C.H.GUENTER
Der Adler fliegt allein
ERICH PABEL VERLAG GMBH, 7550 RASTATT.
1. Eine Stunde nach Sonnenuntergang öffn...
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C.H.GUENTER
Der Adler fliegt allein
ERICH PABEL VERLAG GMBH, 7550 RASTATT.
1. Eine Stunde nach Sonnenuntergang öffneten sich die haushohen Hangartore. Eines der größten Geheimnisse dieses Jahrzehnts, ganz in mattem Schwarz, rollte heraus. Noch hatte der Fernbomber die Flügel eng an den Rumpf angelegt. Dadurch wirkte er wie ein Pfeil, und nicht wie ein zweihundert Tonnen schweres Monster aus Titan, Waffenstahl, Elektronik und Kunststoff. Während der Achtradschlepper die B-1B zum Startpunkt zog, sagte einer der wenigen Auserlesenen, der dieses Flugzeug bewachen durfte, zu seinem Kameraden: „Sie fliegt nur nachts. Schade, Ich würde sie gerne einmal bei Tageslicht sehen.“ „Niemand soll sie zu Gesicht bekommen.“ „Und keiner ihre Spur verfolgen können.“ „Deshalb sind Start und Landebasis immer verschieden.“ Der ältere der zwei Posten nahm den Schäferhund straffer an die Leine. „Möchte wissen, was so geheim daran ist. Ich habe schon 'ne Menge Sachen bewacht, Weltraumraketen, den neuen Kampfpanzer und Atom-U-Boote, nie gab es solch ein Theater, und das über Jahre hinweg.“ „Man sagt“, der andere senkte die Stimme, „man sagt eine Maschine dieses Typs sei in der Lage, allein einen Krieg zu entscheiden.“ „Sagt man“, bemerkte der ältere zweifelnd. Sie gingen weiter und trennten sich. Wenig später startete das Ungetüm. Ein rauher Ton, der alles bohrend durchdrang, erfüllte das weite Wüstental. Die Männer der USLuftwaffenbasis Nellis trugen Speziallärmschutz auf den Ohren. Trotzdem mußten sie sich abwe nden, als der Geisterbomber unter dem vollen Schub seiner vier Triebwerke an ihnen vorbeidonnerte, abhob und gen Himmel stieg. Angeblich war der Start einer B-1B noch in Las Vegas, zwanzig Meilen weiter südlich, zu hören. Und zwar so stark, daß die Spieler einen Augenblick mit Würfeln und Pokern innehielten, weil sie glaubten, ein Gewitter sei im Anzug. Mit doppelter Schallgeschwindigkeit folgte der Bomber der Sonne auf ihrem Weg. Irgendwo über China würde er sie eingeholt haben, und ehe der Tag anbrach, würde er auf einem Hangar in der Türkei Unterschlupf finden. Aber noch hatte er 25 000 Kilometer vor sich. Die Flugabwehrspezialisten der US Airforce saßen indessen in ihren Stationen. Von Kalifornien über
Hawaii bis Okinawa blickten sie während der nächsten Stunden gebannt auf ihre Radarschirme. Gelegentlich tauchte dort ein schwacher Schimmer auf. Nach herkömmlicher Erfahrung stammte er von einem großen Vogel, aber nicht von einem Flugzeug. Und das befriedigte sie außerordentlich. Denn laut Geheim-Telex wußten sie, daß sie wieder einmal von Amerikas neuem unsichtbaren Vergeltungsbomber überflogen worden waren. Sie nannten ihn Ghostfighter, Geisterkämpfer. „Sie überfliegen uns schon seit einem Jahr fast jede Nacht“, sagte einer der Radarexperten. „Immer rund um die Welt.“ „Und der Witz ist, daß es dieses Flugzeug offiziell noch gar nicht gibt.“ „Hast du es etwa gesehen? Ich nicht.“ „Bis mal eines runterfällt“, meinte ein dritter, der mit der Kaffeekanne zu ihnen kam. Einer der Offiziere lächelte überheblich. „Sie haben den Bomber gebaut, damit uns nicht noch einmal passiert, was uns mit der U-2 widerfuhr oder den Israelis im letzten Nahostkrieg, nämlich daß eine Rakete ihn vom Himmel putzt. Wo nichts ist, finden auch Raketen nichts.“ „Und wie macht er das?“ Darauf wußte niemand eine Antwort. „Man sagt, er sei ziemlich flach, habe keine Ecken, nur Rundungen, an denen alle Radarstrahlen praktisch abgleiten. Dazu hat er eine Tarnbeschichtung. Sie verschluckt einfach die Radarstrahlen.“ „Sie sollen so weit gehen“, ergänzte der Offizier, „daß sie den Ausstoß der Triebwerke mit flüssigem Stickstoff kühlen. Dadurch ist auch Infrarot machtlos.“ „Hoffentlich fällt keiner über Rußland runter“, sagte der mit der Kaffeekanne. „Oder noch schlimmer, aufs Pentagon, wo alle die Erleuchteten sitzen und sich solche Milliardendinger ausdenken.“ „Die haben doch Köpfe aus Beton und gepanzerte Ärsche“, sagte ein Sergeant, und alle lachten. Sieben Stunden später verging es ihnen. Der wetterunabhängige Geheimbomber, sonst auf die Sekunde computerpünktlich, landete weder auf der NATO-Basis Anatolien noch auf dem Ausweichplatz Ramstein in Deutschland. „Ghostfighter Zero!“ gab das Luftwaffenoberkommando an alle. „Ghostfighter Zero!“ Nie zuvor war dieser Alarm über die Funkbrücken gelaufen. Eingeweihte wußten, noch ehe die Erklärung Ghostfighter vermutlich über Afghanistan notgelandet aus Washington durchkam, was es bedeutete. Zunächst sah alles nicht ganz so
schlimm aus, und doch war es noch bei weitem schlimmer. Die B-1B war nicht im sowjetisch besetzten Afghanistan heruntergekommen, sondern in Pakistan, allerdings dicht an der Grenze, in jenem heißen Vierländereck, wo Rußland, China, Indien und Pakistan zusammenstießen. Und der Bomber war nicht nur notgelandet, sondern abgestürzt. Wenig später meldeten Aufklärer steppenbrandartiges Feuer über mehrere Quadratkilometer. Noch mehr Einzelheiten waren nur hohen Offizieren im Pentagon bekannt. „Zwar ist der Bomber nur noch ein Wrack mit Dutzenden von Trümmern, trotzdem, wer sie hat, findet genug, um einen technischen Rückstand von zwölf Jahren aufzuholen.“ „Dann darf man sie niemals finden.“ „Die Russen werden alles daransetzen.“ „Wir auch.“ „Nur sind ihre schweren Transporthelikopter schon unterwegs, während unsere noch nicht einmal betankt sind. Die Russen haben hundert Meilen zu fliegen, wir aber tausend Meilen. Und wer, zum Teufel, hat sie so schnell informiert?“ „Immerhin liegt das Wrack auf pakistanischem Territorium.“ „Das kümmert sie in diesem Fall vermutlich wenig.“ „Dann müssen wir sie an jeder Aktion hindern.“ Der General dachte realistisch. „Und wie, bitte, wenn ich fragen darf? Die Inder werden uns was husten. Sie sind Freunde der Russen und werden selbst versuchen, das Wrack zu kriegen. Unsere nächsten Kampfflugzeuge stehen auf einem Träger der Siebten Flotte im Persischen Golf.“ „Geben wir trotzdem Alarm“, riet der Admiral. „Wollen Sie Persien überfliegen und einen Zwischenfall mit Khomeini vom Zaume brechen?“ „Wir fliegen außen herum.“ „Das ist zu weit. Wir haben nur tausend Meilen Eindringtiefe.“ Sie waren ratlos. Alle blickten sie auf den General. Er trug drei Sterne. Die bekamen nur wirklich erstklassige Strategen. Wenn er drei Sterne hatte, mußte er auch einen Dreisterne-Vorschlag bereit haben. Der General steckte sich eine Zigarre an. Er atmete den Rauch tief ein, atmete ihn wieder aus und sagte dann: „Gentlemen, schätze, wir kommen nicht drumherum.“ Sie schienen zu erschrecken. „Das äußerste Mittel, Sir?“ „Es war Sabotage.“ „Unmöglich, Sir.“ „Dann war es Verrat.“ „Von wem, Sir?“ „Wie ist es ohne Verrat möglich, daß die Russen schon unterwegs sind. Den genauen Ort kennen doch nur wir hier.“ „Sie horchten den Funk ab.“ „Und kennen unseren Royal-
Code, he?“ Der General hatte Spott in der Stimme. „Sie können den Royal-Code nicht kennen, es sei denn, er wurde verraten.“ Es war nicht die Zeit, jetzt Mutmaßungen anzustellen. „Das äußerste Mittel“, befahl der General. „Geben Sie Order für Ghostfighter's death.“ „Ghostfighters Tod!“ wiederholte einer der Stabsoffiziere zutiefst betroffen. Man versuchte noch zu retten, was möglich war. Das Weiße Haus nahm Kontakt zur Regierung in Lahore auf. Dort bedauerte man. Das Absturzgebiet sei gebirgig und schwer zugänglich, die nächste Garnison aber zwei Tagesmärsche entfernt. Man könnte unmöglich rechtzeitig zur Stelle sein. Fernaufklärer und hochfliegende Awac-Maschinen bestätigten, daß sowjetische Kranhubschrauber bereits beim Wrack des B-1B-Bombers gelandet seien. Die Russen hatten blitzschnell reagiert und vier Mi-6-Helikopter, den schwersten Transporthubschrauber der Welt, zwei davon in Kranausführung, eingesetzt. Diese Kranhelikopter hatten sich über die kompaktesten Trümmer des abgestürzten Geheimbombers gesetzt, so wie Adler, wenn ihre Fänge in einen Hasen schlugen, um ihn hoch in die Luft zu ihrem Horst zu tragen. Techniker und Experten begutachteten die herumliegenden Kleinteile, um sie einzusammeln. Unter anderem hatten sie einen Vierradbagger mitgebracht. Mit seiner hydraulischen Zange griff er sich jedes größere Wrackstück und beförderte es in die Laderäume der wartenden Hubschrauber. Nach wenigen Stunden lagen nur noch drei schwere Teile herum. Ein Motor, eine der schwenkbaren Flächen und das Rumpfmittelstück, von dem Cockpit und Heck abgerissen waren. Auf Motor und Fläche wollten sie verzichten. Davon hatten sie schon je ein Stück geborgen. Das Rumpfmittelstück jedoch war selbst für die Kranhubschrauber zu sperrig. Die sowjetischen Ingenieure erwogen zwei Möglichkeiten der Bergung. Entweder sie zerschnitten das Rumpfstück, oder sie weideten es aus. Die Halbierung mit Hilfe der Trennscheiben ging wohl schneller. Vier Mann, jeder mit einer preßluftgetriebenen Turbinen-Flex ausgestattet, machten sich ans Werk. Obwohl hochfliegende sowjetische Abfangjäger die Bergungsstelle sicherten, wurde dies alles von einem US-Aufklärer beobachtet. Die Meldung des Piloten an seine Relaisstation lautete: „Aufräumkommando bei der
Arbeit. Die ersten Hubschrauber sind rückstartklar. In einer Stunde sind alle weg. Luftraum von MiG-31 gesichert. Rechne mit Angriff. Muß abdrehen.“ „Auslösen!“ kam es nach Sekunden von der weit entfernten Bodenstelle. Der F-15-Pilot aktivierte den extrem starken Sender für die Fernzündung. Es galt, eine ziemlich komplizierte Prozedur in kürzester Zeit durchzuziehen. Eine Reihe von Kippschaltern mußten in bestimmter Folge umgelegt werden, ein Code mußte eingetippt, eine Art Safeschlüssel eingeführt und nach links gedreht werden. Erst als sämtliche Kontrollampen von Grün auf Rot umsprangen, konnte der Pilot die Klappe vom letzten Knopf hochdrücken, »Achtung ich zünde!« gab er durch. Doch vorher schaltete er die Nachbrenner seiner zwei Triebwerke, ein. Sie katapultierten die F-15 auf zweieinhalbfache Schallgeschwindigkeit. Damit war sie für die sowjetischen Abfangjäger uneinholbar. Ebenso wie für den Donner der Detonation in dem fernen Himalajatal. Aber nicht für den Blitz. Es sah so aus, als ob irgendwo im Norden eine zweite Sonne aufgehen würde. Doch das war immer so, wenn nukleare Energien freigesetzt wurden. Jede B-1B war mit einer Selbstzerstörungsanlage in Form einer Mini-Atombombe versehen. Die hatte der F-15-Pilot in diesem Moment ausgelöst. Vierundzwanzig Stunden später meldeten Fernaufklärer, daß in dem Hochtal nichts Außergewöhnliches zu sehen sei. Was sich im Augenblick der Kernexplosion dort an Menschen und Material befunden hatte, war zu Staub geworden. Lediglich die Radioaktivität der Luft über dem Gebirge betrug etwa das Neuntausendfache ihres Normalwertes.
2. Der Einsatz des BND-Agenten Robert Urban, genannt Mister Dynamit, wurde von hoher Ebene gefordert. Genaugenommen gab es weltweit betrachtet keine höhere. Der Mann, der ihn begrüßt hatte, war hochgewachsen, hager, immer noch recht gutaussehend, aber wohl schon weit über siebzig. Der dritte Mann in dem merkwürdig oval geformten Raum hatte Urban an den dutzend Kontrollen regelrecht vorbeigeschmuggelt und
inzwischen Platz genommen. Außer ihnen gab es keine weiteren Zeugen für das Gespräch. Der Hagere war hinter seinen Schreibtisch zurückgekehrt und stand nun, die Flagge des Landes und das Wappen im Rücken, aufrecht da. Er stemmte die Fäuste auf die Tischplatte, schien lange nachzudenken, und begann dann im gemäßigten Ton eines Radiosprechers: „Mister Urban, wir haben Sie ausgewählt. Aus besonderen Gründen.“ Urban war neugierig. Mehr ließ sich seine Neugier kaum noch steigern. Er hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb er über den Nordatlantik hierher geflogen war. Auch seine Dienstvorgesetzten in Deutschland, Sebastian, der Operationschef, der BND-Präsident, der Minister in Bonn, hatten nichts anzudeuten vermocht. Sie waren lediglich dem merkwürdigen Wunsch ihres großen Alliierten gefolgt und hatten Urban freigestellt. Für eine Sonderaufgabe, wie es hieß. „Weil wir Vertrauen zu Ihnen haben“, fuhr der Hagere fort. „Auch wenn Sie nicht immer und in allen Fällen rückhaltlos auf unserer Seite standen, so standen Sie doch zweifellos immer auf Seiten des Westens, der NATO, des Friedens und ...“ Der dritte Mann im Oval-Office, nuckelte an seiner kalten Pfeife und ergänzte: ,,... der Freiheit.“ Der Hagere blickte zuerst den Sitzenden und dann Urban an, der immer noch stand. Sie mochten beide etwa gleich groß sein und von ähnlichem Gewicht. Beide trugen sie maßgeschneiderte Kleidung. Die von Urban hatte mehr englischen Touch, sie war in der Saville Row genäht. Die des Hageren hingegen verriet einen erstklassigen Hollywoodschneider. „Ja, wir haben Sie ausgewählt, Colonel Urban.“ „Wozu, Sir?“ erlaubte sich Urban jetzt zu fragen. Schließlich bestand zwischen ihnen weder ein Dienst noch ein Abhängigkeitsverhältnis. Mit lockerer Bewegung seiner Rechten, das aussah, als ob er die Hand trockenschütteln wollte, wandte sich der Hagere an den Mann im Clubsessel. „Unterbreiten Sie es ihm, George. Es war Ihre Idee.“ Sie nahmen nun in den hellen Velourssesseln Platz. Urban, an den Umgang mit Kaisern und Königen, mit Häuptlingen und Bossen gewöhnt, kam sich trotzdem ein wenig verloren vor. Immerhin saß er zwischen dem Chef des amerikanischen Geheimdienstes CIA und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Aus Geheimhaltungsgründen hatte der
CIA-Direktor auf Vorbereitung und Mitnahme eines Aktenhefters verzichtet. Er zog einen einfachen Briefumschlag, der mehrere Fotos enthielt, aus seiner Sakkotasche. Kommentarlos legte er sie auf den Tisch. Urban sah ein Flugzeug, schwarz, flach wie eine Flunder, auf hohen stelzenartigen Beinen. Vier Düsentriebwerke saßen nahe dem Rumpf, vermutlich ein Schwenkflügler, was die Maschine stark gepfeilt wirken ließ. Der CIA-Direktor ließ ihm Zeit. „Was sehen Sie?“ fragte er dann im Ton eines Oberlehrers. „Die Rockwell B-1B.“ „Nun, Leuten wie Ihnen bleibt nichts aus der Szene unbekannt“, fuhr der behäbige CIA-Chef fort. „Was sehen Sie auf dem letzten Foto?“ „Trümmer. Vermutlich in einem hochgelegenen Gebirgstal.“ „Und Ihre Querschlüsse?“ „Es läuft auf den Absturz Ihres Tarnbombers letzte Woche in Pakistan hinaus.“ „Woher wissen Sie davon?“ Urban blickte erstaunt. „Sir, das weiß man, oder man hat den falschen Job.“ „Was“, fragte der Präsident dazwischen, „wissen Sie noch?“ „Daß die Trümmer der B-1B vermutlich durch eine Nuklearexplosion atomisiert wurden. Es gab genug Proteste gegen die oberirdische Zündung eines solchen Sprengsatzes.“ „Welche Gerüchte laufen sonst noch um?“ „Einmal, daß das Bergungskommando mit der Atombombenladung an Bord der B-1B unvorsichtig verfuhr. Schlußfolgerung: Es waren Russen, die es eilig hatten, mit den Trümmern jenseits ihrer Grenze zu verschwinden. Möglichkeit Nummer zwei: Die USA haben per Funk einen Selbstzerstörungssprengsatz auf atomarer Basis gezündet, weil sie nicht mehr rechtzeitig zur Absturzstelle kommen konnten und nicht eine einzige Schraube in die Hände der Russen fallen durfte.“ Mit unerwarteter Offenheit sagte der Präsident: „Schlußfolgerung zwei ist korrekt. Ich habe die Zerstörung befohlen.“ Die Gründe dafür brauchte er einem Mann wie Urban, erfahren auf allen Gebieten der Agentenarbeit, der Spionage und deren Abwehr, nicht zu nennen. Der CIA-Chef bohrte weiter: „Warum, glauben Sie, waren wir dazu gezwungen?“ „Sagte ich bereits“, antwortete Urban. „Die Sowjets waren schneller.“ „Wie konnten sie schneller sein?“ „Sie hatten von ihren Basen in der kirgisischen SSR oder in Pamir nur wenige hundert Meilen.“ „Aber wie haben sie von dem Absturz überhaupt etwas erfahren?“ „Gute
Frage, Sir“, räumte Urban ein. „Die B-1B ist ein Tarnbomber, also nicht mit Radar ortbar. Wovon man nichts sieht, davon kann man auch, keinen Absturz registrieren Erst recht nicht im Himalaja und bei dem unzureichenden Frühwarnsystem der Russen m Asien.“ „Also?“ mischte sich nun der Präsident ein. „Ein wenig Verrat, Gentlemen“, spielte es Urban herunter, „wird wohl dabeigewesen sein.“ „Wer konnte verraten?“ „Leute, die im Moment des Absturzes über die automatische Telemetrie oder den Notfunk davon erfuhren“ „Das lief alles auf Geheimfrequenzen.“ „Ferner“, entgegnete Urban, „gibt es genug Leute bei Ihnen und bei anderen Diensten, die in solchen Fällen alarmiert werden, zum Beispiel im Pentagon, beim Oberkommando der Air-force, auf den Basen rund um die Erde, bei der NATO und und und ...“ „Nicht genug damit“, fuhr der CIA-Direktor fort, „daß irgendeiner der wenigen Männer, die Zugang zu solchen Informationen haben, es sofort den Russen steckte, er informierte Moskau auch über den genauen Absturzort, den nur wir allein mit Hilfe der telemetrischen Loran-Werte zu ermitteln in der Lage waren.“ Der Präsident hob die Hand. „Wann, Mister Urban, haben Sie von der Katastrophe erfahren?“ „Beim Frühstück“, erinnerte sich Urban. „Wann genau nach Zulu-Zeit?“ „Die Minute weiß ich jetzt nicht mehr“, erwiderte Urban. „Ich muß zugeben, daß ich gerade mit anderen Sachen befaßt war.“ „Angenommen, Sie wären nicht mit anderen Sachen befaßt gewesen.“ „Sie meinen, nur mit dem B-1B-Tarnbomber.“ „Ja, das meine ich.“ „Das wäre eine grundlegend andere Situation“, versicherte Urban, ohne nachzudenken. Die Amerikaner blickten sich an. „Der Mann, der es nach Moskau gemeldet hat, war damit befaßt. Er hatte Zugang zu solchen Meldungen und bewegte sich mithin auf hoher Geheimdienstebene. Er ist ein Verräter, ein Maulwurf. Was hat er schon alles verraten, und was verrät er künftig noch?“ Urban wußte jetzt, weshalb man ihn ins Weiße Haus gebeten hatte „Eine Menge“, befürchtete er. Der CIA-Direktor nahm noch ein zusammengefaltetes Blatt im amerikanischen Briefformat aus dem weißen Umschlag. Ehe er es öffnete, erklärte er: „Dies ist kein NATO-Auftrag, Colonel Urban.“ Der deutsche Geheimagent hatte inzwischen die Hintergründe durchschaut. „Es läuft an der NATO vorbei?“
„An allen Geheimdiensten der NATO“, ergänzte der CIA-Boß, „läuft es vorbei. Einschließlich CIA und BND. Denn irgendwo muß der Verräter ja sitzen.“ „Jeder ist verdächtig“, ergänzte der Präsident. „Gehen Sie stets davon aus. Jeder kann es gewesen sein.“ Urban verstärkte sein angeborenes Lächeln. „Vielleicht war ich es, Gentlemen.“ „No, das haben wir gecheckt. Checken Sie nun alle anderen.“ Der CIA-Direktor faltete das Blatt auseinander. „Dies sind die Namen derjenigen Personen, die in der ersten Stunde offiziell von der B-1B Katastrophe erfuhren. Die roten Namen neben den schwarzen sind Randfiguren aus dem Umfeld der in Frage kommenden.“ „Ich werde auf Ihre Computer zurückgreifen müssen.“ „Auf was immer Sie wollen. Auf Personalakten, Dienstbücher, Einsatzpläne. Aber von den offiziell Informierten kommt wohl keiner ernsthaft in Betracht.“ „Man muß sie dennoch überprüfen“, entschied Urban, „und sich einen Grund dafür einfallen lassen. Irgend etwas Unauffälliges. Kann ich mit dem FBI rechnen?“ „Sie genießen jede Unterstützung“, erklärte der Präsident. „Und wenn ich sage jede, dann meine ich jede denkbare. Sollte es Leute geben, die sich querlegen oder sperren, dann wenden Sie sich an George, notfalls direkt an mich,“ „Kreisen Sie den Täter ein“, fügte der CIA-Chef hinzu, „und dann päng!“ „Seine Position wird sehr weit oben anzusiedeln sein“, befürchtete Urban. „Ja, es wird ein harter Job“, pflichtete der Präsident ihm bei. „Aber warum sonst, meinen Sie, haben wir ausgerechnet Sie dafür geholt, warum gerade Sie?“ Urban antwortete nicht. Er wußte längst, er war ein Mann fürs Grobe. Sie gingen in Details. Es gab Drinks, und dann war die Stunde gekommen, wo der Präsident noch andere Pflichten wahrzunehmen hatte. „Die Operation erhält den Namen Adler“, entschied er. „Und nur wir drei sind eingeweiht“, bekräftigte der CIA-Direktor. „Adler deshalb“, erläuterte der Präsident, „weil der Mann, der es verriet und der wohl schon sehr lange als Spion tätig ist, ein Einzelgänger sein muß und in hohem Maße unangreifbar. Eben wie der Adler. Ein Adler fliegt immer allein.“ „Der Geier tritt in Rudeln auf“, ergänzte der CIA-Direktor, „die Möwe in Scharen, der Falke hat seinen Herren. Aber der Adler fliegt immer allein...“ Der deutsche BND-Agent hielt sich mehrere Tage im CIA-Headquarters Langley und in der FBI-Zentrale in
Washington auf. Bei der Bundeskriminalpolizei, die sich auch mit Spionageabwehr befaßte, hatte Urban keine Schwierigkeiten. Aber dort, wo man ihn gut kannte, nämlich in der Geheimdienstzentrale, versuchte man, ihn zu stoppen, ihm Steine in den Weg zu rollen oder passiven Widerstand zu leisten. Als sie erklärten, dieser oder jener Sektor in der EDV sei ihm nicht zugänglich, bestand er darauf, daß sie ihm alles offenlegten. Da nahm ihn Colonel Shnider, einer seiner Kollegen, beiseite und sagte: „Bob, wir sind gute Freunde noch aus der Kennedy-Zeit, als wir beide anfingen. Ich kenne die Order der Direktion, dir alles zu zeigen, was du sehen willst. Sag mir, was dahintersteckt, und ich werde diese Order befolgen. Wenn du schweigst, lege ich das als Zeichen von Unfreundlichkeit aus, und zwar im Sinne des Wortes, daß wir keine Freunde mehr sind.“ Urban zuckte mit der Schulter. „In unserem Job kann Freundschaft für gewisse Zeit ausgesetzt werden.“ „Ohne unsere Füße und Arme kommst du nicht weiter, Mann. Kein Kopf kann seinem Bein befehlen Los, geh! wenn es nicht will.“ Urban hatte Verständnis für sie. Sie wollten wissen, um was es ging. In einem gut funktionierenden Apparat war vonnöten, daß auch das kleinste Rädchen wußte, in welche Richtung es sich zu drehen hatte. Sie fühlten sich auf irgendeine Weise beunruhigt. Kein Wunder: Da kam einer aus Europa und führte geheimnisvolle Untersuchungen durch. Und ein blütenreines Gewissen hatte keiner hatte nie einer gehabt, in keinem Job der Welt. „Bedauere“, antwortete Urban. „Entweder bekomme ich jetzt den gewünschten Zugriff, oder ich muß dich bitten, diese Nummer anzurufen.“ Der Colonel winkte ab. „Die Nummer kenne ich. Es ist die vom Boß. Aber auch den können wir auflaufen lassen.“ „Irrtum“, entgegnete Urban. „Es ist die Nummer vom Boß des Bosses. WhiteHouse. Schätze, bevor ihr den Präsidenten auflaufen laßt, löst der die CIA auf und gründet eine neue Firma.“ Colonel Shnider verschwand. Er blieb solange weg, wie es nötig war, zu telefonieren, und kehrte ein wenig blaß zurück. Fortan hatte Urban keine Schwierigkeiten mehr. Er bekam sie erst wieder im Pentagon. Gewisse Stabsoffiziere im Verteidigungsministerium machten stur die Klappe dicht. Das war der Moment, in dem Urban befürchtete, sie würden gleich
die hauseigene Sabotageabwehrtruppe anmarschieren lassen, um ihn zu verhaften und in irgendeinem Texas-Gulag-Camp verschwinden zu lassen. Er hob das nächste Telefon ab und wählte die Geheimnummer. Wenig später kreuzte ein junger Mann auf, der es nicht besonders im Kopf, aber auch nicht sehr in den Muskeln hatte. Er zeigte eine Vollmacht vor und wich nicht mehr von Urbans Seite. „Percy Londale vom Stab des Präsidenten“, hatte er sich vorgestellt. Am nächsten Tag bat er Urban einmal um Feuer für seine Zigarette. Das war die ganze Konversation, die sie pflegten. Nach einem weiteren Tag im Pentagon Urban hatte Zugang zu allen ihm wichtig erscheinenden Top-secret-Aufzeichnungen erhalten schloß Urban die erste Phase seines Auftrages ab. Von allen Personen auf der Liste des CIA-Chefs hatte keiner Verbindungen zum Ostblock. Weder zu militärischen Personen oder zu Diplomaten, noch gab es private Kontakte. In einigen nicht ganz zweifelsfreien Fällen glaubte sich Urban auf seinen Instinkt und seine Erfahrung verlassen zu können. Dieser Personenkreis und sein Umfeld waren somit abgehakt. Nun mußte er anderswo weitersuchen. „Fertig“, sagte er zu seinem Begleiter. Es war das erste Wort an diesem Tag. Er kam sich fast schon wie eine Quasselstrippe vor. Mit einem Mal, als hätte jetzt die Ampelanlage auf Grün geschaltet, äußerte der Schweigsame einen für seine Verhältnisse langen Satz. „Was machen wir mit dem angebrochenen Abend, Sir?“ Urban war einigermaßen froh, daß er Washington als erledigt betrachten konnte. „Ich schaue noch einen Sprung bei McDonald's vorbei, auf einen Hamburger.“ „Und dann?' „Ab ins Bett“ „Und dann?“ „Morgen früh geht meine Maschine nach München.“ ,,Ich kenne ein paar nette Leute. Sie geben eine Party. Kesse Puppen, Schauspieler, Schriftsteller, Maler, Journalisten, lauter so 'n Grobzeug.“ ,,Okay“, entschied Urban sich rasch. Es war eine heiße Nacht Jeder Schluck von den eiskalten Champagnerdrinks trieb einem den Schweiß aus den Poren. Die Mädchen hatten es leicht, sie hatten fast nichts an, Aber Urban mit Schlips und Sakko fühlte sich stark ove rdressed. Er ging vom Garten ins Haus. Die Air-condition hatte alles auf angenehme einundzwanzig Grad heruntergekühlt. Drinnen donnerte Bruce Springteens Nebraska aus allen Ecken, daß ihm
Angst wurde wie einem Vierjährigen in der Geisterbahn. Er lehnte an einer Säule und dachte mehr an seinen Job, der wie im Nebel vor ihm lag, als an ein Mädchen. Plötzlich standen zwei vor ihm. „Wer ist der denn?“ „Kennst du ihn?“ „No, nie hier gesehen.“ „Wie mag er heißen.“ „Bob“, sagte er, „heißt er.“ „Faul wie eine satte Katze, he?“ „Faul“, bemerkte er, „wie eine müde Katze, die den ganzen Tag unterwegs war.“ „Ohne was zu jagen.“ Er nahm einen Schluck. Sie musterten ihn, seine dunkle Gabardinehose, den Glenchecksakko, den schmalen unifarbenen Seidenstrickbinder und die Slipper. Offenbar hielten sie ihn für eine Erscheinung aus einer anderen Welt. „Wo kommst du denn her?“ „Europa.“ „Kleidet man sich dort noch auf diese altertümliche Weise?“ „Das ist nur äußerlich, Gnädigste.“ „Nein, Kleidung färbt nach innen ab.“ „Nackt sehe ich aus wie jeder andere hier, schätze ich.“ „Bloß das nicht“, meinte die Wortführerin der beiden. „Das sind doch alles Softys.“ Diejenige, die redete, war groß und blond, mit mindestens siebzig strahlendweißen Zähnen und einer Löwenmähne. Sie hatte einen Blick, der jede Masse Männer verrückt machte. Und sie gehörte gewiß nicht zu jener spröden Sorte, die erst etwas in Schwung brachten und dann abhauten. Ihre Freundin hingegen gefiel Urban. Ein vornehm zurückhaltendes Mädchen. Aber sie stand jetzt in der Ecke und sah sich ein paar Bilder an. Sie war dunkelhaarig, mit der matten gebräunten Haut von Frauen, die spanisches Blut in sich haben. Die Blonde machte ihn wieder auf sich aufmerksam. „Ist so langweilig hier, daß es verboten werden sollte.“ „Eben Washington“, meinte er. Sie nahm ihn beim Arm. „Gehen wir.“ „Wohin?“ Sie lachte. „Nach oben. Fallen wir in irgendein Bett. Okay?“ Er zögerte, und sie merkte, daß er zu ihrer Freundin schielte, auf ihren bis zum Rockgürtel freien Rücken. „Keine Lust, he?“ fragte die Blonde. Urban steckte sich eine MC an und nickte. „Na so was“, rief sie. „Das ist mir in zweitausend Jahren höchstens dreimal passiert öfter nicht.“ „Wer ist sie?“ fragte Urban. „Cooleen.“ „Sie gefällt mir.“ „Schlag sie dir aus dem Kopf“, riet ihm die mit der Löwenmähne. „Was schnellen Sex betrifft, ist sie taub wie ein Türpfosten,“ „Und was langsamen Sex betrifft?“ Sie kicherte. „Wie funktioniert der, bitte? Also was mich angeht, ich entwickle im Bett blitzartig
den ganzen faulen Zauber. Erst Riesenfeuerwerk, dann bum und aus. Aber was meine Freundin betrifft, da endete schon die ganze Familie im Kloster. Und sie wird wohl auch keine Ausnahme bilden.“ Das war so ein Tag heute. Entweder er bekam, was er wollte, oder er verzichtete. Also verzichtete er, weil er nicht bekam, was er wollte. Während des Fluges von Washington nach Frankfurt versuchte Urban, so etwas wie einen Schlachtplan zu entwickeln, erkannte aber bald, daß dies nicht möglich war. Das schwierigere Stück Arbeit lag jetzt vor ihm. In Washington hatte er jede Unterstützung gehabt. Aber nun galt es, bei den anderen NATO-Geheimdiensten nachzufassen, bei jenen Leuten, die sich hauptsächlich mit Geheimwaffen befaßten. Das waren nur wenige. Bei jedem Dienst vielleicht zwei. Und nur einer davon war der große Experte aber was für ein ausgebuffter Typ. Er kannte sie alle. Doch wie kam man unauffällig an sie heran. Das Wort des USPräsidenten zählte in Paris, in London, in Rom, in Athen und in Madrid verdammt wenig. Er mußte alles anders einfädeln. Ganz anders. Selbst indianerähnliches Anpirschen durch die Hintertür und die Küche wäre ein noch zu grober Stil gewesen, als daß sie es nicht bemerkt hätten. Klarer Fall. Für diesen Verrat kam nur ein ganz gewiefter Knabe in Betracht. Irgendeiner von den Topagenten fuhr zweigleisig. Der Club hatte zwar nur wenige Mitglieder, aber wie sortierte man den richtigen aus. Es war schon schwierig genug, den Unschuldigen auf den Zahn zu fühlen. Wie schwer würde es erst bei dem Verräter sein. Urban notierte die Decknamen aller Leute, die in Frage kamen, weil sie den nötigen Zugang sowohl zu Informationen als auch zu Abnehmern für diese Informationen hatten. Aber wie ging er weiter vor? Diese Burschen waren wie Seismographen, wie hochentwickelte Meßinstrumente. Sie überblickten ihre Umwelt wie die Figuren auf einem Schachbrett. Sie sahen Entwicklungen voraus, noch ehe die Spieler, die für diese Züge nötig waren, überhaupt wußten, daß sie in einem Match mitwirkten. Ein großer Geheimdienstmann hatte einmal gesagt: Ein Spitzenagent spürt, daß der Goldfisch in jenem Aquarium, das er nächstes Jahr zu kaufen beabsichtigt, etwas gegen ihn hat. Und die, die er aufs Korn genommen hatte, waren solche Spitzenagenten.
3. Regelmäßig kamen die Wochen der Saure-Gurken-Zeit. Überall in den Zeitungen tauchten Enten auf. Meist die aufgewärmten vom Vorjahr. Regelmäßig im August wurden einsam campende Mädchen auf Sardinien von wilden Bergbewohnern vergewaltigt. Meist im August fuhr ein blinder Mann in Arkansas betrunken mit dem Auto nach Hause, nur dirigiert von seinem wachsamen Hund. Und meist im August lernte eine hundertjährige Großmutter fliegen, nachdem sie vorher durch Einnahme von Kräutertee vom Krebs geheilt worden war. Immer im August tauchte auch die Story von diesen alten deutschen Unterseebooten auf. Dann hieß es, eines der berüchtigten drei Flucht-U-Boote, mit denen prominente Nazis, samt Gold, Diamanten und Familien, nach Südamerika zu entkommen versucht hätten, wäre gefunden worden. Keines der Boote sei damals durchgekommen. Meist seien sie schon beim Abmarsch von der Royal-Navy oder durch Luftangriffe versenkt worden. Dazu wurden Fotos eines 7-C-Bootes sowie Interviews mit angeblich noch lebenden Besatzungsmitgliedern, Bootsmaat Huber von UX.Y.Z. usw., abgedruckt. Manchmal wagte sich ein Massenblatt auch weiter vor und kannte sogar den Punkt im Skagerrak, tief unter der See, wo das Wrack des Bootes im Schlick lag. Angeblich machten sich schon Tauchergruppen bereit, um hinabzusteigen und es zu heben. Nur die Frage, wem die Beute gehören würde, war noch zu klären. Erhoben die ehemaligen Alliierten Anspruch, die jetzige deutsche Regierung, die Regierung jenes Staates, in dessen Küstenbereich das Boot lag, oder gab es gar noch Eigentümer des Goldes wie Banken und Privatpersonen. Drei Tage später stand meist keine Zeile mehr in der Presse. Die Ente war geschlachtet wie die meisten Augustsensationen. Aber in diesem besonderen Fall lag die Sache anders. * In den Morgenstunden des Freitag die Wochenendausgabe war noch in Arbeit wurde dem Wirtschaftsredakteur einer Hamburger Tageszeitung ein Anruf durchgestellt. „Wer, bitte“, fragte ein Unbekannter, „ist bei Ihnen für Nachrichten zuständig?“ „Welcher Art?“ „Altes Unterseeboot. Weltkrieg zwei.“ „Ah,
die U-Boot-Kiste“, reagierte der Redakteur spöttisch. „Wie gehabt. Vergessen Sie das.“ . „Ich will ja nichts dafür“, erwiderte der Anrufer. Der Zeitungsmann lachte abfällig. „Nicht einmal, wenn Sie dafür den Anzeigenpreis bezahlen, drucken wir solchen Schwachsinn.“ Der Anrufer blieb hartnäckig. „Es ist die am besten recherchierte U-BootGeschichte aller Zeiten.“ ,,Wie, bitte, wollen Sie das beweisen, mein Lieber?“ „Indem ich Ihnen Material zugehen lasse.“ „Seit den Hitler-Tagebüchern weiß man, daß sich Beweise jeder Art fälschen lassen.“ „Sie können s elbst nachforschen. Sie erhalten von mir die Adressen der zuständigen staatlichen Archive sowie der damals beteiligten Personen, soweit sie noch leben ...“ Der Redakteur unterbrach den Anrufer. „Wer sind Sie überhaupt?“ Der Anrufer nannte einen Namen. „Wie bitte?“ „Wie ich heiße, tut nichts zur Sache, oder? Der Name kann falsch sein.“ Das sah der Mann in Hamburg ein und drängte: „Dann schießen Sie mal los!“ „Die Geschichte mit den NaziFlucht-U-Booten ist frei erfunden.“ „Woher wissen Sie das?“ ,,Ich weiß es. Aber die Story von den Null-Booten mit Sondermission ist garantiert echt.“ Der Redakteur biß an. „Null-Boote, Sondermissionen. Werden Sie genauer, bitte.“ Da der Anrufer glaubte, das Interesse des Redakteurs geweckt zu haben, drosselte er jetzt seine Nachrichtenzufuhr. „Gegen Kriegsende wurden neue Boote vom Typ einundzwanzig mit Sonderaufgaben betraut und dafür ausgerüstet. Sie beförderten nicht Gold oder Prominente, Sondern Material, das man für kriegsentscheidend hielt, unter anderem zu unseren damaligen Verbündeten, den Japanern.“ „Was für Material?“ „Wenn Sie an Me-109-Motoren denken, an Düsentriebwerke, an Raketen, dann ist das nicht zu hoch, eher ein wenig zu tief gegriffen. Es gab noch Entwicklungen auf anderen Gebieten.“ „Nämlich?“ „Der Physik und der Chemie.“ „Können Sie etwas deutlicher werden“, bat der Redakteur. Der Anrufer wurde deutlicher, aber auf einem anderen Gebiet. „Ein solches Null-Boot war das von Korvettenkapitän Ostroff.“ „Wie lautet die ganze Nummer?“ „Nullvier. Man fing bei der Numerierung wieder von vorne an.“ „Was hatte dieses Boot an Bord?“ „Einen IGFarben-Chemiker und mehrere Tonnen Material.“ „Kampfgifte, Arzneimittel, neue Sprengstoffe, etwa auf
atomarer Basis?“ „Mit Sicherheit nicht“, wich der Anrufer aus. „Das Boot wurde m den letzten Kriegswochen auf dem Weg nach Japan versenkt.“ „Wo?“ „Im nördlichen Eismeer.“ Der Redakteur begann sofort wieder an der Seriosität der Information zu zweifeln. „Alle Japanboote nahmen stets den Weg um Südafrika.“ „Dieses Boot sollte wohl unter der Polareiskappe in den Pazifik vorstoßen. Das hatte den Weg um mehr als die Hälfte verkürzt.“ „Tauchfahrten unter dem Polareis gelangen erstmals den amerikanischen Nautilus AtomBooten.“ „Irrtum“, entgegnete der Mann mit dem unverständlichen Namen. „Sogar alte 7-C-Kampfboote flüchteten sich bei Verfolgung schon unter das Packeis. Die Null-Boote hatten unter anderem einen Walthermotor. Er arbeitete mit Wasserstoffantrieb oder irgendeinem anderen exotischen Treibstoffgemisch, das alles zur Verbrennung Nötige enthielt. Nun, das Boot Nullvier sollte nach Japan, wurde aber im Eismeer, kurz vor dem endgültigen Abtauchen, versenkt.“ „Von einem russischen Zerstörer?“ „Nein, von einem amerikanischen Fernbomber, aber leider auf sowjetischem Seegebiet, oder zumindest sehr nahe an der Grenze zwischen Norwegen und der UdSSR.“ „Das wäre in der Barentssee.“ „Nein, wohl eher im Varanger-Fjord.“ „Mann, wenn das nicht bloß wieder ein Gerücht ist.“ „Und wenn ich Ihnen Material dazu liefere?“ fragte der Unbekannte. „Dann bringen wir es. Aber bieten Sie es nicht gleichzeitig Bild, Stern und Spiegel an.“ „Der Stern ist ein gebranntes Kind, die nächste Spiegelnummer ist schon gedruckt, und Bild brachte wie stets die alte Gold-U-Boot Klamotte.“ „Wann habe ich das Material?“ Nun überraschte der Anrufer den abgebrühten Journalisten doch ein wenig. „Es liegt in Ihrem Korb für unerledigte Post, links neben dem Foto Ihrer Freundin. Ein Umschlag, Natronpapier, braun, Aufschrift: Herrn Doktor Lebovsky. Sie sind doch Lebovsky, oder'„.“Mann, und wer sind Sie? Raus mit der Sprache.“ „Sie hören wieder von mir.“ Damit legte der Anrufer auf! Die Nachricht in der hanseatischen Wirtschaftszeitung schlug nicht wie eine Bombe ein. Aber sie zeigte Wirkung. Andere seriöse Blätter schickten ihre Reporter los. Sie kamen zu spät. Der Redakteur der Wirtschaftszeitung war längst nach Berlin zum Bundesarchiv
geflogen. Dort fand er nach langem Suchen tatsächlich die Aufzeichnungen des Befehlshabers der U-Boote aus dem Jahr 1945. Unter anderem war dann auch der Vertust von U04 unter Korvettenkapitän Ostzoff vermerkt. Ziel des Bootes war der japanische Pazifikhafen Nemuro gewesen. Eine Namensliste der Besatzungsmitglieder fand sich ebenfalls bei den Akten. Der Redakteur fragte die Archivarin, die ihm ständig über die Schulter blickte: „Gab es Überlebende?“ „Angeblich konnten sich die vier oder fünf Mann, die auf dem Turm Wachdienst versahen, retten.“ „Woher wissen Sie das? In den Akten steht nichts davon.“ Das Mädchen mit der dickglasigen Brille lächelte verstohlen. „Sie sind nicht der erste in dieser Sache.“ Der Redakteur Lebovsky nahm an, daß es sich dabei um den Unbekannten handelte, der ihm die Fotokopien geliefert hatte. Die Kopien waren nicht gefälscht. „Und wer waren diese fünf Überlebenden?“ „Soweit ich mich erinnere, der Kommandant, der zweite Wachoffizier, der Obersteuermann und einige Matrosen.“ „Wer von ihnen lebt noch?“ „Dies zu ermitteln, dürfte wohl auch Ihrem Vorgänger Mühe gekostet haben“, lautete die Antwort. Ein Weg, auf dem er weiterkam, wies in Richtung Kommandant, Wachoffizier und Obersteuermann. Sie waren namentlich erfaßbar. Wieder in Hamburg ermittelte Dr. Lebovsky mit Hilfe der Bundesmarine, daß der ehemalige II-WO von U-04 im Jahre 1956 von der Bundesmarine reaktiviert worden, aber kurz nach seiner Pensionierung als Kapitän zur See verstorben war. Der Redakteur rechnete sich aus, daß der Kommandant von U-04, damals vierzig Jahre alt, inzwischen achtzig sein müsse. Auch mit Hilfe des Bundeskriminalamtes konnte er nicht gefunden werden. Dafür fand er den ehemaligen Obersteuermann des Bootes, einen gewissen Oskar Schuster. Schuster hatte sein Friseurgeschäft verpachtet und lebte jetzt als Rentner im Odenwald. Aber er ging nicht ans Telefon. Als der Redakteur hinfuhr, sagte man ihm, daß Schuster mit unbekanntem Ziel verreist sei. Lebovsky ließ nicht locker und fand Schuster bei seiner Tochter. Der ExObersteuermann von U-04 war sogar zur Aussage bereit. „Ja, ich habe Ihren Artikel gelesen“, erklärte er, „und auch die in den anderen Zeitungen. Bis auf ausschmückende Einzelheiten ist alles korrekt. Es muß in der letzten Märzwoche gewesen
sein. Wir liefen mit U-nullvier, einem Typ EinundzwanzigBoot, vom Marinehafen Kristiansand nach Norden und umrundeten das Kap. Im Varanger-Fjord warteten wir schlechtes Wetter ab, um unter das Eis zu schlüpfen.“ „Warum schlechtes Wetter?“ „Um von den amerikanischen Geleitzügen, die nach Murmansk gingen, von ihren Begleitzerstörern und den Aufklärungsflugzeugen nicht entdeckt zu werden. Die Distanz bis zum Packeis betrug immerhin noch sechshundert Meilen. Dann kam der erwartete Nebel auf. Wir verließen den Küstenbereich und fuhren, aufgetaucht, mit Diesel nordwärts. Wir kamen gut voran. Als wir glaubten, daß wir es schaffen würden es war gegen Abend ging alles blitzschnell. Motorengeräusche, dann, tief aus den Wolken heraus, ein viermotoriger Liberator. Er hatte uns mit Radar erwischt und deckte uns mit einem Bombenteppich zu. Zwei Treffer. Heck und mittschiffs. Das Boot sackte sofort weg. Wir fünf auf der Brücke sprangen in den Bach. Ich war wie betäubt von dem Explosionsdruck und stieß gegen etwas. Es war ein Schlauchboot. Drei Tage später fischten mich norwegische Kutterleute heraus. Ich war halb totgefroren. Nach zwei Jahren Gefangenschaft wurde ich nach Hause geschickt.“ Dr. Lebovsky konnte fragen, was er wollte, die Darstellung des Obersteuermanns war nicht zu erschüttern. „Welche Ladung befand sich an Bord des Bootes?“ fragte Lebovsky. „Material für Japan.“ „Was für Material?“ „Das wußte wohl auch der Kommandant nicht genau, und ich war nur Obersteuermann.“ „Was nahmen Sie an Bord?“ „Drums, kleine, große, und eiserne Kisten heute würde man Container dazu sagen.“ „Wo kamen die her?“ „Das stand nicht drauf. Nur Ziffern.“ „Stank das Zeug?“ Schuster verzog den Mundwinkel zu einem Grinsen. „Auf U-Booten herrschen immer Gerüche, so daß neue kaum dagegen anzustinken vermögen.“ „Hatten Sie wirklich Zivilpersonen an Bord?“ „Ja, einen älteren Herrn.“ . „Wie alt?“ „Um die Vierzig. Für uns junge Spunde war das schon ein Opa. Name unbekannt. Der Kommandant sprach ihn nur mit Professor an. Er hielt sich meist in der Kommandantenkammer auf. Und bei der Versenkung kam er wohl darin um.“ Dr. Lebovsky von der HWZ war noch nicht zufrieden. „Und wo passierte das?“ „Ausgang Varanger-
Fjord.“ „Wo genau?“ „Vermutlich dort, wo die südlichen Sicherungskräfte der Murmansk-Geleitzüge operierten.“ „Ich meine die präzise Länge und Breite. Sie als Obersteuermann waren doch mit nichts anderem als mit Navigation beschäftigt.“ Doch der alte Herr bedauerte. „Bei dem Bombentreffer bekam ich etwas gegen den Hinterkopf. Ich kann mich an Daten nicht erinnern. Ich habe da ein Loch.“ Am selben Tag flog der Redakteur wieder nach Hamburg. Jetzt brachte er die Story groß heraus. Internationale Blätter schlossen sich an und druckten nach. Die Wirkung war nicht vergleichbar mit der einer Feuerwerksrakete, die hochfuhr, zerplatzte, glitzerte und verlöschte Es war die gleiche Wirkung wie die eines großen bunten Ballons, der für alle sichtbar langsam dahintrieb. Und genau das hatte der Ausgräber der alten Geschichte beabsichtigt. Der Mann, der den Wirtschaftsredakteur der HWZ informiert hatte, betrat gegen 22.00 Uhr in München eine Telefonzelle. Er wählte eine achtstellige Nummer. Vier Ziffern für die Vorwahl, vier für den Anschluß in dem kleinen Odenwaldstädtchen. Der Exobersteuermann von U-04, Oskar Schuster, war sofort am Apparat. „Ach Sie sind es, Oberst“, sagte er vergnügt. “Was gibt es Neues, Schuster?“ „Einiges. Dieser Hamburger Redakteur war da wie erwartet.“ „Was haben Sie ihm erzählt?“ „Alles der Wahrheit gemäß. Nur an die genaue Stelle, wo uns damals der Bomber erwischte, konnte und konnte ich mich nicht erinnern.“ „Danke, Schuster.“ „Nichts zu danken. Ich habe Ihre Zehntausend erhalten. Dafür bin ich jederzeit bereit, noch mal einiges zu vergessen.“ „Sonst noch was?“ fragte der Mann in der Telefonzelle in München. Im Gegensatz zu seinem Kontakt mit der Presse, hatte er Schuster gegenüber sein Inkognito ein wenig gelüftet. ,,Ja klar, noch etwas“, antwortete der Rentner im Odenwald. „Es kam, wie Sie vorhersagten. Kaum stand mein Name in der Zeitung, riefen massenhaft Leute an. Aber einer nahm Kontakt auf.“ „Wie?“ „Ich führte gestern spätabends meinen Hund ums Haus. Da quatschte er mich an.“ „Deutsch?“ „Ich kann nur deutsch, und er sprach es nahezu akzentfrei. Fragen Sie mich nicht nach der Klangfarbe, er kann, Engländer gewesen sein, Franzose, Spanier, Italiener oder Skandinavier. Fragen Sie mich auch nicht, wie er aussah.
Es war dunkel, er trug Brille und Hut und schaute immerzu nach unten.“ „Was wollte er?“ ,,Den genauen Lageort des Wracks.“ „Und Ihre Reaktion, Schuster?“ „Erst hielt ich Ihn hin, dann kam er mit einem Angebot übern Tisch. Alles lief, wie Sie es prophezeiten. Er fing mit zehntausend an und ging bis fünfzig aber die Angaben müßten sehr genau sein.“ „Sie sagten okay?“ „Nicht sofort. Ich ließ mich erst langsam breitschlagen.“ „Ging er auf Ihre Bedingungen ein?“ fragte der Mann in der Telefonzelle in München. „Nach einigem Zögern schon. Ich erklärte ihm, daß ich die Zahlen nicht im Kopf, aber in meinem Tagebuch hätte. Das aber würde in meinem Häuschen in Oberbayern liegen. Er war mit allem einverstanden. Ich soll ihm nur noch Ort und Zeit unserer Zusammenkunft nennen er will pünktlich zur Stelle sein.“ „Er wird sich bei Ihnen melden?“ „Ja, telefonisch. Ich sagte, er würde von meiner Tochter Einzelheiten erfahren.“ „Und er schluckte das?“ „Anzunehmen. Heute morgen kam die Anzahlung in einem eingeschriebenen Brief. Zehn Tausender.“ „Gute Arbeit, Schuster“, lobte der Mann in München. „Ist das alles nicht ein bißchen illegal, Oberst?“ fragte der Rentner. „Nein. Sie verraten ja keine militärischen Geheimnisse. Sie verkaufen nur Informationen. Und obendrein falsche Zahlen. Das fällt nicht unter Paragraph hundert. Außerdem stehen Sie unter meinem Schutz.“ „Wann kann's losgehen, Herr Oberst?“ Der Mann in der Telefonzelle in München hatte noch eine Frage: „Versuchen Sie trotzdem, den Mann zu beschreiben.“ „Denke, Sie sind bei der Übergabe dabei.“ „Trotzdem hätte i ch schon vorher gerne gewußt, mit wem wir es zu tun haben.“ „Hilft Ihnen diese Beschreibung? Er war mittelgroß, vielleicht ging er gebückt, vielleicht trug er hohe Absätze.“ „Es kommen nur ein paar Leute in Betracht.“ „Spione für eine fremde Macht?“ erkundigte Schuster sich. „Wenn es nur das wäre.“ „Nun, das will ich gar nicht so genau wissen“, erklärte Schuster. „Morgen fahre ich zum Tegernsee. Dann fädeln wir die Sache ein.“ „Dann bis morgen.“ Der Mann in München hängte ein, verließ die Zelle und. bestieg seinen am Gehsteig geparkten BMW, ein stahlblaues CSi-Coupè. Dort steckte Robert Urban sich eine Goldmundstück-Zigarette an. Es lief. Wenn sie Glück hatten, bekamen sie den Burschen in den
nächsten achtundvierzig Stunden. Und er wollte den Job wechseln, wenn es nicht der Mann war, der die Absturzstelle der B-1B an die Sowjets verraten hatte. Urban ließ an und fuhr noch zu einem Bistro, um in netter Gesellschaft einen Bourbon zu nehmen, ehe es hektisch wurde.
4. Sie trafen sich in einem Nachtclub in Paris. Es ging auf Mitternacht zu. Alles was halbseiden war in Nordfrankreich Immobilienhaie, Großhehler, Ganoven die das schnelle Geld liebten, Edelnutten schien im Miracle versammelt zu sein. Die zwei Herren in der Ecke hinter der Säule fielen kaum auf. Erst recht nicht bei der Mitternachts-Show. Die Musik war so heiß, daß sich die Tänzerinnen völlig entkleideten. „Wissen Sie“, fragte der im grauen Anzug den im dunkelblauen, „wie man Sie neuerdings nennt?“ „Woher sollte ich.“ „Man nennt Sie Adler.“ „Und woher haben Sie das?“ „Man besitzt so seine Quellen. Adler bedeutet, daß man hinter Ihnen her ist.“ Der andere lächelte nicht einmal, so wenig berührte ihn diese Eröffnung. „Man ist hinter Adler her, nicht hinter mir.“ „Richtig. Man sucht den Adler, der von seiner Höhe aus viel sieht und dem man wenig anhaben kann, weil er der König der Vögel ist.“ „Und allein fliegt“, fügte der Mann im dunkelblauen Maßanzug hinzu. „Dann will ich das fortan als neuen Decknamen benutzen.“ „Interessiert Sie, wer die Aktion gegen Adler gestartet hat?“ „Gefahr droht von überall. Agenten sind darauf trainiert.“ „Es sind die Vereinigten Staaten.“ „Die sind besonders empfindlich, wenn man eines ihrer Geheimnisse weitergibt.“ ,,Aber es ist nicht die CIA“, schränkte der andere ein. Das löste bei Adler einiges Staunen aus. „Wer dann?“ „Man sagt, es komme direkt vom Weißen Haus.“ Adler reagierte ironisch. „Kaum anzunehmen, daß, es der Präsident persönlich ist, der mich jagt. Er gebietet über genug Hände, die es für ihn erledigen. Kennen Sie die Hand?“ Der in Grau er hatte einen deutlich slawischen Akzent bedauerte. Bei der zweiten Flasche Champagner kamen sie zur Sache. Der im blauen Anzug übermittelte seinem sowjetischen Kontaktmann einen Extrakt der Zeitungsmeldungen über das deutsche U-
Boot-04. „Nichts Neues“, tat der KGB-Oberst es ab. „In der Moskauer KGB-Zentrale lesen wir jedes bedeutende westeuropäische Blatt und analysieren die Artikel. „Aber ich weiß mehr.“ Sofort fing der Russe zu pokern an, denn jetzt ging es um Geld. ,,Wenn Sie soviel wissen wie vom Absturz der B-1B, dann winke ich dankend ab.“ Der im blauen Anzug spürte den Vorwurf und gab ihn kaltlächelnd zurück. „Ort und Minute waren genau. Die Information lag schneller auf dem Schreibtisch des KGB-Chefs als auf dem des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Daß Ihr Bergungskommando umständlich arbeitete und dadurch versagte, ist nicht meine Schuld.“ Der Russe schluckte es, weil es der Wahrheit entsprach. „Worin also besteht Ihr Mehrwissen um Unullvier?“ „Ich kriege den genauen Lageort des Wracks.“ „Angeblich kann sich der Obersteuermann nicht erinnern.“ „Für hunderttausend Mark erinnert er sich bestens.“ „Und für wieviel geben Sie es an uns weiter?“ „Für die gleiche Menge, aber in Dollar. Diesmal bin ich billig.“ Der KGB-Oberst leerte sein Glas, schaute der Stripperin zu, die nicht nur ihren Busen kreisen ließ, sondern ebenso perfekt auch ihre Gesäßbakken, dann stellte er den Blick wieder auf den Agenten ein. Er schätzte Verräter wenig, das lag in seiner Natur. Aber er mußte sich ihrer bedienen. Sie waren die Basis des Geschäftes. „Am Preis wird es nicht scheitern“, äußerte er vorsichtig. ,,Woran dann?“ „Am Wert des Gekauften.“ In diesem Punkt konnte Adler auch nur vermuten, kombinieren, Querschlüsse ziehen. „Bewiesen ist, daß Container an Bord von U-nullvier genommen wurden und daß ein Zivilist, der als Professor angesprochen wurde, mitfuhr. Erstklassige Reporter haben nachgeforscht. Da nach dem Krieg aber die IG-Farben-Fabriken entflochten wurden, läßt sich nicht mehr feststellen, we r damals aus welcher der vielen Forschungsabteilungen nach Japan geschickt wurde.“ „Wer weiß, vielleicht ist diese Sache längst überholt.“ „Möglicherweise“, spielte Adler die Angelegenheit herunter, „wurde U-nullvier durch die Bomben auch so stark in Mitleidenschaft gezogen, daß man nur noch undefinierbare Reste vorfindet.“ „Andererseits“, bemerkte der Russe, „sind Container meist recht stabile und seewasserfeste Behälter.“ „Und die Deutschen hatten damals Projekte in der
Entwicklung, die heute noch Spitzentechnologie sind. Ich denke da beispielsweise an ihre Borsig Luft-Luft-Raketen, an gewisse Medikamente, Antibiotikas, an Kunststoffe wie Perlon, die ganze Wasserstoffantriebstechnik, Kohleverflüssigung und Anti-Radar-Maßnahmen.“ Der Russe beugte sich vor. „Letzteres würde uns besonders faszinieren.“ „Na bitte.“ „Und wenn wir nur Rost finden?“ „Die Chancen sind zehn zu eins.“ „Und keine hunderttausend Dollar wert“, ergänzte der Russe. „Bedenken Sie, was eine Bergung kostet.“ „Die liefert die russische Marine gratis.“ Die Nackttänzerin auf der kleinen Bühne schleuderte im Rhythmus der Musik den Unterleib vor. Jedesmal, bei jedem Zucken, entsproß ihrer Schampartie eine neue Blume alle in den französischen Nationalfarben. Als der Strauß aus Blau, Weiß und Rot komplett war, zog sie ihn zwischen den Schenkeln hervor und warf ihn ins Publikum. Licht aus Tusch. Der Russe zollte Beifall und wandte sich an den Mann im blauen Abendanzug. „Schön, versuchen Sie, die Koordinaten zu kriegen. Aber, bitte, auf Bogenminute und Sekunde genau, Monsieur Adler.“ Daraufhin verabschiedete Adler sich rasch. Die Rechnung überließ er dem sowjetischen Geheimdienstoffizier. Die schmale Straße zwischen Bad Wiessee und Wildbad Kreuth, die Schuster ihm als Treffpunkt übermitteln ließ, hatte Adler erst auf der Karte des Bezirks Oberbayern suchen müssen. Jetzt war er, mit vierzigtausend Mark in der Tasche, in einem Mietwagen unterwegs. Es ging auf 21.00 Uhr. Eine kühle Spätsommernacht Der Vollmond stand niedrig. Es würde ziemlich hell bleiben. Die Straße führte vom Tegernsee aus bergwärts, fast immer durch den Wald und zwischen zwei Gipfeln hindurch, die sie um etwa tausend Meier überragten. Von dem westlichen hatte Adler sich den Namen gemerkt: Fockenstein. Es gab kaum Verkehr auf dieser Nebenstraße. Bis jetzt war ihm lediglich ein Motorradfahrer begegnet. Adler fuhr mit vollem Licht. Dies, um Schuster rechtzeitig zu sehen. Schuster wollte ab Kilometer sechs, von Wiessee aus gerechnet, seitlich der Straße irgendwo im Wald parken. Nach Angaben seiner Tochter fuhr er einen hellen Ford-Escort mit Sinsheimer Kennzeichen. Auch das sagte einem Ausländer wie Adler wenig. Wichtig war das Erkennungssignal. Auf zweimal
lang und zweimal kurz geblinkt, sollte Adler mit kurz-langlang-kurz antworten. Dann sollte er anhalten, sich eine Zigarette anstecken und langsam auf Schusters Wagen zugehen. Eine klare Abmachung. Das Sträßchen bog um eine Felszunge herum und senkte sich. Nach einem Hohlweg mit steilen Böschungen ging es bergauf in eine Kurve. Der Scheinwerfer schien die Stämme der Tannen abzutasten. Plötzlich traf ein scharfer Reflex Adlers Augen, Solche Reflexe entstanden nur durch polierte Metallflächen oder durch Glas. Und sie mußten eine gewisse Größe haben. Mit einemmal fühlte er, wie sein besonderes Sinnesorgan ansprach. Alle erfahrenen Agenten verfügten über so etwas, aber bei jedem wirkte es anders. Bei Adler entstand eine merkwürdige Verspannung der Oberlippe. Sofort wußte er: Hier ist Gefahr im Anzug! Aber noch wußte er nicht, in welcher Form. Der Wald führte bis dicht, an die Straße heran, doch dann wich er rechts zurück und bildete so eine Lichtung. Sie begann schmal und verbreiterte sich nach Süden hin. Nur die Bandzonen der Scheinwerferkegel seines Wagens erhellte sie. Aber er hatte erstklassige Augen und ein hervorragendes Nachtsehvermögen. Etwas Bizarres ragte aus dem Unterholz. Wie ein hockendes Rieseninsekt mit mächtigem Auge und angelegten Flügeln. Blitzartig wußte er, was es war. Ein Hubschrauber. Verdammt, wie kam ein Hubschrauber bei Nacht hierher? Was suchte er da oben? Und den Lichtreflex aus dem Wald, den mußte die Frontscheibe eines Fahrzeugs hervorgerufen haben. Vielleicht war es ein Transportwagen für Soldaten oder Polizisten. Wenn hier ein offizielles Nachtmanöver stattfand, dann hätten sie die Straße gesperrt. Also war es kein Manöver, sondern er fuhr in den Sack einer Falle, und hinter ihm hatten sie ihn schon zugebunden. Sein Gehirn arbeitete mit der Präzision eines Computers. Sekundenschnell warf es aus, was zu tun war. Weiterfahren. Durchbrechen durch den Sack. Vorausgesetzt, sie hatten die Straße nicht mit Bäumen oder Stacheldraht gesperrt. Wenn es nicht anders ging, dann raus aus dem Auto und querfeldein. Er war ein geübter Langstreckenläufer. Er schaffte sechzig Kilometer« ehe er zusammenbrach. Er wußte auch, wie man Hunde abschüttelte. Und er war nicht unbewaffnet. Ein Mann wie er nahm selbst zum Rendezvous
mit einer Dame die Pistole mit. Adler projezierte die Karte in sein Gedächtnis, Luftlinie bis zum Achenpaß, bis zur Grenze nach Osterreich also, rund zwanzig Kilometer. Er gab Gas. Du mußt so weit wie möglich kommen, dachte er, und die Sperre rechtzeitig erkennen. Dann zeigst du ihnen die Zahne. Versuche, sie zu bluffen. Irgendwie! Der Motor heulte im dritten Gang. Er ließ den Wagen durch die Schotterkurven driften, daß der Kies spritzte. Wie war das bloß möglich gewesen? Okay, Washington hatte eine Maulwurfsuchaktion nach ihm gestartet, aber daß sie ihm schon hier auf den Fersen waren, so schnell... Vielleicht hatte er sich auch geirrt. Eine Steigung kam, mindestens zwanzig Prozent. Erster Gang. Dann Kurvengeschlängel, übergehend in Serpentinen. Eine Brücke führte über einen Wildbach. Gefälle. Danach ein gerades Stück und rechts ein heller Punkt. Der Escort. Er blinkte wie verabredet, zweimal lang, zweimal kurz. Ein Mann stand daneben. Als er sah, daß Adler sein Tempo nicht verringerte, sprang er in den Wagen, vermutlich, um ihn auf der Straße querzustellen. Doch da war Adler schon sehr nahe. Er hatte die Scheibe heruntergekurbelt und die Eierhandgranate in der Rechten. Mit den Zähnen biß er den Sicherheitsstift heraus, ließ den Federbügel los und warf. Gleichzeitig ein Tritt aufs Gaspedal. Der Mietwagen zog, voll beschleunigend, ab. Zwei Sekunden. Drei Sekunden. Abstand zu dem Escort jetzt fünfundzwanzig Meter, Dann die Detonation, der Blitz, die Erschütterung, die Druckwelle, der in den Ohren schmerzende Knall. Dürres Unterholz fing zu brennen an. Vielleicht hast du dich geirrt, dachte Adler. Dann hast du dich verraten wie ein Idiot und könntest statt dessen jetzt im Besitz der Koordinaten sein, auf die Moskau wartet. Aber vielleicht war eben zu wenig. Ungehindert kam er bis zur Bundesstraße 307. Bei einem Gasthaus in Glashütten stellte er den Miet-Golf hinter die Scheune und entschloß sich unter den geparkten Fahrzeugen für einen Mercedes aus Starnberg. Er knackte ihn. Da er kein geeignetes Werkzeug bei sich hatte, dauerte es länger: ungefähr zwei Minuten. Er mußte die Scheibe einschlagen, um hereinzukommen. Mit brachialer Gewalt riß er die Sperrbolzen im Lenkschloß ab. Im Kabelgewirr unter dem Lenkrad suchte er die richtigen Drähte und fummelte daran
herum. Die Zündung sprang an, der Anlasser drehte. Wenden und ab. Kurz nach 22.00 Uhr überquerte er die Staatsgrenze am Achenpaß. Die Grenzer winkten ihn durch.
5. An einem Tag mit Rückenwind flogen die Bälle besonders weit. Der kleine Golfspieler zog seinen Caddie-Wagen selbst. Er ließ sich auch von keinem beraten, welches Eisen für diesen oder jenen Schlag das beste war. Und dies, obwohl er als Golfer nie geglänzt hatte. Man konnte sagen, von all den Dingen, die er hervorragend beherrschte, kam Golf mit Abstand zuletzt. Vielleicht war es deshalb sein Hobby. „Ich werde mich verbessern“, sagte er zu sich selbst, wenn ihm wieder einmal ein Putt vom Grün ins Loch weit danebenging. Sein Handikap womit Golfspieler ihre Leistung auszudrücken pflegten war mies. „Aber ich werde mich verbessern“, erklärte er dann oben an der Bar, im exklusiven Highland-Club, lautstark. Das nächste Loch spielte er mit einem Schlag über Par. Man nannte das einen Bogey, und es gab einen Minuspunkt. Er wanderte seinem Ball hinterher und schlug ihn mit dem schweren Eisen, dem Sand Wadge, aus dem Bunker, daß es nur so staubte. Der Ball flog zu kurz. Du hättest das schwerere Eisen nehmen müssen, dachte er, den vierhundertfünfzig-Gramm-Schläger. „Ich werde mich verbessern“, tröstete er sich selbst. Aber er wußte, ein As würde er nie werden. Zum Teufel, woran lag es bloß? Im Leben war ihm wie oft bei kleinen unscheinbaren Männern fast alles geglückt. Nur beim Golf hatte er Pech. Es kam wohl daher, daß er kaum einssechzig maß. Doch er gab nicht auf. Besonders solche Tage mit Rückenwind, wenn der Himmel blau war, mit ein paar Wolken und man die See riechen konnte, liebte er über alles. Er setzte den Ball auf den Plastikstift, den man Tee nannte, stellte sich hin, nahm Maß und trieb ihn in einem wunderbar weiten Schlag davon. Natürlich ins Rough, ins hohe Gras, wo man ihn nicht fand. Das bedeutete wieder Punktabzug. Der kleine Mann zog seinen Wagen mit dem Schlägersack die zweihundert Meter ins Tal, suchte den Ball, und plötzlich stand einer da und deutete mit der Schuhspitze
seines Gucci-Slippers auf das weiße, runde Gummiding. Tom, der Golfer, stieß das Eisen in den Sack und ließ Golf Golf sein. Ungläubig musterte er den Mann. Er kannte ihn gut. Es hatte eine Zeit gegeben, da waren sie, wenn auch nicht direkt befreundet, so doch dicke Kumpel« gewesen. Aber wie es so kam, die Jobs trennten einen. Man verlor sich aus den Augen. Und jetzt, nicht zu fassen, stand er vor ihm auf diesem Golfplatz in Nordschottland. Also wollte er zu ihm. Was sonst wohl. „Hallo, Dynamit!“ rief der MI-6-Agent ehrlich entzückt. „Hallo, Tom“, sagte Bob Urban. Tom hob die Hand. „Kein Wort weiter. Gehn wir erst einen trinken.“ Auf dem Weg ins Clubhaus wurde der Engländer neugierig. „Du marschierst nicht zufällig beim kleinen Tom vorbei. Dazu hast du gar keine Zeit.“ „Dafür hast du um so mehr, wie man hört.“ „Ich bin nicht in Pension“, sagte Tom, „nur zet-be-vau.“ „Warum haben sie dich kaltgestellt?“ „Ich bin nur zet-be-vau“, wiederholte Tom, von dem man wußte, daß er für den britischen Geheimdienst dasselbe war wie Bond fürs Kino, nur nicht so hübsch. „Ich laborierte an einer saublöden Gelbsucht rum. Hat mich doch glatt einen Monat auf die Federn geschmissen. Aber ich war auch schon wieder in London. Jetzt bin ich im Training.“ Urban blieb Stehen. „Worin besteht dein Konditionstraining?“ Tom grinste. „Ich bete viel“ Dann wurde er mit einem Mal ernst. »Dynamit, wo brennt's?“ Mit dem Instinkt des Geheimagenten, ohne den man nicht lange überlebte, hatte er rasch kapiert, daß Urban nicht gekommen war, um guten Tag! zu wünschen. „Ich brauche dich, Tom.“ „Offiziell?“ „Halb. Nur der jeweilige Boß der Dienste weiß Bescheid.“ „Wofür?“ „Ganz heiße Sache. Dafür suche ich mir in Europa ein paar Experten zusammen. Du hattest nie vor irgend etwas Angst.“ „Doch“, gestand Tom. „Vor großen Weibern. Ich sehe mich immer an ihnen hängen wie ein Klammeraffe.“ „Du bist genau der Mann, den ich brauche.“ „Nur mich?“ „Wir werden zu viert sein“, äußerte Urban. „Wer macht noch mit?“ „Weiß ich noch nicht. Du bist der erste, den ich besuche und frage. Aber schätze, du wirst sie alle kennen, wie sich jeder im Club der Zwölf kennt.“ „Der zwölf fixen und schnellen Jungs“, scherzte Tom, „von denen ich der minimalste bin. Wie hast du mich oft aufgezogen? Er ist ein bißchen klein,
aber das macht nichts. Wenn er angegriffen wird, steigt er auf den Stuhl, oder er beißt den Gegner ins Knie.“ „Ich soll das gesagt haben?“ wunderte Urban sich. „Weißt du noch im Sinai, in dieser wilden Geschichte mit den Beduinen, die das Plutonium aus der abgestürzten Transportmaschine geklaut hatten? Ich nahm nicht den Stuhl, sondern sogar die Leiter, aber dieser Scheik war einfach zu groß für mich. Damals hast du mich rausgehauen.“ „Und jetzt“, hakte Urban sofort nach, „hilfst du mir. Okay?“ „Es geht wohl nicht anders. Da komme ich nicht dran vorbei.“ „Kaum.“ „Und was kann ich für dich tun?“ „Sei blind und taub“, sagte Urban, „und verschwiegen. Kein Wort, zu niemandem.“ „Wann geht es los?“ „Das erfährst du noch.“ Im Clubhaus tranken sie, was aus der Flasche in sie hineinging. Tom schluckte wie ein Bursche von einsneunzig. Anschließend brachte er Urban zum Flugplatz. „Mit deinem Alkoholspiegel?“ fragte Urban, als Tom sein Jaguar-Cabrio anließ. Der MI-6-Agent grinste. „Bei uns fährt doch jeder besoffen“, sagte er. „Genau wie in Bayern. Natürlich nicht im Dienst. Dienst ist Dienst. Okay?« Lächeln und Freundlichkeit hatten bei Peer nie Anlaß zu Klagen gegeben. Sie waren bei dem Norweger nicht vorhanden. Als er Urban sah, stand er auf dem Deck seines Heringskutters, gröhlte und gestikulierte wild mit den Armen. „He, was sehen meine entzündeten Augen? Mister Dynamit. Dich gibt's noch, und fünfhundert Millionen Chinesen wissen nichts davon.“ Urban sprang an Deck des stinkenden Kutters, den sich Peer umgebaut hatte. Kaum hatte er sich in der bequem eingerichteten Kajüte hingefläzt, begann der Kutter, ungewöhnlich stark zu schaukeln. Gleichzeitig sprang ein Motor an, dessen Pferdestärken den Kahn schier entzweirissen. Er war mindestens zehnmal so stark wie ein normaler Bootsdiesel. Der Kutter legte los wie ein Rennboot. Urban stieg wieder an Deck und trat zu Peer ins Ruderhaus. „Anstatt Familie“, erklärte der Norweger. „Und immer nach dem Motto: Mehr scheinen als sein!“ Dazu grinste er, denn Lachen hatte er nie gelernt. „Was ist das für eine Maschine?“ „Mopedmotor“, witzelte der Norweger. „Aber mit siebzehn Turbos.“ „So hört es sich an.“ „Ist aber ein ganz simpler Rolls-Royce-Flugmotor.
Aus einer alten Spitfire, die in der Scheune meines Vaters notgelandet ist. Hat satte zweitausend PS. Hab' ihn ausgegraben und konserviert. Jetzt macht er wieder Dienst und freut sich seines Lebens.“ Er trieb den Kutter mit gut und gern dreißig Knoten den enggeschlängelten Fjord entlang meerwärts. Es wurde frisch. Peer deutete auf eine Lederjacke mit Schafpelzfutter, Urban zog sie an. Sie standen im Ruderhaus, rauchten, tranken Aquavit aus der Flasche und verscheuchten die Mücken. Peer vom norwegischen Geheimdienst, auf Wochenendpause nördlich von Bergen, sagte: „Du bist doch nicht aus Jux am Polarkreis, oder?“ „Ein Jux ist es, verdammt, nicht. Woran arbeitest du gerade, Peer?“ „Nichts Heißes. Ich organisiere den Innendienst um. Nach KGB-Muster. Sie denken, ich wüßte darüber am besten Bescheid. Ziemlich sture Arbeit, diese Bürohengste vom Mittelalter in die Neuzeit zu transplantieren. Da tut einem die Luft hier oben wirklich gut. Die Tage werden kürzer. Gibt bald den ersten Schnee. Aber es tut gut.“ Urban kam zur Sache. „Ich habe da ein Problem, Peer.“ Peer nahm Witterung auf. „Und dazu brauchst du den alten Wikinger.“ „So ist es.“ Peer fragte nicht, warum und wozu. Es machte ihn nicht eine Sekunde besorgt, ob die Sache mit seinem Chef abgesprochen sei. Er vertraute Urban. Wenn der kam und sagte, ich brauche dich, auch ohne zu erwähnen, daß Peer ihm einen Dienst schuldete, dann war er zur Stelle. „Wann geht's los?“ wollte er lediglich wissen. „Das erfährst du noch.“ „Warme Unterhosen oder Dreiecksbadehose?“ „Für die Ausrüstung wird gesorgt“ Wieder verfiel Peer in Sturmgebrüll. „Kosten spielen keine Rolle. Das mag ich an dir, Dynamit. Weißt du noch, damals in der Mongolei, als wir diesen Professor aus dem verluderten Atomkraftwerk rausholten, ehe es in die Wolken abmarschierte. Mann, da kamen sie an wie die Mücken. Wir haben sie erschlagen wie die Mücken. Und jetzt zerschlagen wir die Mücken wie sie.“ Es gab wirklich eine Menge Mücken, und sie hatten zu tun, sich ihrer zu erwehren. Urban wußte, was jetzt kam. Das Wiedersehen würde gefeiert werden. Schlimmer als irgendwo, schlimmer als in Schottland. Die Drinks im Clubhaus der Highland-Golfer waren ein Kindergeburtstag dagegen. Am Ende des Fjords, wo man den Atem der See
spürte, wenn man den Kutter treiben ließ, stellte Peer ab. Sie gingen unter Deck. Peer schnitt Brot, machte eine Dose Thunfisch in Öl auf und entkorkte zunächst zwei Flaschen. „Skal“ Sie tranken und redeten. „Erzähl!“ sagte Peer immer wieder. „Wir hier oben, wo es ein halbes Jahr lang Nacht ist, kriegen immer nur die Hälfte mit. Wie war das mit diesem B1B-Bomber in Pakistan? Was hört man da von einem alten Nazi-U-Boot? Los, erzähl, Junge! Halte dich nicht lange bei der Wahrheit auf, erzähl mir ruhig Märchen, Aber erzähl was. Skal!“ Urban sagte: „Tom macht auch mit.“ „Tom, der MinusMann?“ Peer riß die Augen auf. „Geht es ins Land der Liliputaner, oder soll er den Kreml von innen her anbohren?“ „Wir werden vier Mann sein“, erklärte Urban. „Nummer eins bist du.“ „Nummer zwei ist Tom, der Kleine.“ „Nummer drei bin ich“, sagte Peer. „Nummer vier ...“ Der Norweger winkte ab. „Danke, die Zahlen von eins bis vier kenne ich. Du wirst es schon machen. Skal! Sag mir wenn es soweit ist. Schätze, die Sache steht noch auf dünnen Beinen.“ Urban nickte. „Auf gar keinen Beinen“, gestand er. Zwei Tage später den Kater hatte er mit einer Gegeninjektion, bestehend aus Alkohol, kuriert landete Urban mit dem BNDDienstflugzeug auf einer großen Fattoria in der Toskana. Die Landung war erlaubt, denn das weitläufige Landgut besaß einen eigenen Flugplatz. Urban rollte mit der einmotorigen Cessna hügelan auf die riesige Arkadenvilla zu. Dann stellte er ab und stieg aus. Die Hitze prallte ihn an. Mindestens dreißig Grad Dazu blies ein Südwind, der vielleicht zweiunddreißig Grad heiß war. Überall summte es von Zikaden, Insekten und was es sonst noch so gab an Getier im Gras, in den Büschen, in den Olivenbäumen. Vom Haus her näherte sich eine Gestalt. Urban hatte gewußt, daß er Rio antraf. Er hatte es von dessen Dienststelle in Rom erfahren. Gewiß hatte auch Rio, mit seinen superfeinen Ohren und seinen Falkenaugen, die Maschine schon im Anflug identifiziert Neben der hochgewachsenen athletischen Gestalt humpelte ein Tier. „Mit dem ist nichts mehr los.“ Rio deutete auf seinen Hund. „Den muß man zur Jagd tragen, genau wie den alten Rio.“ Diesen Eindruck hatte Urban ganz und gar nicht von seinem Gegenüber. Sie
umarmten sich. Mit seinem geradezu verheerenden Charme küßte der Italiener ihn. Er fragte nicht lange, wohin und woher. „Komm ins Haus, Bruder“, sagte er. „Komm in den Schatten, zu Wein, Weib und Gesang.“ Unter den Arkaden hatte jemand bereits den Tisch gedeckt Eine Karaffe mit toskanischem Wein stand da. Sie beschlug in der Hitze, also war der Wein kühl. Rio goß ein. „Cin cin, amico mio, salute e molti soldi! Ich freue mich, daß du da bist.“ Urban freute sich ebenfalls. Es war seine letzte Station, „Es ist, als hättest du mich erwartet“, stellte er fest. „Ja, es lag etwas in der Luft wie Dynamit.“ Urban kannte Rio schon lange. Sie hatten viel im Süden, in Libyen, zusammengearbeitet, mal gut, mal weniger gut. Aber Rio gehörte nicht zu jener Sorte von Italienern, von der man sagte, ihre Panzer verfügten über drei Rückwärts- und einen Vorwärtsgang. Den Vorwärtsgang für den Fall, daß der Feind unverhofft von hinten käme. Nein, Rio war hart im Nehmen und hart im Zurückgeben. Aber alles mit Charme, lachend, immer ein Lied auf den Lippen. Mia bella Napoli! Rio setzte sich in Positur. „Wie findest du mich?“ fragte er eitel. Urban musterte ihn anstandshalber etwas länger. „Du bist in Form, Rio.“ „Wie du mich findest?“ Urban suchte nach einem Vergleich. Der Bursche hatte einen echten Cäsarenkopf. „Früher“, sagte Urban, „hast du ausgesehen wie ein Enkel von Kaiser Konstantin. Jetzt bist du mehr stromlinienförmig.“ „Wie stromlinienförmig?“ „Vielleicht wie ein Sohn von Alfa Romeo.“ Diesen Vergleich fand Rio so riesig, daß er einen Mädchennamen rief. Daraufhin erschien eine toskanische Schönheit, der er alles erzählte. Sie lachte mit ihm, und er sagte: „Das ist Tonia. Sie hat mir kürzlich einen Sohn geschenkt.“ Urban bezweifelte, daß sie seine Frau war. Aber der alte Mann, der ebenfalls herausgekommen war und der aussah wie Rio, nur dreißig Jahre älter, der war gewiß sein Vater. Der Alte winkte nur und humpelte zu den Stallungen hinüber. „Er war ein armer Tagelöhner“, erzählte Rio. „Jetzt fühlt er sich auf meinem Gut wie ein Conte. Was kannst du als Sohn besseres für deine Eltern tun?' Urban fragte geradeheraus, ob Rio Zeit hätte. „Alles, nur das nicht“, lautete die Antwort. „Dann nimm dir Zeit, Amico.“ „Wofür?“ „Für eine heiße Sache.“ Rio stellte die Frage, auf die Tom und Peer verzichtet
hatten. Er fragte, ob es offiziell sei. „Man wird dich bei SISMI freistellen.“ Der Italiener er war nicht nur ein erstklassiger Agent, sondern auch geschäftstüchtig rieb den Daumen auf dem Zeigefinger. Urban verstand. „Du wirst zufrieden sein, Rio.“ „Unter hundert Millionen Lire halte ich den Kopf nicht mehr hin.“ „Das kann ich nicht bezahlen“, log Urban. „Dann laß uns einen trinken. Laß uns trinken und Zusammensein, solange du willst. Du bist mein Gast. Ich bin dir das schuldig. Aber wenn du gehst, wird Rio nicht dabeisein.“ „Es hat Zeit“, äußerte Urban. „Vor September läuft die Sache nicht an.“ Rio kniff die Cäsarenaugen schmal. „Was für eine Sache?“ „Sie ist noch geheim.“ „Supergeheim?“ „Es gibt einen neuen Geheimgrad, den höchsten, höher als cosmic, er nennt sich royal-secret.“ „Das macht mich geil“, gestand Rio. „Aber es ist nur Neugier.“ „Steig ein, und du erfährst alles.“ „Jetzt will ich es wissen. Vorher.“ „Nein. Erst wenn wir nahe dran sind.“ Rio winkte ab. „Bloß kein Risiko. Jeden meiner Zacken liebe ich. Ich will mir keinen davon abrechen. Erinnerst du dich an Tripolis?“ „Ja, du hattest eine Menge Weiber.“ Rio war fast beleidigt, als er entgegnete: „Es ist völlig unzutreffend, wenn immer behauptet wird, daß ich eine Dame auf dem Barhocker vögelte. Es gab' keine Barhocker in dem Hotel, nur Betten.“ Dann lachte er wieder, daß der Putz von den Wänden fiel. Aber als Urban zur Sache kam, winkte er ab. „No“, entschied er. „Rio liebt sein Leben. Und ich kenne dich, Dynamito. Wenn du einen wie mich anheuerst, dann regnet es... Was, zum Teufel, kam doch damals bei Sodom und Gomorrha vom Himmel? Genau das meine ich: glühende Scheiße.“ Urban packte Rio bei seiner Ehre. Er sagte, es ginge um die Sicherheit des Westens. Er lockte ihn mit Geld, erwähnte die Waffenbrüderschaft im NATO-Geheimdienstverbund, Rio blieb beim Nein. Stur wie einer seiner Schafböcke. Urban überlegte. So kriegst du ihn nicht. Aber vielleicht kriegst du ihn andersherum. Er wollte durchsetzen, daß sie ihn nach Rom riefen und ihm einen Job gaben, der mieser war als jeder andere, den er aber ablehnen konnte, wenn er sagte, er habe die Royal-secret-Sache mit Urban abgeschlossen. Das mußte er dem Admiral allerdings heimlich ins Ohr flüstern. Urban spürte, daß dies ein Tag mit Gegenwind war, und brach auf, als er merkte, daß er so nicht
weiterkam. „Schade, Rio“, bedauerte er. „Tom, der Kleine, macht mit und Peer, der Wikinger.“ „Ich lasse sie grüßen.“ „Du hast es nicht mehr nötig, he?“ „Bei mir hängen schon zu viele Orden im Schrank. Welche Brust sollen sie schmücken, wenn meine durchschossen ist.“ „Es gibt Fälle, da darf man Freunde nicht im Stich lassen.“ „Che belle parole“, höhnte Rio. „Was für hohle Worte. Komm ein andermal wieder, Dynamit. Für einen Zug durch die Puffs von Mailand will ich immer dein großer Führer sein.“ Urban stieg in seine Einmotorige, ließ an und rollte zum Start. So mühsam hatte er sich das nicht vorgestellt. Einen von den dreien hatte er unterschätzt. Er hatte gehofft, sie würden alle begeistert einsteigen, schon um die Sache unter Kontrolle zu haben und sich notfalls per Befreiungsschlag heraushauen zu können. Bei Rio hatte er sich wohl geirrt. Und am Ende bekam Urban Rio doch. Er fingerte etwas über NATO-Brüssel mit SISMI in Rom. Er hatte in der Sache schon so viele Hilfskonstruktionen gebaut, daß es auf die eine nicht mehr ankam. Zwei Tage später rief Rio an. „Wann gehen wir los, Amico?“ ,,Bist du krank geworden?“ Urban tat erstaunt. „Der Admiral im Palazzo wollte mich nach Sizilien versetzen, um dort die Abwehr in Schwung zu bringen. Weißt du, was Sizilien für einen Toskaner bedeutet? Das ist schlimmer als Zentralafrika plus Timbuktu, multipliziert mit Uranda Burundi. Ich habe dem Admiral was ins Ohr geflüstert. Etwas mit royal-secret.“ „Und er hat dich freigestellt?“ „Wann geht es los?“ „Fang mit deinem Konditionstraining an, Rio“, riet Urban. „Va bene, ich werde Tonia einmal mehr pro Nacht beglücken. Wenn es ihr zuviel wird, hat sie noch eine hübsche Schwester. Ich warte auf deinen Anruf, ci vediamo, amicol“ Da wußte Urban, daß er ihn hatte. Die Sache konnte anlaufen.
6. „Einer von den dreien ist es“, beharrte Urban. „Und er saß in dem Wagen, den wir ins Gebirge lockten.“ „Der Sie und diesen Schuster beinahe getötet hätte“, entgegnete sein Chef, Oberst a. D. Sebastian. „Nun, eine Handgranate ist das mindeste, was ein Agent an der Uhrkette trägt.“ „Er war so nahe, warum, zum Teufel, entkam er?“ „Fragen Sie die Landpolizeidirektion. Sie
hatten andere Vorstellungen. Hinten Hubschrauber, vorne nichts.“ „An der Grenze hätte man ihn zumindest kriegen müssen“ „Der Anruf kam wenige Minuten später, nachdem er mit einem gestohlenen Mercedes durchgerauscht war.“ Sebastian ärgerte die Sache so, daß er erklärte, er wolle damit nichts zu tun haben, nichts mehr davon hören. Genaugenommen rührte sein Ärger daher, daß alles an ihm vorbeilief. Nicht mal mit dem Nagel des kleinen Fingers konnte er im Fall Adler mitmischen. Und das wurmte ihn. „Warum übernehmen Sie hier nicht einfach den ganzen Laden“, giftete er Urban an. „Das wäre wohl das letzte“, äußerte Urban, „was sich ein Mann wünschen könnte.“ Auf diese Weise abgeschmettert, verfiel der Oberst in dumpfes Brüten und richtete an diesem Tag kein Wort mehr an seine Nummer 18. Urban erledigte den Bürokram und fuhr nach Hause. Noch nicht in Grünwald, summte das Autotelefon. Es war die BND-Zentrale, er kannte die Stimme der Telefonistin. „Ein Transcontinental für Sie. Washington. Ich verbinde.“ Sie hatten in der Zentrale die nötigen Einrichtungen, um einlaufende und ausgehende Gespräche zusammenzuschalten. Die Qualität litt kaum darunter „Hier George“, meldete sich der CIA-Direktor so klar, als wäre es ein Ortsgespräch. Sie hatten vereinbart, einander nur dann zu informieren, wenn es wichtige neue Erkenntnisse gab. Offenbar hatte George welche gewonnen. „Erstens“, begann er. „Der Bursche, den wir suchen, ich meine Adler, hat noch viel mehr auf dem Kerbholz als nur den B-1B-Verrat. Ich habe da mal nachfassen und Analysen anhand bestimmter Grundsituationen anfertigen lassen. Stets gleichen sich die Abläufe. Sie erinnern sich, daß wir Probleme mit einem unserer Flugzeugträger hatten. Ein Brand hätte beinahe auf das Atombombenlager übergegriffen, und das mitten im Ochotskischen Meer, nur wenige Meilen außerhalb der sowjetischen Hoheitsgewässer. Der Vorfall war nur auf höchster NATO-Ebene bekannt. Doch im Nu war unser Träger von sowjetischen U-Booten und Zerstörern umzingelt. Wie von Haien, die ein blutendes Opfer wittern. So schnell kann keine Flotte aufkreuzen, es sei denn, sie wurde alarmiert, und wenn sie alarmiert wurde, dann nur durch Verrat. Nächster Fall: Damals, als unsere Marins in Grenada an Land gingen,
wußte eine Stunde vorher kaum einer von der geplanten Aktion. Außer dem Pentagon waren nur höchste NATO-Stellen eingeweiht ...“ „Unter anderem London, Oslo und Rom“, warf Urban ein. „Trotzdem war die kubanische Besatzung vorgewarnt, und empfing uns mit allem, was ihre Rohre hergaben. Auch hier lief eine Warnung via Moskau.“ „Ich bin dabei“, versicherte Urban, „herauszufinden, von wo aus sie nach Moskau lief.“ George erwähnte noch zwei andere Fälle von Verrat beziehungsweise Frühwarnung, die auf Adler zurückzuführen sein mußten. „Ich kriege ihn.“ Urban hielt es für wenig angebracht, selbst an seinem Erfolg zu zweifeln. „Aber Ihr erster Vergleich schlug fehl, wie man hört.“ „Wäre ja auch zu leicht gewesen.“ Der CIA-Chef machte weiter. „Nun zu Punkt zwei: Meine cleveren Kerlchen in der Firma haben natürlich Wind bekommen. Ein guter Mitarbeiter zieht immer schon die Jacke an, ehe der Abteilungsleiter friert. Wäre ja auch zu einfältig, anzunehmen, Ihr Auftritt bei FBJ und im Pentagon würde nicht zu Diskussionen führen. Okay, die Knaben sind also munter geworden, ziehen ihre Schlüsse, und sie werden ihre Verantwortung ernst nehmen. Das bedeutet, daß man Sie wahrscheinlich beobachten wird, Dynamit, daß man Sie beschattet, daß man gar versuchen wird, Ihnen einen Mann ... wie es im Jargon heißt, aufs Auge zu drücken.“ „Nichts davon bemerkt“, äußerte Urban. „Aber seien Sie gewarnt.“ „Ich rechne mit allem.“ „Weiter durchhalten, aufpassen und stumm bleiben. Adler hat die Augen eines Falken und die Ohren eines Luchses.“ „Sonst wäre er nicht so gefährlich“, betonte Urban. Sie wollten weiterhin engen Kontakt pflegen. Über das normale Maß hinaus schenkte Urban den Fahrzeugen, die ihm folgten, besondere Aufmerksamkeit. Entweder der Verfolger besaß großes Geschick im Observieren oder es gab keinen. Urban war ziemlich sicher, daß eher letzteres zutraf. Es war wie in jedem Krieg gegen einen professionellen Gegner. Tagelang herrschte Ruhe an der Front, und mit einem Schlag begann das Trommelfeuer. Urban stellte sein BMW-Coupè in die Tiefgarage und fuhr mit dem Lift in sein Penthouse. Im Lift hing ein anderer Geruch als sonst Gewöhnlich überwog das Putzmittel die Reste von Parfüm und Lotion welche die
Lederbespannung im Laufe der Jahre aufgesogen hatte. Heute schwebte ein neuer Duft in der Kabine, herb frisch. Am Ende erinnerte er ein wenig an Tannen, an denen Zitronen hingen. Urban kannte die Gewohnheiten der drei Leute, die unter ihm wohnten. Der Industrielle aus dem Ruhrgebiet war selten da. Er benutzte die Luxuswohnung nur als gelegentliche Absteige. Die Dame im zweiten, Konsulin einer mittelamerikanischen Republik, verwendete einzig und allein Miß Dior. Der Schauspieler, noch eine Etage tiefer, galt als der Supermacho des deutschen Films und akzeptierte ausschließlich Tabak und Rum. Manchmal roch es nach guter Kernseife mit KölnischJuchten der Nachkriegsjahre. Das stammte dann von der Hausmeisterin. Aber dieser neue Duft war wie das Wetterleuchten am Horizont, wenn die feindliche Artillerie feuerte. Der Lift hielt sanft an. Urban hatte nur wenige Schritte über Marmor, Teppiche, Marmor bis zu seiner Wohnungstür. Sie war spaltbreit offen. Von den drei Schlössern war mindestens eines immer versperrt. Urban begnügte sich meist mit einem Schloß, weil er wußte, daß jemand, der hineinkommen wollte, auch hineinkam. Beim Weggehen hatte er die Tür verschlossen, und seine Putzfrau kam nur freitags. Heute war Mittwoch. Vorsichtig drückte er die Tür weiter nach innen. Jetzt konnte er vom hufeisenförmigen Entree bis hinunter in die Wohnhalle sehen. Überall brannte Licht. Er lauschte. Zu hören war nichts. Vorsichtig betrat er sein eigenes Heim. Dabei vergrößerte er den Türwinkel um etwa fünfundzwanzig Grad. Plötzlich fiel etwas von oben herunter. Etwas Gerilltes, Eiförmiges. Es war schwer genug, um laut auf dem Marmorboden aufzuschlagen, einmal zu springen und dann wegzurollen. Urban kannte die heimtückische Gefährlichkeit von Eierhandgranaten. Mit einem Satz war er bei ihr, bückte sich, packte sie, um sie durch die Halle, durch das Panoramafenster in den Swimmingpool auf der Terrasse zu werfen. Oder hinaus in die Gärten, wo sie weniger Schaden anrichten konnte. Aber er warf sie nicht, sondern behielt sie in der Hand. So genau wie ein Bäcker wußte, wie schwer eine Semmel zu sein hatte, wußte er, wie schwer eine Eierhandgranate dieses Typs wog. Falls sie komplett mit Sprengstoff und Zünder versehen war. Dieses Ding jedoch war
nicht mehr als die eiserne Hülle einer russischen Eierhandgranate vom Typ Bronsky. Er hob sie ans Licht. Der Federbügel war in Abzugstellung, der Sicherheitsring abgerissen. Eine schwarze Gummischnur hielt die zwei gerippten Hälften zusammen. Behutsam löste er die Schnur. Die eisernen Schalen fielen auseinander. Darin lag ein Zettel, auf dem mit Maschinenschrift in Englisch stand: Der Adler grüßt den Bastard. Das gefiel Urban beinahe noch weniger, als wenn man hinterrücks einen Schuß auf ihn abgefeuert hätte. Der Adler war also gewarnt und wußte, wer ihm nachstellte. In der Wohnhalle legte Urban die Hälften der Eierhandgranate neben die Flaschen auf dem Rokokotisch und goß einen Doppelten ein. Dann hob er den Hörer vom Telefon und tastete eine Nummer in die Knöpfe. Dabei musterte er die Frau, die im Sessel mit dem Rücken zur Tür saß und von der der neue Duft stammte. Ihr Duft war der Abschußblitz gewesen, die Handgranate, das heranorgelnde Geschoß und sie nun der Einschlag. Während er wählte, fragte er: „Und was bitte, Gnädigste, wünschen Sie?“ Die Zentrale der Landpolizeidirektion war belegt. Urban nahm einen Schluck und steckte sich eine MC an. Er kannte dieses Mädchen. Jetzt fiel ihm auch wieder ein, woher. Das Aussehen einer Amerikanerin mit spanischen Vorfahren war nicht alltäglich. Dazu diese vornehme Eleganz. Man sagte, wahre Eleganz sei ein kleiner Schritt der Tagesmode hinterher. Kein Zweifel, sie war es. Nur für Sekunden hatte er sie auf der Party in Washington von vorne gesehen und später nur noch diesen makellos schönen, zartbraunen Rücken. „Die Tür war offen“, sagte sie. „Und das erklärt alles“, höhnte er. „Ich spiele gewöhnlich nicht mit Eierhandgranaten, falls Sie das meinen.“ Er hob die Brauen. „Aber Sie wissen, daß es eine ist.“ „Manchmal läuft ein Rambo-Film im Fernsehen.“ Es gab ungefähr einhundert Fragen, die er an sie hatte. Er stellte keine einzige. Schließlich war nicht er in ihr Appartement in Washington eingedrungen. „Über Schuster kam ich zu Ihnen“, glaubte sie andeuten zu müssen. „Schuster?“ tat er erstaunt. Sie schlug die Beine, lange schlanke Dinger, übereinander. „Dieser U-Boot-Artikel wurde auch vom Times-Magazin aufgenommen. Sie zitierten die Aussage eines gewissen
Schuster, der damals zur Besatzung gehörte. Ich kontaktierte ihn. Er gab mir Ihre Adresse, Colonel.“ „Dann muß es verdammte Gründe dafür geben“, bemerkte Urban. Er hatte den Exobersteuermann dreimal vergattert, niemandem zu sagen, wer der Initiator der Sache sei. „Bedaure“, fuhr sie fort, „daß der Mann, dem Sie vertrauten, sein Schweigen brach. Aber es ist nun einmal so. Nehmen Sie es hin. Vielleicht lag es an den Gründen, die ich ihm nannte.“ Er war neugierig, sie zu hören. Doch erst rief er noch einmal bei der Landespolizeidirektion an. Diesmal kam er durch und ließ sich den zuständigen Sachbearbeiter geben. „Konnten Sie Splitter der Handgranate finden, die am Fockenstein auf mich geworfen wurde?“ „Mit der Magnetsonde holten wir ein paar aus der Erde.“ „Eindeutige Splitter der Granate?“ „Eindeutig.“ „Wurde eine metallurgische Analyse vorgenommen?“ „Die hat bis jetzt niemand beantragt.“ „Dann beantrage ich sie hiermit“, sagte Urban, „denn hier rollte soeben der Bruder dieser Eierhandgranate durch mein Wohnzimmer. Ich muß wissen, ob sie aus derselben Quelle stammt.“ „Wir machen das“, versprach der Mann bei der Polizeidirektion. Urban legte auf und blickte die Amerikanerin an. „Nun?“ „Ist es unverschämt, Sie um einen Gin zu bitten?“ „Nicht unverschämter als Ihr Eindringen“, stellte er fest und machte ihr, was sie wünschte: Gin, mit viel Eis und Limonensaft. Er ging zu dem Regal, wo seine Unterhaltungselektronik gestapelt war. Der Plattenspieler, der CD-Spieler, die Stereoanlage, Fernseher, der ganze Videokrempel. Er brauchte nur einen Knopf zu drücken, und die unsichtbare Videokamera fing an zu arbeiten. So nebenbei drang südamerikanische Musik aus den im Raum verteilten Boxen. Erwartete. „Sie wollten etwas sagen, Gnädigste.“ Sie atmete tief ein. „Meine Freundin hat natürlich maßlos übertrieben, was meine Keuschheit und meine Zugehörigkeit zu einem Kloster betrifft.“ Im Augenblick interessierte ihn das überhaupt nicht. Was in Washington ein Thema gewesen war, war hier keines. „Warum sind Sie hier?“ Sie nahm einen Schluck, behielt aber das Glas in der Hand und ließ den lackierten Zeigefingernagel über den Rand gleiten, als wäre er die Brust eines Mannes. „Mein Vater“, antwortete sie, „war der Bomberpilot, der U-nullvier versenkte.“ Das darf
nicht wahr sein, dachte Urban. Das ist mehr als faustdick. Die Videokamera lief, und Cooleen Sax erzählte. „Mein Vater, Major Berny Sax, flog an diesem Märztag 1945 Jagdschutz für einen nach Murmansk laufenden Geleitzug. Er und andere Maschinen seiner Staffel hatten die Aufgabe, den Konvoi nach der Südflanke hin gegen deutsche Bomber und U-Boote zu schützen.“ „Davon gab es kaum noch welche.“ „Offenbar aber doch.“ „Was für eine Maschine flog Ihr Vater?“ „Eine Moskito“, antwortete sie, ohne zu überlegen. Urban schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht. Nach Aussagen von Obersteuermann Schuster er gehörte in der Minute des Angriffe zur Brückenwache und sah den Bomber als erster war es ein viermotoriger Liberator.“ „Sorry, mein Vater flog die zweimotorige Moskito.“ „Dann war es nicht Ihr Vater, der Nullvier versenkte.“ Sie ließ sich nicht beirren. „Nach den Frontberichten und Kriegstagebüchern wurde an diesem Tag nur ein U-Boot bombardiert, und zwar in der Barentssee.“ „Es war im Varanger-Fjord.“ „Darüber läßt sich streiten, wo ein Fjord endet und die offene See beginnt“, gab sie energisch zurück. „Und was Ihren Fahrensmann Schuster betrifft, wie alt, bitte, ist er, und wie lange liegt das Ereignis zurück? Über vierzig Jahre. Der Mann kann sich obendrein geirrt haben.“ „Eine Moskito sieht anders aus, hat eine völlig andere Silhouette und hört sich anders an als ein Liberator-Bomber.“ „Die Liberators waren reine Vergeltungsbomber für Ferneinsätze. Konvois wurden bestenfalls von Jägern und Jabos begleitet. Außerdem war ein Liberator gar nicht in der Lage, ein einsam operierendes U-Boot zu orten und zu treffen. Auf Spitzbergen, der damaligen Luftbasis, waren keine Liberators stationiert. Außerdem gab es keine Liberatorversion mit U-Boot-Radarerfassung.“ Allmählich begann Urban selbst, an Schusters Aussage zu zweifeln. Wenn er sich bezüglich des Bombers geirrt hatte, stimmten vielleicht auch die Koordinaten nicht die Stelle, wo das Wrack lag. Wenn es so war, dann mußte man, in Teufels Namen, irgendwie ein Wrack dorthin befördern. Die US-Navy würde sich schon etwas einfallen lassen. „Ihr guter Schuster hat Ihnen einen Bären aufgebunden“, spottete Cooleen. „Wohl kaum.“ „Wie alt, sagten Sie, ist er?“ „Um die Siebzig.“ „Da hat man ein
Gedächtnis wie ein Sieb.“ „Aber sein Tagebuch schrieb er schon kurz nach dem Krieg.“ Das machte sie einen Moment nachdenklich. „Deutsche U-Boot-Leute kannten sich bei alliierten Flugzeugmustern nicht sonderlich gut aus.“ „Vielleicht“, räumte er ein. Er wollte es dabei belassen. Sollte sie glauben, daß er ihr vertraute. Cooleen Sax lieferte null den Rest der Geschichte. Als sie fertig war, fragte Urban hinterhältig: „Und um mir das zu erzählen, kommen Sie extra vorbei?“ Sie senkte den Blick und schwieg lange. „Ich habe dir gefallen“, antwortete sie leise, fast verschämt. „Du gefällst mir noch.“ Ihre Blicke trafen sich. Sie hatte eindringliche, wasserblaue Augen. „Eine Frau fühlt das.“ Er stand auf und mixte neue Drinks. „Warum hast du dich in Washington so plötzlich entfernt, Cooleen?“ Sie antwortete nicht sofort, sondern zögernd. „Weil weil auch du mir gefallen hast.“ Er reichte ihr das Glas, setzte sich auf die Sessellehne und fixierte sie. „Und jetzt?“ „Es hat sich nichts geändert.“ „Ich meinte es im Sinne von Was nun?“ „Glaubst du“, gestand sie, „ich fliege zehntausend Kilometer ohne mit dir zu schlafen?“ „Das glaube ich nicht. Das heißt, es würde mir schwerfallen, es zu glauben.“ Sie ließen sich Zeit. Sie tranken, warteten, bis die Platte abgelaufen war. Dann erst gingen sie nach oben. Man konnte nicht behaupten, daß sie bei Sex so taub war wie ein Türpfosten. Sie hatte eine Menge dafür übrig. Sie war geschaffen dazu, wie ihr Mund, ihre Brüste und ihre Schenkel. Sie brachte ihn immer wieder in Erregung, und er genoß es. Videokamera und Mikrofon, die aus Sicherheitsgründen auch im Schlafzimmer installiert waren, hatte er gar nicht erst eingeschaltet. Er glaubte, daß er sie und ihre Funktion durchschaut habe. Er brauchte nur noch den Beweis. Und eines wußte er: Geheimnisse, die einer Frau im Bett nicht zu entlocken waren, lagen in einem verdammt sicheren Tresor. Auch beim Frühstück behauptete sie noch, daß sie die Tochter von Major Berny Sax wäre, dem Mann, der U-04 versenkt hätte. Natürlich hatte sie sich in Washington erkundigt, wer er war. Dann war sie Gerüchten nachgegangen, denenzufolge ein europäischer Geheimdienst die U-04-Story gezielt zur Veröffentlichung gebracht hätte. Dabei war ihr der BND genannt worden. In der Hoffnung, daß sich ihre Wege kreuzen
würden, war sie nach Europa gejettet. „Der Rest war Glück“, endete sie. „Man hat es nicht immer“, antwortete er. Sie nickte. „Und deshalb“, sagte sie, „habe ich Angst vor morgen.“
7. Sie trafen sich in der Mitte, in Amsterdam. Auf einem Hausboot nahe der Prinsen-Gracht wartete Urban auf seine drei Partner. In den letzten Tagen hatte sich das Netz um sie immer enger gezogen. Alle drei, Tom von MI-6, Peer, der Norweger, und Rio von SISMI-Rom, hatten noch in der Stunde des Absturzes des Tarnbombers vom Alarm bei der 7. US-Flotte erfahren. Als Topagenten ihrer Dienste verfügte jeder von ihnen über Drähte in den Osten. Und über die Stunde, wo sie sich nach Eingang der Katastrophenmeldung aufgehalten hatten, gab es keine eindeutigen Alibis. Dies altes herauszufinden war für Urban äußerst schwierig gewesen. Aber eines stand mittlerweite fest, nur einer von ihnen kam als Übermittler der Information nach Moskau in Betracht. Dieser Mann war Adler, der langgesuchte Maulwurf, die undichte Stelle im NATO-System. Und es wurde Urbans schwierigste Aufgabe werden, ihn zu enttarnen. Draußen fuhr ein Wagen vorbei und hielt an. Der Diesel nagelte im Leerlauf. Urban trat an Deck. Es war dunkel. In den Häusern beiderseits des Kanals waren die Fenster erhellt. Über den Dächern reflektierte die Wolkendecke den Schein von Millionen von Großstadtlichtern. Der Wagen, ein Taxi, fuhr weiter. Ein großer, kräftiger Mann im Trenchcoat stand da und schien auf etwas zu warten. „Peer!“ rief Urban. Der Norweger orientierte sich an der Stimme wie eine Fledermaus im Dunkeln. Federnd schritt er über die Gangway an Bord. „Schon alle da?“ „Du bist der erste, Peer.“ Sie gingen in den Salon des gemütlichen Hausbootes. Er war vollständig holländisch eingerichtet. Spitzenvorhänge, chinesische Teppiche, alte Mahagonimöbel, Messingleuchter. Im Gaskamin züngelten blaue Flammen. „Gehört dir“, fragte Peer, „oder?“ „Einem Freund.“ „Ein guter Ort, um sich zu verschwören.“ Er bekam zu trinken, was er wollte. Er bevorzugte wasserklaren Hochprozentigen. „Genever“, stellte er fest. „Schmeckt nach Wacholder.“ „Wir
sind in dem Land, wo man auf die Idee kam, am besten würde er reifen, wenn man mit den Fässern einmal über den Äquator und zurück segelt.“ „War ein mieser Flug“, berichtete Peer. „War nahe dran, ins Cockpit zu stürmen und zu sagen: >Laßt mich mal ran, ihr Anfänger!