen den Raum. Sie hasteten förmlich hinaus, um die Informationen an das Oberkommando weiterzugeben. »Und dann ist da noch etwas«, rief Apprat Cokret, doch sie hörten ihn nicht mehr. »Was?« fragte Merantor. »Ich habe erfahren, daß es auf Arkon I eine Gruppe wichtiger Persönlichkeiten gibt, die gegen Orbanaschol III arbeitet. Sie vertritt die Ansicht, daß er zu Unrecht …« »Was sagen Sie da?« forschte der Polizeipräsident zornig. »Merantor, nicht ich bin dieser Meinung. Es ist diese Gruppe. Sie setzt sich für einen gewissen Atlan ein, der ein Sohn Gonozals sein soll. Ich habe erfahren, daß diese Gruppe in der nächsten Woche eine Aktion
Der Mutantenjäger durchführen will, mit der Orbanaschol III gestürzt und dieser Atlan als Kristallprinz nach Arkon I geholt werden soll.« »Wer gehört zu dieser Gruppe?« fragte Merantor. Seine Stimme war vor Erregung heiser. Apprat Cokret nannte die Namen. Lebo Axton kannte keinen von ihnen. Und dennoch traf ihn jeder Name wie ein Dolchstoß. Tränen stiegen ihm in die Augen. Keiner der Arkoniden wußte sie wirklich zu deuten, denn ein Arkonide weint nicht aus Trauer oder Enttäuschung. Axton war, als gleite er in einen Abgrund, vor dem ihn nichts mehr retten konnte. War er nicht in diese Zeit gekommen mit dem einzigen Ziel, Atlan zu helfen? Und was hatte er getan? Was hatte er erreicht? Zwar hatte er eine Flotte von Raumschiffen gerettet, aber er hatte den Mann, den er am meisten verehrte und bewunderte, um eine vielleicht einmalige Chance gebracht. Anstatt ihm zu nutzen, hatte er ihm geschadet. Er hörte die Scherze und das Gelächter nicht, mit denen sich die Spannung bei den Arkoniden entlud. Er sah den Arzt Jektor nicht, als dieser vor ihm stand und ihm dankte. Mit hängenden Schultern verließ er das Krankenzimmer. Er blieb erst stehen, als Quertan Merantor ihm den Weg verstellte. Der Polizeipräsident grinste ihn an. Er merkte nicht, wie es wirklich um Axton stand. »Ich habe einige Fehler gemacht«, gestand Merantor ein. »Aber nun ist ja alles ausgestanden, Axton. Werden Sie mir verzeihen?« »Natürlich«, entgegnete der Verwachsene tonlos. »Ich möchte gern etwas gut machen. Haben Sie einen Wunsch?« »Zwei. Rufen Sie Vagont Ternnan an, und versöhnen Sie sich wieder mit ihm. Nun wissen Sie ja, daß er sich nicht über Sie lustig machen wollte.« »Wird gemacht, Axton. Und was noch?« »Ich brauche Klebstoff.«
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* Gentleman Kelly ruderte mit seinen Arm und Beinstümpfen, als Axton-Kennon vor ihm stand. »Was hampelst du denn herum?« fragte der Terraner. »Hast du nervöse Zuckungen?« Er drehte den Roboter herum, so daß er ihm in die Quarzlinsen sehen konnte. »Du siehst aus, wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt und nicht wieder auf die Beine kommen kann. Wie fühlst du dich, Kelly?« »Du nimmst keine Rücksicht auf meine Psyche, Schätzchen.« »Ich habe Klebstoff mitgebracht. Damit werde ich dir dein Schandmaul verkleben. Quertan Merantor, mein Freund, hat mir erklärt, daß niemand und nichts mehr lösen kann, was einmal mit diesem Zeug zusammengeheftet wurde.« »Du hast Karriere gemacht.« »Na ja. Man ist immerhin soweit, daß man mich nicht mehr für einen Partygag hält, und man will mich auch nicht mehr über den Haufen schießen. Das liegt wahrscheinlich daran, daß ich dich nicht immer mit mir herumschleppen muß.« »Ach, Schätzchen.« Lebo Axton öffnete den Spezialbehälter mit dem Klebstoff. »Ein Wort noch, Kelly, dann ist es vorbei mit dir.« Der Roboter ruderte mit seinen Stümpfen. Kennon griff nach den abgebrochenen Armen, bestrich die Bruchstellen mit dem Klebstoff, wartete einige Sekunden und drückte sie an die Stümpfe. »Bleibe ruhig liegen, Kelly. Wenn du dich zu früh bewegst, verrutschen die Klebstellen, und du wirst schief und krumm wie ich.« »Davon habe ich schon immer geträumt.« Der Roboter bewegte die Arme. »Stillhalten«, brüllte Axton. »Wenn du willst, daß ich auch noch die Beine hole,
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dann bleibst du ruhig liegen. Verstanden?« »Ich habe es gehört und registriert, aber nicht begriffen.« »Das wirst du auch nie können. Dazu fehlt dir das Genialische.« Axton kreuzte die Arme vor der Brust. »Eigentlich siehst du so auch ganz hübsch aus. Ich werde deine Beine dennoch holen.« »Du machst mich glücklich, Schätzchen.«
Axton knurrte nur. Er ging davon und kehrte wenig später mit den Roboterbeinen zurück.
ENDE
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