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Nr. 52
Der falsche Inspekteur Wer mit Gucky anbindet, verliert den Bart - oder die Hose ... von Clark Darlton Trotz...
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Nr. 52
Der falsche Inspekteur Wer mit Gucky anbindet, verliert den Bart - oder die Hose ... von Clark Darlton Trotz geschickter Schachzüge im galaktischen Raum mußte Perry Rhodans Streben nach Macht und Anerkennung der Menschheit im Universum letztlich Stückwerk bleiben, denn die der Menschheit seinerzeit zur Verfügung stehenden Mittel waren, an den Maßstäben des Universums gemessen, zu klein. Seit der angeblichen Vernichtung der Erde im Jahre 1984 sind inzwischen 56 Jahre vergangen. Eine neue Menschengeneration ist herangewachsen. Wie sich seinerzeit aus der »Dritten Macht« die terranische Weltregierung entwickelte, so ist aus eben dieser Weltregierung inzwischen längst die Organisation des Solaren Imperiums entstanden. Mars, Venus, die größten Jupiter- und Saturnmonde sind besiedelt, und die für Besiedlungszwecke ungeeigneten Welten des Solarsystems dienen als terranische Stützpunkte oder aber als unerschöpfliche Fundgruben für Bodenschätze aller Art. Andere Intelligenzen sind im Solarsystem nicht entdeckt worden. Die Terraner sind somit die unbestrittenen Beherrscher eines kleinen Planetenreiches, dessen Mittelpunkt die Erde bildet. Dieses technisch und zivilisatorisch hochstehende Planetenreich besitzt natürlich eine schlagkräftige Raumflotte, die in der Lage sein sollte, jedem Angreifer die Stirn zu bieten. Doch Perry Rhodan, der Administrator des Solaren Imperiums, ist noch nicht bereit, den schützenden Mantel der Anonymität fallen zu lassen. Seine kosmischen Agenten - Mitglieder des berühmten Mutantenkorps - haben nach wie vor die Order, ihren irdischen Ursprung unter allen Umständen geheimzuhalten. Auf der Ara-Welt Tolimon scheint es bei einem wichtigen Einsatz eine Panne gegeben zu haben, und Perry Rhodan, von Gucky begleitet, erscheint, um seine Agenten herauszuhauen. Perry Rhodan ist DER FALSCHE INSPEKTEUR! Die Hautpersonen des Romans: Perry Rhodan - Er fungiert auf Tolimon als Inspekteur Tristol. Gucky - Die Rolle eines Leibdieners behagt dem Mausbiber ganz und gar nicht. John Marshall - Chef des Rhodanschen Mutantenkorps. Laury Marten - Die 23jährige Tochter der Mutanten Rolf Marten und Anne Sloane. Graf Rodrigo de Berceo - Er ist in Laury - und in seinen Degen verliebt. Glogol - In Unterhosen wirkt auch der echteste Inspektor nicht mehr wie eine Respektsperson.
bei ihnen auftauchte, das wie eine große Micky Maus aussah. Sie lachten noch viel mehr, als diese ulkige Erscheinung behauptete, im Auftrage des Solaren Imperiums zu erscheinen, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Das Lachen verging ihnen erst, als das wunderliche Tier, welches fehlerfrei Englisch sprach, seine verborgenen Fähigkeiten einsetzte. Kein Gedanke der Rädelsführer blieb ihm verborgen, denn Gucky war Telepath. Er war an allen Orten zugleich, denn er beherrschte auch die Teleportation. Und schließlich machten sich noch alle Waffen der Siedler selbständig und versammelten sich hoch über dem Plateau, um dann in einen sehr tiefen See zu fallen. Denn Gucky war außerdem noch Telekinet. Das natürlich brachte die Siedler zur Räson. Sie entschuldigten sich mit vielen und schönen Worten, versprachen künftigen Gehorsam und pünktliches Zahlen der vereinbarten Abgaben. Am Abend dieses ereignisreichen Tages ließ Gucky sich seines erwiesenen Großmutes wegen feiern. Die Anführer der niedergeschlagenen Revolte hatten ihn eingeladen und bewirteten ihn mit frischem Gemüse und heurigem Venuswein. Es
1. Es gab immer noch Menschen, die den Mausbiber Gucky nicht kannten. Für die meisten von ihnen war das nicht weiter tragisch, denn sie hatten lediglich ein kleines Wunder versäumt. Andere wieder, die nie von ihm gehört hatten und ihm plötzlich begegneten, konnten peinliche Überraschungen erleben. Wie etwa die revoltierenden Siedler auf dem fruchtbaren Hochplateau südlich von Venus City. Sie wußten aus Erfahrung, daß die Weltregierung des Heimatplaneten keine Strafexpeditionen ausschickte, um derartige Rebellionen im Keim zu ersticken. Also hatte man beschlossen, die mit geringfügigen Steuern verbundene Abhängigkeit zur Erde abzuschütteln und sich selbständig zu machen. Da Perry Rhodan irgendwo in den Weiten des Kosmos weilte und nicht erreicht werden konnte, handelte die terranische Weltregierung selbständig und gab Gucky den Auftrag, auf der Venus nach dem Rechten zu sehen. Was Gucky mit Vergnügen tat. Die rebellischen Siedler lachten schallend, als eines Tages ein Wesen
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wurde ein fröhliches Fest, und der angeheiterte Mausbiber begann allmählich, seine gute Erziehung zu vergessen. Mit piepsender Stimme sang er einige rauhe Lieder, die er Bully abgelauscht hatte. Grölend begleiteten ihn die Männer mit heiseren Kehlen. Verwundert über den ungewöhnlichen Lärm schwiegen die Tiere des Waldes, der die Kolonie umgab. Einen singenden Mausbiber hatten auch sie noch nicht gehört. Verdutzt verkroch sich ein Dackelschwein tiefer in seine Höhle und beschloß, sich bei Tagesanbruch ein neues Heim zu suchen. Selbst ein fast tauber Schraubenwurm bohrte sich geschwind hinab in den Boden, um von dem unerfreulichen Geräusch befreit zu werden. Kurz gesagt: Gucky fühlte sich sauwohl. Zwar war es ihm mehrmals, als drängten schwache Gedankenimpulse in sein Unterbewußtsein, die nicht von den Siedlern stammten, deren Gehirne von dem starken Wein umnebelt waren, aber er achtete weiter nicht darauf. Hatte er nach getaner Arbeit nicht einen fröhlichen Abend verdient? Was ging ihn die Garnison Terras in Port Venus, der Hauptstadt, an? Die Leute konnten warten bis morgen. Also sang Gucky weiter und ließ sich feiern. Erst viel später, als er im Haus des Bürgermeisters im weichen Bett ruhte und versuchte, die kreisenden Farbringe und schaukelnden Wände zu vertreiben, kamen die Impulse wieder. Gucky! Hier Einsatzkommando Mutantenkorps! Melde dich! Was ist geschehen? Das war zu deutlich, um weiter überhört zu werden. Den Schwingungen nach konnte es sich nur um Betty Toufry handeln, deren telepathische Begabung Gucky oft in Erstaunen versetzt hatte. Betty leitete den Einsatz der Mutanten auf der Venus. Sie war es auch, deren Aufgabe lautete, die Revolte der Siedler niederzuschlagen. Gucky seufzte und bemühte sich, nüchtern zu werden. Goldmädchen! dachte er, nur langsam munter werdend. Mir geht es glänzend. Habe ein bißchen geladen, das ist alles. Geladen? Der Mausbiber grinste still vor sich hin. Woher sollte das unschuldige Wesen auch wissen, was er geladen hatte. Außerdem kannte sie ja Bullys Ausdrücke nicht so gut wie er. Wein! erklärte Gucky also kurz angebunden. Köstlichen Wein! Die Revolte ist vergessen. Morgen komme ich zurück und gebe dir einen Kuß. Betty schien nicht sehr erfreut über dieses Versprechen. Du kehrst sofort zurück! Ich habe einen neuen Auftrag für dich. Der Mausbiber blieb ruhig liegen und schüttelte die aufkommende Müdigkeit ab. Vielleicht hatte er
doch zuviel getrunken ...? Was ist es denn? wollte er wissen. Nun wurde ihm auch noch übel. Sondereinsatz, mein Lieber! kam die telepathische Antwort sofort. Du mußt noch morgen früh starten. Gucky stöhnte gequält auf und richtete sich im Bett auf. Sein Rücken lehnte gegen die Wand. Weißlich schimmerte sein weiches Bauchfell im Schein der vor dem Haus stehenden Straßenlampe. Starten? Hört denn das Zigeunerleben niemals auf? Nun wurde Betty allmählich ungeduldig. Du kommst sofort, Gucky, sonst melde ich Rhodan, daß du den Gehorsam verweigert hast. Er hat ausdrücklich dich angefordert und ... Mit einem Schlag wurde Gucky munter. Müdigkeit und Übelkeit verschwanden, als habe eine unsichtbare Hand sie weggewischt. Mit einem Satz stand er im Bett. Rhodan? Rhodan hat mich angefordert? Der liebe, gute Chef! Er hat mich nicht vergessen! Die Rührung drohte ihn zu übermannen, aber er faßte sich sofort wieder. Ich bin in fünf Minuten dort. Am Raumhafen? Gut! Beeile dich! Schon unterwegs, gab Gucky zurück und begann, sich anzuziehen. Mit seiner zierlichen Schrift schrieb er ein kurzes Dankschreiben an die Siedler und ermahnte sie, eine jede weitere Rebellion zu vergessen. Dann konzentrierte er sich auf sein Ziel und sprang. Zuerst begann die Luft um ihn zu flimmern, dann war er verschwunden. Noch in der gleichen Sekunde materialisierte er wieder in Port Venus am verabredeten Ort. Betty Toufry erschrak nicht einmal. Sie saß auf dem Bett. Über dem sicherlich sehr zarten Nachtgewand trug sie einen Morgenmantel. Tag und Nacht wurden auf der Venus nach irdischen Maßstäben gemessen, denn bei der Rotation des zweiten Planeten würde allein die echte Nacht 120 Stunden betragen. Die Wand des Zimmers bestand aus Bildschirmen und Kontrollen. Hier liefen alle Fäden zusammen, die auf Venus gesponnen wurden; von hier aus wurde der Einsatz der Mutanten geleitet. Solange John Marshall, der eigentliche Chef des Mutantenkorps, abwesend war, hatte Betty sein Amt übernommen. »Hatte das nicht bis morgen Zeit?« fragte Gucky, aber dann fiel ihm wieder ein, wer ihn gerufen hatte. »Rhodan selbst hat mich angefordert? Da hättest du mich auch eher rufen können!« Das Mädchen - jung geblieben durch die Zelldusche des Planeten Wanderer wie alle wichtigen Mutanten - schüttelte über so viel Unlogik den Kopf. »Der Ruf Rhodans kam erst vor wenigen Stunden
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über Hyperfunk. Er gab eine merkwürdige Bestellung auf, die wir sofort ausführen mußten. Dann erst war Zeit, an dich zu denken. Du gehörst mit zu der angeforderten Ausrüstung.« »Ich - eine Ausrüstung?« empörte sich Gucky und hockte sich auf den Sessel vor Bettys Bett. »Hat der Chef das gesagt?« »Nicht direkt, natürlich. Aber er bestand darauf, daß wir nur dich und niemand anderen schicken.« »Er kennt eben meine Qualitäten«, freute sich der Mausbiber. »Hm, vielleicht«, gab das Mädchen zu, das dem Aussehen nach genausogut achtzehn wie auch dreißig sein konnte. In Wirklichkeit war Betty Toufry über siebzig Jahre alt. »Jedenfalls wirst du morgen nach der Schlafperiode nach Hellgate fliegen.« Gucky richtete sich steil auf und spitzte seine großen Ohren. Zwischen den Lippen wurde der Nagezahn sichtbar, der ein Gradmesser seiner Laune genannt werden durfte. Sah man ihn, ließ sich mit Gucky reden. Hellgate ... »Hellgate!« Er schüttelte verwundert den Kopf. »Ausgerechnet dieser Hitzeplanet! Konnte sich der Chef nichts Gescheiteres ausdenken?« »Hellgate ist ein wichtiger Stützpunkt mit einer Funkstation. Er ist der einzige Planet einer kleinen, unbedeutenden Sonne, die in den Katalogen der Arkoniden mit ZW-2536-K957 bezeichnet wird. Von der Erde ist Hellgate exakt 12348 Lichtjahre entfernt, gehört jedoch noch zum Imperium Arkons. Zum Glück kümmert sich niemand darum, am allerwenigsten die Arkoniden selbst.« »Danke für die Aufklärung«, pfiff Gucky verächtlich. »Das hätte ich auch selbst nachlesen können. Was soll ich also auf Hellgate?« »Frage das besser Rhodan, er wird es wissen. Ich habe keine Ahnung, was dort geschehen ist.« Sie zog den Morgenmantel zurecht und bedeckte die Knie, obwohl bei Gucky nicht die geringste Gefahr bestand, daß er weibliche Beine irgendwie mit Erotik in Verbindung brachte. »Ich habe auch keine Ahnung, was der Chef mit der Luxus-Space-Jet anfangen will.« »Womit?« japste Gucky verblüfft. »Eine Spezialausführung«, nickte Betty und teilte Guckys Erstaunen. »Eine Privatjacht für Millionäre. Wurde gern von den Arkoniden benutzt. Du sollst das kleine Schiff nach Hellgate zu Rhodan bringen.« »Und dann zu Fuß zurückkehren?« fragte Gucky. »Kaum, hätte er sonst ausdrücklich verlangt, daß du der Pilot sein sollst? Hoffentlich kannst du mit dem Ding umgehen?« Der Mausbiber warf sich in die Brust, was Betty fast zum Lachen gereizt hätte. »Kleinigkeit, schließlich bin ich auf alle Typen
geschult. Auch auf so eine lächerliche Luxusjacht. Wann geht's los?« »Die Ausrüstung wird noch verladen. Leider ist eben die lange Venusnacht angebrochen, aber es macht dir ja nichts aus, im Dunkeln zu starten. In zehn Stunden also. Wenn du willst, kannst du jetzt noch schlafen. Die Leute in Port Venus wissen Bescheid und beeilen sich mit den Vorbereitungen. Rhodan erwartet dich in spätestens zwanzig Stunden.« Gucky zeigte seinen Nagezahn und sah sich interessiert um. »Darf ich hier bei dir schlafen?« erkundigte er sich scheinheilig und warf einen sehnsüchtigen Blick auf Bettys Bett. Aber Betty schien keine Lust zu haben, den Mausbiber in den Schlaf zu kraulen. Sie warf den Morgenmantel ab, schlüpfte unter die Daunendecke und schüttelte energisch den Kopf. »Nebenan steht eine Couch. Gute Nacht.« Gucky hockte noch einige Minuten enttäuscht in seinem Sessel, dann teleportierte er sich ins Nebenzimmer. Er war immer noch weinselig genug, sofort einzuschlafen und seinen Kummer zu vergessen. * Das Luxusraumboot war eine Klasse für sich. Es lag im grellen Licht der Scheinwerfer flach auf dem Betonboden, dicht neben dem leichten Kreuzer, der es von der Erde hierhergebracht hatte. Auf der silbernen Hülle stand in schwarzen Buchstaben die Arkonidische Bezeichnung: KOOS-NOR. Eigentlich besaß es die Form eines riesigen Eies, war 35 Meter lang und in der Mitte fast 20 Meter dick. Durch eine ovale Luke gelangte man in die Luftschleuse und dann in das Innere der Jacht. Ihr Aktionsradius war praktisch unbegrenzt, wenn man die regelmäßigen Überholungsintervalle nicht berücksichtigte. Gucky stand mit Betty Toufry vor dem blitzenden Wunder. »Das Ding kostete eine Menge Geld«, stellte er fest. »Nie hätte ich gedacht, Kapitän eines solchen Wunderschiffes zu werden.« Das Mädchen sah auf die Uhr. »Du kennst die Koordinaten, Gucky. Der Chefingenieur hat dir alles noch einmal erklärt. Worauf warten wir noch?« »Recht hast du, Betty. Ich werde absegeln.« Sie lachte. »Du untertreibst, was ich sonst bei dir nicht gewohnt bin. Grüße Rhodan von mir und die anderen. Und - viel Glück.« »Du meinst, wir hätten es nötig?« »Sicher. Rhodan sprach von einem äußerst gefährlichen Unternehmen« Gucky grinste zufrieden.
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»Endlich hat die Langeweile ein Ende. Alle Mutanten sind auf Sonderkommando, nur ich sitze auf der Venus und besänftige harmlose Siedler, nur weil sie keine Steuern bezahlen wollen. Ich würde auch keine Steuern bezahlen.« »Es gibt eben noch keine Mausbibersteuer«, lächelte Betty und trat zurück. »Machs gut, Gucky!« Er grinste zurück und sprang mit einem leichten Satz die wenigen Meter zur Einstiegluke empor. Die unnötige Leiter fuhr sich selbständig ein. Gucky winkte noch einmal, dann verschwand er in der Schleuse. Im Schein der hellen Lampen schloß sich die schwere Klappe. Dann, wenige Minuten später, ging ein Zittern durch den eiförmigen Leib des Schiffes. Schwerelos erhob es sich und schwebte langsam in die Nacht hinauf. Die Scheinwerfer folgten. Betty schritt zum Rand des Feldes zurück. Als sie stehenblieb und noch einmal hinauf in den schwarzen Himmel sah, war von dem Schiff nichts mehr zu sehen. Es war, als hätte es entmaterialisiert.
Hellgate schien wirklich das Tor zur Hölle zu sein, wie der Name schon besagte. Einen einsameren und trostloseren Planeten konnte sich niemand vorstellen. Hier war es auch gewesen, wo Rhodan seinen ersten und furchtbaren Kampf gegen Atlan, den Einsamen der Zeit, ausgefochten hatte. Hellgate ... Eine sonnenüberflutete Hölle aus Sand und Felsen, bar jeden Lebens und jeglicher Hoffnung. Kein vernünftiges Wesen würde je auf den Gedanken kommen, sich hier ansiedeln zu wollen, denn es gab nichts, wovon es sich ernähren könnte. Die einsame Sonne stand abseits aller Raumrouten und war unbedeutender als ein Staubkorn in der Atmosphäre eines bewohnten Planeten irgendwo in der Milchstraße. Hellgate ... Ausgerechnet diese Höllenwelt war von Rhodan dazu ausersehen worden, ein wichtiger Stützpunkt und vorgeschobener Posten gegen das Imperium der Arkoniden zu werden. Hier würde ihn niemand vermuten - wenn es überhaupt jemand gab, der von seiner Existenz wußte. Das aber war unwahrscheinlich. Terra galt seit fast sechs Jahrzehnten als vernichtet, Rhodan und sein Riesenschiff TITAN als verschollen. Und so erreichte Rhodan auf Hellgate die Stahlkuppel, die in ihrem Innern irdische Lebensbedingungen bot. Von hier aus konnte er über die Hyperfunk-Anlage jederzeit mit seinen überall verteilten Stationen Verbindung aufnehmen. Im unterirdischen Hangar stand ein schnelles Schiff bereit, ihn jederzeit von hier fortzubringen, falls sich das als notwendig erweisen sollte. Er saß nun schon lange auf Hellgate, ohne sein Ziel zu erreichen. In einer Entfernung von genau 81 Lichtjahren stand eine schwach leuchtende Sonne vom G-Typ, die in den Katalogen der Arkoniden als Revnurs Stern bezeichnet wurde. Sie erinnerte an die irdische Sonne und hätte auch leicht mit ihr verwechselt werden können. Sechs Planeten umkreisten Revnurs Stern, aber nur der zweite war bewohnt. Die Aras, Abkömmlinge der Arkoniden, hatten ihn einst entdeckt und besiedelt. So wie die Springer hauptsächlich vom Handel lebten und daher auch die Galaktischen Händler genannt wurden, hatten die Aras eine andere Spezialität: Sie waren die Galaktischen Mediziner und lebten vom Verkauf selbst entwickelter Heilseren und der medizinischen Überwachung anderer Völker. Aus diesem Grund unterhielten sie auf dem zweiten Planeten von Revnurs Stern den einzigen existierenden galaktischen Zoo, und es war ihnen gelungen, ein Lebenselixier zu finden, an dem Rhodan begreifliches Interesse hatte. Die beiden Mutanten John Marshall und Laury Marten weilten als Agenten Rhodans auf Tolimon, so hieß der
* Gucky ließ sich Zeit. Es blieben ihm immerhin zehn Stunden. Nachdem er die übliche Folge von Transitionen absolviert hatte, stand vor ihm auf dem Zielbildschirm ein kleiner, greller Stern: ZW-2536-K957. Gucky ließ die automatische Steuerung einrasten und lehnte sich befriedigt zurück. Mit glänzenden Augen nahm er das Wunder in sich auf. Er schaute und schaute, bis seine Augen zu schmerzen begannen. Dann rutschte er aus dem Pilotensitz und beschloß, sich das Schiff genauer anzusehen. Die Neugier begann ihn zu plagen, was Rhodan mit dem Luxusboot wollte. Warum hatte er keinen bewaffneten Kreuzer bestellt, sondern ausgerechnet dieses herrliche Spielzeug? Damit ließen sich doch keine gefährlichen Abenteuer siegreich bestehen. Im Laderaum standen die Kisten, die verschlossen von der Erde angelangt waren. Aber Schlösser bereiteten dem Telekineten Gucky keine Schwierigkeiten, und so war es nicht verwunderlich, daß der Mausbiber ohne Gewissensbisse Rhodans Spezialausrüstung inspizierte. Zehn Minuten später kehrte er in die Zentrale der KOOS-NOR zurück und ließ sich in den Sitz sinken. Mit verwunderten Augen starrte er hinein in das Gewimmel der unbekannten Sterne. »Möchte wissen«, flüsterte er vor sich hin, »was Rhodan auf einem Maskenball zu tun hat ...« *
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Zoo-Planet. Vor knapp einer Woche hatte Marshall höchste Gefahr gefunkt und um Hilfe gebeten. Seitdem schien er verschollen. Immerhin wußte Rhodan, daß es Laury gelungen war, eine Ampulle mit dem Lebenselixier aus einem Labor der Aras zu entwenden. Er mußte nun selbst nach Tolimon, um seine beiden Mutanten aus einer unbekannten Gefahr zu befreien. Darum sein Auftrag an die Zentrale auf Terra. Und darum auch Guckys überraschender Aufbruch von der Venus. Die Stahlkuppel lag unter der flimmernden Hitze des kurzen Tages von Hellgate. In ihrem Innern herrschte aber ein Klima, wie man es von den gemäßigten Breiten der Erde her gewohnt war. Rhodan lag im Bad. Er hatte sich noch einmal alle in den vergangenen Tagen aufgefangenen Hypermeldungen angehört, die automatisch in der Empfangsstation gespeichert wurden. So erhielt er einen umfassenden Überblick über die Geschehnisse innerhalb und auch außerhalb des arkonidischen Imperiums. Es war dem regierenden Robotgehirn gelungen, Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Im Imperium herrschte Friede, der selbst von Springern und Aras respektiert wurde. Von der vernichteten Erde wurde überhaupt nicht mehr gesprochen, auch schien man einen gewissen Perry Rhodan vergessen zu haben, der einst eine ungeheuerliche Gefahr für das Imperium bedeutet hatte. Rhodan lächelte vor sich hin und streckte sich. Er schwebte, durch eingebaute Gravitationsfelder fast gewichtslos geworden, auf der Oberfläche des blaugrünen Wassers. Der Körper wurde von der kühlen Flüssigkeit umspült, nur der Kopf blieb frei. Ohne jede Bewegung hielt Rhodan sich schwimmend und genoß das seltene Erlebnis des Gravitationsbades in vollen Zügen. Der bevorstehende Flug nach Tolimon gefiel ihm nicht. Er fürchtete sich nicht mehr vor einer Wiederentdeckung durch das arkonidische Imperium, aber er wollte eine solche Wiederentdeckung hinausschieben, bis er das Geheimnis der dauerhaften Lebensverlängerung kannte. Wenn er also Tolimon aufsuchte, mußte es in einer Verkleidung geschehen. Drüben in der Kontrollzentrale schlug eine Glocke an, dann ertönte ein durchdringendes Summen. Rhodan machte einige Schwimmbewegungen und kletterte aus dem Bad. Der heiße Luftstrom trocknete in wenigen Sekunden seinen nassen Körper. In seinen Bademantel gehüllt, lief er in die Zentrale und stellte anhand der Kontrollinstrumente fest, daß ein kleineres Schiff Hellgate umkreiste und versuchte, Funkverbindung aufzunehmen. Gucky ...? Eine Minute später leuchtete der Bildschirm auf.
Guckys grinsendes Gesicht erschien darauf in voller Größe, angefangen bei den überdimensionalen Ohren, der gefurchten Stirn, den treuen Augen und dem blanken Nagezahn, endend bei dem grünen Kragen seiner Spezialuniform. »Hallo, Chef! Darf ich landen?« Rhodan schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Du hast Glück, daß ich die automatisch funktionierende Abwehr vorsorglich abgeschaltet hatte. Man hätte sonst nichts mehr von dir gefunden.« »Du hast mich aber doch erwartet, oder ...?« Rhodan seufzte. »Dein Leichtsinn grenzt ans Sagenhafte, Gucky. Na, los, lande! Die Sichtsperre ist aufgehoben, und du wirst die Kuppel leicht finden. Schalte die Gravitationsfelder ein, damit wir das Schiff in die Kuppel bringen können. Ich öffne die Schleuse.« Er nickte dem Mausbiber noch einmal zu und schaltete die Anlage ab. Schnell zog er sich dann an, schlüpfte in den Druckanzug und begab sich in die Schleuse des Hangars, in dem auch sein anderes Schiff stand. Zwei Minuten später trat er hinaus auf den glühenden Sand des Höllenplaneten. Die Kühlanlage seines Raumanzuges drückte die Temperatur auf ein erträgliches Maß herab. Gucky landete gerade. Bleib' in der Zentrale! dachte Rhodan intensiv. Er wußte, daß der Mausbiber seine Gedankenimpulse leicht aufnehmen und verstehen konnte. Schalte die Felder ein. Ich bringe das Boot in die Schleuse. Gucky begriff sofort. Die KOOS-NOR wurde gewichtslos, leichter als ein Stück Papier. Ein selbststeuerndes Kraftfeld übernahm es, das Schiff in die Schleuse zu dirigieren, die Luke zu schließen, Luft einströmen zu lassen und schließlich im Hangar abzustellen. Noch während er aus dem leichten Raumanzug kletterte, öffnete sich die kleine, ovale Luke - und dann war Gucky mit einem einzigen Satz auf seinem Arm. »Bin ich froh, dich wiederzusehen, Chef!« zwitscherte er fast zärtlich und umschlang den Hals des Mannes mit seinen dünnen Ärmchen. »Ich soll dich von allen grüßen - ganz besonders von Betty.« »Schon gut, Kleiner«, entgegnete Rhodan gerührt und streichelte seinen kleinen Freund behutsam. Es bestand eine seltsame Freundschaft zwischen dem mächtigsten Mann des Sonnensystems und dem pelzigen »Tier«, das den Verstand eines überdurchschnittlich begabten Menschen besaß und außerdem der fähigste aller Mutanten war. »Ich bin genauso froh, daß du bei mir bist.« »Du hättest mich ja früher holen können.« »Die Notwendigkeit ergab sich erst jetzt, und auf unsere Gefühle können wir nicht immer Rücksicht nehmen. Hast du alles mitgebracht, was ich bestellte?«
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»Keine Ahnung. Betty hat alles besorgt.« »Dann wird es schon stimmen. Wir sehen später nach. Gehen wir in die Zentrale. Dort werde ich dir erklären, was ich plane. Soviel kann ich dir aber schon jetzt verraten: Es wird eine sehr gefährliche Angelegenheit.« »Freut mich«, grinste Gucky und sprang auf den Boden. »Ich habe mich lange genug auf Terra und Venus gelangweilt.« »Du wirst dich wundern«, lächelte Rhodan und legte den Sperrschirm um seine Gedanken, damit Gucky sie nicht lesen konnte. Er hatte längst die Neugier seines kleinen Freundes erkannt. Sie erreichten den halbrunden Kontrollraum der Stationskuppel und setzten sich. »Nun höre gut zu, mein Lieber«, begann Rhodan. »Du weißt, daß John und Laury auf Tolimon eingesetzt wurden, um den Medizinern das Geheimnis des Lebenselixiers abzunehmen. Sie konnten eine Flasche der Flüssigkeit entwenden, gerieten aber in Schwierigkeiten. Seitdem fehlt von ihnen jede Nachricht. Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber eins ist sicher: Sie benötigen meine Hilfe. Du hast übrigens lange gebraucht, bis du hier warst, Gucky.« Der Mausbiber blickte unschuldig drein. »Betty sagte, ich hätte zwanzig Stunden Zeit. Also flog ich mit den üblichen Transitionsintervallen. Ich wollte auf keinen Fall zu früh eintreffen.« »Dann hat Betty meine Anordnung, nicht mehr als sechs Tage zu benötigen, sehr wörtlich genommen. Ich hatte nichts davon erwähnt, daß mir nur fünf oder vier Tage lieber wären. Nun, es ist nichts daran zu ändern. Du bist hier. Wir können beginnen.« »Womit?« »Mit unseren Vorbereitungen. Wir werden uns maskieren. Nun, du natürlich nicht, denn das hätte wenig Sinn. In dieser Gegend kennt dich niemand, also besteht kaum die Gefahr, daß dich jemand mit mir in Verbindung bringt. Ich gehe als Arkonide, und zwar als Inspekteur.« »Inspekteur?« fragte Gucky und machte erstaunte Augen. »Richtig: Inspekteur! Ich weiß aus den aufgefangenen Meldungen, daß das Robotgehirn auf Arkon in regelmäßigen Abständen Inspekteure zu den Welten des Imperiums entsendet, um nach dem Rechten zu sehen. Hinter diesen offiziellen Beauftragten steht die ganze Macht vor Arkon. Wenn ich also auf Tolimon als Inspekteur auftauche, stehen mir alle Türen offen, und man wird mir mit dem gewohnten Respekt begegnen. Die Achtung vor den Arkoniden ist in den vergangenen sechs Jahrzehnten wieder gestiegen. Das degenerierte Volk hat sich anscheinend erholt. Wie dem auch sei: Du hast eine vollständige Ausrüstung mitgebracht, die ich zu der beabsichtigten Maskerade benötige.«
»Und ich?« Rhodan lächelte hintergründig. »Tolimon ist eine ganz besondere Welt, kleiner Freund. Sie wird als der Zoo der Galaxis bezeichnet. In der Hauptsache sammelt man halbintelligente Wesen, die zwar die Stufe des Tieres längst überschritten haben, aber noch nicht als vollwertige Intelligenzen angesehen werden. Man wird sich also auf Tolimon mehr für dich als für mich interessieren.« »Man wird sich für mich interessieren?« schrillte Gucky, dem eine schreckliche Ahnung kann. »Du willst doch damit nicht sagen, daß ich ... nein, das kannst du nicht von mir verlangen!« »Warum nicht? Ich spiele den allmächtigen Inspekteur von Arkon, während du ein harmloses, halbintelligentes Pelzwesen darstellst, das ich mir als Diener halte. Du sollst mal sehen, wie sehr sich die Aras um dich kümmern werden. Du bist genau das, was ihnen für ihren Zoo noch fehlt. Auf mich werden sie dann weniger achten.« »Schon und gut - aber ich soll den Idioten abgeben? Ehrlich gesagt, das macht mir wenig Spaß.« »Es geht nicht um einen Spaß, Gucky! Die Sache ist verdammt ernst, denn wir wissen nicht, was mit Marshall und Laury geschehen ist. Vielleicht befinden sie sich in Lebensgefahr. Wenn wir auftauchen, lenken wir die Aras von ihnen ab. Du wiederum lenkst sie von mir ab. Wenn du Bedenken hast, den Dummen zu spielen, so beachte eines: Nur dem wahrhaft Intelligenten macht es nichts aus, sich dümmer zu stellen, als er ist. Der Dumme aber ist stets bestrebt, eine größere Intelligenz vorzutäuschen. Das liegt nun einmal in der Natur der Dinge« Gucky hielt den Kopf schief. »Terranische Philosophie, ich weiß. Trotzdem ist es ärgerlich für mich, dein Haustier mimen zu müssen.« »Und meinen Leibdiener«, fügte Rhodan hinzu. »Ich bin eben ein extravaganter Arkonide mit einem kleinen Spleen. Sei kein Spielverderber, Gucky. Sonst müßte ich es bereuen, dich und niemand anderen angefordert zu haben.« »Warum hast du Bully nicht mitgenommen? Der braucht den Blöden nicht erst zu spielen« Gucky grinste vergnügt bei der Vorstellung, wurde aber sofort wieder ernst. »Also gut, gehen wir an die Arbeit. Wann starten wir nach diesem komischen Zoo-Planeten?« »In genau zehn Stunden. Solange benötigen wir schon für unsere Vorbereitungen. Ich weihe dich noch genauer ein.« »Was ist mit Marshall und Laury?« »Ihre letzte Nachricht besagt, daß sie eine Probe des Serums haben und sich in höchster Gefahr befinden. Dann war nichts mehr. Es kann sein, daß nur der Sender ausfiel, oder es gibt auch noch andere
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Gründe für das plötzliche Schweigen. Wir werden es bald wissen.« Gucky richtete sich auf. In den braunen Augen war immer noch ein geringfügiger Rest empörten Vorwurfs, aber es mischte sich bereits ein wenig Vorfreude in seine Gefühle. Vielleicht wurde das Abenteuer doch ein Mordsspaß ...
von Arkon. Hier wendete Rhodan das Boot, schaltete den ortungsschützenden Kompensator wieder aus und sprang in Richtung Tolimon zurück. Es mußte für jeden Lauscher an den Strukturtastern nun so aussehen, als nähere sich das Schiff Revnurs Stern von Arkon her. Und genau das war Rhodans Absicht. Die Aras auf Tolimon sollten wissen, daß sie jemand besuchen wollte, aber sie würden keine Zeit mehr haben, Nachforschungen anzustellen. Revnurs Stern lag weit von Arkon entfernt und konnte mit einem vorgeschriebenen Posten des Imperiums verglichen werden. Es war sogar anzunehmen, daß die Bewohner von Tolimon keinen gesteigerten Wert darauf legten, mit den Arkoniden in Berührung zu gelangen, am allerwenigsten mit einem der gefürchteten und wenig beliebten Inspekteure. Die letzte Transition führte die KOOS-NOR direkt mitten in das System der sechs Planeten von Revnurs Stern. Die Erschütterung des Raum-Zeit-Gefüges bei der Materialisation konnte nicht länger überhört werden, und so war es kein Wunder, daß bereits wenige Minuten später im Empfänger die ersten Anrufe laut wurden. Rhodan ließ das Boot mit einfacher Lichtgeschwindigkeit auf Tolimon zugleiten. Er widmete sich den Funkgeräten, während Gucky innerlich wütend im Sessel hockte und sich darin übte, das dumme Tier zu spielen, das er keineswegs war. »Geben Sie Identifikation!« schlug eine starke Stimme durch und übertönte die anderen Anrufe. »Welches Schiff?« »Jetzt wird es ernst«, murmelte Rhodan und schaltete den Sender ein. »Hier Arkon-Inspekteur Tristol«, meldete er sich und gab sich alle Mühe, seiner Stimme einen nasalen und arroganten Tonfall zu verleihen. »Ich komme im Auftrag des Regenten von Arkon, um die routinemäßige Inspektion abzuhalten. Geben Sie Landekoordinaten!« Mit einem Schlag verstummten die Anrufe. Rhodans Identifikation mußte von allen Schiffen aufgefangen und verstanden worden sein. Die Überraschung schien den Tolimonern die Sprache zu verschlagen. Wahrscheinlich wurde das Funkbild seines Schiffes bereits von Station zu Station gesendet und die Erkennungszentrale war dabei, es in den Katalogen aufzusuchen und zu klassifizieren. Vielleicht suchte man auch nach dem Namen des Inspekteurs: Tristol! Nun, da würde man Pech haben, denn Rhodan hatte den Namen willkürlich gewählt. Aber schließlich gab es ja viele Inspekteure. »Hier Tolimon, Raum-Zentrale! Landeerlaubnis bewilligt! Landen Sie auf Feld Trulan. Wir senden Leitstrahl ohne Fernkontrolle. Es ist alles für Ihren Empfang vorbereitet worden. Ende der Durchsage.« »Ich lande!« gab Rhodan zurück und schaltete den
* Das Wecksignal schrillte durch die Stahlkuppel. Die zehn Stunden waren vorüber. Rhodan und Gucky hatten einen kurzen, aber erfrischenden Schlaf hinter sich. Alles war fertig. Das Unternehmen »Maskerade« konnte gestartet werden. »Fliegen die Inspekteure Arkons immer mit Luxusjachten«, wollte Gucky wissen und strich sich das braune Fell glatt. »Übrigens komme ich mir ohne Uniform und Impulsstrahler direkt nackt vor.« »Ein dummes Tier hat nackt zu sein!« belehrte ihn Rhodan und zwinkerte ihm zu. »Und du bist schrecklich dumm, vergiß das nie!« »Eine schreiende Ungerechtigkeit, Chef! Du mußt mir versprechen, daß niemand je von den Umständen unseres Einsatzes erfährt - ganz besonders Bully nicht. Was glaubst du, was ich zu hören bekäme?« »Bleibt unter uns«, beruhigte ihn Rhodan. »Selbst Marshall wird kaum etwas bemerken, denn wenn wir ihn gefunden haben, ist unsere Rolle so gut wie beendet. Alles fertig zum Start?« Gucky nickte geistesabwesend. Er konnte sich nicht an Rhodan sattsehen, der eine goldstrotzende Uniform mit unzähligen Rangabzeichen trug. So etwa mußte ein Inspekteur Arkons aussehen, wenn man den Berichten glauben wollte. Rhodans schlanke Statur ähnelte der der alten Arkoniden aus den Herrschergeschlechtern. In seinem Auge schimmerte es dank einer hervorragenden Tinktur nun rötlich, und das jetzt weiße Haar beseitigte jeden Zweifel, daß man es mit einem waschechten Arkoniden zu tun hatte. »Alles fertig!« pfiff der Mausbiber und ließ sich neben seinem Freund auf dem Sitz des Kopiloten nieder. »Von mir aus kann es losgehen.« »Tut es auch«, nickte Rhodan und griff in die Kontrollen. Die KOOS-NOR, bereits draußen vor der Kuppel, erhob sich schwerelos und stieg langsam in die Höhe. Rhodan hatte die Konstruktionspläne der Jacht lange genug studiert, um das kleine Schiff von Grund auf zu kennen. Die Bedienung war verhältnismäßig einfach. Er schaltete den Struktur-Kompensator ein und sprang mit einem Satz weit in die Milchstraße hinein. Ein zweiter Sprung brachte sie bis ganz in die Nähe
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Sender aus. Mit einem feinen Lächeln sah er Gucky an. »Nun, was sagst du jetzt? Wie mache ich mich als Arkonide?« Der Mausbiber zog ein Gesicht, als hätte ihm jemand die letzte Mohrrübe aus der Tasche gestohlen. »Du machst dich gut als Arkonide, besser wenigstens als ich, der den Blöden zu spielen hat. Ich werde es bestimmt nicht überleben ...« »Je dümmer du bist, desto höher liegen deine Lebenserwartungen«, eröffnete ihm Rhodan und ließ die KOOS-NOR dem zweiten Planeten entgegensinken. In wenigen Minuten fiel die Entscheidung. Einige hervorragende Wissenschaftler und leitende Politiker hatten es sich nicht nehmen lassen, den arkonidischen Inspekteur bereits auf dem Raumhafen zu begrüßen. Sie waren aus ihren Fahrzeugen gestiegen und näherten sich in einer farbenprächtigen Prozession der gelandeten Jacht. Als Aras und Abkömmlinge der Springer waren sie durchaus humanoid und glichen erschreckend dürren Erdenmenschen. Ihre Kleidung war unterschiedlich. Die Wissenschaftler trugen lange, weiße Mäntel, wie sie sie auf den Hospital-Welten der Ärzte der Aras ebenfalls trugen. Die Politiker hingegen bevorzugten Uniformen und bunte Zivilanzüge. Niemand, so schien es, war bewaffnet. Vor der KOOS-NOR blieben sie erwartungsvoll stehen. Gucky hatte den Anmarsch der Delegation beobachtet und die Gelegenheit nicht versäumt, in den Gedanken der Tolimoner zu forschen. Er las nichts als neugierige Erwartung und ein ganz klein bißchen Furcht, die aber nicht einem schlechten Gewissen entsprang, sondern mehr der völlig normalen Reaktion eines intelligenten Wesens, wenn es einer hochgestellten Persönlichkeit entgegentritt. »Mach keine Dummheiten!« warnte Rhodan noch einmal und gab dem Mausbiber einen Klaps auf das breite Hinterteil. »Du folgst, sobald ich dir den Befehl dazu gebe. Vergiß nicht, daß du zu den sogenannten Semiintelligenzen zählst.« »Den Dummen soll ich spielen, aber Dummheiten darf ich keine machen«, maulte Gucky und rutschte von der Couch. »Daraus wird selbst ein Totalintelligenzler nicht mehr klug. Bis gleich!« Rhodan hob warnend den Zeigefinger, dann verschwand mit einem Schlag das heitere Lächeln aus seinem Gesicht. Während er die Außenluke aufschwingen ließ, wurde es sogar zu einer starren Maske der Arroganz. Er hatte seine Rolle gut eingeübt. Die Leiter fuhr automatisch aus und zwang die etwas zu nahe gekommenen Tolimoner dazu, schnell einige Schritte zurückzuspringen. Rhodan nickte den
nach oben gerichteten Gesichtern kaum merklich zu, dann stieg er die wenigen Stufen hinab und stand auf dem Boden des Planeten Tolimon, den man auch den Galaktischen Zoo nannte. Stumm erwartete er die erste Anrede. Ein mit Orden geschmückter Offizier trat vor, deutete eine Verbeugung an und sagte in reinem Arkonidisch, der Umgangssprache des Imperiums: »Willkommen auf Tolimon, Inspekteur Tristol. Wir werden Ihnen den Aufenthalt auf unserer Welt so angenehm wie möglich machen, damit Ihnen Ihre schwere und verantwortungsvolle Pflicht nicht zu einer Last werden möge. Dürfen wir fragen, wie lange Sie zu bleiben gedenken?« Rhodan warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Das hängt von den Umständen ab. Wie bekannt wurde, sind in der Verwaltung des Zoos Mängel aufgetreten. Als Zustandsinspekteur ist es meine Aufgabe, die Vorfälle zu untersuchen und dem Regenten Bericht zu erstatten.« »Oh - das muß ein Irrtum sein!« erschrak der Offizier und wurde blaß. »Es hat seit Jahrzehnten keine Klage mehr gegeben, und ich begreife nicht ...« Er begriff wirklich nicht, das sah ihm Rhodan am Gesicht an. Aber er ließ sich nichts anmerken. »Ich werde das feststellen!« unterbrach er den Offizier. Und mit einem Seitenblick auf die anderen Tolimoner fügte er hinzu: »Wer sind diese Leute? Ich wünsche kein Aufsehen, wenn ich bitten darf.« »Ihr Wunsch ist uns Befehl, Herr«, beeilte sich ein sehr langer und dürrer Ära zu versichern. »Aber wir dachten, es sei in Ihrem Sinne, wenn wir Ihnen eine Regierungsdelegation entgegensenden, um gleich Ihre Wünsche zu erfahren und vielleicht zu befriedigen.« Rhodan kniff die Augen zusammen und erwiderte kalt: »Meine Wünsche erfahren Sie früh genug. Und noch etwas möchte ich klarstellen: Einige Lichtjahre von hier entfernt wartet ein Schlachtschiff des Regenten auf meine Anordnungen.« »Sie werden es kaum benötigen, Tristol«, versuchte einer der anderen Offiziere zu besänftigen. »Wir sind treue Freunde des Imperiums und haben nichts zu befürchten. Dürfen wir Sie nun zu Ihrem Wohnsitz geleiten?« »Wo ist das?« fragte Rhodan hochmütig. »Am Rande der Stadt Trulan, ein Palast, Herr ...« »Ich wünsche keinen Palast«, schüttelte Rhodan zum Erstaunen der Delegation den Kopf. »Stellen Sie mir einen Wagen zur Verfügung, damit ich mir selbst ein Quartier suchen kann. Ich benötige auch keinen Diener, denn ich habe meinen eigenen mitgebracht.« Er drehte sich zur Luke um und rief laut und deutlich: »Gucky! Hierher!« Aller Augen wandten sich der Luke zu, als erwarteten sie, dort den Regenten höchstpersönlich
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zu sehen. Aber es war nur der Mausbiber, der in dem dunklen Oval erschien und mit schriller Stimme quäkte: »Soll ich den Koffer mitbringen, o Herr?« »Natürlich, du dummes Tier!« erwiderte Rhodan mit verletzender Ironie. »Beeil dich, damit ich die automatische Sperre einstellen kann.« Gucky verschwand und nahm das Stichwort auf. Mit einigen Handgriffen funktionierte die Sperre, die jedes Wesen am Betreten des Schiffes hindern würde. Außerdem stand die Fernsteuerungsanlage auf Empfang. Rhodan konnte somit jederzeit die KOOS-NOR zu sich holen, wo immer er sich auch auf dieser Welt aufhielt. Dann nahm Gucky den schweren Koffer, erleichterte ihn ein wenig mit Hilfe seiner telekinetischen Begabung, trat auf die Treppenleiter und ließ sich dann nach unten rutschen. Hinter ihm schloß sich automatisch die Luke. »Inspekteur Tristol, Ihr habt einen merkwürdigen Diener«, wagte einer der weißbemäntelten Wissenschaftler eine Bemerkung. »Wir haben ein solches Tier noch nie gesehen. Es fehlt in unserer Sammlung.« Gucky lauschte mit schiefgehaltenem Kopf und machte ein unschuldiges und dummes Gesicht. Es war erstaunlich, wie leicht ihm das fiel. Rhodan beschloß insgeheim, ihn später auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Im Augenblick jedoch war keine Zeit dazu. »Es stammt von einem sehr weit entfernten und völlig isolierten Planeten, den ich zufällig auf einer meiner Reisen entdeckte. Ich nahm ein Exemplar mit und fand, daß es sehr gelehrig war. Jedenfalls dürfte mein Diener Gucky zuverlässiger sein als jeder andere Diener oder auch Robot.« »Er hat hervorragende Fähigkeiten?« fragte der Ära interessiert. »Nein, aber er ist verschwiegen und treu«, sagte Rhodan. »Und nun möchte ich den Wagen haben. Wir sprechen uns morgen noch.« Er sah sich suchend um und entdeckte keine hundert Meter entfernt ein tropfenförmiges Fahrzeug, daß sich nach dem altbekannten Prinzip des Kreiselgyros im Gleichgewicht hielt und auf nur einem Rad in der Mitte lief. »Was ist mit dem Wagen dort?« fragte er. Einer der Offiziere nickte heftig und begann, auf das parkende Fahrzeug zuzulaufen. Wenige Sekunden später hielt der Gyro vor Rhodan. Der Offizier stieg aus. »Er steht zu Ihrer Verfügung, Inspekteur Tristol. Aber meinen Sie nicht auch, daß es besser wäre, wenn einer unserer Beamten Sie begleitet und für ein standesgemäßes Hotel sorgt? Wir haben deren genügend in der Stadt und werden uns glücklich
schätzen ...« »Danke!« unterbrach ihn Rhodan kalt und strich sich mit einer arroganten Geste durch die weißen Haare. »Ich liebe es, unerkannt zu bleiben und dort zu wohnen, wo es mir beliebt. Sie werden morgen von mir hören.« Er nickte ihnen kurz zu und wandte sich an Gucky: »Den Koffer in den Wagen, aber schnell!« Gucky dachte wütend: Wenn das so weitergeht, soll mich der Teufel holen!, nahm aber gehorsam den Koffer und schob ihn in die Kabine hinter dem Führersitz. Dann hielt er Rhodan die Tür, damit dieser einsteigen konnte. Erst als Rhodan hinter den einfachen Kontrollen saß, kletterte er umständlich und unbeholfen hinterher. Gelassen sah Gucky während der Fahrt aus dem Fenster und dachte in heroischer Selbstsuggestion immer und immer wieder: Du mußt jetzt ganz ruhig bleiben, Guckylein, ganz ruhig bleiben! Nur nicht aufregen! Rhodan weiß nicht, was er spricht, du mußt ihm verzeihen. Und ganz, ganz ruhig bleiben ... Und nach einer kurzen Gedankenpause dachte er weiter: Falls ich platze, ihr Götter des Universums, dann verzeiht mir, wenn ich diesen Wagen beschmutze ... »Nun aber Schluß!« sagte Rhodan laut, dem Guckys Verdrießlichkeit natürlich nicht verborgen geblieben war. »Bis jetzt hat es doch ausgezeichnet geklappt. Der Rest ist einfach, wenn wir Marshall finden.« »Ja«, bequemte sich Gucky zu einer Antwort. »Wenn .../« 2. Der Planet Tolimon war dank seiner exponierten Lage der Ausgangspunkt intergalaktischer Expeditionen und somit Umschlagplatz erster Ordnung. Die einmalige Anlage des riesigen Zoogebietes lockte viele Besucher anderer Sonnensysteme an, und Angehörige aller Völker hatten sich für immer in Trulan niedergelassen, um hier den Rest ihres Lebens in süßem Nichtstun zu verbringen. So kam es, daß die Hauptstadt Trulan zu einem wahren Schmelztiegel geworden war, auch was die Bauwerke anging. Es fiel Rhodan schwer, sich in diesem Gewirr architektonischer Überraschungen zurechtzufinden. In der Hauptsache orientierte er sich mit Hilfe von Straßenpassanten, die seinem Wagen nur wenig Beachtung schenkten. Wahrscheinlich hatten die Aras, die ihn auf dem Raumhafen begrüßten, seine Ankunft noch nicht offiziell bekanntgegeben. Rhodan war das nur recht. Einmal wurde er sogar angehalten und nach seinen Papieren befragt. Als der Polizist
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einen Blick auf die ausgezeichnet kopierten Legitimationen warf und erst dann die protzige Uniform des arkonidischen Inspekteurs erkannte, wäre er fast in den Boden gesunken. Er entschuldigte sich wortreich und bot seine Hilfe an. Rhodan winkte ärgerlich ab und setzte den Wagen wieder in Gang. Daß er dabei den Polizisten fast über den Haufen gefahren hätte, schien ihn nur wenig zu kümmern. Abseits der eigentlichen Hauptstraße fanden sie ein ruhiges Hotel, das ein wenig versteckt in einem Park lag. Rhodan mietete zwei Zimmer für sich und seinen Diener, zahlte eine größere Summe an und befahl, daß sein Aufenthalt nicht publik gemacht werden solle. Natürlich rechnete er fest damit, daß die Regierung noch in den nächsten fünf Minuten erfuhr, wo er steckte, aber das war ihm gleichgültig. Wichtig war lediglich, daß man annahm, er lege keinen Wert auf offizielle Empfänge, sondern wolle seine Nachforschungen unauffällig betreiben. Sobald Gucky im Zimmer war, ließ er den Koffer einfach fallen. »Wenn du es genau wissen willst, Chef, das Theater stinkt zum Himmel!« Rhodan sank mit einem zufriedenen Seufzer in den weichen Polstersessel, der dicht beim Fenster stand und von dem aus man einen guten Blick auf die Stadt genoß. »Wieso Theater? Ich finde die Rolle steht dir gut. Ich als Inspekteur bin sicherlich auch nicht gerade schlecht, und ...« »Ich denke, wir haben eine ernste Mission ...? Wo steckt Marshall? Was ist mit ihm und Laury?« Rhodan nickte gelassen. »Na und? Glaubst du, wir hätten mehr erreicht, wenn wir ohne Vorbereitungen und ohne Maske einfach hier gelandet wären? Niemand soll vorzeitig erfahren, daß die längst vergessene Erde noch existiert. Wenn wir Gewalt anwenden, um unseren Leuten zu helfen, würde die Galaxis es erfahren. Also bleibt uns nur die List.« »List hin, List her«, maulte Gucky und setzte sich auf den Koffer, weil er zu faul war, in den anderen Sessel zu klettern. »Ich bin es leid, hier den Dummkopf abzugeben. Schließlich bin ich intelligenter, als jeder von diesen Talismännern auch nur ahnt ...« »Sie nennen sich Tolimoner«, belehrte ihn Rhodan. »Na, wenn schon!« ging Gucky darüber hinweg. »Jedenfalls habe ich auf dem Raumfeld bei dem einen Weißmantel schon die Absicht bemerkt, mich zu entführen und in den Zoo zu stecken. Soll ich mir das gefallen lassen, ohne mich zu rühren?« »Wunderbar!« lobte Rhodan und sah sehr zufrieden aus. »Das ist genau das, was ich wollte. Sie beginnen, sich mit dir zu beschäftigen und mich dabei zu vergessen. Es könnte doch jemand auf die
Idee kommen, sich bei Arkon nach Inspekteur Tristol zu erkundigen. Wenn du ihnen aber wichtiger bist, kann das kaum passieren.« »Ich - und in den Zoo!« empörte sich Gucky, seufzte aber dann auf. »Von mir aus. Wann fangen wir mit der Suche an?« »Frage lieber: wo fangen wir an. Mir fehlt jeder Anhaltspunkt. Wenn Marshalls Sender kaputt ist, müssen wir es mit der Telepathie versuchen. Wir senden regelmäßig Rufe aus und konzentrieren uns auf den Empfang. So müßten wir Marshall und Laury aufstöbern.« Es klopfte an der Tür. Rhodan warf Gucky einen schnellen Blick zu. Der Mausbiber zuckte resigniert die kleinen Schultern, sprang von dem Koffer und schritt zur Tür. Mit einer Verbeugung öffnete er sie. Draußen standen zwei Aras. Der eine trug die vornehme Kleidung der Wohlhabenden, während der andere in Uniform war. Sie erschraken, als sie den Mausbiber sahen, faßten sich aber sofort, als sie seine demütige Haltung erkannten. »Was ist?« fragte Rhodan und legte eine Menge Verachtung in seine Stimme. »Wer wagt es, meine wohlverdiente Ruhe zu stören?« »Wir hörten, daß ein Inspekteur von Arkon gekommen ist, um nach dem Rechten zu sehen«, begann der Uniformierte und schob sich einen Schritt vor. »Da dachten wir, es wäre eine gute Gelegenheit, einige der auf Tolimon üblichen Ungerechtigkeiten anzuprangern. Mein Vorgesetzter, Oberst Koplad, wirtschaftet in seine eigene Tasche und vernachlässigt seine Pflichten Arkon gegenüber. Meine Beförderung, längst fällig, wurde von ihm immer wieder aufgeschoben, weil ich als Freund Arkons bekannt bin. Außerdem ...« »Ich habe den weiten Weg nicht gemacht, solche Kleinigkeiten zu regeln«, wurde er von Rhodan unterbrochen, der gelangweilt aus dem Fenster sah und seine Besucher anscheinend vergessen hatte. »Und Sie?« Der Offizier trat verdutzt zurück und machte dem anderen Platz. Der gut gekleidete Zivilist hatte sein Selbstvertrauen ein wenig verloren und schien von seiner Sache nicht mehr so überzeugt zu sein. Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen. »Herr«, begann er, um erneut zu stocken. »Nun?« machte Rhodan ungeduldig. »Ist es wichtig? Ihr persönlicher Ärger geht mich nichts an, und ich habe keine Lust, mich in die inneren Angelegenheiten von Tolimon zu mischen. Reden Sie nur dann, wenn Sie mir wichtige politische Mißstände zu melden haben.« Der Zivilist schüttelte erschrocken den Kopf und verbeugte sich. »Verzeihen Sie, Herr, wenn wir Sie belästigten. Es war nicht so wichtig. Leben Sie lang, Herr.«
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Als sich die Tür schloß, schüttelte auch Gucky den Kopf. »Und vor solchen Narren muß ich mich verbeugen, weil ich nur dein Diener bin. Nein, das überlebe ich nicht! Ich wünschte, ich wäre tot!« Rhodan gab nicht sofort Antwort. Er hielt den Kopf ein wenig schief und lauschte mit geschlossenen Augen. Dann öffnete er sie und blickte den Mausbiber ernst an. »Das kannst du haben, Gucky«, sagte er leise. »Nicht weit von hier, wahrscheinlich unten im Hotel, sind einige Männer, die dich fangen wollen. Sie handeln auf allerhöchsten Befehl. Du sollst betäubt und in den Zoo verschleppt werden. Wenn du dich wehrst, oder wenn du gefährlich sein solltest, steht es den Männern frei, dich unschädlich zu machen. Du siehst, dein Wunsch, bald zu sterben, geht schnell in Erfüllung.« Gucky hatte in den letzten Minuten nicht auf einfallende Gedankenimpulse geachtet und so den Anschlag auf sein Leben und seine Freiheit verpaßt. Er holte das jetzt nach, um dann zu schimpfen: »Einfangen wollen sie mich, wie ein wildes Tier! Mich, den Leibdiener des erlauchten Inspekteurs von Arkon! Ist das zu fassen?! Darf ich die Burschen zur ... eh, darf ich ihnen eine Lehre erteilen, Chef? Sie haben es verdient, nicht wahr?« »Das schon, aber woher weißt du von ihren Plänen, wenn du kein Telepath bist? Ich fürchte, du wirst warten müssen, bis sie sich verraten. Suchen wir lieber nach Marshall, die Tierfänger haben Zeit.« »Tierfänger!« knurrte Gucky böse und sprang mit einem Satz auf das weiße Bett, legte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme unter den Nacken. »Wenn Bully das jemals erfährt, habe ich mein Leben lang keine ruhige Minute mehr. Dies ist der Planet der Blamagen!« Rhodan lachte leise. »Kümmere dich jetzt nicht um die Dummköpfe, die auf unseren Schwindel hereingefallen sind, sondern hilf mir, Marshall zu suchen. Irgendwo müssen sie ja stecken und denken. Und wenn sie denken, sollte es dir auch möglich sein, die Impulse ihrer Gehirne zu empfangen.« »Ob dieser komische Graf Rodrigo de Berceo auch denkt?« Rhodans Lächeln wurde für einen Augenblick durch einen Schatten verdrängt, dann nickte er langsam. »Ich nehme schon an, wenn ich auch befürchte, daß er an nichts anderes als an unsere gute Laury denkt. Das ist es ja, was uns diese Suppe eingebrockt hat.« »Ja, ja«, philosophierte Gucky und sah dabei schrecklich weise aus, »die Liebe ist an allem schuld. Ich werde mich nie verlieben.« »Ich wüßte auch nicht, in wen«, bemerkte Rhodan.
Worauf Gucky sich ohne Kommentar der Aufgabe widmete, Marshalls Gedankenschwingungen zu orten. * Rhodan schloß die Augen und lehnte sich behaglich zurück. Er konzentrierte sich auf die bevorstehende Aufgabe, erkannte aber sofort, daß nur ein unwahrscheinlicher Zufall ihnen weiterhelfen würde. Gucky war wie ein Rundfunkamateur, der unter Tausenden von Sendern den seines Partners herausfinden will - dazu noch ohne das geringste Kennsignal. Es war einfach unmöglich, die tausend oder zehntausend Gedankenimpulse zu ordnen oder gar zu identifizieren. Dafür gelang es Gucky, andere und nicht minder interessante Dinge festzustellen. Die Impulse waren sehr stark und beschäftigten sich in der Hauptsache mit ihm. Der Intensität nach zu urteilen mußten sich die Urheber der betreffenden Gedanken tatsächlich bereits im Hotel befinden. Entgegen der früher einmal vertretenen Auffassung hatte die Erfahrung bewiesen, daß die Entfernung telepathische Energieströme aufzehrte und somit die Impulse abschwächte. »Sie kommen«, sagte Gucky. Rhodan öffnete erstaunt die Augen und kehrte in das Hotelzimmer zurück. Seine tastenden Gedanken waren weit fort gewesen. »Wer kommt?« »Nun, diese Kerle, die einen unschuldigen Mausbiber in ihren Zoo stecken wollen. Ich werde sie im hohen Bogen aus den Fenstern fliegen lassen, auch wenn sie sich als Regierungsbeamte tarnen.« »Das wirst du nicht tun, mein Lieber. Welches Risiko gehst du schon ein, wenn du dich übertölpeln läßt? Gar keins! Im Gegenteil, ich verspreche mir sogar einiges davon. Vielleicht erfährst du etwas über Marshall. Außerdem können wir Verbindungen halten und notfalls teleportierst du dich außer Gefahr. Was kann also passieren?« »Nichts, gar nichts«, gab Gucky mißmutig zu. »Aber darum geht es mir ja auch nicht.« »Worum denn?« »Die Blamage! Ich, der intelligenteste aller Mausbiber, muß dümmer sein, als die Polizei es erlaubt. Wenigstens die Polizei von Terra. Hier mögen die Verhältnisse ja anders liegen, aber dumm bleibt eben dumm.« »Wer mit vorgetäuschter Dummheit etwas erreicht, ist klüger als jene, die er täuschte, Gucky.« Der Mausbiber schluckte einen imaginären Kloß herunter. »Du hast aber auch für jede Medizin ein Zückerchen, und sei sie noch so bitter«, gab er zu.
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»Aber Bully erfährt nichts davon, das versprichst du mir?« »Ist schon versprochen«, nickte Rhodan. »Dann ist es gut. Die Aras werden also nicht fliegen, sondern ihren dummen Mausbiber fangen. Sie sind gleich da. Vor dir haben sie übrigens eine Höllenangst.« »Kein Wunder, sie denken an das Schlachtschiff, das ich jederzeit herbeirufen kann. Der Robot-Regent muß in den vergangenen 56 Jahren ganz schön durchgegriffen haben, anders kann ich mir die Furcht vor Arkon nicht erklären.« »Sie sind da!« flüsterte Gucky kaum hörbar. Dann fügte er telepathisch hinzu: Und nun, meine Damen und Herren, sehen Sie Gucky Mausbiber, den weltberühmten Filmstar, in der Rolle des Blödians! Achtung! Es geht los! Es ging tatsächlich los. An der Tür war ein Klopfen. Rhodan setzte seine hochnäsige Arkonidenmiene wieder auf, gab Gucky einen lässigen Wink und sagte laut genug, daß man es draußen auf dem Gang hören konnte: »Sieh nach, Gucky, wer es da wieder wagt, meine Ruhe zu stören. Tolimon scheint ein unruhiger Planet zu sein, oder aber man ist begierig darauf, daß ich mit meinen Nachforschungen beginne.« Gucky watschelte zur Tür, machte ein an Unverschämtheit grenzendes einfältiges Gesicht und öffnete. Seine Verbeugung wirkte äußerst komisch. Drei Fremde betraten den Raum, achteten nicht weiter auf den Mausbiber, wenn ihre Gedanken sich auch ausschließlich mit ihm beschäftigten, gingen einige Schritte vor und blieben dann dicht vor Rhodan stehen. Sie verneigten sich voller Ehrerbietung. »Wir bitten vielmals um Verzeihung«, sagte der in der Mitte und zupfte etwas verlegen an seinem bunten Rock. »Vielleicht kommen wir ungelegen, aber ...« »Ich habe euch nicht gerufen, also kommt ihr in der Tat ungelegen«, bestätigte Rhodan mit gleichmütiger Arroganz, über die alle seine Freunde wahrscheinlich entsetzt gewesen wären. Gucky verbeugte sich noch immer, damit man sein heiteres Grinsen nicht sehen konnte. »Es ... es handelt sich um eine Einladung der Regierung«, fuhr der Ära fort, schien jedoch mehr erschrocken als verlegen. »Heute findet ein Gala-Empfang für den hohen Inspekteur Arkons statt. Wir bitten Sie, daran teilzunehmen.« Rhodan erriet Gedanken des Sprechers und erkannte die Absicht, während seiner Abwesenheit im Hotel Gucky zu überwältigen und zu entführen. Ein Spezial-Fangkommando war bereits nach hier unterwegs. Er lehnte sich ein wenig im Sessel zurück und tat so, als müsse er überlegen. »Nimmt der Chef der Regierung an dem Empfang
teil?« wollte er wissen. »Selbstverständlich, Herr. Er hat ja diesen Abend angeregt und rechnet es sich zur Ehre an, wenn Sie daran teilnehmen.« »Wann?« »Eh ... Sie werden selbstverständlich abgeholt, Herr. Sobald die Sonne untergegangen ist.« »Gut, ich werde erscheinen. Was ist mit meinem Diener?« Der Ära machte ein erschrockenes Gesicht. »Ihr Diener. Herr?« »Ist er ebenfalls eingeladen?« »Nein, natürlich nicht. Es nehmen nur erlauchte Gäste teil; niemand wird seine Diener mitbringen.« »Aha. Dann lasse ich ihn im Hotel.« Die drei Abgesandten beherrschten sich ausgezeichnet. Mit keiner Geste verrieten sie, wie erfreut sie über diesen Entschluß waren, dafür waren ihre heimlichen Gedanken um so triumphierender. Gucky an der Tür schien seine fatale Rolle vergessen zu haben. Rhodan bemerkte, wie er nur mit Mühe seinen Nagezahn im Zaume hielt und seine beginnende Freude an dem Spaß unterdrückte. Schließlich kam es nicht alle Tage vor, daß man für einen Zoo eingefangen werden sollte. Er schien vergessen zu haben, wie sehr er sich noch vor zehn Minuten darüber geärgert hatte. »Der Wagen wird pünktlich sein«, versprach der mittlere der drei Aras, dann zogen sich die Unterhändler unter vielen Verbeugungen bis zur Tür zurück, streiften den Mausbiber mit einem begierigen Blick und waren draußen. Gucky schloß die Tür und quietschte verhalten. »Hihi, diese Narren. Sie sehen mich schon im Netz!« »Du sollst auch in ihrem Netz landen!« betonte Rhodan ernst. »Vergiß unsere Abmachung nicht. Ich werde zum Fest fahren, aber nur eine Stunde bleiben. Unter einem fadenscheinigen Grund werde ich mich dann verabschieden und hierher ins Hotel zurückfahren. Bis dahin wirst du hoffentlich erfolgreich entführt worden sein. Wir halten Verbindung. Ich werde dich natürlich vermissen und Krach schlagen. Mal sehen, was dann passiert.« »Was soll passieren? Die Kerle wissen dann garantiert von nichts und werden versuchen, sich herauszureden.« »Und du wirst, so hoffe ich, einiges erfahren. Vielleicht kommst du mit den gleichen Leuten in Verbindung, die auch Marshall verfolgten oder gar einfingen.« »Wir werden sehen«, meinte Gucky. »Aber eins sage ich dir: Sobald sie mich in einen Käfig sperren wollen, verschwinde ich.« »Vielleicht kannst du schon früher abhauen, Gucky. Das kommt auf die Umstände an.« »Hm«, machte der Mausbiber und kletterte auf die niedrige Couch in der Ecke des Zimmers. »Wir
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werden ja sehen. Auf jeden Fall wirst du heute einen so dummen Mausbiber erleben, wie es noch nie einen gegeben hat.« »Das hoffe ich sehr«, lächelte Rhodan und begann wieder, sich auf Marshall und Laury Marten zu konzentrieren.
»Meine Herren, der hohe Inspekteur ist leider ausgegangen. Kann ich Ihnen behilflich sein?« Einer der Tierfänger ging zur Tür zurück und trat auf den Flur. Eine Sekunde später kehrte er mit einem vergitterten Kasten wieder um. Ein freundliches Lächeln verklärte sein listiges Gesicht. »Deinen Herrn wollten wir nicht sprechen«, sagte er so sanft, wie er nur konnte. Wahrscheinlich wollte er Guckys Vertrauen erwerben. »Aber wir möchten dich bitten, mit uns zu kommen.« »Wohin?« erkundigte sich Gucky naiv. »Ohne Erlaubnis meines Gebieters darf ich das Hotel nicht verlassen.« »Aber dein Herr ist doch unterrichtet«, sagte ein anderer Ära mit leichtem Vorwurf. »Natürlich ist er damit einverstanden, daß wir dich dem wissenschaftlichen Rat von Tolimon vorstellen. Ein so intelligentes Tier wie dich hat der Rat noch niemals examinieren können.« »In einem Käfig?« wunderte sich Gucky und zeigte voller Abscheu auf den vergitterten Kasten. »Ihr haltet mich wohl für ein Raubtier?« »Nur - eh - wegen der Leute«, stotterte ein anderer und trat schnell vor, um das begehrte Versuchsobjekt am Nackenfell zu fassen. »Wir wollen dir Belästigungen ersparen.« Gucky gab sich alle Mühe, nicht zu explodieren. Normalerweise wäre der unverschämte Kerl jetzt durch telekinetische Kräfte gegen die Decke geschleudert worden. So aber passierte ihm nichts. Etwas verängstigt und völlig hilflos kauerte der Mausbiber auf der Couch und ließ sich widerstandslos in die Höhe heben. »Ein prächtiges Exemplar«, begutachtete einer der Männer und öffnete den Gitterkasten. »Hinein mit ihm, damit er es sich nicht anders überlegt. Der Inspekteur wird glauben, er sei ausgegangen und habe sich in der Stadt verirrt.« Mit einem nicht geringen Schwung landete Gucky in dem Käfig, dessen Tür sich sofort wieder schloß. Nun glaubten die Fänger ihn sicher und ließen vollends die Maske fallen. »Schnell fort!« riet einer von ihnen hastig. »Wenn der Arkonide frühzeitig zurückkehrt, darf er keine Spuren vorfinden.« »Ich meine, der Inspekteur wäre unterrichtet«, piepste Gucky mit gut gespielter Ängstlichkeit. »Behandelt ihr mich nicht ein wenig seltsam?« »Halte den Mund!« fuhr ihn ein Ära an, was Gucky erneut auf eine harte Belastungsprobe stellte. Wie leicht wäre es ihm gefallen, sich zu befreien, aber er durfte ja nicht. Er mußte den Schwachen spielen, den unbeschreiblich Dummen. Wie Rhodan ihm nur so etwas antun konnte ...! Die Männer deckten ein schwarzes Tuch um den Käfig und verließen das Zimmer. Draußen auf dem
* Als Rhodan gegangen und Gucky endlich allein war, bereitete sich der Mausbiber auf das bevorstehende Abenteuer vor. An und für sich betrachtete er die Aktion nicht als Abenteuer, sondern als eine Art Scherz, womit er eigentlich nicht so unrecht hatte. Große Gefahren barg die Fangaktion nicht für ihn, wenn er sich willig und dumm genug zeigte. Die ersten Impulse kamen knapp zehn Minuten später. Die Entführung mußte gut vorbereitet sein und mit Einverständnis höchster Regierungsstellen erfolgen. Kein Wunder, denn für die auf Tolimon ansässigen Aras gab es keine wichtigeren Probleme, als geeignete Lebewesen für ihre Experimente zu finden. Der Zoo lief eigentlich mehr nebenbei und war als Attraktion und Anziehungspunkt für geldbringende Touristen gedacht. Es waren fünf Aras, die dem Hotelbesitzer ihre Vollmachten zeigten. Gucky lauschte dem Gespräch mit Interesse und überzeugte sich noch einmal davon, daß er die Tür auch nicht abgeschlossen hatte. Dann rutschte er auf die Couch und streckte sich behaglich darauf nieder, ganz wie ein Diener es zu tun pflegt, wenn der Herr außer Haus ist. Wenigstens mancher Diener. Dann schloß er die Augen und tat so, als schliefe er. Die fünf Aras waren vor der Tür stehengeblieben und machten sich bereit, das Schloß aufzubrechen, falls ihre Beute nicht öffnen sollte. Aber dann versuchte es einer und fand die Tür unverschlossen. »So ein argloses Tier«, flüsterte er und schob sich in das Zimmer. »Als Leibdiener wäre es mir zu unvorsichtig und dumm.« Du wirst dich wundern! dachte Gucky und tat weiterhin so, als schliefe er tief und fest. Und ob du dich wundern wirst! Später! Nur die Vorfreude auf diesen Genuß bewegte Gucky dazu, jetzt seine Rolle mit noch mehr Hingabe zu spielen. Er ließ die fünf ruhig in das Zimmer kommen und tat dann so, als erwache er. Blinzelnd schlug er die treuen Braunaugen auf und betrachtete die Eindringlinge mit erstaunter Miene. Der eine, so sah er, trug einen der unbedingt tödlich wirkenden Impulsstrahler. Sie rechneten mit einer Gegenwehr. Nun, sie sollten sich täuschen. »Guten Abend«, sagte Gucky mit heller Stimme.
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Gang schlugen sie ein schnelleres Tempo an passierten, ohne angehalten zu werden, die Empfangshalle und waren dann auf der Straße. Gucky spürte, wie der Kasten ziemlich unsanft in einen Wagen geschoben wurde, der sich Sekunden später in Bewegung setzte. Die Männer sprachen nun nicht mehr viel, aber ihre Gedanken verrieten Gucky mehr als genug. Man brachte ihn zum Zoo-Ministerium. Der Zoo, so wußte er, war eine staatliche Angelegenheit und unterstand einem speziellen Ministerium, dem in der Hauptsache Ärzte und Wissenschaftler angehörten. Vielleicht waren auch einige Psychologen dabei. Dort sollte er untersucht und verhört werden, ehe man ihn zu dem Freigehege brachte. Freigehege! Gucky kicherte lautlos in sich hinein, um seine Wut zu besänftigen. Eine Gefahr war nicht für ihn vorhanden, aber wem fällt es schon so leicht, sein Licht unter den Scheffel zu stellen? Dazu fand Gucky bisher immer das größte Vergnügen daran, humanoiden Intelligenzen seine Überlegenheit zu beweisen. Und nun mußte er ... Es war zum Auswachsen! Die Fahrt dauerte recht lange. Aus den Gedanken seiner Begleiter erfuhr er, daß das Ministerium am Stadtrand lag, wo man ungestört und unbehelligt die notwendigen Untersuchungen und Experimente vornehmen konnte. Die ganze Entführung, so stellte er weiter fest, beruhte keineswegs auf grundsätzlich schlechter Absicht. Man ahnte, daß der Arkonide niemals freiwillig auf seinen possierlichen Diener verzichten würde, war aber ganz versessen darauf, dieses einmalige Exemplar eines Halbintelligenzlers in den Zoo zu sperren. Der sprechende Mausbiber würde eine wahre Sensation bedeuten. Vielleicht konnte man sogar erfahren, wo der Heimatplanet dieses merkwürdigen Tieres lag. Eine ganze Kolonne derartiger Pelzwesen ... Die Phantasie ging mit den Aras durch. Gucky war froh, daß er unter dem schwarzen Tuch verborgen war und niemand sein vergnügtes Grinsen bemerken konnte. Denen würde er es aber noch zeigen. Sobald er durfte!
wieder ins Hotel zurück. Er vermißte programmgemäß seinen Diener und fragte das Personal, ob man ihn nicht gesehen habe. Aber bis zum Direktor hinauf leugnete jeder hartnäckig, etwas Verdächtiges bemerkt zu haben. Die Angst vor den staatlichen Behörden schien auf Tolimon nicht geringer zu sein als in anderen Teilen der Milchstraße. Rhodan wartete noch eine halbe Stunde, dann benachrichtigte er die Polizei. Er gab an, daß es nicht die Gewohnheit seines Dieners sei, ohne Erlaubnis das Hotel zu verlassen. Er verlangte energisch eine Suche nach dem Vermißten. Die Polizei versprach, ihr Möglichstes zu tun. Die Burschen logen natürlich; sie steckten mit den Entführern unter einer Decke. Dann legte sich Rhodan beruhigt in sein Bett, nachdem er die Tür verschlossen und den handlichen Impulsstrahler unters Kopfkissen geschoben hatte. Um diese Zeit stand Gucky gerade vor seinen Examinatoren. * Der Raum blitzte vor Sauberkeit. Grelle Lampen an der weißen Decke erleuchteten ihn bis in den letzten Winkel und ließen keine Schatten aufkommen. An einem hufeisenförmigen Tisch saßen zwölf oder dreizehn Tolimoner in weißen Kitteln, der Berufstracht der Aras. Ihre Blicke waren auf den kleinen Gefangenen gerichtet, der mit herabhängenden Schlappohren und äußerst einfältigem Gesicht vor ihnen stand. Im Hintergrund lauerten zwei Wärter mit Lähmstrahlern. Sie bewachten den einzigen Ausgang des Raumes. Der Hochgewachsene in der Mitte sein Bart ließ vermuten, daß er sich den Galaktischen Händlern zugehörig fühlte - beugte sich ein wenig vor und sah Gucky mit durchbohrendem Blick an. »Du- bist der Diener des Inspekteurs von Arkon?« fragte er. »Ja, bin ich«, piepste Gucky verschüchtert, obwohl es in seiner Mausbiberseele kochte. »Und mein Herr wird euch schon sagen, was er davon hält, wenn man seinen Diener ...« »Wir fragen, du antwortest!« wurde er unterbrochen. »Wo hast du Arkonidisch gelernt? Oder spricht man auf deiner Heimatwelt die Sprache des Imperiums?« »Mein Herr hat es mich gelehrt.« »Deine eigene Sprache ist also anders?« »Natürlich ist sie anders. Wir verständigen uns durch besonders melodisches Pfeifen. Ein ganz hoher Ton bedeutet zum Beispiel Erregung, während ein Summen ...« »Und dein Heimatplanet?« unterbrach der Bärtige,
* Rhodan fiel es nicht sehr leicht, sich mit den maßgeblichen Politikern Tolimons zu unterhalten und gleichzeitig an die Entführung Guckys zu denken. Er blieb auch nicht lange, sondern verabschiedete sich bald mit der Entschuldigung, daß er von der Reise müde sei und wünsche, sich zur Ruhe zu begeben. Da man sich inzwischen des Mausbibers bemächtigt hatte, wurden ihm keine Schwierigkeiten bereitet. Der Wagen brachte ihn
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der wenig Interesse an der Pfeifsprache der Mausbiber zu haben schien. »Kannst du uns eine Lage beschreiben?« Gucky nickte selbstsicher. »Ja, natürlich. Etwas rechts vom Kohlensack.« »Ha?« Der Bärtige beugte sich vor, die Augen weit aufgerissen. In seinem Gesicht stand eine einzige Frage. »Kohlensack? Was ist das?« Gucky las in seinen Gedanken und erkannte, daß die Aras die dunklen Wolken mit Absorptions-Staub bezeichneten, aber er dachte nicht daran, ihnen zu helfen. Sollten sie sich die Köpfe über den unbekannten irdischen Begriff zerbrechen. »Ein Kohlensack«, sagte er wichtig, »ist ein Kohlensack. Habe ich mich klar ausgedrückt?« Der Bärtige schüttelte den Kopf. »Wir benötigen exakte Angaben. Wir löschen jetzt das Licht und zeigen dir eine Sternenkarte, von Tolimon aus gesehen. Du zeigst uns, wo dein Heimatsystem steht.« Es wurde dunkel, und dann stand an der weißen Decke das fast plastisch wirkende Bild des Himmels. Mit Genugtuung bemerkte Gucky, daß auch die fraglichen Dunkelstellen wirklichkeitsgetreu wiedergegeben wurden. Mit einem triumphierenden Aufschrei zeigte er nach oben. »Da, der Kohlensack! Rechts davon!« Fünfzehn Augenpaare starrten gegen die Projektion und suchten einen Kohlensack, ohne zu wissen, was ein Kohlensack war. Ihre Überlegungen wurden jedoch jäh unterbrochen, denn Gucky stieß einen schrillen Pfiff aus und rief: »Nein, der andere! Links in der Ecke!« Kurze Pause, dann: »Es kann aber auch der in der Mitte sein. Ich habe gar nicht gewußt, daß es so viele Kohlensäcke gibt.« »Mit diesen Säcken meinst du wahrscheinlich die Absorptionswolken«, erkundigte sich der Bärtige vorsichtig. »Deine Spezies ist wissenschaftlich natürlich ungeschult, aber immerhin besitzt sie einen gewissen Intelligenzquotienten.« »Was ist denn das?« fragte Gucky und stellte ein Ohr in die Höhe. »Ich habe nie davon gehört, daß wir so etwas haben.« Zwei oder drei der Aras lachten verhalten. »Wie kamst du zu den Arkoniden? Haben sie dich von deiner Welt geholt?« Gucky ließ das Ohr wieder fallen. »Wenn ich das nur noch wüßte ... es ist schon zu lange her.« »Zu lange her? Wie lange ist es her?« Die Lampen glühten wieder auf, aber immer noch stand die Projektion des nächtlichen Himmels an der Decke. In der Stimme des Bärtigen war plötzlich Interesse. Gucky ahnte, daß nun die Chance bestand, die Gedanken seiner neugierigen Frager auf das ihn bewegende Thema zu lenken. »Wie lange?« murmelte er und sah treuherzig in
die auf ihn gerichteten Augen. »Vielleicht ein paar hundert Jahre.« Der Bärtige zuckte zusammen. »Ein paar hundert Jahre? So alt bist du?« »Was heißt alt«, wunderte sich Gucky maßlos. »Ich stehe im besten Jünglingsalter, wenn ich so sagen darf. Die Mädchen aller Welten, die der Inspekteur und ich besuchen ...« Aber der Bärtige interessierte sich nicht für Mädchen. Er hatte andere Probleme. »Werden alle auf deiner Welt so alt wie du?« »Natürlich! Werdet ihr nicht tausend Jahre alt?« Der Bärtige schnappte hörbar nach Luft. Seine Augen starrten weit aufgerissen auf den Mausbiber. Auch die anderen Aras schienen sehr erschrocken zu sein. In ihren Gedanken wirbelten Fragenkomplexe, die so vielseitiger Natur waren, daß Gucky sie nicht alle gleichzeitig in sich aufnehmen konnte. »Tausend Jahre ...?« Der Bärtige gab sich alle Mühe, ruhig zu erscheinen. »Ihr habt ein lebensverlängerndes Mittel entdeckt?« Nun war die Reihe an Gucky, erstaunt zu sein. »Ein Mittel? Wozu das? Tausend Jahre reichen, besonders dann, wenn man Diener ist wie ich. Mein Herr, der Inspekteur, wird sich nach meinem Tod einen neuen Diener suchen müssen und dann ...« »Was?« brüllten gleich zwei oder drei der Aras verblüfft und wurden sichtlich weiß. »Dein Herr lebt auch so lange? Ist er nicht Arkonide?« Gucky spürte, daß er fast einen Fehler gemacht hatte. Er bemühte sich noch dümmer als sonst auszusehen. »Was soll er sonst sein?« erkundigte er sich harmlos. Der Bärtige gab keine Antwort. Er dachte: »Sollte schon früher einmal jemand nach Tolimon gekommen sein, um das Serum zu stehlen, wie es dieser Springer tat, der uns entwischte? Oder das Mädchen, das bei ihm war? Oder haben auch andere geforscht und sind zu gleichen Ergebnissen gelangt?« Gucky atmete auf. Der erste Hinweis auf Marshall! Aber die Aras schienen selbst nicht zu wissen, wo er jetzt steckte. Das ganze Theater war demnach umsonst gewesen. Oder ...? »Als ständiger Begleiter des Inspekteurs siehst du viel von der Galaxis«, unternahm der Bärtige einen neuen Vorstoß in anderer Richtung. »Ihr besucht alle Welten des Imperiums, und das, wie du sagst, seit Jahrhunderten. Habt ihr jemals eine Welt gefunden, auf der Wesen leben, deren Entwicklungsstufe bei C liegt?« Gucky wurde hellwach. Das war die Erde! So, wie sie vor zwei- oder dreihundert Jahren eingestuft werden mußte. Klasse C! Im siebzehnten Jahrhundert war es gewesen, daß ein Schiff der Aras zufällig die Erde fand und einige Menschen entführte, um sie in
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den Zoo zu sperren, wo sie heute noch lebten. Nur dieser Graf Rodrigo de Berceo hatte mit Hilfe Marshalls fliehen können - und sich prompt in die Mutantin Laury verliebt. »Wesen mit Entwicklungsstufe der Klasse C ?« wiederholte Gucky und schien angestrengt nachzudenken. Dann schüttelte er entschieden den Kopf. »Nein, bestimmt nicht! Wieso? Gibt es denn eine solche Welt?« Wieder erhielt er keine Antwort, aber die Gedanken der Aras verrieten ihm genug. Ja, es gab eine solche Welt, vor einigen hundert Jahren. Man hatte sie gefunden und wieder verloren. Aber vier Exemplare der primitiven Art hatte man mitgenommen, ihnen das lebensverlängernde Serum verabreicht und in den Zoo gesteckt. Einer war entflohen. Diese verdammten Springer! Welches Interesse besaßen sie an den Gefangenen? Vielleicht das Lebenselexier? Geschäftemacher ... Aber kein Hinweis, wo sich Marshall jetzt aufhielt. Die Aras hatten die Spuren der Flüchtlinge verloren. Es war, als seien sie von der Oberfläche Tolimons verschwunden. Gucky irrte sich, wenn er glaubte, mehr erfahren zu können. »Den Intelligenztest können wir uns sparen«, sagte der Bärtige zu seinen Kollegen. »Klasse C, würde ich vorschlagen. Bliebe nur noch die medizinische Untersuchung, die ich hiermit für morgen ansetze. He, Wärter! Bringt den Gefangenen in seinen Käfig zurück.« Und zu Gucky gewandt: »Du wirst es gut bei uns haben.« Mit dieser Versicherung erhob er sich und gab somit das Zeichen zum allgemeinen Aufbruch. Er würdigte den Mausbiber keines Blickes mehr und schien ihn völlig vergessen zu haben. Gucky sah die beiden Wärter herbeikommen und spürte, wie sie ihn an den Armen ergriffen und wegführten. Er achtete nicht darauf. Er sah immer noch den Bärtigen, der ihn so herablassend behandelt hatte und für ein besseres Tier hielt. Wer weiß, dachte er, ob die Gelegenheit morgen genauso günstig ist, wenn ich überhaupt morgen noch hier bin. Ein kleiner Denkzettel würde nicht schaden. Hauptsache, der Verdacht fiel nicht auf ihn. Aber was ...? Viel Zeit blieb ihm nicht. Gucky war kein Hypno, er konnte somit niemand seinen Willen aufzwingen. Aber er beherrschte ausgezeichnet die Telekinese, und damit ließ sich schon einiges anfangen. Neben dem Bärtigen ging ein anderer Ära, der sich eifrig mit seinem Kollegen unterhielt. Plötzlich griff er mit einem erstaunten Ausdruck auf dem Gesicht in seine Tasche, holte eine Schere daraus hervor - und schnitt dem Chef der Untersuchungskommission den langen grauen Bart ab. Es geschah mit einer
blitzschnellen Bewegung, die niemand verhindern konnte, am allerwenigsten der Täter selbst. Aber auch der allmächtige Chef war so verdattert, als er die Würde seines Alters zu Boden fallen sah, daß er noch darauftrat, ehe er begriff, was eigentlich geschehen war. Mit einem Ruck blieb er stehen und sah zu, wie der schändliche Kollege die Schere wieder verschwinden ließ und dann am ganzen Leib zu zittern begann. »Gragnor!« brüllte der nun nicht mehr Bärtige mit schrecklicher Stimme. »Was fällt Ihnen ein? Sind Sie wahnsinnig geworden? Ich werde Sie ...« »Gnade, Klühg!« winselte der Bartabschneider völlig erschüttert und sank in die Knie. »Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte. Der böse Geist muß meine Hand geführt haben ...« »Der böse Geist hat höchstens deinen Verstand verwirrt! Du bist entlassen! Für deine Bestrafung werde ich sorgen!« Seine suchende Hand glitt über den verbliebenen Bartrest. »Die Laborabteilung wird froh sein, ein Versuchsobjekt zu erhalten!« Mit einem Ruck wandte er sich um und schritt davon, den völlig aufgelösten Gragnor und die anderen erstaunten Aras zurücklassend. Gucky aber ließ sich ohne Widerstand abführen. Er hielt den Mund fest geschlossen. Sein Gesicht erinnerte an das eines zum Schafott geschleppten armen Sünders, der sich keiner Schuld bewußt ist. Die Zelle war ein winziger Raum mit einer Holzbank, einem wackeligen Tisch und einer vergitterten Öffnung, die wohl das Ende eines Ventilationsschachtes darstellte. Als die beiden Wärter die Tür von außen verschlossen, erlosch auch noch das Licht. Gucky seufzte und peilte Rhodan an, dessen Gedankenimpulse er sofort entdeckte. Eine Sekunde später materialisierte er in dem bekannten Hotelzimmer. »Du kannst machen, was du willst«, eröffnete er Rhodan, der eben dabei war, sich auszuziehen, »aber ich kehre nicht in das Loch zurück. Sollen sich die Dummköpfe doch den Kopf zerbrechen, wie ich ihnen entwischt bin.« Rhodan ließ sich nicht stören. Er streifte den Pyjama über. »Sollst du auch nicht. Wir haben alles erfahren, was sie wußten. Eins ist jedenfalls sicher: Sie haben unsere Agenten nicht! Marshall und Laury müssen irgendwo auf diesem Planeten weilen - oder sie sind tot. Die Tatsache, daß du keine Gedanken aufspürst, macht mir jedenfalls Sorgen.« »Ich werde morgen mit der Suche beginnen«, versprach Gucky und gähnte, als er die Couch sah, von der die Häscher ihn fortgeholt hatten. »Wäre doch gelacht, wenn wir keine Spur finden.«
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Seine Voraussage erfüllte sich jedoch nicht so schnell. Nach einer ruhigen Nacht und einem ausgedehnten Frühstück ließ Rhodan sich bei den Behörden ansagen und kündigte eine Inspektion der Zooverwaltung an. Während der Wagen vorfuhr und Rhodan dann zur City brachte, begann Gucky mit seiner Suche. Er verließ das Hotelzimmer und spazierte, nur mit seinem natürlichen Fell bekleidet, auf die Straße hinab. Trulan war ein Treffpunkt aller Völker der Galaxis, und so war es auch weiter nicht verwunderlich, daß niemand Gucky besonders beachtete. Der Mausbiber fiel unter dem Gewimmel fremdartiger Lebewesen nicht mehr auf als etwa ein langhaariger Teckel auf einer Hundeausstellung. Da gab es Berenicer, insektenähnliche Vierbeiner mit quadratischer Plattenpanzerung und einer Vorliebe für bunte Farben; oder die Chlorgasatmer von Gradosima, die sich in geschlossenen Raumanzügen durch Trulan bewegten und alle anderen Passanten mit erschreckender Arroganz behandelten; einmal begegnete Gucky auch den Pantherkatzen des Systems Sagittarius und nahm vor ihnen schleunigst Reißaus, denn er wußte nicht, wie sie bei seinem Anblick reagieren würden. Die Aras und Springer, achteten nicht auf ihn. Ihnen war der Anblick fremdartiger Intelligenzen nichts Ungewohntes, und nur die wenigsten hatten bisher den Leibdiener des arkonidischen Inspekteurs zu Gesicht bekommen. Gucky hatte seine Sinne ständig auf Empfang und sondierte die Gedanken aller Lebewesen, denen er begegnete. Er fand viel, worüber er sich in anderen Zeiten heftig amüsiert hätte, aber heute blieb ihm keine Zeit dazu. Nur einmal mischte er sich in die Angelegenheiten von Tolimon, als er in den Absichten eines stark gebauten Ära Mordabsichten erkannte. Der Kerl wollte seine Frau umbringen. Gucky zwang den Mann telekinetisch dazu, dem nächsten Patrouillenoffizier eine Ohrfeige zu verabreichen, was diesen wiederum veranlaßte, den Ära sofort festzunehmen. Vorerst konnte der Arrestant somit seine Absichten nicht in die Tat umsetzen, und bis man ihn wieder entließ, war sein Zorn auf die Gattin sicherlich verraucht. Zufrieden über seine gute Tat schlenderte Gucky weiter. Er kam in die ärmeren Gegenden und begann bereits, seine kleinen Füße zu spüren. Große Spaziergänge waren nicht nach seinem Geschmack. Am liebsten hätte er sich jetzt auf das Dach eines der Häuser teleportiert, um sich von den Strapazen auszuruhen. Aber sicherlich würde ein fliegender Mausbiber hier unangenehm auffallen. Also watschelte er weiter, bis er einen Platz in einem
Restaurant fand. Falls Marshall in dieser Stadt ein Versteck besaß, dann sicherlich in der Slum-Gegend, wo man besser untertauchen konnte. Und Marshall war darauf angewiesen, denn er konnte sich nicht durch einen schnellen Sprung in Sicherheit bringen, wie Gucky es zu tun pflegte. Die meisten Tische waren besetzt, aber Gucky hatte Glück. Ganz dicht an der Wand fand er einen Platz, ließ sich aufatmend nieder und bestellte eine Gemüseplatte und Fruchtsaft. Fleisch aß er nur dann, wenn er dazu gezwungen wurde. Einige der Gäste sahen sich neugierig nach ihm um. Wenn sie auch schon viele Fremde gesehen hatten, ein Mausbiber war ihnen denn nun doch noch nicht untergekommen. Gucky grinste freundlich zurück, las nichts als harmlose Neugier in ihren Gedanken und beschäftigte sich dann mit den Gemüsen und Früchten Tolimons, die ihm außerordentlich zusagten. Mal wieder etwas anderes als die ewigen Mohrrüben, die er auf Grund seiner stets gewonnenen Wetten allmählich leid wurde. Die Sonne schien hell und warm. Keine Wolke bedeckte den blauen Himmel, der an den Terras erinnerte. Gucky vergaß für einen Augenblick seine Sorgen, bis ein Zwischenfall seine Aufmerksamkeit erweckte. Am Nebentisch steckten einige Aras die Köpfe zusammen, begannen miteinander zu flüstern und zeigten erregt zur Straße hinab, wo zwei merkwürdig anzuschauende Passanten ihre Aufmerksamkeit erweckt haben mußten. Gucky sah genauer hin. Es waren mindestens sechs Meter lange Geschöpfe, die an Riesenwürmer erinnerten. Auffällig waren die vielen, kurzen Beine, auf denen sie sich in der Art irdischer Tausendfüßler bewegten. Das vordere Drittel ihres Körpers war aufgerichtet. Sie besaßen Insektenköpfe, darunter zwei kräftige Greifarme. Frogh! Die Aras benutzten sie als Wärter für ihren Zoo. Machte einer der Insassen einen Fluchtversuch, so traten die Frogh in Aktion, die bei Einsatz aller ihrer Beine eine Geschwindigkeit bis zu zweihundert Kilometer in der Stunde erreichten. Marshall hatte von ihnen berichtet, nachdem es ihm und Laury sowie dem befreiten Grafen gelungen war, ihrer Verfolgung zu entgehen. Was taten die beiden Frogh hier in der Stadt, zumal in diesem verrufenen Viertel? Gucky richtete sich ein wenig auf, um die merkwürdigen Intelligenzen näher zu betrachten. Se konnten sprechen, auch das wußte er. Also hatten sie auch vernünftige Gedanken, die zu lesen waren. Und Gucky schaltete auf Telepathie. Drei Flüchtige suchten sie. Einen Springer, der ihnen viel Schwierigkeiten bereitet hatte; eine
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hübsche Frau, die einen Glasbehälter mit Lebenselixier gestohlen hatte; und einen entflohenen Gefangenen, der von den beiden Genannten aus dem Zoo geholt worden war. Marshall! Laury! Der Graf! Gucky hatte die Spur gefunden!
Gang zu folgen. Heftig verfluchte er die leidige Tatsache, daß er jetzt nicht teleportieren durfte. Aber das wäre aufgefallen. Überall hatten sich die Passanten beim Anblick der gefürchteten Zoo-Wärter gegen die Häuserwände gedrückt und atmeten erleichtert auf, wenn die beiden Frogh vorüber waren. Niemand schien ein gutes Gewissen zu haben, wenn Gucky auch nicht herausfinden konnte, warum man sich vor den Tausendfüßlern fürchtete. Vielleicht war es nur ihr Anblick, der Unbehagen verbreitete. Plötzlich blieben die beiden Schlangenwesen stehen. Wenn Gucky auch ihre Sprache nicht verstand, so konnte er doch ihre Gedanken lesen, die unabhängig von jeder Sprache waren. Auf der anderen Seite der Straße konnte er somit der Unterhaltung der beiden Monster leicht folgen. »Wenn die Hinweise stimmen, muß es hier irgendwo sein.« »Wir wissen es nicht genau.« »Sehen wir nach und fragen die Bewohner der Häuser.« »Vielleicht haben sie die drei gesehen.« »Gut. Ich nehme dieses Haus. Gehe du die andere Seite ab.« Sie trennten sich. Gucky blieb stehen. Seine Haare sträubten sich unwillkürlich, als der eine Frogh quer über die schmale Straße rollte, ihm einen kurzen, forschenden Blick zuwarf und dann in dem ersten Haus verschwand, um mit seiner Suche zu beginnen. Sie mußten eine Spur von Marshall gefunden haben. Aber Marshall war auf keinen Fall in der Nähe, wußte Gucky, sonst hätte er seine Gedanken längst empfangen. Es konnte somit höchstens sein, daß die Spur der beiden Frogh falsch war. Immerhin warum sollte er nicht auf eigene Faust nachforschen? Kurz entschlossen entmaterialisierte Gucky in der Hoffnung, daß die wenigen Passanten genug damit zu tun hatten, die Frogh im Auge zu behalten, um auf ihn zu achten. Er konzentrierte sich auf eine kurze Strecke und stand dann in einem schlecht möblierten Zimmer, direkt hinter dem Rücken einer ärmlich gekleideten Frau, die in einem Topf rührte. Er sprang weiter, ein Stockwerk höher. Wieder nichts. Nach zwanzig Sprüngen landete er in einem unbewohnten Speicher, wo er die Gelegenheit nutzte, sich zu verschnaufen. Natürlich war es eine planlose und völlig sinnlose Suche, auf die er sich da eingelassen hatte. Aber wenn die Frogh keine Dummköpfe waren, mußten Marshall und das Mädchen noch vor kurzer Zeit in einem Haus dieser Straße gewohnt haben. Gucky seufzte und sprang weiter. Eine Stunde später etwa materialisierte er in einer Mansarde im
* Behördenkram ist immer langweilig, das konnte Rhodan schon nach der ersten Stunde feststellen. Das Zoo-Ministerium am Außenrand der Stadt war eine wahre Fundgrube für Akten und Formulare. Jede einzelne Region des riesigen Naturparkes draußen in der Steppe zwischen den Bergen wurde hier im Ministerium aktenmäßig erfaßt. Von jedem einzelnen Insassen gab es Unterlagen über Herkunft, Lebensart, Gewohnheiten und medizinische Merkmale. Auch die durchgeführten Experimente waren fein säuberlich aufgezeichnet worden. Rhodan machte Stichproben und benahm sich im übrigen so penetrant hochnäsig, daß die Wut der Tolimoner auf Arkon von Minute zu Minute größer wurde. Er war davon überzeugt, daß ein eventueller Nachfolger es nicht leicht haben würde. Die Beamten blieben jedoch äußerlich gleich höflich, wenn sie innerlich auch den widerlichen Schnüffler zum Teufel wünschten. Rhodan amüsierte sich. Gegen Mittag legte er eine Pause ein und ließ sich mit dem Wagen in die Kantine der Ministeriumsangestellten bringen. Sie hatten ihm einen Tisch reserviert, an dem er ungestört seine Mahlzeit einnehmen konnte. Dem interstellaren Charakter Trulans entsprechend fand er auch etwas Eßbares. Es war an der Zeit, wieder Kontakt mit Gucky aufzunehmen. Also aktivierte er den Minikom. Es war nicht so einfach, mitten unter den zahlreichen Gästen der Kantine, die ihn mit ehrfürchtigen Blicken betrachteten, unbemerkt mit dem Gerät zu hantieren. Ja, Gucky. Kontakt! Was ist los? Die Spur, ich habe sie. Zwei Frogh sind auf der Suche nach Marshall. Sie vermuten ihn in der Stadt. Ich folge ihnen. Sie kennen seinen ehemaligen Aufenthaltsort. Wo bist du? In den Slums. Ob Marshall hier gewohnt hat? Versuche, es herauszufinden. Vielleicht treibst du einen Hinweis auf. Wird gemacht, Meister. Und wie geht es dir? Danke. Ich bin froh, nicht Beamter geworden zu sein. * Die beiden Frogh glitten mit erhöhter Geschwindigkeit durch die winkelige Straße. Gucky hatte alle Mühe, ihnen mit seinem watschelnden
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fünfzehnten Stockwerk. Sie war leer und anscheinend nicht bewohnt, denn der einzige Kleiderschrank stand weit offen und enthielt keinerlei Kleidungsstücke. Das Bett war durcheinander und ohne Bezug. Zwei weitere Couchen standen auf der gegenüberliegenden Seite. Es sah so aus, als hätte man sie erst später in das Zimmer gestellt. Irgend etwas roch bekannt. Gucky sah sich kurz um und wollte wieder verschwinden, als er plötzlich stutzte. Der primitive Toilettentisch war bis auf ein zerbrochenes Glas leer. Aber doch nicht vollständig leer. Ein winziges Fläschchen stand neben dem Glas. Gucky bekam ganz enge Augen, als er auf den Tisch zuwatschelte, die Flasche in die Pfoten nahm und daran roch. Der Verschluß fehlte, aber es war noch ein Rest der gelblichen Flüssigkeit auf dem nach oben gewölbten Boden sichtbar. Gucky schnupperte, stieß ein zufriedenes Grunzen aus, zögerte eine Sekunde - und schüttelte sich dann die wenigen verbliebenen Tropfen der gelblichen Flüssigkeit auf die pelzige Brust. Er stellte die Flasche zurück, überlegte einen Augenblick, nahm sie wieder und trat damit zum Fenster. Mit einem vergnügten Grinsen warf er sie dann hinaus. Aber die, Flasche fiel nicht etwa senkrecht zur Straße hinab. Sie wurde von den telekinetischen Kraftströmen erfaßt und hoch hinauf in den blauen Himmel getragen, so hoch, daß Gucky sie nicht mehr sehen konnte. Dann erst nickte er und trat vom Fenster zurück. Die Flasche, so wußte er, würde den Sturz in die Tiefe nicht überleben. Mit den Trümmern würde niemand etwas anfangen können, ganz abgesehen davon, daß keinerlei Beschriftung auf dem Glas seine Herkunft verriet. »Diese leichtsinnigen Weiber!« zwitscherte Gucky mißbilligend. Mit Behagen schnupperte er dann an seinem Brustfell und verdrehte entzückt die Augen. »Kein Zweifel, das ist Laurys Lieblingsparfüm. Wie nett von ihr, mir den kleinen Gruß zurückzulassen. Hier also haben sie gehaust.« Dann machte er sich daran, das Zimmer genau zu durchsuchen. Erst deutlicher werdende Gedankenimpulse schreckten ihn hoch. Jemand kam die Treppe hinauf, schlich den Gang entlang und machte vor der Tür halt. Marshall ...? Nein, es war nicht Marshall. Aber es war ein Frogh. Gucky erkannte die Identität des Wesens draußen früh genug, um sich mit einem Satz in Sicherheit bringen zu können. Die geöffnete Schranktür verbarg ihn vor den Blicken des Monsters, das sich nun langsam in die Mansarde schob und mit listigen Augen um sich blickte. Gucky sah vorsichtig um die Ecke und schauderte.
Nein, wie konnte die gütige Natur nur ein solches Untier erschaffen? Dagegen waren ja die häßlichen Dackelschweine von der Venus liebliche Geschöpfe! Nun gab es genug ungewöhnliche Lebensformen im Universum, aber bei den Frogh kam noch hinzu, daß sie, gelinde ausgedrückt, einen unfreundlichen Charakter besaßen. Das machte sie ganz besonders unsympathisch. Gucky mochte unsympathische Zeitgenossen nicht. Um ihnen das sehr handgreiflich zu beweisen, vergaß er oft alle notwendige Vorsicht. Er wartete, bis der Frogh die Tür geschlossen hatte, dann kam er hinter dem Schrank hervor und fragte höflich: »Suchen Sie etwas?« Der Frogh fuhr herum und hätte dabei fast das Gleichgewicht verloren. Mit unnatürlich weit geöffneten Augen und gespreizten Klauen Starrte er die unerwartete Erscheinung an, als sähe er ein Gespenst. Anscheinend wußte er mit dem Mausbiber nichts anzufangen, obwohl er als Wärter des galaktischen Zoos doch genug mit fremden Halbintelligenzen zu tun hatte. »Was ... wer ...?« stammelte er in seiner Sprache, die Gucky dank der Telepathie gut verstand. »Was Sie hier suchen, frage ich«, wiederholte Gucky und benutzte das allgemein verständliche Arkonidisch. »Dies ist meine Wohnung.« Der Frogh schien sich zu fassen. »Staatsauftrag«, gab er bekannt. »Hat hier in diesem Raum kürzlich ein Springer gewohnt?« »Wie kommen Sie darauf? Wer sind Sie überhaupt?« Der Insektenwurm machte ein so erstauntes Gesicht, daß Gucky laut auflachte. Aber gerade das schien den humorlosen Gesellen ganz besonders zu erzürnen. Mit einem widerlichen Zischen fuhr er auf den Mausbiber zu und streckte die Greifarme aus, als wolle er ihn erwürgen. »Ich bin ein Frogh, du Ungeziefer! Und wenn ich mich nicht irre, paßt du besser in den Zoo als in die Freiheit. Ich werde dich mitnehmen.« »Geh mir drei Schritt vom Leib!« warnte Gucky und wich einen Meter zurück, um mit der unangenehmen Masse nicht in Berührung zu kommen. »Und was den Zoo angeht, so stehst du vor einer Enttäuschung. Wir haben zwar keine Brüderschaft getrunken, aber gut, bleiben wir beim vertraulichen >du