DAS STRASSENKAMPF HANDBUCH
Peyton Quinn
DAS STRASSENKAMPF HANDBUCH Verteidigung gegen Überraschungsangriffe, Schlägertypen und Hinterhalte
Michael-Kahnert-Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Titel der amerikanischen Originalausgabe: A Bouncer 's Guide to Barroom Brawling: Dealing with the Sucker Puncher, Streetfighter, and Ambusher by Peyton Quinn Copyright © 1990 by Peyton Quinn Published by Arrangement with PALADIN ENTERPRISES. INC. Copyright © der deutschen Ausgabe 2003 by Michael-Kahnert-Verlag, Buchholz Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schluck GmbH, 30827 Garbsen Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, insbesondere der Nachdruck (auch auszugsweise), außerhalb der engen Grenzen des Urheber- und Zitatrechts ist ohne Zustimmung des Verlages strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und Mikroverfilmungen sowie für die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Übersetzung: Michael Kahnert Printed in Germany ISBN 3-933253-11-X Michael-Kahnert-Verlag Im Waldfrieden 2 D-21244 Buchholz . Telefon: Fax: E-Mail: Internet:
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Die Ratschläge in diesem Buch sind von Autor und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft worden, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Autor und Verlag stets dankbar. Herstellung: Books on Demand GmbH. Norderstedt
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WIDMUNG Dieses Buch ist meinem Vater gewidmet, der mich immer verstanden hat („Sohn, das einzige, was Dich interessiert, sind Dein Bauch und Dein Schwanz!") und der mir wirklich einprägsame Ratschläge mit auf den Weg gab („Sohn, die Welt schuldet Dir einen Scheißdreck!"). Dennoch waren keine anderen Kinder mit einem liebevolleren, verantwortlicheren und unterstützenderen Vater gesegnet. Das selbe gilt gleichermaßen für meine reizende und liebevolle Mutter...sie war der Wachhund über seinen Zorn. Als nächstes muß ich meiner Ehefrau Melissa Anerkennung zollen, eine starke und bemerkenswerte Frau in so vielerlei Hinsichten, was sicherlich erforderlich ist, um mit mir zusammenzuleben. Schließich meinem langjährigen Freund und Mitabenteurer Carlton Jackson, auch bekannt als „Quick Carl", der Kaliem. Er verließ dieses Leben, so wie er es gelebt hatte - seinen Rücken einem Teil dieser Welt zugewandt, Ratschläge nur von wenigen annehmend, und sich von niemandem etwas gefallen lassend! Es ist schmerzhaft, daß ich niemals mehr in diesem Leben mit ihm zusammen ausfahren werde. Vielleicht später einmal werden wir gemeinsam in Walhalla Met trinken oder vom goldenen Lamm im Paradies speisen, zur Rechten von Allah sitzend.
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INHALTSVERZEICHNIS WIDMUNG VORWORT KAPITEL EINS: Der Hinterhalt: Aufmerksamkeit & Vermeidung Eskalation des Konflikts Warum Kämpfe sich ereignen Der Hinterhalt Eine Strategie Jugendlicher Fallbeispiele Einige grundlegende Elemente der Vermeidungstaktiken Der erfahrene Kämpfer KAPITEL ZWEI: Die Wirklichkeit des Kämpfens Darstellung des Überraschungsschlägers Einige Merkmale von realen Kämpfen Einige Beobachtungen über Kampfkünste im Vergleich zum echten Kämpfen KAPITEL DREI: Die Werkzeugkiste Die drei Bestandteile der Schnelligkeit Der vertikale Faustschlag Der Rückfaustschlag Der Handballenstoß Der gerade Schlag mit der Hinterhand Der Handkantenschlag Die Hammerfaust Der Kehlenschlag mit offener Hand Ellenbogen- und Kniestöße Die Wichtigkeit darin, wohlkonzentrierte Schläge in Deiner Werkzeugkiste zu haben Einige Schlußfolgerungen über die verschiedenen Schläge und Trainingsmethoden KAPITEL VIER: Prinzipien der Verteidigung Prinzipien der Blocktechniken mit offener Hand
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Die Außenabwehr Die Innenabwehr Verbindende Konzepte der Innen- und Außenabwehr Ununterbrochener Angriff Gesunden Menschenverstand bei Deinen Taktiken einsetzen Halte Deine Augen offen Übungen zur Schlagwahrnehmung und des Angriffswinkels Übungen für die Außenabwehr Übungen für die Innenabwehr Einige Beobachtungen zur richtigen Kampfeinstellung Auswahlmöglichkeiten für Dich selbst schaffen zwischen normalem und Kampf-Tötungsmodus KAPITEL FÜNF: Beweglichkeit, Stellung, Gegenüberstehen und die feineren Gesichtspunkte des Sich-aus-dem-Gefängnis-raushaltens Der Zweck einer richtigen Stellung Mit der stärkeren Seite nach vorne stehen Kontrolle der Distanz: Der Vorteile des Nahherangehens an Deinen Angreifer Die acht Winkel der Bewegung Die Fehler des Aktion/Reaktion-Denkens Zweck des Vorwärtsgleitens und des Rückwärtsgleitens Das Vorwärtsgleiten Das Rückwärtsgleiten Übungen für Bewegung und Gegenüberstellung KAPITEL SECHS: Ringen, Würfe und Befreiungen Befreiung aus der Umklammerung von hinten Mit einem Erfassen fertigwerden Befreiung gegen das Erfassen des Handgelenks Befreiung aus der Umklammerung von vorne Befreiung gegen ein Würgen von hinten Der grundlegende Wurf: Usoto gari Der Kopf- und Ellenbogendreher Der Taucher KAPITEL SIEBEN: Die Auswahl einer passenden Kampfkunst für Deinen persönliches Training Warum gibt es so viele verschiedene Kampfkunstsysteme? Die Bedeutung des Körperbaus Deinen Körper trainieren Es gibt keinen „automatischen" Selbstverteidigungswert in den Kampfkünsten Kampfkunst, ihre Anwendung, und der „Körper aus Stein"
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Waffen sind schon immer die erste Wahl gewesen Die typischsten Kampfkunstsysteme im Überblick Der Umgang mit einer Menschenmenge und der Einsatz von Waffen Ein abschließendes Wort Weitere Bücher und Videos
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VORWORT Training ist nützlich, aber es ist kein Ersatz für Erfahrung. Du hast Dir dieses Buch nicht gekauft, um meine Memoiren zu lesen, also werde ich mich hierüber kurz fassen. Was qualifiziert mich dafür, dieses Buch zu schreiben und Dir dann zu sagen: Wenn Du es sorgfältig durchliest, die Techniken trainierst und die Übungen mit einem Trainingspartner machst, kannst Du Deine Chancen gegen den Typ, der versucht, die Scheiße aus Dir herauszutreten oder Dir ein Messer in Deine Gedärme zu stechen, erheblich verbessern. Was mich qualifiziert? Mit einem Wort: Erfahrung. Ich beziehe mich dabei nicht so sehr auf die mehr als zwanzig Jahre, die ich in Kwoons und Dojos mit dem Lernen und Unterrichten der Kampfkünste verbracht habe. All das war nützlich. Aber das meiste von dem, was ich in diesem Buch herüberzubringen versuche, ist das, was meine Erfahrung in echten Kämpfen mich gelehrt hat - insbesondere, welche Techniken funktionieren und, ebenso wichtig, welche es nicht tun. Diese Ausbildung bekam ich nicht in einem Kwoon oder Dojo (Tatsache ist, daß man sie dort gar nicht erhalten kann). Worüber ich hier spreche leitet sich ab von meiner Erfahrung als Rausschmeißer in einer eher rowdyhaften Bikerbar, in der ich mich gegen dutzende Angriffe mit Fäusten, Stiefeln, Billardstöcken, Bierkrügen und, in vier Fällen, mit Messern verteidigen mußte. Ich behaupte nicht, ein Meister in irgend etwas zu sein (außer vielleicht darin, meinen Chopper zu reiten und eine gute Zeit mit meinen Bikerkumpels zu haben). Aber was ich hier ausführe, sind die Techniken und Einstellungen für die Selbstverteidigung, die ich in echten Kämpfen eingesetzt habe. Nicht ein- oder zweimal, sondern viele Male. Nichts funktioniert jedesmal, und jeder (ich betone jeder) kann zusammengetreten werden. Die Sache ist die, daß ich weiß, daß richtiges Training in den anwendbaren Techniken, kombiniert mit der korrekten Kampfeinstellung, den Unterschied bei einem tatsächlichen Angriff ausmachen kann und wird. Bloß allein dieses Buch zu lesen oder meine Videos anzuschauen wird Dir in einem wirklichen Kampf so gut wie gar nichts nützen. Du mußt bis zu einem gewissen Grad des Könnens trainieren! Ich habe diese Techniken aus Hunderten, die ich in Dojos gelernt habe, ausgewählt, weil meine Lehrerfahrung mir gezeigt hat, daß die Durchschnittsperson sie gut genug erlernen kann, um sie in einem tatsächlichen Kampf wirkungsvoll einzusetzen. Außerdem weiß ich aus persönlicher Kampferfahrung, daß sie funktionieren.
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Kapitel 1
DER HINTERHALT: Aufmerksamkeit & Vermeidung Ich bin zu der Vermutung gekommen, daß jeder, der in einigen richtigen Kämpfen gewesen ist, zu einer, wenn nicht zu allen, der folgenden Schlußfolgerungen kommt. Die erste und offensichtlichste ist, daß Kämpfen kein Spiel ist. Es hat ernste rechtliche und medizinische Konsequenzen. Die zweite ist, daß es in den meisten Fällen möglich ist, den Kampf zu vermeiden. Du mußt allerdings bereit dazu sein, dies zu tun, und Du mußt wissen, wie. Dies ist der Schwerpunkt in Kapitel 1. Nun, einige von Euch denken: „Ich habe diese Scheiße schon vorher gehört. ,Halte Dich aus Kämpfen raus.' Ich habe mir dieses Buch nicht gekauft, um das zu hören. Ich habe es gekauft, um zu lernen, wie man besser kämpft!" Du magst vielleicht sogar daran denken, zu einigen „Techniken" vorzublättern und dies hier zu überspringen. Falls das so ist, WACH MAL SCHNELL AUF, KUMPEL! Einen Kampf zu vermeiden ist eine verdammt gute Technik, und auch nicht bloß eine Selbstverteidigungstechnik. Es ist eine absolut lebenswichtige Überlebenstechnik. Sie muß geübt werden, genauso wie Du einen Rückfaustschlag oder jeden anderen Schlag oder Konter, der in diesem Buch behandelt wird, üben mußt. Ich sagte, daß Du willens sein mußt, einen Kampf zu vermeiden, und daß Du wissen mußt, wie. Soweit es den „Willenssein"-Teil betrifft, funktioniert einige tatsächliche Kampferfahrung ziemlich gut darin, Dir zu helfen, diese Einstellung zu entwickeln. Da ich allerdings erkenne, daß manche Leser diese Erfahrung nicht haben mögen, möchte ich, daß Du ein paar Dinge in Betracht ziehst. ESKALATION EINES KONFLIKTS Es sind eine Menge Leute im Gefängnis, und noch viele mehr auf Friedhöfen, weil eine Kneipenschlägerei oder ein Straßenkampf „außer Kontrolle" geriet. Ich denke nicht, daß diejenigen Leute im Gefängnis dort sein wollen, und ich glaube auch nicht, daß diejenigen Leute, die auf den Friedhöfen sind, sterben wollten. Sie kamen ins Gefängnis oder wurden getötet, weil sie nicht über irgendeinen Machoschwachsinn, der ihnen irgendwann mal in ihrem Leben vermittelt worden ist, hinaussehen konnten. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, daß da gerade jemand dieses Buch liest, der seinen Weg ins Gefängnis vorbereitet, es aber noch nicht erkannt hat. Bist Du diese Person? Falls das so ist, Kumpel, dann mach mal ne' Pause. Ich bin viele Male wegen Kämpfen in die Zelle eines Polizeireviers gekommen, aber ich bin nie im Gefängnis
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gewesen. Ich möchte nicht ins Gefängnis gehen, und ich habe einen Spielplan, um sicherzustellen, daß ich niemals ins Gefängnis komme. Nach dem ich den Lebensstil gelebt habe, den ich nun mal lebte, und nun nur ein paar Monate vor meinem vierzigsten Geburtstag stehe, denke ich, daß mein „Halt Dich aus dem Gefängnis raus"-Plan verdammt gut funktioniert hat. Weißt Du, ich liebe es, meinen Chopper (die „Silver Serpent") auf der offenen, zweispurigen Asphaltstrasse zu fahren, Sex mit meiner Frau zu haben, hier und da ein Bierchen zu zischen und ganz allgemein ein freier Mann in Amerika zu sein. Bist Du auch daran interessiert, Dich aus dem Gefängnis rauszuhalten? Falls ja, mußt Du Deine eigene „Ich werde nicht ins Gefängnis gehen"-Strategie verinnerlichen. Wie ich schon gesagt habe, ich bin niemals im Gefängnis gewesen, also kenne ich es nicht aus eigener Erfahrung, aber ich stelle mir vor, im Gefängnis zu sein muß die Hölle auf Erden sein. Möchtest Du für ein paar Jahre oder vielleicht lebenslänglich in die Hölle gehen? Falls ja, dann halte an Deinen Machophantasien fest und spiele den „harten Kerl" lange genug, und Du wirst dort früh genug hineinkommen (falls der Friedhof nicht vorher kommt). Wenn Du Dich andererseits aus dem Gefängnis heraushalten willst, dann verstehe folgendes - entweder Du hast die Kontrolle über Dich, oder jemand anderes hat sie. Die Kontrolle über Dich selbst zu haben ist der erste Schritt dabei, einen Kampf zu verhindern. Wenn Du die Kontrolle über Dich hast, bist Du aufmerksam, und das erlaubt Dir, Entscheidungen für Dich selbst zu treffen, wie z.B. „Möchte ich ins Gefängnis gehen oder vielleicht getötet werden?" Diese Entscheidungen sind wirklich ziemlich einfach zu treffen, wenn Du derjenige bist, der sie trifft und nicht jemand anderer. Abhängig von Deinem Lebensstil - wo und mit wem Du herumhängst - wirst Du viele Einladungen erhalten für das Gefängnis, den Friedhof oder vielleicht einen lebenslangen Krankenhausaufenthalt, wo Du gelähmt daliegst, mit einem Haufen von Schläuchen verbunden, die in Deinem Körper stecken, um Dich für die nächsten zwanzig Jahre „am Leben" zu erhalten. Du mußt diese Einladungen zu solchen Desastern erkennen, sie verstehen und sie ablehnen. WARUM KÄMPFE SICH EREIGNEN Warum ereignen sich Kämpfe? Wenn Du etwas darüber nachdenkst, magst Du auf eine Anzahl von Gründe kommen. Aber meistens geht es um Stolz und Ego - um jemand seine Unsicherheit und um jemand seinen Schmerz. Es gab einen Punkt in meinem Leben, an dem ich mich fragte: „ Warum zum Teufel bin ich in so viele Kämpfe geraten? Warum schien dieser Scheiß immer mir zu passieren? Warum kommt jemand, den ich nie zuvor gesehen habe, während ich in einer vollen Kneipe saß, zu mir heranspaziert und versucht, im Bruchteil einer Sekunde ein Messer zu ziehen und mir die Kehle durchzuschneiden?" Einiges davon hatte mit der Lebensweise zu tun, der ich nachging und der Art von Personen aus dem niederen Milieu, die man an einigen Orten findet, zu denen ich gehe. Aber ich glaube nicht, daß ich jemals in meinem Leben einen Kampf angefangen habe (einen Präventivschlag auszuführen bedeutet nicht, einen Kampf anzufangen, aber wir werden später darauf noch genauer eingehen). Warum also geriet ich in so viele Kämpfe hinein?
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Nach einiger Zeit konnte ich mir selbst nicht mehr einreden, daß all diese Angriffe einfach Zufälle waren. Es schien mir so, als ob ich etwas getan hätte, daß, zumindest teilweise, dazu führte, daß diese Scheiße passierte. Schließlich schienen diese Angriffe aus dem Nichts zu kommen, völlig ohne Vorwarnung und ohne Grund. Ich begann, nach Anhaltspunkten zu suchen, in dem ich auf all die Umstände blickte, die Angriffen vorangingen. Nun, ich fand diese Anhaltspunkte und als ich später in meinem Leben als Rausschmeißer arbeitete, entdeckte ich sogar noch mehr Anhaltspunkte, die einem Angriff vorausgehen. Eines der Dinge, die ich mir klarmachte, war, daß eine Menge der Blitzkriegsangriffe, denen ich mich ausgesetzt sah, tatsächlich das Ergebnis davon waren, daß ich zu viel Spaß hatte. Hört sich wie eine verdrehte Logik an, aber ich weiß in meinem Innersten, daß es stimmt. Leute, die andere in einer Kneipe oder auf der Straße angreifen, tun dies, weil sie Schmerzen empfinden. Ich spreche von einer Art von seelisch-quälendem Schmerz, nicht von dem nach einem eingeklemmten Finger in einer Autotür. Dieser Schmerz wird mit ihnen ständig herumgetragen, und er äußert sich in einem aggressiven oder selbstzerstörerischen Benehmen, wenn die richtigen Auslöser auftauchen. Ich mag es, Spaß zu haben und tue dies bei jeder möglichen Gelegenheit. Daß ich offenkundig solch eine gute Zeit hatte, war der Auslöser, auf den einige meiner Angreifer reagierten wenn sie mich angriffen. Laß uns zurückkehren zu dem vorher beschriebenen Messerangriff. Der Typ wählte mich aus all den Leuten in der Bar aus, weil es so schien, als ob ich den meisten Spaß hatte. Als er mich ansah, sagte irgendwo in seiner gestörten Psyche eine kleine Stimme: „Schau Dir diesen Scheißtyp an. Er glaubt, ihm gehört die ganze Welt. Er fühlt nicht so wie ich den Schmerz. Er hat keine Ahnung, was Schmerzen wirklich sind. Nun, ich werde ihm zeigen, was echter Schmerz ist." Was hätte ich tun können, um diesen Angriff zu vermeiden? Ich hätte meiner Umgebung einfach mehr Beachtung schenken können. Mit anderen Worten: Ich hätte die Aufmerksamkeit entwickeln können, um Beobachtungen zu machen, und das Wissen, um sie zu beurteilen. Hätte ich dies damals verstanden, würde ich den Typ längst entdeckt haben, bevor er auch nur seinen Angriff hätte starten können. DER HINTERHALT Ein Sergeant der U.S.-Marines sagte einmal zu mir: „Der Gegner wird am besten durch einen Hinterhalt angegriffen." Glaub mir, dieser Typ wußte, worüber er sprach und war einer der härtesten Männer, denen ich jemals begegnet bin (übrigens gibt es da einen gewaltigen Unterschied zwischen „hart" sein und einfach hinterhältig" zu sein). Die Sache ist die, daß der Straßenkämpfer - und insbesondere der Überraschungsschläger - diesen Grundsatz über den Hinterhalt ebenfalls versteht. Die häufigste Art des Angriffs, der Du begegnen wirst, wird der in Form eines Hinterhalts sein. Der Hinterhalt erfordert den Überraschungsmoment. In dem Du wachsam bist, kannst Du dieses Element eliminieren, und ohne Überraschung gibt es keinen Hinterhalt. Dies bedeutet sehr oft, daß es zu keinem Kampf kommt. Kein Kampf bedeutet, daß Du, aufmerksam und in Kontrolle Deiner selbst, eine weitere mögliche „Einladung" zu den vorher erwähnten Katastrophen (Gefängnis, Friedhof,
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Krankenhaus) erkannt hast und dadurch in der Lage warst, diese abzulehnen. Kein Kampf bedeutet: „Du gewinnst." Wenn Du einen Kampf auf diese Weise gewinnst, hast Du Deinen Gegner sogar noch viel deutlicher besiegt, als wenn Du sein Gesicht zu einer Himbeermarmelade geschlagen hättest. Weißt Du, auf diese Weise hast Du seinen Geist besiegt. Du hast ihm den Spiegel vors Gesicht gehalten und ihm seine Schwäche gezeigt. Er wollte nicht wirklich mit Dir kämpfen - er wollte Dir einen Hinterhalt legen. Er war nicht selbstbewußt genug, Dich auf eine andere Art und Weise zu bekämpfen. Er wollte eine Freifahrt haben. In Wirklichkeit sagte ihm Deine Aufmerksamkeit: „Es mag nicht so funktionieren wie gedacht, Schwanzgesicht, und egal wie es auch ausgehen mag, es wird Dir einiges an Schmerz und Verletzung kosten." Ein Typ, der Dich für einen Hinterhalt abschätzt, ist sich äußerst bewußt über jede Deiner Bewegungen. Sieht er erst einmal, daß Du wachsam bist, weiß er, daß seine Gelegenheit für einen Angriff verloren gegangen ist. Der Schleimscheißer muß sich nun fragen, ob er wirklich mit Dir kämpfen will. In den meisten Fällen, wenn er in den „Spiegel" blickt, den Du ihm vor sein Gesicht hältst, weiß er, daß er es nicht will. Wenn ich aufmerksamer gewesen wäre, hätte ich die Absicht des Messerstechers lange bevor er nah mit der Klinge an mir dran war erkannt. Falls ich ihn entdeckt und sichergestellt hätte, daß er wußte, daß ich auf ihn aufmerksam geworden war, würde dies der Wahrscheinlichkeit nach die einzige Selbstverteidigungstechnik gewesen sein, die ich überhaupt benötigt hätte. Glaub mir, dies ist die beste Methode, um mit einem Hinterhalt fertig zu werden. Du mußt beobachten und aufmerksam sein. Dies erfordert von Dir, daß Du Dich selbst unter Kontrolle hast. Laß uns nun diese Idee des „in Kontrolle Deiner selbst sein" untersuchen. EINE STRATEGIE JUGENDLICHER Bevor ich es besser lernte, bemerkte ich manchmal jemand, wie er mich abschätzte, vielleicht denkend, daß ich „zu viel Spaß" hatte, und ich wollte es einfach hinter mich bringen. Ich wußte, sobald die Konfrontation vorüber war, daß ich auf eine niedrigere Alarmstufe heruntergehen konnte, was es einfacher macht, eine gute Zeit zu haben. Ich ging direkt zu dem Typ rüber und stellte dabei sicher, daß meine beiden Hände in Sicht waren. Dann blickte ich ihm direkt in die Augen und, dabei die ganze Zeit über lächelnd, sagte so etwas wie: „Sag mal, ich bemerke, daß Du mich ziemlich genau beobachtest. Ich weiß, daß ich ein verdammt gut aussehender Kerl bin. Du bist doch nicht schwul, oder? Ich meine, ist es so, daß Du gerne Schwänze lutschst oder was?" Diese Art der Diplomatie brachte die Sache genau hier und jetzt zu einem schnellen Ende. Der Typ würde entweder sofort losschlagen oder würde völlig überrascht sein und nicht wissen, ob er wegrennen, sich bescheißen oder blind werden sollte. Selten würde der Typ nach dem anfänglichen Erstaunen einfach anfangen zu lachen. Dies war immer die spaßigste Antwort für alle beteiligten Parteien. Falls er lachte, ging ich ein wenig zurück mit einer Bemerkung wie: „Ich habe nur versucht, irgendwelche blödsinnigen Zwischenfalle für mich abzuwenden, Mann, oder
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andernfalls einfach die Sache hinter mich zu bringen, aber ich sehe, Du hast auch keine Angst vor mir." Ich würde trotzdem seine Hände im Blickfeld haben, für jeden möglichen Angriff alarmiert bleiben, und ich würde nicht lange genug dort herumhängen, falls er seine Meinung ändert. Jetzt stell Dir den Typ vor, der sofort losschlägt. Er hätte keine Kontrolle über sich selbst. Ich hätte ihn unter Kontrolle. Es ist nicht all zu schwer, einen Angriff zu vermeiden, der auf Deinen Befehl hin losgeht. Der Typ hätte also wirklich keine große Chance. Es war fast so, als ob man dasteht und sagt: „Ich glaube, ich bin jetzt bereit. Laß uns mal einen rechten Haken sehen. Okay, los!" Es war so einfach, so als ob man auf einen Knopf drückt. Denk mal nach - welches sind Deine „Auslöserknöpfe"? Was kann Dich dazu bringen, automatisch loszuschlagen? Identifiziere diesen Scheiß und nimm diese Waffen aus den Händen Deines Gegners. Erkenne Versuche, Dich zu kontrollieren und wehre sie jedesmal dadurch ab, daß Du Dich selbst unter Kontrolle hast. Als ich diese „Lutschst Du gerne Schwänze oder was"-Taktik einsetzte, war es für eine Zeit lang gewissermaßen spaßig. Aber es verursachte wahrscheinlich einige unnötige Schlachten. Wenn ich darauf zurückblickte, erlaubte ich es noch immer, daß ich selbst von dieser Halbstarkenidee, „Macho" zu sein, kontrolliert wurde. Vergiß nicht, daß weder Du noch ich uns diese Machoscheiße ausgedacht haben. Jemand hat es uns verkauft, so wie sie Waschmittel oder Religion verkaufen. Marc „Animal" MacYoung beschreibt dieses kleine Machospiel ziemlich treffend als „Mein Schwanz ist größer als Dein Schwanz" in seinem Buch Billige Tricks, Hinterhalte und andere Lektionen (ISBN 3-933253-06-3; erhältlich vom MichaelKahnert-Verlag und sehr lesenswert). Wenn Du dies erkennst und über diese Machomentalität hinausgehst, wirst Du den ersten Schritt in eine größere Welt gemacht haben. Es ist ein großer Schritt; und das ist der Grund dafür, warum kleinere Männer nicht in der Lage sind, ihn zu verwirklichen. Ich arbeite noch immer ständig an mir selbst daran. FALLBEISPIELE Ich habe einen guten Freund, Crazy Joe Reynolds, der sagte: „Gib einem faulen Mann eine harte Arbeit und er wird einen einfachen Weg finden, um sie zu erledigen." Als Rausschmeißer in einer Bar zu arbeiten war eine harte Arbeit, und ich fand, der einfache Weg, um sie zu erledigen, war durch Aufmerksamkeit. Es war um einiges einfacher, einen Kampf zu stoppen, noch bevor er anfing, als ihn zu unterbinden, wenn schon die Fetzen flogen. Ich erlernte, einen herankommenden Hinterhalt meilenweit voraus zu erkennen und ihn zu entschärfen, bevor er sich ereignete. Du kannst ebenfalls lernen, diese Aufmerksamkeitstechniken einzusetzen. Falls Du es tust, wirst Du Dir einen großen Vorteil über die meisten der möglichen Angreifer verschaffen. Der durchschnittliche Kneipenschläger scheint nicht in der Lage zu sein, einen Hinterhalt aufzubauen, ohne vorher eine Vielzahl von Anhaltspunkten preiszugeben. Unglücklicherweise ist das Lesen dieser Anhaltspunkte zum größten Teil das Ergebnis von Erfahrung, und es ist ziemlich schwierig, sie in Worten zu vermitteln. Du mußt lernen, sie selbst zu erkennen. Behalte im Gedächtnis; daß es nicht bloß eine einzige Sache ist, die der Typ macht; es ist eine komplexe Kombination aus
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Körpersprache, Augenbewegungen, Gesichtsausdrücken usw. All diese Dinge führen zu einer „Hinterhaltsplannung", und sie identifizieren das beabsichtigte Opfer. Eine der Sachen, die meinen Hintern in der Kneipe rettete, war das ständige Scannen von jedermann um mich herum. Du kannst und mußt erlernen, dies auf einem unterbewußten Niveau in solch einer Art und Weise zu tun, daß noch nicht einmal jemand bemerkt, daß Du es tust. Dies ist das Zen-Konzept des „alles sehen und nichts sehen". Es bedeutet, daß Du niemals zuläßt, daß sich Dein volles Bewußtsein auf eine einzige Sache konzentriert, sondern daß Du Dir ständig allem bewußt bist. Die erste und wichtigste Sache ist, Hände abzuchecken. Wenn Du nicht die Hände von jemand sehen kannst, sollte Deine Wachsamkeit um eine Stufe heraufgehen. Er könnte ein Messer, einen Stock oder eine Schußwaffe verbergen. Ohne Scheiß, Leute, diese Aufmerksamkeit auf die Hände hat mein Leben gerettet. Sie könnte auch Deins eines Tages retten. Ein weiterer, wichtiger Teil der Anatomie sind die Augen. Erlerne, „harte Blicke" vom anderen Ende des Raums zu erkennen. Dies ist leichter, wenn diese harten Blicke auf jemand anderen neben Dir gerichtet sind. Es kann sehr nützlich sein, einen Typ zu beobachten, der nicht denkt, daß er beobachtet wird, insbesondere, falls er einen Hinterhalt ausheckt. In den meisten Fällen wird er ziemlich offensichtlich darin sein. Auch solltest Du sehen, daß irgendwo in dem Gehirn der Kröte er tatsächlich Angst hat. Er mag seinen Mut für den Angriff aufbauen. Lerne, Angst zu riechen und erkenne, daß auch Dein Gegner sie an Dir riechen wird. Laß mich Dir ein typisches Beispiel aus meiner Zeit als Rausschmeißer geben. Ich gehe an der Theke entlang; die meisten Leute haben mir ihren Rücken zugewandt und trinken. Zu meiner Linken sind Leute an Tischen; manchmal kommen Leute, die sich der Theke nähern. Hier ist, wie mein unterbewußter Verstand in dieser Situation arbeitet: „VERTEIDIGUNGSSTUFE 2 (zweithöchste Verteidigungsstufe der Aufmerksamkeit) scheint in Ordnung zu sein. ACHTUNG, nochmals links scannen; kann die Hände nicht sehen. Achte auf mögliche Waffe. Mann hat Bier in anderer Hand, Gesicht scheint normal zu sein. Okay, Hand jetzt sichtbar. Auf der rechten Seite, Mann dreht Körper von der Bar weg auf mich zu, beide Hände sichtbar. Heimtückischer Typ von rechts, nähert sich der Theke, offenbar auf Abfangkurs. Anhalten und seinen Rhythmus durcheinanderbringen. ACHTUNG, an der Zeit, um nach hinten zu scannen, niemand nähert sich. ACHTUNG, lautere Stimmen vom anderen Ende des Raums, möglicherweise scharfe Worte. Scannen, negativ; nur lautes und ausgelassenes Benehmen. Keine Angriffs- oder Hinterhaltsanzeichen werden gezeigt." Verstehst Du? Denk daran, dies ist keine Paranoia. Du brauchst keine negativen Gedanken einzusetzen, um wachsam zu sein. Du mußt jedoch die Technik üben. Du kannst überall üben: auf der Arbeit, während Du Auto fährst, in Restaurants. Die grundlegendste Übung für die Entwicklung dieses Scanvermögens (welches Du schließlich zumindest bis nahe an ein unterbewußtes Niveau heran entwickeln mußt) mag „Was hat sich jetzt verändert?" genannt werden. Du machst wahrscheinlich nahezu jeden Tag eine Fahrt oder einen Spaziergang an den selben Häusern vorbei. Dir fallen wahrscheinlich auch keine Veränderungen in der Umgebung auf, aber tatsächlich ist sie nahezu niemals genau die selbe von einem Tag zum anderen.
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Beobachte und bemerke die Veränderungen: Gardine offen, Gardine halb offen, Gardine geschlossen; Licht an, Licht aus; Auto in der Einfahrt, Auto jetzt weiter unten in der Einfahrt geparkt, kein Auto in der Einfahrt, anderes Auto in der Einfahrt, zweiter Tag, an dem der Wagen sich nicht aus der Einfahrt bewegt hat. Du verstehst, was ich meine. Eines Tages mag eine dieser kleinen Beobachtungen lebenswichtig für Dich sein. Auf jeden Fall entwickelst Du damit Deine Aufmerksamkeitsfertigkeiten. Du kannst einen Hinterhalt nicht vermeiden, solange Du ihn nicht herankommen siehst. Dies ist der Grund dafür, warum Du die Angewohnheiten einer wachsamen Person entwickeln mußt. Wenn Du wirklich wachsam bist, siehst Du Dinge klarer und verstehst sie daher tiefgreifender. Du siehst die Sinnlosigkeit in sinnlosen Konflikten wie Kneipenschlägereien oder Straßenkämpfen. Du siehst ebenfalls, daß dieser Blödsinn in den meisten Fällen vermeidbar ist, falls Du den Willen hast, ihn zu vermeiden. Da es im Knast oder auf dem Friedhof keine Muschi gibt, solltest Du diesen Willen finden. Jetzt lies diesen letzten Absatz noch einmal (wahlweise mit Kung Fu-Flötenmusik im Hintergrund gespielt). Ich meine ernsthaft jedes Wort darin. Ich begann mein Leben nicht mit diesem Wissen - ich mußte dafür bezahlen. Ich bezahlte dafür eine verdammte Menge mehr als Du für dieses Buch, also ziehe einen Vorteil aus diesem Sonderangebot.
EINIGE GRUNDLEGENDE ELEMENTE DER VERMEIDUNGSTAKTIKEN Wie ich aufgezeigt habe, ist der Hinterhalt die häufigste Angriffsstrategie. Und einfach zu bemerken, daß der mögliche Hinterhaltleger Dich beobachtet und ihn erkennen lassen, daß Du es bemerkt hast, wird den Angriff häufig entschärfen. Manchmal allerdings wirst Du den Hinterhaltleger direkt konfrontieren müssen. Auch werden Dich einige dieser Schwachköpfe tatsächlich zuerst austesten für einen möglichen Hinterhalt. Dies mag ein Herantreten an Dich beinhalten (Du kennst diesen Typen nicht; Scanstatus ist jetzt VERTEIDIGUNGSSTUFE 3) und damit anfangen, irgendwelchen verbalen Scheiß anzufangen, um zu sehen, ob Du gut für ein Weghauen bist. Erneut habe ich keine „immer funktionierende" Taktik, aber jede Strategie, die für mich funktionierte, beinhaltete die folgenden Elemente. Hier sind einige Punkte zum Inbetrachtziehen für die Entwicklung Deines eigenen Vermeidungsstils.
Zeig keine Angst Übermittel dem möglichen Angreifer, daß Du keine Angst vor ihm hast. Dies wird am besten nonverbal gemacht. Beispiel: Ich sitze am Küchentisch auf der Party eines Freundes (Bikerparty). Ein Fremder - ziemlich groß, volle Bikerbekleidung, Joint im Mundwinkel - setzt sich mir gegenüber hin und sagt: „Ich mag Dich nicht. Ich finde, Du solltest nicht hier sein." Ich blickte ihm direkt in die Augen, griff mir den Joint aus seinem Mund, nahm einen Zug, blies ihm den Rauch in sein Gesicht und antwortete:
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„Menschenskind, tut mir aber leid, das zu hören." Dann gab ich ihm den Joint zurück. Hört sich an wie aus einem billigen Hollywoodfilm, hat sich aber tatsächlich genauso abgespielt. Meine Frau saß mit mir an dem Tisch und fragte: „Warum suchte er Dich aus? Wir saßen doch bloß hier." Ich wußte warum, denn ich war mir meiner Umgebung soweit bewußt zu dem Punkt, daß ich erwartete, daß irgendein Scheißkopf diese Art von Trick versuchen mag. Weißt Du, für diesen Typ trug ich nicht die richtigen Klamotten - keine abgeschnittene Jeansjacke oder Ledersachen, Harley Davidson-Gürtelschnalle, Bikernieten und so weiter. Dennoch schien ich mich trotzdem völlig wohl auf dieser Party zu fühlen. Dies paßte nicht in das Weltbild dieses Typs. Ich war ein „Zivilist", und Zivilisten können nicht mit Bikern feiern. Wieder einmal hatte ich für diesen Typ zuviel Spaß. In dem er sich so hinsetzte und seine kleine Rede hielt, dachte sein kleines Schwachkopfhirn: „Ich werde es diesem Typ ungemütlich machen." Falls er Furcht sieht, würde er sich versichert haben, daß ich ein guter (soll heißen: sicherer) Kandidat für ein Weghauen sein würde. Siehst Du, daß dies bloß eine weitere Form des Hinterhalts ist? Der Biker war so besorgt darüber, sich mit dem falschen Typen anzulegen, daß er mich tatsächlich zuerst „interviewen" mußte, um zu sehen, ob es sicher war, anzugreifen. Alles, was Du in den meisten Fällen zu tun hast, ist, daß Interview richtig zu handhaben. Eine weitere Methode, um sie erkennen zu lassen, daß Du keine Angst hast, ist, den „verrückten Mann" zu spielen. Ich habe gelesen, daß sogar die Apachen Angst davor hatten, sich mit verrückten Leuten anzulegen. Falls ein Typ mit Dir herummacht, bekomme einen totalen Berserkerblick in Deinen Augen, atme wirklich absichtlich bewußt und tief, und sage etwas wie: „Ich weiß, warum sie Dich geschickt haben. Sie glauben, daß ich Dich nicht erkennen werde, weil sie Dein Gesicht verändert haben. Aber ich sehe, daß Du es bist. Sie glauben, ich sei verrückt und sie können mich hereinlegen, aber das können sie nicht." Dann stehst Du auf, zeigst auf ihn und schreist für jedermann um Dich herum hörbar: „Seht! Er ist zurückgekommen! Sie haben ihn wieder hergeschickt! Sie haben ihn anders aussehen lassen! Aber ich weiß, wer er ist!" Jedesmal, wenn ich diese Technik eingesetzt habe, machten die Aggressoren grundsätzlich total auf Panik und wollten nur noch weg von mir kommen. Manchmal würde einer meiner Kumpels, der meine Show schon mal zuvor gesehen hat, lachen und mich fast verraten. Weißt Du, ich bin nämlich nicht wirklich verrückt...aber ich weiß, wer Du bist!
Strahle Selbstsicherheit aus Dies ähnelt dem Keineangstzeigen, geht aber ein bißchen weiter. Das Ziel ist, den Typ erkennen zu lassen, daß Du keine Angst vor ihm hast, weil Du vollkommen sicher bist, daß er derjenige sein wird, der zusammengetreten wird, falls er angreift. Dies ist ein bißchen haariger als einfach keine Angst zu zeigen und erfordert etwas Vorstellungskraft. Beispiel: Ich bin in dieser Kneipe in New Mexico abgestiegen auf einer ausgedehnten Motorradtour durch den Südwesten, habe eine gute Zeit, als ich, mir
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bewußt, daß ich solch eine gute Zeit habe, ein paar harte Blicke auf mir spürte. Ich wäre normalerweise einfach gegangen, hatte aber abgemacht, einen Kumpel dort zu treffen, damit wir nach Kalifornien düsen und die Route 1 die Küste rauf nach Oregon fahren konnten. Ich war dazu entschlossen, diesen Drecksack nicht meinen Trip beeinflussen zu lassen. Ich wußte, falls er versuchte, mir einen Hinterhalt zu legen, daß ich zumindest eine Nacht in der Zelle verbringen würde, anstatt unter dem offenen Wüstenhimmel, sich auf eine weitere großartige Fahrt mit einem guten Kumpel freuend. Ich entschied mich dafür, daß ich ihm dies erklären würde. Lächelnd ging ich zu ihm herüber, mit meinen Händen sichtbar, und setzte mich ihm direkt gegenüber an den Tisch. „Kennst Du mich, Mann?" fragte ich, ohne irgendeinen Ton der Aggression oder Konfrontation, jedoch fest, so daß deutlich wurde, daß ich eine Antwort erwartete. „Nein", knurrte er. „Wer zum Teufel bist Du?" Meine Antwort: „Ich bin eine Person, die versucht, drohende Gewalt zu erkennen und sie zu vermeiden. Weißt Du, Gewalt kann eine böse Sache sein." (Abwandlung der Vorgehensweise als verrückter Mann). „Wenn meine Freunde hier auftauchen, planen wir, auf eine nette Rundfahrt aus dieser kleinen Stadt heraus zu gehen." (Ich gab keinerlei Details über unsere Reiseroute, die ihm und seinen Begleitern erlaubt hätten, den Hinterhalt zu verlegen; ich fügte außerdem bewußt hinzu, daß mehr als ein Freund auftauchen würde). Ich fuhr fort: „Ich hoffe, ich liege falsch, aber ich glaube, Du planst, Dich mit mir anzulegen. Das könnte meinen Plänen in die Quere kommen, falls ich ins Gefängnis gehe, weil Du mich zu dieser dummen kleinen Schlacht gezwungen hast. Weißt Du, das würde meinen Trip vermasseln." An diesem Punkt begann der Typ, mit Worten streitlustig zu werden. Einige Leute, dieser Typ eingeschlossen, verwechseln Vernünftigsein mit Schwäche. Ich sagte ihm, daß, ganz egal, was auch sonst passiert, ich ihm seine Eier abschneiden würde, falls er meinen Trip vermasselt. Er trug ein Messer an seinem Gürtel; ich hatte keins. Ich fügte hinzu: „Und weißt Du was? Ich werde Dein verdammtes Messer dazu benutzen." Ich hatte nicht beabsichtigt, eine Drohung auszusprechen, da dies wirklich nicht mein Stil ist. Aber er machte es notwendig, als er versuchte, mich verbal kleinzumachen (manchmal auch als „aufs Blech hauen" bezeichnet). Wenige würden es erkannt haben, aber sein Lautwerden war seine Art, seine Bereitschaft zum Angriff aufzubauen (es ist gewissermaßen so wie ein Ferninterview). Dies ist der „heiße" Teil des Interviews. In dem ich ihm sagte, daß ich ihm sein Eier mit seinem eigenen Messer abschneiden würde, hatte ich den Einsatz erhöht. Zusätzlich mußte er erkennen, daß ich seine Klinge bemerkt hatte und keine Angst vor ihm hatte. Weiterhin deuteten meine Bemerkungen an, daß Freunde von mir jeden Augenblick eintreffen würden, was erneut den Einsatz erhöhte. Kannst Du sehen, warum ich bei seinem Interview als Hinterhaltskandidat versagte? Nun hör zu. Ich glaube nicht, daß ich irgendeine der Situationen in den vorherigen Beispielen auf ideale Art und Weise gehandhabt habe. Aber sie verhinderten zwei Kämpfe durch ein Erkennen und Entschärfen eines Hinterhalts. Konfrontiere eine Person nicht, solange Du nicht absolut sicher bist, daß sie beabsichtigt, Dir einen Hinterhalt zu legen und Du von der Logik der Situation (nicht vom Machomanndenken) her überzeugt bist, daß es Deine beste Überlebensstrategie ist. In beiden vorherigen Fällen war es das, was ich damals fühlte. Aber ich erkenne, daß
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die Einstellung des zweiten Mackers einen meiner verbleibenden „Macho"Einschaltknöpfe bis zu einem gewissen Punkt einschaltete. Scheiß drauf, niemand ist perfekt. Aber die nächste Technik, im folgenden beschrieben, trifft den Nagel voll auf den Kopf. Alarmiere den Besitzer Dies ist wirklich wichtig. Falls Du einen möglichen Hinterhalt ausfindig machst, such Dir jemand, der ein Angestellter der Örtlichkeit ist. Idealerweise wird dies der Türsteher oder Rausschmeißer sein, aber der Barkeeper wird auch ausreichen. Informiere diese Person, daß Du glaubst, daß der Typ dort drüben (zeige deutlich auf ihn) versucht, einen Kampf mit Dir anzufangen, daß Du nicht wünschst, in irgend solch einen Bockmist hineingezogen zu werden, und frage ihn, ob er Dir helfen kann. Sage nichts wie: „Siehst Du das Stück Scheiße dort drüben? Er legt sich mit mir an, und falls er mich anfaßt, werde ich den Hurensohn umbringen!" Erstens hast Du gerade damit gedroht, jemand in dem Geschäft dieses Typs zu töten. Dies identifiziert Dich als Unruhestifter. Falls Du mit einem Rausschmeißer sprichst, ist dies genau das, wofür er bezahlt wird, es zu verhindern. Rausschmeißer mögen keine Leute, die für sie die Arbeit erledigen. Zweitens und möglicherweise wichtiger ist, daß Deine kleine Machoerklärung gerade eben den örtlichen stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt mit dem Eingeständnis eines Vorsatzes versorgt hat. Falls Du mit diesem Typ zu kämpfen hast und er getötet wird, hast Du Dir jetzt selbst die ernsthaftere Form einer Mordanklage eingehandelt. Selbst wenn er nur ernsthaft verletzt wird: Wenn die Polizei den Angestellten befragt, dem gegenüber Du diese Aussage gemacht hast und ich garantiere, daß sie es tun werden - wird seine Aussage den Bezirksstaatsanwalt um einiges mehr darauf brennen lassen, Deinen Hintern dafür für eine lange Zeit zu rösten. Du weißt schon, so wie in „Leben in der Hölle", worüber wir weiter vorne gesprochen haben. Gib Deinem möglichen Angreifer einen ehrenvollen Ausweg Unternimm nichts, was den Typ denken lassen muß: „Ich muß jetzt gegen diesen Bastard losschlagen, andernfalls wird/werde/n er/sie/ich (wähle eines davon) denken, daß ich ein Waschlappen bin." Gib ihm einen Ausweg, der ihn nicht demütigt. Erlaube ihm, sein Gesicht zu wahren. Eine offensichtliche Erwägung hierbei ist, daß der Typ um einiges empfindlicher sein wird darüber, sein Gesicht zu verlieren, falls er in Hörweite seiner Begleiter ist. In den vorherigen Beispielen waren die Typen, die mich belästigten, anscheinend allein. Niemand konnte hören, worüber wir sprachen. Sie machten mich auch ein wenig ärgerlicher (ein weiteres Gesicht der Angst, wie Du siehst) als die Person in dem nächsten Beispiel. Beispiel: Ich sah mich einmal diesem Typ gegenüber, der bei seinen Kumpels stand und mich anmachte. Ich war auf der Durchreise, sie waren ortsansässige Stammkunden in dieser Kneipe. Ich nehme an, ich werde jetzt etwas mehr Schundpsychologie auf Dich loslassen. Ganz egal, was das Problem ist, es geht immer um etwas Dummes und Unbedeutendes. Es ist niemals wirklich die 22
Beleidigung, sei sie real oder eingebildet; es ist der geistige Schmerz, der diese Typen motiviert. Dieser Typ schikanierte mich und verdarb mir meinen Spaß, weil, Du hast es erraten, ich mich mal wieder zu sehr amüsierte. In diesem Fall stand mein prachtvoller Chopper draußen, voll bepackt für einen ausgedehnten Ritt, und mein Herumtollen mit den jungen Bräuten machte ihn sauer. Er fühlte sich wahrscheinlich gefangen, während er mich als frei ansah. Der Typ stand kurz davor, volltrunken zu sein, sowohl körperlich als auch geistig. Seine Kumpels waren in einem etwas besseren Zustand, und ich glaube, sie warteten darauf, daß dieser Typ mich zu weit trieb, damit sie beobachten konnten, wie ihm in den Arsch getreten wird. Ich denke nicht, daß sie irgendwelche Absichten hatten, ihm zu helfen, falls er einen Kampf anfing. Ich für meinen Teil befürchtete, daß er schließlich seine Hände an mich legen würde und ich meine Ruhe verlieren und ihn weghauen würde. Meine Taktik war bis zu diesem Zeitpunkt gewesen, ihn zu ignorieren. Aber er ließ nicht locker. Schließlich drehte ich mich herum, zeigte mit meinem Finger direkt auf ihn und sagte: „Du, komm her." Ich ging dann zurück zu einem Tisch abseits von seinen Freunden, an dem niemand saß. Ich wußte, daß er mir folgen mußte, weil all die anderen meine „Herausforderung" klar und deutlich gehört hatten. Falls er mir nicht an den Tisch folgen würde, riskierte er, vor den anderen als Feigling bezeichnet zu werden (Ich hoffe, Du siehst erneut, wie einfach es ist, Leute zu kontrollieren, die unter Machowahnsinn leiden.). Ich konnte seine Angst sehen und riechen, als er an den Tisch herankam. Ich saß; er blieb stehen. Grundsätzlich sagte ich ihm, daß es da zwei Möglichkeiten gab, wie wir dies regeln konnten: Er könnte mit seinem Scheiß fortfahren, in welchem Falle ich kurz darauf anfangen würde, seinen Kopf auf die Kante der Theke zu knallen, oder er könnte zustimmen, mit seinen Beleidigungen aufzuhören und ich würde zustimmen, zu seinen Freunden hinüberzugehen und ihnen sagen, daß ich mich entschuldigt habe für meine Bemerkung (ein vorausgegangener, fehlgeschlagener Versuch, das Lärmschlagen des Typs im Keim zu ersticken). Ich erklärte ihm, daß ich sehr böse sein würde, falls er mein Entschuldigungsangebot annahm und dann auch nur noch eine weitere Beleidigung ausstieß. Kurz und knapp erklärte ich ihm, wie ich mit Leuten umging, die ihre Abmachungen mit mir brachen und die mich sehr sauer machten (erneut sehen wir ein bißchen von der Strategie des verrückten Mannes). Er schien scheinbar unfähig zum Sprechen zu sein, also sagte ich ihm, daß ich dies als Zustimmung zu meinem Angebot ansah, erinnerte ihn: „Denk daran, falls Du diese Abmachung brichst..." und so weiter. Ich fragte ihn dann nach seinem Namen und er gab ihn mir. Ich stand auf und ging hinüber zu den Typen, bei denen er gestanden hatte. Als ich zu den anderen Typen herüberging, war ich ein wenig überrascht von dem, was ich als ihre Alarmierungsstufe empfing. Sie schienen auf VERTEIDIGUNGSSTUFE 3 zu sein. Ich sagte ihnen, daß ich versuchte, jede Art von Auseinandersetzungen zu vermeiden, und daß ich mich bei Russ für meine vorherige Bemerkung entschuldigt hatte. Ich hatte mir ein paar Worte zurechtgelegt, die sie hätten wissen lassen, daß man sich nicht mit mir anlegt (erinnere Dich daran, daß manche Leute Vernünftigsein mit Schwachsein verwechseln). Ich konnte jedoch in ihren Gesichtern sehen, daß solche Anmerkungen unnötig waren.
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Russ hielt sich an seinen Teil der Abmachung. Er konnte sich als Macho fühlen oder hatte sich zumindest vor „den Jungs" reingewaschen. Mir blieben weitere seiner verbalen Beschimpfungen erspart, ich brauchte nicht auf ihn einzuhämmern und mußte nicht mit den daraus entstehenden Konsequenzen fertig werden. Wie immer informierte ich den Besitzer darüber, daß ich versuche, Ärger zu vermeiden, aber erzählte ihm nichts von den Einzelheiten der Abmachung. Nun denk über folgendes nach. Warum war ich in der Lage, diese Vorgehensweise zu verfolgen? Hauptsächlich deswegen, weil ich mich selbst und mein möglicher Gegner sich nicht unter Kontrolle hatte. Aber laß es uns noch gründlicher betrachten. Ich hatte noch mehr Kontrolle über mich selbst als ich es normalerweise gehabt haben mag, weil dieser Betrunkene keine Bedrohung für mich darstellte. Er war es nicht, über den ich mir Sorgen zu machen brauchte; ich war es und das, was passieren könnte, falls er mich zum Ausrasten bringt. Angenommen der Typ wäre ein 1,95 m großer, 105 Kilo schwerer Muskelprotz anstatt ein heruntergekommener Betrunkener gewesen? Falls es so wäre, weiß ich, daß es ein bißchen schwerer gewesen wäre, meine Strategie einzusetzen. Warum? Weil er viel wahrscheinlicher geglaubt hätte, daß ich ein Feigling bin! Du solltest über diese Dinge etwas nachdenken, bevor Du in einen dieser „Wessen Schwanz ist größer"-Wettbewerbe in Kneipen hineintrittst. Es wird Dir erlauben, klarer zu denken. Letzten Endes solltest Du erkennen, daß hinter all der Machophantasie keine Logik steckt. Entweder Du kontrollierst sie (und damit andere, die unter ihrem Einfluß stehen), oder sie kontrolliert Dich, und auch andere werden es tun. Jetzt lies diesen Absatz noch einmal durch und laß es richtig einsickern. Das vorherige Beispiel ist für mich als Fall einfach auszuwählen, weil er mir im Gedächtnis geblieben ist. Dies mag sich für manche Leser als ein bißchen verrückt anhören, aber ich fühlte mich gut, die Situation auf diese Art und Weise geregelt zu haben. Ich fühlte mich gestärkt, so als ob ich die ganze verdammte Show leitete. Irgendwie wußte ich, daß es da eine Stufe geben mußte, auf der selbst dieses Gefühl übersteigert ist, aber wie ich schon sagte, was soll's, niemand ist perfekt. Deinem möglichen Gegner einen ehrenvollen Ausgang zu lassen, muß erreicht werden, ohne irgendeine der vorherigen Regeln zu verletzen. Dies bedeutet, Du kannst Deiner Schaffung eines ehrenvollen Auswegs nicht erlauben, mit Angst verwechselt zu werden. Auch kannst Du ihm nicht erlauben, ausgelegt zu werden als ein Mangel an Selbstvertrauen in Deine Fähigkeiten, Deinen Gegner zu verletzen. Ich werde es nochmals sagen: Diese Typen sind wie Haie. Sie riechen Angst so wie Haie Blut im Ozean riechen. Häufig werden sie wie dieser Hai reagieren - indem sie angreifen. Mut ist nicht wirklich die Abwesenheit von Angst. Denk hierüber nach: Ohne Angst kann es keinen wirklichen Mut geben. Mut bedeutet, einen Grad an Angst zu spüren und ihn dann zu überwinden und dadurch so zu funktionieren, als ob es da keine Angst gäbe. Jeder hat diesen Mut in sich. Erinnerst Du Dich noch an Der Zauberer von Oz?
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DER ERFAHRENE KÄMPFER Ich behaupte nicht, irgend etwas von diesem Scheiß hier gemeistert zu haben, aber ich bin seit Jahren nicht mehr in einen echten Kampf geraten, und das hatte nichts mit fehlenden Gelegenheiten oder Einladungen zu tun. Leute können mich nicht mehr einfach auf ihren Befehl hin zum Kämpfen bringen. Ich werde nur kämpfen, wenn es absolut keinen Ausweg mehr gibt. Ich glaube gerne daran, daß man mich nicht zum Kämpfen wegen Lappalien, Ego, falschem Stolz oder derartigem bringen kann. Behalte dieses Konzept im Kopf, denn wir werden später noch mehr darüber sprechen. Alle der gefährlichsten Kämpfer, die ich kenne (jedenfalls diejenigen, die keine Verrückten sind) sind auf die eine oder andere Art und Weise zu dieser psychologischen Schlußfolgerung gekommen. Du möchtest jede Art von körperlichen Auseinandersetzungen mit diesen „gefährlichsten" Leuten vermeiden. Erkenne rechtzeitig, wenn Du eine solche Person belästigst. Falls Du ihn dazu zwingst und ihm keinen Ausweg läßt (oder er Grund zu der Annahme hat, daß er in solch einer Situation ist oder direkt auf sie zusteuert), dann wirst Du sterben. Mach nicht den tödlichen Fehler, dies mit einem Ausdruck von Machobenehmen zu verwechseln. Das ist es nicht. Machismo ist eine künstliche Sache; dies ist eine sehr reale Sache. Solch eine Person oder ihre Familie anzugreifen oder selbst nur so zu tun als ob, ist eine Schnellfahrkarte ins Leichenschauhaus. Im Leichenschauhaus wird Deine Leiche dann auf einer kalten Bahre aus rostfreiem Stahl liegen.
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Kapitel 2
DIE WIRKLICHKEIT DES KÄMPFENS In Kapitel 1 haben wir über das Konzept des emotionalen Schmerzes als eine Motivation für Angriffe gesprochen. Darüber hinaus versuchten wir zu identifizieren, wie dies die Mentalität des Hinterhaltlegers charakterisiert. Nachdem Du dies verstehst, kannst Du nun die lebenswichtige Rolle von Aufmerksamkeitstechniken schätzen lernen und wie sie Dir erlauben, einen Hinterhalt zu vermeiden oder zu entschärfen. Wegen der Auswirkungen, die entstehen können, wenn „Erwachsene" Schläge austauschen, sollten Aufmerksamkeit und Vermeidung Deine ersten und wichtigsten Verteidigungsstrategien sein. Deine beste Strategie, wenn jemand versucht, einen Kampf mit Dir anzufangen oder Dich in einen Hinterhalt zu locken, ist, einfach wegzugehen. Es gilt erneut, Leute nicht zu konfrontieren, solange Du nicht todsicher bist, daß sie Dich für einen Angriff abschätzen. Ebenso gilt, sie nur zu konfrontieren, wenn Du aus einem zulässigen Grund, der nicht auf Machodenken begründet ist, entschieden hast, daß Du den Ort des Geschehens nicht einfach verlassen kannst oder willst. DARSTELLUNG DES ÜBERRASCHUNGSSCHLÄGERS Keine Strategie ist jedoch perfekt, und kein Wahrnehmungsgespür ist absolut richtig. Konsequenterweise werden wir jetzt betrachten, wie man mit einem Angriff fertig wird, nachdem er Dir erst einmal aufgezwungen worden ist. Die wahre Grundlage für unsere Techniken und Verteidigungsstrategien basieren auf dem Wissen darüber, wie der Überraschungsschläger oder Straßenkämpfer am häufigsten angreift. Anders ausgedrückt: Kenne Deinen Gegner. Verstehe, wie er operiert, seine Stärken und seine lebenswichtigen Schwächen, die Du erlernen kannst und mußt, um sie auszunutzen. Laß uns zuerst einen realistischen Blick auf die Stärken des Überraschungsschlägers werfen. Selbstvertrauen Es gibt für alles ein erstes Mal, aber wenn Du einem Überraschungsschläger oder Straßenkämpfer gegenüberstehst, ist es sehr unwahrscheinlich, daß es für ihn das erste Mal ist. Er wird nicht jemand angreifen, solange er nicht ein nahezu totales Selbstvertrauen in den Sieg hat. Der Überraschungsschläger ist von Natur aus kein 27
sehr mutiger Mensch, dennoch ist sein Vertrauen in seinen Sieg sehr hoch. Ironisch, nicht wahr? Behalte im Kopf, daß Selbstsicherheit notwendig ist, um jede Technik in einem echten Kampf erfolgreich auszuführen. Dies kann ein schwaches Selbstvertrauen sein. Der Straßenkämpfer hat es es aber schon vor dem Kampf auf seiner Seite. Falls Du nicht vorbereitet bist, kann dies häufig ausreichend sein, um seinen Sieg festzulegen. Schließlich haben wir bereits festgestellt, daß sein grundsätzlicher Operationsmodus der Hinterhalt ist. Nun bedenke folgendes: Wenn eine Person angreift, ohne einen anderen Gedanken als den Sieg in ihrem Kopf zu haben, denkt sie nicht an Technik oder Taktiken. Sie denkt noch nicht einmal über das „Kämpfen" selbst nach. Sie greift an. In einem tieferen Sinne „ist" sie der Angriff. Dieses Konzept wird als Mushin oder „ohne Gedanken" in den Lehren der Kampfkünste bezeichnet. Es ist ein fundamentales Zen-Konzept, das sich auf den Geisteszustand bezieht, in dem es kein Zögern zwischen jemand seinen Absichten und seinen Aktionen gibt. Auf die Selbstverteidigung und das Kämpfen bezogen werden Dinge wie Bewegungen und Verteidigung ganz spontan. Kampfkünstler werden manchmal Meditation einsetzen, um diesen Geisteszustand zu erreichen. Ohne formales Training zu haben, kennt der Straßenkämpfer nicht viele Techniken oder Taktiken und ist nicht von irgendwelchen Gewissensbissen darüber geplagt, Menschen zu verletzen. Auf Grund seines Selbstvertrauens und seiner Spontanität allerdings hat der untrainierte Kämpfer Mushin auf ganz natürliche Art und Weise auf seiner Seite. Erfahrung Die Selbstsicherheit des Straßenkämpfers kommt von der Erfahrung. Er hat schon vorher Leuten in den Hintern getreten und rechnet sich aus, daß Du genauso zu Boden gehen wirst. Falls er Grund zur Annahme hätte, daß es bei Dir anders wäre, würde er Dich erst gar nicht angreifen. Ich zögere, mich selbst zu wiederholen, aber nochmals: Siehst Du, warum Aufmerksamkeit funktioniert? Es gibt wirklich keinen Ersatz für tatsächliche Kampferfahrung. Der Straßenkämpfer hat diese Erfahrung. Falls Du sie nicht hast, bringt Dir das einen fundamentalen Nachteil ein. Formales Training kann manchmal, aber nicht immer, diesen Mangel an tatsächlicher Kampferfahrung ausgleichen. Es hängt hauptsächlich von der Qualität Deines Trainings ab, seiner Eignung für das tatsächliche Kämpfen, und, was vielleicht sogar noch wichtiger ist, von Deiner Einstellung oder Deinem „Kampfgeist". Fähigkeit Die Straßenkämpfer und Überraschungsschläger haben im allgemeinen mindestens ein oder zwei Schlagtechniken drauf, die sie bis zu einem bestimmten Grad gemeistert haben. Diese Techniken sind fast immer entweder der rechte Haken oder die rechte Gerade zum Kopf. Sie haben eine dieser Techniken gemeistert, hauptsächlich durch ihre Anwendung in früheren Schlägereien. Kurz gesagt haben sie durch praktische Anwendung gelernt. Hast Du erst einmal wirklich erfahren, wie 28
man einen guten rechten Haken oder rechten Schwinger schlägt, benötigst Du nicht viel Übung, um die Fähigkeit aufrechtzuerhalten (d.h. zumindest, soweit es einen Kneipen- oder Straßenangriff angeht). Dies ist besonders dann zutreffend, wenn jemand diese Techniken in einem Hinterhalt einsetzt. Taktiken Häufig sind die einfachsten Taktiken die besten, und die Taktiken des Überraschungsschlägers sind die einfachsten von allen. Er greift überraschend an, wenn sein Opfer nicht darauf vorbereitet ist, sich zu verteidigen (die klassische Definition eines Hinterhalts). Er schlägt ihm gegen den Kopf (indem er eine der beiden gerade erwähnten Techniken einsetzt) und läßt nicht mehr locker bei seinem Angriff. Erneut haben wir es hier mit einer Ironie zu tun. Der Überraschungsschläger hat nicht nur das Selbstvertrauen auf seiner Seite sowie das vorhin erwähnte Zen-Prinzip des Mushin, sondern er versteht ebenfalls das Prinzip des fortlaufenden Angriffs. Das Ergebnis? Häufig bekommt ein andernfalls guter Kampfkünstler nie eine Chance, seine Selbstverteidigungstechniken gegen den Angriff eines Überraschungsschlägers einzusetzen. Statt dessen wird er zum Kopf geschlagen, bevor er weiß, daß er in einem Kampf ist, und wird dann wieder und wieder getroffen, bis er zu Boden fällt. Ist er erst einmal auf dem Boden, wird er der Empfänger der wirkungsvollsten aller Trittechniken - den Mann treten, wenn er unten liegt (vorzugsweise in seinen Bauch). Was fehlte also in der Trickkiste unseres Kampfkünstlers? Wachsamkeit! (sieht so aus, als ob Du aufgepaßt hast). Ihm fehlte das Wissen darüber, wie der Überraschungsschläger operiert und daher die Fähigkeit, den Hinterhalt zu erkennen, bevor er gestartet wurde. Ich hoffe, Du beginnst zu sehen, warum ich all diese Seiten in dem vorherigen Kapitel der Bedeutung von Aufmerksamkeit und Vermeidung gewidmet habe. Wir werden später zurückkehren zu der Idee, wie man einen Hinterhalt entdeckt und vermeidet. Laß mich zuerst einige grundsätzliche Realitäten feststellen darüber, wie wirkliche Kämpfe ablaufen. EINIGE MERKMALE VON REALEN KÄMPFEN Diejenigen Leser, die in echten Schlachten in der Kneipe oder auf der Straße gewesen sind oder einfach nur einige Schlägereien beobachtet haben, sollten versuchen, sich daran zu erinnern, was wirklich passiert ist oder was sie wirklich in diesen Kämpfen gesehen haben. Diese Übung wird Dir helfen, die grundlegenden Punkte der nächsten Seiten zu verstehen. Weißt Du, es geht nicht so sehr darum, daß der Kampf, in den Du verwickelt warst oder den Du gesehen hast, auf bestimmte Art und Weise ablief; die Sache ist die, daß die meisten Kämpfe so ablaufen. Diejenigen Leser ohne eine solche Erfahrung mögen daran denken, daß ich buchstäblich Dutzende (es könnten tatsächlich mehr als Einhundert gewesen sein) echte Faustkämpfe zwischen „Erwachsenen" gesehen habe, die entschlossen waren, mit diesem harten ersten Schlag zu landen, um ihren Mitstreiter wegzuhauen. Hier
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sind die Merkmale von echten Kämpfen, so wie ich sie beobachtet habe. Es gibt wenige, allerdings beachtenswerte, Ausnahmen. Echte Kämpfe sind schlampige Angelegenheiten Echte Kämpfe sind nicht so wie in den Filmen. In den Filmen werden Schläge, Tritte und Blöcke sehr langsam und in einer vorher festgelegten Reihenfolge ausgeführt; d.h. Schlag, Block, Konterschlag usw. Dies wird gemacht, damit der Zuschauer die Aktion sehen kann, was Dramatik erzeugt. Dramatik erfordert einige Spannung - d.h. ein Typ scheint die Oberhand zu gewinnen, dann kommt der andere Typ wieder zurück. Diese Dominanzwechsel werden geschaffen, um eine Unsicherheit darüber zu erzeugen, wer der Sieger sein wird (natürlich nur soweit dies möglich ist, denn schließlich hat der Held zu gewinnen). Es gibt fast niemals diese Vor- und Zurückaktion in einem echten Kampf. In Wirklichkeit gibt es nach einer halben oder bis zu zwei Sekunden in der Schlacht selten eine Frage darüber, wer der Sieger sein wird. Ist erst einmal ein guter Schlag gelandet worden, wird ihm sofort mit weiteren solchen Schlägen gefolgt, und das Opfer ist selten in der Lage, zurückzukommen. Wieder sehen wir beim Überraschungsschläger, daß, falls sein Eröffnungsschlag fest trifft, er ihn dann wiederholt und seinem Opfer wenig bis gar keine Chance gibt, sich zu erholen. Echte Kämpfe sind ebenfalls viel schneller als im Film. Hast Du jemals Katzen kämpfen sehen? Alles, was Du siehst, sind herumwirbelnde, verschwommene Pelzkugeln auf dem Boden. Du kannst kaum einzelne Schläge von einem der bepelzten Kämpfer unterscheiden. Kämpfe zwischen Menschen sind nicht ganz so schnell wie Katzenkämpfe, aber es ist fast genauso schwierig, in jedem Detail zu sehen, was wirklich passiert, insbesondere ohne bedeutende vorherige Erfahrung. Die Ausnahmen davon sind, wenn die Kämpfer wirklich betrunken, wirklich langsam oder wirklich dämlich sind. Nachdem ich meine ersten paar Dutzend Faustkämpfe erfahren, beobachtet und ausgewertet hatte, entwickelte ich eine besser Fähigkeit dafür, der Handlung zu folgen. In den meisten Kämpfen gab es da jedoch nicht wirklich viel an Handlung (also „Technik" wie z.B. Blocken und Schlagen) zu verfolgen. Vereinzelt sah man den Versuch eines Kampfkunsttritts (welcher fast immer den Typ anzeigte, der als nächstes auf dem Boden landete) oder einige Boxtechniken. Aber in den meisten Fällen sind echte Kämpfe ungehobelte, schlampige Angelegenheiten, die wenig falls überhaupt irgendein Kampfkunsttraining zeigen. Mach Dir klar, daß ich beobachtet habe, daß dies zutraf, selbst wenn ich wußte, daß der eine oder andere Kämpfer ein Kampfkünstler oder Boxer war. In echten Kämpfen werden selbst Leute mit bedeutendem formalen Training oft alles vergessen, was sie gelernt haben und in einer Zurschaustellung von tierischer Rage einfach loslegen. Sie verlieren jedes Bewußtsein für Technik, weil sie von ihrem Zorn darüber verzehrt werden, getroffen worden zu sein und von ihrem Blutdurst getrieben werden, ihren Gegner zu verletzen. Hier sehen wir einen weiteren Gesichtspunkt darin, die Kontrolle über Dich selbst zu behalten. Der Kämpfer, dessen Training und Erfahrung es ihm erlauben, einen echten Kampf in einer emotionslosen, reaktionslosen Art und Weise zu handhaben, während er trotzdem sein Schläge mit der emotionalen Absicht seines Kampfgeistes
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ausführt, hat einen enormen Vorteil. Die Verteidigung dieser Person wird Technik und Training in einem weit größeren Ausmaß widerspiegeln. In den meisten Fällen wird er sich gegen seinen Angreifer durchsetzen. Aber wenige Leute, unabhängig vom Training, werden jemals häufig genug angegriffen, um sich „daran zu gewöhnen" und nicht zum Tier zu werden. Folglicherweise sieht man in einem echten Kampf selten viel Technikeinsatz. Du mußt lernen, diese Wut der „inneren Bestie" als Kraft in Deine Schläge zu lenken, während Du Dich dennoch unter Kontrolle hast. Dies erlaubt es Dir, Deine beste Waffe - Dein Gehirn - während eines Kampfes einzusetzen. Die Bestie selbst kann nicht die höheren Hirnfunktionen nutzen und ist nicht in der Lage zu irgendeinem klaren Denken. Mißverstehe nicht, was ich hier sage. Der Grund dafür, warum Leute zum Tier werden, ist der, weil es ein evolutionärer Überlebensmechanismus ist, der ihnen rohe Kraft, Schmerzunempfindlichkeit und ähnliche Eigenschaften gibt, um zu überleben oder ihren Angreifer zu überwinden. Zu einem großen Ausmaß wird dies beeinflußt durch eine Einleitung von Adrenalin in den Blutkreislauf. Sicherlich hat dieses Stück an Biochemie manchem Menschen in Kampfsituationen das Leben gerettet, aber dies ist nicht ausschließlich so. Die Adrenalinantwort ist genau deshalb nicht immer die beste Überlebensantwort, weil sie das rationale Denken beeinflußt, ja sogar verhindert. Es ist keine leicht zu erreichende Sache, aber die ideale Situation ist, in der Lage zu sein, Dich selbst zu kontrollieren und „Gebrauch" zu machen von Deiner Adrenalinreaktion und dadurch in der Lage zu sein, die höheren Gehirnfunktionen zu nutzen, während Du mit einer Leben-oder-Tod-Situation umgehst. Obwohl es nicht perfekt umgesetzt wird, ist dies das wahre Ziel der militärischen Ausbildungstechniken und Disziplin. Der legendäre japanische Schwertheilige des siebzehnten Jahrhunderts, Miyamoto Musashi, faßte dieses Konzept folgendermaßen zusammen: „Du darfst weder an den Sieg noch an Dich selbst denken, sondern nur an das Schneiden und Töten Deines Gegners." Behalte im Kopf, daß diese Typen die meisten ihrer Kämpfe mit rasiermesserscharfen, meterlangen Stahlklingen ausführten, deren Herumschwingen sie nahezu religiös übten. Der alte Musashi schloß die Krankenakte von so manch einem Schwertkämpfer und verbrachte die letzten Jahrzehnte seines Lebens mit Betrachtungen und Nachdenken. In dieser Zeit schrieb er sein Buch über Strategie namens Das Buch der Fünf Ringe. 1645 erstmals erschienen, ist es noch heute erhältlich. Du solltest dieses Buch lesen. Es wurde vor ein paar Jahren gewissermaßen populär und ist nicht mehr schwer zu finden. Sei gewarnt: Für die meisten Leute ist es ein bißchen mystisch und schwierig zu verstehen. Falls Du allerdings die tatsächliche Kampferfahrung besitzt, die notwendig ist, um einen Bezugsrahmen zu bilden, wird Musashis Buch zu einem überirdischen Meisterwerk, das Du wieder und wieder lesen kannst und dennoch immer etwas Neues, Nützliches und grundsätzlich Bedeutsames entdecken kannst.
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Die meisten Kämpfe dauern nur zwischen zwei und fünf Sekunden Tatsächlich könnte man argumentieren, daß echte Kämpfe sogar selten so lange dauern. Sie sind im allgemeinen sehr schnell vorbei, fast genauso schnell, wie sie beginnen. Denn ist ein Typ erst einmal hart getroffen und halb besinnungslos gemacht worden, selbst wenn der andere Kämpfer damit fortfährt, gegen seinen Kopf zu schlagen, bevor der Typ auf den Boden fällt, um zusammengetreten zu werden, ist der Kampf in Wirklichkeit vorbei, nachdem der erste Schlag getroffen hat. Eine der Auswirkungen dieses Zeitrahmens ist, die Tatsache unterzubewerten, daß man nicht wirklich viele Techniken für einen echten Kampf zu kennen braucht. Wie viele Techniken kannst Du in zwei bis fünf Sekunden ausführen? Die Antwort lautet: Nicht sehr viele. Du brauchst also kein vollständiges Selbstverteidigungs-„System" zu kennen, sondern Du mußt ein paar lebenswichtige Techniken meistern, die angemessen sind für tatsächliche Faustkämpfe und gegen eine Vielzahl von Angriffen eingesetzt werden können. Die meisten Kämpfe werden durch Schläge zum Kopf entschieden Erneut haben wir hier die Hauptangriffstechnik des Überraschungsschlägers. Schläge zum Kopf sind die Grundlage des westlichen Boxens, und das aus gutem Grund. Von all den Kampfkunsttechniken, die ich erlernt habe, ist die wirkungsvollste Angriffstechnik ohne jeden Zweifel die, Deinen Gegner mit Deiner Hand zum Kopf zu schlagen. Bemerke, daß ich „Hand" und nicht „Faust" gesagt habe. Dies kommt daher, weil die meisten Leute das feste Material, aus dem ein Schädel besteht, nicht mit einer geschlossenen Faust mit richtiger Kraft treffen können, ohne eine Verletzung an ihrer eigenen Hand zu erleiden. Dies widerspricht einer Menge der Hollywoodaction, ist aber absolut wahr. Deine Hände wurden vom Schöpfer nicht dafür entworfen, diese Art von Mißbrauch einzustecken. Darum tragen Boxer Boxhandschuhe. Dies ist auch der Grund dafür, warum klassische Karatestile nicht viele kraftvolle Schläge zum gegnerischen Kopf mit geschlossener Faust ausführen. Wie kann nun aber unser Überraschungsschläger mit seinem rechten Haken oder Schwinger zum Kopf davonkommen? Hauptsächlich, weil er einen stärkeren Knochenbau hat als sein typisches Opfer. Falls Du große Knochen hast, magst auch Du damit durchkommen, falls Du weißt, wie man mit dem Schlag richtig trifft. Der Überraschungsschläger weiß im allgemeinen, wie man mit dem Schlag richtig auftrifft; andernfalls würde er sich die Knochen in seinen Händen jedesmal zerschlagen haben, wenn er jemand zum Kopf schlägt. Falls er lange genug dabei bleibt, wird er sich schließlich dennoch irgendwann seine Hand brechen. Hört zu, Leute, falls ihr diese Realität anzweifelt, denkt an den ehemaligen Boxweltmeister im Schwergewicht, Mike Tyson. Wie alle Schwergewichtsboxer hat er einen sehr starken Knochenbau. Aber selbst Mr. Tyson brach sich einen Handknochen in einem kurzen Straßenkampf, als ein verstimmter „Titelanwärter" gegen ihn losschlug. Dieser Zwischenfall ereignete sich, als Mr. Tyson aus einem Restaurant kam. Mr. Tyson trug nicht seine Boxhandschuhe beim Dinner. Wenn selbst der Schwergewichtsweltmeister (und sicherlich einer der besten Kämpfer aller Zeiten, solange er hart trainiert und nicht seine Gegner unterschätzt) sich seine Hand
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beim Schlagen gegen jemand seinen Kopf brechen kann, dann kann Dir das auch passieren. Um meinen Punkt weiter zu untermauern: Muhammad Ali (meiner Meinung nach in seiner Glanzzeit der größte Kämpfer aller Zeiten) brach sich seine Hände mehr als einmal, während er im Ring mit Boxhandschuhen kämpfte. Später in diesem Buch werde ich erörtern, wie Du einen wirkungsvollen Kopftreffer landen kannst und Dir nicht Deine Hand dabei brichst. Natürlich sind diese Techniken im Boxsport verboten. In einem Straßenkampf dagegen ist nichts verboten. Die meisten Kämpfe schließen eine Form des Ringens mit ein Selbst wenn ein Kampf nicht mehr als fünf Sekunden dauern mag und das Auskommen im allgemeinen in den ersten Sekunden entschieden ist, kommt das Ringen vor. Dies kommt daher, weil selbst eine halbbewußtlose Person ganz natürlich versuchen wird, die Arme des Typs zu ergreifen, der ihm zum Kopf schlägt. Das Ziel des Klammerns ist es, die Schlagarme des Angreifers zu binden, so daß er nicht mehr einfach einen Schlag mit voller Kraft landen kann. Je länger ein Kampf andauert, desto wichtiger wird das Ringen. In Boxkämpfen bezeichnet man dies als den Clinch. Ein zweiter Gesichtspunkt des Ringens ist, wenn der Kampf sozusagen „auf die Matte geht". Ein typisches Beispiel ist, wenn der Kopfschlag eines Überraschungsschlägers trifft, aber entweder die Kraftübertragung nicht fest genug war (im allgemeinen, weil er entweder teilweise oder vollständig abgeblockt wurde) oder der Typ, der den Schlag abbekommen hat, sich als „Dickschädel" herausstellte (Ein „Dickschädel" ist jemand, der aus was auch immer für einem Grund - dicker Schädelknochen, großer Kopf - nicht so einfach von einem Schlag zum Kopf ausgeknockt werden kann. Alle Profiboxer haben im Vergleich zur Normalbevölkerung harte Köpfe.). Da jedermann von einem ausreichend kraftvollen Kopfschlag benommen sein kann, mag es dem Dickschädel genügend weh tun und er zu desorientiert sein, um einen sofortigen und wirksamen Gegenangriff zu starten. Aber er kann und wird mit seinem Angreifer ringen, um die Schläge für einen Augenblick zu stoppen. Dann wird er seinen Angreifer zu Boden ringen. Was Du nun hast, ist das klassische „Zwei Typen rollen auf dem Boden herum und versuchen, sich gegenseitig K.o. zu schlagen". Während sie auf dem Boden herumrollen, sind ihre Schläge in den meisten Fällen nicht sehr wirkungsvoll. Falls der Kampf zu diesem Punkt kommt (meistens geht es bei einem guten Überraschungsschläger und einem durchschnittlichen Opfer nicht so weit), ist das Auskommen so wie beim Werfen einer Münze. Die meisten Überraschungsschläger und einige Straßenkämpfer ringen nicht sehr gut, und ihre „Bodenarbeit" ist sogar noch schwächer. Ich persönlich hasse es, auf dem Boden zu kämpfen. Zum einen, weil, falls der Typ irgendwelche Kumpels dabei hat oder Du einige Feinde in der Nähe hast, sie häufig anfangen werden, gegen Deinen Kopf und in Deine Rippen zu treten, während Du auf dem Boden und anderweitig beschäftigt bist. Zum anderen, weil ich auch nie besonders stark bei der Bodenarbeit war. Es ist die anstrengendste Form des Kämpfens, und in vielen Fällen wird einfach die Ausdauer das Auskommen entscheiden.
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Ringen, das zu Würfen führt, ist eine andere Geschichte. Nachdem ich jahrelang Judo trainiert habe, werde ich ganz natürlich einen Gegner werfen, der mich ergreift, um zu versuchen, meine Arme zu umklammern. Tatsache ist, daß die meisten meiner wirklichen Kämpfe in Form eines einfachen Wurfes geendet haben. Auch mögen Schlagtechniken allein gegen einen Typ, der erheblich größer ist als Du, selbst wenn sie richtig ausgeführt werden, nicht ausreichend sein, um ihn wegzuhauen. Schlagtechniken können allerdings einen Wurf vorbereiten. Der Wurf ist im allgemeinen wirkungsvoll gegen einen viel größeren Gegner, weil sein eigenes Körpergewicht und/oder seine Massenträgheit benutzt wird, um ihn gegen Dinge stürzen zu lassen wie: a) den Asphalt, welcher wirklich hart und unnachgiebig ist; b) die Thekenkante, einem meiner Favoriten; c) unbewegliche Gegenstände, wie Wasserhydranten, Autostoßstangen oder Parkbänke; oder d) die Wand (Ziegelsteinmauern sind besonders wirkungsvoll). Treten, insbesondere zu Zielen oberhalb der Taille, ist nicht besonders wirksam in einem echten Kampf Um es noch direkter auszudrücken: Treten ist in den meisten Kämpfen ein schwerer Fehler. Du möchtest Deine Füße auf dem Boden halten; dies macht es um einiges leichter, „auf den Beinen zu bleiben". Treten ist nicht nur unwirksam, sondern setzt Dich tatsächlich auch einem unnötigen Risiko gegen den Überraschungsschläger oder Straßenkämpfer aus. Ja, ich mag mir auch gerne Chuck Norris-Filme anschauen (habe keinen verpaßt, Chuck). Tritte werden in Filmen eingesetzt, weil sie großartig aussehen und für die Zuschauer den Kampfkünstler identifizieren. Du dagegen darfst Dich überhaupt nicht darum sorgen, wie Du in einem tatsächlichen Kampf „aussiehst". Deine Sorge sollte ausschließlich sein, Deinen Gegner zu besiegen und nicht, wie gut Du dabei aussiehst. Erinnere Dich daran, was Musashi gesagt hat.... Ich habe nicht jahrelang verschiedene Karatestile trainiert, ohne zu erlernen, wie man tritt. Aber in einem echten Kampf laß ich die meisten Tritte im Dojo zurück, dort, wo sie hingehören. Die einfache Tatsache ist, daß die meisten Leute gar nicht wirkungsvoll treten können. Abgesehen davon sind Handtechniken sowohl einfacher zu lernen als auch während der Dynamik eines Kampfes einfacher auszuführen. Sie sind nicht nur wirkungsvoller, sondern, anders als Tritte, lassen sie Dich nicht ernsthaft ungeschützt dastehen, falls sie teilweise oder vollständig fehlschlagen. Die einfachen Dinge, die Du jeden Tag hunderte Male machst, wie z.B. etwas in die Hand nehmen oder nach einem Türgriff greifen, trainieren Deine Hand-AugenKoordination, was Dir hilft, Deine Hände zu wirkungsvolleren Waffen zu machen. Deine Beine und Füße bewegen Dich normalerweise nur herum, und das ist genau das, wozu sie auch in einem Kampf gut sind. Die Beine bewegen Deine Waffenplattform in wirksame Reichweite und in den richtigen Angriffswinkel hinein; dies erlaubt es Deinen Händen, zu „feuern" und Deinem Gegner Schaden zuzufügen. Es gibt ein paar einfache Tritte - keiner davon geht höher als bis zur Taille und meistens zu Fuß- oder Schienbeinhöhe -, die in einem Kampf ziemlich sicher auszuführen sind und unter bestimmten Umständen wirkungsvoll sein können. Wir
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werden diese überprüfen. Aber der Mittelpunkt unserer Verteidigungen werden Handtechniken und einfache Würfe sein. Die wenigen Male, in denen ich mit jemand für länger als die vorher erwähnten zwei bis fünf Sekunden gekämpft habe, war es, weil der Typ entweder einfach wirklich groß war und meine Schläge wegsteckte oder er ein höheres Niveau an Training oder Erfahrung als der durchschnittliche Straßenkämpfer hatte. Dies würde mir natürlich etwas Sorgen machen, da ich mit den meisten Leuten, die gegen mich losschlugen, schnell fertig wurde. Aber falls der Typ eine Art von Karate- oder Kung Fu-Tritt losließ, atmete ich leichter durch, weil ich wußte, daß ich sicher war. Erfahrene Straßenkämpfer wissen, daß man diese Tritte nicht versucht. Es sind nur die Kampfkünstler ohne ausreichende echte Kampferfahrung, die dies noch nicht mitbekommen haben. EINIGE BEOBACHTUNGEN ÜBER KAMPFKÜNSTE IM VERGLEICH ZUM ECHTEN KÄMPFEN Wie ich am Anfang gesagt habe, basieren die Techniken, Einstellungen und Vorgehensweisen zur Selbstverteidigung, die in diesem Buch zu finden sind, eher auf meiner Erfahrung aus realen Kämpfen als auf meinem formalen Kampfkunsttraining. Aber behalte im Kopf, daß, obwohl meine Kampferfahrung größer ist als die der meisten Kampfkünstler, sie nicht irgendeine universelle Wahrheit oder ein vollständiges Verständnis repräsentiert. Was ich Dir in diesem Buch mitgebe, ist sowohl das, was für mich in zahlreichen gewalttätigen Konfrontationen funktioniert hat, als auch, warum diese Vorgehensweisen und Techniken für mich so gut funktioniert haben. Dies verlangt darauf hinzuweisen, warum ich diese Vorgehensweisen und Techniken aus so vielen anderen, die ich in Kwoons und Dojos überall im Land gelernt habe, ausgewählt habe. Es ist nicht mein Ziel, den Kampfwert der klassischen Kampfkünste oder irgendeiner „neuen Schule" oder nichttraditionellen Kunst herauszufordern. Zum einen habe ich diese Techniken nicht selbst erfunden. Ich erlernte sie in Kampfkunstschulen und im persönlichen Unterricht von erfahrenen Kämpfern. Dann paßte ich sie an, damit sie für mich funktionieren. Tatsache ist, daß jeder wirklich gute Kämpfer, den ich kenne, irgendeine Kampfkunst trainiert hat. Am Ende dieses Buches bespreche ich die meisten der Kampfkunstsysteme, die ich trainiert habe. Weiterhin versuche ich angesichts meiner persönlichen Erfahrung, sowohl ihre Stärken als auch das, was ich als ihre zentralen Schwächen ansehe, wenn sie in einer tatsächlichen Selbstverteidigungsbegegnung eingesetzt werden, darzustellen. Ich bin sicher, daß es da etwas gibt bei meinem knappen Überblick über diese Systeme, das jemand verärgern wird. Der Zweck dahinter, meine Meinungen zur Verfügung zu stellen, ist der, dem Leser die Auswahl darin zu erleichtern, eine bestimmte Kunst auszuwählen, die zu seinem persönlichen Temperament, Körperbau u.ä. paßt (Wo ich gerade beim Thema bin: Mach Dir klar, daß das westliche Boxen ebenfalls eine Kampfkunst ist, und zwar eine sehr starke sogar.). Denk daran, daß Du nicht einfach nur durch das Lesen dieses oder irgend jemand anderen seines Buches oder durch das Anschauen meiner oder irgend jemand anderen seiner Videos lernen kannst, wie Du Dich wirkungsvoll selbstverteidigst. Du mußt trainieren. Du mußt Partner haben, mit denen Du trainieren kannst, und Du
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mußt aktiven Unterricht von jemand bekommen, der in einem Stil erfahren ist. Die Kampfkunstschulen bieten Dir all dies. Kurz gesagt, wenn es Dir ernst damit ist, zu erlernen, Dich selbst zu verteidigen, wirst Du Dich in irgendeinem Kampfkunstprogramm einschreiben müssen. Um den Nutzen aus solch einem Unterricht zu ziehen, bedarf es eines bestimmten Grads an Beharrlichkeit, Hingabe und Geduld. Im folgenden sind einige Probleme mit dem klassischen Kampfkunsttraining aufgeführt, von denen ich empfinde, daß sie einen Schüler unwirksam auf tatsächliche Kämpfe vorbereiten werden. Den maximalen Nutzen der Selbstverteidigung aus dem Kampfkunstunterricht zu ziehen, hängt teilweise davon ab, daß Du in der Lage bist, das abzutrennen, was Kunst ist von dem, was wirkungsvoll in einem echten Kampf angewendet werden kann. Es hängt ebenfalls davon ab, ob Du lange genug bei einer Kunst bleibst, um in die wirkungsvollsten Techniken eingeführt zu werden (wird in den meisten Stilen selten während des ersten Jahres gelehrt). Es dauert außerdem mindestens anderthalb Jahre bis zu drei Jahren, um einen gewissen Grad an Können in irgendeinem System zu erlangen und dies bedeutet normalerweise, den ersten Schwarzgurt zu erreichen. Dann kannst Du die wirkungsvollsten Techniken aus anderen Systemen heraussuchen, ohne diese Systeme vollständig im Detail erlernen zu müssen. Zusätzlich ist der Ausspruch „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste" hier angebracht. Indem ich darlege, was ich als Probleme mit dem klassischen Training ansehe, wird es Dich besser darauf vorbereiten, mit den Frustrationen fertigzuwerden, die in solchen Lehrplänen vorhanden sind. Asiatische Künste sind begründet auf der Annahme einer lebenslangen Verpflichtung zu ihrem Erlernen Traditionelles Kampfkunsttraining ist absichtlich langsam und dazu entworfen, jemand seine Geduld zu testen. Selbst viele Kampfkunstlehrer verstehen dies nicht wirklich und glauben, diese klassische Vorgehensweise ist der beste und einzige Weg. Daher werden sie Dinge sagen wie: „Du mußt diese Grundlagen meistern, bevor Du die fortgeschritteneren Techniken in Betracht ziehen kannst." Darin liegt einiges an Wahrheit. Kampfkünste waren jedoch niemals dazu gedacht, jemandem die angebrachtesten Techniken für tatsächliche Kämpfe (so wie sie sich heutzutage abspielen) in kürzester Zeit beizubringen. Nicht einmal annähernd. Die Trainingsmethoden waren, zum Teil, so konzipiert, um die Persönlichkeit eines Schülers zu testen, bevor man ihm die wirklich wirkungsvollen Techniken eines bestimmten Stils lehrte. Geduld wurde als ein Anzeichen für Charakter angesehen. Leute, die aus Frustration aufgaben, hatten wenig Geduld und daher einen oberflächlichen Charakter. Auf diese Art siebten die Meister sie aus, bevor sie zu viel lernten. Dies war ein Weg, um zu verhindern, einem möglichen Rüpel Techniken beizubringen, der später die Ortsansässigen belästigen würde. Solche Aktivitäten würden ein unehrenhaftes Licht auf den Meister werfen, da jedermann wissen würde, daß der Tyrann ein Schüler des Meisters ist. Obwohl Kampfkünste, so wie sie in den guten, alten U.S.A. gelehrt werden, gewissermaßen weniger formal geworden sind als ihre asiatischen Gegenstücke, spiegeln die Grundlehrpläne der meisten Karate- und Kung Fu-Stile dieses 36
ursprüngliche und fundamentale Konzept des Charaktertestens wider, indem sie jemand seine Geduld testen. Kampfkünste beziehen sich auf Sport und/oder Geistigkeit; echtes Kämpfen ist weder ein Sport noch ist es sehr spirituell Ich nehme an, ich könnte ein ganzes Buch allein zu diesem Thema schreiben, aber ich will Dir dies ersparen und fasse mich kurz und knapp. Es gibt keine Regeln in einem richtigen Kampf. Ja, es gibt verschiedene Stufen eines Konflikts. Die meisten Leute, die in einen Kampf verwickelt sind, versuchen in den meisten Fällen nicht wirklich, die andere Person zu töten. Aber sie werden auch nicht bewußt oder absichtlich die eine oder andere Technik wegen eines gewissen Sinnes eines „sportlichen Wettkampfes" nicht einsetzen. Karate- und Kung FuSparring und Randori-Training im Judo haben sehr strenge Regeln, die dazu bestimmt sind, Verletzungen zu vermeiden. In einem tatsächlichen Kampf ist eine Verletzung des Gegners genau das Ziel. Da es in den meisten Karatestilen nicht erlaubt ist, bestimmte Würfe oder Schläge einzusetzen, erlernt der Schüler nicht, sich sehr gut gegen solche Schläge zu verteidigen, falls überhaupt. Bei dem meisten Kampfkunstsparring geht es darum, mit einer sauberen Technik zu punkten und dabei zu zeigen, daß Du die Verteidigung Deines Gegners überwunden hast. Wenn ein Schüler einen Fauststoß gelandet hat, wird folglicherweise das Match unterbrochen, der Punkt gewertet, und die Gegner stellen sich für die nächste Runde auf. Offensichtlich passiert dies nicht in einem richtigen Kampf. Punkte sind keine Schläge! Ein Schlag oder Tritt bestimmt selten den Ausgang eines Kampfes (solange es nicht ein Überraschungsschlag aus dem Nichts heraus ist, der dem Opfer die Lichter ausschlägt). Es gibt ein noch viel ernsthafteres Problem mit dieser Trainingsmethode. Wenn zwei Karateka miteinander sparren, „spielen" sie grundsätzlich mit Karate. Da beide normalerweise aus dem selben Stil und der selben Schule stammen, kennen sie in den meisten Fällen die selben Techniken. Sie finden heraus, daß sie selten, falls überhaupt, mit direkten Grundtechniken, die wirklich Kraft rüberbringen, punkten können. Als Ergebnis davon, arbeiten sie an trickreichen Kombinationen, die die Verteidigung des Gegners austricksen und den Punkt erzielen, um Kämpfe zu gewinnen. Das Problem daran ist, daß in fast allen Fällen diese Taktiken in einem echten Kampf mehr als nutzlos sind und es grundsätzlich sehr gefährlich ist, sie zu versuchen. Nahezu alle Trittechniken, einschließlich Kombinationen aus Trittechniken, fallen in diese Kategorie. Ich glaube noch nicht einmal, daß ein Superkarateka wie Chuck Norris einen gedrehten Rückwärtstritt in einem echten Kampf einsetzen würde. Warum zum Teufel sollte er auch? Er hat ein ganzes Arsenal an einfacheren, direkteren Handtechniken und Würfen zur Verfügung stehen, die seinen Angreifer sicherer auf den Asphalt pflastern würden. Abgesehen davon erkennt eine Person mit Chucks Schnelligkeit, Talent und totaler Hingabe zur Kunst wahrscheinlich, daß solche Techniken für die Filme und das Dojo sind und ungerechtfertigt und unnötig gefährlich sind, um sie in einem echten Kampf einzusetzen. Ein zweiter Gesichtspunkt dieses Kampfstiltrainings ohne richtigen Kontakt ist der, daß es dem Schüler häufig eine unrealistische Vorstellung über die Kraft seines
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Schlags vermittelt. Leute gehen nicht annähernd so leicht zu Boden, wie viele Kampfkunstschüler denken mögen. Bedenke, daß viele Leute manchmal aus Autounfällen, mit Schußwunden und von Schlimmerem davonspazieren. Ein kleiner Klaps ins Gesicht mit einem Halbkreistritt wird nur dafür sorgen, daß Dein Gegner wütend wird, d.h. falls er nicht bereits damit angefangen hat, Deine Lichter mit einem unspektakulären geraden Schlag zu Deinem Kopf auszuschlagen, als sich Dein Fuß nach dem Tritt zurückzog. Ich weiß, daß dies war ist. Neben anderem Beweismaterial ist es mir selbst passiert, bevor ich es besser wußte (vor vielen Jahren). Da stimmte alles an meinem Halbkreistritt zu dem Kopf des Typs, obwohl ich Turnschuhe anstatt harter Schuhe trug. Diese Tritte übertragen Energie normalerweise nicht so gut wie ein wohl plazierter Handschlag es tun kann. Gruppenpsychologie und der Hawthorne-Effekt Halte Dich fest, denn wir werden für einen Augenblick akademisch werden. Vor ein paar Jahrzehnten wurde ein klassisches, psychologisches Experiment durchgeführt. Dieses Experiment fand in einer Fabrik statt, in der die Arbeiter in zwei Gruppen aufgeteilt wurden. Der ersten Gruppe wurde gesagt, daß sie Teil der Versuchsgruppe war und daß die neue Beleuchtung in ihrem Arbeitsbereich dafür entworfen wurde, um Augenermüdung und -erschöpfung zu reduzieren, welche offensichtlich die Gründe für viele Beschwerden über Kopfschmerzen vom Arbeiten unter dem alten Beleuchtungssystem waren. Der anderen Gruppe wurde gesagt, daß sie die Kontrollgruppe sei und unter dem alten Beleuchtungssystem weiterarbeiten würde, um eine genaue Auswertung der Auswirkungen des verbesserten Systems zu ermöglichen. Die Ergebnisse? Die Versuchsgruppe vermeldete all die Vorzüge, die das neue Beleuchtungssystem bringen sollte. In der Tat hatte sich ihre Produktivität ebenfalls erhöht. Im Gegensatz dazu berichtete die Kontrollgruppe über all die Krankheiten vom Arbeiten unter dem alten System - Augenschmerzen, Kopfschmerzen usw. Als aufgeweckter Leser hast Du wahrscheinlich erraten, daß es gar kein „verbessertes" Lichtsystem gab. Der Zweck des Experiments war es, herauszufinden, ob Leute darauf ansprechen, wenn sie glauben, daß sie Teil einer besonderen oder elitären Gruppe sind. Was will ich also damit sagen? Der Punkt ist der, daß, wenn Du eine Kampfkunst lernst, ganz gleich, welche es ist, Du in eine Gruppe eintauchen wirst, die ein gemeinsames Interesse vertritt und Dir spürbar gemacht wird (verbal oder nonverbal), daß Du Teil einer speziellen Gruppe bist. Sie trainieren die „einzig wahre Kunst" oder trainieren unter dem „wahren Meister". Leute werden im allgemeinen das glauben, was sie glauben wollen, unabhängig von gegenteiligen Beweisen. In einem Dojo oder Kwoon wirst Du nicht viel, falls überhaupt irgendeiner Herausforderung ausgesetzt über die praktische Anwendbarkeit oder den Inhalt der Techniken, die Du trainierst. Jeder ist dort, um die Kunst zu erlernen. Daher teilen und verstärken sie gegenseitig ihren Glauben an ihre Macht. Die wollen daran glauben, daß es funktioniert, daher glauben sie daran, daß es funktioniert.
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Das Üben von Angriffen und Abwehren wird ritualisiert. Der Angreifer kooperiert mit der Abwehr, so daß, wieder einmal, die Schönheit, Großartigkeit und das Wunder des „wahren Weges" auf elegante Art und Weise demonstriert werden kann. Das Training hört auf, ein Training in irgendeinem bedeutungsvollen Sinn zu werden. Statt dessen wird es bloß zu einer weiteren Demonstration der Kunst im Versuchslabor des Dojo. Alles ist viele Male zuvor schon so geprobt worden. Jetzt stecke jedermann in die selbe Uniform - mit Ausnahme der hohen Priester der Kunst; sie tragen schwarze Gürtel oder schwarze Schärpen - und weißt Du was? Du hast sowohl die bezeichnenden Fallen als auch die Psychodynamiken eines Kults! Ein Kult operiert nicht nach rationalen Anfragen oder individuellem und unabhängigen Denken. Ein Kult operiert unter einer Überzeugung in und einem Glauben an eine Wahrheit, die nicht in Frage gestellt oder überprüft werden kann. Nachdem Du ein bißchen mystisches Hokuspokus über „inneres Chi" oder den „dynamischen Fluß des natürlichen Universums" hineingemischt hast, hast Du wirklich einige fundamentale Elemente eines Kults herauskristallisiert. Eines der Ergebnisse dieser Situation ist, daß andernfalls rationale Leute davon überzeugt sind, daß ihr Erlernen der bestimmten Kunst sie in eine Position gebracht hat, in der sie ganz einfach mit dem typischen Straßenkämpfer oder Schlägertyp, der sie überfallen mag, fertig werden können. Unglücklicherweise hat ein tatsächlicher Kampf nichts mit irgendwelchen Dojoproben zu tun. Ich hatte einmal einen Schüler, der in meine Selbstverteidigungsklasse eintrat, nachdem er in einem Straßenkampf zusammengeschlagen worden war. Ich werde niemals seine Bemerkung darüber vergessen, warum seine vorausgehenden eineinhalb Jahre an Karateunterricht ihm gegen den Angreifer nicht geholfen haben. Er sagte über seinen Gegner: „Er machte nicht die richtigen Fehler." Selbst während ich dies schreibe muß ich lachen. Tatsächlich liegen mehrere Stufen an bedeutender Wahrheit in dieser Aussage, falls Du für eine Weile mal darüber nachdenkst. Worauf es im Endeffekt hinausläuft ist, daß Du so gut wie niemals eine Chance haben wirst, die meisten der Techniken, die Du in einem Kampfkunstunterricht gelernt hast, gegen einen echten Angreifer anzuwenden. Dies liegt daran, weil er nicht mit Dir bei der Ausführung Deiner Technik zusammenarbeiten wird, so wie Dein Trainingspartner es im Dojo tun wird. Tatsache ist, daß Dein Angreifer, da er nicht in Deinem Dojo trainiert hat, noch nicht einmal wissen wird, wie man überhaupt so angreift. Deshalb ist es so wertvoll, Techniken zur Verteidigung zu entwickeln, die ganz allgemein gegen viele Formen von Angriffen aus einer Vielzahl von Winkeln eingesetzt werden können. Eine Technik, die es für Deinen Angreifer erforderlich macht, einen bestimmten Angriff auszuführen, damit sie funktioniert, hat wahrscheinlich sehr wenig Nutzen. Sei mißtrauisch gegenüber Techniken, die Du niemals testen kannst Einige Kampfkünste verlassen sich stark auf Gelenkausrenken, Knochenbrechen und ähnliches. Das Problem hierbei ist, daß es keine Möglichkeit gibt, diese Techniken wirklich mit Selbstvertrauen zu erlernen, da Du sie nicht mit irgendeinem Grad an Krafteinsatz oder bis zu ihrem Abschluß üben kannst. Es ist ziemlich schwierig, Leute zu finden, die Dich ihre Knochen brechen oder Gelenke ausrenken werden lassen, damit Du Deine Techniken perfektionieren kannst. Aus den selben
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Gründen können diese Techniken niemals als wirkungsvoll bewiesen oder als unwirksam widerlegt werden. Du kannst niemals sicher sein, ob sie auch wirklich Knochen brechen oder Gelenke ausrenken werden, und selbst wenn sie es können: wie willst Du mit Selbstvertrauen lernen, sie auszuführen, wenn Du sie nicht üben kannst? Grundsätzlich verlangen diese verkrüppelnden oder brechenden Techniken, daß Du eine konzentrierte Kraft gegen einen sehr speziellen Bereich einsetzt, wenn Dein Gegner in eine bestimmte Position gebracht worden ist. Jedes davon ist mit irgendeiner Regelmäßigkeit in echten Kampfsituationen schwer zu erreichen. Und beides im selben Moment in einer tatsächlichen Schlacht zu erzielen ist sehr unwahrscheinlich. Einige Stile, die die eben erwähnten Techniken beinhalten, sind Aikijutsu, Aikido und verschiedene Künste, die sich selbst als Ninjutsu bezeichnen- Viele, wenn auch nicht alle, der Leute, die von sich selbst behaupten, Ninjutsu-Experten oder -Meister zu sein, leben ganz einfach in einer Phantasiewelt und könnten sich selbst im Traum nicht gegen den durchschnittlichen Straßenschlägertyp verteidigen. Ich habe allerdings mit ein paar Leuten zusammengearbeitet, die ernsthafte Praktiker der Kunst waren. Vielleicht wurde ich nur einem Stil des Ninjutsu vorgestellt, und daher mag es nicht für die gesamte Kunst repräsentativ sein. Ich weiß es nicht. Aber als diese Typen mir ihr Zeug zeigten (praktisch die einzigen Ninjutsuleute, die ich je getroffen habe, mit denen es Wert war zu trainieren), sah ich, daß sie großen Wert auf Gelenkverkrüppeln, Knochenbrechen und Bänderzerreißen legten, und dann schmerzvolle Griffe gegen die beschädigten Bereiche einsetzten. Diese Typen waren geübt und flüssig und kannten ihre Technik. Vielleicht, und ich muß sagen vielleicht, könnten sie es in einem richtigen Kampf funktionieren lassen. Aber selbst wenn diese Typen es funktionieren lassen könnten, was bedeutet das schon? Sie haben über Jahre hinweg trainiert und waren ausreichend talentiert. Ninjutsu war ein großer Teil ihres Lebens, und sie trainierten jeden Tag. Sehr wenige Leute werden sich selbst ihrem Kampfkunsttraining in dieser Art und Weise widmen. Sehr wenige Leute werden jemals diese eher esoterischen Techniken ausreichend genug meistern, um sie in einem tatsächlichen Kampf einzusetzen, und dies würde voraussetzen, daß sie in einem wirklichen Kampf funktionieren würden. Deshalb sind, meiner Meinung nach, solche Techniken für die meisten Leute wertlos. Ich sage es nochmals: Sei mißtrauisch gegenüber Techniken, die Du nicht testen oder wirklich üben kannst oder die verlangen, daß Du Deinen Gegner in eine bestimmte Position hineinbewegst, während Du zu einem sehr bestimmten Bereich des Körpers schlägst. Dies wird Dich nur unnötiger Gefahr aussetzen, falls Du sie in einem richtigen Kampf versuchst. Um diese Techniken in einem wirklichen Kampf funktionieren zu lassen, erfordert es zumindest ein sehr langes, ernsthaftes Training und ständiges Üben. Dinge, an die man denken sollte, während man eine Kampfkunst in einem Dojo trainiert Ich habe diese Warnungen bezüglich des Kampfkunsttrainings, so wie es sich auf echte Selbstverteidigungssituationen bezieht, hervorgebracht, damit Du besser von solch einem Unterricht profitieren kannst. Ich werde eingestehen, daß ich hierbei
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gemischte Gefühle habe, denn Kampfkunsttraining hat mir sehr geholfen auf einer Vielzahl von Stufen, ganz abgesehen davon, einfach nur meine Zähne in meinem Kopf zu behalten. Diese Künste, wie einfach alle Künste an sich, sind es wert, studiert zu werden. Tatsächlich kann ich nicht sehen, wie man ohne solchen Unterricht jemals lernen kann, ein wirkungsvoller Kämpfer zu sein, ganz abgesehen von den Kritiken, die ich ausgedrückt habe. Nun hör zu. Wenn Du in jemand sein Dojo gehst, zeige Respekt. Sei kein Arschloch, das ständig den Ausbilder herausfordert. Dadurch wirst Du nichts Wertvolles bekommen. Um irgend etwas an Wert zu erlernen, mußt Du, zum größten Teil, Deinen Mund halten und genau darauf aufpassen, was der Ausbilder sagt und vormacht. Ich denke jedoch nicht, daß Du niemals eine Technik oder Vorgehensweise in Frage stellen kannst. Hinterfragen ist die zentrale Bedeutung, durch die man lernt. Was ich sagen will ist, dies in einer höflichen, respektvollen und angemessenen Art und Weise zu tun. Nichtsdestotrotz, falls Du keine andere Kampfkunst für mindestens ein oder zwei Jahre trainiert hast (und ehrlich gesagt, selbst wenn Du es hast), und Du die in Frage gestellte Kunst für weniger als drei oder vier Monate trainiert hast, dann bist Du noch nicht ausreichend dieser Kunst ausgesetzt worden, um irgendwelche kritischen Fragen zu stellen, also tue es nicht. Wenn Du Fragen oder Bedenken wegen einer bestimmten Technik oder Vorgehensweise hast, beobachte, wie die weiter fortgeschrittenen Schüler diese Technik üben. Bitte sie, Dir zu helfen (falls das Protokoll der Schule dieser Person erlaubt, Dir solch eine Anleitung zu geben). Wenn Du findest, daß Du zumindest verstanden hast, wie die Technik funktionieren soll, formuliere Deine Frage. Dann frage den Sensei (Lehrer) unter vier Augen wegen Deiner Bedenken bezüglich der Anwendbarkeit der Technik bei einer tatsächlichen Selbstverteidigung außerhalb des Dojo. Es gibt andere Dinge, die Du tun solltest, wenn Du Kampfkunsttechniken trainierst, um ihre mögliche Wirksamkeit in echten Kämpfen zu bewerten. Das wichtigste davon (und etwas, das Du tun solltest, bevor Du Deinen Lehrer wie zuvor beschrieben befragst) ist, zu überlegen, wie Du die Ausführung der Technik „vermasseln" würdest, wenn sie im Ernstfall gegen Dich eingesetzt würde. Wenn Du dies tust, versuche realistisch zu überlegen, wie ein untrainierter Kämpfer in der Lage sein könnte, die Technik in der Art und Weise zu vereiteln, die Du in Betracht gezogen hast. Noch wichtiger ist: Falls die Technik es erforderlich macht, daß der Angreifer etwas auf ganz bestimmte Art macht, um eine Möglichkeit zu bieten, sie anzuwenden, überlege, ob die Bewegung überhaupt vereitelt werden muß. Häufig hat der Angreifer einfach seinen Angriff in einer amateurhaften, langsamen und plumpen Art und Weise auszuführen, damit die Kampfkunsttechnik funktionieren kann. Du darfst Dich ganz einfach nicht auf so etwas verlassen. Leute, die langsam, plump und unerfahren sind, sind nicht diejenigen, die Dich normalerweise angreifen werden (solange sie nicht betrunken sind). Die Person, die Dich angreift, wird sehr wahrscheinlich Erfahrung haben, wissen, was sie tut, und überraschend angreifen, falls Du nicht wachsam bist. Glaubt mir, Leute, dies ist die Realität.
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Kapitel 3
DIE WERKZEUGKISTE Es ist viel wichtiger, zu wissen, wie man wirkungsvoll vermeidet, getroffen zu werden, als es ist, zu wissen, wie man wirkungsvoll trifft. Denn wenn schließlich Deine Verteidigung perfekt ist, würdest Du nie getroffen werden, daher würdest Du nie verletzt werden. Also wieviel würdest Du darüber wissen müssen, zurückzuschlagen? Natürlich ist keine Verteidigung perfekt, und Tatsache ist, daß Du in echten Kämpfen höchst wahrscheinlich getroffen werden wirst, selbst wenn Du der Sieger bist. Also müssen wir unsere Untersuchungen der körperlichen Techniken beginnen. Die Schläge, die in diesem Kapitel abgehandelt werden, sind nur eine Kostprobe der vielen Schläge, die ich in den Kampfkünsten erlernt habe. Ich habe diese ausgewählt, weil ich aus tatsächlichen Kampferfahrung herausgefunden habe, daß diese Schläge, zumindest für mich, alles waren, was wirklich notwendig ist. Aus einigen Gründen werde ich zuerst diejenigen Schläge darstellen, die ich als wirkungsvoll gefunden habe, bevor ich mich mit dem wichtigeren Thema des Abwehrens des Schlags befasse. Zuerst mußt Du lernen, das Vermeiden von einem herankommenden Schlag und Deinen Gegenschlag zu einer einzigen, gleichzeitigen Bewegung zu machen. Damit meine ich, daß Du jede Trennung zwischen dem Ausweichen vor dem gegnerischen Schlag und dem Zurückschlagen mit Deinem eigenen Schlag vermeiden solltest, so wie es im herkömmlichen Konzept des erst Blockens und dann Schlagens dargestellt wird. Wenn Du zuerst verstehst, wie man einen wirkungsvollen Schlag ausführt, wirst Du leichter verstehen, wie man diese Einheit aus dem Ausweichen des Schlags mit gleichzeitigem Zurückschlagen mit Deinem eigenen Schlag erreicht. Zweitens wird die Kraft Deines Schlags verstärkt durch das Scheitern des gegnerischen Schlags. Tatsächlich wirst Du einiges seiner Kraft für Deinen Schlag ausnutzen. Um dieses Konzept zu verstehen, mußt Du zuerst die Elemente eines kraftvollen Schlags und wie sie solch einen Schlag beeinflussen verstehen. Stell Dir die Schläge, die ich in diesem Kapitel vorstellen werde, einfach als Werkzeuge in Deiner „Werkzeugkiste" vor. Bloß weil Du einen Satz guter Werkzeuge hast, bedeutet es noch nicht, daß Du ein Haus bauen kannst. Gleichfalls gilt, daß zu wissen, wie man diese Schläge ausführt, nicht bedeutet, daß Du weißt, wie man sie in einem Kampf einsetzt. Wir werden genauer besprechen, wie diese Schläge in der Dynamik eines Kampfes eingesetzt werden, wenn wir lernen, wie man vermeidet, getroffen zu werden. Es ist nicht immer möglich, einen hereinkommenden Schlag vollständig zu vermeiden, aber Deine Verteidigungstaktik wird auf der Strategie basieren, zumindest den Brennpunkt des Schlags zu brechen. Dies wird
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verhindern, daß Du am Anfang eines Angriffs aus dem Bild gehauen wirst und Dir dadurch die Möglichkeit zu einem Gegenangriff geben. Es sind einige Grundsätze in der Ausführung eines wirkungsvollen Schlags enthalten, die unabhängig von dem besonderen Schlag zutreffend sind. Der wichtigste davon ist das Konzept der Muskelentspannung vor dem Auftreffen des Schlags. Diese Entspannung erlaubt Dir eine große Geschwindigkeit. DIE DREI BESTANDTEILE DER SCHNELLIGKEIT Eine Anzahl von Leuten unterliegt der falsch verstandenen Vorstellung, daß die Schnelligkeit einer Person eine natürliche, unveränderliche Sache ist, die von Geburt an festgelegt ist so wie schwarze, weiße oder gelbe Hautfarbe. Dies stimmt nur teilweise. Einige Leute sind von Natur aus schneller als andere, aber nahezu jeder kann seine Schnelligkeit durch richtiges Training enorm steigern. Ich beziehe mich sowohl auf die Verbesserung aller Bestandteile der Schnelligkeit als auch einfach darauf, wie schnell sich Deine Hände bewegen. Schnelligkeit ist sehr wichtig beim Kämpfen. Ich könnte sagen, daß Schnelligkeit alles ist beim Kämpfen, aber dies würden wahrscheinlich viele Leute mißverstehen, weil die meisten Leute bei der Schnelligkeit an nichts anderes denken, als daran, wie schnell sich etwas bewegt. Im Zusammenhang mit dem Kämpfen allerdings bedeutet Schnelligkeit einiges mehr als das und hat eine Anzahl von bedeutenden Bestandteilen. Die Wahrnehmung ist der erste Bestandteil der Schnelligkeit. Erinnerst Du Dich an mein Beispiel, als ich den Typ, der mich für einen Hinterhalt abschätzte, fragte, ob er schwul war, um ihn zum Zuschlagen zu zwingen oder ihn zu veranlassen, zurückzuweichen? In dieser Situation war ich alarmiert und bereit für seinen Schlag. Er hätte in diesem Sinne „schneller" sein können als ich, aber das würde ihm nicht geholfen haben. Ich hätte trotzdem seinen Schlag abgewehrt, weil ich ihm gegenüberstand und von der Wahrnehmungsfähigkeit her bereit für seinen Angriff war. Da meine Erfahrung es mir erlaubt haben würde, seinen Angriff herankommen zu sehen, lange bevor er tatsächlich formiert und in voller Bewegung war, würde es ziemlich leicht für mich gewesen sein, ihn abzufangen. Falls Du darüber nachdenkst, kannst Du sehen, daß der Schlag praktisch auf meinen Befehl hin gekommen wäre. Auch Du mußt erlernen, die der Ausführung eines Schlags vorausgehenden Körperzeichen eines Körpers, der sich im Ruhezustand befindet, wahrzunehmen. Du kannst diese Anhaltspunkte bis zu einem bestimmten Grad durch die „Wahrnehmungsübungen" lernen, die ich später in diesem Buch beschreiben werde. Für den Augenblick genügt es, zu erkennen, daß die Wahrnehmung einer gegnerischen Absicht zum Zuschlagen und des drohenden Angriffswinkels der erste Bestandteil der Schnelligkeit ist. Es mag sich merkwürdig anhören für Leute ohne ausreichende Kampferfahrung, aber sobald die Schläge fliegen, ist die Wahrnehmung sowohl der Absicht eines Schlags als auch der Richtung eines Schlags nicht mehr ausschließlich von visuellen Anhaltspunkten abhängig. Hat der Kampf erst einmal begonnen, sind es Verlagerungen des Körpergewichts und der Tastsinn Deiner Hände am Körper Deines Gegners, die es dem erfahrenen Kämpfer erlauben, den nächsten Schlag
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wahrzunehmen. Wir werden Übungen vorstellen, um Deine Fähigkeiten in diesem Bereich zu entwickeln. Der zweite Bestandteil der Schnelligkeit ist die Zeit, die Du benötigst, nachdem Du die Notwendigkeit für eine gegebene Aktion wahrgenommen hast, um diese Aktion tatsächlich auszuführen. Du siehst, wie der Typ eine Faust macht, als sich die Schulter seiner Schlaghand anfängt abzusenken, und Du nimmst die Absicht eines rechten Hakens zu Deinem Kopf war. Jetzt mußt Du reagieren. Dies bedeutet, Du mußt eine Antwort wählen und dieselbe ausführen. Offensichtlich bleibt keine Zeit, um zu denken: „Hmm, sieht ganz nach einem rechten Haken aus. Sollte ich einen Block nach oben ausführen? Oder wie wäre es mit einem Fegeblock?" Zu dem Zeitpunkt wird der Schlag getroffen und Dich weggehauen haben. Du mußt sofort reagieren, ohne oder zumindest mit nur einem Minimum an bewußtem Denken. Die erste Sache, die wir tun werden, um Deine Reaktionszeit zu verringern, ist die, Deine Auswahl der Antworten auf ein absolutes Minimum zu beschränken. Deshalb werde ich nur zwei grundlegende Methoden des Abwehrens eines Schlags auffuhren. Wenn sie richtig angewendet werden, werden diese zwei Methoden gegen nahezu jede Art von Schlag wirkungsvoll sein. Bemerke, daß dies philosophisch gesehen den meisten Kampfkunstsystemen direkt widerspricht, die versuchen, eine Vielzahl von Techniken zu lehren, um eine Vielzahl von Schlägen oder Angriffen abzublocken. Dies ist einfach unnötig für die meisten echten Kämpfe. Außerdem kann das Sichverlassen auf eine Vielzahl von Techniken Deinen Verstand verwirren - d.h., es kann das Bewußtsein des Verteidigers unterteilen und eine Barriere zwischen dem gegnerischen Angriff und der Antwort des Verteidigers aufbauen. Meine Methode dient dazu, dieses Problem zu beseitigen. Schließlich gibt es noch den dritten Bestandteil der Schnelligkeit. Du hast den Angriff wahrgenommen und daher die Notwendigkeit zu antworten, Dein Gehirn hat die Antwort ausgewählt (all dies geschieht im Bruchteil einer Sekunde); jetzt kommen wir zu dem, was die meisten Leute als Schnelligkeit betrachten, und das ist, wie schnell sich etwas bewegt. Das Haupthindernis daran, wie schnell Du Dich bewegst, ist, wie sehr Du Dich selbst abbremst. Du bremst Dich selbst ab, indem Du Muskelanspannung in Dein Gliedmaß legst, bevor Du zuschlägst. Spannung in Deinen Muskeln verursacht Reibung und Widerstand, welche Du dann überwinden mußt, um den Schlag auszuführen. Die Spannung ist ein Spiegelbild der Anspannung in Deinem Verstand. Du kannst lernen, Deinen Verstand und dadurch Deine Schnelligkeit zu kontrollieren. Bevor wir fortfahren, wie wäre es da mit einer farbenfrohen Geschichte, um diesen Punkt darzustellen? Dies ist ein Trick, den ich in Bars benutzt habe, um ein paar Drinks oder andere Kneipenwetten zu gewinnen und, in einem Fall, um einen Typ davon zu überzeugen, daß er nicht mit mir kämpfen möchte. Er ist leicht zu erlernen, hilft Dir zu verstehen, wie eine schnelle Bewegung erzielt wird, und dient als ein gutes Beispiel dafür, wie all die vorher erwähnten Bestandteile der Schnelligkeit zusammenarbeiten. Die meisten Beobachter werden oder können nicht zwischen den Bestandteilen der Schnelligkeit unterscheiden, so daß dieser Trick für sie erscheint wie: „Verdammt, der Scheißkerl ist sauschnell!" Dennoch denke ich, daß fast jeder
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lernen kann, seine Schnelligkeit zu verdoppeln, und nahezu jeder kann auch diesen Münzentrick erlernen. Hier ist er. Ich lasse den Typ seine Hand mit der Handfläche nach oben ausstrecken. Dann lege ich eine Münze in die Mitte seiner Handfläche und trete etwas zurück. Ich sage ihm, er soll auf die Münze schauen, weil ich sie aus seiner Hand schnappen werde, bevor er irgend etwas dagegen tun könnte. Im allgemeinen war die Antwort des Typs: „Das ist unmöglich!", besonders wenn er dachte, daß er schnell ist. Falls Du das Spiel als eine Wette spielst, ist dies der Moment, an dem Du Deinen Wetteinsatz machst und die Wettquoten festsetzt. Du kannst diesen Trick lernen, indem Du zuerst Deinen Verstand und Deinen Körper entspannst, so daß sich Deine Hand unbelastet bewegen kann. Die Schnelligkeits- und Konzentrationsübungen, die ich später in diesem Kapitel präsentiere, werden Dir helfen, diese Entspannung zu entwickeln. Tatsache ist, daß diese Fähigkeit, sich zu entspannen, ein Schlüssel zum Erfolg in vielen Sportarten, nicht nur beim Kampf, ist. Weil meine Hand völlig entspannt war, genauso wie mein Verstand, konnte ich sie sehr schnell bewegen. Dies ist einfach, aber Du mußt es in den Drills erfahren. Es ist eines dieser Dinge, bei dem Du die dahinter steckende Wahrheit verstehst, wenn Du es zum ersten Mal richtig gemacht hast. Hast Du es erst einmal erfolgreich durchgeführt, versuch es zu wiederholen, aber paß auf! Falls Du Dich damit befaßt, „es wieder richtig zu machen", wirst Du wieder Anspannung hineinbringen und versagen. Die Warnung des alten Musashi „Denke weder an den Sieg noch an Dich selbst..." wird eine neue und tiefgründigere Bedeutung bekommen, sobald Du diesen Trick korrekt ausführen kannst. Ich habe diesen Trick einmal durchgezogen, um einen Typ zu entmutigen, der mich als ein möglicher Weghau-Kandidat „interviewte". Nachdem ich die Münze aus seiner Hand geschnappt hatte, stand er da, ungläubig auf seine leere Handfläche starrend. Genau da fragte ich ihn, ob wir nicht besser miteinander auskommen könnten, denn falls er sich mit mir anlegen würde, würde ich auf die selbe Weise eines seiner Augen aus seinem Schädel herausschnappen. Der Saftsack war davon überzeugt. Tatsächlich glaube ich nicht, daß ich ein Auge aus irgend jemand seinem Kopf herauspflücken hätte können. Aber er konnte das ja nicht wissen. Bevor ich dieses Münzentrickthema verlasse, gibt es da noch ein paar andere Gründe, warum ich es vorgebracht habe. Dadurch, daß ich den Typ auf die Münze blicken lasse, beraubte ich ihn der Möglichkeit, auf meinen Körper zu sehen und dadurch irgend welcher körperlichen Anhaltspunkte, die ich abgeben mag, die meiner Bewegung vorausgehen würden. Ich gab nicht viele, falls überhaupt welche, dieser Hinweise ab. In jedem Fall war ihm durch das Blicken auf die Münze der erste Bestandteil der Schnelligkeit - die Wahrnehmung - versagt. Zweitens, selbst wenn der Typ wirklich schnell war, verhinderte meine Hand in seiner geöffneten Handfläche, daß er körperlich dazu in der Lage war, sie in dem Augenblick zu schließen, in dem ich die Münze schnappte. Wenn meine Hand in seine Handfläche klatschte, ließ sie die Münze in meine Hand hochspringen. Da ich die Bewegung eingeleitet hatte, war ich wahrnehmungsmäßig bereit dazu, sie in einer Bewegung aufzufangen und meine Hand zurückzuziehen.
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Da der Typ nun eine solche Sache noch nie zuvor erlebt hatte und sein Verstand von der Wahrnehmung her nicht bereit dazu war, es zu akzeptieren, erkannte er nie, daß er in der Lage war, zu irgendeinem Grad darauf zu reagieren. Alles, woran er dachte, war: „Peng! Es ist einfach passiert." In den vorhergehenden beiden Absätzen erwähnte ich einige Gründe dafür, warum der Münzentrick funktioniert. Einige haben mit „Konzept" zu tun, andere mit „Technik". Lies den Absatz noch einmal und unterteile die Konzepte von den Techniken. Ja, ich bitte Dich darum, nachzudenken. Falls Du das Kämpfen lang und ernsthaft genug trainierst und Du ausreichende Kampferfahrung hast (und es muß nicht immer eine Menge sein), wirst Du letzten Endes zu der Erkenntnis kommen, daß Konzepte wichtiger als Techniken sind. Konzepte können, wenn sie erst einmal gemeistert sind, auf viele Situationen verallgemeinert werden, selbst über Angriffssituationen hinaus, während Techniken mehr speziell sind. Konzepte sind Strategien; Techniken sind Taktiken. Die begrifflichen Elemente der Schnelligkeit treffen sowohl auf die Ausführung Deines Schlags als auch auf das Vermeiden des gegnerischen Schlags zu. In beiden Fällen wird der Erfolg Deiner Aktion abhängen von Deiner Schnelligkeit in allen ihren Bestandteilen.
Diese folgende besondere Fotoserie wird hier aufgeführt, weil sie eine visuelle Grundlage bietet, in der die Konzepte dargestellt werden des a) nicht der Kraft des Gegners Widerstand leisten, b) Sparsamkeit in der Bewegung und c) des fortlaufenden Angriffs. In diesem ersten Foto kommt der Angreifer an den Verteidiger mit einem Würgegriff von vorn heran. Der Verteidiger spürt sofort die Möglichkeit eines Kniestoßes zum Unterleib und ist bereits leicht zurückgetreten. Seine Hände gehen nach unten, mit den Handflächen nach unten, um sich gegen einen möglichen Kniestoß zu verteidigen.
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Etwa eine Viertelsekunde später fängt der Verteidiger das rechte Handgelenk des Angreifers mit seiner linken Hand ein. Dies wird nur gemacht, um die Hand des Angreifers an Ort und Stelle zu halten und für ein Tastgefühl, nicht um zu versuchen, sie wegzubewegen. Mit seinen Händen am Körper des Angreifers kann der Verteidiger nun die Handbewegungen und Gewichtsverlagerungen spüren, die weiteren Angriffen vorausgehen. Beachte, daß die rechte Hand des Verteidigers begonnen hat, sich zwischen den beiden Armen des Angreifers zu bewegen. Der Verteidiger dreht seinen Körper bei dieser Bewegung, welche dem folgenden Ellenbogenstoß vorausgeht.
Beachte, daß der Kraft des Gegners überhaupt kein Widerstand geleistet wird zu irgend einem Zeitpunkt. Dies läßt die Hände des Angreifers an ihrer ursprünglichen Position an der Kehle des Verteidigers, wodurch sie zum Abblocken des Ellenbogenstoßes nicht zur Verfügung stehen. Da der Angreifer außerdem noch immer seinen ursprünglichen Griff an der Kehle beibehält, fühlt er, daß alles nach Plan verläuft und ist daher völlig unvorbereitet für den Ellenbogenstoß. 48
Peng! Der Ellenbogenstoß trifft. Er hat das gesamte Körpergewicht des Verteidigers hinter sich wegen der notwendigen Hüftdrehung, die diesem Schlag vorausging, wie in den vorherigen beiden Fotos zu sehen. Beachte, daß der Verteidiger seinen Griff am gegnerischen rechten Handgelenk beibehält. Falls der Angreifer sich losbricht oder seine Hand befreit für einen Schlag, weiß der Verteidiger dies sofort und kann angemessen kontern. Ein kraftvoller Schlag wie dieser Ellenbogenstoß läßt den Angreifer die kleinen purpurfarbenen Lichtpunkte vor schwarzem Hintergrund sehen.
Im Augenblick nach dem Aufschlag dreht der Verteidiger sein Handgelenk, um seinen Griff am Handgelenk des Angreifers zu ändern, da aus dem Ellenbogenstoß ein Griff in den Nacken geworden ist. Beachte, wie die rechte Hand des Verteidigers, bereits in Bewegung von dem Ellenbogenstoß, auf natürliche Weise vorbereitet wurde für den Griff in den Nacken. Dies ist ein Beispiel für Sparsamkeit der Bewegung. Beobachte die Position der Hände des Verteidigers am Körper des Angreifers: Der erreichte Hebel an einem bereits angeschlagenen Gegner bereitet den Hals-Handgelenk-Dreher vor.
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Der Verteidiger bringt den Arm des Angreifers kraftvoll nach oben, während er dessen Kopf nach unten zieht. Dies wird in einer schnellen, schnappenden Bewegung gemacht, die den Angreifer vornüberbeugt, um den aufwärtsgeführten Kniestoß zur Körpermitte zu empfangen (idealerweise zum Solarplexus).
Das Knie zur Körpermitte hat den Angreifer noch weiter geschwächt und betäubt. Der Aufschlag hat die Hand des Verteidigers vom Genick des Angreifers wegprallen lassen. Die Hand kommt wieder zurück nach unten und landet auf dem Hinterkopf des Angreifers, manchmal dabei das Haar erfassend. Beachte, wie der Verteidiger vom vorherigen Foto aus seinen Körper herumgedreht hat, während er seinen Griff am Handgelenk des Angreifers beibehielt. Dies verhindert, daß der Angreifer sein Gleichgewicht wiedergewinnt und macht eine Erholung unmöglich, solange er in Bewegung gehalten wird. Dies ist vom Konzept her dem „Taucher" gleich; hier drehen wir das Objekt herum. Der Verteidiger benutzt diesen Hebel, um das Gesicht des 50
Angreifers in das aufwärtsgehende Knie zu stoßen. Dies ist ein sehr starker, wohl konzentrierter Stoß, da der Verteidiger bloß den Aufschlag seines eigenen Knies mit seiner eigenen Hand zu koordinieren braucht.
Einmal ist nicht genug! Der Aufschlag des Knies im Gesicht hat die Hand des Verteidigers erneut wegprallen lassen; diesmal kommt sie als Handkantenschlag zum Genick herunter. Beachte, daß der Verteidiger noch immer die Kontrolle und Rückmeldung per Tastsinn behält, indem er das rechte Handgelenk des Angreifers festhält. Diese gesamte Fotoserie stellt das Konzept des fortlaufenden Angriffs dar.
DER VERTIKALE FAUSTSCHLAG Im Gegensatz zur Position der Faust, mit der ein Boxer einen geraden Schlag oder Haken schlägt, wird die vertikale Faust senkrecht gehalten. Das Handgelenk wird leicht gebeugt, so daß die Linie, die von den Knöcheln gebildet wird, im wesentlichen senkrecht zum Boden und parallel zur vertikalen Achse des Körpers verläuft. Der vertikale Faustschlag ist die Fausthaltung der „beschleunigungsbasierenden" Schläge, die wir begutachten werden. Auf Beschleunigung basierende Schläge bewegen sich wie eine Peitsche. Sie werden in eine Richtung in das Ziel abgefeuert, dann, nachdem der Kontakt gemacht worden ist, kehren sie sofort die Richtung um. Dies ist ein unbedingt notwendiges Konzept, das Du verstehen mußt, um diese Schläge funktionieren zu lassen. Die Übungen werden Dir beibringen, wie; hier ist das Warum. Stell Dir eine Lederpeitsche und eine Wassermelone vor. Du kannst die flexible Lederpeitsche nicht in die Wassermelone „hineinstecken". Falls Du allerdings weißt, wie man die Peitsche zum Knallen bringt (wie Du es in den Westernfilmen gesehen hast), dann könntest Du ein Stück aus der Wassermelone herausschlagen. Es erfordert Timing, um eine Lederpeitsche zum Knallen zu bringen, und Timing ist die 51
lebenswichtige Quelle der Kraft bei Beschleunigungsschlägen. Falls die Peitsche ein bißchen zu früh oder zu spät im Ziel ankommt, gibt es keinen Peitschenknall und damit keine Kraft. Bei dem vertikalen Faustschlag ist es genauso. Die Kerzenübungen werden Dir dies später besser demonstrieren, als ich es Dir hier erklären kann. Für die Physikfanatiker unter Euch sind hier kurz zusammengefaßt die Mechaniken der Beschleunigungsschläge (Du kannst diesen Absatz gerne überspringen, falls Du Dich nicht für Physik interessierst). Wucht ist das einfache Produkt aus Masse x Geschwindigkeit. Behalte im Kopf, daß Beschleunigung die zweite Ableitung der Geschwindigkeit ist und wir folglich die Gleichung Kraft = Masse x Beschleunigung haben. Dies gibt uns einfach die „Arbeit", die erzielt wird, wenn etwas seine kinetische Energie abgibt. Bedenke, daß Beschleunigung positiv oder negativ (abbremsend) sein kann. Nahe dem Punkt, an dem die Faust umkehrt, haben wir, kurzfristig und räumlich, momentan eine extreme Beschleunigung. Beachte, daß dies nur ein kurzes Intervall ist, und es ereignet sich direkt vor der Richtungsumkehrung. Behalte außerdem im Kopf, daß Schwerkraft und Beschleunigung (oder Abbremsung) quantenmäßig die selbe Sache sind. Dies bedeutet, daß die Kraftübertragung nahezu vollständig eine Einbahnstraße in diesem kurzen Augenblick des Zusammenstoßes ist. Der Kopf des Typs nimmt die Energie auf, während die zuschlagende Hand sehr wenig der „zurückprallenden" Energie aufnimmt. Du kannst dies auf verschiedene Weisen betrachten, aber es läuft alles auf die extreme Beschleunigung, abgestimmt mit dem Moment des Aufschlags und dem Umkehren des Schlags hinaus. Dies ist es, was Kampfkünstler als „Fokus" oder „Brennpunkt" bezeichnen. In der einfachen Mathematik dieser Situation liegt ihre wahre Eleganz. Wenn er in nahezu Perfektion ausgeführt wird, ist die Kraft eines solchen Schlags phantastisch. Erinnerst Du Dich daran, daß ich sagte, Du kannst Leute nicht mit einer geschlossenen Faust zum Kopf schlagen, ohne eine Verletzung an Deiner Hand zu riskieren? Die vertikale Fausthaltung erlaubt einen Schlag zum Kopf mit einer geschlossenen Faust wegen der peitschenden Aktion und der sich daraus ergebenden Energieübertragung, die eher in den Kopf als in Deine Hand geht, wenn die beiden aufeinanderprallen. Diese eingleisige Übertragung der Kraft erfordert allerdings einen richtigen Brennpunkt für den Schlag. Das Hauptziel für den vertikalen Faustschlag ist die gegnerische Nase. Die Nase ist ein wirksames Ziel (hast Du jemals eine Katze gegen einen großen Hund um ihr Leben kämpfen sehen?), weil sie, aus weichem Gewebe bestehend, unter dem Schlag zusammenknickt und den Aufschlag Deiner Hand abdämpft. Die knochigen Teile des Schädels sind zu hart dafür, und die Energieabgabe wird teilweise in Deine eigene Hand zurückprallen. Wie jeder andere einzelne Schlag wird der vertikale Faustschlag zur Nase nicht den Kampf beenden. Aber er wird Deinen nächsten Schlag vorbereiten, während Dein Feind betäubt und nicht in der Lage ist, sich selbst wirkungsvoll zu verteidigen. Das zweite Ziel für den vertikalen Faustschlag ist der Solarplexus. Dies ist der Bereich direkt unter dem Brustbein, dort, wo die unteren Rippen vorne in Deinem Körper zusammenkommen. Der Solarplexus ist aus zwei Gründen ein wirkungsvolles Ziel. Nummer eins, hier ist es, wo der größte Teil des Herzens offen liegt. Ein konzentrierter Schlag hierhin verursacht ein Trauma am Herzen, welches
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zu einer kurzfristigen Unterbrechung beim Pumpen des Blutes führen kann. Diese Unterbrechung mag nur für einen einzigen Herzschlag andauern, aber das genügt, um Deinen Mann kurzfristig außer Betrieb zu setzen. Der zweite Gesichtspunkt dieses Schlags, falls er kraftvoll genug und Dein Feind nicht zu groß ist, ist der, daß er die Luft aus dem Zwerchfell pressen kann und das klassische „Luftweghauen"-Syndrom erzeugen kann (Aber behalte im Kopf, daß ein einzelner Schlag selten jemals genug ist. Leute gehen normalerweise nicht so schnell zu Boden.).
Faustschlag mit vertikaler Fausthaltung. Die Distanz ist hier gewissermaßen etwas übertrieben, um die Bewegung klarer darzustellen; in einem echten Kampf würden die Gegner sich dichter beieinander befinden. Der Verteidiger ist am Schlag des Angreifers mit einer Außenabwehr ausgewichen, und der vertikale Faustschlag wird von der Außenbahn geschlagen. Beachte, daß das Auge des Verteidigers direkt auf dem Ziel liegt. Der Aufschlag wird mit den beiden ersten Knöcheln der Faust des Verteidigers erfolgen. Dieser Schlag ist ein auf Beschleunigung basierender Schlag; er peitscht hinein und wieder zurück wie eine Lederpeitsche.
Einer der Vorteile der vertikalen Faust ist, daß sie wirkungsvoll aus einer Vielzahl von ungewöhnlichen Winkeln heraus geschlagen werden kann. Dies ist nicht der Fall mit Haken, Schlägen mit der Hinterhand und ähnlichen, weil sie eine richtige gegenüberstehende geometrische Position zu Deinem Gegner erfordern, um Kraft zu übertragen. Der vertikale Faustschlag verlangt dieses Gegenüberstehen nicht. Der Typ kann etwas hinter Dir und zu Deiner Linken stehen, vor Dir, aber so nah, daß seine Brust Deine berührt, oder in einer Vielzahl von ungewöhnlichen Winkeln zu Dir, in denen Haken oder gerade Schläge nicht mit maximaler Wirkung ausgeführt werden können. Ein weiterer Vorteil ist, daß der durchschnittliche Drecksack mit diesem Schlag nicht vertraut ist. Ein Grund dafür ist der, daß er ihn nicht zu oft sieht, so daß er nicht
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hat lernen können, sich gegen ihn zu verteidigen, wie er es mit anderen, bekannteren Schlägen wie dem geraden Schlag oder Haken gelernt haben mag. Ein dritter Vorteil, und dies ist wirklich wichtig, ist, daß das Herankommen des vertikalen Faustschlags viel schwieriger zu sehen ist als ein Haken oder selbst ein gerader Schlag. Der Haken hat einen Bogen in sich, welcher dem Gegner eine bessere Chance gibt, ihn herankommen zu sehen. Der gerade Schlag ist schwieriger zu sehen, weil er aus einer geraden Linie hereinkommt, allerdings auf Augenhöhe. Der vertikale Faustschlag ist am schwersten von allen zu sehen, weil er seine Bewegung unterhalb der gegnerischen Sichtlinie beginnt. Der Schlag beschleunigt in einer vertikalen Ebene, sich grundsätzlich von Taillenhöhe an aufwärtsbewegend zu Nase oder Solarplexus. Wegen dieser tiefen Bahn des vertikalen Faustschlags kann er mit Kraft geschlagen werden, selbst wenn Du dicht an Deinem Gegner dran stehst; zu nah z.B. für einen Schlag mit der hinteren Hand, Haken oder geraden Schlag, um ausreichend Kraft zu erzeugen. Er ist außerdem leichter loszulassen, ohne den Schlag zu telegraphieren. Der Schlüssel zu einem wirkungsvollen vertikalen Faustschlag ist, die Hand entspannt und teilweise offen zu halten, bevor der Schlag beginnt. Während er zum Ziel aufsteigt (mit Deinen Augen auf das Ziel gerichtet), bleibt die Hand entspannt gehalten, damit sie sich schnell bewegen kann. Dann wird sie beim Aufschlag geschlossen. Nach dem Aufschlag wird sie sofort entspannt, damit sie sich sofort zurückziehen kann. Der Hauptfehler bei der Ausführung dieses Schlags ist, die Hand und den Arm zu angespannt zu halten und dadurch Widerstand zu der Bewegung hinzuzufügen. Diese Technik muß flitzen; es ist ein schneller Rein-Raus-Schlag. Dein Schlag muß gespürt werden, bevor er gesehen wird (jau, Bruce hat das auch gesagt). Wenn Du regelmäßig eine Kerze mit dem vertikalen Faustschlag wie bei den Übungen beschrieben ausschlagen kannst, wirst Du einen beeindruckenden Schlag in Deine Werkzeugkiste der Waffen plaziert haben. Überprüfe die Fotos, bis Du verstehst, was mit all dem gemeint ist. Der vertikale Faustschlag ist einer von nur zwei Schlägen mit geschlossener Faust, die ich zum Kopf eines Gegners einsetze. Hier kommt der zweite. DER RÜCKFAUSTSCHLAG Der Rückfaustschlag ist ebenfalls ein Beschleunigungsschlag. Der Schlagbereich sind die zwei großen Knöchel Deiner Hand; das Ziel ist die gegnerische Schläfe oder die Seite seines Unterkiefers. Genauso wie der vertikale Faustschlag wird der Rückfaustschlag offen und locker gehalten auf dem Weg zum Ziel, damit er sich unbelastet und schnell bewegen kann. Erst kurz vor dem Aufschlag wird die Faust zusammengezogen und die Hand geballt. Nach dem Aufschlag wird die Hand wieder entspannt, während sie sich genauso schnell zurückzieht wie sie herausschoß. Die Rückfaust, obwohl mit der Führhand (die Hand von der Seite Deines Körpers, die Deinem Gegner am nächsten ist) geschlagen, beginnt ihre Beschleunigung von der Hüfte aus, die am weitesten von Deinem Gegner entfernt ist. Vermeide, den Schlag weiter heraus und weiter weg von Deinem Körper zu schwingen, als Du mußt, um Kraft zu erzeugen. Er sollte sich nah an Deinem Körper bewegen. Kampfkunstlehrer, insbesondere Traditionalisten, haben strikte und genaue Regeln
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für diese Schläge. Ich habe herausgefunden, daß die Körper der Leute unterschiedlich sind, und dies macht einen Unterschied aus, wie weit der Schlag heraus- und wegschwingen kann vom Körper, bevor er an Kraft verliert und leichter abzublocken ist. Anstatt durch bestimmte Formen eingezwängt zu sein, verstehe besser die folgenden Konzepte und experimentiere dann mit den Übungen. Schließlich wirst Du für den Schlag die korrekte Bahn finden, die am besten zu Deinem Körper paßt. Es sind diese Konzepte im Gedächtnis zu behalten. Wenn der Schlag sich sehr eng an Deinem Körper entlang bewegt, macht es dies schwieriger für den Gegner, ihn zu sehen, bevor er landet. Wenn andererseits der Schlag zu nah an Deinem Körper entlang führt, schränkst Du Dich ein, indem Du Spannung in den Arm, Handgelenk und Hand legst. Den Arm ein klein wenig herausschwingen zu lassen wird diese Spannung lockern und der Faust erlauben, sich schneller und mit größerer Wirkung zu bewegen. Falls der Schlag allerdings zu weit vom Körper weg geschlagen wird, verliert er an Kraft und läßt sich einfacher abfangen. Der Rückfaustschlag ist ein weiterer Schlag, mit dem der durchschnittliche Schlägertyp nicht vertraut ist. Ich habe die Rückfaust fast ausschließlich gegen einen Feind vor mir oder, seltener, bei einem Gegner eingesetzt, der getroffen war, aber außer Reichweite fiel. Da er verletzt war, konnte ich ein wenig weiter mit einem längeren Rückfaustschlag vorgehen, möglicherweise verbunden mit einer leichten Drehung meines Körpers, um einen guten Winkel zu erreichen. Die Filme machen eine große Sache daraus, den Rückfaustschlag gegen einen Angreifer einzusetzen, der Zugreift oder von hinten herankommt. Tatsächlich hat der Schlag nicht wirklich viel Saft, wenn er gegen einen Typ hinter Dir geschlagen wird; es ist bloß so, daß er einer der wenigen Schläge ist, die aus solch einer Position heraus ausgeführt werden können. Ich kann mich nur an ein einziges Mal erinnern, bei dem ich einen Rückfaustschlag gegen einen Gegner eingesetzt habe, der sich hinter mir befand. Laß uns jetzt einige Übungen für Beschleunigungsschläge ansehen. Die Kerzenübung Diese Übung vermittelt Dir ein Feedback über die Qualität in Deiner Ausführung des Beschleunigungsschlags. Du mußt es so lange versuchen, bis Du es richtig kannst. Besorg Dir eine runde Kerze von etwa 2,5 cm Durchmesser und zünde sie an. Unter Einsatz des vertikalen Faustschlags versuchst Du, sie auszuschlagen, ohne sie oder die Flamme zu berühren. Dies wird durch die Kompression der Luft erreicht, die sich genau dann vor Deiner Hand bildet, bevor Du den Schlag zurückziehst. Falls Du den richtigen Brennpunkt hast, wird es ausreichend sein, um die Kerze damit auszublasen. Dies erfordert einige Präzision. Fast jeder, falls er lange genug dabeibleibt, kann erlernen, die Kerze auszuschlagen. Viele Leute können lernen, nach nur etwa einer Stunde Übung es jedes zweite Mal zu schaffen. Du solltest diesen Schlag so gut draufkriegen, daß Du es fast jedesmal schaffst. Wenn Du diese Übung ausführst, wirst Du sehen, wie die mentale Frustration über das Versagen Dich es zu hart versuchen läßt. Dies bedeutet, Du bist nicht entspannt.
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Du kannst diese Übung nicht mit Kraft erzwingen; die einzige Möglichkeit, um die Kerze auszuschlagen, ist in der Tat mit einem richtig konzentrierten Schlag. Stell sicher, daß Du eine passende Kerze benutzt. Eine Kerze, die einen riesigen Docht, eine schräge Kante oder einen zu großen Ständer hat, die entweder die Flamme von dem Wind abschirmen oder Deine Hand nicht nah genug herankommen lassen, bevor sie die Kerze trifft, ist nicht gut. Um eine Vorstellung davon und vielleicht eine Ermutigung zu bekommen, daß Du es tun kannst (immer ein wichtiger erster Schritt, bevor Du tatsächlich etwas tust), kannst Du ein bißchen Wachs von der Kerze abschneiden, um die Flamme mehr offen stehen zu lassen. Hast Du es erst einmal drauf, versuche, die Kerze aus ungewöhnlichen Winkeln und aus der Bewegung heraus auszuschlagen. Ein Beispiel dafür ist, nur ein bißchen mehr als Armlänge von der Kerze weg zu stehen, so daß Du ein wenig vorgehen mußt (mit Deinem Fuß herangleitest), bevor Du den vertikalen Faustschlag herausläßt. Vielfach erfordert die Ausführung dieses Schlags in einem Kampf einen solchen Vorwärtsschritt und wird dadurch noch verstärkt. Auf diese Weise lernst Du, die beiden Bewegungen zu koordinieren (Wir werden uns dies in Kapitel 5 näher anschauen.). Für die meisten Leute (jedoch nicht für alle) ist es schwieriger, die Kerzenübung mit dem Rückfaustschlag auszuführen, was ein Grund dafür ist, mit dem vertikalen Faustschlag zu beginnen. Die Physik bei beiden Schlägen ist jedoch die selbe. Die Hängender Stoff Übung Hier haben wir eine weitere hervorragende Trainingsmethode (Eine hervorragende Trainingsmethode ist eine, die Dich wissen läßt, daß Du es richtig machst, wenn der „Trick" funktioniert und Dir zur selben Zeit beibringt, wie es geht.). Nimm ein Stück aus Stoff, Segeltuch, Zeltbahn oder altem Duschvorhang. Schneide das Material in ein Rechteck von ungefähr zwanzig mal zwanzig Zentimetern Größe. Verwende Schnüre oder Bänder und häng das Material von der Decke herab etwa in Nasenhöhe auf. Die Idee ist, einen vertikalen Faustschlag und später einen Rückfaustschlag so auszuführen, daß der Stoff „popp" macht. Dies geschieht, wenn die Energieabgabe so schnell ist, daß der Stoff sie nicht ganz absorbieren kann, ohne so schnell weggeschoben zu werden, daß es die Luft zum „Knallen" bringt, so wie die vorher erwähnte Lederpeitsche. Du wirst wissen, wenn Du es richtig machst. Experimentiere mit all den erwähnten Materialien und versuche es mit verschieden großen Zielen. Nachdem Du die Grundlagen gelernt hast, verändere die Zielhöhe für größere und kleinere Opfer. Falls Du wirklich halbverrückt bist, häng eine Anzahl von Zielen überall im Haus auf und, während Du an ihnen vorgehst, zu ungewöhnlichen Zeiten und in ungewöhnlichen Winkeln, schlag mit einem süßen konzentrierten vertikalen Faustschlag oder Rückfaustschlag zu. Meine Frau haßt das. DER HANDBALLENSTOSS Der Handballenstoß ist ein weiterer Lieblingsschlag von mir, den ich viele Male mit außerordentlicher Wirkung eingesetzt habe. Erlern ihn und Du wirst es auch können.
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Die Großartigkeit des Handballenstoßes ist, daß er mit einer offenen Hand anfängt und endet, und nur das Handgelenk spannt sich im Augenblick des Aufschlags an. Dadurch kann er sich sehr schnell bewegen, und das bedeutet Kraft. Weiterhin erzeugt der Handballenstoß seine Kraft, indem er dem Schlag das volle Körpergewicht dahinter verleiht. Dies wird erreicht durch eine richtige Drehung der Hüften (und es erfordert manchmal nicht viel an Bewegung aus der Hüfte heraus) und des Timings von Gewichtsverlagerung mit dem Aufschlag des Schlags. Du kannst nahezu jedes Ziel mit diesem Schlag treffen, ohne viel Risiko für eine Verletzung an Deiner Hand.
Der Handballenstoß. In diesem Foto wird der Schlag von der Außenbahn geschlagen, nachdem der Verteidiger eine Außenabwehr gegen einen geraden Schlag zu seinem Kopf ausgeführt hat. Beachte, daß in dieser Außenposition die linke Hand des Angreifers nicht für einen sofortigen Schlag zur Verfügung steht; sie wurde durch die Außenabwehr nach unten gezogen (diese Handaktion wird im Detail gezeigt auf den Seiten 99 bis 100). Die linke Hand des Verteidigers befindet sich am Ellenbogen des Angreifers, sperrt den Schlagarm des Angreifers und setzt seine Vorwärtsbewegung in den Handballenstoß hinein fort.
Der hauptsächliche taktische Vorteil des Handballenstoßes ist jedoch, daß er in einer Ringkampf- oder anderen Nahkampfsituation ausgeführt werden kann. Dies bedeutet im allgemeinen, daß das Ziel für den Schlag der Solarplexus ist. Er ist ebenfalls gut, um die kurzen Rippen zu brechen, falls Dein Gegner nicht zu groß ist (d.h. falls sein Knochenbau nicht sehr viel größer als Deiner ist). Ein drittes Ziel ist ein aufwärtsgeführter Handballenstoß unter das gegnerische Kinn, eine fortgeschrittenere Form des Aufwärtshakens. Der Handballenstoß erfordert Entspannung, um Schnelligkeit zu erzeugen, dann ein »Anspannen" beim Aufschlag mit dem Ziel. In diesem Sinne teilt er die Elemente mit den beiden vorherigen Schlägen. Der hauptsächliche Gegensatz zwischen dem
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Handballenstoß und dem vertikalen Faustschlag sowie dem Rückfaustschlag ist, daß es eher ein stoßender Schlag als ein auf Beschleunigung basierender Schlag ist. Während die Beschleunigungsschläge abhängig sind von der Richtungsumkehrung des Schlags, um Kraft zu übertragen, wird der Handballenstoß im allgemeinen als ein Stoß durch den Körper geschlagen. Dein Arm und Handgelenk sollten sich so anspannen, als ob sie eine feste, solide, gelenklose Waffe bilden, so wie das Ende eines Stocks. Es ist wichtig, daß das Handgelenk beim Aufschlag angespannt wird. Dies überträgt die Energie eher in den gegnerischen Körper als daß sie Dein Handgelenk umbiegt. Die Schlagfläche ist die Unterseite der Handfläche, welche eine Linie bildet mit der Verbindung aus den Enden der Ellenbogen- und Speichenknochen mit den Handgelenkknochen (schau Dir einfach das Foto an). Wie gesagt, die Kraft kommt aus einer leichten Drehung der Hüften, so daß Dein ganzes Körpergewicht auf ihm reitet, wenn der Schlag ankommt. Dies erfordert eine leichte Gewichtsverlagerung; zuerst auf das hintere Bein, dann auf das vordere Bein. Um die richtige Hüftaktion zu bekommen, experimentiere damit, Deinen Arm völlig locker zu halten und ihn in die gewünschte Schlagbahn allein durch den Einsatz Deiner Hüften hochschnappen zu lassen. Du kannst den Schlag nicht wirklich so einsetzen; diese Übung soll Dir nur zeigen, wie eine leichte Hüftdrehung Kraft erzeugt. Du solltest auch mit der Ausführung dieses Schlags als ein Beschleunigungsschlag experimentieren. DER GERADE SCHLAG MIT DER HINTERHAND Dies ist ein auf Beschleunigung basierender Schlag, der, genauso wie der Handballenstoß, die Hüftdrehung einsetzt, um Körpergewicht in den Schlag zu legen. Genauso wie der Handballenstoß ist er fast ausschließlich nützlich gegen einen Gegner, der direkt vor Dir steht. Er wird häufig in ringkampfartigen Situationen eingesetzt. Die Körpermitte ist das einzige Ziel für diesen Schlag, was erneut bedeutet: der Solarplexus und die kurzen Rippen. Du wirst Dir Deine Hand zerschlagen, falls Du ihn gegen den Kopf einsetzt. Taekwon-Do-Leute legen großen Wert auf den Schlag mit der Hinterhand und führen ihn häufig gut im Dojang (das koreanische Gegenstück zum japanischen Dojo und dem chinesischen Kwoon) aus. Unglücklicherweise können die meisten von ihnen diesen in einem Kampf nicht sehr gut einsetzen, aber dies trifft auf die meisten Karatetechniken in den meisten Stilen für die meisten Leute zu. Der Karate-Sensei wird Dir sagen, nicht Deine hintere Ferse zu heben, wenn Du diesen Schlag ausführst. Ich habe herausgefunden, daß es praktischer ist, zu lernen, wie man das Gleichgewicht behält während man die hintere Ferse anhebt, um dabei zu helfen, Dein Gewicht in den Schlag hinein zu verlagern. Wie alle Beschleunigungsschläge muß die hintere Gerade genauso schnell zurückgezogen werden, wie sie herauskommt. Erneut sehen wir das bekannte Konzept vom Entspanntsein bei der Ausführung, Anspannung beim Aufschlag, dann Entspannung beim Zurückziehen. Es ist eine peitschende Aktion. Hier sind einige Übungen für den Handballenstoß und die hintere Gerade.
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Der Sandsack Schlachte Dein Sparschwein, geh in ein Sportgeschäft und kauf Dir einen großen Sandsack. Die Alternative dazu ist, einen Sandsack im örtlichen Boxverein oder Dojo zu benutzen, aber einen in Deiner eigenen Bude zu haben bedeutet, daß Du regelmäßiger üben und ihn uneingeschränkter benutzen wirst. Der Sandsack ist ebenfalls eine gute Methode, um mentale Frustrationen loszuwerden oder sich ganz allgemein in einer Weise abzureagieren, die Dir keinen Ärger einhandeln wird.
Du mußt etwas haben, das Du mit voller Kraft treffen kannst, um einen wohl konzentrierten Schlag zu entwickeln. Dies macht das Training mit einem schweren Sandsack zu einer Notwendigkeit. Ohne diese Übung ist es wahrscheinlich, daß sich Dein Handgelenk umknicken wird, wenn Du Deinen Feind schlägst. Dies kann sowohl Verletzungen verursachen als auch Energie absorbieren, was Deinen Schlag unwirksam machen mag. Benutze Sandsackhandschuhe, um Deine Hände zu schützen. Nachdem Du ein bißchen trainiert hast, experimentiere mit leichteren, ungepolsterten Lederhandschuhen. Diese werden es Dir ermöglichen, den „Aufschlag" an Deiner Hand besser zu fühlen. Auf diese Weise trainierst Du Dich darauf, den Schlag in solch einer Art und Weise zu landen, daß Du Verletzungen an Deiner Hand reduzierst. Dies ist lebensnotwendig, weil es nicht sehr wahrscheinlich ist, daß Du in einem echten Kampf Handschuhe tragen wirst. Falls Du andererseits in einem richtigen Kampf Handschuhe trägst, ist es ein großer Vorteil. Dein Sandsacktraining wird Dir ermöglichen, das beste daraus zu machen.
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Obwohl ich den Sandsack insbesondere für die hintere Gerade und den Handballenstoß aufführe, sollte jeder Schlag an ihm geübt werden. Es gibt einfach keinen Ersatz dafür, tatsächlich etwas Hartes zu treffen. Karateka schlagen viel in die Luft, was ihnen häufig echte Probleme bereitet, wenn es zu einer echten Schlacht kommt. Aber erlerne zuerst die Beschleunigungsschläge unter Einsatz der Kerzenund Stoffübungen, bevor Du den Sandsack in Angriff nimmst. Ja, Du kannst Dir an dem Sandsack Dein Handgelenk verstauchen oder Deine Hände zum Anschwellen bringen, falls Du es nicht richtig machst und nicht nach und nach Deine Kraft aufbaust. Du magst herausfinden, daß Dein Handgelenk einknickt, wenn Du den Sack triffst. Dies muß vermieden werden. Ohne tatsächlich etwas Festes zu treffen würdest Du niemals erkennen, daß sich Dein Handgelenk auf diese Weise einknickt. Du kannst nicht etwas reparieren, solange Du nicht weißt, daß es auch kaputt ist. Wenn Du am Sandsack trainierst, benutze leichte Sandsackhandschuhe, um Deine Hände zu schützen. Versuche hin und wieder, normale Lederhandschuhe oder ungefütterte Arbeitshandschuhe zu benutzen. Du wirst bemerken, wie selbst ein leichter Handschuh Deine Hand viel besser schützt als gar kein Handschuh. Dies kommt daher, weil das Material dazu neigt, den Aufschlag über einen größeren Bereich der Hand zu verteilen. Ich erwähne dies, weil ich grundsätzlich ungegerbte Lederhandschuhe trage, wenn ich meinen Chopper reite, um die Vibrationen zu dämpfen und meine Hände für den Fall zu schützen, daß ich die Silver Serpent hinschmeißen muß. Wenn ich dazu gezwungen werde, mich zu verteidigen, während ich die Handschuhe trage (ist seit langer Zeit nicht mehr passiert), dann werde ich einige Schläge zum Kopf mit geschlossener Faust einsetzen, die ich andernfalls nicht mit einer bloßer Hand einsetzen würde. Wissend, wie man einen Schlag ausführt, kann ich Leute leicht härter treffen, als was meine Hände aushalten können. Aber mit Lederhandschuhen kann ich bedeutend härter treffen mit geringem Risiko für meine Hände. Das Experimentieren am Sandsack mit leichteren Handschuhen und manchmal mit bloßen Händen wird Dir zeigen, wie und wo Du vorsichtig sein mußt, um zu vermeiden, Deine Hände an jemand seinem Schädel zu zerschlagen. Insbesondere wenn Du die hintere Gerade ausführst, dann lerne, eine Rechts-LinksRechts-Kombination zum selben Bereich in einer fortlaufenden und schnellen Art und Weise auszuführen. Du magst in einem echten Kampf die Chance für diese Kombination bekommen, und mehrere wohl plazierte Schläge zum gleichen Teil des gegnerischen Körpers können einen sich verstärkenden Effekt haben. Sowohl mit dem Handballenstoß als auch bei der hinteren Gerade sollte Dein Schlag in den Sack hinein eindringen. Falls der Sack nach dem Aufschlag einfach wegschwingt, dann ist Dein Brennpunkt nicht richtig. Ein sehr kraftvoller, wohl plazierter Schlag wird den Sack einknicken lassen, bevor er anfängt, sich nach hinten zu bewegen. Dies kommt daher, weil der Brennpunkt so gut getimt ist, die Kraft so groß ist und die Energieübertragung so schnell ist, daß der Sack keine Zeit hat, sich nach hinten zu bewegen, um all diese Energie zu absorbieren. Statt dessen knickt er ein, bevor er sich bewegt. Dies ist genau das, was Du mit dem gegnerischen Körper geschehen lassen willst. Um genauer zu sein, möchtest Du, daß sich seine Knochen einknicken, bevor sein Körper zurückbewegt wird. Weißt Du, Knochen biegen sich nicht so gut; sie brechen.
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DER HANDKANTENSCHLAG Der Handkantenschlag ist die „Messerhand" oder der klassische Karateschlag, die Du wahrscheinlich im Kino oder im Fernsehen gesehen hast. Er ist ein nützlicher Schlag in echten Kämpfen, und ich habe ihn regelmäßig eingesetzt. Da er ein Schlag mit offener Hand ist, kann er mit Schnelligkeit ausgeführt werden, und er folgt ziemlich direkt auf Deinen Einsatz bei der Abwehr mit der offenen Hand, um dem Schlag Deines Gegners auszuweichen, wie wir später noch im Detail untersuchen werden. Die Kante der Hand kann einen festen Schlag ausführen, ohne möglicherweise zerschlagene Knöchel wie bei einer geschlossenen Faust zu bekommen. Ein Handkantenschlag ist ebenfalls einfacher und natürlicher zu konzentrieren als eine Faust. Er bringt eine Menge Kraft auf einen relativ kleinen Bereich der gegnerischen Anatomie, wenn er auftrifft. Die besten Ziele sind die Halsseite und das Schlüsselbein. Wenn er richtig gegen die Halsseite eingesetzt wird, kann der Handkantenschlag ein sehr betäubender Schlag sein. Er kann außerdem bei den meisten Leuten das Schlüsselbein brechen, vorausgesetzt, daß die Person, die getroffen wird und der Typ, der den Schlag ausführt, in etwa über einen gleich großen Knochenbau verfügen. Unglücklicherweise erfordert es in der dynamischen Aktion eines echten Kampfes Fertigkeiten und Erfahrung, um mit diesem Schlag richtig zu treffen und einem Typ sein Schlüsselbein zu brechen. Falls Du ihm andererseits daß Schlüsselbein zerschlägst, welches einer der am leichtesten zu brechenden Knochen im gesamten Körper ist, ist der Kampf vorbei. Bislang habe ich gesagt, sich nicht auf einen einzigen Schlag zu verlassen, um einen Kampf zu beenden, und dies trifft noch immer zu. Also verlaß Dich nicht darauf, daß der Handkantenschlag zum Schlüsselbein den Kampf beendet. Es ist nicht leicht, den Schlag zu solch einem besonderen Ziel richtig auszuführen, insbesondere wenn sich Dein Gegner wirklich schnell bewegt und zu Deinem Kopf schlägt. Aber falls Du sein Schlüsselbein brichst, wird er nicht mehr länger in der Lage sein, mit irgendwelcher Wirksamkeit zu kämpfen, weil er nicht mehr in der Lage sein wird, irgendeinen seiner Arme zu benutzen. Weißt Du, das Schlüsselbein an der einen Seite des Körpers bildet den Abstützpunkt für den Arm auf der anderen Seite. Er mag versuchen zu schlagen, aber es wird nicht funktionieren; die mechanische Verbindung ist einfach nicht mehr da, und seine Anstrengung wird ihm enorme Schmerzen verursachen. Falls Du das Schlüsselbein Deines Gegners brichst, dann trete zurück und laß den Typ gehen, aber laß nicht Deine Verteidigung runter. Du brauchst nicht mehr auf ihn einzuschlagen, denn er kann Dich nicht mehr verletzen. Sei bloß sicher, daß Du den Knochen klar gebrochen hast, bevor Du Deinen Angriff abbrichst (Ich habe die Schlüsselbeine einiger Leute gebrochen; Du kannst fühlen, wie sie brechen, genauso wie wenn Du einen Stapel Kiefernbretter zerbrichst.). Wie bei all den anderen Schlägen muß Dein Arm entspannt sein, um einen guten Handkantenschlag auszuführen. Er kann entweder eingesetzt werden als ein Beschleunigungs- oder Kraftschlag - der erste schnappt zurück, während der zweite mit Deinem Körpergewicht dahinter hineinkracht. Die Beschleunigungsversion ist die bessere Methode, insbesondere zum Hals. Aber wenn Du Deinen Mann
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ausreichend verletzt hast, um die Angelegenheit ein bißchen zu verlangsamen, dann kann die Kraftversion ein guter K.o.-Schlag oder Knochenbrecher sein. Der Handkantenschlag wird Leute für einen Augenblick ausknocken, wenn Du sie mit ausreichend Kraft im Nacken triffst, und das erfordert nicht viel Kraft. Wir alle haben dies im Phantasieland des Kinos und Fernsehens gesehen. Mein einziges Problem bei der Art und Weise, in der sie es tun, ist, meinen Gegner dazu zu bringen, sich herumzudrehen, damit ich ihn dort treffen kann. Grundsätzlich wird er dabei nicht mitspielen. Hier und da kannst Du während einer Ringkampfsituation diesen Schlag in den Nacken erzielen, falls sich der Typ an Dir festhält und seinen Kopf absenkt, um Dich in etwas hinein zu stoßen oder Dich von Deinen Beinen zu holen. Meistens allerdings wirst Du Dich mit einem Handkantenschlag zur Halsseite begnügen müssen. Es ist die Mühe wert, zu erlernen, wie Du abwechselnde Handkantenschläge unter Verwendung von nur einer Hand zur linken und rechten Halsseite Deines Gegners ausführst. Sie haben einen eigenartig sich verstärkenden Effekt - die eine Nervengruppe ist geschockt, gerade wenn sich die andere „erholt". Ich habe dies bei Typen eingesetzt, die es fertiggebracht haben, mich zu Boden zu bringen und auf mir drauf saßen (ich hasse es, wenn dies passiert). Übe diese Technik in Rückenlage mit Deinem Partner auf Dir drauf. Ich lernte diesen kleinen Trick von einem Taekwon-Do-Gentleman, der geradewegs von einem Flug aus Seoul kam, um an einer Prüfungs- und Verleihungszeremonie teilzunehmen. Dieser Mann war ein vierter Dan (vierter Grad des Schwarzgurts), und ich habe keinen Zweifel daran, daß es nicht übertrieben ist zu sagen, daß TaekwonDo sein Leben war. Ich unterrichtete einen anderen Stil und arrangierte einen freundlichen, sportlichen Wettstreit mit diesem Mann, einem sehr freundlichen und höflichen Mensch. Man bekommt nicht viele Gelegenheiten für ein freies Sparring mit einem vierten Dan, der ausschließlich in Asien trainiert hat. Ich hatte vor, ein paar fortgeschrittene Techniken zu testen, an denen ich gearbeitet hatte und hoffte wirklich darauf, von diesem Typ etwas zu lernen...kurz bevor er mich fast ausknockte. Jetzt, da ich mich wieder daran erinnere, gab es da ein paar Lektionen in dieser Geschichte über Taktiken und Techniken, die nützlich für Dich sein sollten, besonders falls Du trainierst oder planst, eine Kampfkunstform zu trainieren. Laß mich Dir ein paar Hintergrundinformationen geben. Eines der schwer hervorgehobenen Konzepte im Taekwon-Do ist das perfekte Gegenüberstehen und die Geometrie der Kraft in geraden Schlägen. Im Gegensatz dazu habe ich immer die kreisförmigen Muster bevorzugt. Mein Gefühl sagte mir, daß die starren, roboterartigen Stellungen und Bewegungen des Taekwon-Do einfach nicht schnell, flüssig und übergangslos anpassungsfähig genug waren für ein wirkungsvolles Kämpfen. In der Tat hatte ich eine Anzahl von Taekwon-DoSchwarzgurten kennengelernt, die im freien Sparring weich und kreisförmig gegen mich vorgingen, wenn ich hart gegen sie vorging. Andererseits erkannte ich auch, daß, falls Taekwon-Do-Schläge so treffen, wie es beabsichtigt ist, sie dann echte Knochenbrecher sind. Jedoch erschienen mir all diese perfekt gerade ausgerichteten Schultern und präzisen Stellungen für die Ausführung oder das Abblocken eines Schlags nicht wirklich angebracht zu sein, wenn Dein Gegner nicht auch auf die gleiche Art und Weise kämpft. Natürlich sparren
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Taekwon-Do-Leute normalerweise nur mit Taekwon-Do-Leuten, so daß dies nicht sehr häufig als ein Problem für sie auftaucht, ausgenommen vielleicht, wenn sie in echte Kämpfe hineingeraten. Dennoch, falls der Taekwon-Do-Stilist schnell genug ist und über den richtigen Kampfgeist und gute Kraft verfügt, kann er sicherlich die Taekwon-Do-Vorgehensweise in einem tatsächlichen Kampf funktionieren lassen. Taekwon-Do baut wirklich stark auf Tritte und sogar Trittkombinationen eher als auf Handtechniken. In echten Kämpfen fand ich es als zu gefährlich, Tritte zu versuchen oder einfach nicht als sehr wirkungsvoll, während gute Handtechniken unentbehrlich waren. Es mag sich arrogant anhören, aber Taekwon-Do-Leute (mit Ausnahme von einigen wenigen, die nicht so wie Taekwon-Do-Leute kämpften) bereiteten mir nie viel Probleme in diesen sportlichen Wettkämpfen. Sie alle schienen in der gleichen Art und Weise zu kämpfen und konnten auf die gleiche Art und Weise angetäuscht und hereingelegt werden. Die Chance, mit einem vierten Dan aus Korea zu kämpfen, würde mir vielleicht die Gelegenheit geben, eine Person zu sehen, die sich ihrer Kunst hingegeben hat und talentiert genug war, um all dieses Zeug funktionieren zu lassen. Ich hatte ein chinesisches System unter einem vietnamesischen Typ, Anh Van Nyuen, für etwa ein Jahr lang trainiert. Ich hatte zuvor zahlreiche Künste bis über die mittleren Stufen hinaus trainiert. Darüber hinaus arbeitete ich an einer sehr fortgeschrittenen und gewissermaßen esoterischen Technik des Blockens einer Serie von geraden Schlägen mit der Hinterhand zur Körpermitte. Ich wußte, daß diese Technik nicht viel, falls überhaupt irgendwelchen, Wert in echten Kämpfen hatte, aber das war nicht wichtig. Ich wollte einfach sehen, ob meine Theorie mechanisch im Testlabor des Dojo zum Funktionieren gebracht werden könnte. Kurz gesagt benutzte diese Technik die Kraft eines gegnerischen Schlags, um Deine Hand in eine Serie von abprallenden Bögen in solch einer Art und Weise zu bewegen, daß jede seiner hinteren Geraden Deine Hand gegen sein anderes Handgelenk schlägt und wieder zurückprallt zwischen seinen beiden Schlägen. Im Endeffekt blockt er seine eigenen Schläge in seinem eigenen Rhythmus ab. Um dies funktionieren zu lassen, mußte der Typ sonderbarerweise seine hinteren geraden Schläge in einer nahezu perfekten und klassischen Art und Weise schlagen (Du kannst sehen, warum dies keine praktische Kampftechnik war, da die meisten Leute in echten Kämpfen nicht so angreifen). Aber ich rechnete mir aus, daß, falls irgend jemand es tun würde, es dieser hochrangige Taekwon-Do-Mann wäre. Dies würde mir eine Gelegenheit geben, meine Technik auszuprobieren. Vor dem Kampf erschöpfte der Typ mich gewissermaßen ein bißchen, indem er mich einen Haufen Techniken ausführen ließ (selbstverständlich Taekwon-DoTechniken), bevor er mir die Ehre eines Wettkampfes erweisen würde. Da ich nicht in seinem Stil orientiert war, dachte ich, daß mein Zeug ein wenig schlampig war (vielleicht ein wenig mehr als schlampig), aber er akzeptierte mich für ein Match mit Leichtkontakt und voller Geschwindigkeit. Der Koreaner eröffnete den Kampf mit der üblichen Verneigung seiner Form. Ich erwiderte diese Verbeugung und führte darauf die Begrüßung des chinesischen White Crane Kung Fu aus, einfach um ihn psychologisch aus dem Konzept zu bringen. Ich nehme an, er hatte diese Form der Begrüßung noch niemals zuvor
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gesehen, denn sie schien einen neugierigen Ausdruck in seinem Gesicht zu hinterlassen. Ich griff sofort und mit Kraft an. Ich war in der Lage, ihn für einen Moment zurückzudrängen, aber er blockte alle meine Schläge in einer sehr klassischen Art und Weise ab. Soweit ließ er die geraden koreanischen Formen ziemlich gut funktionieren. Dann ließ er einen Halbkreistritt zu meinem Kopf los, von dem ich noch immer nicht sehe, wie er es fertigbrachte, ihn loszulassen. Er wurde geblockt, hatte aber eine Menge Kraft dahinter, und das bremste meine Hand für einen Gegenangriff ab. Unglaublicherweise, ohne irgendein Zögern oder Telegraphieren, ging er in einen gedrehten Fersentritt mit dem selben Bein über! Dies war jetzt totales Kinofilmzeug. Ich dachte niemals, daß irgend jemand Tritte so flüssig miteinander verbinden könnte. Er traf mich noch immer nicht mit ihnen, aber seine Tritte gaben mir keine Möglichkeit zum Gegenangriff. Er ließ eine Serie von mindestens vier oder fünf Tritten los, die mich nach hinten trieben. Alles, was ich tun konnte, war, einen nach dem anderen abzublocken. Er sprang hoch mit einem gesprungenen Seitwärtstritt und, sobald er landete, führte er einen weiteren Drehtritt aus! Ich hatte so etwas noch nie zuvor gesehen, mit Ausnahme in den Kinofilmen. Er trieb mich so schnell quer über die Matte in einer geraden Linie, daß ich nicht in der Lage war, zur Seite zu treten oder mich in eine Ecke zu bewegen, wie ich es immer vorher hatte tun können. Das nächste, was ich mitbekam, war, daß meine Füße auf dem blanken Fußboden waren. Ich war von der Matte getrieben worden und stand mit meinem Rücken an der Wand. Der Körper des Koreaners kam direkt vor mir in sehr kurzer Entfernung und perfekt gegenüber, als er seine ersten offensiven Handtechniken des Matches ausführte, eine Serie von perfekt konzentrierten geraden Schlägen zu meiner Körpermitte. Ich war wahrnehmungsmäßig bereit für diese Schläge, dennoch gab es absolut keine Möglichkeit, sie zu vermeiden, mit Ausnahme dieser esoterischen Technik, die ich geübt hatte. Obwohl er nicht gerade seine Schläge telegraphierte, mag er für einen Sekundenbruchteil verlangsamt haben, da er sicherlich dachte, daß er mich jetzt hatte und es sich erlauben konnte, sich perfekt für die Schläge hinzustellen. Dies half, da ich instinktiv wußte, daß dies die Schläge sein würden, die als nächstes zu kommen hatten. Als ich auf seine Fäuste hinabblickte, sah ich meine eigene Hand zwischen seinen Schlägen hin und her prallen und sie perfekt abblocken durch die Verwendung seiner eigenen Kraft. Niemand war mehr erstaunt darüber als ich selbst. Da seine Schläge die Abwehr antrieben, hatten meine Blöcke sein Timing und seinen Rhythmus. Es war sehr ähnlich einem Schlagstock eines Schlagzeugers, der von einem Trommelfell abprallt, nur daß der Schlagstock meine Hand war und sie es war, die zwischen seinen beiden Handgelenken hin und her prallte. Für einen Sekundenbruchteil hielt die Schönheit dieser Technik meinen Verstand an, aber sofort erkannte ich, daß der Koreaner ebenfalls wie angewurzelt war, so daß ich nicht zögerte. Ich führte einen Rückfaustschlag mit vollem Kiai zu seinem Kopf aus! Der Schlag war sicherlich gut - wohl plaziert und mit reichlich Saft dahinter. Sein Hände waren noch immer in Höhe Körpermitte, so daß er nicht in der Lage war, abzublocken. Ich stoppte ihn einen Bruchteil davor ab, den Mann tatsächlich zu treffen, und warf ihn dann sofort mit Usoto gari (einem Judo-Beinwurf). Als er auf
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den Boden traf, ging ich runter auf ihn, um eine von oben kommende Hammerfaust zu seiner Nase auszuführen. Es waren mindestens einhundert Leute da, die dieses Match beobachteten, und ich hatte einen vierten Dan aus Korea auf seinem Rücken, und in einem Sekundenbruchteil würde ich ihn so entscheidend fertiggemacht haben, daß es jeder sehen kann. In der Begeisterung des Augenblicks war Musashis Warnung in Vergessenheit geraten. Ich dachte an den Sieg und an mich selbst. Als ich auf ihn hinunterging, griff der Koreaner zu und zog mich an sich heran. Die Schwerkraft war mein Verbündeter gewesen, aber er kehrte die Situation augenblicklich um, indem er mich in die selbe Richtung zog, in die ich mich bewegte. Instinktiv mußte ich mich abfangen, um nicht in ihn hinein zu fallen. In diesem Augenblick zog er mich in eine Serie aus wechselseitigen Handkantenschlägen zu beiden Seiten meines Halses unter Einsatz seiner rechten Hand. Seine Schläge waren sehr gut kontrolliert, und er versuchte nicht, mich zu verletzten. Aber ich war sicher, er hätte es tun können. Obwohl er mich nicht sehr hart traf, waren die Handkantenschläge perfekt konzentriert und trafen meinen Hals absolut rechtwinklig. Ich glaube, er traf mich vier Mal, zweimal an jeder Seite meines Halses. Die Wirkung seiner Schläge war ziemlich bemerkenswert. Mein Sehvermögen trübte sich, und ich war im Grunde genommen für einen Augenblick „stehend K.o.". Nach etwa einer Sekunde (vielleicht weniger) der Kampfunfähigkeit stand ich auf, verneigte mich, um seinen Sieg anzuerkennen, und das war es dann. Durch einen Übersetzer (ich spreche fast kein Koreanisch, und sein Englisch war genauso schlecht) hatten wir danach ein gutes Gespräch. Obwohl sich meine esoterische Blocktechnik bewährt hatte, dachte ich nicht mehr darüber nach oder trainierte sie weiter. Ich wußte, daß ich niemals eine Chance bekommen würde, sie in einem richtigen Kampf einzusetzen aus genau den Gründen, warum sie bei dem Koreaner funktioniert hat. Andererseits hatte ich nun ein nützliches neues Werkzeug. Ich hätte vorher seine einfachen wechselseitigen Handkantenschläge als eine „leichte Technik" angesehen (eine leichte Technik ist eine, die vielleicht in einem echten Kampf eingesetzt werden könnte, aber sehr unwahrscheinlich die Kraft hat, um kampfunfähig zu machen). Dieses Match zeigte mir, daß dies ganz und gar keine leichte Technik war. Ganz im Gegenteil, ich begann, die Technik des Koreaners zu üben, weil er mir ihren praktischen Wert gezeigt hatte. Nichtsdestotrotz blieben meine grundlegenden Vorbehalte gegenüber Taekwon-Do unverändert. Bloß weil ein talentierter und hingebungsvoller Meister in der Lage sein mag, etwas funktionieren zu lassen, heißt nicht, daß es die beste Methode ist oder daß die Technik selbst für die meisten Leute von irgend welchem Wert ist. Schließlich haben wenige von uns so viel Hingabe, noch weniger von uns das Talent, und nahezu keiner von uns wird jemals Meister werden. Ich schließe da sicherlich meine bierkippende, Chopper reitende Person mit ein. Okay, wir sahen uns die Grundschläge an. Der nächste ist ein einfacher - die Hammerfaust, die ich hoffte, an dem Koreaner auszuführen.
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DIE HAMMERFAUST Die Hammerfaust ist ein Kraftschlag. Sie setzt das volle Körpergewicht ein, um ihre Kraft zu erzielen. Es ist überhaupt kein beschleunigungsartiger Schlag. Er wird nicht viel von Überraschungsschlägern, Straßenkämpfern oder auch Karateka verwendet, weil es ein Schlag ist, der ziemlich leicht beim Herankommen zu sehen und daher eher einfach abzublocken oder zumindest teilweise abzublocken ist.
Die Hammerfaust. Dies ist ein sehr kraftvoller Schlag, den Du zum Kopf schlagen kannst, ohne Deine Hand zu verletzen. Er wird jedoch nur gegen einen verletzten oder betäubten Gegner eingesetzt, da er andernfalls eher leicht abzublocken ist. Hier wurde der Gegner in eine Wand gedreht mit einem Handgelenk-Kehle-Herumdreher. Die Hammerfaust landet, als er die Wand trifft, was den Schlag wirkungsvoller macht, da sein Körper, gegen die Wand gedrückt, nicht durch den Schlag nach hinten gezwungen werden kann. Dies bedeutet, er absorbiert die gesamte Energie des Schlags mit seinem Kopf.
Dies ist der Grund dafür, warum die Hammerfaust zurückgehalten wird für den Einsatz gegen einen Gegner, der schon betäubt oder anderweitig verletzt ist, so daß seine Verteidigungen nicht mehr vollständig funktionieren. Beispiele dafür schließen ein, nachdem Du Deinen Mann gerade eben mit einem festen Ellenbogenschlag zum Kopf, einem Kniestoß zum Solarplexus, wechselseitigen Handkantenschlägen zum Hals und ähnlichem angeschlagen hast. Er kann machmal in dem Augenblick eingesetzt werden, nachdem Du den Körper Deines Gegners gegen eine Wand, einen Pfeiler, den Fußboden o.a. hast fliegen lassen. Die Hammerfaust ist einfach die Unterseite der geschlossenen Faust, die in das Ziel kracht, meistens nach einem gewissermaßen schleifenförmigen Bogen von oben herab, um Kraft aufzubauen. Du legst Dein gesamtes Körpergewicht beim Aufschlag in den Schlag. Dies ist ein ganz natürlicher Schlag, der nicht schwer zu erlernen ist.
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Aber siehst Du, warum er so einfach abzublocken oder ihm auszuweichen ist, falls er gegen einen voll wachsamen Gegner eingesetzt wird? Der Schlag wird eingesetzt, um maximale Kraft auf Dein Ziel zu übertragen, wenn Geschwindigkeit und Täuschung nicht mehr länger benötigt werden, um ihn landen zu lassen. Ziele sind die Nase oder das Schlüsselbein. Indem Du mit der Unterseite der Faust zuschlägst, schützt Du Deine Hand vor Verletzungen, solltest Du mit etwas wirklich Hartem, wie z.B. seinem Schädel, zusammenstoßen. DER KEHLENSCHLAG MIT OFFENER HAND Dieser Schlag hat nur ein einziges Ziel - die gegnerische Kehle. Die Schlagfläche an Deiner Hand ist der Bereich zwischen Deinem Daumen und Deinem Zeigefinger. Dieser Schlag wird, bezogen auf die Entspannung und dann dem Anspannen, dem Handballenstoß sehr ähnlich geschlagen. Dieser Schlag trägt viele unterschiedliche Namen in verschiedenen Kampfkunstsystemen, aber den asiatischen Namen einer Technik zu kennen wird Dir in einem echten Kampf nicht viel helfen. Ich bezeichne ihn einfach als den Kehlenschlag. Ich habe diesen Schlag viele Male eingesetzt und habe festgestellt, daß sehr wenige Leute ihn einstecken können, falls Du treffen kannst. Erneut ist dies ein Schlag, der mit der offenen Hand geschlagen wird, was ihn zu einem natürlichen Konterschlag macht, nachdem Du den gegnerischen Schlag mit Deiner offenen Hand hast abgleiten lassen. Diese Technik kann entweder als ein Beschleunigungs- oder stoßender Schlag ausgeführt werden. Ich ziehe es vor, ihn als ein Beschleunigungsschlag einzusetzen, der wirklich schnell vor- und zurückschnappt. Die Kehle besteht aus ziemlich weichem Gewebe und wird der Schlaghand nicht viel Belastung aussetzen. Sie ist außerdem ein sehr empfindlicher Teil der Anatomie, da Schläge zu diesem Bereich die Atmung eines Typs wirklich vermurksen können. Wenn er landet, kann er eine Person so gut betäuben, daß sie für einen Augenblick nicht mehr in der Lage sein wird, zu sehen oder Abwehrbewegungen zu koordinieren, was Dir erlaubt, sofort nachzusetzen mit einem Kraftschlag wie der Hammerfaust oder dem Handballenstoß. Idealerweise beginnt dieser Schlag an Deiner Hüfte und beschleunigt den ganzen Weg hin zum Ziel. Wie zuvor schlägst Du nicht einfach nur mit Deiner Hand Deine Hüften gehen ebenfalls mit in den Schlag hinein. Dies trifft zu, ganz egal ob Du ihn als ein Stoß oder Beschleunigungsschlag einsetzt. Kein Schlag funktioniert, solange er nicht im Ziel landen kann, und Du bringst diesen Schlag ins Ziel, indem Du Deinen Feind ihn nicht herankommen sehen läßt. Dies wird erreicht, indem Du den Schlag in einem aufsteigenden Bogen ausführst, der unterhalb seines Blickfelds beginnt und plötzlich innerhalb seines Blickfelds ist. Ein Schlag, der auf einer vertikalen Bahn nah am gegnerischen Körper beschleunigt, bleibt häufig unbemerkt, bis er einschlägt. Dieser Täuschungsaspekt macht diesen Schlag dem vertikalen Faustschlag ähnlich. Übungen für die Hammerfaust und den Kehlenschlag Die Hammerfaust paßt ganz natürlich zum schweren Sandsack. Beachte, wie viel Kraft Du durch das Schlagen des Sandsacks auf diese Weise erzeugen kannst und
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trotzdem nicht viel Schmerzen in Deiner Hand verursachst. Beginne langsam und bringe die Form so hin, daß Du Dein Gewicht in den Schlag hineinlegst und direkt mit der Unterseite Deiner Faust landest. Klebe kleine Stücke aus Klebeband in verschiedenen Höhen an den Sack, um die gegnerische Nase oder die Schlüsselbeine darzustellen.
Kehlenschlag mit offener Hand. Hier sehen wir eine realistische Darstellung dieses Schlags im Bezug auf die Distanz. Dieser Schlag wird auf der Innenbahn geschlagen, nachdem der Verteidiger eine Innenabwehr ausgeführt hat. Beachte, daß der Verteidiger gegen seinen Angreifer mit seinem rechten Bein vorgegangen ist, während er mit seiner rechten Hand zur Kehle schlägt. Dies ist ein Beispiel für das herangleitende Vorgehen und das Vorwärtsbringen der starken Seite. Der Verteidiger hat sein vorderes Bein zwischen und hinter die Beine des Angreifers gleiten lassen, was ihn sicher macht, während der Angreifer praktisch hilflos ist.
Deine Hammerfaust sollte nicht zu weit horizontal nach außen geschwungen werden. Dieser Schlag beginnt an Deiner Hüfte und folgt einem hohen Bogen oberhalb des Kopfes zum Sandsack. Es gibt da ein kleines Peitschen aus der vertikalen Ebene, um Kraft zu erzeugen, aber andernfalls erlaube dem Schlag nicht, zu weit herauszuschwingen. Dies resultiert erneut in weniger Kraft und macht es
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Deinem Gegner leichter, ihn zu sehen und abzublocken. Finde die richtige Bahn für Deinen Körper, die diese beiden Gesichtspunkte ausbalanciert. Der Kehlenschlag stellt eher ein Trainingsproblem dar, weil sich der Schlag um die Kehle wickelt, welche wie ein Zylinder geformt und weich ist. Daher kannst Du sie nicht auf realistische Art und Weise an dem schweren Sandsack ausführen. Die Kerzenübung ist nützlich, aber die Technik neigt dazu, ein Handballenstoß zu werden, weil die Schlagfläche für den Kehlenschlag der hautartige Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger ist. Es ist ziemlich schwierig, die Kerze mit diesem Teil der Hand auszuschlagen, weil der Daumen und die Finger vor der Schlagfläche ankommen. Ich habe eine Vielzahl von Trainingsmethoden für diesen Schlag ausprobiert, aber bis jetzt noch keine ideale finden können. Zu einem Zeitpunkt kaufte ich einen Haufen von etwa 2 cm langen hölzernen Dübeln in einem Baumarkt und schlug sie mit einem schnellen Rein-Raus-Beschleunigungsschlag entzwei. Es war fast zu leicht, obwohl es seltsamerweise hart für die Hand war. Die ungegerbten Lederhandschuhe halfen und verhinderten ebenfalls das Problem mit gelegentlichen Splittern in der Hand. Holzdübel zu zerbrechen hatte seinen Wert, aber es war ein bißchen zu viel Arbeit, sie in einer vertikalen Ebene aufzubauen, so daß sie fest genug gehalten wurden, um zu brechen. Eine weitere Methode, die ich benutzt habe, war, einen Fahrradschlauch mit Sand zu füllen und aufzuhängen, so wie eine Miniaturversion des schweren Sandsacks. Der Schlag wurde korrekt ausgeführt, wenn sich der Schlauch einknickte, bevor er sich zurückbewegte. Der Schlauch wird sich ausdehnen, um verschiedene Halsdurchmesser darzustellen, aber der Sand macht ihn ziemlich schwer, falls Du den Durchmesser zu groß machst. Ein weiteres Problem war, daß der Sand noch immer ziemlich hart für die Hände war. Versuch, den Sand mit Perlite (kleinen weißen Kügelchen aus Vulkangestein, die benutzt werden, um die Erde in Blumentopfen aufzulockern) zu mischen. Es ist billig; Du findest es in der Zimmerpflanzenabteilung des Supermarkts. Benutze nicht zu viel, sonst wird Dein Ziel zu leicht. Der Schlauch muß schwer genug sein, um dem Schlag einen realistischen Widerstand zu bieten. Diese Methode kann ebenfalls genauso eingesetzt werden, um Deinen vertikalen Faustschlag zu entwickeln. ELLENBOGEN- UND KNIESTÖSSE Diese sind Deine Nahkampfwaffen. Nahkampftechniken, einschließlich dem Ringkampfaspekt des Kämpfens, sind oft diejenigen, die das Auskommen eines Kampfes entscheiden. Ich persönlich ziehe es vor, meinen Gegner direkt an ihm dran zu bekämpfen, mit meiner Brust ihn nahezu berührend. Ich habe entdeckt, daß es häufig sicherer ist, innerhalb Deines Mannes zu sein als an den äußeren Enden seiner Reichweite. Außerdem versuchen die meisten Leute, sich wegzubewegen, wenn ich auf diese Weise an sie herangehe, was bedeutet, daß ich sie kontrolliere und zu einem „reaktiven" Kampf zwinge. Es gibt drei Grunddistanzen in einem Kampf. Zuerst die Langdistanz; dies ist die Bein- oder Trittdistanz. Als nächstes kommt die Handdistanz. Schließlich gibt es die Knie- und Ellenbogendistanz. In den meisten echten Kämpfen wirst Du kaum die Wahl haben; Dein Gegner wird Dich im allgemeinen in eine gegebene Distanz
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zwingen, zumindest am Anfang (ich nehme selbstverständlich an, daß Du nicht der Aggressor bist). Ellenbogen und Knie sind größer als Hände und können eine Menge an Belastung einstecken, bevor sie beschädigt werden. Tatsache ist, daß Du zu den harten Knochen eines menschlichen Schädels mit einem Knie und häufig mit einem Ellenbogen schlagen kannst, ohne Dein zuschlagendes Gliedmaß zu zerschlagen. Natürlich besteht der Trick darin, seinen Kopf dort herunterzubringen, so daß Du Dein Knie benutzen kannst. Die drei Ziele für das Knie sind der Unterleib, die Körpermitte und das Gesicht. Alle verlangen, daß Du den Körper Deines Gegners kontrollierst, um diese Ziele zugänglich zu machen. Das Herumdrehen an Handgelenk und Hals ist nützlich dabei, Deinen Gegner vornüber zu beugen für Stöße mit dem Knie zu Kopf und Gesicht. Die nützlichsten Ellenbogenstöße sind der horizontale Ellenbogenstoß und der Unterarmstoß nach vorne. Sie werden am besten zur gegnerischen Kehle gerichtet. Ein weiteres Ziel ist der Solarplexus. Das Ziel für den Ellenbogenstoß nach hinten ist die Kopfseite; er ist kraftvoll gegen einen Gegner, der sehr nah und hinter Dir steht (Dich z.B. festhält), aber Tatsache ist, daß ich sehr wenige Gelegenheiten hatte, ihn in echten Kämpfen einzusetzen (der Unterarmstoß nach vorne und der Ellenbogenstoß nach vorne sind eine andere Geschichte). Dieser Schlag ist wirklich gut, wenn jemand versucht, Dich von vorne mit beiden Händen an Deiner Kehle zu würgen. Dies ist eine dämliche Methode, um jemand zu würgen, aber ich habe es viele Male passieren sehen. Falls Dich jemand so würgt und Du den Ellenbogenstoß kennst und nicht in Panik gerätst, stehen ihm die purpurfarbenen Lichter auf schwarzem Untergrund bevor, wenn Dein Schlag sein Hirn durchrüttelt. Bei der Ausführung dieser Schläge ist Entspannung der Schlüssel. Spann sie an, wenn sie ankommen, nicht vorher. Der Ellenbogenstoß nach hinten wird am besten als Schlag mit vollem Körpergewicht dahinter ausgeführt, mit richtiger Hüftdrehung. Der Ellenbogenstoß nach vorne kann entweder als Beschleunigungsschlag oder als stoßender Schlag ausgeführt werden. Falls Du wirklich große Knochen hast, geh mit der stoßenden Version. Falls Du leichtere Knochen hast oder falls Du besonders beweglich und schnell bist, wähle die schnappende Beschleunigungsvorgehensweise. Obwohl der Ellenbogen und das Knie eine Menge an Kraft mit geringerem Verletzungsrisiko austeilen können als die kleinere Masse der Hände oder Füße, kannst Du Dir dennoch Deinen Ellenbogen oder Deine Kniescheibe zerschlagen. Ich habe mir meinen Ellenbogen an einem Typ zerschlagen. Es dauerte auch eine lange Zeit, um zu heilen. Vermeide solche Verletzungen, indem Du an dem schweren Sandsack trainierst und eher mit dem Unterarm als mit der Spitze des Ellenbogens zuschlägst. Dies ist ein weniger konzentrierter Schlag, ist aber sicherer und hat trotzdem noch immer eine Menge Saft. Wieder einmal kannst Du durch ein tatsächliches Treffen des schweren Sandsacks mit voller Kraft sowohl entdecken, wie man einen kraftvolleren Schlag ausführt als auch wie man die Wahrscheinlichkeit verringert, den Schlagbereich zu verletzen. Schmerz hilft Dir hierbei weiter, indem er Dir sagt, ob Dein Brennpunkt nicht stimmt und Energie zurück in Deine Hand übertragen wird, oder ob Du zu viel Kraft an der Spitze des Ellenbogens konzentrierst, und so weiter und so fort. Der schwere Sandsack ist ideal für das Training dieser Schläge, aber stell Dir mal einen Typ vor, der so schnell und schnappend ist und solch eine Kontrolle hat, daß er
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die Kerze mit seinen Ellenbogen- und Kniestößen ausschlagen kann! Ich habe einmal einen Muay Thai-Kämpfer (Thaiboxer) genau dies tun sehen. Diese Kämpfer sind normalerweise kleinere Männer mit leichterem Knochenbau. Ihr Training ist unglaublich hart und grundsätzlich die ganze Zeit über Vollkontakt. Glücklicherweise wirst Du kaum jemals jemanden mit dieser Art von Fertigkeit, Hingabe oder Technik bekämpfen müssen. Eine der Techniken, die von diesen Muay Thai-Kämpfern (und seltsamerweise auch von Enshin Karate-Männern) eingesetzt wird, ist der Schienbeintritt zu den Rippen oder zum Gesicht. Experimentiere mit diesem Tritt am schweren Sandsack, um zu sehen, ob er für Deinen Körpertyp funktionieren kann. Er ist wie ein Halbkreistritt, der anstatt mit dem Fuß eher mit dem Schienbein landet. DIE WICHTIGKEIT DARIN, WOHLKONZENTRIERTE SCHLÄGE IN DEINER WERKZEUGKISTE ZU HABEN Ich hatte für mehr als zwanzig Jahre einen sehr engen Freund, Quick Karl, auch bekannt als „der Kaliem". Er ist mittlerweile verstorben. Möge er vom goldenen Lamm im Paradies speisen! Unsere Abenteuer waren vielseitig. Es gibt da eine besondere Bindung, die sich zwischen Kameraden entwickelt, die ihrem Tod gemeinsam ins Angesicht gesehen haben. Der Kaliem und ich spürten mehr als einmal den Teufel um unsere Hintern kämpfen. Später im Leben neigten wir gelegentlich dazu, ein bißchen außer Rand und Band zu geraten, insbesondere wenn wir für eine gute Zeit zusammenkamen. Ich vermute, dieses Benehmen war gewissermaßen unsere unterbewußte Art und Weise, um uns selbst zu sagen „Ich bin noch immer hier! Ich bin noch immer hier!" Wir waren am Leben, und Du wußtest es verdammt genau, wenn Du uns feiern sahst. Der Kaliem war ein Schwarzer. Tatsächlich war er sehr schwarz. Eine seiner liebsten Freizeitbeschäftigungen war es, „die weißen Mädels anzubaggern". Dies verursachte für uns hier und da einige Probleme. In einem besonderen Fall hat es uns fast erwischt. Daher der Punkt in meiner Geschichte über den Wert darin, wohlkonzentrierte Schläge zu besitzen. Wir hatten ziemlich schwer gefeiert in einer Hotelbar mit Disco (Erinnerst Du Dich noch an Discomusik? Die Tatsache, daß sie nun verschwunden ist, dient als ein Beweis dafür, daß es wohl doch einen Gott geben mag.). Da dies ein ziemlich nobler Ort war, kombiniert mit der Tatsache, daß ich bei meinem neunten oder zehnten Bourbon war, vermute ich, daß ich nicht so wachsam war wie ich es hätte sein sollen. Anscheinend hatten drei Cowboytypen etwas gegen unsere Anwesenheit und unser Benehmen. Ich versagte darin, dieses zu bemerken, und sie legten uns einen Hinterhalt, als wir das Etablissement verließen. Es gab da eine neue Baustelle, welche uns dazu zwang, durch einen provisorischen Flur aus Sperrholz zu gehen, um zum Parkplatz zu gelangen. Carl ging voran. Mein Verstand befand sich Lichtjahre entfernt von irgendwelchen Gedanken an einen körperlichen Zwischenfall. Ich hätte es besser wissen sollen. Falls ich wachsam gewesen wäre, hätte ich die gesamte Sache vermeiden können. Als Carl aus dem Flur auf den Parkplatz heraustrat, machte er ein paar Schritte bevor er von einem dieser Typen mit einer Art von Stock hinterrücks erwischt wurde. Carl war sofort bewußtlos und mußte später ins Krankenhaus mit einer
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Gehirnerschütterung und einem Haarriß im Schädel. Falls ich vorne gewesen wäre, würde ich wahrscheinlich genauso zu Boden gegangen sein. Ich muß sofort auf Kampfmodus umgeschaltet haben, denn ich war an dem Typ dran und entwaffnete ihn von seinem Stock, bevor ich wirklich wußte, wo ich war und was vor sich ging. Aber da waren drei Typen, und einer brachte mich mit einem Tackling zu Boden. Ich verlor sowohl den Stock als auch meine Brille. Ich kann nicht besonders gut sehen ohne Brille, besonders bei Nacht. Der Typ war auf mir drauf und rang mit mir auf dem Boden, während die anderen mir in die Seiten traten. Instinktiv griff ich hinunter zur Vorderseite der Jeans des Typs und packte seine Einer. Ich hörte mich selbst schreien, als ich mit all meiner Kraft an ihnen riß und dann einen Kopfstoß ausführte, der selbst mich kleine purpurne Lichtpunkte vor schwarzem Hintergrund sehen ließ. Das nächste, was ich mitbekam, war, daß ich aufstand und die anderen zwei Typen mich überall hin schlugen. Mein Kopf war umnebelt. Ich mußte ihre Schläge abgeblockt oder den Brennpunkt ihrer Schläge gebrochen haben, aber ich kann wirklich nicht sagen, daß ich mir solch einer Handlung bewußt war. Woran ich mich erinnere ist, gewissermaßen so wie Frankensteins Monster auf sie losgegangen zu sein. Du weißt schon, wenn das Monster sich ziemlich langsam bewegt, aber nichts es zu stoppen vermag. Ich erinnere mich deutlich daran, jeden Einzelnen, den ich zu treffen hatte, festgehalten und den Anderen grundsätzlich ignoriert zu haben, obwohl er mich schlug. Als ich den Typ mit meiner Linken festhielt, gab ich ein Kiai von mir (genauso wie im guten alten Dojo), während ich wohlkonzentrierte gerade Schläge mit der Hinterhand zu seinen Rippen ausführte. Ich hatte keinen Ausweg, und mein Adrenalin pumpte bis zum Maximum. Das Ergebnis war, daß meine Schläge seine Rippen jedesmal, wenn sie landeten, zerschmetterten. Im Gegensatz dazu richteten die Schläge dieser Typen, obwohl sie wie verrückt auf mich einprügelten, einfach nicht den Schaden an, den meine verursachten. Zu dem Zeitpunkt war ich mir nicht wirklich bewußt darüber, welche bestimmten Schläge ich einsetzte. Im Rückblick darauf glaube ich, daß ich nur die hintere Gerade, Handkantenschlag und Hammerfaust benutzte (Diese Schlußfolgerung wurde gezogen aus den medizinischen Berichten der drei Typen, nachdem sie gefunden und in die örtliche Notaufnahme gebracht worden sind.). Die beiden stehenden Typen hatten mehrere gebrochene Rippen. Einer von ihnen hatte eine zusammengefallene Lunge von einer gebrochenen Rippe, die in sie hineingesplittert war. Der andere Typ hatte gebrochene kurze Rippen und ein gebrochenes Schlüsselbein. Der Typ, mit dem ich am Boden gerungen hatte, wurde ins Krankenhaus eingeliefert, hatte aber keine gebrochenen Knochen, soweit ich mich erinnern kann. Ich hatte einen gebrochenen Zeh, höchst wahrscheinlich vom Treten auf die Bastarde, nachdem sie auf dem Asphalt lagen. Ich brach mir außerdem einen Knochen in meiner rechten Hand, der einzigen Hand, die ich benutzte, um in dem Kampf Schläge auszuführen. Abgesehen davon und von mehreren Blutergüssen an meinem Bauch, aufgeschrammten Knien und einem Schnitt an meiner Stirn war ich okay. Die Sache, die verhinderte, daß ich von diesen Typen zu Brei geschlagen wurde (die, denke ich, uns um einiges Schlimmeres angetan hätten, falls die Dinge so
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abgelaufen wären, wie sie es geplant hatten), war meine Fähigkeit, einen wohl konzentrierten Schlag zu schlagen, der in der Lage war, Knochen zu brechen. Sie trafen mich häufiger, als ich sie traf - meine Schläge waren aber einfach wirkungsvoller. Der schwere Sandsack wird Dich darauf trainieren, einen solchen Schlag auszuführen. Dies jedoch, Leute, ist die reale Welt. Falls Du sehr klein bist und Dein Gegner sehr groß ist, mag es unpraktisch für Dich sein, eine knochenbrechende Strategie zu verfolgen. Trotzdem mußt Du trainieren, um einen Schlag mit der maximalen Kraft auszuführen, die Dein Körper und Verstand in der Lage sind aufzubringen. Behalte im Kopf, daß die meisten Kämpfe keine „ausweglosen" Situationen sind wie diejenige, die ich hier beschrieben habe. Grundsätzlich brauchst Du Deinen Angreifer nicht K.o. zu schlagen. In den meisten Fällen brauchst Du ihn nur daran zu hindern, Dich zu treffen. Dies kann manchmal dadurch erreicht werden, seinen ersten Schlag abzulenken und sofort einen Konterschlag zurückzugeben, der ihn ausreichend betäubt, um Dir zu erlauben, zu entkommen. Dieser besondere Kampf war einer dieser seltenen Fälle, in dem es keinen Ausweg gab. Ich mußte diese Typen bekämpfen, bis entweder sie oder ich am Boden ausgezählt wurden. Andernfalls würden sowohl mein Kumpel als auch ich zusammengetreten worden sein, bis wir zumindest bleibende und verkrüppelnde Verletzungen erlitten hätten. Es war schon schlimm genug, daß mein Freund wegen dem Stockschlag operiert werden mußte. Es gibt noch mehr bei dieser kleinen Geschichte. Ich brachte meinen Freund in das Krankenhaus und ließ den Abfall blutend auf dem Parkplatz zurück. Ungefähr einen Monat später wurde ich festgenommen wegen einer Anzahl von schweren Gewaltverbrechen bei diesem Zwischenfall und mußte eine Kaution von 10.000 Dollar hinterlegen. Über mehrere Monate hinweg sah ich mich einem Gerichtsverfahren und einer möglichen Gefängnisstrafe gegenüber. Der Richter wollte mir anfangs noch nicht einmal Kaution gewähren wegen der „besonders brutalen Art des Angriffs und der ernsthaften Verletzungen der Opfer". Dies ist nicht die Twilight Zone, Leute; dies ist genau das, was sich abgespielt hat. Ich war mir nicht bewußt, daß irgend jemand den Kampf gesehen hatte, aber glücklicherweise haben ein paar Leute es. Weiterhin war es Glück für mich, daß ich kurzfristig für eine Privatdetektei in dieser Stadt gearbeitet hatte, in der ich für ein paar Jahre lang gelebt hatte. Nichts all zu glamouröses Zeug - hauptsächlich Zuarbeit für Gerichtsprozesse und Auffinden von Kautionsflüchtigen. Ich kannte meinen Arbeitgeber nicht sehr gut, aber er kam mir wirklich zu Hilfe. Der alte „Max" fand diese Leute, die den Kampf gesehen hatten, und sie machten Aussagen bei dem Bezirksstaatsanwalt. Max besorgte ebenfalls die Vorstrafenregister dieses Ungeziefers. Jeder einzelne von diesen Typen, die uns überfallen hatten, hatte frühere Verurteilungen wegen schwerer Verbrechen. Am Ende wurde ich noch nicht einmal angeklagt wegen der Beschuldigungen. Aber all dieser rechtliche Scheiß dauerte fast drei Monate an und verursachte bei meiner Frau und mir eine Menge an Aufregung. Die Moral von der Geschichte: Halte Dich wenn immer möglich aus Kämpfen raus. Falls Du keinen Ausweg hast, dann stell sicher, daß Du einen wohl konzentrierten Schlag hast. Trainiere am schweren Sandsack.
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EINIGE SCHLUSSFOLGERUNGEN ÜBER DIE VERSCHIEDENEN SCHLÄGE UND TRAININGSMETHODEN Ich habe in diesem Kapitel nur eine Handvoll an Schlägen abgedeckt. Es gibt Dutzende weitere, und ich habe noch nicht einmal Tritte aufgelistet. Obwohl wir später ein paar weitere Schläge anschauen werden, sind diejenigen, die ich hier beschrieben habe, diejenigen, die ich fast ausschließlich eingesetzt habe, als ich in der Kneipe arbeitete und gelegentlich in Straßenschlachten. In echten Kämpfen brauchst Du nicht eine Vielzahl an Techniken! (Sag mal, habe ich das nicht bereits gesagt?). Nun zum Training. Falls Du nur dieses Buch liest und nicht an irgend welchen Trainingsübungen teilnimmst, machst Du Dir selbst bloß etwas vor, falls Du denkst, Du hast Deine Selbstverteidigungsfähigkeit verbessert. Geh los und besorg Dir den schweren Sandsack, häng ihn auf und benutze ihn! Mach die Übungen mit dem Stoffstück, der Kerze und dem sandgefüllten Schlauch. Mach es zuerst richtig langsam ohne echten Aufschlag, um die richtige Form zu erreichen und die korrekte Aufschlagfläche an Deinem Körper zu spüren. Ein wenig Training kann wirklich ein Menge dabei helfen, die Kraft Deiner Schläge zu erhöhen. Falls das erste Mal, daß Du etwas Festes triffst, in Deinem ersten Kampf ist, dann, Kumpel, ist es wahrscheinlich ein bißchen zu spät. Arbeite daran, damit Du die Kerze mit einem knackigen vertikalen Faustschlag ausschlagen kannst und den schweren Sandsack mit einem Ellenbogenstoß zum Einknicken bringst. Es fühlt sich gut an wenn Du weißt, daß der Schlag richtig und mit Kraft ausgeführt wurde. Diese Selbstsicherheit mag Dir in einem richtigen Kampf genauso viel helfen wie die Technik selbst. Behalte diese Grundlagen im Gedächtnis. Kraft kommt aus dem korrekten Einsatz von Schnelligkeit, Beschleunigung und Körpergewicht. Das zentrale Hemmnis für Schnelligkeit ist mentale Anspannung, die in angespannten Muskeln vor dem Schlag resultiert. Die Übungen (insbesondere die Kerzenübung) werden Dir Brennpunkt und Beschleunigung beibringen. Du mußt sie ausführen. Ich bezeichne dieses Kapitel als die Werkzeugkiste, weil dies alles ist, was Du hast, wenn Du erlernst, wie man einen guten Schlag schlägt - ein Werkzeug. Das Werkzeug wirkungsvoll einzusetzen ist eine völlig andere Sache. Bis zu einem gewissen Punkt kannst Du lernen, den Schlag einfach auszuführen bei den Übungen und mit der Ausrüstung, die ich hier erwähnt habe. Aber den Schlag wirkungsvoll in einem Kampf auszuführen ist ein ziemlicher Unterschied. Weiterhin mußt Du Trainingspartner haben, um die Dynamiken der Verteidigung (d.h. die Vermeidung des gegnerischen Schlags) zu erlernen. Ohne ein gutes praktisches Wissen über das Vermeiden eines gegnerischen Schlags magst Du niemals eine Chance dazu bekommen, irgendeinen Schlag einzusetzen; Du wirst wahrscheinlich von der Bildfläche verschwinden, bevor Du in der Lage bist, zu kämpfen. Es ist so wie ein Baseballspieler mit einem Monsterschwung - falls er den Ball nicht treffen kann, ist er draußen. Seine Schwungkraft wird unbedeutend. In einem echten Kampf wirst Du keine drei Schläge bekommen, bevor Du raus bist. Im allgemeinen bekommst Du nur den ersten, daher die Wichtigkeit der Vermeidung der vollen Kraft des feindlichen Eröffnungsschlags.
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Schließlich behalte die Bestandteile der Schnelligkeit im Kopf. Entspannung ist der Schlüssel zur Schnelligkeit in jeder Weise. Aber wie entspannt kannst Du sein, wenn jemand ernsthaft mit Rechten und Linken gegen Deinen Kopf losschlägt? Dies ist für fast jedermann ein echtes Problem. Da gibt es keine Möglichkeit, wie ich in einem Buch erklären kann, wie man während eines Kampfes entspannt bleibt. Dies stellt jedoch eines Deiner Ziele dar. Es wird einer der wichtigsten Maßstäbe für Deinen Fortschritt bei der Entwicklung Deiner Fähigkeit sein, Dinge in einem Kampf funktionieren zu lassen. Betrachte das Gegenbeispiel. Ein Typ hat im Karate bis zu einem bestimmten Grad trainiert, aber mit sehr wenig Kontakt. Ein Überraschungsschläger trifft ihn am Kopf. Der Typ ist nie zuvor richtig am Kopf getroffen worden. Er deckt sich instinktiv ab und zieht seinen Kopf herunter, um ihn zu schützen. Jetzt kann er nichts mehr sehen. Er hat keine visuellen Anhaltspunkte und keine Rückmeldung durch den Tastsinn über die Bewegungen seines Angreifers. Das Ergebnis? Der Typ kriegt einen Schlag nach dem anderen reingehauen, jeder Schlag davon versetzt ihn weniger in die Lage, sich selbst zu verteidigen. Dies ist wirklich die typische Situation. Tatsache ist, daß der Überraschungsschläger darauf zählt, daß es so abläuft. Siehst Du, daß die „instinktive" Reaktion - den Kopf herunterzunehmen und all das - hier nicht die beste Antwort war? Tatsächlich setzte es den Typ außer Standes, sich überhaupt zu verteidigen. Er ist nie zuvor wirklich hart am Kopf getroffen worden, so daß ihm sein Mangel an Erfahrung wenig Chancen gab, hiermit instinktiv und wirkungsvoll umzugehen. Er konnte sich nur zusammenziehen, sowohl körperlich als auch geistig. Der Typ wurde zu seinem eigenen schlimmsten Feind, weil er sich nicht genug entspannen konnte, um seinen Verstand und Körper zu kontrollieren. Er konnte keinen Gebrauch machen von irgendwelchen Angriffsoder Verteidigungstechniken, die er jemals gelernt hat. Nun betrachte die alternative Situation. Der Typ, der angegriffen wird, ist ein Schüler des westlichen Boxens. Wenn er den Überraschungsschlag einsteckt, sieht auch er Sterne. Aber er ist schon vorher getroffen worden, da all sein Training grundsätzlich Vollkontakt ist. Das Ergebnis ist, daß er mit seinem Angreifer ringt, obwohl er benebelt ist. Der Boxer umklammert die Arme des Typs, um ihn daran zu hindern, einen weiteren, konzentrierten Schlag auszuführen, was genau das ist, was er im Trainingsring macht, wenn er in Schwierigkeiten ist. Da der Boxer nun keine Schläge mehr zum Kopf mit voller Kraft einsteckt, fängt er an, sich in den nächsten ein oder zwei Sekunden zu bewegen. Er sieht seinen Angreifer, indem er seine Körpergewichtsverlagerungen spürt, während sie im Clinch sind. Jetzt macht der Überraschungsschläger sich frei, um den Abstand und das Hebelverhältnis für einen weiteren Kopfschlag zu schaffen. Aber was passiert? Der Überraschungsschläger hat sich beim Freimachen nicht gedeckt und fängt sich einen guten linken Haken des Boxers auf seinem Weg heraus ein, gefolgt von einer schnellen, kraftvollen Rechten. Nun hat der Überraschungsschläger Schmerzen und clincht vielleicht selbst, um ein paar Arme festzuklammern. Was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Szenarien, die ich beide sich mehr als ein paar Male habe abspielen sehen? Der erste und offensichtlichste Unterschied liegt in den Trainingsmethoden. Kontakt gegen Nichtkontakt. Aber die Trainingsmethoden machen in erster Linie den Unterschied aus, wie die beiden Einzelpersonen darauf reagieren, getroffen zu
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werden. Ein Typ hat keine anderen Fähigkeiten entwickelt als die, sich sowohl körperlich als auch geistig zusammenzuziehen. Der Körper des anderen Typs geht auf Autopilot. Indem er sich selbst mit dem Klammern schützt, gibt er sich selbst die Chance, in dem Augenblick zu antworten, in dem sein Kopf klar ist. Er war in der Lage, sein vorausgehendes Training wirkungsvoll in einer neuen Situation, einem echten Kampf, einzusetzen. Um es zusammenzufassen: Die unterschiedlichen Trainingsmethoden machen den Unterschied aus, weil sie unterschiedliche Einstellungen auf Seiten der Verteidiger entwickeln. Die Techniken befinden sich in der Werkzeugkiste, nach dem Du sie erst einmal durch Training dort hineingelegt hast. Aber wenn Du nicht die richtige Kampfeinstellung entwickeln kannst, bleibt Deine Werkzeugkiste verschlossen!
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KAPITEL 4
PRINZIPIEN DER VERTEIDIGUNG Das Hauptziel der Verteidigung ist es, zu vermeiden, getroffen zu werden. Ein sehr wichtiges zweites Ziel einer wirksamen Verteidigungsstrategie ist jedoch, Dich selbst in eine starke Position für einen Gegenangriff zu bringen, nach dem Du erst einmal den Schlag Deines Gegners vermieden hast. Behalte im Kopf, daß das Thema dieses Buches die angewandte Selbstverteidigung in der realen Welt ist. Wir sind nicht daran interessiert, an unserem Angreifer „Punkte zu erzielen". Jeder Gegenschlag muß Deinen Gegner genügend betäuben, um a) Dir ein sicheres Entkommen zu ermöglichen, oder b) eine Öffnung zu schaffen für mehrere fortlaufende Folgeschläge, um ihn kampfunfähig zu machen. Das erste Ziel ist um einiges leichter zu erreichen als das zweite. Darüber hinaus ist es im allgemeinen nicht notwendig, Deinen Gegner bewußtlos zu Boden gehen zu lassen. Dies kann Zeit brauchen, und je länger der Kampf andauert, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß Du verletzt werden wirst. Du möchtest die Sache so schnell wie möglich hinter Dich bringen. Entkommen funktioniert in diesem Zusammenhang wirklich gut, aber ebenso wird es sein, Deinen Mann bewußtlos zu schlagen, falls die Umstände es erfordern. Laß mich Dir ein Beispiel für ein Entkommen"-Szenario geben. Der Überraschungsschläger schlägt, grundsätzlich nach (aber manchmal auch während) einer der vorher erwähnten „Interview"-Sitzungen, hinterrücks einen rechten Schwinger zu Deinem Kopf. Weil Du dieses Buch gelesen und die Übungen mit einem Trainingspartner gemacht hast, bist Du in der Lage, die volle Kraft des Schlags zu vermeiden. Der Schlag wischt über Dein Gesicht; Du bist ein wenig betäubt, aber Deine Antwort erfolgt dennoch sofort und fortlaufend. Ohne seinen Schlag abzublocken oder gegen seine Kraft anzukämpfen und ohne seine Vorwärtsbewegung aufzuhalten, hast Du es trotzdem fertiggebracht, von seinem Eröffnungsschlag nicht von der Bildfläche geblasen zu werden. Deine offene Hand, die seinen Schlag abgelenkt hat, kehrt nun zurück in seine Kehle mit einem Kehlenschlag. Der Überraschungsschläger nimmt nicht bloß die Kraft Deines Schlags, sondern der Aufschlag wird verstärkt durch seine eigene Vorwärtsbewegung. Er ist ausreichend, obwohl vielleicht nur kurzfristig, außer Gefecht gesetzt. Du bist noch immer in Bewegung und schlägst erneut mit der selben Hand einen Handkantenschlag zu seiner Halsseite, während Du an ihm vorbeitrittst auf Deinem Fluchtweg zur Tür. Dich jedoch an Kapitel 1 erinnernd, rufst Du für jedermann hörbar aus „Verschwinde von mir! Laß mich in Ruhe!", während Du zum
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Ausgang läufst. Da gibt es keine Erwähnung wie „Du Arschloch" oder „Ich werde Dich töten!" bei Deiner kleinen Erklärung an die umherstehenden Personen. Es gibt da nun mehrere verschiedene Auskommen. Das eine ist, daß der Rausschmeißer, durch Deine Handlungen und Dein Laufen zur Tür alarmiert, instinktiv und sofort nach jemandem Ausschau hält, der Dich verfolgt und, insbesondere, ob der eine Waffe hat. Dein Angreifer, normalerweise doppelt so groß wie Du, hat sich ausreichend erholt, um Dich zu verfolgen. Seine Absicht ist, Dein Gesicht zu Himbeermarmelade zu zerschlagen. Aber der Rausschmeißer ist erfahren in seinem Beruf. Ohne Deinen Verfolger über seine Anwesenheit vor dem Kontakt zu alarmieren, wendet der Rausschmeißer die notwendige und gesetzmäßige Kraft an, um ihn aufzuhalten. Dies mag in Form eines Clothesline-Unterarmschlags zur Kehle sein, der den Bastard hart auf den Kneipenflur gehen läßt, oder irgendeine der zahlreichen anderen Techniken, die er schon früher eingesetzt hat. Du hast es dem Rausschmeißer schließlich leicht gemacht. Ihm gefällt dies. Du hast versucht, Ärger zu vermeiden. Andererseits mag der Rausschmeißer sehr sauer sein auf Deinen Angreifer, weil der Typ ein Unruhestifter ist. Tatsache ist, daß, falls Du Glück hast, der Rausschmeißer es schon einmal mit diesem Typ zu tun hatte und auf eine Gelegenheit gewartet hat, seine Lichter auszuschlagen und den Schleimbeutel ein für alle Mal aus dem Etablissement zu entfernen. Oh, was für ein Glückstag! Der Rausschmeißer ist zu diesem Zeitpunkt nicht all zu besorgt über rechtliche Probleme. Schließlich hat Dich jedermann auf Deinem Weg nach draußen schreien hören und versuchen sehen, wegzukommen. Es war unmißverständlich, wer der Angreifer war und wer „aufgehalten" werden mußte. Er tat nur seine Pflicht. Selbstverständlich tut es ihm Leid, daß der Typ mit diesen gebrochenen Knochen endet, aber zum Teufel, er mußte sich verteidigen, und dieser Typ war ziemlich groß! Falls Du möchtest, daß sich die Dinge so abspielen, studiere dieses Buch, mach die Übungen mit einem Trainingspartner und vermeide Ärger von vornherein. Du magst sagen: „Ja, aber was ist, falls kein Rausschmeißer auf magische Art und Weise auftaucht, um mich zu retten, während ich auf meinem Weg zur Tür bin?" Gute Frage; ich bin froh, daß Du sie gestellt hast. In diesem Fall hast Du den selben rechtlichen Schutz der Notwehr auf Dich selbst ausgeweitet „gemäß der Tatsache", mit der Du auch den Rausschmeißer in dem vorherigen Szenario versorgt hast. Erneut mußt Du einen klaren und entspannten Verstand haben, während Du vor dem Typ fliehst. Kannst Du es zur Tür und in Dein Auto schaffen, zum anderen Ende der Bar oder an irgendeinen anderen sicheren Ort? Vielleicht nicht. In diesem Fall mach Dir klar, daß kaum jemandem leichter ein Hinterhalt zu legen ist als einem, der hinter Dir herjagt und stinksauer ist, um Dich zu kriegen. Alles, was Du brauchst, ist ein bißchen Zeit, ein wenig Abstand zwischen Dir und ihm, und einige vorhergehende Untersuchungen dieses Problems. Ein vietnamesischer Freund von mir, und ein guter Kampfkünstler, wurde einmal auf diese Art verfolgt. Der Typ, der ihn verfolgte, war buchstäblich doppelt so schwer wie er. Mein Kumpel, trotz seiner Kampffertigkeit, war kein Narr und versuchte nicht, diesem Typ direkt gegenüber zu treten. Statt dessen rannte er halbwegs eine Treppe hinauf, erlaubte dem Typ, gerade nah genug heranzukommen, bevor er herumwirbelte und ihm ins Gesicht trat.
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Der Tritt war reinste Poesie. Da Anh weiter oben stand als sein Opfer, verfügte der Tritt über richtige Kraft, weil er nicht weit über die Taille angehoben werden mußte. Er ließ den Typ die Treppe hinunterfallen, aber mein Kumpel verlor keine Zeit, als er die Treppe weiter hochlief zur Straße und verschwand. Du kannst lernen, Dich herumzudrehen und einem Typ, der Dich verfolgt, einen Hinterhalt zu legen, falls Du es vorher etwas übst. Ich kann Dir aus Erfahrung sagen, daß dies in echten Kämpfen eine nützliche Fertigkeit ist. Aber vergleiche dies mit dem Training in einer Kampfkunstschule. Sie werden noch nicht einmal auf die Idee des Entkommens kommen, ganz zu schweigen davon, die Flucht in einen Hinterhalt umzuwandeln. Ich werde Musashi zitieren: „Einige Leute üben ihre Schwertkunst nur in der Trainingshalle. Du wirst aber Deinen Gegner nicht immer in der Trainingshalle antreffen. Du mußt im Reisfeld, auf unebenem Grund und im Teezimmer üben." Wie vieles an den Ratschlägen des grimmigen Schwertkämpfers steckt mehr in dieser kleinen Perle der Weisheit als nur seine offensichtliche Bedeutung. Es scheint der richtige Ort für ein weiteres Zitat aus Musashis Buch der Fünf Ringe zu sein: „...falls Du ,Inhaus'-Techniken erlernst, wirst Du Dein Denken einengen und den wahren Weg vergessen. Dadurch wirst Du Schwierigkeiten bei tatsächlichen Begegnungen haben." Nun, für Euch Typen, die ihr eine Kampfkunst trainiert habt, ist dieses „Verfolgtwerden"-Szenario eine der wenigen praktischen Anwendungsmöglichkeiten für den Rückwärtstritt oder Seitwärtstritt nach hinten. Dein Timing muß allerdings sehr gut sein. Steck Deinen Trainingspartner in Schutzausrüstung und treff ihn, während Du von der Matte herunterläufst und er Dich verfolgt. Dann übe auf Treppen, in Fluren, auf nassem Gras oder sonst wo. Der Handballenstoß zum Solarplexus oder unter das Kinn oder der Kehlenschlag sind nach einem Herumdrehen einfacher durchzuziehen als ein Tritt. Dreh zuerst Deinen Kopf, um Dein Ziel zu sehen, bevor der Rest Deines Körpers seine Drehung beendet hat. Dies ist schneller, als wild herumzudrehen, was unwirksam ist, falls Du das Ziel nicht treffen kannst. Setze die Drehung außerdem als Hüftdrehung ein, um den Schlag zu verstärken. Ich werde nicht zu sehr auf diese „Sich dem Verfolger entgegendrehen"-Angriffe eingehen. Du mußt die Probleme dieser Situation mit einem Partner herausfinden. Der Hauptpunkt ist der, daß es eine wertvolle Fertigkeit für das Entkommen von einem Dich verfolgenden Angreifer in einem echten Kampf ist. Falls Du es übst, und selbst nur für eine kurze Zeit, wirst Du die Grundfehler, die Du andernfalls begehen würdest, entdecken und dadurch beseitigen. Falls Du es allerdings zum ersten Mal zu versuchen hast, wenn Du tatsächlich von einem Berserker verfolgt wirst, dann wirst Du keine wirklich gute Chance haben, es durchzuziehen. Bevor ich dieses Thema verlasse, beachte, was Mako sagte, nachdem er seinen Angreifer mit einem Telefonhörer bewußtlos geschlagen hatte: „Der Krieger setzt das ein, was er zur Hand hat. Darin liegt keine Schande!" Wenn Du verfolgt wirst auf Deiner Flucht, sei wachsam wegen solch improvisierter Waffen wie Billardstöcken, Bierflaschen oder selbst einem Aschenbecher. Einen Stuhl auf jemand seinen Kopf zu hauen hat für mich bei einigen Gelegenheiten ziemlich gut funktioniert. Eine andere Person in den Pfad Deines Verfolgers zu stoßen ist manchmal ebenfalls berechtigt.
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Ich habe diese Gegenstände im Einsatz getestet. Sie alle können in echten Schlachten funktionieren. Aber erneut gilt, nicht zu warten, bis Du angegriffen wirst, um herauszufinden, wie Du solche Waffen wirkungsvoll einsetzt. Trainiere vorher. PRINZIPIEN DER BLOCKTECHNIKEN MIT OFFENER HAND Ich habe erwähnt, daß ich mit einer geschlossenen Faust nicht gegen die harten Knochen eines Schädels schlage (solange ich keine Handschuhe trage). Hier folgt nun ein großer Knall für Euch Taekwon-Do-Leute. Ich benutze in einem richtigen Kampf auch niemals einen Block mit geschlossener Hand. Sicher, Wado Ryu setzt Blöcke so ähnlich wie Taekwon-Do's Chukyo marki (aufsteigender Block) ein. Ebenso die meisten anderen Karatestile. Nichtsdestotrotz ist es ganz egal, ob Du den Techniken koreanische oder japanische Namen gibst, sie funktionieren dennoch nicht besonders gut in echten Kämpfen. Sie sind sowohl zu langsam und haben auch noch einige andere echte Nachteile. Versucht dem zu folgen, Leute, denn es ist eines der grundlegend wichtigsten Konzepte, das zu verstehen ist, damit Du vermeidest, bereits am Anfang eines Angriffs weggehauen (sprich ausgeknockt) zu werden. Ein Block mit offener Hand wird besser als eine Parade bezeichnet. Er bewegt sich schneller als eine geschlossene Faust, weil eine geschlossene Faust Spannung in die Muskeln bringt, was eine offene Hand nicht tut. Diese Spannung verlangsamt Deine Bewegung. Abgesehen davon brauchst Du keine Faust zu machen, um einen Schlag abzufangen. Vielfach benötigst Du noch nicht einmal eine Faust, um einen Schlag zu schlagen. Also warum Dich selbst mit einer geballten Faust am Ende Deines Arms abbremsen? Einige Traditionalisten werden sagen: „Die Faust erzeugt die Kraft, die notwendig ist, um die kraftvolleren Schläge abzublocken. Sie wird nicht immer benötigt, aber einige Angriffe erfordern diese Art des Blocks." Meine Antwort lautet: „Meiner Kampferfahrung nach stimmt das nicht." Die Idee des Abblockens bedeutet, eine Bewegung aufzuhalten oder zu stoppen. Das ist schon ein Fehler an sich. Du möchtest die Vorwärtsbewegung Deines Gegners nicht aufhalten; Du möchtest nur vermeiden, getroffen zu werden. Du möchtest keinen festen Arm hochwerfen und damit abblocken; Du möchtest den Schlag abgleiten lassen. Du möchtest ihn leicht ablenken, was, wenn es mit einer leichten Bewegung des Ziels (Dein Kopf) kombiniert wird, den Schlag Dich gerade so eben verfehlen läßt. Jeder, der irgendwelche echten Kampffertigkeiten entwickelt hat oder erfahren ist in Vollkontakt-Karate oder Boxen weiß dies. Die besten Konterschläge ergeben sich, wenn der gegnerische Schlag so nah herankommt, daß er Dich fast trifft, aber verfehlt. Auf diese Weise bist Du mit einem Konterschlag zur Stelle, während er sich noch immer vorwärts und in Deinen Schlag hinein bewegt. Fegeblöcke mit offener Hand erreichen dies am besten. Boxer erreichen dies mit dem Pendeln und Kreiseln in Kombination mit dem Konterschlag. Boxer können in der Tat sehr schwierige Gegner sein. Es gibt einen weiteren zentralen Vorteil der Parade mit offener Hand gegenüber den abstoppenden, kraftvollen Blöcken. In echten Kämpfen wirst Du höchst wahrscheinlich mit einem Hinterhalt angegriffen werden, was bedeutet, daß der
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Eröffnungsschlag eine gute Chance hat, zu landen, falls Du nicht schnell genug bist. Ein aufsteigender Block oder irgendeine Form des bewegungsabstoppenden Blocks wird wahrscheinlich nicht schnell genug sein. Wenn solch ein Block fehlschlägt, wird all die geradlinige Geometrie und Ausrichtung der klassischen Karatestellungen nur sicherstellen, daß Du die volle Kraft des Schlags des Angreifers abbekommen wirst. Eine Pferdestellung zum Beispiel wird Dich bloß unbeweglicher machen und es wahrscheinlicher machen, erneut getroffen zu werden. Es ist wahr, daß, falls Du einen die Bewegung aufhaltenden Block mit geschlossener Faust durchziehen kannst, kombiniert mit den klassischen Gegenschlägen, Du dann wahrscheinlich einiges an erstklassigem Rippenbrechen bei Deinem Angreifer erzielen wirst. Es ist aber wahrscheinlicher, daß Du in einem echten Kampf keinen Aufwärtsblock durchziehen können wirst, solange Du nicht sehr gut bist. Dies bedeutet, sehr schnell und sehr gut trainiert. Folglich finde ich, daß es zu gefährlich ist, zu versuchen, diese Blöcke in richtigen Kämpfen einzusetzen. Sie lassen Dich ungedeckt und unbeweglich dastehen, sollten sie fehlschlagen. Und falls sie versagen, dann versagen sie vollständig, genauso, als wenn sie erfolgreich sind, denn dann können sie vollkommen erfolgreich sein. Es wird da draußen ein paar wohlgeschulte Kampfkunstleute geben, die erkennen, daß ein Aufwärtsblock, so wie er von den meisten Kampfkünstlern ausgeführt wird, nicht die korrekte Form der Technik ist. Ferner werden sie verstehen, daß es bloß durch das Beobachten von jemandem, wie er einen Aufwärtsblock in der Luft ausführt, sehr schwer ist, typische Fehler von der richtigen Form zu unterscheiden. Diese Leute werden erkennen, daß die Bewegung, die ich beschreiben werde, ein Beispiel dafür ist, was ein richtiger aufwärtsartiger Block in einer tatsächlichen Kampfsituation erreichen kann, selbst wenn die Form, die ich beschreiben werde, sich ziemlich von einem traditionellen Aufwärts- oder Unterarmblock unterscheidet. Ich werde mein Buch nicht komplizierter machen durch eine Schmährede hierüber. Ich fügte den vorherigen Absatz bloß ein, damit Ihr hochrangigen Schwarzgurte wissen würdet, daß ich erkenne, was ihr denken mögt. Daher brauchst Du nicht Deine Zähne zu fletschen während des Lesens und ausrufen wollen „Ja, was soll's, aber das kommt daher, weil so wenige Leute diese Grundtechnik verstehen und sie richtig ausführen können. Es ist nicht beabsichtigt, die Bewegung völlig aufzuhalten und die volle Kraft mit Deinem Arm einzustecken." Okay, ich habe es für Dich gesagt. Fühlst Du Dich jetzt besser? Es stimmt; wenige Leute, selbst viele der Shodans, die ich gesehen habe, verstehen es völlig oder fuhren einen einfachen Block mit Perfektion aus. Also bedeutet das vielleicht, daß es nicht so einfach ist, es auf diese Weise zu tun? Für diejenigen Leute, die wissen wollen, worüber ich zum Teufel spreche, geht los und schaut Euch Fumio Demura an, wie er einen Aufwärtsblock ausführt. Du wirst wahrscheinlich keinen Unterschied sehen, aber es gibt da einen großen. Hauptsächlich macht er es richtig, weil er ein Meister ist. Aber erneut frage ich: Falls jemand ein Meister werden muß, um eine Technik in einem echten Kampf funktionieren zu lassen, wie nützlich ist diese Technik dann für die meisten Leute? Die Vorgehensweise, die ich als sehr nützlich gefunden habe, hat den Vorteil, daß, falls der Ablenkblock ein wenig spät oder nicht in perfekter Position kommt, er dennoch verhindert, daß Du die Hauptlast eines wohl konzentrierten Schlags empfängst. Es sind nur die wirklich wohl konzentrierten, direkten Schläge, die die
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meisten Leute ausknocken werden, wenn sie von dem durchschnittlichen Angreifer ausgeführt werden. Alles, was weniger als das ist, wird Dir eine Chance geben, Dich zu erholen und zu verteidigen. Was Du tun mußt, ist, den Brennpunkt des Schlags zu zerstören. Dies ist einfacher zu erreichen, als es zu Anfang erscheinen mag. Es ist immer einfacher, etwas anderes zu vermurksen als es ist, etwas perfekt zu tun. Grundsätzlich vermasselst Du nur den Schlag Deines Angreifers. Du ruinierst sein energieübertragendes Potential, in dem Du etwas in den Weg bringst, bevor er landet. Denk an die Kerzenübung. Falls Du lernst, die Kerze mit einem Beschleunigungsschlag auszuschlagen, dann hast Du einen guten Brennpunkt erreicht. Aber bedenke dies: Falls jemand Deine Hand auf ihrem Weg zur Kerze nur sehr leicht anstößt, würde es nahezu unmöglich sein, sie auszuschlagen. Der Brennpunkt wäre gebrochen. Wenn nun jemand zu Deinem Kopf schlägt und Du Deine Hand in den Weg bringst, kannst Du den Brennpunkt seines Schlags in solch einer Art und Weise brechen, daß die Energieübertragung beträchtlich abgebaut wird und Du nicht die volle Kraft absorbierst. Du magst getroffen werden, magst vielleicht sogar ein paar Sterne sehen, aber Du wirst nicht die volle Kraft einstecken und daher eine ordentliche Chance haben, Dich zu erholen. Die Methode, die ich vorstellen werde, um dies zu erreichen, ist eine, die ich in jedem Kampf eingesetzt habe, in dem ich jemals gewesen bin, der beinhaltete, daß jemand auf mich schlug, nachdem ich gelernt hatte, daß sie in einem wirklichen Kampf funktionieren konnte. Ich denke, es ist ein einfach zu begreifendes Konzept, und die meisten Leute können die Technik mit nur einem mittelmäßigen Aufwand an Übung bis zu einem bestimmten Grad an Wirksamkeit erlernen. Sie kann außerdem ständig weiter perfektioniert und sparsamer gemacht werden bis zu dem Punkt, an dem sie eine bemerkenswerte Wirkung erzielt, wenn sie richtig ausgeführt wird. Schließlich ist es eine Technik, die gegen verschiedene Formen von Angriffen verallgemeinert werden kann, nachdem sie erst einmal vom Konzept her wirklich verstanden worden ist. Das Tor schließen Damit ein Schlag treffen kann muß er einer gegebenen Bahn zum Ziel folgen. Die Bahn hängt von der Art des Schlags ab, sei es ein Haken, gerader Schlag oder selbst ein Rückfaustschlag oder vertikaler Faustschlag. Es hängt auch davon ab, wo das Ziel liegt (Höhe, Entfernung, usw.). In einer dynamischen Situation kann es sehr schwierig sein, der Bahn eines Schlags zu folgen und ihn abzufangen, bevor er Dich trifft, weil er sich so schnell bewegt und es in den meisten Fällen schwer ist, ihn herankommen zu sehen. Aber denk mal hierüber nach: Um Dich zu verletzen, muß er Dich treffen, und um Dich beispielsweise an der linken Seite Deines Kopfes zu treffen gibt es einen Punkt entlang seiner Bahn in dem Zwischenraum vor Deinem Körper, den er passieren und durchqueren muß, bevor er trifft. Ich bezeichne diese als das „Tor". Dies ist ein lebenswichtiges Konzept, also hör gut zu. Du kannst immer instinktiv wissen, wo sich dieses Tor im Verhältnis zu Deinem eigenen Körper befindet, genauso wie Du immer Deine Hand auf Deiner Stirn oder Nase plazieren kannst, selbst in einem vollkommen dunklen Zimmer. Du benötigst
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Die nächsten drei Fotos zeigen nur die Mechanik der Außenabwehr; Entfernungen sind nicht realistisch dargestellt. Auf diesem Foto bewegt sich die offene Hand aufwärts, um den herankommenden Schlag am gegnerischen Handgelenk abzufangen. Dies gibt das Tastgefühl, das dem Verteidiger sofort sagt, in welche Richtung und wie weit er das Ziel (seinen Kopf) aus der Angriffslinie zu bewegen hat, damit der Schlag ihn gerade so eben verfehlt.
Gleichzeitig dreht sich die Hand des Verteidigers auf ihrer eigenen Achse und verdrängt den Schlag leicht nach rechts (oben links). Der Schlag des Angreifers wird dadurch leicht von seiner ursprünglichen Angriffslinie abgelenkt. Vermeide, dies zu versuchen, indem Du den Arm des Angreifers mit Kraft wegschiebst, weil dies ein Wettstreit mit der gegnerischen Kraft sein würde. Das wird in einem echten Kampf nicht funktionieren, falls Dein Angreifer bedeutend stärker ist als Du.
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Hier ist die Ausführung der Außenabwehr beendet worden, welche das abschließende „festdrücken" auf dem Schlagarm ermöglicht. Beachte, wie diese Handbewegung direkt von dem vorherigen Foto aus folgt, einem weiteren Beispiel für die Sparsamkeit einer Bewegung.
keine visuellen Anhaltspunkte, um dies zu tun. In diesem Sinne brauchst Du deshalb den Schlag nicht wirklich zu sehen, um ihn abzublocken. Mit etwas Übung kannst Du sofort die Art des Schlags wahrnehmen, der kurz bevorsteht oder bereits unterwegs ist und einfach „das Tor schließen", das er durchqueren muß, um Dich zu treffen. Es ist nicht notwendig, wirklich „schneller" zu sein als Dein Angreifer, um dies zu erreichen. Die folgende Methode erlaubt es Dir, nahezu immer einen Teil des Schlags abzufangen, selbst falls er teilweise landet. Wie ich sagte, dies bricht seine wahre Kraft. Dieses Abfangen wird mit einer offenen Hand gemacht. Du wirst lernen, wie es funktioniert, indem Du die Wahrnehmungsübungen mit Trainingspartnern machst. DIE AUSSENABWEHR Behalte im Kopf, daß ich nicht behaupte, ein Meister in irgend etwas zu sein und daß ich nicht irgendein „System" der Kampfkunst hervorbringe. Was ich rüberzubringen versuche sind einige Techniken, die für mich in echten Kämpfen bei zahlreichen Gelegenheiten funktioniert haben. Richte Deine Aufmerksamkeit auf die Fotos. Eine Sache, die Du Dir bei Fotos in einem Buch, das eine Selbstverteidigungs- oder Kampfkunsttechnik beschreibt, klarmachen mußt, ist, daß, um Dir auf den Fotos etwas zeigen zu können, der Abstand zwischen den Gegnern häufig übertrieben erweitert worden ist. Andernfalls würdest Du nichts anderes sehen als zwei Leute, die dicht aneinander stehen, wobei ihre Hände von ihren Körpern verdeckt sind. Aus diesem Grund übertreiben die Fotos hier den Abstand zwischen den Gegnern ebenfalls.
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Hier ist die Außenabwehr aus einem anderen Blickwinkel gesehen. An diesem Punkt hat die Hand des Verteidigers bereits das Handgelenk des Angreifers abgefangen und die Drehung um ihre eigene Achse gemacht und den Schlag von seiner ursprünglichen Angriffslinie abgelenkt. Beachte, daß andernfalls der Schlag bereits gelandet sein würde, da er am Kopf des Verteidigers vorbeigegangen ist. Beachte außerdem, daß die linke Hand des Verteidigers sich zur Außenseite des Ellenbogens des Angreifers bewegt, um den neuen Angriffswinkel weiter zu stabilisieren.
Der Verteidiger hat jetzt das „Handauflegen" mit seiner rechten Hand vorgenommen, während seine Linke den Schlag des Gegners an der Außenseite des Ellenbogens sperrt. Die Vorwärtsbewegung des Angreifers wird eher fortgesetzt als daß sie durch diese Aktionen aufgehalten wird, was ihn in den Gegenschlag des Verteidigers hineinzieht.
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Hier ist der Konterschlag ein aufsteigender vertikaler Faustschlag zur Nase. Beachte, wie der Angreifer leicht nach vorne gezogen worden ist und etwas an Gleichgewicht verloren hat. Er müßte sein Gleichgewicht wieder herstellen, bevor er in der Lage wäre, irgendeine Art der Verteidigung aufzubauen. Der Verteidiger gibt ihm kein Gelegenheit dazu, da der vertikale Faustschlag durch sein Ausweichen vor dem Schlag des Angreifers vorbereitet worden ist. Dadurch sind das Ausweichen vor dem Schlag und der Gegenschlag wahrhaft eine Bewegung! Studiere alle drei Fotos der Serie und verstehe den ununterbrochenen „Fluß" der Dinge.
Beachte das erste Nahfoto der Handhaltung für die Außenabwehrtechnik (Seite 83). Hier hat sich die offen Hand des Verteidigers bewegt, um „das Tor zu schließen", welches der Schlag des Angreifers durchqueren muß, um richtig zu landen. In diesem Fall ist der Schlag ein gerader Schlag, und das Ziel ist das Gesicht des Verteidigers. In dem Augenblick, in dem die Hand des Angreifers Kontakt mit der Hand des Verteidigers herstellt (und das muß sie, um zu landen) fühlt der Verteidiger diesen Kontakt und dreht sofort seine Hand, wie auf dem zweiten Foto zu sehen. Tatsächlich sollte der Verteidiger diese Drehung gerade vor dem ersten Kontakt beginnen, damit die Hand des Angreifers etwas trifft, das sich bereits bewegt, was dazu führt, die Bahn des Schlags des Angreifers abzulenken von der Linie, der er folgen muß, um das Gesicht des Verteidigers zu treffen. Vergleiche die Nahaufnahmen mit den entsprechenden Großaufnahmen, die folgen. Beachte, daß der Verteidiger, nach dem er den Kontakt mit dem herankommenden Schlag gefühlt hat und vorher die Bahn des Schlags des Angreifers wahrgenommen hat, seinen Kopf leicht abgeduckt und aus der Angriffslinie weggeneigt hat. An diesem Punkt, ohne das Abfangen des Schlags und der daraus sich ergebenden leichten Ablenkung, kombiniert mit dem leichten Wegducken des Kopfes, hätte der Schlag bereits getroffen, da der Schlag den Kopf des Verteidigers passiert hat. Dies trifft zu, selbst wenn die Entfernung zwischen den beiden Gegnern in den Fotos
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übertrieben dargestellt wird (sie sind weiter von einander entfernt, als sie es in einem echten Kampf wahrscheinlich sein würden). In der zweiten Nahaufnahme hat sich die Hand des Verteidigers um ihre eigene Achse gedreht. Sie versucht nicht wirklich, den Schlag wegzudrücken - daß wäre ein Wettstreit mit der Kraft des Angreifers, was etwas ist, das wir immer zu vermeiden versuchen. Behalte im Kopf, daß Du bloß das Tor schließt, wenn Deine Hand dort hinaufgeht. Es läuft wirklich viel zu schnell für Dich ab, um irgend etwas anderes tun zu können. Dennoch bist Du trotz der Schnelligkeit der Ereignisse wahrnehmungsmäßig darauf vorbereitet (durch die Zweckmäßigkeit Deines Trainings), den gegnerischen Schlag wegzudrehen und Deinen Kopf aus der Schlagbahn in einer einzigen, koordinierten Bewegung wegzubewegen. Dies bedeutet, daß die zwei Aktionen grundsätzlich zu einer Bewegung werden. Dies bezeichnet man als Einheit der Bewegung. Schließlich beachte die dritte Nahaufnahme. Hier hat die Hand des Verteidigers ihre Drehung fortgesetzt, bis die Handfläche oben auf dem schlagenden Arm liegt und die Finger einen leichten „Halt" an dem Schlag haben. Dies ist niemals ein Zugreifen. Ein Griff erfordert Muskelanspannung, die diese Bewegung verlangsamen würde bis an den Punkt, an dem sie nicht mehr funktionieren würde (In diesem Fall war der Schlag des Angreifers von vornherein etwas überstreckt. Dies passiert manchmal in echten Kämpfen, weil der Überraschungsschläger dazu neigt, zu sehr in seinen Eröffnungsschlag hineinzugehen, da er sicher ist, daß er landen wird. Nicht jeder Kämpfer tut dies, aber wir werden uns mit dem fähigeren Gegner in Kürze befassen.). Diese leichte Handauflageposition am herankommenden Handgelenk oder Arm des Angreifers erlaubt es dem Verteidiger, ein sich bereits bewegendes Objekt weiterzuleiten. Die Idee dahinter ist, es nun nicht so sehr auf der horizontalen Ebene zu bewegen, so wie es die Handgelenkdrehung erreicht hat, sondern den Schlag nach unten entlang dem natürlichen Pfad der Schwerkraft zu lenken. Deine Hand bleibt in Kontakt mit dem Schlag, zieht ihn hinunter und auf Dich zu, aber leicht zur Seite und dadurch aus dem Weg. Falls ein Angreifer seinen Schlag telegraphiert und außerdem überzieht, ist es oftmals möglich, diese Umlenkung nach unten mit einem Abchecken des Ellenbogens des Angreifers mit der anderen Hand des Verteidigers zu kombinieren. In diesem Fall gibt es zwei Kontaktpunkte, die der Verteidiger am Arm des Angreifers hat. Dies gibt ihm eine ideale Umlenkungsmöglichkeit, und der Check am Ellenbogen des Angreifers sperrt dessen Gelenk und stellt die Kontrolle über die Bahn des herankommenden Schlags sicher. Natürlich funktioniert all dies nicht jedesmal perfekt. Nichts tut dies in richtigen Kämpfen. Aber es wird wahrscheinlich niemals funktionieren, falls Du es nicht übst. Laß mich jedoch darauf hinweisen, daß, wenn ich diese einfache Technik allein gegen überzogene Angriffe eingesetzt habe, sie den Angreifer ohne weitere Mithilfe von mir direkt auf den Fußboden fallen ließ. In den meisten Fällen wird es allerdings nicht so nett ablaufen, und ein Folgeschlag zur Nase oder ein Ellenbogen zur Kehle wird erforderlich sein. Jeder Teil der Außenabwehr, denn Du ausführst, selbst falls Du nicht mehr die Zeit hast, das gesamte Manöver auszuführen, wird Dir dennoch erheblich helfen. Schon allein der Anfangskontakt mit dem Handgelenk und das Folgen des Schlags hinein
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mit dieser Hand wird ein echtes Plus sein darin, Deinem Körper sowohl zu sagen, wie Du Deinen Kopf wegzubewegen hast, als auch, den Schlag seiner besten Kraft zu berauben. Beachte schließlich auf der dritten Großaufnahme die Entstehung des vertikalen Faustschlags zur gegnerischen Nase nach dem Herunterziehen seines Schlags. Behalte im Kopf, daß er sich grundsätzlich selbst in den Schlag des Verteidigers hineinstürzt, da die Vorwärtsbewegung des Angreifers nicht aufgehalten worden ist (wie dies bei einem Aufwärtsblock der Fall sein würde). Ein alternativer Schlag aus Deiner Werkzeugkiste wäre der horizontale Ellenbogenstoß zur Kehle oder der Kehlenschlag mit der offenen Hand. Die Wichtigkeit des Gegenüberstehens Das Gegenüberstehen ist ein weiteres Element, daß bei der Außenabwehr in Betracht zu ziehen ist. Wir werden die zwei grundsätzlichen Gegenüberstellungen betrachten: Innenbahn und Außenbahn. Im vorherigen Beispiel befand sich der Verteidiger an der Außenbahn des Angreifers - d.h., der Verteidiger war außerhalb des Arms des Angreifers positioniert. Falls Du Deinem Feind direkt so gegenüberstehst, daß Du zwischen seinen zwei Armen bist, dann befindest Du Dich auf der Innenbahn. Die Außenbahn ist die bevorzugte Position, weil die andere Hand des Angreifers nicht in einer guten Position für einen schnellen und wirkungsvollen Folgeschlag ist. Er würde seine Arme vor seinem Körper überkreuzen müssen, was nicht funktioniert, oder seinen Körper herumdrehen und seinen ersten Schlagarm zurückziehen müssen, bevor er mit der anderen Hand zuschlagen kann. Dies erfordert zu viel Zeit, da Du bereits mit betäubenden Schlägen an ihm dran sein wirst, bevor er überhaupt erkennt, daß sein erster Schlag fehlgeschlagen ist. Umgekehrt wirst Du, falls Du auf der Innenbahn bist, wenn Du seinem ersten Schlag ausgewichen bist, dann wahrscheinlich das Ziel für einen sofortigen Schlag mit der anderen Hand sein. Dies ist die alte Eins-Zwei-Kombination. Wir werden uns ansehen, wie man mit dieser Situation fertig wird, wenn wir die Innenabwehr betrachten. Dein Gegner wird wahrscheinlich eher einen geraden Schlag als einen Haken schlagen, wenn Du auf der Außenbahn bist, wohingegen der Haken wahrscheinlicher als der gerade Schlag ist, wenn Du auf der Innenbahn bist. Natürlich solltest Du meine Aussage nicht so auslegen, daß der Haken nur auf der Innenbahn geschlagen wird oder daß der gerade Schlag ausschließlich auf der Außenbahn geschlagen wird. In richtigen Kämpfen kann alles passieren. Ich habe allerdings beobachtet, daß dieser Zusammenhang zwischen einer gegebenen Bahn und einem gegebenen Schlag sich häufig genug ergibt, um für Trainingszwecke nützlich zu sein. Die Qualität Deines Gegners Einige von Euch mögen denken „Scheiße, falls der Typ einen solch schlampigen Schlag losläßt aus solch einer weiten Entfernung und so weit überzogen wie hier abgebildet, warum brauchte ich mich denn überhaupt dagegen zu verteidigen?
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Warum nicht einfach ganz locker aus dem Weg treten und nach Hause gehen, um eine Pizza zu essen?" Dein Punkt ist klar verstanden worden, aber falls Du so empfindest, ist es wahrscheinlich, weil Du ein Schüler oder Lehrer der Kampfkünste bist. Deshalb bist Du daran gewöhnt, daß Leute einigermaßen kontrollierte Schläge schlagen, selbst wenn Du einige schlampige, überzogene Schläge im Dojo gesehen hast, insbesondere während des freien Sparrings, wenn Leute ein wenig aufgeregt sind. Nun, lieber Leser, als Grundregel gilt, daß Leute in echten Kämpfen sehr aufgeregt sind und mit einiger Regelmäßigkeit überzogene Schläge schlagen. Es gibt eine Anzahl von Gründen dafür, und ich werde später ein paar der wichtigeren für Dich darlegen, aber verstehe das, was ich hier sage, nicht so, als ob es bedeutet, daß Du den Überraschungsschläger oder Straßenkämpfer ungefährdet unterschätzen kannst! Wie ich in Kapitel 1 schon darauf hingewiesen habe, spricht einiges für den untrainierten Kämpfer. Nichtsdestotrotz, ohne den Nutzen eines richtigen Trainings, gilt, je mehr Kraft der durchschnittliche Typ in einen Schlag zu legen versucht, um so mehr überzieht er ihn häufig. Bedenke die Geisteshaltung des Überraschungsschlägers. Er greift mit einem Hinterhalt an. Er weiß, daß er den Abstand schnell zu überbrücken hat, bevor sein Opfer alarmiert ist. Daher wird er versuchen, den kraftvollsten Schlag , den er hat, als seinen Eröffhungsschlag zu landen. Dies bedeutet oftmals einen etwas überzogenen Schlag. Da die meisten Leute nicht wirklich wachsam sind, und der Überraschungsschläger wahrscheinlich sein Interview abgeschlossen und das passende Opfer ausgewählt hat, funktioniert sein Hinterhalt meistens. Dieser Typ versucht nicht, zu improvisieren oder etwas zu ändern, das für ihn in der Vergangenheit funktioniert hat, was der Grund dafür ist, daß der Kneipenkrieger so häufig mit seiner rechten Hand führt und den Schlag überzieht. Denk darüber nach. Ab und zu hatte ich es mit jemand zu tun, der mehr formales oder wirksames Training im Nahkampf hatte. In den meisten Fällen waren dies Boxer. Nur sehr wenige Male schienen sie Schüler eines asiatischen Systems zu sein (Einfach jeden Bruce Lee-Film oder mehrere Folgen der Fernsehserie „Kung Fu" gesehen zu haben, macht einen noch nicht zu einem Schüler eines asiatischen Systems. Viele Blödhammel, die niemals das Innere eines Dojo oder Kwoon gesehen haben, werden versuchen, einen Tritt zu Deinem Kopf zu treten oder irgendwelche anderen Phantasieland-Versionen asiatischer Kampftechniken zu probieren. Ich zähle diese Schwachköpfe nicht mit.). Ich denke gerne, daß wahre Kämpfer asiatischer Stile nicht viel Ärger verursachen, weil Leute, die lange genug bei solchen Systemen dabeibleiben, um zu wissen, wie man sie einsetzt, häufig reifere Einstellungen den Kneipenschlägereien gegenüber entwickeln. Nämlich, daß sie nicht hineingezogen werden, falls es eine vernünftige Alternative gibt. Ein guter Boxer überzieht seinen Angriff nicht. Er weiß häufig, wie man sich bewegt und trifft und kann ein außerordentlich starker Gegner sein. Wenn er einen Schlag schlägt, wird er genauso schnell zurückgezogen wie er herauskam. Es gibt da nur eine sehr kleine Chance, sein zuschlagendes Handgelenk mit dem Handauflegenteil der Außenabwehr einzufangen. Ferner ist der Boxer ein Konterund Kombinationsschläger.
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Das erste Ziel der Verteidigung gegen einen gewandteren Angreifer bleibt das gleiche: nicht getroffen werden. Gegen den besseren Kämpfer, insbesondere den, der aus dem Hinterhalt angreift, wirst Du nur einen Sekundenbruchteil haben, um irgendeine Verteidigungstechnik einzusetzen. Das Abfangen mit der offenen Hand ist schneller als irgendeine andere Form, was es wahrscheinlicher macht, einen Teil des herankommenden Schlags zu erwischen, unabhängig davon, wie gut der Schlag von Deinem Angreifer ausgeführt wird. Je schneller er ist, um so mehr brauchst Du die Vorgehensweise mit offener Hand, um seinen Schlag zu vermeiden. Ein weiterer Vorteil der offenen Hand ist, daß sie viel empfindlicher ist für die feindlichen Bewegungen als eine geschlossene Faust. Mit Übung wird es Dich wissen lassen, in welche Richtung Du Dich zu bewegen hast, um zu entkommen oder um den nächsten Schlag zu checken. Einfach nur dadurch, daß die offene Hand hoch und gegen einen Schlag klatscht, der teilweise, obwohl nicht perfekt, trifft. Dinge bewegen sich in einem echten Kampf so schnell, daß eine Hand an Deinem Gegner zu haben Dein Hauptanhaltspunkt dafür bekommen mag, wohin er sich bewegt. Dieses Tastgefühl wird Dir außerdem „sagen", wo die Ziele für den Konterschlag sind. Visuelle Hinweise allein sind nicht immer ausreichend, wenn sich alles wie unter einem Schleier bewegt. Dies trifft besonders dann zu, falls Du von dem gegnerischen Schlag teilweise betäubt worden bist.
Hier sehen wir die Innenabwehrtechnik im Augenblick des Kontakts. Dies ist eine Abwehr gegen einen rechten Haken zum Kopf, einem der häufigsten Angriffe im Repertoire des Wirtshauskämpfers. Beachte, daß die rechte Hand des Verteidigers am dichtesten am Angreifer dran ist (starke Seite steht nach vorn), während seine Linke am Handgelenk des Angreifers ist. Er könnte den Handkantenschlag zum Hals des Angreifers mit der rechten (Führungs-) Hand direkt aus dieser Position ausführen, ohne die Handhaltung oder irgend etwas anderes verändern zu müssen. Erneut sind die Vermeidung des Schlags und das Vorbereiten für den Konterschlag eine einzige Bewegung.
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Wenn Du Dich auf der Innenbahn verteidigst, mußt Du Dir sofort über die andere Hand des Angreifers bewußt sein. Auf diesem Foto hat die rechte Hand des Verteidigers nicht den eben erwähnten Handkantenschlag zum Hals ausgeführt, weil er spürte, daß der Angreifer seine rechte Hand wegzieht, was dem Schlagen der Linken vorausgehen muß. Diese Körperbewegung wahrnehmend, checkt der Verteidiger sofort den linken Haken mit einem „Block am Ausgangspunkt" an der linken Schulter des Angreifers. Dies wird begleitet von einer ausweichenden Kopfbewegung.
Nach dem Checken des linken Hakens an der Schulter folgt in diesem Fall ein Kopfstoß nach vorn. Beachte, wie die Hand des Verteidigers direkt von der Schulter hinter den Kopf des Angreifers glitt. In tatsächlicher Anwendung habe ich allerdings häufiger den Kehlenschlag oder den Handballenstoß eingesetzt. Der Kopfstoß nach vorn ist ziemlich nützlich, wenn man ringt.
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Du mußt üben, Dich auf dem Boden zu verteidigen, weil in echten Kämpfen die Schlacht häufig am Boden weitergeht, insbesondere, nach dem es zum Ringen kommt. Hier sehen wir den Handkantenschlag zum Hals des Angreifers. Dies ist der Schlag, der direkt der Innenabwehr in der vorherigen Fotoserie gefolgt wäre, wenn es nicht notwendig gewesen wäre, statt dessen den linken Haken an der Schulter abzuchecken. Dieser Schlag sollte eine Serie von Schlägen sein, die abwechselnd von der rechten Halsseite zur linken in einer schnellen und kontrollierten Art und Weise gehen. Ein Ellenbogenschlag zur Kehle kann hier ebenfalls gut funktionieren. Manchmal mußt Du seine Haare greifen und ihn in Deinen Ellenbogenstoß hinunterziehen.
Der Kehlenschlag folgt dem Moment des Kontakts der Innenabwehr. Dies ist eine starke Alternative zum Handkantenschlag zum Hals nach dem Checken seines rechten Hakens. Kehlenschläge sind grundsätzlich sehr kampfunfähigmachend, wenn sie landen.
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Der Handballenstoß zum Solarplexus ist ein weiterer guter Schlag, der auf die Innenabwehr folgt. Er ist nicht so kampfunfähigmachend wie ein guter Kehlenschlag, aber in echten Kämpfen müssen die Schläge einfach „fließen", und dieser fließt wirklich gut bei mir.
Ein dritter Vorteil der offenen Hand ist, daß, falls Du die Technik übst, Du häufig den Gegenschlag (vertikalen Faustschlag, Kehlenschlag, usw.) schaffst, weil er so direkt auf das Ablenken folgt, selbst gegen Boxer. Ich werde zu diesem Thema des Fertigwerdens mit Boxern und anderen befähigteren Gegnern zurückkehren. Für den Augenblick jedoch müssen wir fortfahren mit grundlegenderen Abwehrtechniken. Es genügt zu sagen, daß Boxer harte Gegner sind und ich normalerweise mit ihnen fertiggeworden bin, indem ich direkt in eine Ringkampfsituation übergegangen bin, wo ich einfache Würfe, Kopfstöße sowie Ellenbogen- und Kniestöße einsetzen konnte, während ich seine besten Waffen einklemmte - sein paar schnelle, koordinierte Hände. DIE INNENABWEHR Die Innenabwehr wird eingesetzt, um sich gegen Schläge zu verteidigen, wenn Du auf der Innenbahn Deines Gegners zwischen seinen Armen bist. Wie zuvor erwähnt, ist der Haken zum Kopf der typischste Schlag, wenn Du auf der Innenbahn bist. Auf dem ersten Foto auf Seite 90 sehen wir die Innenabwehr im Augenblick des Auftreffens auf den gegnerischen rechten Haken. Beachte, daß die rechte Hand des Verteidigers am dichtesten am Angreifer dran ist, während seine linke Hand am Handgelenk des Angreifers ist. Beobachte außerdem, daß die zwei Hände des Verteidigers sich gegenseitig am oder nahe des Handgelenks berühren. Der Verteidiger hat seinen Kopf auf den Angreifer zubewegt, um das Ziel zu nah für den Brennpunkt heranzubringen, den der Angreifer im Kopf hat. Angenommen, der Verteidiger hätte nur seine rechte Hand hochbringen können, um den gegnerischen Schlag abzulenken. Dies würde helfen, aber der Schlag könnte
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trotzdem um das Tor herumrutschen und mit untragbarer Kraft landen. Nun denk darüber nach, was passieren würde, falls der Verteidiger nur seine linke Hand am Handgelenk des Angreifers hätte. Dies würde helfen, weil der Verteidiger trotzdem das Handgelenk drehen und den Schlag ablenken könnte, ähnlich wie bei der Außenabwehr. Aber der Schlag könnte noch immer mit zu viel seiner ursprünglichen Kraft landen. Wenn allerdings die beiden Hände gleichzeitig in der korrekten Torposition zusammenkommen, dann ist der Verteidiger ziemlich sicher vor dem Empfangen eines Schlags mit voller Kraft. Erinnere Dich daran, daß sich der Kopf gleichzeitig mit der Technik innerhalb der Schlagbahn vorwärts bewegt. Indem man die zwei Bewegungen kombiniert, verstärkt jede einzelne davon die andere, und der Schlag kann nicht so leicht um die Abwehr herumrutschen, was es sehr schwierig für den Schlag macht, mit irgendeiner entscheidenden Kraft zu landen. All dies wird kombiniert mit einer leichten Drehung des Körpers weg von der Bahn des Schlags und einem kurzen Schritt auf den Angreifer zu. Ist der Haken erst einmal abgefangen, mußt Du sofort zum Gegenangriff übergehen. Der Handkantenschlag zur ungedeckten Halsseite des Angreifers ist eine natürliche Antwort, da er bereits oben ausgeholt bereit ist. Er sollte sofort folgen, nachdem der Schlag des Angreifers abgewehrt wurde. Dem Handkantenschlag kann mit einem Handballenstoß oder Kehlenschlag gefolgt werden. Da Du auf der Innenbahn bist, mußt Du wachsam sein wegen der Möglichkeit, daß die andere gegnerische Hand einen Schlag landet, unmittelbar, nach dem der erste Schlag abgecheckt ist. Selbst wenn all dies sich in einem Sekundenbruchteil ereignet, werden Deine Hände sofort fühlen, wenn sich der erste Schlagarm wegzieht, sollte er damit beginnen, dies zu tun. Dein Gegner muß diesen Arm zurückziehen, um einen zweiten Angriff mit der anderen Hand auszuführen. Falls Du dies spürst, geht Deine Hand, anstatt den Handkantenschlag zu schlagen, direkt zur gegenüberliegenden gegnerischen Schulter, während Du Deinen Körper in ihn hineinbewegst. Das Ergebnis ist, daß sein Schlag niemals volle Kraft erzeugt und versagen mag, das Ziel überhaupt zu treffen, da sich Dein Kopf innerhalb der Reichweite des Schlags hineinbewegt hat. Diese Technik, wenn richtig ausgeführt, bereitet Deinen Mann vor wie eine Blechdose auf einem Zaunpfahl, ein Fisch in einem Wasserglas, eine Ente auf...Du hast schon verstanden. Dies kommt daher, weil wenn er den ersten Schlag schlägt und er nicht fest trifft, und er dann den anderen schlägt und dieser auf seiner beabsichtigten Bahn auch teilweise aufgehalten wird, es einen Augenblick gibt, in dem er nichts tun kann, als gewissermaßen nur plattfüßig dazustehen. Ein Augenblick ist eine lange Zeitspanne in einem tatsächlichen Kampf. Da sich Deine offenen Hände noch immer frei bewegen, fließt Du in die nächste Technik aus Deiner Werkzeugkiste über. Der vertikale Faustschlag kommt ganz natürlich aus der Innenbahnposition. Wie erwähnt funktionieren der Handballenstoß und der Kehlenschlag hier ebenfalls sehr gut. Bei einem sehr schnellen rechten Haken magst Du bloß Deine linke Hand an den hereinkommenden Schlag bekommen (oder seitenverkehrt Deine Rechte, falls es ein linker Haken ist). Falls dies alles ist, was Du dahin bringen kannst, Du aber trotzdem Deinen Kopf mit korrektem Timing weg- und vorbewegen kannst, dann sollte der Schlag Dich nicht weghauen, solange der Typ nicht Conan der Barbar ist.
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Ich sagte, daß nichts bei jedem Mal perfekt funktioniert. Einmal schlug ein Conantyp einen guten, schnellen Haken zu meinem Kopf, aber ich schaffte es, meine beiden Hände hoch- und zusammenzubringen, um das Tor zu schließen. Sein Kraft war jedoch so stark, daß er meine eigenen Hände gegen meinen Kopf schlug. Trotzdem wäre ich sicherlich wie ein Licht ausgepustet worden, falls ich die Technik nicht ausgeführt hätte. Obwohl ich betäubt war, bewegte ich mich instinktiv vorwärts. Dorthin, wo diese Monsterhaken nicht so gefährlich sein würden. Ich schlug ihn mit ein paar Geraden mit der Hinterhand zur Körpermitte, was überhaupt keine Wirkung erzielte. Es fühlte sich so an, als ob man den schweren Sandsack trifft, nur war der Bauch dieses Typs ein bißchen härter für meine Hände. Es war absolut eine dieser „Sieh zu, daß Du entkommst"-Situationen. VERBINDENDE KONZEPTE DER INNEN- UND AUSSENABWEHR Die Innen- und Außenabwehren sind nützlich in echten Kämpfen, denn ich habe sie in echten Kämpfen ausreichend eingesetzt, um es zu wissen. Experimentiere mit ihnen in den Übungen. Verstehe, daß Dein Ziel ist, alle überflüssigen Bewegungen wegzulassen, die die Technik komplizierter oder langsamer machen. Beachte, wie beide Techniken betrachtet werden können als nichts anderes als einfach nur ein Hochwerfen Deiner Hände, um zu vermeiden, getroffen zu werden. Grundsätzlich ist das alles, was sie sind, weil es eine natürliche Bewegung ist und daher leichter spontan auszuführen ist bei einem echten Angriff. Die Bewegung ist einfach verfeinert worden, um die Linie des herankommenden Angriffs umzulenken und den Konterschlag vorzubereiten. Entspannung Wie beim Ausführen eines eigenen Schlags, erfordert das Vermeiden eines gegnerischen Schlags einen entspannten Geist, der keine Muskelanspannung in Deine Gliedmaßen legt. Denk an den Ausdruck „starr vor Angst". Wenn Du Angst hast, ist die natürliche Neigung, die Muskeln anzuspannen. Falls Du starr vor Angst bist, sind die Muskeln so angespannt, daß Du Dich überhaupt nicht mehr bewegen kannst. Deshalb ist das erste gemeinsame Element dieser Verteidigungstechniken die Entspannung. Vermeide Anspannung in Arm und Hand, während sie sich hochbewegen, um den Schlag abzufangen. Schon eine offene Hand anstatt einer geschlossenen Faust zu verwenden erleichtert diese Entspannung. Sparsamkeit der Bewegung Strecke niemals Deinen Arm zum „Abblocken" aus. Mach die kleinstmögliche Bewegung, die notwendig ist, um den Schlag abzulenken und ihn umzuleiten. Hier ist eine Methode, um eine Vorstellung davon zu erhalten, wie weit Du den Arm ausstrecken kannst, um das Tor zu schließen. Halte den kleinen Finger und Daumen von einer Hand so, daß sie auf die maximale Entfernung ausgestreckt sind. Plaziere den Daumen an Deinem Körper (etwa in der Mitte der unteren Rippe auf der Seite des abwehrenden Arms) und den kleinen Finger gegen den gebeugten Ellenbogen Deines abwehrenden Arms. Dein Ellenbogen sollte sich nicht viel weiter als dies von
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Deinem Körper weg bewegen, wenn Du einen Schlag ablenkst. Bei „viel weiter" meine ich mehr als 7 bis 10 cm. Dies ist eine grundlegende Faustregel - es gibt immer ein paar schlaksige Typen, die ihn gefahrlos ein bißchen weiter herausstrecken können. Einheit der Bewegung Erlerne, Dein Handhochbringen und Dein Kopfwegbewegen in einer Bewegung zu koordinieren. Die Hand kann betrachtet werden als ein Insektenfühler, der Dir die Richtung des Schlags mitteilt, ohne darüber nachdenken zu müssen. Dies erlaubt Deinem Kopf, sich aus dem Weg zu bewegen, ohne darüber nachdenken zu müssen. Mit Training werden diese zwei Aktionen zu einer einzigen. Es ist so, als ob Du Deine Hand auf eine heiße Herdplatte legst. Du denkst nicht darüber nach; Deine Hand springt sofort hoch von der heißen Oberfläche, selbst wenn Du den Herd nicht gesehen hast, bevor Du Deine Hand aufgesetzt hast. Wenn Du einiges an Einheit mit diesen Bewegungen entwickelt hast, wird Dein Kopf instinktiv in die richtige Richtung wegspringen und gerade weit genug, um dem Schlag in Übereinstimmung mit dem gefühlten Aufschlag an Deiner Hand am Schlag des Angreifers auszuweichen. Vermeide, gegen die gegnerische Kraft anzukämpfen Dies ist hauptsächlich deshalb wichtig, weil er Dich überwinden wird, falls er stärker ist als Du. Wir versuchen nicht, den hereinkommenden Schlag zu stoppen; wir lassen ihn einfach sein Ziel verfehlen. Dies ist nicht nur um einiges leichter zu erreichen, sondern es läßt Deinen Gegner sich auch in Deinen Konterschlag weiter hineinbewegen. Es macht es auch schwieriger für ihn, unmittelbar einen weiteren Angriff zu starten, weil sein erster noch immer unterwegs ist, so weit es seinen Verstand und seinen Körper betrifft. UNUNTERBROCHENER ANGRIFF Das nächste Verteidigungskonzept, das wir uns anschauen werden, ist eins, das wir bereits angesprochen haben: der ununterbrochene Angriff. Die Idee sollte zu diesem Zeitpunkt ziemlich leicht zu verstehen sein. Wie die beiden Abwehrtechniken verlangt auch der ununterbrochene Angriff die Integration von Entspannung, Ökonomie und Einheit der Bewegung, und nicht das Gegenankämpfen gegen die gegnerische Kraft, damit Du von einem Gegenstand Deiner Werkzeugkiste zum nächsten fließen kannst. Wenn Du einen Schlag landest, ist es, weil der Gegner nicht in der Lage war, sich in dem Augenblick, bevor er landete, gegen ihn zu verteidigen. Wie wirkungsvoll kann er sich gegen einen zweiten Schlag in dem Augenblick verteidigen, nach dem der erste landete? Die Antwort lautet: nicht sehr gut. Weite diese Gedankenlinie der Logik aus auf den dritten, vierten und fünften Schlag. Kurz gesagt, falls Du die oben erwähnten Fertigkeiten entwickelt hast, solltest Du in der Lage sein, unmittelbar mit weiteren Schlägen zu folgen, nach dem Du Deinen Mann mit einem guten Schlag getroffen hast. Jeder aufeinander folgende Schlag 96
sollte mehr Schaden anrichten als der vorhergehende, damit dem Feind keine Chance gegeben wird, sich zu erholen. Erinnere Dich daran, daß die Grundtaktik des Überraschungsschlägers die ist, diesen ersten guten Schlag aus dem Hinterhalt zu bringen und mit weiteren Schlägen zu folgen, so daß das Opfer nie eine Chance hat, sich selbst zu verteidigen. Obwohl dies für die meisten Überraschungsschläger ziemlich gut funktioniert, wird es besser für Dich funktionieren, weil Du ein besseres Verständnis für dieses Prinzip hast. Der Trick ist, zuerst dem Eröffhungsschlag des Überraschungsschlägers auszuweichen oder Du wirst keine Chance mehr haben, irgendeine andere Technik zu Deiner Verteidigung anzuwenden. Studiere die Fotos des Befreiens aus einem Würgen von vorne (Seiten 45-49). Ich wähle diese besondere Serie aus, weil sie all die vorher erwähnten Elemente der Verteidigung mit dem verbindenden Thema des ununterbrochenen Angriffs darstellt. Die Fotoaufnahmen sprechen die Mechanik der Techniken an. Aber beachte, wie hier die Konzepte sich selbst darstellen. Im ersten Bild wird dem Würgen nicht direkt Widerstand geleistet. Ich versuche nicht, seine Arme zu ergreifen und sie wegzuziehen, weil dies ein Gegenankämpfen gegen die Kraft des Angreifers wäre. Der Typ würgt mich noch immer, während ich den ersten Schlag, den Ellenbogenstoß, ausführe, wobei er völlig außer Standes ist, ihn zu vermeiden oder abzublocken. Falls er fortfahrt, sich an Deiner Kehle festzuhalten, fahre einfach fort mit dem Ellenbogenstoß. Geh nicht von einem Schlag zum nächsten über, bloß um einfach Dein reichhaltiges Waffenarsenal zu demonstrieren oder den Zuschauern eine Show zu präsentieren. Du gehst von einer Art des Schlags zu einer anderen über, wenn der erste Schlag die nächste, kraftvollere Technik vorbereitet hat. Sollte der Typ noch immer an Deiner Kehle hängen, nach dem er mit dem Ellenbogen getroffen worden ist, ist das fein. Der Macker ist entweder stehend K.o. oder ist einfach wirklich dämlich. Deshalb gibt es keinen besseren Schlag als einen weiteren Ellenbogenstoß zum Hals. Führe ihn so viele Male aus wie nötig. Auf den Fotos macht der Angreifer die natürlichere Sache und beginnt, sich von mir wegzubewegen. Der natürliche Übergang vom Ellenbogen ist, seinen Hinterkopf für den Kopf-Handgelenk-Dreher zu erfassen (welchen wir uns später anschauen werden), ein gutes Beispiel für Sparsamkeit der Bewegung. Dies bereitet den Kniestoß zum Solarplexus vor. Wir gehen zum Solarplexus, weil wir sicher sein müssen, ihn irgendwo in der Rumpfmitte zu treffen. Es ist ein ziemlich großes Ziel. Nun, nachdem wir den Kniestoß ausgeführt haben, ist der Gegner vornübergebeugt und kampfunfähig. Dies gibt uns die extra Sekunde, um bei unserem nächsten Schlag, dem Kniestoß zum Gesicht, ein wenig genauer zu sein. Beachte hier die Einheit der Bewegung - die Hand auf dem Kopf ist koordiniert mit dem aufwärtsführenden Kniestoß. Das Knie zum Gesicht hat den Typ fast erledigt, aber um die Sache angemessen abzuschließen geben wir ihm den alten Lieblingsschlag mit, die Handkante zum Genick, während er fällt. Dieser Schlag folgt, weil unsere Hand vom Hinterkopf des Typs hochgeprallt ist, als unser Knie auf sein Gesicht traf. Erneut sehen wir, wie eine offene Hand in einer hohen Position zu einem Handkantenschlag zum gegnerischen Hals wird, ein weiteres Beispiel für die Sparsamkeit der Bewegung.
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Nun bedenke die Verallgemeinerung dieser besonderen Kette von Bewegungen von einem anderen Ausgangspunkt aus. Anstatt eines Würgegriffs, stell Dir vor, wir wären an einem Punkt, an dem ein regelrechtes Ringen vor sich geht. Alternativ dazu nimm an, daß ich gerade einen Haken mit einer Innenabwehr abgelenkt habe, einen Folgeschlag mit seiner anderen Hand an ihrem Ausgangspunkt (seiner Schulter) abgeblockt habe, und einen Handballenstoß zu seinem Solarplexus ausgeführt habe. Jedes dieser Szenarien könnte direkt zu dieser hier gezeigten Reihenfolge von fortlaufenden Angriffen führen. Vergiß jedoch nicht, daß es Dein Ziel ist, unverletzt davonzukommen. Du möchtest Dich grundsätzlich von einem erheblich größeren und stärkeren Gegner absetzen und eher entkommen als mit einer Serie von Schlägen fortzufahren, mit dem Ziel, Deinen Mann zu Boden zu bringen. Im allgemeinen jedoch ist einmal nicht genug. Selbst wenn Du entkommen willst, wird es Dir wahrscheinlich am besten dienen, ein Minimum von zwei oder drei Schlägen zu schlagen, bevor Du Dich losreißt. GESUNDEN MENSCHENVERSTAND BEI DEINEN TAKTIKEN EINSETZEN In der Fotofolge, die ich hier zeigte, ist der Gegner, obwohl größer und mit einer längeren Armreichweite, keine Person mit einem stärkeren Knochenbau als meinem. Beachte, daß ich ihn innerhalb seiner Reichweite bekämpfe. Falls er ein guter Boxer wäre und von mir wegkäme, könnte er einige Kombinationen landen. Ich kann dies nicht zulassen, und da er nicht sehr viel größer oder stärker ist, wähle ich die Taktiken aus, die Du hier siehst, weil ich Vertrauen in ihren Erfolg habe. Der Typ ist nicht so groß, als daß ich ihn nicht verletzen könnte. Falls der Typ allerdings genauso groß (in diesem Beispiel 1,86 m; ich bin 1,78 m), aber 110 kg schwer und so gebaut wie ein Linebacker der Dallas Cowboys wäre, würde ich eine andere Vorgehensweise versuchen, nämlich ihn zu betäuben und zu entkommen. Es würde schwieriger für mich sein, den Typ so wie in dem vorherigen Szenario in Bewegung zu bringen, weil die Schläge ihn nicht so sehr verletzten würden und es ebenfalls schwieriger sein würde, seinen Körper vornüberzubeugen. Er könnte sich erholen, und dann könnte ich wirklich in echten Schwierigkeiten sein. Lerne deshalb, sofort den Körpertyp Deines Gegners einzuschätzen. Falls Du eine Chance bekommst, ihn vor dem Angriff zu sehen (Aufmerksamkeit), achte besonders auf seine Merkmale. Wie dick sind seine Handgelenke? Dies ist ein guter Anzeiger für Knochengröße, denn selbst falls der Typ eine Menge Übergewicht hat und vielleicht groß aussieht, bleibt diese Handgelenkgröße gleich. Überprüfe gleichermaßen seinen Kopf. Wie weit stehen die Augen auseinander? Wie dick ist sein Hals? Wie groß ist er? Was schätzt Du bringt er auf die Waage? All dies wird die am besten einzusetzenden Taktiken bestimmen, falls Du mit dem Typ aneinandergerätst. Übe dies, in dem Du Leute auf der Straße, im Supermarkt usw. abschätzt. Lerne, sofort zu erkennen, wie groß jemand wirklich ist. Fette Typen spielen sich manchmal groß auf und haben vielleicht Knochen von guter Größe, aber sie halten in einem Kampf häufig nicht lange durch, bevor ihnen die Luft ausgeht. Daher magst Du sie auf Abstand halten wollen und sie sich viel herumbewegen lassen, während sie versuchen, mit einem Schlag zu treffen oder mit Dir zu ringen. Wenn sie schwer atmen, dann fang an, an ihnen zu arbeiten, falls die
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Situation es erfordert. Begehe nicht den Fehler, zu denken, daß fette Typen immer langsam sind. Sie sind nicht immer langsam, insbesondere nicht, bevor sie müde werden. Eine weitere Sache, die ich über das Einschlagen auf fette Typen bemerkt habe: Manchmal können sie einen Schlag zum Kopf nicht besonders gut einstecken. Ich denke, dies mag daher kommen, weil die fetten Typen, die mich dazu gezwungen haben, mich zu verteidigen, insbesondere wenn ich als Rausschmeißer arbeitete, daran gewöhnt waren, sich auf ihre offensichtliche Größe zu verlassen, um ihre Gegner einzuschüchtern. Sie hatten nicht viel Kampferfahrung, weil Leute sie normalerweise nicht herausforderten und sich mit ihnen anlegten. Das Ergebnis: Sie haben nie gelernt, wie man einen Schlag einsteckt. Dies könnte eine Vermutung meinerseits sein. Wer weiß? Aber hier ist etwas, das ich weiß. Ein paar Male am Kopf getroffen zu werden hilft Dir, Dich daran zu gewöhnen, mit einem betäubten Verstand und umnebelten Blick noch zu funktionieren. Boxer sind oft gut darin wegen ihrer Vollkontakttrainingsmethoden. Außerdem kann selbst ein großer Typ durch Schläge in sein Gesicht verletzt werden. Das Gesicht ist ziemlich empfindlich, insbesondere die Nase. HALTE DEINE AUGEN OFFEN Die Idee hinter dem Augenoffenhalten in einem Kampf mag Dir offensichtlich erscheinen, aber falls ich den am häufigsten vorkommenden Fehler bestimmen sollte, den Leute in ihren Versuchen begehen, sich selbst zu verteidigen, würde ich wahrscheinlich ihr Versagen darin auswählen, ihre Augen auf dem Gegner zu lassen. In jeder Sportart gibt es einen Grundsatz wie z.B. „Behalte den Ball im Auge!" Dieser Grundsatz gilt doppelt in echten Kämpfen. Das Problem ist, daß im Sport der Ball nicht versucht, Dir zum Kopf zu schlagen; in einem Kampf wird Dein Gegner dies höchstwahrscheinlich tun. Deswegen neigen Leute dazu, ihren Kopf herunterzunehmen, um ihn nicht ungedeckt zu halten. Dies geschieht häufig, nach dem ein paar Schläge ihres Angreifers gelandet sind. Dies ist ein sehr großer Fehler. Wenn Du Deinen Kopf herunternimmst, kannst Du die Schläge Deines Gegners nicht mehr sehen. Dies macht es zumindest sehr viel schwieriger, sie abzulenken, ihnen auszuweichen oder anderweitig die Kraft dieser Schläge zu vermeiden. Falls Du die Distanz mit einem guten Rückwärtsgleitschritt kontrollieren kannst, solltest Du in der Lage sein, Deinen Kopf aufrecht und Deine Augen auf allem zu halten, was Dein Gegner zu tun versucht. Erneut haben wir es mit einem Prinzip zu tun, daß in freiem Sparringtraining erfahren werden muß. Insbesondere, wenn Du einen Kopfschutz verwendest und Schläge zum Kopf erlaubt sind, halte ein und denk darüber nach, nachdem Du wirklich hart am Kopf getroffen worden bist. Du magst herausfinden, daß Dein Kopf unten war und Du den Schlag nicht hast kommen sehen. Wenn Du Dich zu Anfang darauf konzentrierst, Deinen Kopf oben und Deine Augen offen zu halten, magst Du während des freien Sparrings sogar häufiger getroffen werden. Dies ist nur vorübergehend so! Du lernst bloß, wie man es macht, also erwarte an diesem Punkt, getroffen zu werden. Erlerne diese Idee in Deinem freien Sparringtraining mit Kopfschutz bevor Du in einen echten, totalen Straßenkampf hineingerätst.
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Boxer werden ihre Köpfe abducken, aber alle guten tun dies mit richtigem Timing, während sie ein gutes Auge auf ihren Gegner gerichtet lassen. Tatsächlich ist Boxen eine gute Trainingsmethode, um zu lernen, wie Du Deinen Kopf aufrecht hältst, während Du Dich abduckst und Schlägen mit Oberkörperbewegungen ausweichst. Aber sei gewarnt: Bei all seinen Stärken ist das westliche Boxen „wegen seiner Einschränkungen bei verbotenen Techniken überaus riskant" (Bruce Lee in seinem Buch Das Tao des Jeet Kune Do). Ich habe sehr wenige Kämpfe gesehen, in denen ein Typ ein trainierter Boxer war und seinen Gegner völlig deklassierte. Es gab einen solchen Zwischenfall, der sich vor etwa sieben Jahren ereignet hat, der mir im Gedächtnis geblieben ist. Nach dem der Boxer den Überraschungsschlag mit einer Oberkörperbewegung vermieden hat (ich habe nicht gesehen, ob durch abducken oder ablenken), bewegte er sich von seinem Mann weg und nahm eine Boxerstellung ein. Er tänzelte auf seinen Zehenspitzen, schlug angetäuschte Schläge, pendelte und kreiselte, brachte die ganze Chose vor, aus einer Distanz, aus der keiner der Männer einen Treffer hätte landen können. Dann glitt der Boxer schnell vor und landete zwei geschnappte Linke, gefolgt von einer kraftvolleren Rechten zum Kiefer des Typs. Er trat zurück, so als ob er den Schaden begutachten wollte, ging dann wieder vor und fing an, am Körper des Typs zu arbeiten mit hübschen hinteren Geraden. Erneut trat er zurück, aber diesmal landete er einen rechten Haken auf seinem Rückweg. Sein Gegner war total deklassiert. Ich arbeitete nicht in dieser Bar und war wirklich überrascht darüber, daß die Besitzer diese Sache für so lange laufen ließen. Entweder gab es an dem Ort keinen Rausschmeißer oder der Typ war gerade auf Klo, denn schließlich unterbrach eine Gruppe von Ortsansässigen die Show, bevor weitere Schläge ausgeteilt werden konnten. Der Überraschungsschläger hatte auf jeden Fall mehr abbekommen, als er geplant hatte und blutete ein bißchen, aber das war auch schon alles. Ich würde sicherlich nicht die Show des Boxers kritisieren, aber es ist nicht mein persönlicher Stil, Dinge so zu handhaben. Ich halte niemals inne, um den Schaden zu begutachten, solange mein Gegner noch immer auf seinen Beinen ist. Ich möchte es so schnell wie möglich hinter mich bringen, denn je länger es andauert, desto größer ist meine Chance, verletzt zu werden. Dennoch zeigte mir diese kleine Faustkampfdemonstration wieder, daß sozusagen mehrere Wege nach Rom führen. Der Boxer hatte einen leichteren Knochenbau, aber war ein bißchen größer als der Typ, auf den er einschlug. Er schien sich sein Hände nicht zu verletzen, so weit ich das sehen konnte. Ich denke, es war das Vertrauen des Boxers sowohl in seine Fähigkeit und körperliche Kondition als auch in seine tatsächliche Trainingserfahrung, die es ihm erlaubten, seinen Mann zu kontrollieren und zu besiegen. Er hielt die ganze Zeit über seinen Kopf aufrecht, selbst als er seine kleine „He, guck mal, ich bin ein Boxer"Nummer mit ein bißchen Pendeln und Kreiseln vorbrachte. Er wehrte den Hinterhalt ab, und das ist letzten Endes das einzige, was wirklich zählt.
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ÜBUNGEN ZUR SCHLAGWAHRNEHMUNG UND DES ANGRIFFSWINKELS Obwohl es viele Arten von Schlägen gibt, sind diejenigen, mit denen Du am wahrscheinlichsten angegriffen werden wirst, die rechte Gerade und der rechte Haken. Es würde Dir gut tun, die Verteidigung gegen diese zwei Schläge zu üben, bevor Du versuchst, die Abwehrtechniken gegen andere Arten von Schlägen zu verallgemeinern. Ziehe eine Kreidelinie oder klebe eine Linie aus Klebeband auf den Fußboden. Stehe Deinem Trainingspartner so gegenüber, daß die Linie zwischen Euren beiden Beinen entlangläuft, auf einer Entfernung voneinander, die ein bißchen weiter ist als seine Armlänge. Dies bedeutet, daß er etwas vorzugehen hat, um einen kraftvollen Schlag an Deinem Kopf zu landen, falls dies seine tatsächliche Absicht wäre. Mit dem Schläger auf dieser Linie verbleibend, nimmst Du verschiedene Positionen zur Linken und Rechten ein, bleibst aber immer im gleichen Abstand zu ihm. In Zeitlupe läßt Du Deinen Partner entweder den rechten Haken oder die rechte Gerade zu Deinem Kopf schlagen. Dies wird Dir ermöglichen, den Unterschied in den Angriffswinkeln zu sehen und wie sich Dein Angreifer bewegen muß, um diese beiden Schläge zu schlagen, abhängig davon, wie Du ihm gegenüberstehst. Beobachte die Anhaltspunkte, die Dein Partner abgibt, wenn er einen Schlag von seiner Seite aus einleitet. Die meisten Leute werden reichlich offensichtliche Anhaltspunkte hier abgeben, einschließlich dem Absenken der Schulter auf der Seite der zuschlagenden Hand, dem Handanspannen, manchmal einem plötzlichen Abstoppen seiner Vorwärtsbewegung vor dem Loslassen des Schlags (Ich glaube, es war Hollywood Bob, ein Aikidoka, der sagte: „...der Körper spricht".). Nur ein guter Kämpfer hat es fertiggebracht, dies wegzutrainieren (Siehst Du, was damit gemeint ist, daß Schnelligkeit eher dadurch erreicht wird, daß überflüssige Bewegung weggelassen wird anstatt sich einfach schneller zu bewegen? Wenn alle überflüssige Bewegung verschwunden ist, verschwinden auch die Anhaltspunkte sehr gut.). Die feineren Anhaltspunkte, welche am besten durch Erfahrung zu schätzen sind, sind zu sehen in den Augen und dem Gesicht. Einige werden Dir direkt in Deine Augen starren, um zu versuchen, etwas auf Dich zu „projizieren", manchmal nach einem Anhaltspunkt für Angst scannend, bevor sie den Schlag starten. Am anderen Ende der Skala sind diejenigen, die vorgeben werden, sich von Dir abzuwenden, wenn sie tatsächlich zum Schlag ausholen. Wenn sich jemand auf Dich zubewegt, möglicherweise, um einen Schlag zu schlagen, ist die erste Sache, die Du tun magst, Dich „in die Ecke zu bewegen". Dies bedeutet, zumindest von der imaginären Mittellinie zu gehen und sich in einem Winkel leicht zurückzubewegen. Dies kann getan werden, ohne eine große Verteidigungsshow daraus zu machen. Es wird den auf Dich zukommenden Typ dazu zwingen, sich zu verraten, falls er beabsichtigt, Dich zu schlagen, weil er seine Position Dir gegenüber ändern muß, um seinen Angriffswinkel beizubehalten. Du wirst viel leichter in der Lage sein, seine Absichten wahrzunehmen, wenn Du ihn dazu zwingst, seine Karten auf diese Weise auf den Tisch zu legen. Die Linienübung gibt Dir eine Vorstellung davon, was diese Anhaltspunkte sind, sofern es sein Tor, Bewegung seiner Schultern in dem Tor, Ausrichtung seiner Hüften, und die Haltung
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seiner Hände (offen oder zu einer Faust geballt, angespannt oder locker, usw.) betrifft. Versuche diese Übung, wo der Abstand zwischen Dir und Deinem Partner anfangs weit genug ist, um Dich in eine Ecke zu bewegen, wenn er auf Dich zugeht und seinen gestellten Schlag ausführt. Beachte seinen Wechsel im Gegenüberstehen Dir gegenüber und Anhaltspunkte, die diesen Wechseln vorausgehen. Es hilft, verschiedene Leute die Schläge schlagen zu lassen, weil unterschiedliche Körpertypen eine unterschiedliche Reihe von Anhaltspunkten darbieten werden. Als nächstes verringerst Du den Abstand so daß der Gegner so dicht steht, daß der Haken praktisch der einzige Schlag ist, den er einsetzen kann. Du solltest nur sein Gesicht und den Großteil seiner Schultern sehen. Um den richtigen Abstand zu bekommen, plaziere Deine Ellenbogen an den Seiten Deines Körpers und halte Deine Unterarme gerade und mit den Fingern ausgestreckt, bis Du Deinen Gegner berühren kannst. Die Idee hierbei ist, die Reihe an Anhaltspunkten auf diejenigen zu reduzieren, die erhältlich sind, nachdem der Gegner an Dich herangekommen ist. In einem echten Kampf magst Du einen Adrenalinschub haben, der Dir mehr rohe Kraft und Schnelligkeit gibt als Du je zuvor erfahren haben magst. Aber ohne einen visuellen, körperlichen, tastsinnmäßigen oder anderen Anhaltspunkt bzw. Reiz, um Deinem Körper (nicht Deinem bewußten Verstand) mitzuteilen, wie er antworten soll, mag das Adrenalin bloß dabei helfen, einen Schlag einzustecken, ohne weggehauen zu werden. Dein Ziel ist, diese Anhaltspunkte in Dein Unterbewußtsein einzuprägen, damit Dein Körper sich mit der extra Schnelligkeit und Kraft so bewegt, daß Du den Schlag insgesamt vermeidest oder seine Wirksamkeit erheblich reduzierst. Um dies zu tun, mußt Du trainieren, um diese Anhaltspunkte wahrzunehmen, welche Dir diese Vorankündigung über den Schlag und seinen Angriffswinkel geben werden. Schließlich versuchst Du diese Nahübung, wenn Du nur noch in die Augen des Typs schaust und Dich allein auf das periphere Sehvermögen verlassen mußt, um die Anhaltspunkte am Körper aufzufangen. Wenn Du an diesen Übungen arbeitest, habe einen entspannten und aufmerksamen Verstand. Laß kein Herumalbern zu. Halte eine einigermaßen ernsthafte Einstellung während des Trainings aufrecht. Unterbrich in regelmäßigen Abständen das Training und beurteile, was vor sich geht. Was funktioniert, was nicht und warum? Teste Deine Annahmen, wenn Du die Übungen fortsetzt. Wiederhole die Übungen am Anfang sehr langsam. Erinnere Dich daran, daß er Dich nicht treffen wird, also entspann Dich und widme Deine ganze Aufmerksamkeit dem Wahrnehmen der Anhaltspunkte. Wenn Du spürst, daß Du zumindest die Anhaltspunkte erkannt hast, dann experimentiere mit dem „Zenblick". Ich denke, ich habe diesen Begriff einfach erfunden, aber einige Leute werden wissen, worauf ich mich beziehe (stimmt's, Eagle?). Der Zenblick ist, wo Du für den außenstehenden Beobachter fast so scheinst, als ob Du ins Nichts schaust. In Wirklichkeit hast Du Dein Blickfeld so ausgeweitet, daß Du Dir nicht erlaubst, Dich auf irgend etwas zu konzentrieren. Du setzt das periphere Sehvermögen auf eine neue, fortschrittlichere Art und Weise ein. Der Zweck des Experimentierens mit dieser erweiterten visuellen Wahrnehmung ist der, daß sie Dir erlauben kann, visuelle Anhaltspunkte am Rand Deines normalen Blickfelds in einer alltäglichen Situation aufzufangen, die Du andernfalls nicht „sehen" magst. Dies
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könnte es Dir erlauben, einen Blick zu erhaschen von dem Überraschungsschlag, der hinterrücks herankommt, oder vielleicht einem Körperanhaltspunkt selbst, der ein Vorbote des tatsächlichen Schlags ist (Du kannst es Dir erlauben, hiermit während der Übung zu experimentieren, nicht aber in einem echten Kampf!). Meine Aikidokumpel, einschließlich Eagle und Hollywood, mögen sagen, daß dieser Blick in einem tatsächlichen Kampf gegen mehrere Angreifer eingesetzt werden kann, während sie Deine Position umkreisen. Ich sage „Zum Teufel damit! Falls Du wirklich mit mehreren Angreifern auf diese Art und Weise fertig werden kannst (ohne irgendeine Art von Waffe), dann würde Deine Kacke auch nicht am Dampfen sein!" Gegen mehrere Dich umkreisende Angreifer würde ich noch nicht einmal auf ihren Angriff warten. Ich würde die Schlacht zu ihnen bringen, in dem ich eine Tür mit einem Präventivschlag öffne, um meine Flucht zu ermöglichen. Ich sage nicht, daß Eagle oder Hollywood Ihre Taktiken nicht in einer solchen Situation durchziehen könnten. Nur erinnere Dich daran, daß sie dieses Aikidozeug seit Jahren trainiert und geübt haben. Wenn Du diese Wahrnehmungsübungen machst, sei vorsichtig! Ich kenne eine Menge Leute, die damit enden, sich aus Versehen gegenseitig umzuhauen. Sei keiner von ihnen. Dies bedeutet, Deine Fähigkeiten nicht zu überschreiten. Zuerst führst Du sie richtig aus, dann erhöhst Du langsam die Schnelligkeit der Schläge. Falls Du einiges an Brennpunktkontrolle bei den Schlagübungen (mit Kerzen, Stoff usw.) entwickelt hast, sollten Du und Dein Partner in der Lage sein, einen Schlag abzustoppen, kurz bevor er landet. Der beste Weg, um eine Tätigkeit zu üben ist, an der Tätigkeit selbst teilzunehmen. Unglücklicherweise gibt es keinen wirklich praktischen Weg, um echtes Kämpfen durch ein echtes Kämpfen zu üben. Dies ist teilweise ein Grund dafür, warum viele Kampfsysteme sich so weit von der Realität des Kämpfens haben entfernen können. ÜBUNGEN FÜR DIE AUSSENABWEHR Die Außenabwehr wird hauptsächlich eingesetzt gegen den geraden Schlag. Am Anfang mußt Du, während Du trainierst, vorher die Art des herankommenden Schlags kennen. Später werden wir sie vermischen. Übung Eins: Technik der Außenabwehr
Wenn Dein Partner einen geraden Schlag in langsamer Bewegung zu Deinem Kopf schlägt, spiegelst Du seine Schnelligkeit wieder und führst eine volle Außenabwehr aus. Beweg Deine offene Hand noch oben, um das Tor zu schließen, das der Schlag passieren muß, um zu treffen. Dein Handgelenk wird seins gleichzeitig treffen. Er setzt den Zeitlupenschlag fort, während Dein Handgelenk sich um seine eigene Achse dreht, was seinen Schlag etwa um die Entfernung der Breite Deines Handgelenks verdrängen wird (blätter zurück zu den Fotos). Während Du Kontakt herstellst und Dein Handgelenk drehst, solltest Du den Schlag leicht nach innen und abwärts ziehen. Zur selben Zeit bewegt sich Dein Kopf aus der Angriffsline heraus. Beachte, wie Deine Hand an seinem hereinkommenden Schlag Dir sagt, in welche Richtung und wie weit Du Deinen Kopf wegbewegst. Von Zeit zu Zeit schließe Deine Augen einmal und stelle Kontakt her, so daß der einzige Anhaltspunkt, den Du
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über die Linie seines Angriffs hast - und daher, wie Du Deinen Kopf richtig wegzubewegen hast - das Tastgefühl Deiner Hand an seinem Handgelenk ist. Gelegentlich führe diese Übungen so langsam aus, daß es für seine Hand mehrere Sekunden dauert, um eine Faust zu machen und zu Deinem Kopf zu fahren, bevor sie durch Deine Technik abgefangen wird. Fahre in diesem bedächtigen Tempo fort, während er seine Faust direkt auf Dein Gesicht zu schiebt. Nur die Geschwindigkeit, in der sich die Ereignisse abspielen, sollte geändert werden; all die anderen Elemente der Technik müssen realistisch bleiben. Dies ermöglicht ein detaillierteres Verständnis für die Elemente der Außenabwehr. Mach keine übertriebenen Bewegungen; Du wirst in einem echten Kampf nicht dazu in der Lage sein, weil die Dinge zu schnell ablaufen. Setze die geringstmögliche Kraft ein, um den herankommenden Schlag abzudrängen; das bedeutet, gerade genügend Kraft, um ihn verfehlen zu lassen, wenn es mit Deiner Kopfbewegung koordiniert ist. Falls es perfekt gemacht wird, wird buchstäblich keine Kraft eingesetzt. Erinnere Dich an das Konzept der Sparsamkeit der Bewegung. Versuche diese Übung mit Deiner anderen Hand (Deiner Linken, falls Du Rechtshänder bist) an der Außenseite des gegnerischen Ellenbogens hochkommend. Beachte, wie dies den gegnerischen Arm sperrt und ihn entlang einer vorbestimmten Bahn zwingt, und wie Du diese Aktion kombinieren kannst mit dem leichten nach unten ziehen seines Handgelenks, um die Bahn des Schlags nach unten und auf Dich zu umzulenken (Wenn ich sage „auf Dich zu" meine ich, daß er noch immer auf Dich zukommt, weil der Schlag von Anfang an auf Dich zu kam und Du seine Bahn nicht radikal verändert hast, was ein Kraftwettstreit wäre. Er trifft Dich bloß nicht, weil Du den Schlag leicht abgelenkt und Deinen Kopf aus dem Weg bewegt hast.). Die Vorwärtsbewegung des Schlags wird nicht aufgehalten, wie es passiert wäre, falls er Deinen Kopf fest getroffen hätte. Ebenfalls wird er nicht abgestoppt, wie es der Fall gewesen wäre, wenn Du ihn in einem Kraftstil abgeblockt hättest. Da dies die Reaktion wäre, auf die Dein Angreifer wahrnehmungsmäßig vorbereitet ist, und da Du seinen Schlag hinein und nach unten ziehst, ist das Ergebnis häufig, daß er erheblich aus dem Gleichgewicht gezogen wird. Sieh Dir in der Übung an, wie dies funktioniert und erkenne, daß je mehr er in seinen Schlag hineinlegt, um so größer sein Gleichgewichtsverlust werden kann. Übung Zwei: Der Boxschlag
Wenn Du ausreichend geübt hast, um einige Kontrolle zu haben, laß Deinen Trainingspartner Schläge so schlagen, wie es ein Boxer tun würde, sehr schnell vorund zurückschnappend. Wenn die Faust so schnell herein und heraus geht, besteht kaum eine Chance, daß sie überziehen wird, was häufig bedeutet, daß Du nicht in der Lage sein wirst, sie nach unten zu ziehen und Deinen Gegner wie zuvor beschrieben aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mit dem Boxer ist schwieriger fertigzuwerden, also mußt Du diese Übung ernsthaft trainieren. Beachte, wie das Handgelenk nur eine leichte Ablenkung des Schlags ausführen muß (wenn es kombiniert wird mit Deiner Kopfbewegung), um ihn harmlos zu machen. Beobachte außerdem, wie Deine ablenkende Hand der Faust leicht über den gegnerischen Schlagarm hinein nachfolgen kann, was Deinem Konterschlag erlaubt, genau dann zu landen, wenn sein Schlag zurückgezogen wird. Bei perfekter
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Anwendung wirst Du spüren, wie seine zurückkehrende Hand hilft, Deinen Schlag in ihn hineinzuziehen. Übung Drei: Den Gegenschlag verfeinern
Führe die Außenabwehr aus, ohne daß die andere Hand zum Ellenbogen geht. Beachte, wie Du ihn trotzdem ein wenig nach unten ziehen kannst und in der Lage bist, diese Hand (als vertikalen Faustschlag) über seinen Schlagarm zu seiner Nase zu schießen. Mach dies anfangs sehr langsam. Beobachte, daß Du noch immer diese Technik einsetzen und mit dem vertikalen Faustschlag zu seiner Nase zurückschlagen kannst, wenn der Schlag gegen Dich aus einem ungewöhnlichen Winkel geschlagen wird (solch einem, bei dem Du Deinem Angreifer nicht gegenüberstehst, er neben Dir steht oder vielleicht sich etwas hinter Dir befindet). Die Außenabwehr erfordert kein direktes Gegenüberstehen, um zu funktionieren, obwohl es normalerweise nicht möglich ist, Deine andere Hand zur Außenseite seines Ellenbogens zu bringen, falls Du von Deinem Gegner abgewendet stehst. Übung Vier: Fortgeschrittenes Training mit voller Geschwindigkeit
Wenn Du die Außenabwehr gegen den geraden Schlag übst, solltest Du schließlich an den Punkt kommen, wo der Trainingspartner Schläge mit voller Geschwindigkeit zu Deinem Kopf schlägt. Falls Du einen Kopfschutz besitzt, benutze ihn. Der Gegner darf allerdings keine Art von Handschützer tragen, der seine Hand vergrößert oder sein Handgelenk abdeckt. Ein Boxhandschuh ist also nicht gut. Leichte Sandsackhandschuhe sind jedoch okay. Offensichtlich ist ein Training mit voller Geschwindigkeit gefährlich. Es sollte nicht gemacht werden, solange Du nicht ein sehr gutes Gefühl für die Technik hast und schrittweise die Schnelligkeit während des Trainings erhöht hast. Es ist nicht gut, wenn Dein Partner nicht auf Deinen Kopf zielt, oder falls er sich zurückhält und einen Unfall zu vermeiden versucht, indem er den Schlag etwas abseits vom Ziel schlägt. Du wirst auf diese Weise falsche „Tore" entwickeln. Laß ihn den Schlag auf der korrekten Bahn schlagen und stoppe ihn, bevor er landet. Wenn Du seinen Schlag abgelenkt hast, wirst Du sehen, daß Du ein leichtes Vorwärtsgeleiten in Deinen Mann hinein ausführen mußt, um den Gegenschlag auszuführen. Die Gegenschläge, die ich am wirkungsvollsten nach der Außenabwehr eingesetzt habe, sind der Kehlenschlag und, zu einem geringeren Grad, der Handballenstoß zum Gesicht oder Kinn. Einen realistischen Blickwinkel bei diesen Trainingsübungen behalten
Wenn Du lange genug übst und ausreichende Fortschritte gemacht hast, um Übungen mit voller Geschwindigkeit zu beginnen, dann magst Du zwei deutliche Phänomene bemerken. Das erste ist, daß Deine Form dazu neigt, sich aufzulösen. Um sich schnell genug zu bewegen, um zu verhindern, daß der Schlag landet, magst Du ein wenig schlampig werden im Vergleich zu den Übungen in langsamer Bewegung. Du magst das Gefühl haben, daß Du irgendwie Teile der Bewegung ausläßt. Aber falls der Typ den Schlag mit voller Kraft und voller Geschwindigkeit
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schlägt und er nicht Deinen Kopf zerschlägt, dann waren diese „weggelassenen" Teile nicht wirklich benötigt. Tatsächlich waren sie wahrscheinlich von vornherein niemals Teil der korrekten Anwendung dieser Technik. In Kapitel 2 sagte ich, daß echte Kämpfe schlampige Angelegenheiten sind. Wenn Dein Training realistisch genug wird, um kraftvolle Angriffe mit voller Geschwindigkeit einzuschließen, simuliert es eher einen richtigen Kampf. Das Ergebnis: Deine Ausführung beginnt ebenfalls, ein wenig schlampig auszusehen. Dennoch ist es ein echter Selbstvertrauenbilder, wenn Dein Trainingspartner spontan Schläge mit voller Geschwindigkeit zu Deinem Kopf schlagen und Dich nicht treffen kann. Es gibt bei diesen Übungen keinen schmerzhaften Kontakt, falls sie richtig durchgeführt werden. Zum Gegensatz dazu: Wieviel harte Aufwärtsblöcke kannst Du gegen einen Schlag in voller Geschwindigkeit ausführen, bevor beide Personen wirklich schmerzhafte blaue Flecke an den Armen haben? Wichtiger ist, daß die Teilnehmer anfangen, zurückzuzucken, bevor sie ihre Techniken ausführen, da sie den Schmerz erwarten. Dies ist sehr schlecht. Die zweite Sache, die Du beim Training mit voller Geschwindigkeit beobachten magst, ist, daß es für Deinen Gegner eigenartig schwer zu seien scheint, Dich zu treffen. Du magst Dich tatsächlich anfangen zu wundern, wie jemand in der Lage sein könnte, einen Schlag mit voller Kraft bei Dir zu landen, nachdem Du erst einmal diese Technik einigermaßen gut drauf hast. Nun, ich bin froh, daß Du gefragt hast. Es gibt einen bedeutenden Unterschied zwischen dem Training und einem tatsächlichen Kampf, selbst wenn das erstere in voller Geschwindigkeit ausgeführt werden mag. Tatsache ist, daß der Schlag Deines Trainingspartners tatsächlich schneller sein mag als der Schlag Deines möglichen Überraschungsschlägers. Es gibt da aber trotzdem einen großen Unterschied zwischen den beiden. Hauptsächlich, weil Du im Training wahrnehmungsmäßig für die Übung bereit bist; ein echter Angriff ist ein Hinterhalt, ein Überraschungsangriff. Wenn Du jedoch wahrnehmungsgemäß für einen Hinterhalt bereit bist, dann kannst Du nicht mit völliger Wirksamkeit aus dem Hinterhalt angegriffen werden. Und wie entwickeln wir solch einen Wahrnehmungszustand des Geistes? Durch Aufmerksamkeit und das Kennenlernen der Methoden Deines Feindes. ÜBUNGEN FÜR DIE INNENABWEHR Benutze die selbe Linie auf dem Boden wie bei den Außenabwehrübungen. Wie erwähnt wird die Innenabwehr eingesetzt, wenn Du innerhalb der Arme Deines Gegners bist. Im Grunde genommen steht ihr beide Euch direkt gegenüber. Übung Eins: Technik der Innenabwehr
Als erstes mußt Du die Mechanik dieser Verteidigung verstehen. Der Haken folgt einer bogenförmigen Bahn zu Deinem Kopf. Dieser Bogen gibt dem Schlag seine Kraft dadurch, daß er ihm einen längeren Weg gibt, um Geschwindigkeit aufzunehmen. Außerdem wird das Körpergewicht durch ein Anheben des Ellenbogens kurz vor dem Aufschlag in den Schlag hineingelegt. Wie bei jedem Schlag gilt, je besser er geschlagen wird, desto schwieriger ist es, ihn zu vermeiden . 106
Boxer haben gute Haken, aber jeder, der einen Heumacher schlagen kann, ist nicht auch gleichzeitig ein trainierter Boxer. Dennoch ist es ein bißchen einfacher, sich gegen einen Haken zu verteidigen als gegen den geraden Schlag, weil Du eine bessere Chance hast, ihn herankommen zu sehen. Mehr Anhaltspunkte werden während seiner Vorbereitung abgegeben, und sein gebogener Pfad bietet eine Bewegung auf einer nahezu horizontalen Ebene auf Deiner Augenhöhe. Vergleiche dies mit einem vertikalen Faustschlag, der entlang einer vertikalen Ebene zu der Nase des Opfers aufsteigt, wenn die Gegner direkt voreinander stehen. Halte für einen Moment inne und stelle Dir wirklich bildlich diesen Unterschied vor. Es ist ein bedeutendes Konzept. Auch ist der Angriffswinkel bei dem Haken leichter festzustellen, was bedeutet, daß die Position des Tors, das Du schließen mußt, um zu vermeiden, getroffen zu werden, offensichtlicher ist. Behalte im Kopf, daß wir nicht versuchen, den Arm auszustrecken und den Schlag abzublocken. Wir denken nicht in Begriffen von etwas herankommen zu sehen und dann zu versuchen, es zu „fangen". Wir möchten nur die Bahn wahrnehmen, auf der er kommen muß. Dann stellen wir sicher, daß entlang der Bahn etwas im Weg ist, bevor der Schlag sein Ziel erreicht. Übung Zwei: Den Haken wahrnehmen und unser Tor finden
Laß Deinen Trainingspartner Haken in Zeitlupe zu Deinem Kopf schlagen, während Du auf Anhaltspunkte achtest. Das Schulterabsenken, Kopfabsenken unterhalb des Angriffswinkels und weiteres leichtes Schultervorstrecken sind einige grundsätzliche Anhaltspunkte für den Haken. Finde die anderen während der Zeitlupenübungen und später während des Trainings in voller Geschwindigkeit für Dich selbst heraus. Als nächstes hebe einfach Deine Hand auf der selben Seite Deines Körpers, an der der Haken hereinkommt. Plaziere diese Hand an dem richtigen Tor. Die Position Deiner Hand ist am Handgelenk des Angreifers, mit der Rückseite Deines Handgelenks an seinem. Deine Hand ist offen und entspannt, und die Finger werden ganz natürlich in einer ungefähr aufrechten Position gehalten. Führe Deine beiden Hände zurück an Deine Seite und laß den Haken noch einmal langsam kommen. Benutze diesmal aber nur die Hand von der gegenüberliegenden Seite Deines Körpers, um sie so herüberkommen zu lassen, daß Du Deine Handfläche an seinem Arm nahe seines Handgelenks plazierst. Dies sollte seinen hereinkommenden Schlag an der selben Torposition abfangen wie zuvor, als Du die Hand der „selben Seite" benutzt hast. Nun setzte beide Bewegungen zur gleichen Zeit ein. Falls Du Rechtshänder bist, sollte Deine rechte Hand vorne (näher am Gegner) sein, und Deine linke Hand sollte hinter ihr sein und Deine rechte Hand am Handgelenk berühren. Dies wird Deine linke Hand etwas von dem Handgelenk des Angreifers abbringen, aber es sollte da noch immer ein leichter Kontakt bestehen. Dies ist eine Variation des X-Blocks oder „Eisenfächer"-Blocks. Beachte, wie Deine Hände sich gegenseitig unterstützen. Falls sie am richtigen Tor sind, dann müßte der Schlag durch diesen gesamten Aufbau hindurchschlagen, bevor er Dich erwischt. Dies wird jeden wahren Brennpunkt brechen, den er gehabt haben
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mag. Du mußt noch immer Deinen Kopf aus der Angriffslinie herausnehmen, der der Schlag gefolgt wäre, wenn er nicht an dem Tor abgefangen worden wäre. Übung Drei: Einzelübung für Schnelligkeit und Torposition
Ohne einen Trainingspartner übe, Deine Hände hochzubringen, um das Tor zu schließen, um natürliche Schnelligkeit und Koordination zu entwickeln. Sie müssen sich in einer einzigen Bewegung bewegen. Aber Du kannst dieser Technik nur den letzten Schliff geben und wahrhaft verstehen, wie sie funktioniert, wenn Dein Partner Haken mit nahezu voller Kraft zu Deinem Kopf schlägt. Selbstverständlich versuchst Du dies nicht, solange Du diese Technik nicht mit der Einzelübung geübt hast und mit einem Partner schrittweise die Geschwindigkeit des Hakens erhöht hast. Zusätzlich zu der koordinierten Bewegung der beiden hochkommenden Hände machst Du einen kleinen Schritt vorwärts auf Deinen Mann zu, was Dich innerhalb der wirksamen Kraft seines Hakens bringt. Dies bringt Dich außerdem in Position für den Konterschlag. Übung Vier: Timing von Sperren und Entspannung
Konzentriere Dich auf auf das Schließen des Tors, bevor Du den Gegenschlag übst. Wenn der Kontakt mit dem hereinkommenden Schlag hergestellt wird, gibt es einen Augenblick, an dem sich Deine Hände und Arme „sperren", während der Schlag auftrifft. In dem Augenblick, in dem der Schlag abgewehrt ist, müssen sich Deine Hände für weitere dynamische Bewegungen entspannen. Bei dieser Übung schlägt Dein Trainingspartner mittelschnelle Haken. Du bringst einfach Deine Hände auf korrekte Weise hoch und spannst sie in dem Moment des Aufschlags an. Dann entspann die Hände und bringe sie zurück an Deine Körperseiten, ohne den Rest der Technik auszuführen. Dies wird Dir helfen, das richtige Timing zu entwickeln, ohne die Komplikation des Hinzufügens des Konterschlags. Wenn dieser Teil der Technik ausreichend verstanden worden ist, dann füge den Handkantenschlag hinzu, gefolgt von dem Handballenstoß zum Solarplexus oder dem Kehlenschlag. Übung Fünf: Einsatz einer Hand
Übe das Kopfabsenken und den Vorwärtsschritt, indem Du nur die Hand auf der Seite Deines Körpers benutzt, die angegriffen wird. In einem echten Kampf gegen einen wirklich schnellen Typ mag dies alles sein, wozu Du Zeit haben wirst. Beachte, daß in diesem Fall die einzelne Hand den Schlag entlang eines Vorwärtsbogens mit nur einem leicht größeren Bogen zieht als er andernfalls genommen hätte. Experimentiere mit dem Versuchen, den Schlag leicht herunterzuziehen, während Deine Hand sich nach außen und auf den gegnerischen Arm dreht, ähnlich dem Herunterdrücken bei der Außenabwehr. Bei einem schlecht geschlagenen Schlag wird Deine Hand manchmal die Einbuchtung dort einfangen, wo das gegnerische Handgelenk mit seiner Hand zusammenläuft. Dies ereignet sich, nachdem der Schlag seinen Brennpunkt verloren hat und kann ein gutes
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Herunterziehen erlauben, was einen weniger befähigten Angreifer aus dem Gleichgewicht bringt. Erkenne, daß die Bewegung Deines Kopfes weg von dem Haken sogar noch wichtiger wird beim Vermeiden des Schlags, wenn Du nur eine Hand bei der Innenabwehr einsetzt. Übung Sechs: Gegenschlag nach der Innenabwehr
Wenn Du beide Hände während der vollen Technik einsetzt, beachte, wie Deine Führungshand (rechte Hand bei Rechtshändern und umgekehrt) am hohen Tor ist und perfekt positioniert ist für den Handkantenschlag zum gegnerischen Hals. Während Du den Handkantenschlag schlägst, zieh Deine andere Hand in die entgegengesetzte Richtung zurück. Deine beiden Hände bewegen sich voneinander weg, um die nichtschlagende Seite Deines Körpers zu entspannen von statischem (haltendem) Widerstand, welcher dem Handkantenschlag Kraft und Schnelligkeit rauben würde. Dies ist ein Konzept, das die meisten Schlägen gemeinsam haben. Übe das Finden des natürlichen Flusses für den Handballenstoß zum Solarplexus oder zu den kurzen Rippen, welcher sich ergibt, wenn der Handkantenschlag auftrifft und Deine Hand zurückkommt, um für den Handballenstoß auszuholen. Der Handballenstoß mag begleitet werden von einem etwas weiteren Vorgehen in den Gegner hinein, um Kraft zu dem Schlag hinzuzufügen. Schließlich verbinde Deine Schläge zu einem ununterbrochenen und fließenden Angriff, der mit jedem folgenden Schlag einen gesteigerten, größeren Aufschlag verleiht. Experimentiere mit Schlägen, die nach dem Handballenstoß fließen. Der Handballenaufwärtshaken ist einer davon; der Kehlenschlag oder Ellenbogenstoß zur Kehle ist ein weiterer. Behalte im Kopf, daß Du mit Deinem gesamten Körper schlägst, nicht bloß mit einer Hand oder einem Ellenbogen. Dies wird erreicht durch Entspannung, welche richtige Hüftdrehung und dadurch eine Gewichtsverlagerung in die Schläge hinein erlaubt. Wenn Du in Deinen Mann hineintrittst, um einen Schlag auszuführen, stell sicher, daß der Schlag landet, bevor Du Dein Gewicht auf den Führungsfuß verlegst. Falls er landet, nachdem der Fuß abgesetzt wurde, wird er keine echte Kraft erzeugen. Übung Sieben: Fortgeschrittenes Training; Voll aufdrehen und loslegen
Übe das Verteidigen sowohl gegen linke als auch rechte Haken. Schließlich solltest Du die Innenabwehr soweit entwickelt haben, daß Dein Partner Haken mit voller Geschwindigkeit zu Deinem Kopf schlagen kann und Du sie abwehrst und fließend zu Konterschlägen übergehst. Während des Trainings ist es nicht notwendig, in Deine Gegenschläge mit voller Geschwindigkeit überzufließen. Es kann in der Tat gefährlich sein, so zu üben. Falls Du Gegenschläge mit mittelmäßiger Schnelligkeit und richtiger Form übst, an Deinen einzelnen Schlägen mit den Übungen aus der Werkzeugkiste arbeitest und Vollkontakt am schweren Sandsack machst, wirst Du in guter Form sein, um einen kraftvollen Schlag zu schlagen, wenn es gegen einen echten Angreifer erforderlich ist. Es ist wirklich um einiges leichter, jemand einfach ein paar Dinger zu verpassen
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als es ist, einen Schlag in guter Form und mit Kraft auszuführen, diesen aber kurz bevor er landet zurückzuziehen. Die selben Vorsichtsmaßnahmen treffen hier zu wie bei den Außenabwehrübungen. Übe zuerst die Form, und dann arbeitest Du schrittweise am Erhöhen der Schnelligkeit. Dies erlaubt es Dir, Dich an die Distanz zu gewöhnen, so daß Dein Partner einen Schlag entlang der richtigen Linie schlagen und trotzdem den Schlag noch abbremsen kann. Behalte im Kopf, daß die richtige Angriffslinie aufrechterhalten werden muß, wenn er den Schlag schlägt. Vermeide einen falschen Angriffswinkel, der aus der Furcht heraus entsteht, sich gegenseitig aus Versehen zu treffen. Aber sei vorsichtig; ausgeschlagene Zähne wachsen nicht nach. Denkst Du erst einmal, daß Du die beiden Abwehren ziemlich gut drauf hast und ausreichend Training in voller Geschwindigkeit mit Deinem Partner gemacht hast, der den Schlag zurückzieht, dann magst Du den nächsten Schritt versuchen wollen. Es ist ein wenig gefährlich, aber grundsätzlich laß Deinen Trainingspartner sein bestes geben, um Dich ernsthaft zu treffen. Stellt Euch gegenüber auf, Hände an Deinen Seiten so herunterhängend wie in den alten Westernduellen, und laß ihn spontan einen Haken zu Deinem Kopf schlagen mit der Absicht, Dich zu treffen. Keine Zurückhaltung. Falls Du dem Schlag entkommen kannst, wird es Dir helfen, das notwendige Selbstvertrauen in Deine Fähigkeit zu entwickeln, die Technik auszuführen, was Dir helfen wird, Dich in einem wirklichen Kampf mehr zu entspannen. Es mag Dir auch tatsächlich helfen, Kämpfe zu vermeiden, wenn Dein „Interviewer" Dein Selbstvertrauensniveau wahrnimmt. Auch ist ein Schlag mit voller Geschwindigkeit, der zurückgezogen wird, anders als einer, der tatsächlich landen würde. Du wirst den Unterschied sehen, falls Du genügend trainiert hast, bevor Du diese „Voll loslegen"-Übung versuchst. Auf diese Weise wird dieser kleine Unterschied Dich in einem echten Kampf nicht abbremsen, bloß weil Du es zum ersten Mal erfährst. Selbst wenn er Dich am Kopf trifft, hast Du fast mit Sicherheit den besten Brennpunkt aus dem Schlag genommen. Falls Du dieses Fortgeschrittenentraining auf den Haken beschränkst, solltest Du in der Lage sein, einen zerschlagenen Kiefer oder ein paar verlorene Zähne zu vermeiden. Für Trainingszwecke allerdings sollte der Schlag zum oberen Jochbein gezielt werden und nicht zu den Zähnen oder der Augenhöhle. Aber getroffen zu werden hat auch einen Trainingseffekt, weil es Dich dazu bringt, Dich daran zu gewöhnen. EINIGE BEOBACHTUNGEN ZUR RICHTIGEN KAMPFEINSTELLUNG Als ich in der Bar als Rausschmeißer arbeitete, unterrichtet ich gleichzeitig an einer Karateschule. Ich ließ keinen der Schüler dies wissen, weil die meisten sowieso noch zu jung waren, um überhaupt in eine Kneipe gehen zu dürfen und wir sie auf jeden Fall nach dem Alter gefragt hätten, falls sie es versucht hätten (tatsächlich ist diese wenig glanzvolle Aufgabe die Hauptbeschäftigung eines Türstehers). In der Schule ließ ich Schüler richtig gezielte Schläge mit voller Kraft aus der vorher beschriebenen „Revolverhelden"-Stellung gegen mich schlagen. Dies erlaubte es mir, meine Reflexe scharf zu halten und gab mir eine gute Möglichkeit, um den
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Fortschritt und die Fähigkeit des Schülers zu beurteilen. Es gab mir außerdem die Möglichkeit, zu sehen, wer mehr Hilfe bei seiner Kampfeinstellung benötigte. Es gibt Leute, die Schwierigkeiten damit haben, jemand tatsächlich zu treffen. Ich vermute, es kommt aus einer kulturellen Angewohnheit gegen Gewalt. Ich muß zugeben, daß dies für mich so etwas wie ein Rätsel ist, aber ich weiß, daß diese Einstellung existiert. Unabhängig davon, ob die Umstände eine gewalttätige Aktion erfordern, werden einige Leute zögern. Dies ist katastrophal. Du darfst Dich selbst nicht in einer entwaffnenden Geisteshaltung gefangen halten. Da Du etwas nicht reparieren kannst, solange Du nicht weißt, was kaputt ist, überprüfe Deinen eigenen Geist nach diesem Problem. Entdecke es nicht erst in einem Kampf. Dann wird es zu spät sein. Manchmal entdeckte ich diese Einstellung bei einem Schüler während dieser Übung. Es gab da ein leichtes Wegdrehen von der wahren Angriffslinie; etwas wurde zurückgehalten. Obwohl die meisten Schüler die Kunst des Karate trainierten, war dies meine Selbstverteidigungsklasse, nicht die Karateklasse. Sie hatten mich speziell dafür bezahlt, ihnen beizubringen, sich selbst in einem echten Kampf zu verteidigen. Konsequenterweise hatte ich die Pflicht, ihnen eine funktionstüchtige Kampfeinstellung einzuflößen. Verschiedene Strategien wurden eingesetzt, um Leute von irgendeiner Art des Denkens zu kurieren, das verhinderte, ihr eigenes Potential zu erkennen und zu entwickeln. All solche Strategien waren im privaten durchgeführt, abseits von den anderen Schülern. Ich richtete die Aufmerksamkeit des Schülers auf die Gefahren - tatsächlich auf die völlig behindernden Auswirkungen ihres Einstellungsproblems. Vielfach konnten sie ihr Problem Erkennen, Verstehen und schließlich Überwinden durch Logik, Training und Verbesserung ihres Selbstbildes. Andere Male war es notwendig, sie zum Kämpfen zu zwingen. Da war dieser Junge, ein wirklich anständiger Mensch. Er hatte die meisten Techniken und alles andere korrekt drauf, aber ihm fehlte die richtige Kampfeinstellung. Ich sagte ihm, er solle nach dem Unterricht warten, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen. Ich sagte ihm, was das Ziel der Lektion sei und ließ ihn seinen besten Schlag, einen Haken, zu meinem Kopf schlagen. Als ich sah, daß der von der Linie abwich und nicht wirklich dazu beabsichtigt war, mit maximaler Kraft zu landen, schlug ich ihn mit meiner offenen Hand. Er war absolut fassungslos, nicht so sehr körperlich, sondern psychologisch. Ich hatte niemals irgendwelche Schüler zuvor geschlagen, und ich hatte diesen Typ nicht wirklich hart getroffen. Aber für ihn erschien es so real zu sein wie nötig. Ich sagte ihm, er solle nochmals seinen besten Schlag schlagen. Das Ergebnis war das gleiche, und so war auch meine Antwort darauf. Als er aufstand, machte ich ein paar Bemerkungen sowohl bezüglich seiner rassischen Herkunft als auch zu den Umständen seiner Geburt und traf ihn wieder, als er auf seine Beine kam. Ich streckte dann in einer übertriebenen Art und Weise mein Kinn vor, verhöhnte ihn, um ihn losschwingen zu lassen, während ich mit einigen ziemlich bildlichen verbalen Beschimpfungen fortfuhr. Ich sah seinen Schlag kommen und er landete ziemlich gut. Er war sauer, und ich fiel für ihn auf die Matte. Es ließ mich großartig fühlen, so wie eine Art von Befreier. Ich stand auf, so als ob nicht passiert wäre und setzte meine normales Unterrichtsbenehmen und Sprachton wieder fort, mit denen er vertraut war. „Sehr gut", sagte ich. „Als nächstes arbeiten wir an mehr Kraft. Dann mußt Du lernen, den
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Schlag mit Wirksamkeit, aber mit einem klaren Verstand auszuführen. Ein wütender Verstand ist selten auch ein klarer." Ich hatte diese Rede seit einiger Zeit vorbereitet. Weißt Du, ich wußte, daß ich seinen Verstand hinbekommen konnte; er war derjenige, der es entdecken mußte. Abgesehen davon, falls ich einen Schlag von einem Schüler für sein eigenes Wohl einzustecken hatte, rechnete ich mir aus, daß ich mir zumindest das Recht verdient hatte, für eine Minute lang den „mystischen Meister" zu spielen. Mein Kiefer war tatsächlich steif für ein paar Tage. Dies zeigte mir, daß er einigen Brennpunkt hatte, weil ich mit dem Schlag mitrollte, um irgendwelche wirklichen Verletzungen bei mir zu vermeiden. Worauf ich hinaus will? Selbst wenn Du all die Schläge und einfachen Würfe lernst, erlernst, wie man einen Schlag ablenkt und alles andere, wirst Du einen tatsächlichen Angriff nicht verhindern, ohne die richtige Kampfeinstellung zu haben. Auf dem grundlegendsten Niveau bedeutet dies einen Maßstab an mentaler Kontrolle (Entspannung) in einem Kampf, während Du Deinen Schlägen oder Deiner Fluchtstrategie einen umfassenden emotionalen Inhalt verleihst. „Was zum Henker will er also damit sagen?" magst Du wohl fragen. Okay, ich drücke es hier anders aus. Falls Du Angst hast, jemand zu verletzen, bis zu welchem Grad auch immer und aus was auch immer für einem fehlgeleiteten Grund, dann wirst Du bis zu einem bestimmten Grad zögern, wenn der Zeitpunkt für die echte Sache kommt. Dieses Zögern kann alles sein, was Dein Feind benötigt, um Dich zu überwinden. Andererseits, falls Du in einen kompletten Wutanfall übergehst, einen völligen Blutrausch zum Töten, dann magst Du nicht nur auf Deinem Weg zu einer langen Gefängnisstrafe sein, sondern Du wirst tatsächlich auch nicht so gut kämpfen, wie Du es andernfalls tun könntest, weil Du nicht die Kontrolle über Dich selbst hast. Es stimmt, Blutdurst ist eine bessere Kampfeinstellung als Zögern oder Furcht, aber er ist nicht immer die wirksamste Kampfeinstellung, weil sie richtiges Denken verhindert. Dies ist okay in einigen seltenen Leben-oder-Tod-Situationen, insbesondere falls Du gegen Waffen kämpfst. Aber jedesmal, wenn Du Dein Gehirn abschaltest, legst Du Deine allerbeste Waffe auf Eis. Das Gehirn ermöglicht oder verhindert den Einsatz aller anderen Werkzeuge. Es gibt da einen weiteren Gesichtspunkt bei der Kampfeinstellung, der sich ziemlich direkt auf Deine Bildung des „Ich werde nicht in das Gefängnis gehen"Plans bezieht. Du erinnerst Dich, denjenigen, über den wir auf den ersten Seiten dieses Buches gesprochen haben? Mensch, wunderst Du Dich, warum ich ihn dort wohl erwähnt habe? AUSWAHLMÖGLICHKEITEN FÜR DICH SELBST SCHAFFEN ZWISCHEN NORMALEM UND KAMPF-TÖTUNGSMODUS Falls Du die richtige Kampfeinstellung hast, läßt Du es bei Dir nicht zu, daß jemand Dich in eine totale „Zerpulver ihre verdammten Gehirne zu einem verdammten rosafarben Nebel"-Berserkereinstellung treibt. Du mußt mehr Auswahlmöglichkeiten haben als diejenigen, die ich als „Normal" und „Kampf-Tötungs"-Modus bezeichne. Seltsamerweise läuft die Person, die Angst davor hat, jemand zu verletzen, der nicht dieses Problem hat, nicht nur Gefahr, daß ihr Feind ihre Krankenakte schließt,
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sondern läuft auch Gefahr, zum ersten Mal in ihrem Leben in den Kampf-TötungsModus hineinzugeraten, wenn es für ihr Überleben nicht erforderlich sein mag. Hier ist ein solches Beispiel. Ein Typ flippt aus wenn ihn jemand ein bißchen schlägt. Er glaubt, daß er sterben wird, also schnappt er sich einen Feuerlöscher von der Wand und schlägt dem Typ sein Hirn raus, indem er ihm in einer panikartigen Raserei ein Dutzendmal damit auf den Kopf schlägt. Die Gegenwart von Schußwaffen und Messern macht diese Eskalation des Konflikts sehr leicht. Du magst sagen: „Na und? Der Typ wurde angegriffen. Es war Notwehr." Falls dies Deine Einstellung ist, Kumpel, dann hast Du eine gute Chance dafür, Dein eigenes Buch zu schreiben; so etwas wie Inside Folsom Prison oder The Hate Factory. Der zweite Titel ist ein echtes Buch von einem Häftling in New Mexico. Du magst Dir eine Ausgabe davon besorgen und sie lesen wollen; es mag Dir helfen, Dich für Deinen „Ich werde nicht in das Gefängnis kommen"-Plan zu motivieren. Du magst ebenfalls ein wenig von etwas Gesetzesstudium profitieren. Du kannst diese Gelegenheit ebenfalls im Gefängnis bekommen. Jedes Gefängnis verfügt über eine Rechtsbibliothek. Kannst Du erraten, warum das so ist? Manchmal, wenn jemand wirklich etwas tut, um mich stinksauer zu machen, aber es vom Standpunkt einer persönlichen Verteidigung her nicht wirklich notwendig ist, seinen Schädel einzuschlagen, fühle ich dennoch, wie sich die alte Urmenschenwut in meinen dicken Eingeweiden zusammenbraut. Aber ich versuche eine alternative Strategie anstatt auf ihn einzuschlagen. Ich ignoriere ihn nicht, denn das würde ihn entweder zu einem Hinterhalt ermutigen oder mich zumindest mit ungelöster Feindseligkeit zurücklassen. Ich mag ihm einfach direkt ins Auge blicken und „freundlich" Grinsen, was ziemlich ängstigend sein kann. Die Sache ist die, daß ich mir selbst erlaube, geistig irgendwo anders hinzugehen als in den Kampf-Tötungs-Modus. Meistens, wenn eine Person mich testet mit einer Bemerkung oder Interview irgendeiner Art, kann ich den ganzen Vorgang gleich von Anfang an mit einem Wort oder Blick einfach stoppen, so wie in den vorherigen Kapiteln beschrieben. Dies kann nicht nur den Hinterhalt entschärfen, es verhindert ebenfalls, daß ich hineinsteigernd in den Kampfmodus hineingestoßen werde. Abgesehen davon, falls ich jemand erlaube, mich schäumend vor Wut werden zu lassen, mag er sehr wohl mehr Kontrolle über mich haben als ich über mich selbst. Rechne Dir ein paar Alternativen für Dich selbst aus und erkenne, warum Du sie brauchst. Ich spreche hauptsächlich zu dem Leser, der die Wut erfahren hat, die zu körperlichen Auseinandersetzungen führen kann, sowohl mit all ihren möglicherweise katastrophalen Konsequenzen als auch ihren unnötigen rechtlichen Problemen. Lerne, Dich selbst und Deinen Instinkt zu Töten zu kontrollieren, oder Du magst Dich eines Tages selbst zerstören. Nun zu den Leuten, die das „andere" Problem haben - Schwierigkeiten dabei, wirksame Gewalt bei ihrer Selbstverteidigung einzusetzen. Da ich niemals ein Zögern erfahren habe, um Gewalt anzuwenden, wenn es notwendig war, kann ich hier nicht aus eigener Erfahrung sprechen. Ich werde mich ein wenig ins Blaue hinauswagen und versuchen, es mit den persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen anderer zu verallgemeinern. Der erste Schritt ist, zu versuchen, herauszufinden, warum Du so empfindest. Mit einigen meiner unerwünschten Einstellungen, von denen ich mich selbst gesäubert habe oder sie zumindest teilweise besser kontrolliert habe, fing es immer wirklich an
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mit einem ehrlichen Blick nach innen. Warum tat ich das, was ich tat; warum fühlte ich so, wie ich fühlte? Falls ich fühlte, daß ich, psychologisch gesprochen, Probleme damit haben mag, in der Zukunft eine Aktion auszuführen, versuchte ich, mich mir selbst geistig vorzustellen, wie ich diese Aktion korrekt ausführe. Ich ließ diesen Film vor meinem geistigen Auge die ganze Zeit lang ablaufen, bis es an der Zeit zum Ausführen war. Als ich jünger war, tat ich dies, um mich selbst auf ein großes Karateturnier vorzubereiten. Indem ich ein Bild meines Hauptgegners vor mein geistiges Auge brachte, stellte ich mir vor, wie er nach einem perfekten Feger oder einer ähnlichen Technik von mir auf die Matte fällt. Später setzte ich diese Visualisierungstechnik für meine ersten Fallschirmsprünge ein. Es mag sein, daß, falls Du Dich nicht selbst wahrhaft sehen kannst, wie Du etwas tust wie z.B. Dich selbst zu verteidigen, Du psychologisch nicht auf diese Aktivität in der Wirklichkeit vorbereitet bist. Zumindest magst Du dieses Visualisierungskonzept benutzen, um Deine mentale Bereitschaft zu „testen", Deinen Feind anzugreifen und den nötigen Schaden anzurichten, um ihn zu besiegen. Von einem anderen Blickpunkt aus bedenke die Natur des Tyrannen. Falls ihm erlaubt wird, andere geistig und körperlich zu mißhandeln, wird er nur weiter dazu ermutigt, dies fortzusetzen. Falls Du ihm daher nicht Widerstand leistest, trägst Du dann nicht zu einem gewissen Grad die Verantwortung mit für die Verletzungen, die er sowohl anderen als auch Dir selbst zufügt? Vielleicht wird sein nächstes Opfer sogar weniger vorbereitet sein als Du, um wirkungsvoll mit solch einer Aggression fertigzuwerden. Bedenke dies: Falls jeder überall sofort bis zum Äußersten allen Formen der Tyrannei Widerstand leisten würde, wohin würden die Tyrannen gehen? Wie hätten die Nazis jemals anfangen können? Der wahre Geist eines Kriegers findet sich in dem Wunsch, die Schwächeren gegen die Aggression der Stärkeren zu verteidigen. Auf diese Weise wird ein natürliches Gleichgewicht in dieser Welt aufrecht erhalten. Der Krieger trainiert, damit er vorbereitet sein wird und daher nicht in seiner Rolle versagen wird.
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KAPITEL 5
BEWEGLICHKEIT, STELLUNG. GEGENÜBERSTEHEN UND DIE FEINEREN PUNKTE DES SICH AUS DEM GEFÄNGNIS HALTENS In klassischen Kampfkünsten dreht sich viel um Stellungen - die Pferdestellung, Wachsamkeitsstellung usw. Die Sache, die man sich hier klar machen muß, ist, daß wenn Du angegriffen wirst, Deine „Stellung" (zumindest anfangs) nicht viel mehr sein wird als wie Du gerade im Augenblick des Angriffs stehst. Der Hinterhaltleger wählt den Augenblick des Angriffs, und Du kannst sicher sein, daß er sich bewegen wird, wenn er fühlt, das Deine Stellung und Position ihm gegenüber am schwächsten sind. Jeder Kampf, in dem Dein Gegner Dir die Chance gibt, ihm gegenüberzutreten, so wie beim Händeheben und Dir zuzurufen „Komm schon, Arschloch!" ist für mich nicht wirklich ein Kampf. Es ist mit Sicherheit kein Hinterhalt. Es ist eher wie ein hitziger, sportlicher Wettstreit. Du kannst in solchen Wettstreiten ziemlich gut verletzt werden, und sicherlich sollten sie vermieden werden. Die Sache ist aber die, daß in den meisten Fällen diese Art der Herausforderung einfach abgelehnt werden kann. Daher ist sie im allgemeinen eher leicht zu vermeiden. In Wirklichkeit mag der Typ aus dem einen oder anderen Grund schäumend vor Wut auf Dich sein, aber sein Ausrufen der Herausforderung dient, in den meisten Fällen, teilweise dazu, Dir eine Chance zu geben, sie abzulehnen. Es mag nicht so aussehen, diesen Typ mit angeschwollenen Halsadern und all dem drumherum da zu sehen. Aber denk darüber nach. Falls sein einziges Ziel sein würde, Dir Deine Lichter auszuschlagen, würde er direkt mit einem Hinterhalt dazu vorgegangen sein. Ein Teil von ihm hält Ausschau nach einem anderen Weg. Er mag sogar eine vernebelte Vorstellung davon haben, es zu einem „fairen" Wettstreit zu machen. Meinem Verständnis nach ist ein echter Kampf ganz einfach keine Art von Wettstreit, egal, ob fair oder nicht. Bedenke diese offensichtliche Tatsache über den Typ, der Dich zum Kämpfen herausfordert. Er fordert Dich heraus, aber er greift nicht an. Dies bedeutet, daß ihn etwas zurückhält. Es mag sein wegen einer Erkenntnis, daß er sich rechtlichen Probleme gegenübersehen könnte, falls er in einen Kampf gerät. Seine Herausforderung mag so etwas wie ein Versuch sein, es legal zu rechtfertigen, insbesondere wenn Du für alle sichtbar die Herausforderung annimmst. Dies ist der 115
Denkvorgang im „Hirn" des Schwachkopfs auf einem nahezu unterbewußten Niveau. Behalte ebenfalls im Kopf, daß eine Herausforderung zum Kämpfen als die letzte Stufe eines sehr heißen Interviews angesehen werden kann. Denk darüber nach, was das bedeutet. Das Entscheidende daran ist, daß, falls Du ablehnst, er dann befriedigt sein mag, da jedermann es auch sehen wird. Er kann sich als Macho fühlen. Natürlich mag er trotzdem noch große Töne spucken während Du den Laden oder eine andere Örtlichkeit verläßt. Dies nimmt häufig die Form an von „Du feiges Stück Scheiße! Komm zurück hier!" und so weiter und so fort. Aber will er wirklich, daß Du zurückkommst? Meiner Erfahrung nach normalerweise nicht, trotz seiner verbalen Schelte während Du gehst. Das Gebrüll dieses Großmauls sollte Dich nicht im geringsten belästigen, falls Du Dich selbst unter Kontrolle hast. Achte allerdings auf seinen Ton und die Wahl seiner Worte, weil hier und da mal die zusätzlichen verbalen Beschimpfungen den Typ dazu ermutigen werden, die Distanz zu überwinden und anzugreifen. Falls das so ist, wird dies höchst wahrscheinlich in Form eines schnellen Hinterhalts von hinten gegen Dich sein, während Du Dich herumdrehst, um zu gehen. Sei wachsam! Sei vorbereitet darauf, zur Flucht und dann zu einem Gegenhinterhalt oder noch etwas einfacherem überzugehen. Nochmals: Er kann Dir nicht wirklich einen Hinterhalt legen, weil Du jetzt alarmiert bist. Du solltest etwas wie „Laß mich in Ruhe, Mann. Ich will mit diesem Scheiß nichts zu tun haben!" sagen. Mach dies, so bald er seine erste verbale Herausforderung zu einem Kampf vorbringt. Zieh in Erwägung, den Begriff „Machoscheiß" zu benutzen. Ich habe beobachtet, daß später, sollte die örtliche Polizei Zeugenaussagen aufnehmen, nachdem Du in Handschellen gelegt worden bist, Frauen sich an diesen speziellen Ausdruck zu erinnern scheinen. Dies macht sie zu besseren Zeugen für Dich. Das Entscheidende ist, vor irgendwelcher Gewaltanwendung für Dich selbst mögliche Zeugen zu schaffen, deren Aussagen Deine Notwehrbehauptung untermauern. Falls er herankommt für einen Hinterhalt und Du mit einem Billardstock, Bierkrug oder Stuhl zu seinem Kopf herumwirbelst, wird es auf diese Weise später besser für Deine gerichtliche Verteidigung sein. Du magst der versammelten Menge gegenüber Deine Besorgnis zum Ausdruck bringen wollen, daß Du Dir darüber bewußt bist, daß Dein Herausforderer bewaffnet ist. Bedenke im Voraus, daß die Sache wirklich haarig werden könnte, falls zum Beispiel Dein Trick mit dem geschwungener Stuhl das Genick des Saftsacks bricht. Es wird Dir um einiges weiterhelfen, falls jemand aussagt „Nun, ich hörte ihn dem Typ zurufen ,Laß mich in Ruhe. Ich will nicht kämpfen. Ich weiß, daß Du ein Messer hast!' Dann, als der Typ auf ihn losstürmte, schwang er den Stuhl." Falls es zu einem Kampf kommt, wirst Du im allgemeinen zumindest diese bestimmte Nacht im örtlichen Knast verbringen. Es kann jedoch Ausnahmen geben, abhängig davon, wie gut Du die Dinge für diese wirkungsvolle Aussage vorbereitet hast, bevor die Kacke am Dampfen war. Selbstverständlich ist es besser, zu gehen, bevor die Kacke am Dampfen ist. Es hat Zwischenfalle gegeben, bei denen ich jemand weghauen mußte, nachdem sein aufs Blech hauen zu einem Hinterhalt überging, als ich ging. Bei zwei solcher Fälle machten die gemeinsamen Aussagen von jedem, den die Cops am Tatort
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befragt hatten, es so klar, daß es keinen Fall für eine Körperverletzungsanklage gab und daß ich für diese Nacht noch nicht einmal in die Zelle gehen brauchte. Selbstverständlich ließen sie meinen Namen wegen ausstehender Haftbefehle durch den Fahndungscomputer laufen, bevor sie mich laufen ließen. Aber ich brauchte mir deswegen keine Sorgen zu machen wegen der Wirksamkeit meines „Ich werde nicht ins Gefängnis gehen"-Plans. Weißt Du, ich habe nämlich keine Haftbefehle am Hals. Falls Du Dich selbst unter Kontrolle hast und niemanden Dich einfach durch Worte kontrollieren läßt, dann wirst Du klaren Kopfes genug sein, um darüber nachzudenken, Aussagemöglichkeiten vom ersten Augenblick an vorzubereiten. Du wirst ebenfalls gerade weit genug denken, um zu erkennen, daß Du in einer Situation bist, die Du nicht gewinnen kannst, wenn Du zu einem Kampf herausgefordert wirst, und daß das Verlassen der Szene die beste Sache für die ganz besondere Person in Deinem Leben ist - nämlich für Dich selbst. DER ZWECK EINER RICHTIGEN STELLUNG Stellung und Beweglichkeit können als zwei Seiten der selben Medaille betrachtet werden. Beweglichkeit, welches die Fähigkeit ist, Deinen Körper schnell zu bewegen, ist immer etwas in Unstimmigkeit mit der Stabilität. Falls Deine Stellung nicht stabil ist (d.h. gut im Gleichgewicht ist), kannst Du leicht zu Boden geschlagen werden. Auf der anderen Seite gilt, falls Deine Stellung so fest verwurzelt ist mit einem extrem niedrigen Schwerpunkt, würde sie sehr stabil sein, aber sie würde eher langsam darin sein, um den Übergang zur Beweglichkeit zu machen. Die klassische Pferdestellung der meisten asiatischen Systeme kann ziemlich stark von der Standfestigkeit her sein (zumindest in eine Richtung), aber sie ist eher unbeweglich. Ihr Nutzen in einem echten Kampf ist eher beschränkt, aber es ist trotzdem wichtig, sie zu kennen. Ein Beispiel wäre, wenn Dein Gegner so beschädigt ist, daß er unfähig zum Gegenangriff (sprich halb bewußtlos) ist. In diesem Fall magst Du eine Pferdestellung einnehmen, um für Deinen nächsten Schlag einen festeren Stand für zusätzliche Kraft zu haben. Ein weiterer Nutzen für die Pferdestellung wäre während eines Ringens und Befreiens aus einem Haltegriff, um Dir zu helfen, zu verhindern, von Deinen Füßen geschlagen zu werden, bevor Du anfangen kannst, Dich zu bewegen und zu kontern. Behalte die Merkmale von echten Kämpfen im Kopf, die ich in Kapitel 2 aufgeführt habe: Sie fangen mit einer Form des Hinterhalts an, die meisten enden in einer Form des Ringens, Schläge zum Kopf sind am häufigsten die entscheidenden Schläge, und sie sind innerhalb von Sekunden vorbei. Im Gegensatz dazu unterscheiden sich die Elemente eines Kampfkunstsparrings sehr davon. Die Aufmerksamkeit richtet sich hier nun auf den taktischen Einsatz von Stellung, Distanz und Beweglichkeit. Wenn ich freies Sparring in einem Karatematch machte, lag eine große Betonung auf dem Erkennen der gegnerischen Kampfstrategie, dem Herausfinden seiner bevorzugten Techniken, dem Vorbereiten von Finten und dem Aneinanderreihen von Techniken zu Kombinationen für kombinierte Angriffe. Dies bedeutete, ständig sein Gegenüberstehen zu verändern, was durch ein leichtes Anpassen der Distanz geschah, in einem Versuch, eine Öffnung zu schaffen oder zu entdecken. Ich „tanzte" niemals um meinen Gegner herum wie so manche Dojoballerinas es tun, aber Du
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kannst auch nicht einfach gegen einen trainierten Kämpfer nur so dastehen, noch nicht einmal in einem sportlichen Wettkampf dieser Art. In einem echten Straßenkampf oder einer Kneipenschlägerei kommen solche Bewegungen und Taktiken selten ins Spiel, weil jedermann einfach nur voll drauflos geht. Sie spielen nicht ein Kämpfen; sie versuchen, den anderen Typ wegzuhauen. Sie sind viel weniger kontrolliert als Personen, die in ein taktisches Sparringsmatch verwickelt sind. Stell diese Situation einem sportlichen, freien Sparring gegenüber, bei dem niemand gefühlsmäßig richtig verwickelt ist und niemand verletzt werden soll. Falls Du eine Kampfkunst trainierst, ist es notwendig, daß Du den Unterschied erkennst zwischen einem Sparringswettstreit und einem echten Kampf. Viele dieser raffinierten Finten, komplizierten Angriffe und Methoden, um Deinen Gegner eine bestimmte Technik schlagen zu lassen, die in einem Karatewettkampf entscheidend sein mögen, treffen in einem richtigen Kampf einfach nicht zu. Wenn Du in einem Dojo trainierst, lerne zwischen diesen zwei Situationen kritisch zu unterscheiden. Frage Dich selbst, ob Du derjenige bist, der einfach nur ein „Punktekämpfer" ist. Es gibt Karateka, die mich jedesmal im Dojo nach Punkten schlagen können, die aber nicht länger als ein paar Sekunden in einem echten Kampf gegen mich bestehen würden. Es gibt auch Karateka, die mich im Dojo auspunkten und ebenfalls meine Knochen in einem echten Kampf brechen können. Freies Sparring ist eine lohnende Trainingsmethode, weil es dem Training eine Dynamik gibt und sowohl Deine Wahrnehmung der Schläge, das wichtige Konzept der Distanz als auch Deine allgemeinen Reflexe verbessern kann. Du darfst in einem tatsächlichen Kampf jedoch nicht Deinen Verstand umnebeln mit einer „Abwarten und schauen, was er tun wird"-Strategie so wie in Deinem Training des freien Sparrings. Du mußt ebenfalls „voll drauflos gehen". Dies bedeutet nicht, Dich selbst in einer überzogenen oder überengagierten Art und Weise auf Deinen Gegner zu werfen. Hierbei ist es, wo die Konzepte von Beweglichkeit, Gleichgewicht, Stellung und Stabilität ernsthaft ins Spiel kommen. MIT DER STÄRKEREN SEITE NACH VORNE STEHEN Es ist ein Grundsatz im westlichen Boxen, daß, angenommen, Du bist ein Rechtshänder, Du niemals mit Deiner rechten Hand führst, weil es die Schlaghand ist. Eine Öffnung muß erst mit der Linken geschaffen werden, bevor die kraftvolle Hand eine ausreichende Chance hat, zu landen. Mit der Rechten zu führen öffnet Dich außerdem für einen Konterschlag, weil die rechte Führungshand dazu neigt, ein überzogener Schlag zu sein. Der Boxer greift die gegnerische Deckung mit dem linken Jab an, um ihn in Bewegung zu bringen und schafft dadurch eine Lücke, um mit seiner rechten Schlaghand zu landen. All dies bezieht sich jedoch auf einen Boxkampf, nicht auf einen realen Kampf. Diese Boxtaktiken sind nicht all zu verschieden von dem Karatematch, über das ich vorher gesprochen habe. Die Taktiken und Grundsätze dieser Sportarten lassen sich in einem echten Kampf nicht immer gut anwenden. Wie ich zuvor erwähnt habe, ist das Boxen allerdings, wegen seiner Kontakttrainingsmethode und seiner ausschließlichen Verwendung von Handkombinationen als Werkzeuge, im allgemeinen beim echten Kämpfen besser anwendbar als die meisten Kampfkünste.
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Tatsache ist, daß die meisten Boxer wegen ihrer Kontakttrainingsmethoden mental härter sind als die meisten Kampfkünstler. Falls Du Rechtshänder bist, dann ist Deine rechte Hand wahrscheinlich besser koordiniert und stärker als Deine linke Hand. Um Dir selbst dies zu demonstrieren, versuche, mit Deiner linken Hand zu schreiben oder eine Anzahl von Aktivitäten zu tun, die Du normalerweise mit Deiner Rechten machst. Du wirst feststellen, daß Deine „schwache" Hand überraschend unbeholfen ist. Ein Linkshänder ist anders, weil wir grundsätzlich in einer Rechtshänderkultur leben. Dies bedeutet, daß der Linkshänder lernt, beide Hände mit mehr Geschick als ein Rechtshänder zu benutzen. Dies macht es ein bißchen schwieriger, mit einem linkshändigen Kämpfer fertigzuwerden. Einige linkshändige Profiboxer mit nur durchschnittlichen Fähigkeiten werden einfach wegen dieses natürlichen Vorteils in ihrer Karriere höher hinauskommen. Falls Dein möglicher Gegner Dir eine Gelegenheit dazu gibt, wie z.B. gerade vor oder während eines Interviews, ist eines der ersten Dinge, die Du beobachten möchtest, ob er Rechts- oder Linkshänder ist. Dies wird Dir einen zusätzlichen Sekundenbruchteil geben beim Erwarten seines Schlags. Nun zum Hauptpunkt bei all dem hier. Falls Du ein Rechtshänder bist, dann bist Du sehr wahrscheinlich auch Rechtsfüßler. Du solltest Deinem Gegner gegenüberstehen mit Deinem rechten Bein vorne und Deiner rechten Hand am dichtesten zu ihm. Dies ist, was damit gemeint ist, Deine starke Seite vorn zu haben. Dies bringt Dein stärkeres und besser koordiniertes Gliedmaß nach vorn, bereit dazu, die Abwehrtechniken anzuwenden, die wir uns vorher angeschaut haben. Falls Du Linkshänder bist, ist die Situation umgekehrt, aber Du wirst experimentieren müssen, um herauszufinden, ob dies bei Dir tatsächlich der Fall ist. Behalte im Kopf, daß echte Kämpfe nicht viel, falls überhaupt etwas, Herumtanzen, Finten oder kombinierte Angriffe enthalten. Du wirst nur einen Sekundenbruchteil haben, um Dich Deinem Angreifer zuzuwenden, wenn er seinen Hinterhalt startet. Falls möglich, möchtest Du Deine beste Hand vorne haben, um den Brennpunkt seines herankommenden Schlags zu brechen. Mit Übung kannst Du tatsächlich den Schlag mit Deiner Rechten ablenken und dann das Gliedmaß des Angreifers an Deine Linke für ein kurzfristiges Festhalten „übergeben", während Deine Rechte direkt zu einem Ausholen für den Konterschlag weiterfließt. Dies ist der Kern einer wohl ausgeführten Abwehr. Es ist nicht ganz genau ein Führen mit Deiner rechten Hand, denn sie hat den gegnerischen Schlag zuerst abgelenkt. Die Linke wird benutzt, um die Öffnung offen zu halten, den Schlag mit Deiner rechten Hand vorbereitend. Der zweite Gesichtspunkt des Gegenüberstellens mit Deiner starken Seite vorne ist, daß Dein starkes Bein am dichtesten an Deinem Gegner dran ist. Dies macht es leichter für Dich, Dich für den gleitenden Rückzug abzustoßen, den wir uns in Kürze ansehen werden. Der Vorstoß wird ebenfalls unterstützt, indem Dein stärkeres und besser koordiniertes Bein vorne ist.
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KONTOLLE DER DISTANZ: DER VORTEIL DES NAHHERANGEHENS AN DEINEN ANGREIFER Bei Deinem Sandsacktraining wirst Du festgestellt haben, wie nah Du dran sein mußt, um einen guten, festen Schlag zu landen. Die Distanz ist kürzer, als sich manche Kampfkünstler klarmachen, weil sie nicht viel Vollkontakttraining machen. Du mußt wirklich ziemlich nah dran sein, um den Kehlenschlag oder den Handballenstoß zum Solarplexus oder zu den kurzen Rippen einzusetzen. Der vertikale Faustschlag und der Rückfaustschlag können von ein bißchen weiter entfernt eingesetzt werden. Unabhängig von dem Schlag mußt Du den Willen und die Fähigkeit haben, an Deinen Gegner heranzugehen, um einen wirkungsvollen Schlag zu landen. Dies ist ein wichtiger Gesichtspunkt beim Kontrollieren der Distanz. Ich persönlich mag es, nah an meinem Angreifer zu sein, nachdem ich seinen Schlag abgelenkt habe, weil es für mich so oft funktioniert hat. Wenn ein Typ gegen mich losschwang und ich die Distanz so verkürzte, daß ich direkt an ihm dran war, nahezu Brust an Brust, möchte er das überhaupt nicht. Der Typ versuchte, die Distanz zu vergrößern, nicht nur, weil es ihm unangenehm war, mich so nah dran zu haben, sondern auch, weil er auf diese Entfernung keinen guten Schlag landen konnte. Während er sich zurückbewegte, konnte er ebenfalls keinen festen Schlag landen, so wie die meisten Kämpfer keinen guten Schlag landen können, wenn sie sich rückwärts bewegen. Muhammad Ali konnte es, aber er mag einer der größten Kämpfer gewesen sein, die jemals gelebt haben, und das ist ganz etwas anderes als Dein typischer Kneipenschläger. Das Ergebnis? Ich kontrollierte die Distanz des Kampfes, weil mein Gegner ein Ein-Distanz-Kämpfer war. Er würde versuchen, zurück in die Distanz zu kommen, in der er fühlte, arbeiten zu können. Unnötig zu erwähnen, daß ich ihm niemals eine Chance gab, dies zu tun. Um die Distanz zu einem Mann schnell genug zu überbrücken, um zu verhindern, auf dem Weg hinein getroffen zu werden, mußt Du ein paar Schlüsselmerkmale entwickeln. Diese Eigenschaften sind: a) richtiges Timing, welches abhängt von der genauen Wahrnehmung des gegnerischen Schlags; b) die Fähigkeit, einen schnellen, gleitenden Vorstoß zu machen; und c) die psychologische Bereitschaft, nah an den Feind heranzugehen. Die ersten beiden Eigenschaften haben keinen Wert, falls Du nicht über die dritte verfügst. Dies muß durch Training kommen, falls nicht aus tatsächlicher Kampferfahrung. Wenn ich zurückdenke an einige der Schlachten, in denen ich gewesen bin, erscheint es mir, daß ich nicht wirklich so verdammt schnell oder kraftvoll war. Auch war meine Technik nicht sehr sauber oder trickreich. Vielfach war der entscheidende Faktor der, daß ich direkt in den Mann hineinging. Es gab da kein Zögern - es war ein augenblicklicher Gegenangriff aus einer Entfernung, auf die mein Gegner nicht vorbereitet war, um damit umzugehen. Nicht jede Situation wird es erforderlich machen, sofort an den Angreifer heranzugehen. Aber in nahezu jedem Überraschungsangriff eines Kneipenschlägers, bei dem ich die Hauptrolle spielte, ist dies genau das, was ich tat. Selbst wenn meine taktische Beurteilung mir sagte, daß Flucht die beste Strategie war, ging ich trotzdem zuerst nah heran.
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Die schlimmste Sache, die Du tun kannst, ist halbherzig an den Typ heranzugehen. Du mußt direkt an ihm dran sein, so daß Eure Oberkörper 10 oder 12 cm von einander entfernt sind und sich vielleicht für einen Augenblick berühren. Über dies hinaus mußt Du augenblicklich dort sein. Ich glaube, ich stolperte wirklich darüber nach den ersten paar Malen, bei denen ich mit Billardstöcken und, später, einer Brechstange angegriffen worden bin. Ich wußte, daß diese Waffen wirklich gefährlich waren wenn ich in ihrer Reichweite, ein wenig weiter als normale Armlänge, war. Um nicht da draußen getroffen zu werden, stürzte ich vor und blockte den Angriff. Falls die ursprüngliche Distanz ein wenig größer war, dann konnte ich sie ungefährdet etwas mehr ausweiten und einen Tisch, ein Auto oder einen anderen Gegenstand zwischen uns bringen, oder meine eigene improvisierte Waffe in die Hand nehmen. Der Lage der Dinge nach würde ich sehr wahrscheinlich in der idealen Reichweite der Waffe getroffen werden, falls ich während dieser Angriffe die Distanz vergrößert hätte. Dadurch, daß ich heranging, gelangte ich innerhalb ihrer wirkungsvollen Reichweite. Waffenangriffe betonen die Wichtigkeit des Konzepts der Distanzkontrolle, um innerhalb oder außerhalb der wirksamen Reichweite eines Schlags zu gelangen. Wenn die meisten Leute eine Waffe zur Hand nehmen und mit ihr angreifen, setzen sie oftmals all ihr Vertrauen und ihre Strategie allein auf die Waffe (Messer sind anders, falls sie sich in den Händen eines erfahrenen Messerkämpfers befinden). Besiege die Waffe und Du besiegst den Mann, und besiegst damit den Angriff. Ein weiteres taktisches Konzept im Umgang mit einer Waffe, wie beispielsweise einem Stock, ist, daß der Angreifer von Dir erwartet, daß Du Dich von seiner Waffe wegbewegst. Er versucht, heranzukommen und die überlegene Reichweite seines Werkzeugs einzusetzen. Er ist psychologisch oder tor- und timingmäßig nicht all zu gut vorbereitet darauf, daß Du augenblicklich die Distanz zu ihm verringerst. Ich benutze das Beispiel eines Waffenangriffs, weil ich denke, die größere Reichweite einer Waffe macht dieses Prinzip des Distanzkontrollierens leichter zu verstehen. Die philippinischen Kampfkünste, einschließlich Escrima, Kali und Arnis, haben eine große Wertschätzung dieser Tatsache. Das Konzept der taktischen Bewegung und Distanz ist tatsächlich das gleiche, ganz egal ob der Angreifer einen Stock hat oder nur seine bloße Hand einsetzt. Im Folgenden ist ein Beispiel für dieses Konzept, so wie es auf den Stock anwendbar ist. Dieser Zwischenfall ereignete sich ganz zu Anfang meiner Karriere als Rausschmeißer. Ich hatte diesem Typ früher an diesem Abend gesagt, damit aufzuhören, einen Gast zu belästigen, mit dem er sich verbal angelegt hatte, andernfalls würde er gehen müssen. Ein wenig später hörte ich seine widerwärtige große Schnauze schon wieder. Sehr schlecht fürs Geschäft, also ging ich herüber, um ihn rauszugeleiten. Das nächste, was ich sehe, ist, daß er einen Billardstock in seiner Hand hat und sehr schnell auf mich zukommt, von oben mit ihm nach meinem Kopf schwingend. Ich beschleunigte einfach meinen Schritt mit einem schnellen Gleitschritt und verkürzte die Distanz zwischen uns. Meine linke Hand ging zu seiner Schulter und checkte seinen Schlag, während mein Kopf sich aus der Angriffslinie und in ihn hinein bewegte. Ich brachte meinen Kopf nicht so nach unten, daß ich nichts mehr sehen konnte - meine Augen blieben auf ihn gerichtet. Dies ist ein wichtiger Gesichtspunkt der ausweichenden Kopfbewegung, an die man sich zu erinnern hat.
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Weil ich ein wenig aufgeregt war, vergaß ich mich selbst und schlug ihm mit einer kraftvollen rechten Geraden zum Kopf, einem Schlag mit geschlossener Faust. Ich war sauer. Ihn von dem Billardstock entwaffnend, fing ich an, ihn von hinten damit zu würgen, während ich so etwas schrie wie: „Du willst mich damit schlagen, Arschloch?! Du willst mich damit schlagen?!" Jedes mal, wenn ich es sagte, drückte ich den Stock gegen seine Kehle. Dies war sehr uncool von meiner Seite aus, sehr unprofessionell, aber ich war zu diesem Zeitpunkt neu im Geschäft und wußte nicht, wie man handelt. Ich nahm solchen Scheiß noch immer persönlich. In einer Sekunde waren die anderen Rausschmeißer da und kühlten mich ab. Der Typ erhielt für immer Lokalverbot. Ich erhielt die verdiente und hilfreiche Strafpredigt von einem erfahreneren Türsteher darüber, warum man diesen Scheiß nicht macht. Es ließ mich wie ein kleines Kind fühlen. Der Obertürsteher schickte mich für die Nacht nach Hause (mit Bezahlung), auch wenn es noch früh am Abend war. Ich vermute, er wußte, daß ich aufgepumpt war und daher ein mögliches Risiko für das Geschäft war. Weil ich die Kontrolle verloren und den Typ mit meiner geschlossenen Faust zum Kopf geschlagen hatte, schwoll meine Hand so stark an, daß ich für mehr als eine Woche oder so niemandem auf angenehme Art und Weise die Hand schütteln konnte. Glücklicherweise brach ich mir keine Knochen. Eine der Lehren, die mir im Zusammenhang mit diesem Zwischenfall im Gedächtnis blieben, war die, daß der Typ eine Menge Dinge gemacht haben könnte, um mich daran zu hindern, ihn auf diese Art und Weise zu erwischen, bloß tat er es nicht. Ich dachte: „Scheiße! Wenn ich den Billardstock gehabt hätte, hätte ich es funktionieren lassen." Der Unterschied war der, daß er psychologisch besiegt war, als seine Waffe in dem Augenblick versagte, als ich seinen Schlag blockte. Er war nicht in der Lage, die geistige Verlagerung zu einer Abwehr oder einem Gegenangriff ohne seine Waffe zu machen. Ein großer Teil seiner Unfähigkeit, zu einer wirkungsvollen Verteidigung oder einem Gegenangriff überzugehen hatte mit seinem Versagen beim sofortigen Wechsel seiner Kampfdistanz zu tun. Dies ist ein bedeutender Punkt, weil der durchschnittliche Überraschungsschläger bis zu einem gewissen Grad manchmal diesem gleichen Problem erliegt, welches daher stammt, ein Kämpfer mit nur einer Strategie und/oder nur einer Distanz zu sein. Wenn Du den eröffnenden Überraschungsschlag besiegst, hat seine einzige Strategie versagt. Dies ist ein Hauptgrund dafür, warum das Verringern der Distanz mit einem sofortigen und ununterbrochenen Gegenangriff nach dem Ablenken des Schlags so gut funktionieren kann. Die Wahrheit ist, daß der Typ, der mich mit dem Billardstock angriff, einen halben Schritt zurück machte und es da eine leichte Verzögerung gab, bevor mein Heumacher traf. Er hatte tatsächlich Zeit, ihn mit seiner freien Hand abzublocken, aber versagte darin, es zu tun. Ohne den Billardstock, denke ich, mag er ihn abgeblockt haben. Es wäre keine große Leistung gewesen, irgend etwas in den Weg zu bringen, aber er bewegte noch nicht einmal seinen Kopf. Indem ich seine Waffe besiegte, hatte ich ihn besiegt, und dies wurde taktisch dadurch erreicht, daß ich die Distanz während des Zwischenfalls kontrollierte.
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DIE ACHT WINKEL DER BEWEGUNG Wir werden jetzt über Techniken wie das Vorwärtsgleiten, den Seitwärtsschritt zu einer Ecke und dem kontrollierten Rückwärtsgleiten sprechen. Bevor wir allerdings daran denken, wie man sich bewegt, laß uns anschauen, wohin Du Dich bewegst und von wo aus Dein Angreifer sich auf Dich zubewegt. Stell Dir einen Kreis vor, der wie eine Torte in acht gleich große Teile unterteilt ist. Du könntest den Kreis bis in sechzehn, zwanzig oder mehr Stücke unterteilen, aber bei der gegebenen durchschnittlichen Größe des menschlichen Körpers und der Grunddistanz, von der aus eine Person in der Lage ist, einen Schlag gegen eine andere auszuführen, sind acht Richtungen alles, was Du brauchst und gut genug. Wir werden die vier Grundrichtungen (rechts, links, vorwärts und rückwärts) als die Hauptrichtungen bezeichnen. Die anderen vier Winkel, die Ecken, liegen zwischen den Hauptlinien. In den meisten Fällen wird der Überraschungsschläger aus einem der Winkel angreifen. Wenn Dich jemand von einem Hauptwinkel aus angreift, möchtest Du umgekehrt bis zu einem gewissen Grad in eine Ecke (diagonaler Winkel) weggleiten. Versuch Dir dies bildlich vorzustellen; später wirst Du es in den Übungen trainieren. Sich in eine Ecke zu bewegen ist eine Form des Seitwärtsschritts aus einem Angriff heraus. Behalte im Kopf, daß, wenn jemand gegen Dich vorstürmt, es nicht so sehr das Vorstürmen ist, bei dem Du zur Seite trittst, sondern ein bestimmter Schlag oder Griff. Um dies wahrhaft zu verstehen, mußt Du die Übungen trainieren. Für den Augenblick stelle Dir einen Typ vor, der wirklich schnell und sehr aggressiv heranstürmt. Du mußt augenblicklich den „wahren" Angriff ausmachen. Hält er seine Hände hoch oder tief? Halten sie eine Waffe? Falls die Hände in der Mitte und leicht nach Dir ausgestreckt sich vor dem Körper des Typs befinden (nicht zu einem Schlag ausholend), könnte dies eine Variation von dem sein, was ich als das „Nashorn" bezeichne. Ich habe diesen Begriff von einem kanadischen Rausschmeißer, Mr. W. Hay, der mir schrieb, nachdem er eines meiner Lehrvideos angeschaut hatte. Die Beschreibung, die er mir gab, war die einer klassischen Kneipenschlägertechnik. Im Grunde genommen ist das Nashorn, wenn ein Typ auf eine andere Person einstürmt und sie zu Boden wirft, um diese zusammenzutreten. Sie mag einen Schlag auf dem Weg hinein beinhalten, aber das würde wirklich nur ein Versuch sein, um dem Angreifer Deckung zu verschaffen, während er an seinen Gegner herankommt. Es wird auch gemacht, um dem Angreifer eine gute Chance zu geben, die Arme des Typs als Vorbereitung für den Wurf einzufangen. Der Nashornwurf ist nicht viel mehr als ein schnelles Drehen des Körpers des Opfers um seinen Körperschwerpunkt, verbunden mit dem Körpergewicht des Angreifers, das in den Typ hineinknallt. Einige Nashörner sind makelloser als andere, aber dies ist das allgemeine Konzept. Hört sich verdammt ungehobelt an, was? Ist es auch. Wie ich schon sagte, echte Kämpfe sind im allgemeinen ungehobelte und schlampige Angelegenheiten. Aber rate mal? In den Kämpfen, in denen ich gesehen habe, wie es eingesetzt wurde, hat das Nashorn häufig sehr gut funktioniert. Ungeachtet dessen ist es nicht all zu schwer, sich dagegen zu verteidigen, falls Du wachsam bist und eine gute Wahrnehmung von Angriffswinkel und Distanz hast. Der Fehler, den die meisten
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Leute begehen, ist ein psychologischer. Sie nehmen wahr, daß der Typ herankommt, um sie zu Boden zu schmeißen, also „verwurzeln" sie nahezu instinktiv ihre Körper mit dem Boden mit einer starken Stellung in einem Versuch, ihr Gleichgewicht gegen den Angriff zu halten. Selbstverständlich wirst Du diesen Fehler nicht begehen, weil Du, nachdem Du dieses Buch sorgfältig gelesen und die Übungen gemacht hast, wissen wirst, daß solch eine Strategie darauf basiert, gegen die gegnerische Kraft anzukämpfen und daß dies nicht der wahre Weg ist. Statt dessen wirst Du im letzten Augenblick elegant vor dem Nashorn weg in einem Winkel zur Seite schreiten. Dann wirst Du den Schwung des Typs gerade ausreichend genug kontrollieren, um ihn umzulenken. Solch eine Umleitung könnte in Richtung Fußboden, gegen einen Pfeiler oder in ein Auto führen...(wir hatten dies schon mal, nicht wahr?). Noch einmal: Im Nashorn sehen wir einen Angriff mit einer Einzelstrategie. Du mußt lernen, die Natur des Angriffs sofort zu erkennen und ihn zu vermeiden, genauso wie Du den geraden Schlag oder Haken wahrgenommen hast und in der Lage warst, angemessen darauf zu reagieren. Dies wird immer bedeuten, nicht gegen die Kraft des Angriffs direkt anzukämpfen, sondern ihn zu vermeiden und der gegnerischen Vorwärtsbewegung zu erlauben, sich fortzusetzen, während Du ihn umleitest. Beachte, wie dies vom Konzept her genau das gleiche ist wie bei der Innen- oder Außenabwehr, als der Angriff ein Schlag war. Bei dem Nashorn ist der Angriff der gesamte auf Dich zustürzende Körper des Typs, aber die Konzepte sind identisch mit dem Vermeiden eines Hakens oder geraden Schlags. Wir werden uns die Details in den Übungen ansehen, aber was ich hier hervorheben möchte ist das, was ich weiter vorne angemerkt habe: Daß mit genug Erfahrung KONZEPTE wichtiger sind als TECHNIKEN. DER FEHLER DES AKTION/REAKTION-DENKENS Das Kennzeichen eines erfahrenen und befähigten Kampfkünstlers, der ebenfalls ein guter Kämpfer ist, ist die Fähigkeit, alles, was er jemals gelernt hat, instinktiv und flüssig zu verallgemeinern für einen bestimmten, stattfindenden Angriff. Dies bedeutet, daß Konzepte wichtiger als Techniken sind. Es ist ein Grundfehler, ausschließlich in Begriffen wie der „Er tut dies, also mach ich das"-Mentalität zu denken oder zu trainieren. Dies wird in einem echten Kampf selten funktionieren. Es mag tatsächlich Deinen Verstand blockieren in einer Aufregung über „Was tut er? Was muß ich jetzt tun?" Der Geist kontrolliert den Körper, so daß Du in einer Auswertungs-Entscheidungs-Schleife gelähmt sein wirst. Falls Du an all die Taktiken, die ich in diesem Buch hervorgebracht habe, in Begriffen von Konzept und Fluß denken kannst, wirst Du einen besser funktionierenden Verstand haben. Dies bedeutet, daß Du einen Haken wahrnehmen wirst, und Dein Körper bewegt sich augenblicklich dorthin, wo es ungefährlich ist, während Deine Hände automatisch nach oben in den Weg gebracht werden. Wenn Du das Aufklatschen seiner Hände in Deinen spürst, schlägst Du einen Konterschlag und setzt den Gegenangriff fort. Es ist überraschend, wie Du dies entwickeln kannst, falls Du genügend trainierst und die richtige Einstellung hast.
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In einigen Kämpfen, in denen ich gewesen bin, hatte ich keine klare Erkenntnis über die genaue Technik, die ich benutzte, um den Angreifer zu Boden zu bringen. An Schläge erinnert man sich leichter, weil Du den Aufschlag spürst, wenn sie landen, und manchmal schmerzen Deine Hände anschließend. Aber weil viele Kämpfe mit einem Ringen enden, habe ich häufig eine Art von Wurf eingesetzt, um den Angriff zu beenden. In diesen Fällen konnte ich mich oftmals nicht mehr wirklich daran erinnern, was ich tat, um den Typ zu Fall zu bringen. Du mußt manchmal gewissermaßen aus dem Stehgreif eine Technik erfinden. Dies ist es, was damit gemeint ist, daß ein Konzept viel wichtiger ist als eine Technik. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie eine Person Dich ergreifen kann, und Leute unterscheiden sich so sehr in ihrer Reichweite, Größe, Schnelligkeit und anderem., daß eine im Voraus festgelegte Technik oder Serie, die an Deinem Trainingspartner funktioniert, an einer Person versagen mag, die einen unterschiedlichen Körperbau hat oder wenn der Angriff ein wenig unterschiedlich abläuft. Du mußt an den Punkt kommen, an dem Dein Verstand eher mit den Konzepten fließt, als Techniken auswählt, wenn er angegriffen wird. Dies ist schwierig und erfordert sowohl ein längeres Training als auch einige tatsächliche Erfahrung. Aber dies ist der wahre Weg. Einige Kampfkünste, wie z.B. Aikido, sind vorrangig eher konzept- als technikorientiert. Ich denke, man benötigt hier ein Gleichgewicht, aber zu häufig verlassen sich viele Kampfkünstler zu sehr auf Technik. Ich spreche diesen eher fortgeschrittenen Zustand der Kampferfahrung jetzt an, weil es Dir helfen wird, ein Verstehen für das ultimative Ziel Deines Trainings zu bekommen. Es wird Dir eine Vorstellung davon geben, wie Du Fortschritt mißt und hoffentlich „roboterhaftes" Denken verhindern, welches roboterhafte Bewegungen nach sich zieht. Kämpfen ist dynamisch; es ist lebendig, es fließt. Du mußt das auch, um Dich durchzusetzen. Ein Grundbeispiel für ein allgemeines Konzept ist, zu stoßen, wenn Du gezogen wirst und zu ziehen, wenn Du gestoßen wirst. Dies ist einfach eine andere Seite dabei, nicht gegen die Kraft Deines Gegners anzukämpfen. Falls Du ein solches Konzept zu einem Teil Deines Verstandes und Deines Körpers machst, wird sich Dein Körper immer richtig und selbst unerwartet für Deinen Gegner bewegen. Dies ist ironisch, weil so häufig das, was als die natürliche Reaktion erscheinen mag, nicht die beste taktische Überlebensantwort ist. Beim Bewegen, vorwärts, rückwärts oder seitwärts, ist es das gleiche. Es gibt keine Zeit zum Denken. Trainiere hart und Du wirst in der Lage sein, etwas einfach wahrzunehmen und Dich zu bewegen. ZWECK DES VORWÄRTSGLEITENS UND DES RÜCKWÄRTSGLEITENS Das Vorwärtsgleiten wird hauptsächlich eingesetzt, um in Deinen Gegner hineinzugehen, um Deine Werkzeuge in die ideale Reichweite zu bringen. Es wird außerdem auch eingesetzt, um ein Werkzeug des Gegners zu blockieren, indem Du Dich in seine wirksame Reichweite hineinbewegst. Wenn Dein Vorstoß schnell und flüssig genug ist, dann wirst Du auf Deinem Weg hinein völlig von einem Schlag verfehlt werden. Falls Du ein bißchen spät bei der
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Wahrnehmung des Angriffs bist oder mit der Ausführung des Vorstoßes, magst Du einen Teil des Schlags einfangen, aber nicht seine volle Kraft. Auf diese Weise bist Du noch immer in der Lage, einen Gegenangriff zu starten. Das Rückwärtsgleiten wird eingesetzt, um die Entfernung zu einem Gegner so zu vergrößern, daß Du außerhalb der Reichweite seines Schlags gelangst. Wenn Du mit dem schweren Sandsack, Kerzen und dem Stoffstück übst, wirst Du eher die Tatsache zu schätzen wissen, daß ein Schlag nur auf eine eingeschränkte Entfernung wirkliche K.o.-Kraft besitzt. Falls das Ziel ein wenig zu nah oder zu weit entfernt ist, wird der Brennpunkt verfehlt. Wenn Du zurückgehst, bringst Du das Ziel ein wenig zu weit weg. Wenn Du hineingehst, bringst Du das Ziel ein wenig zu dicht ran. In beiden Fällen wirst Du nicht immer in der Lage sein, den Schlag unter tatsächlichen Kampfbedingungen völlig zu vermeiden, aber Du solltest in der Lage sein, seinen Brennpunkt zu verderben und dadurch vermeiden, „weggehauen" zu werden. DAS VORWÄRTSGLEITEN Wenn Du mit Deiner starken Seite nach vorne stehst, sind Deine rechte Hand und Dein rechtes Bein vorn (vorausgesetzt, Du bist Rechtshänder). Der Großteil Deines Gewichts ist auf dem hinteren Bein, damit das vordere Bein eine größere Beweglichkeit haben kann. Ein paar Möchtegern-Bruce Lees da draußen ist beigebracht worden, zum vorderen Knie zu treten, um einen Gegner außer Gefecht zu setzen. Solch ein Tritt ist nur dann am zerstörerischsten, wenn nahezu Dein gesamtes Körpergewicht an dem Bein landet, das angegriffen wird. Obwohl dieser Knieangriff reichlich überbewertet ist (genauso wie Tritte zum Unterleib), möchtest Du vermeiden, einem Gegner diesen Tritt zu ermöglichen, der über einen wohlgezielten Tritt verfügt. Also nimm Dich davor in Acht. Um sich aus dieser Stellung vorwärts zu bewegen, drück Dich mit dem hinteren Bein ab, während Du den vorderen Fuß gerade ausreichend genug anhebst, um vom Boden wegzukommen. Dein vorderer Fuß gleitet vor, um die Länge des Vorstoßes zu bestimmen. Wenn der vordere Fuß abgesetzt wird, hat sich der hintere Fuß nachgezogen, und Du kommst in der vorgeschobenen Position in genau der gleichen Stellung an, aus der Du gestartet bist. Der Vorstoß wird entlang einer direkten Linie zu Deiner beabsichtigten Position am Gegner gemacht. Dies ist die kürzeste Entfernung. Bei dieser einfachen Technik gibt es keine verschwendete Bewegung. Die Schultern werden bei diesem Vorstoß nicht abgesenkt oder viel gedreht. Der Oberkörper wird in dynamischer Stabilität gehalten. Dies hilft zu vermeiden, Deinen Schlag dem Gegner zu telegraphieren. Denk daran, daß der Überraschungsschläger die meisten der Anzeichen kennt, die einen Schlag erahnen lassen. Du möchtest ihm diese Anzeichen verwehren, damit Dein Schlag landen wird. Nimm jedoch niemals eine zu starre Stellung ein, wenn Du versuchst, ein Telegraphieren zu verhindern. Erlaube den Schultern, leicht nach vorn abzusacken, wenn Du schlägst. Dies kommt im klassischen Karate überhaupt nicht in Frage, und insbesondere nicht im Taekwon Do. Aber es ist in einem echten Kampf die richtige Methode. Erneut wird Dein Üben am schweren Sandsack Dir zeigen, daß Du auf diese Weise mehr Kraft erzielst. Du mußt lernen, wie Du das Vorwärtsgleiten richtig ausführst. Deine Beine und Deine Beinarbeit sind es, die Deine Werkzeuge in die Schlagdistanz bringen. Ohne
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einen ordentlichen Vorstoß magst Du niemals eine Chance dazu bekommen, Deine Werkzeuge an Deinem Gegner einzusetzen. Andererseits habe ich diesen einfachen Vorstoß in Kombination mit einem aufwärtsgeführten, vertikalen Faustschlag eingesetzt, um Gegnern in solch einer Art und Weise auf die Nase zu schlagen, daß sie dazustehen schienen, ohne überhaupt eine Verteidigung zu bieten. Dies kommt daher, weil der durchschnittliche Kneipenkämpfer mit diesem Vorstoß nicht vertraut ist. Wenn Du wirklich schnell und flüssig an ihn herankommst, ist er für einen Augenblick verwirrt. Ein Augenblick ist alles, was er hat, da er ebenfalls nicht all zu vertraut mit einem vertikalen Faustschlag ist und er keine Schulterbewegung gesehen hat, um darauf zu reagieren. Sein Verstand mag für einen Sekundenbruchteil stillstehen. Die nächste Sache, die er sieht, sind purpurfarbene Punkte vor schwarzem Hintergrund. Lehn Dich bei Deinem Vorwärtsgleiten nicht vor oder zurück. Halte Deine Füße fast direkt unter Deinen Schultern. Der Vorstoß wird in einer Art und Weise gemacht, die Dich zu jeder Zeit im Gleichgewicht sein läßt. Das Vorstoßen wird ausgeführt durch ein Abdrücken mit dem Fußballen des hinteren Fußes. Dein Führungsfuß kommt ebenfalls auf dem Fußballen an. Komm nicht hoch auf Deinen Zehenspitzen, wie so manch ein tänzelnder Boxer es tut. Beuge die Knie ein wenig, um Deinen Körperschwerpunkt abzusenken, während Du Dich vorbewegst. Es macht wirklich keinen Sinn für mich, auf dieser Sache lang und breit herumzukauen. Das Vorwärtgleiten ist wirklich sehr einfach. Ich habe Dir die Mechanik dafür dargelegt. Die Übungen werden Dir helfen, Deine Werkzeuge in den Vorstoß zu integrieren. Du wirst wissen, wenn Du diesen Vorstoß korrekt ausgeführt hast; es wird sich einfach richtig anfühlen. Es ist wirklich schnell, aber kontrolliert; Du behältst während der gesamten Bewegung das Gleichgewicht und bist niemals überstreckt. Der häufigste Fehler ist, zu versuchen, mit einem einzigen Vorstoß zu viel Boden zu überbrücken. Vermeide ein Vorwärtslehnen! Teste Deinen Vorstoß am schweren Sandsack. Stehe so weit von dem Sandsack entfernt, daß Du vorgehen mußt, bevor Du in Reichweite für einen gut gezielten Schlag kommst. Dann bewege Dich schnell heran und koordiniere das Landen Deines Schlags mit dem Vorwärtsbringen Deines Körpergewichts, damit der Schlag Dein gesamtes Körpergewicht in dem Augenblick trägt, in dem er landet. Nach dem der Schlag landet, solltest Du zurück in Deiner ursprünglichen Stellung sein, wobei das vordere Bein nur einen Teil Deines Körpergewichts trägt, in gutem Gleichgewicht, und bereit dazu, entweder weiter vorzugehen oder Dich sofort zurückzuziehen. DAS RÜCKWÄRTSGLEITEN Hier haben wir eine weitere grundlegende Technik, die in Deine Sammlung der Kampffertigkeiten aufgenommen werden muß. Das Rückwärtsgleiten ist grundsätzlich ein umgekehrter Vorstoß. Der vordere Fuß drückt Dich nach hinten, während der hintere Fuß sich gerade hoch genug anhebt, um vom Boden zu kommen. Du kommst in der hinteren Position in der genau gleichen Stellung an, aus der Du die Bewegung begonnen hast. Das leichte Beugen der Knie, gleiten auf dem Fußballen, usw. sind alles genauso wie beim Vorwärtsgleiten.
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Lehne Dich nicht zurück oder vor mit Deinen Schultern. Die Ausnahme ist, wenn Du Dich abducken mußt oder Deinen Kopf zurückschnappen läßt, um einen Schlag zum Kopf zu vermeiden. Das Geheimnis des wirkungsvollen Einsatzes des Rückwärtsgleitens in einem Kampf ist, eine gute Einschätzung der Distanz zu haben. Dies erlaubt es Dir, Dich gerade weit genug zurückzubewegen, um den Schlag Dich verfehlen zu lassen oder anders fehlschlagen zu lassen. Auf diese Weise bist Du nah genug dran für den Konterschlag. Die beste Zeit, um einen Schlag zu landen, ist direkt nach dem Dein Gegner seinen Schlag beendet hat. Falls Du Dich zu weit nach hinten wegbewegst, dann mußt Du wieder die Distanz verkürzen und kannst daher nicht sofort einen Konterschlag ausführen. Ein weiteres Problem mit dem zu weiten Rückwärtsbewegen ist, daß es Deinen Gegner dazu ermutigt, vorzustoßen und Dich zu einem weiteren Schritt zurück zu zwingen. Die meisten Leute können nicht mehr als zwei oder drei schnelle, aufeinanderfolgende Rückwärtsgleitschritte machen, ohne etwas an Gleichgewicht zu verlieren. Auch ist es schwierig, mit einem Seitwärtsschritt auszuweichen, wenn man auf diese Weise zurückgetrieben wird. Zu weit zurückgehen oder zurücklehnen sind die beiden häufigsten Fehler bei dieser Technik. Gegen einen schnellen und wohl ausgeführten Hinterhalt mag es erforderlich sein, aber Du mußt Dein Gleichgewicht sofort wiedererlangen, wenn die Hand des Angreifers nach seinem Schlag zurückgezogen wird. Natürlich wird eine Person, die dies gemeistert hat, sich niemals zurücklehnen, weil ihre Wahrnehmung des Schlags so sein wird, daß sie niemals überrascht wird. ÜBUNGEN FÜR BEWEGUNG UND GEGENÜBERSTELLUNG Zeichne einen Kreis auf den Boden, der im Durchmesser ungefähr Deiner Körpergröße oder der Spannweite von Fingerspitze zu Fingerspitze entspricht, wenn Du Deine Arme gerade zu beiden Seiten hin ausstreckst. Bei den meisten Leuten sind diese beiden Maße in etwa gleich. Unterteile den Kreis in vier gleiche Teile mit Markierungen an der Kreisaußenseite. Teile den Raum zwischen diesen Markierungen gleichmäßig auf, so daß Du nun einen Kreis hast, der in acht gleich große Stücke unterteilt ist. Die nächste Übung wird Dir sinnlos leicht erscheinen. Mach sie trotzdem. Mit Deiner starken Seite stehst Du im Kreis einem Abschnitt gegenüber, während Dein Trainingspartner sich zu jeder der acht Positionen am Kreisrand bewegt und eine Angriffsstellung einnimmt. Er betritt nicht den Kreis. Laß ihn sich nochmals in jede Position bewegen, diesmal aber ein paar Schritte entfernt von der Kreislinie. Zu Anfangs drehst Du Dich nicht herum, um ihm gegenüberzustehen. Beobachte, wann er in jeder Position in Dein Blickfeld gerät und wieviel Du von seinem Körper sehen kannst, ohne Deine Augen zu bewegen. Selbstverständlich wirst Du nicht in der Lage sein, ihn zu sehen, wenn er direkt hinter Dir steht und wahrscheinlich ebenfalls nicht, wenn er in den beiden hinteren Eckstücken ist. Versuche es und finde es heraus. Als nächstes stellt sich Dein Trainingspartner direkt vor Dich, wobei Du Dich mit Deiner starken Seite ihm gegenüberstellst. Während er sich in jede Position bewegt, gleichst Du seine Bewegung aus, um ihm genauso gegenüberstehen zu bleiben. Falls
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Du mehr als einen Trainingspartner hast, laß sie sich zu jeder der Positionen am Kreisrand bewegen, während Du wechselweise beiden gegenüberstehst. Das Ziel hierbei ist, Dich daran zu gewöhnen, instinktiv und sofort in eine neue gegenüberstehende Position überzugehen mit einer einfachen, flüssigen Bewegung, die keine überflüssigen Bewegungen hat und in einer lockeren und entspannten Art und Weise ausgeführt wird. Wenn jemand zu einem Interview herankommt, möchtest Du ihm Deine starke Seite zuwenden, ohne irgendeine große Show zu machen. Nichtsdestotrotz wird der mögliche Hinterhaltleger Deine feine Bewegung bemerken, wie Du in diese Position gehst, und wird wissen, daß Du ein wenig zu aufmerksam bist, um einen idealen Hinterhaltskandidaten abzugeben. All dies mag für Dich einfach und von zweifelhaftem Wert erscheinen, aber laß dies Dich nicht daran hindern, diese Übung von Zeit zu Zeit zu machen. Falls Du sie niemals ausführst, wirst Du einen ernsthaften Fehler begangen haben. Rückwärtsgleiten-Übung
Benutze den selben Kreis von der vorherigen Übung und laß Deinen Trainingspartner sich von einer der Stationen aus in den Kreis hineinbewegen, wobei Du Deine Stellung ihm gegenüber änderst und in die entsprechende Ecke zurückweichst. Gleite nicht weiter zurück als bis zum Rand des Kreises. Dein Partner betritt den Kreis mit einem Vorwärtsgleiten, aber nur bis zum Kreismittelpunkt und nur mit einem Vorstoß. Er verfolgt Dich nicht weiter. Erinnere Dich daran, daß dies eine einfache Wahrnehmungsübung ist. Erlerne, wie Du Dich mit minimalen Bewegungen und Anstrengungen herumdrehen und bewegen mußt, um Deine starke Seite ihm gegenüber zu bringen. Dies wird zu Anfang bei Schrittgeschwindigkeit oder langsamer gemacht. Erst dann, wenn Du erkennst, wie Du Dich drehen und bewegen mußt und mit der Form des Rückwärtsgleitens vertraut bist, insbesondere mit seiner Sparsamkeit der Bewegung, solltest Du die Geschwindigkeit des Vorstoßes Deines Trainingspartners erhöhen. Schließlich wird Dein Trainingspartner den Vorstoß so schnell ausführen, wie er nur kann. Dies wird manchmal zu einem Körperkontakt führen, wenn er von einer hinteren Position herankommt. Finde heraus, wie Du Dich bewegen mußt, um Dein Gleichgewicht zu halten, während Du Dich ihm gegenüber in die richtige Position drehst und wenn Körperkontakt entsteht, während Du den Rückzug fortsetzt. Die-Distanz-flnden-Übung
Laß Deinen Trainingspartner still stehen, während Du Dich in die ideale Distanz bringst für einen Handballenstoß zum Solarplexus, einem vertikalen Faustschlag zur Nase, einem Kehlenschlag mit offener Hand oder einem anderen Schlag. Denk daran, daß der menschliche Körper beim Aufschlag ein wenig mehr nachgibt als der schwere Sandsack, und daß Du versuchst, eher durch den Gegner hindurchzuschlagen, als ihn auf der Oberfläche des Zielbereichs zu treffen. Bevor Du diese Übung machst, hilft es, den Zielbereich an Deinem Trainingspartner tatsächlich mit dem Aufschlagsbereich des Schlags zu fühlen, den
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Du ausgewählt hast. Fühle zum Beispiel, wie sich die Rippen bewegen, während Dein Trainingspartner seinen Körper fest an einer Stelle hält. Indem Du die Distanz für den vertikalen Faustschlag und den Rückfaustschlag einnimmst, streckst Du den Schlag in Zeitlupe, aber in richtiger Form so aus, daß er den Zielbereich berührt. Beachte Deine Fußstellung im Verhältnis zu Deinem Trainingspartner. Beobachte die Entfernung zwischen Deiner Brust und seiner bei diesen beiden Schlägen. Beachte außerdem, wie verletzbar Deine Beinstellung Dich gegen einen Kniestoß zu Deinem Unterleib macht im Verhältnis zu seiner Position Dir gegenüber. Der Handballenstoß, die hintere Gerade und der Kehlenschlag werden aus einer näheren Entfernung als der vertikale Faustschlag oder der Rückfaustschlag geschlagen. Dieser Unterschied ist allerdings nicht so groß, wie man denken mag, bevor man diese Übung gemacht hat. Tatsache ist, daß all die Schlagwerkzeuge, die ich hier vorgebracht habe, Nahkampfwaffen sind. Wie ich schon sagte, mag ich es, meinen Gegner nah dran zu bekämpfen, weil es mir hilft, die Distanz zu ihm besser zu kontrollieren. Wenn Du die Distanz für jede der Schlagtechniken bestimmt hast, aus der Du am besten einen kraftvollen Schlag landen kannst, dann fahre mit der Übung selbst fort. Markierungs-Übungen für Vorstoß und Rückzug
Befestige ein Stück Klebeband auf dem Boden, um die gegnerische Position darzustellen. Klebe ein zweites Stück etwas vor dem ersten auf, in einer Entfernung, aus der Du einen bestimmten Schlag zum Gegner ausführen würdest. Ohne auf das Klebeband hinunterzuschauen erlerne, wie Du einen schnellen vorwärtsgleitenden Vorstoß so ausführst, daß Dein Führungsfuß auf oder sehr nahe bei dem zweiten Stück Klebeband ankommt. Plaziere ein drittes Stück Klebeband in einer Entfernung, aus der der Gegner Dich gerade nicht mehr mit einem Haken oder geraden Schlag treffen könnte. Übe einen schnellen rückwärtsgleitenden Rückzug von der Position aus, von der aus Du einen Schlag ausführen könntest, zu der Position hin, in der Du gerade so eben außerhalb seiner Reichweite bist. Dein starker Fuß sollte auf oder leicht außerhalb dieser dritten Klebebandlinie ankommen. Diese Klebebandübungen dienen dazu, Dir einen klaren Bezugspunkt für die Distanz zu geben und erlauben es Dir, allein zu üben, wenn kein Trainingspartner zur Hand ist. Entspann Dich und übe die Bewegungen vor und zurück, bis sie schnell, gut ausbalanciert, direkt auf den Klebebändern enden und nahezu mühelos werden. Du solltest in der Lage sein, die Klebemarkierungen nach einer angemessenen Übungsdauer zu entfernen und einfach die richtige Distanz „kennen". Als nächstes heuerst Du ein paar Trainingspartner mit unterschiedlicher Körpergröße, Reichweite und Beinlänge an, um herauszufinden, wie unterschiedliche Körpergrößen und -formen das Plazieren dieser Markierungen beeinflussen. Experimentiere damit, Deinen Trainingspartner mit zwei oder drei schnellen vorwärtsgleitenden Vorstößen zurückzutreiben. Versuch dies zu Anfang ohne Handtechniken, einfach nur, um das Konzept drauf zu bekommen, wie schnell jemand sich zurückbewegen und dennoch das Gleichgewicht beibehalten kann. Du wirst beobachten, daß nahezu die einzige Methode, in der sich eine Person schnell
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genug rückwärts bewegen kann, um die Distanz weit genug offen zu halten, um Deine Schläge zu vermeiden, die ist, daß sie ein Rückwärtsgleiten verwendet. Laß Deinen Trainingspartner einen solchen Vorstoß gegen Dich ausführen. Beachte, daß Du nach zwei oder drei schnellen Rückzügen anfängst, Dein Gleichgewicht zu verlieren. Um es wiederzuerlangen mußt Du für eine Sekunde aufhören, Dich zu bewegen. Hierbei wirst Du getroffen werden. In einer tatsächlichen Schlacht magst Du Dich selbst in einer Situation wiederfinden, in der Du den Schlag des Angreifers abgelenkt hast und, nachdem Du einen Gegenschlag ausgeführt hast, gegen ihn vorgehst, weil er sich zurückbewegt. Versuche dieses Timing zu erlernen, damit Du, nachdem Du zwei oder drei schnelle Vorstöße gemacht hast, wahrnehmungsmäßig bereit für diesen Augenblick der Unbeweglichkeit Deines Gegners bist, wenn er stoppt, um sein Gleichgewicht wiederzuerlangen. Dies ist der ideale Zeitpunkt, um ihm mit einem kraftvollen Schlag eins zu knallen oder ihn zu greifen und zu werfen. Bei meiner Arbeit in der Kneipe fand ich dieses Szenario als sehr typisch. In der Tat verursachte bei mehr als ein paar Gelegenheiten der rasche Vorstoß allein, daß der sich zurückziehende Gegner stolperte und hinfiel, ohne daß ich ihn tatsächlich werfen mußte. Um dies zu erreichen muß Dein eigenes Gleichgewicht sehr stark sein, wenn Du Dich mit Kraft und Überzeugung in Deinen Mann hineinbewegst. Natürlich mußt Du auch in der Lage sein, jeden seiner Schläge abzulenken, während Du Dich hineinbewegst. Dies schließt Kniestöße zum Unterleib und Versuche, mit Dir zu ringen, um sein Gleichgewicht zu halten und um Deine Arme zu binden, mit ein. Nur dynamische Übung wird Dir die Idee hinter dem Vortrieb und der Distanz lehren, ganz besonders freie Sparringkämpfe mit sehr leichtem oder ohne Kontakt mit verschiedenen Trainingspartnern von unterschiedlicher Statur. Mein Hinweisen auf das, was funktioniert, wie es funktioniert und warum es funktioniert, bildet ein Ziel, an dem Du die Wirksamkeit Deines Trainings messen kannst.
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KAPITEL 6
RINGEN, WÜRFE UND BEFREIUNGEN Ich sagte, daß viele echte Kämpfe mit Ringen enden, und das ist sicherlich wahr. Einige Kämpfe jedoch beginnen auch mit dem Ringen. Für den Fall, daß Du denkst, Du bist zu schnell oder zu gut, um einem Kneipenschläger zu ermöglichen, Dich in einen Halbnelson, eine Umklammerung oder einen anderen solchen Festhaltegriff zu bringen, der ein Befreiungsmanöver erfordert, laß mich Dir von einem weiteren Zwischenfall erzählen, der sich mit Deinem bescheidenen Erzähler zutrug. Meine Wenigkeit ging einmal in einem Restaurant mit Bar auf die Herrentoilette, um zu pinkeln (dies war allerdings keine Spelunke), als zwei junge Kids, vielleicht neunzehn oder zwanzig, beide groß und sichtbar in der Art von körperlicher Form, wie sie vielleicht nur Neuzehnjährige erreichen können, unsanft ihre Hände an mich legten. Es war ein weiteres dummes Machoritual, das ich einfach hätte nicht beachten sollen. Wir rannten gewissermaßen ineinander, als ich hineinging und sie herauskamen. Einer von ihnen knallte die Tür auf seinem Weg nach draußen auf und traf mich damit fast. Ich klatschte sie an mir vorbei und trat ein. Es schien so, als ob dieses Manöver eine Art von Herausforderung darstellte für diese empfindliche, neunzehnjährige Mentalität. Er packte mich am Kragen, um mich hinaus und aus seinem Weg zu ziehen. Tatsache ist, daß ich einfach nicht darüber hinwegkomme, wenn Leute mich unsanft behandeln. Grundsätzlich neige ich dazu, reflexhaft zu reagieren, wenn es passiert. In diesem Fall war meine Reaktion nicht mehr als ein Verdrehen des Ellenbogens dieses Typs, ihn herumzudrehen und zurück in den Waschraum zu stoßen. All dies lief in einer Sekunde ab, und ich sah seinen Gefährten eine aggressive Stellung zur Verteidigung seines Partners einnehmen. Nun waren nur wir drei in der Herrentoilette. Sicherlich ein taktischer Fehler meinerseits und wieder einmal verursacht dadurch, daß ich meinen kleinen Schwanz das Denken für meinen großen Kopf erledigen ließ. Ein Testosteronanfall sozusagen. Dennoch hätte der Typ nicht seine Hände an mich legen sollen. Ich mache diese Art von Dingen nicht mit anderen Leuten (ohne guten Grund, Zweck oder Provokation), und ich neige dazu, das gleiche von ihnen zu verlangen. Die zwei Typen, beide größer als ich, ganz zu schweigen davon, mehr als gute zehn Jahre jünger, teilten sich auf, um beiderseits von mir in Position zu gehen. Ein Typ fragte: „Willst Du Dich mit uns anlegen, Mann?"
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Nun, lieber Leser, nach all diesen guten Ratschlägen, die ich Dir gegeben habe, möchte man zu dem Schluß kommen, daß ich negativ auf diese Herausforderung reagierte, gefolgt von einem Versuch des Auswegs. Dies würde mit Sicherheit die richtige Antwort gewesen sein. Aber, wie ich schon sagte, niemand ist perfekt. Vielleicht hatte es etwas zu tun mit ihrer Jugend und Arroganz. Vielleicht hatte es etwas zu tun mit meiner eigenen Unsicherheit und Ärger wegen ihrer Jugend. Wie dem auch sei, meine Antwort war: „Leg Dich bloß nicht mit mir an, Mann". Darauf erwiderte der Typ mit der scharfsinnig cleveren, mathematischen Beobachtung: „Wir sind zu zweit." Als ob mir dies in der enge dieses WCs noch nicht aufgefallen wäre. Erneut handelte ich eher dämlich - das heißt emotional - anstatt logisch und taktisch. „Und ihr habt keine verdammte Chance", antwortete ich ruhig. Und was sehe ich in der nächsten Mikrosekunde? Nichts geringeres als den berühmten vorwärtsgleitenden Vorstoß auf meine Person zu, begleitet von einem geschnappten Vorwärtstritt zu meinem Unterleib. Der Typ führte die Technik ziemlich glatt und sehr schnell aus. Glücklicherweise für mich versuchte er, ein bißchen zu viel Distanz zu überbrücken, und ich war trainiert und alarmiert. Sein Tritt traf auf den gedehnten Stoff meiner Bluejeans, als ich zurückwich, und er zog ihn in einer Art und Weise zurück, die klar und deutlich einiges an Training erkennen ließ. Kein Treffer bei mir erzielt, aber es hätte nicht knapper sein können. „Mensch, ist das alles, was Du kannst?" fragte ich. Mein Plan war, ihn mit meiner völligen Ruhe psychologisch fertigzumachen. Da war auf jeden Fall Überraschung und Bestürzung in seinem Gesicht zu sehen, als er zurücktrat. Während ich jedoch mit meiner Psychoeinsatz-Bemerkung Mr. Cool spielte, war das nächste, was ich mitbekam, daß, rumms, sein Kumpel mich in einem Halbnelson hatte. Ich fühlte die jugendlichen Arme aus Stahl um meinen kostbaren Hals. Bemerkenswerterweise machte der erste Typ keine Bewegung, um einen Vorteil aus meiner Zwangslage zu ziehen. An diesem Punkt erkannt ich, daß, trotz der Provokation, all dies unnötiger Bockmist war, für den ich, zu einem gewissen Teil, verantwortlich war. Versteh mich nun, daß ein Kampf kein Ort ist für irgendwelche Betrachtungen über richtig, falsch oder irgend etwas anderes, ausgenommen, wie der Schwertmeister es ausdrückte, der Gedanke an das „Schneiden und Töten Deines Feindes". Nur war dies kein richtiger Kampf für mich. Ich fühlte nicht ein einziges Mal, daß meine Sicherheit oder mein Leben wirklich in Gefahr waren. Der Halbnelson war stark, aber wie ich in Kürze aufzeigen werde, sind solche Haltegriffe wirklich das Zeichen für einen dummen Gegner und sind leicht zu überwinden. Ich wußte, daß ich ziemlich leicht aus dem Haltegriff ausbrechen konnte, aber ich wußte auch, daß die Technik wahrscheinlich den Hinterkopf des Typs am Waschbecken aufschlagen würde, wenn ich ihn werfe. Da er nicht versuchte, mein Genick zu brechen, mich zu Boden zu werfen oder irgend etwas anderes zu tun und sein Kumpel nicht an den Feierlichkeiten teilnahm, fühlte ich, daß ich eine Möglichkeit offen hatte. Folglich bot ich dem Typ, der mich in dem Halbnelson hatte, ebenfalls seine Auswahlmöglichkeit an. Sehr ruhig, fast mit Verzweiflung in meiner Stimme, sagte ich: „Laß mich los oder ich werde Dir Dein Rückgrat brechen." Frag mich nicht,
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warum ich „Rückgrat" sagte, denn es würde sein Schädel gewesen sein, der gebrochen wäre. Zu meiner Überraschung ließ er mich sofort los und trat zurück. Ich vermute, ich muß irgendwie ziemlich überzeugend geklungen haben. Ich werde Deine Geduld nicht länger mit weiteren Details dieser Begegnung strapazieren. Dies war das Endergebnis der Aktion, so wie sie war. Wir haben uns mit Sicherheit nicht gegenseitig auf unsere Liste für Weihnachtsbesuche aufgeführt als wir uns trennten, aber ein gewisser Grad an gegenseitigem Respekt mag erreicht worden sein. Dies Beispiel ist sicherlich nicht typisch für Haltegriffe und Ringkampfbegegnungen, aber wenn ich mit einer solchen Hulk Hogan-artigen Technik eingefangen werden kann, kann Dir vielleicht das selbe passieren. Daher werden wir uns Befreiungen aus solchen Haltegriffen ansehen. Als erstes allerdings laß uns die Ziele und Absichten einer Person betrachten, die einen solchen Griff bei Dir anbringt. Dieses Wissen ist von taktischem Wert. Es gibt eigentlich nur zwei Gründe dafür, warum eine Person versuchen wird, bei Dir eine Umklammerung, einen Doppelnelson oder Halbnelson anzusetzen. Der erste ist, daß sie Dich festhalten wollen, damit ein Komplize auf Dich einschlagen kann, während Du daran gehindert wirst, Dich selbst zu verteidigen. Der zweite ist, daß sie es einfach nicht besser wissen. Weißt Du, falls der Typ allein ist und Dich auf diese Weise mit Gewalt festhält, ist es meiner Erfahrung nach einfach ein Zeichen für sein mangelndes Kampfwissen oder für seinen Widerwillen, Dich zu bekämpfen. Dies sind Festhaltetechniken (falls sie damit gewürdigt werden können, überhaupt als Techniken bezeichnet zu werden); es sind keine Schlagtechniken. Laß dies Dich nicht dazu führen, zu glauben, daß sie harmlos sind, denn sie sind es nicht. Ein Doppelnelson ist beim regulären Ringen (nicht bei der Fernsehversion des Wrestling) verboten wegen der realen Gefahr von Rückgratverletzungen und Lähmungen. Du kannst diese Haltegriffe nicht auf die leichte Schulter nehmen. Trotz meiner kleinen Geschichte über die Toilettenkommandokämpfer solltest Du unmittelbar eine Befreiung herbeiführen. Befreiungen sind eines der wenigen Beispiele für Kampfkunsttechniken, die fast immer funktionieren werden, falls Du weißt, wie man sie anwendet und, was am wichtigsten ist, einen kühlen Kopf behältst und die Technik sofort einsetzt. Wenn eine Person Dich im Griff hat, dann weißt Du in den meisten Fällen, wo sie ist und wo die Ziele sind. Die Dinge bewegen sich an diesem Punkt nicht zu schnell. Zu einem großen Teil hat der Typ, der einen Haltegriff bei Dir angelegt hat, die Initiative abgegeben und ist reichlich ungedeckt. Der Fehler, den ich die meisten Leute habe begehen sehen, wenn sie tatsächlich in einen Nelson oder eine Umklammerung (von vorne oder hinten) gebracht werden, ist vom Konzept her der gleiche Fehler, den viele Leute begehen, wenn sie mit dem Nashorn-Angriff konfrontiert werden. Insbesondere der, daß sie eine Kraft wahrnehmen, die gegen sie angewendet wird, und versuchen, diese Kraft mit ihrer Kraft zu kontern. Sie sehen, wie jemand auf sie zustürzt, um sie von ihren Füßen zu holen, also versuchen sie, sich selbst im Boden zu verankern, um dieser Kraft entgegenzuwirken. Wenn jemand die Arme seines Angreifers um seinen Hals oder seine Taille spürt, neigt er dazu, diese Arme zu bekämpfen. Manchmal mag dies funktionieren, falls Du stärker bist als der Typ, der Dich hält. Aber ich habe beobachtet, daß es normalerweise die größeren, stärkeren Typen sind, die diese Hal-
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Hier haben wir den Angreifer von hinten herankommend mit einer Umklammerung von hinten. Dies passiert in echten Schlachten. Es gibt zwei Gründe dafür, warum eine Person einen solchen Griff anwenden wird: um Dich für einen Angriff seines Kumpels festzuhalten oder einfach nur, weil sie es nicht besser weiß. Falls er Dich festhält, damit sein Komplize angreifen kann, dann mag ein Vorwärtstritt gerechtfertigt sein, weil er sofort ausgeführt werden kann und der Typ, der Dich festhält, Dich tatsächlich noch für den Tritt stabilisiert. Übe dies, damit Du die richtige Distanz findest, da man häufig dazu neigt, den zweiten Angreifer zu treten, wenn er ein wenig zu weit weg ist. Experimentiere auch mit dem geschnappten Vorwärtstritt unter das Kinn. Dies ist ein hoher Tritt, aber falls Du übst und der erste Typ Dich auf diese Weise abstützt, dann mag die Anwendung eines hohen Tritts in einem echten Kampf gerechtfertigt sein.
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tegriffe einsetzen. Sie neigen dazu, sich auf ihre überlegene Kraft zu verlassen, und jemand in einen Haltegriff zu bringen ist ihre Methode, um diese Kraft in dem Konflikt anzuwenden.
Nahaufnahme des Kopfstoßes nach hinten. Wirf den Kopf nach vorne, dann schnapp mit ihm nach hinten.
BEFREIUNG AUS DER UMKLAMMERUNG VON HINTEN Obwohl die Technik, die ich hier beschreibe, wirksam ist gegen eine Umklammerung von hinten, kann sie ebenfalls eingesetzt werden gegen den Halbnelson. Betrachte die Fotos auf den Seiten 136-139. In dem ersten Bild sehen wir, wie die Umklammerung von hinten angesetzt worden ist und dabei die Arme des Verteidigers bindet (Falls die Umklammerung nicht Deine Arme einklemmt und der Typ Dich nur um die Taille festhält, dann hast Du es wirklich mit einem Trottel zu tun, der kurz davor steht, hart auf dem Boden aufzuschlagen.). Die erste Sache, die zu tun ist, ist die, Deine Beine leicht zu beugen und eine halbe Pferdestellung einzunehmen, um Dich selbst zu stabilisieren, um nicht zu Boden geworfen zu werden. Im selben Moment führst Du einen Kopfstoß nach hinten aus. Der Kopfstoß nach hinten ist nichts weiter als Deinen Kopf nach vorne zu werfen und dann gegen den Typ nach hinten zu schnappen, in der Hoffnung, auf seiner Nase oder irgendwo in seinem Gesicht aufzuschlagen (siehe das zweite Foto oben auf Seite 137). Glaub mir, in den meisten Fällen wird er es. Die Rückseite Deines Kopfes ist massiver Schädelknochen; dem Typ sein Gesicht besteht aus weicherem Gewebe und schwächeren Knochen. Dies bedeutet, daß Du einen echten K.o.-Schlag landen kannst, mit geringer Gefahr dafür, Deinen eigenen Kopf zu verletzten. Wiederhole diesen Stoß so oft wie Du es für nötig hältst, mit ihm zu treffen. Ich hatte Holzköpfe, die damit fortfuhren, mich festzuhalten, während ich ihnen zwei- oder dreimal in ihr
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Der Verteidiger bringt sein linkes Bein hinter das rechte seines Angreifers. Wenn es richtig gemacht wird, erfordert es kein wirkliches Gegenankämpfen gegen den Griff oder die Kraft des Gegners. Er greift gleichzeitig das Bein in der Kniekehle; die eigenen Knie sind zur Vorbereitung auf den Wurf leicht gebeugt.
Gesicht knallte. Zu dem Zeitpunkt waren sie stehend K.o., und alles andere neigte danach dazu, wirklich reibungslos abzulaufen. Auf dem dritten Foto hat sich der Verteidiger ein wenig absinken lassen und trat mit seinem eigenen linken Bein hinter das rechte Bein seines Angreifers. Du kannst
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auch hinter das linke gehen; ich fühle mich einfach am wohlsten hinter dem rechten Bein.
Der Verteidiger richtet sich in solch einer Art und Weise auf, daß der Wurf eher durch die Kraft seiner Beine erledigt wird als durch seine Armkraft allein. Dies wird gemacht im Sinne von „den Fuß des Angreifers in den Himmel zu werfen". Es sollte in einer brutalen, schnappenden Art und Weise gemacht werden. Der Angreifer wird höchstwahrscheinlich seinen Griff lösen, um seinen Sturz abzufangen. Falls er seinen Griff nicht löst und sich statt dessen an Dir festhält, um stehenzubleiben, versuche, den „Taucher" einzusetzen, indem Du ihn nach rückwärts trägst und ihn in einen ausreichend festen Gegenstand krachen läßt. Falls Dein Gegner zu stark oder zu schwer für Dich ist, um diese Technik zu erlauben, dann wirf Dein gesamtes Körpergewicht rückwärts, fall mit ihm zu Boden und auf ihn drauf. Setze nach dem Aufschlag am Boden sofort einen Kopfstoß nach hinten ein während Du Dich befreist. Dann spring auf, um eine Bodenringkampfsituation zu vermeiden.
Beachte, daß zu keinem Zeitpunkt der Griff des Typs gesprengt oder auch nur ansatzweise dagegen angegangen wird. Dies bedeutet nicht nur, daß es ihm nicht viel hilft, stärker als Du zu sein, sondern während Du diese Bewegungen ausführst, hat er Dich noch immer im Griff und fühlt, daß er grundsätzlich die Kontrolle über die Lage hat. Er mag Dich ein wenig fester umklammern, aber andernfalls ist das alles, was er tut. Er wird nichts tun, was Deinem Konter und Deinem Wurf in die Quere kommt. Beachte den Griff, den der Verteidiger hinter dem Knie des Angreifers benutzt. Du kannst mit anderen Griffen und verhakten Fingern experimentieren. Der Plan ist, einen Griff zu haben, der nicht durch die Kraft Deines Wurfes aufbrechen wird. Der Verteidiger beugt seine Knie, um sich selbst absinken zu lassen. Er hält seinen Griff fest, während er sich teilweise aufrichtet, dabei eher die Kraft seiner Beine als die seiner Arme einsetzend. Der Fuß des Angreifers wird vom Boden gehoben (viertes Foto), und die Technik wird mit einem heftigen Hochreißen des Beines 139
abgeschlossen, was den Angreifer rückwärts fallen läßt. Du magst Dich aus dem Haltegriff herauswinden müssen, während Du den Typ wirfst. In den meisten Fällen wird dies nicht erforderlich sein, da er seinen Griff lösen wird, um seinen Sturz abzufangen. Selten hatte ich einen Typ sich festhalten gehabt, während sein Bein hochgeworfen wurde. Falls es doch passiert, ist es am besten, sich einfach mit ihm nach hinten fallen zu lassen, während Du versuchst, ihn mit Deinem Hinterkopf in seinem Gesicht zu treffen, wenn ihr beide auf dem Boden auftrefft. Denk daran, daß er zuerst auftreffen und eine Menge des Aufschlags Deines Falls absorbieren wird. Außerdem wählst Du den Augenblick des Sturzes und bist viel besser als er darauf vorbereitet, den Aufschlag aufzufangen. Falls Du mit ihm auf diese Weise zu Boden gehen mußt, sind der Ellenbogenschlag nach hinten zum Gesicht oder die Hammerfaust zum Solarplexus oder Unterleib natürliche Folgeschläge. Jeder Schlag, den Du ausführst, wird in dem Augenblick, nach dem Du auf den Boden triffst geschlagen und wird einfach ausgeführt, um Deinen Gegner zu betäuben, damit er nicht als erster wieder aufspringen kann. Beweg Dich schnell, um ihn daran zu hindern, mit Dir von hinten zu ringen. Übe auf einer Matte mit einem Trainingspartner und gewöhn Dich an das Timing des Aufpralls und Deiner Körperposition im Verhältnis zu der Deines Gegners, nach dem Du auf den Boden aufgetroffen bist.
Hier sehen wir grundsätzlich die selbe Verteidigung gegen den Schwitzkasten. Der Verteidiger führt einen geschnappten Handkantenschlag gegen den gegnerischen Unterleib aus. Falls Du in einen Schwitzkasten (oder Halbnelson) gebracht wirst, sei Dir darüber bewußt, daß der Angreifer Dir fast immer einen guten Schlag zu seinem Unterleib anbietet. Der Unterleibschlag gibt ihm etwas anderes zum Nachdenken, während Du an sein Bein gehst und den Wurf vorbereitest. Du mußt diese beiden Bewegungen zu einer fließenden, fortlaufenden Bewegung machen. Schrei, während Du Dich bewegst und zuschlägst; es mag Deinen Gegner verwirren und ihn sich verkrampfen lassen.
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Erneut „wirfst Du seinen Fuß zum Himmel". Beachte den im Vergleich zu dem vorherigen Beispiel unterschiedlichen Griff, den der Verteidiger hinter dem Bein des Angreifers auf diesem Foto benutzt. Experimentiere mit beiden, um zu sehen, welcher am besten für Dich funktioniert.
In einigen sehr extremen Fällen, in denen der Typ ganz besonders zäh und groß war und nicht umfiel, als ich sein Bein wegzog, ließ ich ihn ein wenig rückwärts laufen (ihn dabei tatsächlich tragend), bevor ich mich selbst nach hinten umwarf und seinen Sturz verursachte. Auf hartem Boden kann diese Technik verheerend sein. Der menschliche Kopf ist schwer, sieben Kilogramm oder mehr, abhängig von der Größe des Individuums. Das Gewicht neigt dazu, dem Kopf eine Massenträgheit zu geben, gegen die die Nackenmuskeln nicht ankommen können, wenn die Schultern fest und mit Schwung auf den Boden auftreffen. Das Ergebnis davon ist, daß der Kopf nach hinten schleudert und sehr hart auf dem Boden aufschlägt. Sei Dir bewußt darüber, daß dies tödlich sein kann, falls es auf einem sehr harten Untergrund wie z.B. auf Beton passiert. Jede Technik kann schief gehen, aber diese Befreiung ist wirklich so unkompliziert, daß sie in den meisten Fällen Deinen Mann zu Boden bringen wird, falls Du Deinen kühlen Kopf behältst und direkt in sie hineingehst. Behalte im Kopf, daß Du das Hochheben mit den kraftvolleren Muskeln Deiner Beine und nicht mit Armkraft allein ausführst. Sollte Dich Dein Angreifer zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem Wurf loslassen, setze die Technik ohne irgend ein Zögern fort. Läßt er erst einmal los, bist Du in größerer Gefahr, weil er jetzt seine Hände einsetzen kann, um Dich zu schlagen. Falls Du sein Bein losläßt, bevor der Wurf beendet ist und seine Hände sich gelöst haben, während Du vornübergebeugt bist, um nach seinem Bein zu greifen, dann schnapp hoch mit einem krachenden Kopfstoß nach hinten zu seinem Gesicht. Beachte das Foto, in dem der Verteidiger gerade das Bein gesichert hat. Falls der Typ an diesem Punkt losläßt, untersuche, warum er verwundbar sein würde durch
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diesen Kopfstoß nach hinten, falls Du sofort darauf reagierst, wenn Du fühlst, daß sich seine Hände lösen. Beweg Dich zuerst langsam während des Trainings, insbesondere mit dem Kopfstoß nach hinten, da dieser Schlag eher schwierig zu kontrollieren ist. Experimentiere mit Schlägen nach hinten zum Unterleib und mit Ellenbogenstößen nach hinten zur Kehle wenn Du den Ablauf dieser Befreiung studierst. Untersuche ebenfalls, wie das Ergreifen des Gürtels des Typs in seinem Rücken als eine Unterstützung benutzt werden kann, um dem Wurf zur Wirkung zu verhelfen, sollte Dein Beinanheben fehlschlagen. Falls dies geschieht, mußt Du Dein gesamtes Körpergewicht hineinwerfen und mit ihm zu Boden gehen. Viele Kampfkunstlehrer werden Dir auch sagen, hart auf den Fuß des Typs zu stampfen, sobald er Dich ergreift. Dies ist fein, aber ich habe es selten gemacht. Ich gehe direkt zum Kopfstoß nach hinten über. MIT DEM ERFASSEN FERTIGWERDEN Leute werden versuchen, Dein Handgelenk, Deinen Kragen oder nahezu alles andere zu erfassen. Manchmal ist dies dazu gedacht, um ihr Ziel (Dich) zu stabilisieren, bevor sie zuschlagen. Dies kann sich überraschend schnell ereignen. Mein einziges Problem mit dem Umgang damit ist die Unschlüssigkeit darüber gewesen, welche Stufe der Antwort in dem Augenblick benötigt wird, in dem es sich ereignet hat. Der Typ könnte mich erfassen, um ein Messer in mich hineinzustechen. Andererseits könnte er bloß ein Betrunkener sein, der sich dämlich benimmt. Wenn Du im Rausschmeißergeschäft bist, kannst Du nicht einfach mit einer Serie von Schlägen mit vollem Krafteinsatz auf Leute einschlagen, bloß weil sie Dich berühren. Dies war ein echtes Problem für mich, denn es neigte dazu, meinen „einen Geist", oder Mushien, zu verwirren und dadurch eine Barriere zwischen meine Absicht und meine Aktionen zu plazieren, weil ich nicht sicher war, welche Aktion angemessen war. Im allgemeinen bist Du allerdings am sichersten, wenn Du dem Typ sofort eins verpaßt, falls er Dich ergreift. Es mag hier einige rechtliche Verantwortlichkeit geben, aber wenn es zu einem Notwehrfall kommt, denk daran, den Cops (oder dem Richter, falls es eine „Körperverletzungsanklage" ist) etwas zu sagen wie: „Ich wußte nicht, was er damit vorhatte, mich auf diese Weise zu ergreifen. Ich konnte nicht erst abwarten und sehen, ob er vorhatte, ein Messer in mich hineinzustechen!" Dies erinnert mich an einen weiteren Fall, den ich hatte (Bleibt am Ball für weitere Abschweifungen vom derzeitigen Thema.). Dieser große Typ, er war vielleicht 1,90 m, aber nicht wirklich schwer, vielleicht 100 kg, ergriff mich von meinem toten Winkel aus. Zu dem Zeitpunkt spielte ich außerhalb dieser Kneipe Friedensstifter und versuchte, meinen Kumpel von einem möglichen Kampf mit einem anderen Typ wegzuziehen. Ich war überrascht, als mich dieser Typ ergriff, weil ich ihn bis dahin noch nicht gesehen hatte. Ich drückte seine Hand sofort mit meiner Linken an meinem Körper fest, während ich ihm einen vertikalen Faustschlag zur Nase, einen Handkantenschlag zur Halsseite und einen Rückfaustsschlag verpaßte, als er sich wegdrehte. Alles waren gute, feste Schläge, und ich erinnere mich daran, tatsächlich Kiais geschrien zu haben, während ich den Typ traf.
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Es war gewissermaßen komisch wenn ich daran zurückdenke, aber zum größten Teil macht es mich sauer, denn denk mal, was dieser Schleimbeutel tat, nachdem ich ihm ein paar verpaßt habe? Er rennt zu einem Streifenwagen herüber, der gerade vor der Kneipe angehalten hatte, zweifelsohne von den Türstehern des Ladens gerufen wegen der Schlacht, die zwischen meinem Kumpel und diesem anderen Typ am Kochen zu sein schien (das Auftauchen der Männer des Gesetzes war von meiner Wenigkeit absolut erwartet worden, was der Grund dafür war, warum ich von vornherein versucht hatte, meinen Kumpel und mich von dort wegzubringen.). Der Typ, den ich getroffen hatte, schrie den Cops zu: „Hilfe! Hilfe! Er versucht, mich umzubringen!" Alles, was ich tun konnte, war, mich zurückzuhalten davor, diesen untermenschlichen Abschaum zu erledigen. Ich wurde von den Cops aufs Revier gebracht, aber schließlich mit einer Strafe wegen eines Vergehens laufengelassen. Es ist bemerkenswert, wie manche Typen so verdammt hart tun, bis Du ein bißchen von ihrem Blut verspritzt. Dann werden sie ganz plötzlich zum Opfer. Okay, zurück zum Thema, wie man mit einem Erfassen umgeht. Sollte es Dir widerstreben, dem Typ sofort eins zu verpassen, geh zumindest mit einem Schritt in ihn hinein und schieß Deine Hand zu seiner freien Schulter ab (die Schulter des Arms, der Dich nicht festhält). Von hier wird der Schlag kommen, falls das seine Absicht ist. Zieh zur gleichen Zeit Deinen Kopf weg, wodurch Du vermeiden solltest, einen Schlag mit voller Kraft einzustecken, sollte er einen solchen loslassen. Jetzt hör mir sehr genau zu. Einige Leute werden versuchen, ein Messer in Dich hineinzustechen. Sie werden ihr Messer nicht zeigen, bevor sie es Dir in Deine Eingeweide stechen. Nimm deshalb sofort war, ob seine freie Hand hoch oder tief gehalten wird. Falls sie oben ist, kannst Du nicht nur vielleicht sehen, ob er eine Klinge hat, sondern es ist tatsächlich nicht sehr wahrscheinlich, daß er eine hat, weil echte Messerstecher einen Angriff von oben nicht sehr häufig einsetzen. Aber falls er Dich erfaßt und seine Hand niedrig hält, unterhalb Deines Sichtfelds, könnte dies ein Messerangriff sein. Du mußt heruntergreifen zu seinem herankommenden Handgelenk, während Du Deinen Körper wegdrehst. Hoffentlich wird dies seine Hand abfangen, bevor er eine Klinge in Dich hineinbringt. Diese Bewegung kann Duden Sekundenbruchteil geben, um zu sehen, ob Du in einem Messerkampf bist oder nicht. Man hat mehrfach Messer gegen mich gezogen, und ich bin dreimal mit Messern angegriffen worden. Obwohl Messerabwehren über den Rahmen dieses Buches hinausgehen, dachte ich, daß ich diese hier einbringen sollte. Denk daran, daß Messerstecher oftmals mit einem Stich von unten angreifen und ihre Waffe nicht zeigen, bevor sie sie einsetzen. Erwarte, in einem echten Messerangriff geschnitten zu werden. Eagle 's Alien
Manchmal werden Leute ihre Hände an Dich legen, wenn sie nur versuchen, Dich einzuschüchtern, so wie der Schikanierer auf dem Schulhof, der seine Opfer auf dem Spielplatz herumschubst. Obwohl es nicht wirklich erforderlich sein mag, auf den Bastard einzuschlagen, magst Du wünschen, dies nicht zu tolerieren. Abgesehen davon mag es den Typ dazu ermutigen, weiter zu gehen. Jemand am Kragen zu packen und ihn anzumachen ist eine Form des „heißen Interviews".
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Hier ist eine Technik, die mir vom Amazing Eagle gezeigt worden ist; er nennt sie den Alien. Sie ist wirklich charmant. Der Eagle war immer eher bereit dazu als ich, Probleme zu riskieren, in dem er seine Angreifer nicht sofort erledigte. Er ist außerdem viel erfahrener im Rausschmeißergewerbe als ich, so daß er mehr Techniken zum Kontrollieren von Leuten gelernt hat, ohne auf sie einschlagen zu müssen. Der Alien geht ganz einfach. Wenn der Typ Dich erfaßt, streck einfach Deine Hand aus und verdecke damit seine Augen. Versuch dies bei einem Trainingspartner, aber erzähle ihm nicht, was Du tun wirst, wenn er Dich ergreift. Er wird seinen Griff sofort lösen und von Dir zurückweichen. Es ist fast ein reiner Reflex. Ich habe diese Technik nur einmal im Ernstfall benutzt und der Typ war betrunken, aber dies ist genau das, was er tat. Tatsächlich trat er so unvermittelt zurück, daß er fast hinfiel.
Eagle's Alien ist kein Schlag, sondern es ist ein nützliches Werkzeug für Deine Werkzeugkiste. Es ist eine Methode, um einen Rüpel oder Betrunkenen, der Hand an Dich legt oder beabsichtigt, es zu tun, der aber nicht wirklich eine Bedrohung für Deine Sicherheit darstellt, „zurückweichen" zu lassen. Der Plan ist, dieses Benehmen zu vereiteln, ohne ihn tatsächlich zu verletzen. Wenn Du seine Augen so wie hier blockierst, wird der Typ instinktiv und sofort zurückgehen. Es funktioniert wirklich gut bei Betrunkenen. Diese Technik wurde mir von einem erfahreneren Rausschmeißer, Mike Haynack, beigebracht, andernfalls im Gewerbe besser bekannt als „The Amazing Eagle", eine lebende Legende in seinem Beruf.
BEFREIUNG GEGEN DAS ERFASSEN DES HANDGELENKS Als Homo Sapiens sind wir gesegnet mit einem einzelstehenden Daumen. Dies erlaubt es uns, Gegenstände aufzuheben und sie festzuhalten. Affen haben ebenfalls einen alleinstehenden Daumen. Tatsache ist, daß einige Affenarten tatsächlich einfache Werkzeuge machen und benutzen. Ein Ästchen, glatt abgeschält, wird in ein Ameisenloch eingeführt, um Ameisen herauszuholen, die sich daran festklammern.
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Die Ameisen werden abgewischt und gegessen. All dies wird sowohl möglich gemacht durch den guten, alten beweglichen Daumen, als auch durch ein fortgeschritteneres zentrales Nervensystem. Unsere zentralen Nervensysteme sind sogar noch weiter fortgeschritten als diejenigen der Affen (bei den meisten von uns jedenfalls). Aber wenn jemand das Handgelenk einer Person erfaßt, scheint irgendwie das überlegene menschliche Gehirn überlastet zu sein. Die Person fühlt, wie eine festhaltende Kraft an ihrem Handgelenk eingesetzt wird und versucht, es wegzuziehen. Dies ist ein Ankämpfen gegen eine Kraft und daher nicht der wahre Weg. Du brauchst nicht gegen die gesamte Arm- und Handkraft einer Person anzukämpfen, um den Handgelenkgriff zu brechen. Die einzige Sache, die diesen Griff funktionieren läßt, ist sein Daumen. Du brauchst nur seinen Daumen von seiner Hand zu öffnen, um den Griff zu brechen. Wenn Du Deine Arm-, Hand- und Handgelenkkraft richtig einsetzt, fährst Du all dies gegen die Kraft des gegnerischen Daumens auf. Ich kann Dir sagen, daß selbst Arnold Schwarzeneggers Daumen wahrscheinlich nicht so stark ist wie Arm, Hand und Handgelenk von Dir zusammen. Aber Du mußt sie richtig einsetzen. Ich habe nur ein paar wenige Leute getroffen, die, unabhängig von ihrer Größe, einen Griff an meinem Handgelenk für mehr als eine halbe Sekunde oder so halten konnten. Diejenigen, die es konnten, waren gute Kampfkünstler, Kung Fu-Typen oder Aikidoka, die einfach mit meiner Technik mitgingen und den Daumengriff beibehielten. Du mußt Dir über solche Typen keine Sorgen machen. Du kannst die Technik nur lernen, indem Du sie mit verschiedenen Trainingspartnern übst, die Dein Handgelenk so kraftvoll wie möglich festhalten. Hier ist das Grundkonzept. Anstatt wegzuziehen, stößt Du vorwärts auf Deinen Mann zu, was seine Muskelgruppen anspannt. Dann ziehst Du auf Dich zu und drehst Dein Handgelenk schnell aus seiner Hand heraus, indem Du seinen Daumengriff aufbrichst. Die Bewegung ist gewissermaßen so wie ein enges Drehen Deines Handgelenks. Laß Deinen Trainingspartner Dich zuerst ziemlich lose festhalten, damit Du die Mechanik des Anwendens all Deiner Kraft gegen seinen Daumen allein spüren kannst. Deine Hand wird in einer schnellen Bewegung sein, während Du Dich freibrichst, und immer wenn Deine Hand eine schnelle Bewegung macht, ist dies eine Gelegenheit dafür, diese Bewegung in einen Schlag umzuwandeln. Experimentiere mit diesem Konzept. Der vertikale Faustschlag folgt sehr gut auf diese Handgelenkgriffbefreiung. Wenn Deine Hand sich losreißt, wird sie zu Deinem Körper gezogen, welches ein Ausholen für diesen Schlag sein kann. Darüber hinaus ist die Aufmerksamkeit Deines Angreifers für einen Sekundenbruchteil mit dieser Befreiung beschäftigt. Er hat nur eine klägliche Chance, Deinen vertikalen Faustschlag zu seiner Nase abzublocken, falls er in einer sofortigen und schnappenden Art und Weise ausgeführt wird. Denke an das Konzept des fortgesetzten Angriffs, falls die Situation es erfordert. BEFREIUNG AUS DER UMKLAMMERUNG VON VORNE Jawohl, diese absurde Technik wird tatsächlich in Kneipenkonflikten eingesetzt, insbesondere von wirklich großen Typen. Es scheint so, daß einige Leute so groß
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sind, zumindest im Vergleich zur durchschnittlichen Bevölkerung, mit der sie sich häufig anlegen, daß sie dahin gekommen sind, sich fast ausschließlich auf ihre rohe Kraft zu verlassen. Meistens kommen sie ohne einen richtigen Kampf damit durch, weil sie ihre Opfer einschüchtern, die sich nicht mit ihnen anlegen wollen. Falls Du schlau bist, wirst Du sie ebenfalls nicht anpfeifen, es sei den, um das Interview „fehlschlagen" zu lassen. Was kann dadurch schon gewonnen werden, ausgenommen vielleicht ein Dienst an der Gesellschaft, indem auf den Einschüchterer eingeschlagen wird? Dies kann für Dich jedoch teuer werden, sowohl rechtlich als auch medizinisch gesehen. Wenn ich es mit einigen dieser Typen auszutragen hatte und ihnen ein paar Mal wirklich feste an den Kopf oder ans Kinn oder sonstwohin geballert habe, versuchten sie ausnahmslos die Arme zu umklammern, mit denen sie getroffen wurden. Dies würde eine Ringkampfsituation beginnen, während der ich von solchen Typen vom Boden gehoben wurde. Falls dies geschieht, bist Du nicht wirklich in zu vielen Schwierigkeiten, falls Du Deinen kühlen Kopf behältst. Er kann Dich nicht treffen, wenn er Dich mit beiden Armen festhält. Greife mit beiden Händen um seinen Kopf herum zu beiden Seiten unterhalb seiner Ohren. Dann reiß an seinen Kopf vorwärts, während Du einen Vorwärtskopfstoß in sein Gesicht schmetterst. Wiederhole dies solange wie er Dich festhält. Du kannst Dich auch befreien mit dem doppelten Handschlag mit offenen Handflächen auf beide Ohren, so wie Du es in den Filmen gesehen hast. Dies ist einer dieser Filmkampftricks, die in der Wirklichkeit ziemlich gut funktionieren. Die Hauptgefahr bei diesem Haltegriff ist, daß Du zu Boden geworfen und zusammengetreten wirst. Benutze seinen Körper von Anfang an als Stütze, indem Du Dich wie zuvor beschrieben an seinem Nacken festhältst. Sollten Deine Füße noch auf dem Boden sein oder wenn er Dich gerade für einen Augenblick auf dem Boden abstellt, dann ist dies eine Möglichkeit für einen Kniestoß in den Unterleib. Erwarte nicht, daß der Typ von einem Kniestoß zum Unterleib sich vor Schmerzen krümmend zu Boden fallen wird; in den meisten Fällen wird er es nicht tun. Du mußt die Technik ein paar Mal wiederholen, um freizukommen. In jeder solcher Ringkampfsituation, in der Du dem Typ gegenüberstehst, führe einen Kehlenschlag als eine Art von Reflex aus. Die Reihenfolge der Schläge, die bei der Befreiung gegen ein Würgen von vorne gezeigt wurde (Seiten 45-49), kann ebenfalls bei einer Umklammerung von vorne eingesetzt werden. BEFREIUNG GEGEN EIN WÜRGEN VON HINTEN Mit dem Würgen von hinten ist schwieriger fertigzuwerden als mit dem Würgen von vorne, aber all die gleichen Prinzipien der Verteidigung finden trotzdem Anwendung. Der Kopfstoß nach hinten kommt zuerst. Du magst diesem mit einem Stampftritt folgen; treffe mit der Ferse Deines Fußes auf seinen Spann. Stampftritte zum Fuß sollten einer nach dem anderen ausgeführt werden, weil der Typ seinen Fuß bewegen wird, wenn er getroffen wurde, ihn vielleicht anheben oder drehen wird und daher dem nächsten Tritt eine größere Chance gibt, in einer zerstörerischeren Art und Weise zu treffen. Schrei, wenn Du fortlaufende Fußstampftritte ausführst! Der alte Musashi, dieser unerbittliche Schwertkämpfer des feudalen Japans, schrieb in Das Buch der Fünf Ringe: „Der Schrei ist eine Sache des
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Lebens. Wir schreien gegen das Feuer, gegen den Wind und die Wellen und gegen andere Dinge an. Die Stimme zeigt Energie." Ein Kampfschrei kann auch einen Feind ablenken, genauso wie wenn ein Buch unerwartet auf den Boden fällt, es einen für einen Augenblick erstarren läßt. Ich glaube an den Kiai in tatsächlichen Kämpfen. Ich weiß von einigen fähigen Kämpfern, die es nicht tun (Bruce Lee war anscheinend einer von ihnen), aber was soll's, es hat für mich funktioniert! Ähnlich dem Aufbrechen des Daumengriffes brauchst Du während eines Würgens von hinten nicht gegen die Kraft des ganzen Armes und der Handkraft des Typs anzukämpfen. Versuche, einen einzelnen Finger zu greifen und ihn mit voller Kraft nach hinten zu verrenken. Falls Du Dich damit und mit den Stampftritten und den Kopfstößen nicht befreit haben solltest (obwohl Du es hättest tun sollen) und der Typ Dir noch immer die Luft abdrückt, ist es an der Zeit für andere Maßnahmen. Halte Deinen Daumen etwas ausgestreckt von Deiner geschlossenen Faust und versuche, ein paar Daumenstiche in die gegnerischen Augen auszuführen. Falls Du kannst, greife nach hinten mit Deiner anderen Hand und erfasse seine Haare, um seinen Kopf zu stabilisieren und um Dir eine bessere Vorstellung davon zu geben, wo sich sein Auge befindet. Selbst wenn Du sein Auge verfehlst, sollten die Schläge kraftvoll und brutal ausgeführt werden, so daß Dein Daumennagel sein Gesicht aufschneidet. Eine weitere Vorgehensweise ist, nach hinten zu greifen, Deine Hand hinter seinen Gürtel zu schieben und seine Hoden zu ergreifen. Dies ist nicht der Zeitpunkt, um schüchtern zu sein! Falls die Person enge Jeans trägt, wirst Du nämlich nicht in der Lage sein, durch den Stoff hindurch einen angemessenen Griff an seinen Eiern zu bekommen. Du mußt in seine Hose hineingreifen. Drehe und reiße an seinem Hodensack, während Du einen Kiai ausstößt! Ellenbogenstöße nach hinten zum Kopf und Hals helfen, wenn Dich jemand von hinten festhält oder würgt. Es sind ebenfalls gute Schläge für den Augenblick, in dem Du seinen Griff löst. Ich habe niemals die Augenstiche nach hinten einsetzen müssen, weil die Stampftritte und Kopfstöße immer den Würgegriff gelöst haben. Ich habe den guten alten Hodengriff eingesetzt, aber dies war in einer Ringkampfsituation am Boden. Funktionierte auch ganz reizend. Nachdem ich Judo und Jujutsu ziemlich ausführlich trainiert habe, weiß ich, daß Du ein großes Problem am Hals hast, falls eine Person weiß, wie man einen richtigen Würgegriff von hinten bei Dir anlegt, weil Du nämlich nur ein paar Sekunden zum Entkommen aus dem Haltegriff hast. Echte Würgegriffe drücken nicht so sehr die Luft zu Deinen Lungen ab, sondern sie drücken das Blut zu Deinem Gehirn ab. Dies läßt Dich in Sekunden bewußtlos werden. Glücklicherweise für uns wissen die meisten Leute nicht, wie man einen solchen Würgegriff ansetzt. Die Art von Würgegriffen von hinten, die die meisten Leute gegen mich eingesetzt haben, hat sie sehr gut in Position gebracht für einen klassischen Judo Ippon, einen Vorwärtshüftwurf. Diese Art von Würfen sind im allgemeinen in echten Kämpfen nicht nützlich (solange Du sie nicht gemeistert hast), aber das Würgen von hinten ist eine Ausnahme, weil der Typ Dir praktisch den Wurf angeboten hat. Du kannst diesen Wurf nur von einem fähigen Judolehrer lernen (die meisten, aber nicht unbedingt alle, sind Japaner), also werde ich hier nicht versuchen, weiter auf ihn einzugehen.
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Das einzige Mal, daß dieser Wurf für mich nicht funktionierte, war, weil der Typ meinen Kopf kraftvoll nach hinten gezogen hatte, als er den Würgegriff ansetzte. Dies machte den Wurf unmöglich. Aber das fundamentale Judokonzept des „drücken, wenn man gezogen wird" kam direkt in meinen Kopf. Ich schob rückwärts mit der Kraft meiner Beine, was uns beide geradewegs nach hinten und in die Wand hinein schob. Er hatte seinen Haltegriff trotzdem noch immer nicht gelöst (zu meiner großen Enttäuschung, möchte ich Dir sagen). Glücklicherweise bekam ich Hilfe von einem anderen Türsteher, bevor sein Würgegriff mich bewußtlos gehen lassen konnte. Was zum Teufel soll's, der Typ war enorm groß. Manchmal lassen einem sein Training und Erfahrung bestimmte Realitäten so sehr in Fleisch und Blut übergehen und offensichtlich erscheinen, daß man dazu neigt, ihre Bedeutung zu vergessen oder zumindest zu vergessen, daß nicht jedermann dieses Wissen teilt. Die Tatsache, daß mein Befreiungsversuch von diesem Conantyp im Iron Blossom Saloon fehlschlug, ruft diese Erinnerung hervor. Ein Mister Porche lenkte kürzlich meine Aufmerksamkeit mit einem Leserbrief, den er bezüglich meiner Trainingsvideos schrieb, auf diese Tatsache. Er sagte: „Ich habe jetzt erkannt, daß es in realen Situationen keine Garantien gibt." Dies ist ziemlich richtig. Wie ich zu Anfang gesagt habe: Jeder kann fertiggemacht werden. DER GRUNDLEGENDE WURF: USOTO GARI Ich trainierte Judo über mehrere Jahre. Judo ist der Sport des Werfens Deines Gegners unter Verwendung der Hüfthebels. Es basiert stark auf dem Erfassen des Judo Gi, um einen Griff an Deinem Mann zu bekommen. In der Tat wird der Wettkampf grundsätzlich ausgetragen, indem beide Judoka sich gegenseitig am Revers halten und sich herumbewegen, wobei sie versuchen, eine Öffnung für einen Wurf zu erzwingen. Judowürfe werden mit der Kraft der Beine ausgeführt. Die Hüfte wird als Drehpunkt eingesetzt. Der Judoka dreht sich sofort herum und stößt seine Hüfte in seinen Gegner. Befindet sich der Gegner erst einmal kurzfristig auf dem Drehpunkt der Hüfte, werden die Knie durchgedrückt, die gegnerischen Füße verlassen den Boden und er wird geworfen. Fast alle diese Würfe schließen ein, Deinem Gegner in dem Augenblick des Wurfes Deinen Rücken zuzuwenden. Dies ist etwas, das Du in einem echten Kampf nicht riskieren möchtest, solange Du nicht ein 1A-Judoka bist. Obwohl ich Judoleute getroffen habe, von denen ich glaube, daß sie nahezu jeden unter nahezu allen Angriffsumständen werfen könnten (Meister Yoshishada Yonezuka war einer davon), finde ich, daß die Haupthüftwürfe des Kanostil-Judo für die meisten Leute in echten Kämpfen nicht direkt anwendbar sind. Da ich gerade beim Thema formales Judotraining bin, werde ich sagen, daß Judo eine grundlegende Kampfkunst ist, die Du trainieren solltest. All diese RandoriArbeit schleift wirklich in Dich ein, die leichten Verlagerungen von Bewegung und Gleichgewicht wahrzunehmen, die sich in einer stehenden Ringkampfsituation während eines tatsächlichen Kampfes abspielen. Dies ist der wichtige Sinn des Timings, das Du brauchen wirst, um die einfachen Würfe und Herumdreher in einem echten Kampf funktionieren zu lassen. Judotraining ist ein sehr guter Weg, um diesen Wahrnehmungssinn zu entwickeln. Es ist außerdem körperlich ziemlich
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fordernd und wird Dir die notwendigen Fertigkeiten beibringen, um einen Sturz mit minimalen (oder keinen) Verletzungen hinzunehmen. Der einfache Judobeinwurf, den ich viele Male in echten Kämpfen eingesetzt habe, wird Usoto gari genannt. Er wird ausgeführt, während Du Deinem Gegner gegenüberstehst, und er ist kaum mehr als sein Bein unter ihm wegzuhauen, indem Du mit Deinem hinter seins schlägst, während Du seinen Oberkörper mit Deiner Hand verrenkst. Dies führt dazu, daß er hart rückwärts fällt.
Usoto gari ist ein einfacher Beinwurf aus der Kunst des Judo. Er funktioniert gut in tatsächlichen Kampfsituationen und wird hier in der klassischen Weise dargestellt. Dieser Wurf kann Deinen Gegner sehr hart fallen lassen. Auf der ersten Zeichnung ringen die Gegner miteinander. Beachte, daß jeder den anderen mit einer Hand an dem Ellenbogen hält und die andere Hand am Revers ist. Falls Dein Angreifer ein T-Shirt trägt und es da kein Revers zum Festhalten gibt, dann greif mit einer Hand um seinen Nacken herum und mit der anderen an die Innenseite des Ellenbogens.
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Wenn Du die Kleidung des Typs erfaßt, lerne, eine sofortige drehende Bewegung mit Deinen Händen zu machen, die sofort all das Lockersein aus seiner Kleidung nimmt. Dies wird getan, um Deinen Griff fest zu machen und Deine Kraft direkt auf seinen Körper zu übertragen. Tritt an Deinem Mann mit Deinem sichelnden Bein vorbei, so daß Dein Körpergewicht sich hinter ihm befindet. Dann peitsche Dein Bein hinter sein Knie und schlag sein Bein unter ihm weg. Weiterhin versuche, mit Deiner Schulter zur gleichen Zeit in seine zu krachen, in der Dein Bein in seine Kniekehle trifft. Dies ist ein kraftvoller Schlag. Dein Kopf sollte sich beim Aufschlag hinter seine Schulter lehnen.
Zieh seinen Ellenbogen schnell herunter, während Du seine gegenüberliegende Schulter hochreißt. Dies ist eine drehende Bewegung, die das Körpergewicht Deines Gegners vollkommen auf das Bein verlagert, daß Du unter ihm wegfegen wirst. Versuche, mit Deinem Standbein an Deinem Mann vorbei zu gehen.
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Du mußt das Timing richtig machen. Manchmal mußt Du den Typ vor dem Wurf vor- und zurückschaukeln und dabei sein Gewicht von dem einen auf das andere Bein verlagern. Du führst das Fegen genau dann aus, wenn sein Gewicht gerade von dem Bein wegkommt, aber dies bedeutet, daß Du die Bewegung gerade beginnen mußt, bevor sich die Gewichtsverlagerung ereignet. Dies erfordert Wahrnehmungsvermögen.
Du mußt die Kniekehle des gegnerischen Beines mit ausreichender Kraft treffen, um es unter ihm wegzuschlagen. Dies wird dadurch erreicht, daß Du Dein gesamtes Körpergewicht in ihn hineinwirfst. Deinen Kopf solltest Du tiefer als seinen nehmen, während Du Dein Körpergewicht über das Bein hinauswirfst, das Du wegfegst.
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Dies ist eine der wenigen Techniken, bei der man voll mit hineingeht. Falls Du mit ihm zu Boden gehst, ist das wirklich nicht so schlimm. Du wirst auf ihm drauf sein, und sein Körper wird den Aufschlag des Sturzes abfangen. Wenn Du auf den Boden triffst, starte mit einem fortlaufenden Angriff mit einem Hammerschlag zur Nase oder welcher Schlag auch sonst immer auf natürliche Art und Weise folgt.
Der Wurf wird erzielt, wenn Du sein Bein wegschlägst. Du mußt voll in diesen Wurf hineingehen. Selbst wenn er fehlschlägt, läßt er Dich nicht allzu verwundbar für einen Gegenangriff sein. Der volle Einsatz Deines Körpergewichts kann dazu führen, daß Du mit Deinem Gegner fällst. Folglich mußt Du die Technik mit einem Trainingspartner auf einer Matte üben, nachdem ihr beide gelernt habt, wie man einen Fall abfängt. Übung wird es Dir erlauben, ihn zu werfen und dabei auf Deinen Füßen zu bleiben.
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Klassisches Judotraining wird Dir diesen Wurf in einer Art und Weise beibringen, die wirkungsvoll für eine tatsächliche Schlacht verallgemeinert werden kann. Beachte, daß auf dieser Zeichnung der gegnerische Arm festgehalten wird. Dies ermöglicht eine taktische Kontrolle durch schmerzhafte Arm- und Handgelenkhebel. Die Alternative dazu ist, den Arm nur gerade lange genug festzuhalten, um einen unangenehmen Sturz sicherzustellen und dann loszulassen, damit der Körper mit maximaler Geschwindigkeit aufschlägt.
Falls Du an ihm vorbeikommst und Dein Bein trifft, er aber nicht zu Boden geht, dann wirf all Dein Körpergewicht hinter ihn und wirf Dich selbst mit zu Boden, wobei Dein volles Gewicht in ihn und hinter seinen Schwerpunkt hineinstürzt. Solange er nicht sehr viel schwerer ist als Du oder klein und stämmig ist, wird er zu Boden gehen. In jedem Fall bist Du zu nah und zu weit hinter ihm, um sofort geschlagen oder getreten zu werden, sollte die Technik fehlschlagen. Als Verstärkung für den Fall, daß er einfach nicht fallen will, gehe zu einem horizontalen Ellenbogenstoß zur Kehle über. Der Kehlenschlag mit der offen Hand ist ebenfalls gut. Nach dem Aufschlag versuche den Wurf sofort noch einmal. Diese Technik hat für mich fast jedesmal funktioniert, ohne einen zweiten Versuch oder irgendeine der oben erwähnten Verstärkungsmanöver einzusetzen. Aber ich trainierte diese Technik in Judoklassen über viele Jahre, und es war mein Lieblingswurf in sportlichen Wettkämpfen. DER KOPF- UND ELLENBOGENDREHER Ich glaube, es war der Eagle persönlich, der gesagt hat: „Da, wo der Ellenbogen hinzeigt, folgt der Mann hinterher." Die Technik, von der ich erzählen werde, ist eine sehr grundlegende Ringertechnik. Behalte im Kopf, daß die meisten Kämpfe mit einer Form des Ringens enden. Ich 153
weiß nicht, ob ich dies in einem Buch rüberbringen kann, aber die Beschreibung mag Dir helfen, das Prinzip zu entdecken, wenn Du mit einem Trainingspartner trainierst. Plaziere Deine Hand am Genick Deines Trainingspartners und Deine andere Hand an der Innenseite seines Ellenbogens. Ziehe langsam seinen Kopf vorwärts, während Du seinen Ellenbogen nach hinten drückst. Deine Hände sollten der Außenbahn eines Kreises folgen. Sein Kopf ist der Mittelpunkt des Kreises, und sein Arm wird am Anfang der Bewegung um diesen Mittelpunkt geführt. Du bewegst seinen Kopf auf Dich zu, während sein Arm zurückgedrückt wird. Hast Du ihn erst einmal in Bewegung versetzt, wird der Kopf nach unten gedrückt, während sein Arm nach oben schießt. Im Augenblick sprechen wir nur über die Hebelverhältnisse der Technik. Wie Du all dies in einer dynamischen Situation geschehen läßt, ist eine Frage der Wahrnehmung der gegnerischen Bewegung, kombiniert mit richtigem Timing und entschlossener Aktion Deinerseits. All dies hängt übrigens in erster Linie weit mehr ab von richtiger Kampfeinstellung als dem Kennen der Technik selbst. Ich habe diesen Dreher häufig genug eingesetzt, um zu wissen, daß es eine wertvolle Technik ist, sobald sie erst einmal bis zu einem gewissen Grad gemeistert wird. Ich habe meistens eher das Handgelenk als den Ellenbogen benutzt. Dies erlaubt eine größere Hebelkraft. Manchmal allerdings stellte ich zuerst den Kontakt mit dem Ellenbogen her und ließ dann meine Hand herunter zum Handgelenk gleiten, als sich die Sache in Bewegung setzte. Aikidoka haben diese Grundtechnik zu einer Handvoll von Kerntechniken ihrer Kunst verfeinert. Eine Aikido- oder Aikijutsu-Person kann sie Dir zeigen. Sie mögen einige Ausschmückungen oder eine spezielle Form dafür haben, aber grundsätzlich ist es nur ein Herumdreher. Behalte dieses Konzept im Kopf. Wenn sich etwas dreht, gibt es eine Achse, um die es sich dreht. Im Zentrum gibt es nicht viel Bewegung. Zu Anfang ist Dein Gegner in diesem Zentrum, da Du ihn in Bewegung zu versetzen hast. Daher beginnst Du die Bewegung, indem Du Dich um ihn herumbewegst, wobei Du ihn aus dem Gleichgewicht ziehst. Sobald er sich dann ein bißchen bewegt, wirst Du zum Mittelpunkt der Kreises, während Du ihn um die Kreisaußenbahn herumdrehst. An diesem Punkt ist Deine Bewegung im Zentrum gering, aber seine ist groß, während er sich um die Außenseite des Kreises herumbewegt. Es ist leicht für Dich, Dein Gleichgewicht zu halten, aber er muß seinem folgen. Dies hält ihn in Bewegung. In der realen Welt hängt diese Technik auch von von etwas Drehmoment ab. Benutze Deine Beine, um Dich vorwärts zu bewegen, während Deine Hände seinen Kopf in Dich hinein ziehen und seinen Arm (an Ellenbogen oder Handgelenk; sie sind sowieso miteinander verbunden) in einer aufwärtsführenden Richtung wegstoßen. Du erlernst diese Technik, indem Du sie an Deinem Trainingspartner ausprobierst. Aber sei entsprechend vorsichtig und mach es anfangs langsam. Experimentiere mit Handpositionen hinter dem Nacken und an Handgelenk, Arm und Ellenbogen. Denk daran, daß Du nicht still stehst, sondern Deinen ganzen Körper flott um das Zentrum des Kreises bewegst. Hast Du ihn erst einmal um den Kreis herum in Bewegung gebracht, gibt es eine Anzahl von Punkten, von denen aus Du seinen Schwung indirekt umlenken kannst. Dies erlaubt es Dir, Deinen Gegner in einen passenden Gegenstand zu lenken, wenn
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Du ihn losläßt. Alternativ dazu kann dieser Herumdreher eine kurze und knappe Angelegenheit sein, bei der der Kopf des Typs gegen die Kante der Theke oder gegen ein anderes festes Objekt geführt wird. In diesem Fall läßt Du ihn nicht los. Gehe zurück zu den Fotos auf den Seiten 47-49. Hier folgt der Dreher dem Ellenbogenschlag zur Seite des gegnerischen Halses. Dies ist ebenfalls ein Beispiel für Sparsamkeit der Bewegung. Deine Hand ist bereits dort oben, also setze sie wirkungsvoll ein. Beachte, daß in dieser Bildfolge die linke Hand des Verteidigers niemals das rechte Handgelenk des Angreifers verläßt. Da es dort keinen netten Kneipentresen gibt, manipuliert der Verteidiger den gegnerischen Schwung in einen aufwärtsgerichteten Kniestoß hinein. Es gibt jede Menge nützlicher Variationen für diese Technik. Die meisten davon hängen davon ab, wie groß der Kreis ist, den Du beim Drehen einsetzen kannst und ob und wann Du den Typ fliegen läßt. Experimentiere in Deinem Training damit. DER TAUCHER Die paar Male, in denen ich diese Technik in wirklichen Auseinandersetzungen eingesetzt habe, fand ich, daß es eine herzerwärmende Erfahrung war. Ich glaube, dies ist die Psychologie, in die der Aikidoka hineingezogen wird. Wiederum ist die Technik, die ich hier grob beschreiben werde, eine Anwendung von Körpermechanik und Kinetik, die die Kunst des Aikido zu ihrer reinen Essenz feingeschliffen hat (Sei gewarnt: Wenn eine Technik zu ihrem „reinen Kern" verfeinert worden ist, ist da nicht mehr viel übrig. Daher muß sie nahezu perfekt ausgeführt werden, um richtig zu funktionieren.). Ehrlich gesagt finde ich, so wie schon der Darsteller in El Topo sagte, daß „zu viel Perfektion ein Fehler ist". Deshalb bleibe ich immer bei ein wenig Anwendung von Kraft, um eine Technik funktionieren zu lassen. Ich glaube, dies erlaubt es mir, mitten in einer realen Ausführung die kleinen Fehler bei Handposition, Gleichgewicht usw. auszugleichen. Andererseits weiß ich, daß diese Technik, genauso wie das vorher beschriebene Herumdrehen, so sauber ausgeführt werden kann, daß buchstäblich überhaupt keine Kraft oder Anstrengung benötigt wird. Dies ist das Ziel des Aikidoka. Für den wahren Aikidomann ist dies verbunden in einer spirituellen Idee von der „Harmonie des Universums", welche die Grundlage der Kunst bildet. Ich habe kein Problem mit all dem. Es ist nur so, daß ich nicht bereit bin, mein Leben darauf zu verwetten. Die Technik, die ich den „Taucher" nenne, ist eine einfache Anwendung des Prinzips der Massenträgheit. Trägheit ist das physikalische Konzept, das besagt, daß ein Körper im Ruhezustand dazu neigt, im Ruhezustand zu bleiben, solange keine äußere Kraft auf ihn einwirkt, und das ein Körper in Bewegung dazu neigt, in Bewegung zu bleiben, solange keine äußere Kraft auf ihn einwirkt. Die Schwerkraft ist die äußere Kraft auf unserem Planeten. Sie ist der Grund dafür, warum Dein Auto anfängt, langsamer zu werden, nachdem Du Deinen Fuß vom Gaspedal genommen hast (Reibung ist nur ein weiterer Ausdruck für Schwerkraft). Hast Du erst einmal etwas, das ein Gewicht (Masse) besitzt, in Bewegung versetzt, braucht die Schwerkraft ein wenig Zeit, um diese Bewegung anzuhalten. Denk daran, einen schweren Tresor oder ein Piano auf Rollen zu bewegen. Es mag eine echte Schinderei sein, das Mistding zum Rollen zu bringen, aber hast Du es erst einmal
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geschafft, liegt die echte Arbeit darin, es wieder anzuhalten. Dies ist das Konzept, das hinter dem Taucher steckt. Anders als das tote Gewicht des Tresors oder Pianos sind Menschen lebendig und bewegen sich durch ihre eigene Kraft. Ich mag vielleicht nicht in der Lage sein, einen 125 kg schweren Tresor zu leicht zu bewegen, aber ich habe eine gute Chance, einen 125 kg-Gegner ziemlich clever in Bewegung zu versetzen, falls er nicht vorsichtig ist (was bedeutet, aufmerksam und bis zu einem gewissen Grad trainiert ist). Das kommt daher, weil er sich bereits in Bewegung befindet bei seiner Anstrengung, mich zu treffen, so daß er bereits den alten Ball der Massenträgheit ins Rollen gebracht hat. Alles, was ich zu tun habe, ist, diesen Schwung umzulenken und leicht zu beschleunigen oder zu verstärken. Wir sprechen hier von einem Konzept, bevor wir auf die Technik eingehen, weil ohne einem Verständnis für das Konzept Du niemals die Technik verstehen wirst. Andererseits ist dies eine weitere Technik, die Du mit einem Trainingspartner ausprobieren mußt, um verstehen zu beginnen, wie sie funktioniert und wie man sie zum Funktionieren bringt. Beachte, wenn wir über Konzepte sprechen, daß es nur ein paar wenige gibt, die ihre quirligen kleinen Köpfe wieder und wieder hervorstrecken. Hast Du erst einmal diese grundlegenden Konzepte gemeistert, wird es einfacher, eine neue Technik zu erlernen, weil Du sofort siehst, auf welchem Konzept sie basiert, um zu funktionieren. Nach einer Weile wirst Du nur noch selten auf eine Technik stoßen, die es erforderlich macht, daß Du ein neues Konzept meisterst. Wenn Du es tust, ist es so wie einen verborgenen Schatz zu entdecken. Laß uns zurückkehren zur letzten Technik. Der Taucher folgt im allgemeinen einer ringkampfartigen Situation. Behalte im Kopf, daß sowohl Du als auch Dein Gegner das Ringen einleiten können. Daher kannst Du an einen Gegner herangehen, nachdem Du seinen Schlag abgelenkt hast und seinen Schwung benutzen, um ihn „laufen zu lassen". Alternativ dazu magst Du, nachdem Du Deinen Mann mit ein paar schweren Schlägen betäubt hast, die Chance haben, ihn zu ergreifen und anfangen, ihn quer über den Boden zu bewegen, so daß er ständig seinem Gleichgewicht hinterherjagen oder zu Boden fallen muß. Der Plan ist, Deine Beinund Fußbewegungen einzusetzen, um eine Verlagerung des gegnerischen Körpergewichts und Gleichgewichts herbeizuführen und eine solche Gewichts- und Gleichgewichtsverlagerung auf solch eine Art und Weise fortzusetzen, daß Du ihn zeitweilig aus dem Gleichgewicht ziehst. Wenn jemand aus dem Gleichgewicht geraten ist, muß er einen Fuß anheben und umsetzen, um es wiederzuerlangen. Dies kann in einem Sekundenbruchteil gemacht werden. Aber falls Du absichtlich diesen kleinen kurzfristigen Gleichgewichtsverlust bei einem Gegner verursachst, weißt Du genau, wann dieses Fußumsetzen passieren muß. Dies bedeutet, daß Du diese Bewegung weiterführen kannst, um ihn daran zu hindern, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen. Dies zwingt ihn dazu, eine Reihe von schnellen Schritten zu machen, wovon jeder ein bißchen länger wird, während Du ihn „zum Tauchen bringst". Hast Du Deinen Gegner erst einmal so in Bewegung gebracht, kann er nichts anderes mehr tun, als mit ihr weiterzulaufen oder zusammenzubrechen. Es ist so wie von einem fahrenden Zug abzuspringen. Du mußt für eine Weile an den Bahngleisen entlanglaufen, bevor Du anhalten kannst. Dein Gegner ist vollkommen außer
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Standes, irgendeine Art von Angriff zu starten, so lange Du ihn auf diese Weise in Bewegung hältst. Tatsächlich kann er noch nicht einmal aus der Richtung ausbrechen, in die Du ihn entlang ziehst. Dies ist die wahre Pracht dieser Technik. Halte ihn nur lange genug in Bewegung, bis sein Kurs unterbrochen wird von den Herren Mauer, Pfeiler, Auto oder dem guten alten Herrn Tresenkante. Der prinzipielle Unterschied zwischen dem Taucher und dem Herumdreher ist einfach der, daß der Herumdreher den Gegner in einer kreisförmigen Weise herumlaufen läßt, wohingegen der Taucher ihn an einer geraden Linie entlang führt. All die anderen Konzepte bleiben die selben. Aikidoleute üben das Hineinbringen von Angreifern zwischen sich selbst und anderen Angreifern. Sie leiten ihren Gegner in den nächsten Angreifer hinein, was die Angriffsbahn und das Gleichgewicht dieses Angreifers bricht. Dies scheint in der Theorie okay zu sein, aber ich habe es niemals in einem echten Kampf gemacht. Ich vermute, daß Du in der Lage sein magst, mit solch einem Trick durchzukommen, falls Du die Technik wirklich gut drauf hast. Andererseits hat es Zeiten gegeben, in denen ich große Typen auf diese Weise bewegt habe und sie völlig hilflos waren, bis sie mit ihrem Zielobjekt zusammenstießen. Da Du noch immer einen Griff an dem Typ seinem Hals, Arm oder anderem Teil seines Gliedmaßes hast, kannst Du es schwierig für ihn machen, seinen Sturz beim Aufschlag abzufangen. Tatsächlich kannst Du mit Übung erlernen, solch einen Aufschlag für ihn wirklich unangenehm und schädigend zu machen. Lerne, wie Du die Person zum Laufen bringst. Falls Deine Wahrnehmung des Angriffs gut ist (Aufmerksamkeit), wird es gegen fast alle Variationen des Nashornangriffs hervorragend klappen. Okay, ihr Aikidotypen der universalen Harmonie da draußen, ich weiß, daß all dies auch auf Euch zugetroffen hat! Was ich hier beschreibe, wurde von einem speziellen Träger des heiligen schwarzen Hakama, den ich gut kenne, als eine Version des „Altmeister-Aikido" bezeichnet. Aber eigentlich ist diese Technik weder der Kunst des Aikido eigen, noch ist das Grundkonzept einzigartig für diese Kunst. Ich habe mehr als ein paar Mal völlig ungeschulte Kneipenschläger sie ausfuhren sehen. Sie ist nicht so fein und elegant wie im Aikidodojo, aber wann ist echtes Kämpfen schon jemals fein und elegant?
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Kapitel 7
DIE AUSWAHL EINER PASSENDEN KAMPFKUNST FÜR DEIN PERSÖNLICHES TRAINING In den Vereinigten Staaten werden mehr als ein Dutzend der populärsten Kampfkunststile gelehrt. In diesem Kapitel werde ich meine Ansichten anbieten über die Hauptstärken und -schwächen eines jeden dieser Systeme im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit in einer tatsächlichen Selbstverteidigungssituation. Diese Kritiken werden sowohl einzelne Techniken als auch Trainingsmethoden beinhalten. Zweifelsohne wird es da einiges geben, daß bei fast jedem Anstoß erregt. Obwohl dieses Kapitel eine virtuelle Orgie an Arroganz meinerseits darstellt, lege bitte die nächsten paar Absätze nicht als irgendeinen Versuch aus, die selbe zu mildern. Ich biete es einfach an als als einige weitere meiner „gesunden Ratschläge". Obwohl ich in weit mehr Kämpfen auf der Straße und in Kneipen gewesen bin als die meisten Leute, und obwohl ich die Selbstverteidigungsanwendungen der Kampfkunstsysteme ein bißchen ernsthafter und tiefgründiger trainiert habe als viele Leute, bedeutet es nicht, daß das Zeug, das ich in diesem Buch sage, die absolute Wahrheit darstellt. Alles, was ich anbiete, sind meine Meinungen basierend auf meiner persönlichen Erfahrung. Darüber hinaus spreche ich den allgemeinen Fall an, so wie ich ihn kennengelernt habe. Ich verkompliziere meine Ausführungen nicht mit einer Diskussion über „Ausnahmen von der Regel". Mit Sicherheit gibt es Ausnahmen. Tatsächlich könnte ich für jede Grundposition, die ich vertreten habe (wie z.B. „Treten oberhalb der Taille ist im allgemeinen wirkungslos und gefährlich"), eine Ausnahme dazu zitieren, die ich persönlich erfahren habe. Aber warum sollte ich? Die Tatsache besteht, so wie ich es sehe, daß Tritte oberhalb der Taille für nahezu jeden ein Fehler in einem echten Kampf sind. Ausnahmen dienen nur dazu, die Wahrheit des Grundprinzips zu bestätigen. WARUM GIBT ES SO VIELE UNTERSCHIEDLICHE KAMPFKUNSTSYSTEME? Es gibt nur eine bestimmte Anzahl von Wegen, um ein anderes menschliches Lebewesen zu treten, zu schlagen oder zu werfen. Warum gibt es also so viele
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verschiedene Kampfkunstsysteme? Eine verwandte Frage für naivere Leute mag sein: „Welches System ist am besten?" Obwohl ich persönlich glaube, daß einige Künste praktischer sind als andere, sehe ich mit Sicherheit keine einzelne Kunst als allen anderen wesentlich überlegen an. Zum Beispiel ist Karate (in irgendeiner seiner Formen) von Natur aus nicht besser in einem echten Kampf als westliches Boxen. Wenn der Karatemann den Boxer bekämpft, sind es nicht so sehr die einzelnen Künste, die getestet werden, sondern die Einzelpersonen selbst. Einfacher ausgedrückt ist es nicht so wichtig, welchen Stil Du in einem Kampf einsetzt, sondern, wer am Kämpfen ist.
Der Autor gesteht ein, daß seine Kalligraphie genauso ungehobelt ist wie seine Kampftechnik, oder manchmal wie sein Leben selbst. Eine primitive Technik für eine noch primitivere Welt, daher funktioniert sie so oft! Links sehen wir das Schriftzeichen mit dem gehörnten Kopf oder Helm, welches häufig für „Shamane" steht und wahrscheinlich abgeleitet wurde von der Verwendung von Geweihen oder Hörnern an den Kopfbedeckungen eines Führers oder heiligen Mannes. Rechts ist das Schriftzeichen für „Harmonie" oder „himmlischen Fluß der Natur". In der Kunst der Kalligraphie, genauso wie in der Zenkunst des Bogenschießens (Kyudo), können wir uns selbst mit dem Prinzip des „ein Schuß, ein Leben!" vertraut machen. Hat der Pinsel erst einmal das Papier berührt, ist die Tat vollbracht, genau wie im Leben - es gibt keine zweite Chance! „Ein Leben, ein Schlag!"
Laß uns jedoch zurückkehren zu dieser Idee darüber, warum es so viele verschiedene Kampfkünste gibt. Ein Verständnis davon wird Die helfen, eine Kunst (oder Künste) auszuwählen, die für Dein persönliches Training am besten geeignet sind. Grundsätzlich gibt es zwei Hauptgründe dafür, warum Kampfkünste so unterschiedlich sind. Erstens unterscheiden sich die Menschen im Körperbau, und zweitens unterscheiden sich ihre Veranlagungen. Einige Leute sind größer oder kleiner, breiter oder schmächtiger, schwerer oder leichter als andere. Dies bedeutet, daß sie sich sowohl in ihrer natürlichen Schnelligkeit und rohen Kraft als auch in vielen anderen Merkmalen unterscheiden.
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Gleichwichtig ist, daß sich die Einstellungen der Leute sehr darüber unterscheiden, wie sie empfinden, wie mit Gewalt am besten umzugehen ist. Du hast die absoluten Pazifisten auf der einen Seite (Menschen, die bereit dazu sind, zu sterben, bevor sie bereit dazu sind, zu töten) und die „Töte sie alle, laß Gott sie ausradieren"-Menge am anderen Extrem. All diese unterschiedlichen Typen von Körpern und Einstellungen haben bei verschiedenen Einzelpersonen und Kulturen dazu geführt, unterschiedliche Kampfkünste zu entwickeln. Du solltest einen realistischen Blick auf Deine Körpergröße, Gewicht, Körperkraft und Veranlagung zur Gewalt (das bedeutet dazu, Leute bluten zu lassen) werfen, bevor Du eine Kampfkunst zum persönlichen Selbstverteidigungstraining auswählst.
Hier beschäftigt sich der Autor in seinem Haus mit den kalligraphischen Künsten. Obwohl traditionelle Kampfkünste ihre Einschränkungen im Bezug auf ihre Anwendbarkeit bei der Selbstverteidigung in unserer modernen Welt haben, „ist nichts in der Tradition verloren". Darüber hinaus hat das Training mit klassischen Waffen mehrere praktische Werte. Waffentraining entwickelt eine gute Wahrnehmung für Angriffswinkel und ausweichende Beinarbeit. Künste wie Kendo (Bambusschwerter) oder Bojutsu (Langstock) können ziemlich wertvoll sein, falls Du zurückgreifen mußt auf die Verwendung einer improvisierten Waffe oder Dich gegen eine solche verteidigen mußt.
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DIE BEDEUTUNG DES KÖRPERBAUS Es gibt einen Menge Chinesen auf dieser Welt, hat es schon immer gegeben, und daher gibt es auch eine Menge unterschiedlicher Körpertypen in China. Heutzutage mag es dort nicht mehr einen solch breiten Bereich an persönlichen Einstellungen und Entwicklungen geben (wenn man bedenkt, daß China für mehr als ein halbes Jahrhundert oder so unter dem Kommunismus steht), aber die meisten chinesischen Kampfkünste datieren zurück auf die Zeit vor der Revolution des großen Parteivorsitzenden. Die Tatsache besteht, daß es mehr Formen der chinesischen Kampfkunstsysteme gibt als in irgendeiner anderen Kulturgruppe. Diese chinesischen Künste werde im Westen unter der unzutreffenden Bezeichnung „Kung Fu" in einen Topf geworfen. Es gibt massenweise Kung Fu-Stile, und sie können sich so sehr unterscheiden wie Tai Chi sich vom westlichen Boxen oder Wasserball sich von Basketball unterscheidet. Ein Überblick über die chinesischen Kampfkünste macht es offensichtlich, daß der Körperbau dazu neigte, die angemessene Kunst für den Einzelnen vorzuschreiben. Affenstilisten neigen dazu, kleiner, von leichterem Körperbau und sehr schnell zu sein. Tiger- und Bärenstilisten sind schwerer, muskulöser und massiger. Jeder dieser Stile wurde dafür entwickelt, die besten Vorteile aus den speziellen Möglichkeiten eines bestimmten Körpertyps zu ziehen. In jeder Sportart - Basketball, Hochsprung, Schwimmen oder Boxen - wird ein bestimmter Körpertyp völlig dominieren. All die Profispieler eines bestimmten Sports werden etwa den gleichen Körperbau haben, mit Ausnahme der Hautfarbe und anderer solcher Nebensächlichkeiten. Denk für einen Augenblick darüber nach. Du wirst keinen Arnold Schwarzenegger-Typ auf dem Basketballplatz sehen. Genauso wenig wirst Du einen Magic Johnson im Schwergewichtsboxring sehen. Um diesen Punkt weiter zu veranschaulichen, bedenke, wie sich westliches Boxen im grundlegendsten Sinne von den meisten asiatischen Kampfkünsten unterscheidet. Asiatische Systeme setzen Trittechniken ein; westliches Boxen tut das nicht. Woher kam dies von Anfang an? Bist Du jemals in einem Museum wie dem Smithonian gewesen, in dem sie George Washingtons hölzernes, künstliches Gebiß in einem Glasschaukasten neben einigen seiner Kleider ausstellen? Ich wette, Du wunderst Dich, was zum Teufel das mit dem Preis von Bohnen in Jugoslawien zu tun hat, stimmt's? Nun, falls Du diese Kleidung des 18. Jahrhunderts sehr scharf betrachtest, genauso wie die Betten, Möbel und andere Dinge dieser Zeit, dann rate mal, was Du entdecken wirst? In George Washingtons Tagen (bloß ein paar hundert Jahre zurück) waren die meisten Menschen nach heutigen Standards ziemlich klein. In jenen Tagen war man mit 1,70 m ein reichlich großer Typ. Ein 1,85 m großer Typ würde damals wie ein Kareem Abdul-Jabbar gewesen sein (Woher kommt das also? Grundsätzlich daher, weil die amerikanische Nahrung sich über die Generationen hinweg verbessert hat. Ernährung ist ebenfalls ein Hauptgrund dafür, warum die meisten unserer asiatischen Brüder kleiner sind als die westeuropäischen Typen. Fängst Du an, es zu verstehen?). Hast Du jemals eine Gruppe kleiner Schulkinder kämpfen sehen? Sie ringen, werfen sich gegenseitig zu Boden, schlagen sich sogar vielleicht auch. Aber niemand
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scheint wirklich verletzt zu werden, teilweise deshalb, weil Kinder flexible Knochen haben, ihnen die Muskelkoordination fehlt, um einen konzentrierten Schlag auszuführen und sie normalerweise nicht in Kampfkünsten trainiert sind. Dennoch ist ein weiterer bedeutender und sehr fundamentaler Grund dafür, warum ernsthafte Verletzungen sich bei diesen Spielplatzkonflikten selten ereignen, der, daß die Kinder zu klein sind. Ohne die Fähigkeit, einen konzentrierten Schlag zu führen oder ihr Gewicht hinter einen Schlag zu bringen, haben Kinder im allgemeinen nicht genug Körpermasse, um sich gegenseitig mit Handschlägen zu verletzen. Nun bedenke dies. Falls zu George Washingtons Zeiten 1,70 m als reichlich groß angesehen wurde, stell Dir mal vor, wie die durchschnittliche Größe und Körpermasse einer asiatischen Person Jahrhunderte früher gewesen sein mag, als die meisten der chinesischen Künste entwickelt worden sind (behalte im Kopf, daß die meisten koreanischen und japanischen Kampfkünste ihre Ursprünge in irgendeiner chinesischen Form haben). Falls Du ein örtliches Museum hast, daß Samurairüstungen aus dem Zeitabschnitt des frühen Tokugawa Shogunats (beginnend etwa um 1600) ausstellt, wirst Du sehen, daß die Typen, die in solche Uniformen paßten, selbst nach modernen westlichen Standards in der Tat ziemlich klein waren. Weil der asiatische Kämpfer eine relativ kleine Person war, mußte er die bedeutend kraftvolleren Muskeln seiner Beine einsetzen, um in einer unbewaffneten Begegnung seinem Feind ausreichenden Schaden zuzufügen. Auf der anderen Seite konnte der Europäer, der einen stärkeren Knochenbau hatte und größer war, seinen Mann leichter allein dadurch erledigen, daß er die einfacher zu kontrollierenden und zu konzentrierenden Schläge seiner Fäuste einsetzte. Daher glaube ich, daß die prinzipiellen Unterschiede zwischen den asiatischen Kampfkünsten und den westlichen Formen der solchen als erstes zurückzuführen sind auf die Unterschiede im Körperbau zwischen diesen Gruppen und als zweites auf die geistigen/kulturellen Unterschiede. Ein weiterer Gesichtspunkt darin, daß der Körperbau die Entwicklung von Kampfstilen beeinflußt, ist der, daß kleinere Leute mit leichterem Knochenbau auf natürliche Art und Weise besser Treten können als größere, schwerer gebaute Leute. Dies folgt einfach Newtonschen Gesetzen der Physik. Wenn ich „besser treten" sage, meine ich damit schneller und mit geringerer Störung des Gleichgewichts, was daher zu einem natürlicheren, schnelleren Zurückführen des Tritts führt. Dies ist bei leichter gebauten, kleineren Leuten bloß eine Angelegenheit des Umgangs mit weniger Masse und den Grundlagen der Massenträgheit. Es ist kein Zufall, daß Thaiboxer leichter gebaut, kleiner und um einiges schneller sind als die meisten Europäer. Selbstverständlich können große Typen mit dem richtigen und ernsthaften Training lernen, wie man hoch tritt, und kleine Typen können die Kraft ihrer Schläge enorm vergrößern. Aber hör zu, was ein wahrer lebender Meister über Kampfkunststile und Körperbau zu sagen hat. Ich beziehe mich hier auf den gefeierten Jujutsu-Sensei „Wally Jay" in einem Interview mit Arthur Smith, das im Mai 1990 im Black Belt Magazin abgedruckt war: „Leute sind unterschiedlich gebaut. Es ist so, als ob man versucht, einen Berhardiner zum Laufen zu trainieren; ganz egal, wie Du ihn trainierst, er wird niemals ein Windhund werden. Also mußt Du das finden, was zu
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Dir paßt." Zum Zeitpunkt dieses Schreibens ist Mr. Jay 72 Jahre alt. Er ist der Erfinder des „Small Circle" Judo. Bevor ich dieses Thema über die Wichtigkeit der Bewertung Deines eigenen Körpertyps für die Auswahl einer passenden Kampfkunst zum Selbstverteidigungstraining verlasse, laß mich Dir noch etwas mehr von Sensei Wallysans weisem Rat mit auf den Weg geben. Der verstorbene Bruce Lee trainierte unter Mr. Jay. Hier sind Mr. Jays Anmerkungen über die Ansicht des Kleinen Drachen zu hohen Tritten in einem echten Kampf: „Bruce Lee zeigte in seinen Filmen eine Menge an hohen Tritten, aber er sagte, Du sollst niemals einen hohen Tritt auf der Straße ausführen, weil Du Dich nicht besonders gut verteidigen kannst, wenn Du auf einem Bein stehst und das andere hoch in der Luft ist. Aber er sagte, daß das Publikum solche auffälligen Techniken verlangte und daß das der Grund dafür war, warum er sie ausführte." Bruce Lee war als allererstes ein Kampfkünstler und zweitens ein Schauspieler. Falls irgend jemand blitzschnelle, wohlgezielte und sofort zurückgezogene Tritte ausführen konnte, dann würde es unser Freund Bruce gewesen sein. Beachte, daß er eine kleine, leichtgebaute Person war, ein Körpertyp, der selbst zu hohen Trittechniken neigt. Jedoch wird selbst über Bruce Lee von dieser über jeden Zweifel erhabenen Quelle berichtet, gesagt zu haben, daß er keine hohen Tritte in einem echten Kampf einsetzen würde. DEINEN KÖRPER TRAINIEREN Unabhängig von Deiner Körpergröße oder Deinem Körperbau kannst Du Deine Kraft durch Gewichttraining erheblich vergrößern. Damals Mitte der sechziger Jahre, als ich ernsthaft mit dem Kampfkunsttraining anfing, wurde Gewichttraining als etwas angesehen, das ein Kampfkünstler nicht machen sollte. Man glaubte, daß Gewichttraining Deine Beweglichkeit verringern und Dich langsamer machen würde. Diese Einstellung scheint heutzutage für viele Kampfkünstler ein Ding der Vergangenheit zu sein. In jedem Fall habe ich herausgefunden, daß Gewichttraining sehr hilfreich bei meiner tatsächlichen Anwendung von Kampftechniken in realen Verteidigungsbegegnungen ist. Geh in ein Sportgeschäft und mach die paar Kröten für einen Langhantelsatz locker. Du wirst außerdem eine Flachbank benötigen, die ebenfalls ziemlich billig ist. Ich habe etwa fünfunddreißig Dollar für meine bezahlt, und sie hat mehr als zehn Jahre gehalten. Eine Flachbank erlaubt es Dir, Bankdrücken zu machen, während Du auf Deinem Rücken liegst. Dies ist wirklich der beste und sicherste Weg, um schwere Gewichte zu benutzen. Leg nicht zu viel Gewicht auf, falls Du keinen Trainingspartner hast, um die Hantel von Deiner Brust in dem Fall wegzuheben, daß Du es übertreibst. Denk auch darüber nach, das Gewicht die ganze Zeit über auf der Hantelablage zu lassen. Selbst wenn Du es nicht schaffst, einem regelmäßigen Trainingsplan zu folgen, dann wird einfach hier und da ein paar Wiederholungen rauszupumpen (was Du wahrscheinlicher tun wirst, falls das Gewicht die ganze Zeit über bequem vorbereitet daliegt) ziemlich schnell bemerkbare Ergebnisse zeigen. Wie bei allem anderen auch, mußt Du allerdings einem regelmäßigen Trainingsplan folgen, um das meiste aus den Gewichten herauszuholen. Miß Deinen Fortschritt an der Anzahl der Wiederholungen und der Gewichtsmenge, die Du bewältigen kannst.
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Versuche, als ein Maximum nicht mehr als 90 Prozent Deines Körpergewichts zu drücken. Es ist nicht notwendig und kann zu Verletzungen führen. Mach eher mehr Wiederholungen, als mehr Gewicht aufzulegen. Kauf Dir ein Gewichttrainingbuch und ein Notizbuch, um Deinen Fortschritt festzuhalten. Er wird zu Anfang ziemlich schnell sein; dann wirst Du auf ein Plateau treffen.
Gewichttraining ist ziemlich hilfreich für die Entwicklung von Kraft. Es ist größtenteils ein Märchen, daß es Dich langsamer oder zu einem „Muskelpaket" machen wird. Eine Flachbank ist die sicherste und wirkungsvollste Methode, um ein schweres Gewicht zu verwenden. Arbeite nicht mit mehr als 90 Prozent Deines eigenen Körpergewichts. Wenn dieses Limit erreicht ist, mach eher mehr Wiederholungen als mehr Gewicht aufzulegen. Beachte, daß die Hände des Autors offen sind und nicht die Stange umklammern. Dies hilft, die Muskelgruppen so zu trainieren, daß die Muskeln für die Kraft sich anspannen können, während die Muskeln für den Tastsinn entspannt bleiben für Schnelligkeit und Wahrnehmung der gegnerischen Bewegungen. Dies ist besonders nützlich beim Einsatz der hier vorgestellten Abwehrtechniken.
Versuche, das Gewicht zu drücken, ohne die Stange fest zu umgreifen. Dies trainiert die größeren Muskeln in Deinem Arm darauf, sich für die Kraft anzuspannen, während Deine kleineren Hand- und Fingermuskeln notwendigerweise entspannt bleiben. Dies hilft Dir bei Deinen Abwehrtechniken, indem es einer entspannten Hand und dem Handgelenk erlaubt, sich frei zu bewegen, während der Arm angespannt sein kann, falls die gegnerische Bewegung dies notwendig macht. Nochmals: Sei vorsichtig, nicht zu viel Gewicht zu benutzen oder Du magst die Langhantel fallen lassen. Falls Du nur zwanzig Minuten am Tag drei mal pro Woche mit einem richtigen Gewichttraining mit ausreichend Gewicht und Wiederholungen verbringst, um Dich ein wenig anzustrengen, wirst Du anfangen, in nur zwei oder drei Wochen Ergebnisse zu sehen. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten wird sich Deine Kraft enorm erhöhen. Indem Du Deine Muskeln aufbaust, wirst Du nicht nur größere Schlagkraft entwickeln, sondern Du wirst auch Deine Fähigkeit darin verbessern,
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einen Schlag zur Körpermitte mit weniger Schaden einzustecken. Außerdem hilft eine größere Arm- und Rückenkraft beim Ringen und beim Werfen eines Gegners. Ein weiteres Übungsgerät, das nützlich und sparsam mit Deiner Zeit umgeht für die zu erreichenden Ergebnisse ist ein Handtrainer für Griffkraft. Besorg Dir einen für jede Hand und stell sicher, daß sie fest genug sind, Dich hart arbeiten zu lassen, um sie zusammenzudrücken. Das erste Mal, nach dem Du diese Handtrainer benutzt, werden Deine Arme am nächsten Tag schmerzen, weil Du Muskeln über das hinaus entwickelst, für was sie vorher benutzt worden sind. Ein fester Griff an meinem Gegner, entweder an seiner Kleidung oder seinem Körper, ist für mich von enormem Wert darin gewesen, Verletzungen in tatsächlichen Kämpfen zu vermeiden. Laufen kann Dein Herz-Kreislaufsystem in einem bemerkenswerten Grad entwickeln. Ich laufe nicht gerne, aber ich weiß, daß es als Trainingsmethode sehr gut funktioniert. Sei jedoch vorsichtig, falls Du eine Person mit schwerem Knochenbau bist, weil Laufen eine hohe Belastung für Deine Fußgelenke und Knie mit sich bringt. Besorg Dir ein gutes Paar Laufschuhe, lauf nur auf Gras oder Sand und übertreib es nicht, sonst könnte es Dir zum Nachteil gereichen. Ein experimentelles Konzept beim Laufen, insbesondere wenn Du eine Person mit leichterem Knochenbau bist, ist das Barfußlaufen. Offensichtlich wirst Du einen weichen Boden (ohne Glasscherben oder Nägeln darin) benötigen, um dies auszuprobieren. Die ersten paar Male, wo ich es ausprobiert habe, konnte ich danach kaum gehen. Es setzte nämlich die Fuß- und Fußgelenkmuskeln in einer völlig unterschiedlichen Art und Weise ein, als wenn Du mit Schuhen läufst. Unglücklicherweise wurde die offene Weide, auf der ich diese machte, in eine Neubausiedlung umgewandelt, wodurch mein Barfußlaufexperiment endete. Ich stelle mir vor, daß Aerobic eine großartige Form des Ausdauertrainings sein würde, aber ich habe es niemals ausprobiert. Ich kann einfach nicht umgehen mit einem Haufen schwitzender Yuppie-Typen, die zur Musik herumhüpfen. Obwohl mir die Erfahrung gelehrt hat, daß Ausdauer nicht immer einen Unterschied ausmacht in einem Kampf, der sowieso nur ein paar Sekunden andauert, ist es trotzdem ein großer Vorteil, genug Luft zu haben. Dies trifft besonders dann zu, wenn Du mit mehr als einem Typ kämpfen mußt oder der Angreifer sich als ein trainierter Kämpfer entpuppt, der nicht gleich zu Boden geht. Eine abschließende Bemerkung zur körperlichen Kondition. Typen, die sich auf der Arbeit den ganzen Tag lang den Arsch aufreißen, wie z.B. Straßenarbeiter, Eisenflechter und andere Bauarbeiter, sind häufig in guter Form und stark für ihre Größe. Beachte den Zustand der Hände bei den Leuten; er wird Dir verraten, ob sie Arbeiter dieser Sorte sind. Ich habe festgestellt, daß mit solchen Gegnern schwierig fertigzuwerden ist. Sie können einen guten Schlag wegstecken und sind sehr stark beim Ringen. Manchmal denke ich, daß all diese harte körperliche Arbeit sie auch ein wenig gemein macht. ES GIBT KEINEN „AUTOMATISCHEN" SELBSTVERTEIDIGUNGSWERT IN DEN KAMPFKÜNSTEN Bevor wir zu den Vor- und Nachteilen der einzelnen Stile gehen, laß mich Dich an eine Tatsache über alle Kampfkünste erinnern. Sie werden Künste genannt, weil es das ist, was sie sind - Künste, nicht Anwendungen!
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Es gibt nicht viel, falls überhaupt irgendeinen ihnen innewohnenden oder automatischen Selbstverteidigungswert vom Trainieren einer Kampfkunst. Du selbst mußt die Kunst für richtige Kämpfe anwenden. Kein Kampf, in dem Du Dich selbst jemals wiederfinden magst, wird jemals wahrscheinlich wirkungsvoll gehandhabt werden mit irgendeiner einstudierten Serie von Techniken, die Du im Dojo geübt hast. Tatsächlich unternahm ich kürzlich eine inoffizielle Umfrage unter einigen meiner Kampfkunstlehrerkumpels, und sie alle stimmten grundsätzlich zu, daß das Trainieren einer Kampfkunst allein den meisten Leuten nicht viel in einem echten Kampf hilft. Dies soll nicht heißen, daß diese Künste nicht nützlich sind, denn sicherlich sind sie es. Es ist bloß so, daß Du die richtige Einstellung zur Schlacht mitbringen mußt. Richtige geistige Einstellung erlaubt es Dir, sofort in eine angemessene Bewegung zu fließen, wenn Du angegriffen wirst und dann nachzufolgen mit der richtigen Anwendung der Werkzeuge. Ohne die richtige Einstellung, wird Dir keines der Werkzeuge, die Du erlernt hast, in einem echten Kampf helfen. KAMPFKUNST, IHRE ANWENDUNG UND DER „KÖRPER AUS STEIN" Viele Leute trainieren eine Kampfkunst ihrer selbst zuliebe. Ihr Interesse liegt in der Kunst selbst und vielleicht in der Philosophie, die sie begleitet. Eine Anzahl dieser Leute hat wenig Interesse an der Anwendung der Kunst, d.h. am Entwickeln einer wirkungsvollen Selbstverteidigungsfähigkeit. Manchmal kommt dies daher, weil sie von Natur aus Pazifisten sind, manchmal, weil sie in einer Traumwelt leben, wo sie denken, ein echter Überfall kann ihnen niemals zustoßen, und manchmal, weil sie fühlen, daß sie sich für ihre Selbstverteidigungsbedürfnisse auf Schußwaffen verlassen können. Ich kann sicherlich Kunst um der Kunst willen schätzen. Es gibt einige Künste, die ich trainiere, die keinen offensichtlichen praktischen Wert in der realen Welt haben. Für mich allerdings liegt die wahre „Kunst" der Kampfsysteme ziemlich ausdrücklich in ihrer Leistung. Das Maß für diese Leistung in der realen Welt liegt in der Fähigkeit für Dich, einen Konflikt zu vermeiden, aber, sollte die fehlschlagen, mit dem Feind in solch einer Art und Weise umzugehen, die ihn daran hindert, Dir eine Verletzung zuzufügen. Von meiner Veranlagung her bedeutet diese letztere Situation, den Trottel zu Boden gehen zu lassen. Aber falls die Fertigkeiten eines Kampfkünstlers und seiner speziellen Kunst so groß sind, daß er Verletzungen vermeiden kann, ohne die Notwendigkeit, ernsthafte Verletzungen bei dem Angreifer zu verursachen, dann würde dies in der Tat die überlegene Kunst und den überlegenen Künstler darstellen. So wie ich es verstehe, stellt dies das Idealbild des wahren Weges des Aikido dar. Mein Einwand gegen jene, die die Dojos mit ihrem Interesse an der Kunst allein bevölkern (das bedeutet, an der „Kunst", so wie sie sie sehen; nicht an ihrer Selbstverteidigungsanwendung) ist der, daß sie den Wein verwässern. Sie verzerren die Dinge. Sie verstopfen den Pfad und können den wahren Weg mit einem falschen Abbild verschleiern. Ich spreche nicht von unzureichenden Fertigkeiten, sondern von unzureichendem Geist. Der absolute Geisteszustand ist der des „Körpers aus Stein". Dieser wird erreicht, wenn man seinen Tod akzeptiert hat (eine Unausweichlichkeit für alle von uns) und
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daher von sich selbst als einem „toten Körper" denken kann. Da ist kein Platz übrig für Furcht, Zögern, Unentschlossenheit oder irgendeine falsche Sicht der Dinge. Dies ist der wahre Geist des Samurai. Wir dagegen leben nicht in einer Welt aus Absolutem, daher mag es niemals von uns verlangt werden, den absoluten Geist, den Körper aus Stein, zu zeigen. Selbst ohne das Beispiel und hoffentlich mit einem Maß des Verständnisses für den Körper aus Stein, verwässert das Herumspielen an der Kunst diese Kunst. Das Traurige daran ist, daß, wenn Etwas verwässert wird, selbst falls es nur nach und nach ein wenig ist, dieses Etwas schließlich verloren geht. WAFFEN SIND SCHON IMMER DIE ERSTE WAHL GEWESEN Der Einsatz der bloßen Hände, um sich gegen einen Angriff zu verteidigen oder um einen Angriff zu starten, ist schon immer eine Methode der Verzweiflung gewesen, eine letzte Möglichkeit, bei allen Leuten, zu allen Zeiten und überall auf diesem elenden kleinen Planeten. Es ist erst seit relativ kurzer Zeit in der Menschheitsgeschichte so, daß das gewohnheitsmäßige Tragen von Waffen zu etwas weniger als der allgemeinen Norm geworden ist. Eine bedeutende Anzahl von waffenlosen asiatischen Kampfkunstsystemen wurde dafür entwickelt, um dem Typ, der keine Waffe hat, eine Chance zum Überleben zu geben gegen einen Angriff von denen, die eine haben. In der Geschichte von China, Japan und Korea hat es Verbote dafür gegeben, wer Waffen tragen durfte, basierend auf sozialem Kodex, Kastensystemen oder Besatzung durch eine militärische Streitmacht. Die bevorzugte Waffe vor dem Auftauchen der modernen Feuerwaffen ist über lange Zeit hinweg das Schwert gewesen. Das Schwert kann eine bemerkenswert beeindruckende Waffe in den Händen einer Person sein, die gut in seiner Anwendung trainiert ist. Es gibt zahlreiche Variationen bei der Bauweise dieses Werkzeugs, aber soweit es die meisten asiatischen Systeme betrifft, haben wir es mit einer Variation des chinesischen Breitschwerts und der klassischen japanischen Katanaklinge zu tun. Ich erwähne dies, weil Du Dir selbst darüber bewußt werden solltest, ob eine bestimmte Technik in einem bestimmten Kampfkunstsystem wirklich dafür entwickelt worden ist, um mit einem Angriff durch einen Mann, der ein Schwert trägt, fertigzuwerden oder nicht. Dies soll nicht heißen, daß die vielen Prinzipien und Bewegungen, die mit solchen Waffenabwehren in Verbindung gebracht werden, nicht wirkungsvoll verallgemeinert werden können, um sich gegen einen unbewaffneten Angreifer zu verteidigen. Ganz im Gegenteil, vielfach können sie es. Umgekehrt kann es ebenfalls zutreffen; die hier in diesem Buch vorgestellten Abwehrtechniken können zum Beispiel ziemlich gut angepaßt werden gegen einen Angriff mit einem Knüppel oder Billardstock. Meiner Meinung nach basiert die Grundlage von bestimmten unbewaffneten Verteidigungskünsten wie z.B. dem Aikido prinzipiell auf der Idee, daß ein unbewaffneter Mann das Handgelenk eines Mannes, der mit einer Samuraiklinge angreift, bewegt, den Schwung umlenkt und es dadurch kontrolliert. Die Sache, die man im Kopf behalten sollte, ist die, daß eine Person, die mit einem Schwert oder Stock in ihrer Hand von oben herab zuschlägt, viel mehr in ihre
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Angriffslinie hineingeht als ein Mann, der die gleiche Bewegung mit bloßer Hand ausführt. Darüber hinaus ist es ein wenig leichter, diese Angriffslinie wahrzunehmen. Es gibt ebenfalls mehr Anhaltspunkte, die bei der Vorbereitung des Angriffs gemacht werden. Schließlich sind Schwerter und Stöcke gewichtige Gegenstände; nur ein Meister der Kunst kann sie als eine wahre Verlängerung seines Körpers so herumschwingen, daß die Dinge, die ich hier gesagt habe, weniger wahr sein werden. Folglich lerne diese Techniken, aber erkenne ihre Einschränkungen und wie sie zu modifizieren sein mögen, um mit einem unbewaffneten Angriff fertigzuwerden. Viele meiner Kampfkunstkumpels werden sagen: „Sieh mal, das ist der springende Punkt. Diese Technik wurde entworfen, um mit einem Typ fertigzuwerden, der Dich mit einem meterlangen Stück aus rasiermesserscharfem Stahl angreift. Mit allem, was weniger als das ist, kann man viel leichter fertig werden." Von einem psychologischen Standpunkt aus betrachtet ist dies sicherlich wahr. Es ist erheblich einfacher, ruhig zu bleiben und in eine Technik überzufließen, wenn der Typ nur mit einer Faust zuschlägt anstatt daß er an Dir mit einem Katana herumschlitzt. Die Anhaltspunkte sind jedoch unterschiedlich, die Angriffsline ist unterschiedlich, die Wucht, mit der Du es zu tun hast, ist unterschiedlich, und wenn eine Person an so etwas wie einem Schwertgriff festhält, sind ihre Handgelenkaktionen ziemlich verschieden von denen, wenn ihre Handgelenke sich „frei" bewegen. DIE TYPISCHSTEN KAMPFKUNSTSYSTEME IM ÜBERBLICK Es gibt mehr als ein Dutzend Systeme des Karate. Sie können prinzipiell unterteilt werden in die koreanischen und die japanischen Stile. Behalte im Kopf, daß das Karate, so wie es heutzutage gelehrt wird, wirklich kaum älter als ein Jahrhundert ist. Einige Stile sind sogar noch jünger, bei denen die ursprünglichen Gründer heute noch leben. Auch haben sich die Dinge beim Unterrichten der Kampfkünste geändert. Vor fünfundzwanzig Jahren waren Asiaten die einzigen Leute, die in diesem Land irgendwelche Kampfkünste lehrten. Sicherlich gab es einige nichtasiatische Lehrer, aber sie waren sehr selten. Es gab beim Unterrichten der Kampfkünste auch nicht viel Geld zu verdienen. Viele asiatische Lehrer machten es, weil es ein Teil ihres Lebens war und es ihnen ermöglichte, ihren Lebensunterhalt in einem fremden Land zu bestreiten, was ihnen erlaubte, sich an einem Stück ihrer Kultur festzuhalten. Schulen waren viel formeller als heute. Es wurde viel mehr Betonung gelegt auf richtiges Benehmen und Höflichkeit. Es mag bloß Nostalgie von mir sein, aber es war etwas Besonderes an diesen von Asiaten unterrichteten Schulen in den Sechzigern (Ich werde allerdings zugeben, daß es da einiges an Vetternwirtschaft durch die „asiatischen Klans" gab, wenn es um die Urteile bei Turnieren und ähnlichem ging.). Jetzt haben wir einen Circus Maximus in der Kampfkunstwelt. Es ist ein kommerzielles Geschäft, mit Ketten von Lizenzschulen fast so wie McDonald's, die mit anderen kommerziellen Ketten im Wettbewerb stehen. Dies hat zu einem sehr geschmacklosen Benehmen geführt. Es gibt heute Leute, die Kampfkünste unterrichten, darunter sehr bekannte, die mein alter Sensei aus seinem Dojo und auf die Straße hinaus geschmissen hätte für ihre reine Unhöflichkeit und Arroganz. Und das alte Schlitzauge hätte es auch locker tun können.
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Es gab mal eine Zeit, in der das Erreichen eines Schwarzgurts sehr schwierig war. Es erforderte Jahre des Trainings unter einem Sensei, der manchmal absichtlich Deine Geduld und Selbstdisziplin auf die Probe stellte. Du hattest nicht bloß ein paar Katas auswendig zu lernen, ein paar Techniken zur Schau zu stellen, vielleicht ein paar Bretter zu zerbrechen und damit „eine Prüfung zu bestehen", um einen Schwarzgurt zu bekommen. Ja, Du mußtest all das tun, aber falls der Lehrer nicht glaubte, daß Du in einer Auseinandersetzung in einer dunklen Gasse, bei der es um alles oder nichts geht, kämpfen könntest, dann wurdest Du nicht zum Schwarzgurt ernannt. Heutzutage sehe ich überall „Schwarzgurte", die Techniken kennen und Katas gut ausführen können, die aber ganz einfach nicht kämpfen können. Taekwon-Do Dies ist die führende koreanische Kampfkunst und die meistpraktizierte Form des Karate weltweit. Es ist ein kraftvoller Stil, bei dem die Tritte mehr als die Handtechniken betont werden. Das Training ist ziemlich einheitlich in jeder Taekwon-Do-Schule. Es liegt eine starke Betonung auf der Kata, einer Serie von Schritten, Blöcken, Tritt- und Schlagtechniken die allein gegen einen imaginären Gegner ausgeführt werden. Das Konzept der Kata existiert in allen Formen des Karate, unabhängig von der Nationalität. Jede Kata ist auf eine bestimmte Gürtelstufe ausgerichtet und ist eine vorher festgelegte Reihenfolge, die genauso von jedermann in jeder Taekwon-Do-Schule auf der Welt ausgeführt wird. Kata nennt sich auf koreanisch Hyung. Ein typischer Taekwon-Do-Unterricht schließt ein, daß all die Schüler eine einzelne Kata gleichzeitig ausführen, bei der jedermann den Kiai am entsprechenden Punkt in der Kata ausstößt. Sie wird unter der Anleitung des Lehrers ausgeführt, der den koreanischen Namen für die nächste Technik ausruft. Schlagen wird ebenfalls in der Gruppe geübt. Im Taekwon-Do ist das freie Sparring erlaubt, und viele Schulen benutzen Schutzausrüstung, um mehr Kontakt zu erlauben. Das Abblocken in der koreanischen Form ist hauptsächlich die direkte kraftvolle Vorgehensweise. Große Betonung wird auf kraftvolle Schläge und gleichfalls kraftvolle Blöcke gelegt. Erst in den höheren Schwarzgurtstufen beginnt man, kreisförmige Blöcke oder das Ablenken von Schlägen, so wie ich es in diesem Buch präsentiert habe, zu sehen. Ich persönlich finde, daß Taekwon-Do kraftvoll ist, wenn es gemeistert wird, aber im ganzen zu starr und irgendwie nicht anwendbar in einem echten Kampf ist. Perfekte geradlinige Form, rechtwinklige Schulterausrichtung, exakte Fußplazierung und derartige Dinge werden hervorgehoben. Solche Mechaniken sind in einem echten Kampf nur dann von Wert, falls Dein Gegner auf die gleiche Art und Weise kämpft. Die Sache ist bloß die, daß niemand so kämpft. Im allgemeinen bekommen Taekwon-Do-Schüler eine verzerrte Vorstellung von dem, was in einem tatsächlichen Kampf enthalten ist. Um nun nicht so zu erscheinen, als ob ich zu sehr etwas gegen die koreanische Form des Karate habe, werde ich sagen, daß die meisten formalen, klassischen Karatestile die gleichen Fehler mit ihr teilen. Eine fortlaufende Debatte zwischen klassischen und „New Age"-Kämpfern bezieht sich darauf, ob die Kata von irgendeinem Wert dabei ist, jemand auf einen echten
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Kampf vorzubereiten oder nicht. Im ganzen gesehen denke ich, daß sie es nicht ist. Der einzige wirkliche Wert, den ich im Massendrill des geraden Fauststoßes oder der festgelegten Kata gesehen habe, ist der, daß manchen Schülern, denen ein starker Kampfgeist fehlt, darin geholfen wird, weil sie sich mit der Kraft der Gruppe identifizieren können. Sie fühlen, daß der Schlag die Kraft der gesamten Klasse trägt, wenn jedermann zur selben Zeit schreit und sich bewegt. Um fair zu sein muß ich sagen, daß ich einmal einen solchen Schüler hatte, der mir nach einem Kampf, den er gewonnen hatte, sagte, daß er fühlte, er könne tatsächlich die ganze Klasse ihr Kiai schreien hören, als er seinen Angreifer schlug. Im Fall dieser Person halfen das Katatraining und der Massendrill offensichtlich. Aber es war eher seine Einstellung als seine Technik, die durch dieses Üben gestärkt wurde. Der stärkste Bestandteil des Taekwon-Do ist seine Betonung auf kraftvollen Schlägen. Falls sie treffen, können sie manchmal Knochen brechen. Eines seiner schwächsten Bestandteile ist seine überaus starr festgelegte Trainingsmethode, die persönlichen Stil und Technikentwicklung unterhalb der Schwarzgurtstufen einschränkt. Zweitens gibt es ein zu starkes Sichverlassen auf die Kraft anstatt eines Verständnisses für den Wert des Nichtankämpfens gegen eine Kraft. Der Nachteil des kraftvollen Abblockens ist der, daß es Dich sehr fest angewurzelt und offen für den gegnerischen Schlag stehen läßt, falls es fehlschlägt. Die koreanische Kraftvorgehensweise ist zu sehr die einer Alles-oder-Nichts-Angelegenheit für mich. Schließlich wird das Treten zu stark hervorgehoben, insbesondere die auffälligen hohen Tritte, welche nicht geeignet sind für eine tatsächliche Selbstverteidigung. Diese Betonung auf den Tritt läßt den Schüler schmerzhaft die nützlicheren Handtechniken sowie die Vorgehensweise des Ablenkens und Umleitens mit Abwehrtechniken fehlen. Würfe werden nur oberflächlich behandelt; statt dessen werden phantasievolle Beinfeger vom Boden aus gelehrt. Gehe niemals auf den Boden, um in einem tatsächlichen Kampf eine Technik auszuführen, es sei den, um Dich vor Kugeln abzuducken. Trotz alle dem gibt es vom Taekwon-Do eine Menge zu lernen darüber, wie man schlägt und tritt. Es ist gewissermaßen eine „Kerndisziplin" des Kampftrainings. Du solltest keinen Fehler dabei begangen haben, das Training in dieser Kunst aufgenommen zu haben. Aber behalte die Realitäten von tatsächlichen Kämpfen im Kopf, auf die ich überall in diesem Buch hingewiesen habe. Taekwon-Do ist schon paradox, weil seine kraftvolle Vorgehensweise am besten geeignet ist für große Typen mit einer Menge an natürlicher Kraft. Solche schwer gebauten Typen sind jedoch gerade diejenigen, die am wenigsten geeignet sind für die starke Betonung der Trittechniken dieser Kunst. Tang Soo Do Diese koreanische Form des Karate ist ein bißchen weniger starr in seinen Trainingsmethoden als das Taekwon-Do, und ich denke auch ein wenig praxisnäher für echtes Kämpfen. Unser Held Chuck Norris ist ein Tang Soo Do-Mann, obwohl er auch Taekwon-Do trainiert hat. Tang Soo Do-Schulen verbringen ein bißchen mehr Zeit mit Handtechniken und sind ein wenig besser darin, Dir beizubringen, wie man jemand wirkungsvoll wirft. Obwohl diese Schulen gut diszipliniert sind, habe ich
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festgestellt, daß sie offenerer dafür sind, den Schülern zu erlauben, mit Techniken zu experimentieren. Nichtsdestotrotz legt dieser Stil, obwohl er ein bißchen kreisförmiger ist als Taekwon-Do, noch immer sehr viel Wert auf Tritte. Die Tang Soo Do-Jungs lieben einfach ihre Drehtritte (siehe Freund Chuck). Hapkido Diese wird manchmal als die integrierte koreanische Kunst bezeichnet, weil sie eine ausgewogenere Betonung sowohl auf Würfe, Gelenkhebel und Handtechniken als auch auf kraftvolle Tritte legt. Diese Kunst kann als eines der praktischeren koreanischen Systeme der Selbstverteidigung angesehen werden. Sie hat Ähnlichkeiten mit dem Tang Soo Do, aber was soll's, wie ich schon sagte, es gibt nur ein bestimmte Anzahl von Wegen, um jemand zu treten, zu schlagen oder zu werfen, und das ist es, worum es im Prinzip bei jedem Stil des Karate geht. Japanisches Karate: Wado Ryu, Goyo Ryu, Isshin Ryu, Shotokan Die japanischen Karateformen sind weniger kraftorientiert als die koreanischen Formen. Sie neigen dazu, bei der Verteidigung mehr Betonung auf kreisförmige Handtechniken zu legen. Die japanischen Formen sind in ihren Trainingsmethoden auch nicht so starr wie die koreanischen.
Obwohl die japanischen Formen des Karate den koreanischen Formen natürlich ähnlich sind, finde ich persönlich, daß die Atmosphäre in Dojos, die die japanischen
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Stile lehren, irgendwie angenehmer ist. Dies hängt natürlich sehr von dem einzelnen Lehrer ab. Wado Ryu war der erste Stil des Karate, den ich bis zu einem Fortgeschrittenenlevel trainiert habe. Er wurde gegründet von einem Schüler des legendären Gichin Funakoshi namens O'Sensei Hironori Otsuka. Es ist ein jüngerer Stil, gegründet im Jahre 1939. Otsuka war ein Meister des Shindo Yoshin-Ryu Jujutsu und baute einige von Funakoshis Formen des Karate in diese Disziplin ein. Der Schwerpunkt des Wado Ryu ist viel kreisförmiger und weicher als Funakoshis Stil des Shotokan. Es betont außerdem runde und fließende Würfe. Wado Ryu bedeutet „harmonischer Weg". Ich fand dies eigenartig, denn manchmal kann ich sehen, daß Wado Ryu - falls man bestimmte Konzepte der Kunst unter Ausschluß von anderen herausnimmt und diese dann zu ihrem Maximum verfeinert - etwas sehr dem Aikido ähnliches ist, welches für „Weg der fundamentalen Harmonie mit dem Geist des Universums" steht. Dies mag für einige von Euch von geringem Interesse sein, aber die Regeln besagen, daß man den Namen seines Gründers, den Stil seines Sensei und derartige Dinge zu erwähnen hat, wenn man über die Kunst spricht. Also okay, ich habe es hiermit nun getan. In meinen Jahren des Wado-Ryu-Trainings hatte ich es nur ein einziges Mal mit einem Arschloch zu tun. Im wahren Geist der Kunst werde ich auf diesen Zwischenfall nicht weiter eingehen. Leute, Okinawa ist ein Teil von Japan. Tatsache ist, daß das japanische Karate zum größten Teil tatsächlich auf der Insel Okinawa begann, bevor es auf das japanische Festland kam. Okinawas Karatestile lehren manchmal den Gebrauch von Waffen. Sie sind nicht ganz so auf den Sport ausgerichtet wie andere japanische Formen. Einige der Schulen Okinawas legen eine wirkliche Betonung auf anwendbare Selbstverteidigungsfertigkeiten. Ein weiterer japanischer Stil, den ich für interessant halte, ist Enshin Karate, so wie es von Shihan Joko Ninomiya gelehrt wird. Ich habe nicht das Privileg genossen, von diesem Meister Unterricht zu erhalten, aber ich habe seine Schüler in mehr als einem Vollkontaktturnier beobachtet. Sie zeigen einen großen Kampfgeist und scheinen eine spezielle Vorliebe für das Wahrnehmen des Angriffswinkels zu haben, nicht Kraft gegen Kraft einzusetzen und Schläge eher abzulenken als abzublocken. Diese Enshin Karateka würden wissen, wie man kämpft, falls es in einer realen Begegnung dazu käme. Die Hauptschule befindet sich in Denver, Colorado. Shotokan ist ein kraftvoller Stil ähnlich dem Taekwon-Do, aber nicht ganz so starr. Japaner und Koreaner kommen bloß manchmal nicht so gut miteinander aus. Japanisch orientierte Kampfkunstschulen werden häufig auch einen guten Judooder Jujutsu-Unterricht anbieten. Dies ist manchmal in Erwägung zu ziehen, wenn Du eine Schule in Deiner Gegend begutachtest und auswählst. Judo Judo ist der Sport der Würfe. Die Hauptwürfe werden ausgeführt, indem Du Deine Hüfte in den Gegner stößt, während Deine Hände auf solch eine Art und Weise an seinem Gi ziehen, daß Du ihn teilweise auf Deiner Hüfte auflädst, wobei Deine Knie leicht gebeugt sind. Der Wurf, das bedeutet das Heben des Gegners vom Boden weg, wird mit den Beinen ausgeführt, wenn Du „aufstehst". Die Hüfte ist der Drehpunkt
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oder Hebelpunkt für den Wurf. Andere Würfe schließen die einfachen Beinwürfe ein, wie etwa den Usoto gari, den wir uns vorher angesehen haben. Im Judo gibt es kein Schlagen oder Treten. Es ist ein Sport, bei dem zwei Leute sich aneinander festhalten und herumrangeln, um eine Öffnung für einen Wurf zu schaffen oder zu entdecken. Der Gegner wird in einer Art und Weise geworfen, die dazu bestimmt ist, eine Verletzung bei ihm zu vermeiden. Andere Techniken, die gelehrt werden, schließen Würgegriffe und „Mattenarbeit" mit ein, was Ringen am Boden und Deinen Mann in einen Festlegegriff bringen ist. Kasa katame ist der grundlegende Festleger am Boden. Judo wird als Selbstverteidigungskunst von Leuten, die mit seinem Training nicht vertraut sind, gewaltig unterschätzt. Ich würde Judo in die Arena des „Kerntrainings" plazieren, ganz genauso wie irgendeinen der Karatestile, die ich erwähnt habe. Und zwar deshalb, weil Judo Dir wirksame Ringkampffertigkeiten beibringt, die abhängen von der Wahrnehmung der Verlagerungen des Körpergewichts, bevor sie vollendet sind, und einem feinen Gespür für Dein eigenes und das Gleichgewicht Deines Gegners.
Judotraining kann Dich körperlich bis ans Limit erschöpfen. Ein typischer Judounterricht beinhaltet Randori, was eine Form des freien Sparrings ohne Schläge ist. Die Judoka stellen sich in Paaren auf und bewegen sich auf der Matte herum, sich aneinander festhaltend und versuchen dabei, den Wurf anzusetzen. Falls Du eher mit einem Angreifer ringen magst als Schläge auszutauschen, wird der Judounterricht Dir dabei helfen, es richtig zu machen. Judo ist nicht so reglementiert wie Karate. Es ist eine ungezwungenere, persönliche und freundliche Vorgehensweise des Unterrichtens, und Judoleute neigen dazu, gute und freundliche Einstellungen zu haben. Du siehst nicht so viele Machospinner (sprich Arschlöcher mit Problemen) in einer Judoschule wie man manchmal in Karateschulen sieht. Obwohl die Hüftwürfe den Kern des Judo bilden, habe ich sie selten in tatsächlichen Kämpfen eingesetzt, auch wenn ich die Kunst ernsthaft über mehrere Jahre unter einem starken japanischen Lehrer trainiert habe. Ein Grund dafür ist der, daß Judo sich gewissermaßen auf die Kleidung, den Gi, für das Erfassen verläßt. Es
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hat jedoch eine Handvoll von Begegnungen gegeben, in denen jemand mich in einer Ringkampfsituation ergriff, in der er die alte M-65 Militärjacke oder eine Motorradlederjacke trug und der klassische Judohüftwurf sich einfach anbot. Andererseits halte ich nichts davon, in einem echten Kampf meinem Gegner meinen Rücken zuzuwenden. Er muß mir den Wurf anbieten, bevor ich auf irgendeinen großen Ippon wie den Hüftwurf abziele. Beinwürfe sind etwas anderes. Sie werden ausgeführt, während Du Deinem Mann gegenüberstehst und funktionieren gut in richtigen Kämpfen, falls sie richtig ausgeführt werden. Ich finde allerdings, daß Judo mit Schlägen und anderen Techniken, die Deinen Mann für den Wurf weichmachen, kombiniert werden muß. Jujutsu kombiniert die Würfe des Judo mit den Schlägen des Karate. Im Jujutsu allerdings werden die Handtechniken mehr hervorgehoben als die phantasievollen Trittechniken. Dies unterscheidet es vom Hapkido oder Tang Soo Do. Ich erwähnte, daß die meisten Kämpfe im Ringen enden und daß Judo Dir praktische Ringkampffertigkeiten beibringen wird. Nachdem Du Judo für ein paar Jahre geübt hast - was bedeutet, daß Du zwei oder drei Mal pro Woche je eineinhalb Stunden oder so etwa mit einem Haufen der unterschiedlichen Körpertypen gerungen hast - wird Dein Körper sofort darauf antworten, wenn es in einem richtigen Kampf zum Ringen kommt. Für den Judoka ist es ein alter Hut. Du wirst nicht so leicht von solchen ungeschulten Angriffen wie dem Nashorn geworfen werden. Wenn aber Dein Gegner den ersten Ansatz in die vorübergehende Gleichgewichtsposition macht, rumms, bist Du an ihm dran wie der Gestank an der Scheiße und er ist geworfen. Ich mag Judo, aber wie jede andere Kunst ist es allein nicht vollständig. Lerne Deinen Unterleib gegen Kniestöße zu schützen während Du ringst. Diese werden im Judo nicht benutzt, sind aber Lieblingstechniken in einem echten Ringkampf. Ein abschließendes Wort zum Judo für richtiges Kämpfen. Der Judowurf kann dort wirkungsvoll sein, wo der Karateschlag oder -tritt es nicht sein mag. Dies kann passieren, wenn Dein Gegner um so vieles größer oder stärker ist als Du, daß Deine selbst wohlgezielten Schläge ihn nicht ausreichend verletzen. Nicht so bei dem Judowurf! Falls Du ihn richtig ausführst, wird er geworfen und das war's. In einer ekligen Situation kannst Du ihn wirklich so verheerend fallen lassen, daß er nicht mehr in der Lage sein mag, sehr bald wieder aufzustehen, um seine Scheußlichkeiten fortzusetzen. Dies ist der Grund dafür, warum Judo wirklich gut angebracht ist und eine gute Grundlage bildet für kleinere, stämmige Typen. Ihr niedriger Körperschwerpunkt macht es leichter, die Hüfte in den Gegner zu stoßen und den Wurf zu ermöglichen. Ich habe ein paar wirklich starke (sprich fanatische) Judotypen kennengelernt, die kaum größer als 1,65 m waren und jeden werfen konnten, der nicht in der Kunst trainiert war sowie die meisten von denen, die es waren. Selbst wenn Du nicht mehr als 65 kg wiegst, kannst Du lernen, einen Typ zu werfen, bei dem die Waage 115 kg anzeigt, falls Du Deine Judotechnik gut lernst. Ein großer, starker Typ zu sein schadet ebenfalls nicht beim Training des Judo. Ich denke, ich habe einige Judogrundlagen in nahezu allen meinen richtigen Kämpfen, in denen ich gewesen bin, eingesetzt. Dennoch behalte im Kopf, daß Dein Training des Judo in Wirklichkeit das Training einer Sportart ist. Es ist nicht darauf
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ausgelegt, Dir beizubringen, wie man kämpft. Du mußt die speziellen Werkzeuge des Judo für das Kampfszenario selbst anpassen. Aikido Bevor ich auf dieses eingehe, muß ich Dir sagen, daß ich niemals ein richtiges Training im Aikido gehabt habe. Nachdem ich allerdings über zahlreiche Jahre verschiedene Karatestile, Judo und Waffenkünste trainiert habe, und im Hinblick auf meine tatsächlichen Erfahrungen aus Beobachtungen von realen Angriffen und Verteidigungen gegen die selben, unterstelle ich, daß ich sowohl begreife, was der Aikidoka zu erreichen versucht als auch die Art und Weise, in der er fühlt, daß er es erreichen kann. Ich habe genug Aikidoausführungen von fähigen Aikidoka gesehen, um zu wissen, was die Grundtechniken sind. Ich hatte die Gelegenheit, mit Angriffen gegen Aikidoka „herumzuspielen"; der Amazing Eagle, einst ein Goyo Ryu-Karatemann, steht nun in den Rängen der Aikidogefolgsleute und trägt den heiligen schwarzen Hakama. Tsss! Möge sein Stamm sich vermehren. Der Eagle läßt selten eine Gelegenheit aus, um mich mit der wahren Herrlichkeit seiner Kunst zu erleuchten. Es gibt im traditionellen Aikido kein Schlagen oder Treten. Der Wurf ist das Herz der Kunst, aber dies ist ganz und gar nicht der judoartige Hüftwurf. Statt dessen übernimmt Aikido die Idee hinter der Technik, die ich als „Taucher" bezeichne, und bringt sie zu ihrer ultimativen Verfeinerung. Aikido hat außerdem die Tugend einer tiefgehenden Wertschätzung für das Prinzip des Nichtangehens gegen die Kraft eines Gegners. Aikido setzt keine Kraft in einem bedeutenden Sinn ein; die gegnerische Kraft wird statt dessen umgeleitet und umlenkt.
Aikidoka versuchen nicht, ihren Feind zu vernichten; sie streben nur danach, den Angriff zu neutralisieren. Das Schlüsselkonzept in der Ausführung einer Aikidotechnik wird häufig „die Führung einfangen" genannt. Dies bedeutet, die gegnerische Körperbewegung wahrzunehmen („...der Körper spricht", Hollywood Bob), den Angriffswinkel zu erkennen, der eingesetzt wird und das Werkzeug
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auszuwählen. Dies erlaubt dem Aikidoka, mit dem Angriff „mitzugehen" und den gegnerischen Schwung für den Wurf oder Sturz umzulenken. Viel Betonung wird gelegt auf Handgelenkverdrehung in Kombination mit dem Ansatz eines anderen Hebelpunktes am gegnerischen Körper. Der andere Hebelpunkt ist häufig entweder der Ellenbogen, Hals oder Kopf. Aikidotechniken sind von ihrer Natur her fließend und kreisförmig, und der Angreifer wird häufig „herumgeschleudert" und quer durch den Raum fliegen gelassen. Zentrifugalkraft wird bei einigen Techniken eingesetzt, um den gegnerischen Körper in Bewegung zu setzen. Ich denke, ein zentrales Wesen dieser Kunst ist, den Gegner in solch einer Art und Weise über den Boden zu bewegen, daß er ständig versucht, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen, welches der Aikidoka nur einen halben Schritt voraus vor ihm hält. Der Gegner wird kontrolliert, in dem der Aikidoka sich über den Boden bewegt, mit seinen Hebelpunkten (Händen) am Gegner, während er ihn um die Außenbahn eines Kreises herumzieht. Der Aikidoka ist im Mittelpunkt dieses Kreises, so daß er stabil steht. Aber sein Gegner bewegt sich sogar noch immer schneller, um sein Gleichgewicht aufzufangen, um ein Stolpern und Hinfallen zu vermeiden. Diese Kontrolle erlaubt es dem Aikidomann, die Bewegung seines Gegners zu beschleunigen und, falls er es wünscht, ihn tangential herauszuschleudern, wenn er ihn losläßt. Alternativ dazu sind Aikidoleute berühmt für den guten alten Unterarmschlag zur Kehle, welcher erreicht wird durch ein Ausstrecken von Hand oder Handgelenk, mit dem der Gegner auf Kehlenhöhe zusammenstößt. Aikido macht sich auch viel aus Nervendrucktechniken am Handgelenk für Abführgriffe. Diese Techniken werden häufig eingesetzt, nachdem der Gegner zu Boden gebracht worden ist. Sie schmerzen phantastisch. So weit ich es sehen kann, kann man nicht aus ihnen entkommen. Aber erst mal muß der Aikidoka einen bei Dir anlegen können. Obwohl ich Aikido nicht trainiert habe, habe ich sicherlich seine Prinzipien beim Taucher oder beim Herumdreher eingesetzt. Also weiß ich, daß die Techniken physikalisch in richtigen Kämpfen funktionieren. Aber sie müssen wirklich bis zu einem sehr hohen Niveau des Könnens geübt werden, um bei einem tatsächlichen Angriff mit Erfolg eingesetzt zu werden. Dies bedeutet nicht, daß Du nicht ein solches Leistungsniveau erreichen kannst. Es gibt viele Dinge, die ich am Aikido mag, und viele der Konzepte (behalte den Unterschied zwischen Konzepten und Techniken im Kopf) sind ein großer Teil in meinem persönlichen Stil. Tatsache ist, daß die selben Konzepte (abgesehen von einigen der geistigen Ideen) dem Judo ziemlich ähnlich sind. Selbst ein paar Aikidound Judotechniken sind ähnlich, wenn es um Festlegegriffe geht. Aber grundsätzlich unterscheidet sich Aikido doch sehr vom Judo. Was sehe ich als die Hauptschwächen des Aikidotrainings für eine ausreichende Vorbereitung auf das Fertigwerden mit einem Straßenkämpfer an? Blätter zurück und lese über den Hawthorne Effekt in Kapitel 2. Ich denke, viele Aikidopraktiker leiden unter dieser Art des Denkens. Wenn ich zu meinen Aikidofreunden sage: „Ich glaube nicht, daß die meisten Leute in Deinem Unterricht diese Techniken wirksam gegen einen tatsächlichen Angriff einsetzen könnten", antworten sie: „Schon möglich, aber trifft dies nicht auf die meisten Leute zu, die irgendeine Form der Kampfkünste trainieren?" Ich muß eingestehen, daß dies wahr ist.
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Aikido ist esoterisch. Die Leute, die es trainieren, sind grundsätzlich nicht gewalttätig. Die Atmosphäre in der Aikidotrainingshalle ist die von Zusammenarbeit, Respekt und Gewaltlosigkeit. Ich habe noch nie eine Aikidoperson getroffen, die eine negative Einstellung hatte oder zu beweisen versuchte, was für ein harter Kerl sie ist. Aikido ist gut angebracht für diese Art der Veranlagung. Falls Du Dich selbst dem Training dieser Kunst verschreibst, kann es sehr nützlich sein in einer wirklichen Angriffssituation. Aber wie in jeder anderen Kunst auch, mußt Du sowohl die richtige Einstellung als auch eine Beherrschung der Werkzeuge haben. Im Aikido bedeutet dies einen wahrhaft entspannten Geist während des Angriffs zu haben. Die Techniken hängen von einem feinen und tastsinnmäßigen Gefühl ab, das beeinträchtigt wird von geistiger oder körperlicher Anspannung, und sie müssen außerdem dynamisch und mit nahezu perfektem Timing fließen. Wie beim Judo gibt es kein grundlegendes Sichverlassen auf Kraft und Körperstärke bei der Ausführung der Techniken. Dies trifft beim Aikido sogar noch mehr zu als beim Judo. Beim Judo kann ein wenig Oberkörperkraft manchmal eingesetzt werden, um kleinere Fehler in der Ausführung auszugleichen. Aber bei den Aikidotechniken ist körperliche Kraft ganz einfach ohne Bedeutung. Deshalb macht die Kombination des Aikidotemperaments mit der Unnötigkeit für den Einsatz von Kraft, um Dinge funktionieren zu lassen, diese Kunst zu einer passenderen Wahl für Frauen. Nochmals gesagt, denke ich, daß Aikido Vorzüge hat, auch wenn einige es als die „nichtkämpfende Kunst" bezeichnen (sei in der Tat auf eine Extradosis von geistigem Hokuspokus vorbereitet). Allerdings müssen die Dynamiken der Bewegungen mit den Atemi- (Schlag-) Techniken kombiniert werden. Darüber hinaus muß die Selbstverteidigungsanwendung von Dir eingebracht werden. Falls Du einen Typ mit einer Aikidotechnik in Bewegung bringen kannst, dann kannst Du ihn genauso leicht gegen eine Wand oder in ein vorbeifahrendes Auto laufen lassen, falls die Umstände dies verlangen. Diese Kunst, falls sie gemeistert wird, mag der beste Weg sein, um mit Waffenangriffen fertigzuwerden (d.h. ausgenommen, selbst eine bessere Waffe zu haben). Falls Du ein Individuum mit einem großen Elan bist, aber vielleicht von weniger großer Körpergröße oder Körperkraft, magst Du Dir wünschen, Aikido in Betracht zu ziehen. Kung Fu: Die chinesischen Systeme des „Karate" Es ist nicht gerade korrekt, diese Systeme als „chinesisches Karate" zu bezeichnen, aber sie enthalten meistens Schlag- und Trittechniken wie die der koreanischen und japanischen Formen (welche, wie ich bereits erwähnte, wahrscheinlich chinesischer Abstammung sind). Es gibt viel zu viele chinesische Systeme, um sie alle zu zählen. Trotzdem ist es schwierig, einen wirklich legitimen Unterricht in irgendeinem Kung Fu-Stil zu finden, solange Du nicht in einer Gegend mit einer großen chinesischen Gemeinde wie etwa San Francisco lebst. Sei Dir bewußt, daß es mehr falsche Kung Fu-Lehrer gibt als in irgendeiner anderen Kampfkunst. Es ist eher schwierig, Dich selbst als ein
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Taekwon-Do- oder Shotokan-Experte auszugeben falls Du keiner bist, weil es genügend dieser Stilisten überall gibt, um Deinen Schwindel ziemlich schnell aufzudecken. Sollte ich mich selbst allerdings als ein Sifu (Lehrer) des Wa Shu Fan Kung Fu bezeichnen, muß ich mich im allgemeinen nicht darum sorgen, daß ein echter Wa Shu Fan-Mann in einen meiner Unterrichte hineinspaziert. Diese Situation, kombiniert mit dem Mystizismus, die Fernsehen und Kino mit dem Kung Fu in Verbindung gebracht haben, hat zu einer ansteigenden Menge an Kung FuLehrern geführt, die das Geld abkassieren und nichts dafür bieten. Die Sache dabei ist die, daß sie manchmal diese Farce über Jahre weiterlaufen lassen.
Okay, vielleicht nehmen wir hier doch mal wieder jemand auf die Hörner. Da gab es einmal diesen Typ, der sich selbst über mehrere Jahre lang in der Stadt, in der ich lebte und Unterricht erteilte, als Kung Fu-Lehrer ausgab. Kein Problem für mich. Mensch, ich werde mir immer jemand anderen seinen Stil ansehen mit dem Hintergedanken, etwas Neues zu lernen. Aber in dem Unterricht dieses Typs gab es nichts zu lernen außer, was für Arschlöcher manche Leute sein können. Ich war höflich, also ließ er mich den Unterricht beobachten. Ich sah niemanden, der meiner Meinung nach irgendwelche echten Kampffertigkeiten besaß. Ich vermutete, daß er vielleicht ein paar Bücher gelesen, jede Folge von „Kung Fu", die jemals gesendet worden ist, gesehen und
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vielleicht zu irgend einem Zeitpunkt irgendwo etwas Unterricht bekommen hat, wahrscheinlich von jemandem genau wie ihm selbst. Er nutzte seinen „Unterricht", um eine lange Schmährede über die Stärke seines Systems gegenüber dem altmodischen Karate abzuhalten, welches, selbstverständlich, einfach eine leere Widerspiegelung der ursprünglichen Kunst war, welche er lehrt. Er erwähnte in seiner Rede nur wenig von den „Meistern", unter denen er trainiert hatte. Es war regelrecht peinlich, all dem zuzuhören, also verneigte ich mich und ging. Ein paar Wochen später sprach es sich zu mir herum, daß dieser Typ entschieden hatte, daß Wado Ryu nicht gut ist, daß ich in einem Kampf gegen ihn hilflos sein würde und daß meine Schüler nicht wirksam trainiert werden. Nun, in den meisten Fällen hätte ich solch einen Unsinn einfach ignoriert, aber weißt Du, die finanziellen Gesichtspunkte dabei, daß ich alle seine Schüler in meinen Unterricht bekommen könnte, arbeiteten ein wenig in meinem Kopf. Abgesehen davon ging mir der Typ gewissermaßen auf den Wecker. Ich kehrte irgendwann später zurück zu seinem Unterricht und wartete das ganze Affentheater hindurch ab, bis alle seine Schüler gegangen waren. Weißt Du, ich habe Klasse - ich wollte nicht, daß sie meine Aktionen als ein Beispiel dafür ansehen, wie man mit solchen Dingen umgeht. Nachdem ich dem Typ sagte, daß ich neugierig auf seine Kunst bin, fragte ich ihn, ob er einem Wettkampf mit mir zustimmen würde, der keine verkrüppelnden Schläge, Knochen- oder Gelenkbruchtechniken und derartiges beinhaltet, aber einigen Kontakt erlauben würde. Es war außer uns niemand sonst da, und er versuchte, sich herauszuwinden, aber ich wollte ihn nicht vom Haken lassen. Er mußte einwilligen oder hier und jetzt Farbe bekennen. Er nahm tatsächlich eine dieser David Carradine-Stellungen ein und zischte ein bißchen, bevor ich ihm seine Lichter ausschlug. So sehr können sich manche Leute von ihren eigenen Phantasien verblenden lassen. Du hast es erraten; eine kurze Zeit später hörte ich eine Geschichte darüber, wie er mich fertiggemacht hätte. Das Komische daran ist, daß ich den „Kampf noch nicht einmal irgendjemand gegenüber erwähnt hatte. Es half mir auch finanziell kaum, da ich bloß einen seiner Schüler bekam. Ich ließ die ganze Sache einfach links liegen als eine lustige Selbstbeobachtung der menschlichen Psychologie. Sei also auf der Hut. Dies war nicht der einzige Kung Fu-„Möchtegernlehrer", dem ich über den Weg gelaufen bin. Rechtmäßige Kung Fu-Lehrer sind grundsätzlich, jedoch nicht immer, Chinesen. Falls sie es nicht sind, sollten sie zumindest zur einen oder anderen Zeit unter einem chinesischen Sifu trainiert haben. Du wirst außerdem auch nicht zu einem Lehrer irgendeines Systems, nach dem Du bloß zwei Jahre oder so darin trainiert hast. Diejenigen Kung Fu-Stile, die ich gesehen habe und die von rechtmäßigen Leuten gelehrt wurden, unterteilen sich in drei Grundkategorien. Es gibt die weichen, blumigen Stile, die keine reale Anwendung beim tatsächlichen Kämpfen zu haben scheinen (Nine Dragons at Sea). Dann gibt es die Stile, die sehr wie die vorherigen aussehen, aber tatsächlich ein paar sehr nützliche Techniken haben (falls Du lange genug dabei bleiben kannst und die Erfahrung hast, um sie ausfindig zu machen). Die dritte Art sieht fast genauso aus wie irgend ein anderer Karatestil, nur mit ein paar merkwürdigen Formen hier und da. Die Sache ist die, daß Du nicht nur eine größere Wahrscheinlichkeit hast, beim Training des Kung Fu einem unechten Lehrer
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aufzusitzen, sondern, daß es da einige Stile gibt, die vollkommen zu rein symbolischen Tanzformen geworden sind, die überhaupt keine richtigen Kampfkünste sind. Ein Beispiel dafür ist Tai Chi-Chuan, bloß daß Tai Chi nicht vorgibt, eine Kampfkunst zu sein. Die zwei Kung-Fu-Stile, in denen ich rechtmäßigen Unterricht erhalten habe, sind Wing Chun und White Crane. Ich entdeckte diese Stile, indem ich höflich war und fragte, ob ich zuschauen konnte, und ich machte bloß dies, ohne irgendwelche Kommentare abzugeben. Nach einer Weile fand ich einen vietnamesischen und einen chinesischen Lehrer, die beide so schienen, als ob sie ein paar gute Techniken hatten, die neu für mich waren als Techniken, aber vertraut von den Konzepten her. Nach dem ich sie erst einmal besser kennengelernt hatte, stimmten sie zu, mir diese Techniken beizubringen, an denen ich interessiert war. Ich habe sicherlich nie einen dieser Stile als System gelernt, aber ich habe ein paar nützliche Techniken in den Griff bekommen. Im Wing Chun entdeckte ich die Kraft des Rückfaustschlags, die Nützlichkeit von ununterbrochenen Ellenbogenschlägen im Infight zu Kopf und Kehle und das Abblocken am Ausgangspunkt eines Schlags (der Schulter). White Crane bot mir die grundlegende Technik des Ablenkens eines Schlags, die ich in diesem Buch als Abwehrtechnik herüberzubringen versucht habe. Es gibt einen weiteren Kung Fu-Stil, mit dem ich es kurzfristig zu tun hatte durch einen Schüler eines Typs, dessen Name, so glaube ich, Scotty Wong war und der ausgerechnet in New York unterrichtete. Der Typ, mit dem ich sparrte, nannte die Form Jow Ga. Ich habe diesen Mr. Wong niemals getroffen, aber sein Schüler war ein harter Brocken. Er ging wirklich auf mich los, und ich hatte schwer damit zu tun, ihn daran zu hindern, mich zu verletzen. Es war nicht so sehr seine Technik, wie es seine Zähigkeit, Wahrnehmung und Kontrolle der Distanz war. Er mochte es, sehr dicht dran zu kämpfen, ganz genauso wie ich, bloß daß dieser Macker meine Wenigkeit dazu zwang, die Distanz zu vergrößern. Der Typ gab mir die Philosophie seiner Kunst mit, so wie sie war. Es ging grundsätzlich um eine Trainingsmethode, die dafür entworfen wurde, um den „Killerinstinkt" zu entwickeln. Es scheint mir so, als ob es ziemlich gut funktioniert. Solltest Du also eine Jow Ga Kung Fu-Schule in Deiner Gegend finden, ist es vielleicht wert, sie sich anzuschauen. Ich hätte diesen Typ im Ernstfall nicht bekämpfen wollen, das kann ich Dir sagen. Es gibt einen Stil des Kung Fu für jeden Körpertyp, aber stell sicher, daß Dein Lehrer echt ist und eine Kampf kunst lehrt und nicht ein kulturelles Überbleibsel. Jeet Kune Do: Die Kampfphilosophie von Bruce Lee Die beste Quelle für Informationen über Bruce Lees Vorgehensweise zum Kampf findet sich in seinem Buch Das Tao des Jeet Kune Do. Besorg Dir eine Ausgabe von einer Kampfkunstzeitschrift und Du wirst dort eine Anzeige für dieses Buch finden. Bruce Lee wird in der Kampfkunstwelt fast bis zum Punkt des Erbrechens verehrt. Ich nehme das zurück: Tatsächlich wird er bis zum Punkt des Erbrechens verehrt. Wenn ich allerdings Das Tao des Jeet Kune Do studiere, ist es für mich klar, daß Lee ein außergewöhnlicher Mensch war. Sein Wissen über die Kampfprinzipien war
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erstaunlich. In der Tat ist es oft die große Tiefe seiner Beobachtungen, die dieses Buch für die meisten Leute gewissermaßen unverständlich macht. Obwohl Bruce Lee ein Schüler der verschiedenen Kung Fu-Stile war, hauptsächlich des Wing Chun, war er der erste bedeutende asiatische Kampfkunstmeister, der die klassischen Trainingsmethoden im Bezug auf ihre Anwendbarkeit im Straßenkampf in Frage stellte. Er erfand den Begriff „klassischer Mist". Dies war einfach unerhört zu der Zeit, als Lee dies tat, Mitte der Sechziger. Es war zur damaligen Zeit praktisch ein Frevel, die klassischen Kampfkünste in irgendeiner Form herauszufordern. Glücklicherweise haben sich die Dinge seit damals zu einem guten Stück gelockert. Bruce war ein Erneuerer. Er sprach ehrlich und respektlos über die Dinge, so wie er sie sah. Er war offensichtlich auch ein hemmungsloser Egomane. Aber was zum Teufel macht das schon, ich kann das nachvollziehen. Darüber hinaus war Bruce bemerkenswert schnell in jeder Hinsicht des Wortes, in der ich Schnelligkeit definiert habe. Seine Körperkoordination war außerordentlich hoch, ebenso seine Hingabe zur Kunst. Dies bedeutet, daß er Techniken zum Funktionieren bringen konnte, die einige Leute niemals in der Lage sein werden auszuführen, ganz egal, wie viel sie trainieren und üben. Solche Leute müssen Techniken lernen, die besser zu ihnen passen, und dies ist ein sehr großer Teil beim Jeet Kune Do-Konzept.
Hör Dir dieses Zitat aus dem Tao des Jeet Kune Do an: „Der Mensch entdeckt die Freiheit in dem Augenblick, in dem er die Sorge darüber verliert, was für einen Eindruck er macht oder hinterlassen wird." Natürlich ist dies eine einfache Wiederholung einer Formulierung eines wichtigen Zen-Gleichnisses, aber solche Aussagen von Lee sind tiefgründige Wahrheiten, und ich fühle, daß er sie ernsthaft meinte. Lee war besorgt darüber, daß, falls er einen Stil gründete, Leute ihn verderben und kommerzialisieren würden. Dies ist nach seinem Tod zu einem gewissen Grad geschehen. Lees Jeet Kune Do ist nicht mehr als ein Komplex von Grundkonzepten, die den Schüler dazu ermutigen, zu erforschen und zu entdecken, was für ihn 182
funktioniert. Der Jeet Kune Do-Schüler wird irgendeine Technik aus irgendeinem System übernehmen, falls er denkt, daß sie für ihn in einem Kampf funktionieren kann. Nachdem Lee zum großen Reisfeld im Himmel gefahren ist, unternahmen natürlich eine Anzahl seiner Schüler und selbst einige flüchtige Bekanntschaften Anstrengungen, um sich selbst als das Oberhaupt des Jeet Kune Do zu etablieren. Für mich ist dies ein berechtigtes kommerzielles Vorgehen, aber es sollte nicht zu ernst genommen werden. Es kann kein „Oberhaupt" im Jeet Kune Do geben. Tatsächlich gibt es eigentlich im Sinn des Wortes keine solche Kunst des Jeet Kune Do. Rechtmäßige Schulen, die dieser Lehre des Unterrichtens folgen, so wie sie von Bruce Lee vorgebracht wurde, gibt es nur wenige. Die Hauptgurus dieses Kults sind Dan Inosanto und ein Typ namens Paul Vunak. Ich nehme an, daß ein Hinweis auf die Echtheit einer Jeet Kune Do-Schule irgendeine Beziehung zu einem dieser beiden Männer sein mag. Dies soll nicht heißen, daß eine Jeet Kune Do-Schule nicht rechtmäßig sein kann ohne irgendeine Verbindung zu einem dieser Männer. Wer kann das im Grunde genommen schon wirklich wissen? Ich habe das Vergnügen gehabt, kurz mit Dan Inosanto (auf einem Seminar gemeinsam mit etwa siebzig anderen Typen) sowie einem anderen philippinischen Stilisten, Remy Presas, zu tun gehabt zu haben. Beide dieser Typen sind sehr starke Kämpfer. Inosanto ist kein junger Hirsch mehr (genauso wenig bin ich es), aber seine Waffenfertigkeiten, speziell mit der Klinge, können regelrecht als legendär angesehen werden. Verwechsel nicht das, was Du in Der Mann mit der Todeskralle oder Todesgrüße aus Shanghai gesehen hast, mit Jeet Kune Do. Erinnere Dich an das, was Wally Jay darüber gesagt hat, was Bruce ihm über hohe Tritte in echten Kämpfen gesagt hatte. Behalte ebenfalls im Kopf, daß, so stark Bruce Lee auch als Kampfkünstler war, er ziemlich jung verstarb und einfach nicht lange genug auf diesem Planet war, um jede Vorgehensweise zum Problem des unbewaffneten Kampfes gesehen zu haben. Selbst nachdem ich so viel über Jeet Kune Do und den verstorbenen Drachen gesagt habe, bin ich sicher, daß ich zahlreiche JKD-Fans verärgert habe. Wie gesagt, besorg Dir eine Kopie von Bruce Lees Buch Das Tao des Jeet Kune Do. Es ist ein meisterhaftes Werk. Westliches Boxen Einer der großen Vorteile des westlichen Boxens ist der, daß es reichlich Plätze zum Trainieren gibt. Fast jedes YMCA hat ein Boxprogramm. Einige Polizeibehörden haben noch immer Boxkurse, um jugendlichen Straftätern Konzepte der Selbstdisziplin beizubringen und zu zeigen, daß nicht alle Cops der Feind sind. Darüber hinaus schlage einfach in Deinen Gelben Seiten nach unter Boxunterricht oder Boxvereinen. Boxschulen stinken , weil jeder eine Menge schwitzt. Dies kommt daher, weil sie eine Menge trainieren. Und sie trainieren auch hart. Boxen ist nichts für die Warmduscherclique. Boxen tut weh. Sie treffen Dich mit Lederhandschuhen im Gesicht, und sie wissen auch, wie man trifft. Vielleicht sollte ich es nicht so versüßen. Boxen ist nichts für Schwächlinge. Es ist ein rauhes Training und viel brutaler als die meisten asiatischen Kampfkünste
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(jedenfalls so wie sie in den Vereinigten Staaten gelehrt werden). Zu Bluten ist eine normale Angelegenheit in einigen Boxschulen, aber in einem typischen asiatischen Dojo kommt das Bluten einem Unfall gleich. Dies ist der Grund dafür, warum ich denke, daß das Boxen eine weitere „Kerndisziplin" ist. Es wird regelmäßig mit Vollkontakt mit Boxhandschuhen und Kopfschutz ausgeübt. Als ich mit dem Boxunterricht anfing, war ich bereits seit sieben Jahren ein Schüler sowohl des Karate als auch des Judo. Einige der Typen in des Schule wußten davon und kamen zu dem Entschluß, daß dies ein Grund dafür war, mit ein bißchen extra Schmackes auf mich einzuprügeln, was bis zu einem gewissen Grad auf meine Ansichten über das Boxtraining abgefärbt haben mag. Boxen zeigte mir in der Tat, daß, bloß weil ich ein asiatisches System ausgeübt hatte, ich den Boxer nicht unbedingt zu Boden bringen konnte, selbst wenn es mir erlaubt war, alle meine Techniken einzusetzen.
Vollkontakttraining wie dieses bringt Dir zwei wichtige Dinge bei, die in asiatischen Kampfkunstschulen viel schwieriger zu perfektionieren sind. Das erste ist, sich an harte Treffer zum Kopf zu gewöhnen und Dich nicht davon weghauen zu lassen oder verursachen zu lassen, daß Du aufhörst, Dich selbst zu verteidigen. Boxen bringt Dir nicht nur das bei, sondern es trainiert Dich auch für den instinktiven Konterschlag. Die zweite Sache, die Dir das Boxen zu perfektionieren hilft, ist das Verbinden Deiner Schläge zu Kombinationen. Du mußt verstehen, daß mehr in dieser Kunst liegt als bloß das Schlagen von einem Schlag nach dem anderen in einer Reihenfolge. Da Du beim Boxen tatsächlich den Typ am Kopf oder Bauch mit voller Kraft triffst, reagiert sein Körper in einer ähnlichen Art und Weise, als ob es ein Straßenkampf wäre und keine Boxhandschuhe getragen würden. Dies bedeutet, daß Du die Kombinationen besser erlernen kannst, weil Du eine realistische Körperrückmeldung bekommst von dem, was passiert, wenn ein Schlag mit Kraft trifft. Solch eine Rückmeldung fehlt beim Training in den meisten Dojos. Eine der ersten Dinge, die ich sah, wenn ich mit einem guten Schlag mit der Hinterhand zum Solarplexus oder Bauch eines Typs traf, war, daß sein Kopf jedesmal nach vorne geworfen wurde. Es war bloß eine Frage, um wieviel. Dies war genau die Bewegung, die ich in einem richtigen Kampf brauchte, um das Herumdrehen an Kopf und Ellenbogen und/oder den Kniestoß zum Gesicht oder 184
Bauch zu starten. Selbstverständlich ist nichts davon beim Boxen erlaubt, aber der Sport zeigte mir einige gute Wege, um eine Menge Jujutsu-Techniken und einige Karateschläge vorzubereiten (Sonderbarerweise glaube ich, daß einige Leute Aikido trainieren mit dem teilweisen Hintergedanken, wie die Techniken einen Handschlag oder andere Atemi-Technik vorbereiten können.). Ich denke, ein Grund dafür, warum Boxer dazu neigen, so hart zu sein, ist der, daß die Leute, die nicht hart sind, ziemlich früh aus dem Programm aussteigen. Dies läßt diejenigen Leute übrigbleiben, die Du in den Boxvereinen findest; das sind Leute, die Schläge einstecken und austeilen können. Trotz alle dem hat Boxen einige Schwachpunkte, so weit es echte Kämpfe betrifft. Sie alle stammen von dem Verbot von illegalen Techniken im Ring und dem Schutz, den ein Boxhandschuh den Händen gibt. Ich habe bereits erwähnt, daß Du im allgemeinen nicht jemand seinen Schädel mit Deiner geschlossenen Faust treffen kannst, ohne gebrochene Knochen oder verstauchte Knöchel zu riskieren. Wenn ich jetzt allerdings hierüber nachdenke, nehme ich an, daß in den paar ernsthaften Kämpfen, in denen ich meine Arbeitshandschuhe getragen habe, ich mehr so wie ein Boxer als wie ein Kampfkünstler eines asiatischen Stils ausgesehen haben muß wegen all der Schläge mit geballter Faust zum Kopf, die ich schlug. Die Tatsache besteht, daß mit den Händen sehr genau, kraftvoll und auf natürliche Weise leicht zu zielen ist. Der vorher erwähnte Eagle hat mich in der Tat bezichtigt (nur halb ernst gemeint, hoffe ich), nur eine Technik zu haben, nämlich die rechte Hand zum Kopf. Aber wenn wir sparren, ist es mit Handschuhen, was der Grund dafür ist, daß ich damit durchkommen kann. Ich weiß, daß ich mir diese Art von Schlag mit bloßer Hand nicht leisten kann. Und Du kannst es genauso wenig. Ich setze ihn gegen trainierte Kämpfer in Sparringskämpfen mit Faustschützern ein, weil er so schnell und kraftvoll ist, daß er mir eine bessere Chance gibt, mit ihm gegen sie zu landen. Falls Du ein Boxertyp bist, behalte dies im Kopf. Beweg Dich nah heran, arbeite hart am Bauch des Typs, dann geh zum Kopf mit dem Rückfaustschlag, Handballenstoß oder dem Kehlenschlag. Ich weiß, dies ist wirklich hart, weil die Boxschläge so instinktiv und natürlich kommen, daß der linke Haken oder rechte Cross einfach so „herausplatzen" wie es erforderlich ist. Dies ist der Grund dafür, warum Du ein bißchen an den Alternativen trainieren mußt. Wie dem auch sei, wenn Du am Körper des Typs arbeitest, kann es ihn so vorbereiten, daß, falls Du dann zu seinem Kopf gehst, Du ein bißchen mehr Zeit hast, um zu sehen, daß der Schlag korrekt landet. Dies hilft, Verletzungen zu vermeiden. Falls Du es einfach nicht lassen kannst, eine geballte Faust zum Kopf des Typs einzusetzen, ist das Kinn (unter Verwendung des Cross oder des Hakens) ein sichereres Ziel. Boxer können manchmal im Clinch mit Kniestößen zum Unterleib zu Boden gebracht werden, aber zähle nicht darauf. Ich denke, solche Knieangriffe gegen Boxer werden im allgemeinen von Schülern der asiatischen Systeme überbewertet. Wenn ein Boxer allerdings sein Führungsbein durchgedrückt hat, kann ein Trittangriff zu dem Knie eine nützliche Technik sein, insbesondere, um die Distanz zu verkürzen. Ich mag es, Ellenbogenstöße gegen Boxer einzusetzen, weil es sie für den Sekundenbruchteil vor dem Aufschlag verwirrt. Sie nehmen den Schlag war, aber
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erkennen, daß irgend etwas nicht stimmt, dann macht's rumms! Da Boxer außerdem daran gewöhnt sind, harte Schläge einzustecken und nicht so leicht aufgeben, habe ich herausgefunden, daß Würfe sehr nützlich sind, um Schlachten zu beenden, denn Würfe sind im Boxen verboten, aber der Clinch ist ein Teil des Spiels. Philippinische Stile: Arnis, Escrima und Kali Um den Eagle zu zitieren, sich auf die Eröffnungsrede seines Arnislehrers über die philippinischen Künste beziehend: „Filipinos freundliche Inselleute, aber falls kämpfen müssen, können sie." Es ist belegt, daß Ferdinand Magellan, nach dem er um den halben Globus herumgesegelt ist, von einem philippinischen Arnismann mit einem Rattanstock totgeschlagen wurde. Magellan war ohne Zweifel mit einem Schwert bewaffnet. Für diejenigen unter Euch, die im Geschichtsunterricht geschlafen haben: Magellan war ein portugiesischer Navigator des 16. Jahrhunderts, der der erste Mensch hätte gewesen sein können, der um die Erde herumgesegelt ist. Unglücklicherweise für den alten Ferdinand machte ihn dies zu einem Eindringling, als er zu den Philippinen kam und auf den Arnismann mit dem Stock traf. Die philippinischen Künste sind viel direkter für echte Kampfanwendung entwickelt worden. Sie haben nicht unter Verwässerung gelitten, indem sie zu modernen Sportarten wurden. Dies ist ein Grund dafür, warum Waffen, hauptsächlich das Messer und der Stock, ein großer Bestandteil der philippinischen Künste geblieben sind. Es gibt natürlich auch noch andere Waffen, aber diese zwei sind diejenigen, die ich für am Nützlichsten halte. Tatsächlich ist der Stockkampf in diesem Teil der Welt für einige Zeit ein Sport gewesen. Die Sache war aber die, daß der Sport oft mit dem Tod eines oder mehrerer Wettkämpfer endete. Was man bei der Sache verstehen muß ist, daß zu erlernen, wie man jemand mit einem Stock die Hucke vollhaut, einige wichtige Beziehungen dazu hat, zu erlernen, wie Du das gleiche mit Deiner bloßen Hand erzielst. Abgesehen davon gilt, was der Eagle sagt: „Alles kann ein Stock sein." Zu erlernen, wie man ein Messer führt, ist eine große Hilfe dabei, einfach zu sehen, wie gefährlich eine solche Waffe in den Händen von einer Person ist, die zu einem gewissen Grad weiß, wie man es einsetzt. Dies hilft bei Deiner Abwehr gegen einen tatsächlichen Klingenangriff. Arnisunterricht wird Dich dazu veranlassen, all die klassischen Kampfkunstvorgehensweisen zur Messerabwehr fallenzulassen, weil Du sehen wirst, wie eine Klinge wirklich von einem gefährlichen Messerstecher eingesetzt wird. Diese Künste enthalten ebenfalls waffenlose Techniken, aber sie mögen nicht so hübsch aussehen wie einige Leute z.B. finden, daß ein Drehtritt schön aussieht. Nichtsdestotrotz sind sie brutal und wirkungsvoll, wenn sie gemeistert werden. Arnisleute haben mir gesagt, daß sie das Training ihrer Schüler mit dem Stock beginnen, bevor sie zu den waffenlosen Techniken übergehen, um die Wahrnehmung der Distanz, Brennpunkt und Ausweichen und fortlaufende Bewegungen zu lehren. Dies macht einigen Sinn für mich. Wegen der Betonung auf Waffen geben Dir diese Künste ebenfalls einen Vorteil dabei, wenn es dazu kommt, Dich unbewaffnet gegen einen Messer- oder Stockangriff zu verteidigen. Arnis ist besonders stark bei den Entwaffnungen.
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Eine weitere Kunst, die ich erwähnen sollte, ist Muay Thai. Falls Du in Südostasien sein solltest, kannst Du einen guten Lehrer finden. Dies ist eine Kunst für kleinere, drahtige, harte Kerle. Leute werden noch immer getötet bei diesem Sport, so wie er in Asien ausgeübt wird. Eines der Dinge, die diese Kunst unterscheidet, ist der Gebrauch des Schienbeins, um dem Gegner mit manchmal verheerenden Folgen in die Rippen zu treten. Ich sparrte einmal mit einem Thaiboxer, und es war eine schmerzhafte Angelegenheit für mich, obwohl meine Körpergröße ihn gewissermaßen überwältigte. Er mag mich in der Tat in einem echten Kampf ohne Regeln besiegt haben. Er erschien mir wie ein Typ, der eine Menge schmutziger Tricks für die tatsächlichen Schlachten zur Hand hatte. Und zu der Zeit war ich auch noch viel jünger, schneller und stärker. Darüber hinaus denke ich, daß die philippinischen Künste Dein Training und Deine Aufmerksamkeit wert sind, falls sie jemand ernsthaft in Deiner Gegend unterrichtet. Als die führenden Praktiker der philippinischen Künste werden im allgemeinen Dan Inosanto und Remy Presas angesehen. „Schlag eintausendmal; ist phantastisch!" DER UMGANG MIT EINER MENSCHENMENGE UND DER EINSATZ VON WAFFEN Ich bin in Kämpfen mit mehreren Gegnern in der Kneipe gewesen, aber sie dauerten nicht lange genug, bevor die anderen Rausschmeißer eingriffen. Es gab auch einen sehr brutalen Kampf mit mehreren Hinterhaltlegern, aber ich habe diese Geschichte bereits erzählt und es gibt dazu nicht viel mehr zu sagen, außer, daß Glück beim Ausgang dieser Begegnung ein genauso großer Faktor wie Fertigkeiten gewesen sein mag. Hauptsächlich deswegen, weil ich Glück hatte, daß sie keine Messer eingesetzt haben. Einmal war ich in einem „Kampf mit etwa zwanzig Typen auf einem Parkplatz hinter einem Jazzclub, wo ich dafür bezahlt wurde, einiges der Ausrüstung wieder in Besitz zu nehmen, die die Band nach der Show zusammenpackte. Wie ich schon sagte, ich habe etwas Klasse; ich wartete, bis die Darbietung vorbei war, bevor ich anfing, ihr Zeug zusammenzupacken. Ich hatte einige Helfer bei diesem Pfandungsjob, die alle sofort verschwunden waren, als es irgend ein Anzeichen für körperliche Gewalt gab. Daher blieb meine Wenigkeit allein mit etwa zwanzig Typen mir gegenüber auf dem Parkplatz zurück. Wieder einmal hielt meine Glückssträhne, und ich war in der Lage, mich herauszubluffen, indem ich zwei Typen wirklich schnell ausschaltete und es auf die Menge „wirken" ließ. Deshalb brauchte ich nicht tatsächlich mit all diesen Leuten zu kämpfen. Meine Schlußfolgerung zur Verteidigung gegen mehrere Angreifer ist, daß Du es nicht sehr wahrscheinlich mit Erfolg tun wirst. Deshalb gehe zurück zu Kapitel 1 unter Vermeidung. Hier sind weitere Ratschläge, so wie sie zu diesem Thema wertvoll sein mögen. Erstens, falls Du einem Haufen Typen gegenüberstehst, die sich alle herumbewegen, um sich für einen Angriff in Position zu bringen, erkenne dies und laß sie es nicht tun. Du mußt in die Offensive gehen; Du kannst Dir nichts anderes erlauben. Halte Deinen Rundumblick so, daß jedermann immer im Blickfeld ist und sie wissen, daß Du sie siehst. 187
In einem schnellen Angriff gegen mehrere Angreifer liegen zwei Zwecke. Der eine ist, einige Leute sofort zu verletzen, um die anderen zu entmutigen, während sie noch immer darüber nachdenken, ob sie oder ob sie nicht und in welcher Reihenfolge sie an Dich rangehen wollen. Jemand blutend am Boden zu sehen entmutigt die anderen manchmal, weil sie wirklich nicht wollen, daß ihnen das gleiche passiert. Es lenkt die Leute außerdem ab; sie fangen an, auf den Typ am Boden zu schauen oder ihm zu helfen, aufzustehen oder so etwas. Dies macht sie in dem Augenblick, in dem sie abgelenkt sind, weniger gefährlich für Dich. Erinnere Dich daran, daß für jedes einzelne Mitglied der Menge die ganze Angelegenheit grundsätzlich bloße Unterhaltung ist. Für Dich aber mag es verdammt nah an einem Kampf ums Überleben sein. Dies gibt Dir einen psychologischen Vorteil, insbesondere, wenn Du sie es wissen läßt. Jemand sein Blut zu vergießen ist eine große Hilfe dabei, ihnen diese Idee klar zu vermitteln. Der zweite Zweck eines solchen Angriffs ist, jemand zu Boden gehen zu lassen oder ausreichend zu betäuben, um eine Lücke zu schaffen und zu versuchen wegzukommen (sei jedoch gewarnt; ich habe diese Taktik niemals in einem richtigen Kampf testen müssen). Falls sie Dich verfolgen, wirst Du zumindest eine Chance haben, eine Waffe zu ergreifen, wie z.B. einen Stock, eine Zaunlatte oder eine Stange. Du magst einen „umgekehrten Hinterhalt" für den Typ legen, der Dich als erster einholt, aber verbring nicht zu viel Zeit mit irgend einem einzelnen Typ. Bleib in Bewegung. Flucht ist natürlich am besten, und Adrenalin wird helfen. Halte die Augen offen nach einer Waffe. Falls Du irgendeine Waffenkunst trainiert hast, die den Gebrach des Stocks beinhaltet, könnte es sich hier auszahlen. Es wird nicht nur Dein Selbstvertrauen erhöhen, welches fast alles ist in dieser Situation, sondern Du wirst auch eine viel geringere Chance haben als der Otto-Normalverbraucher, entwaffnet zu werden. Ich bin mit Sicherheit kein Remy Presas mit dem Stock oder Jo, aber falls ich eine gute schlagstockartige Waffe in meine Hand bekomme (ein abgebrochener Billardstock funktioniert gut, besonders dann, wenn er auf dem Kopf des ersten Angreifers abgebrochen ist), werde ich mich ziemlich sicher fühlen gegen zwei oder drei Typen, die nur ihre bloßen Hände haben. Sie wollen im allgemeinen nicht verletzt werden und wissen, daß sie es werden können, nachdem sie sehen, daß es den ersten Typ hart erwischt hat. Auch würde ich ihnen nicht eine Sekunde geben, um darüber nachzudenken; ich werde den Kampf direkt zu ihnen bringen, schreien und den Knüppel schwingen, um ihre Anzahl an kampffähigen Leuten sogar noch weiter zu verringern, sollte irgend jemand zwischen mir und meiner Flucht stehen. Dann bin ich raus aus der Tür und verschwunden. Selbst ein harter Stockschlag zum Ellenbogen oder Handgelenk ist sehr schmerzhaft und kann jemand zumindest für einen Augenblick kampfunfähig machen. Auf dem Parkplatz mit den zwanzig Typen wußte ich, daß ich möglicherweise in echten Schwierigkeiten steckte. Sieh mal, Kumpel, solange Du keine vollautomatische Waffe oder einen Flammenwerfer hast, wenn Du mehr als zwei oder drei Typen gegenübersteht, die dazu entschlossen sind, Dich zu kriegen, dann werden sie Dich kriegen. Dies bedeutete, daß ich ihre Entschlossenheit durch die Präventivschläge gegen die beiden nahestehendsten Typen verringern mußte. Dies ist nicht sehr verschieden von Überraschungschlägen, nur sind sie diejenigen, die ihre Aufmerksamkeit auf Dich gerichtet haben. Hier ist es, wo ein gutes
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Vorwärtsgleiten wirklich gut zu gebrauchen ist gegen jemand, der denkt, daß er in einer sicheren Distanz ist und glaubt, daß er rechtzeitig reagieren kann, falls Du angreifst. Behalte im Kopf, daß dies eine Sache der Wahrnehmung ist. Ein Typ, der ein Dutzend oder mehr andere Typen neben sich stehen hat, nimmt wahr, daß Du ihn nicht angreifen wirst. Solltest Du Dich selbst in einer ähnlichen Situation wiederfinden, sei sparsam in Deinen Bewegungen, aber andernfalls mach eine Show daraus. Laß sie einen Schrei hören (Kiai), während Du den Typ weghaust. Du möchtest, daß sie erschrecken und sich wundern, was zum Teufel vor sich geht. Du möchtest, daß sie denken: „Mit wem oder was werde ich mich hier anlegen?" So mit der Menge zu arbeiten bedeutet, ihre Entschlossenheit, Dich zu erwischen, zu kontrollieren. Dies laßt sich zusammenfassen als der Preis, den jeder Einzelne in der Horde bereit ist zu zahlen, um Dich zu kriegen. Rate mal? Jedermann hält Ausschau nach einem Sonderangebot. In meinen zugegebenermaßen eingeschränkten Erfahrungen im Umgang mit einer Gruppe schien es so, als ob jedermann wollte, daß der erste Typ den Kampf mit Dir eröffnet, damit sie geschützt herangehen konnten und Dich von hinten erwischen. Viele von ihnen werden sogar warten auf den zweiten Typ, der Dich angreift, um Dich hinterrücks zu erwischen und zu Boden zu bringen, damit sie herankommen und Dich zusammentreten können. Du kannst es Dir nicht leisten, daß sie den Ball ins rollen bringen. Dies ist die taktische Begründung hinter dem Präventivschlag. Warte nicht auf jemand, der der erste Typ sein wird, der Dich angreift. Statt dessen bist Du der erste Typ, der angreift. Laß die Technologie einen Teil Deiner Arbeit erledigen Die ideale Methode, um einen Gruppenangriff zu entmutigen, mag der Einsatz einer Waffe sein. Angenommen Du ziehst eine Klinge und siehst wie ein Verrückter aus, wirfst Deinen Kopf herum, drehst Dich und bewegst Dich herum, wobei Du alle und keinen ansiehst, und die ganze Zeit über schreist „Kommt schon! Wer ist der erste? Wer will als erster sterben?" Du magst feststellen, daß es plötzlich niemand zu geben scheint, der darauf eingeht. Falls niemand der erste sein möchte, der den Kampf mit dem Messer aufnimmt, kann Dir dies Zeit zur Flucht geben. Andererseits, wenn Du das Messer ziehst, mag jemand anderer eine Kanone ziehen und Dir in den Bauch schießen. Wie ich gesagt habe, in einem Messerkampf gibt es keine Garantien. Das Ziehen von Messern wird jedoch häufig die Polizei anlocken, was für Dich gerade noch zur rechten Zeit sein mag, falls Du davorstehst, von einer Horde zu Tode geprügelt zu werden. Ein Stock kann funktionieren, aber Du hast besser angegriffen und ein paar Leute sofort mit einigen guten, kontrollierten Schlägen zu Boden gehen lassen, um den gewünschten Abschreckungseffekt zu erzielen. Dein Amistraining könnte sich in solch einer Zwangslage reichlich bezahlt machen. Aber Menschenskind, wo findest Du rechtzeitig den Stock? Ich habe festgestellt, daß Schußwaffen eine unheimlich wirkungsvolle Abschreckung gegen eine Gruppe sind. Aber Schußwaffen können ernsthafte strafrechtliche Probleme nach sich ziehen. Die Anklage wird entweder auf „gefährliche Körperverletzung" oder „illegaler Waffenbesitz" lauten. Laß es Dir von
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einem Mann sagen, der es weiß (keine Verurteilungen in beiden Anklagepunkten). Du hoffst besser darauf, daß die Anklage nicht zur „vorsätzlichen Tötung" wird. Mit Kanonen herumzuspielen läßt dies sehr leicht erreichen, insbesondere, wenn es mit ein wenig Alkohol und einigem auf Furcht basierendem Adrenalin kombiniert wird. Falls Du eine Schußwaffe hast, gerate nicht in Panik. Versuch zu vermeiden, auf Leute zu schießen oder es wird nahezu mit Sicherheit eine lange Haftstrafe bedeuten. Aber laß es nicht zu, Dich selbst von der Menge entwaffnen zu lassen, sonst mag jemand die Waffe gegen Dich einsetzen. Sollten die Cops auftauchen, leg die Waffe hin, hebe Deine Hände sofort hoch über Deinen Kopf und ruf „Polizei! Hilfe! Hilfe!" Dies nicht sofort zu tun mag Dich zum Ziel für mehrere Polizeikugeln machen. Ich hatte mich bei einem Zwischenfall der Polizei zu ergeben, nachdem ich einer Menge eine Kanone zeigen mußte. Okay, die „Menge" bestand nur aus vier Typen, aber es waren besondere Umstände. Grundsätzlich trage ich keine Waffen wegen der möglichen strafrechtlichen Probleme. Nur wenige Situationen werden sie sowieso erfordern. Es ist nur so, daß diejenigen, die es tun, Dir Dein Leben kosten mögen, falls Du dabei unbewaffnet bist. Ich habe mich dazu entschlossen, eher das Risiko als die wahrscheinlicheren rechtlichen Gefahren einzugehen. In meinem eigenen Haus liegen die Dinge anders. Ich halte, neben anderen, meine Freunde Smith und Wesson recht griffbereit. Manchmal trage ich eine Klinge und habe immer einen Stock im Auto. Vor ein paar Jahren besaß ich einmal einen Schnapsladen. Vielleicht hätte ich ihn „Wild West Liquors" nennen sollen, wenn man die bewaffneten Raubüberfalle in Betracht zieht, die dort in der Gegend abliefen. Unnötig zu erwähnen, daß ich dort legal immer eine Schußwaffe trug. Dein bescheidener Autor übte regelmäßig mit der Waffe und entwickelte einige meßbare Fertigkeiten in ihrem Umgang. Jedes Mal, bevor ich zur Arbeit ging, zog ich schnell die Waffe, um sicher zu gehen, daß sie dabei nicht an meiner Kleidung hängenblieb. Hört sich interessant an? Nun, glaub mir, Kumpel, das war es nicht. Ich hatte Angst, ich würde den falschen Typ im Reflex erschießen, genauso, falls nicht sogar noch mehr, wie ich mir darüber Sorgen machte, nicht schnell genug zu sein, um einen bewaffneten Räuber zu töten. Glücklicherweise für mich kam es in beiden Fällen nicht dazu. Ich kann nicht verstehen, wie Cops mit diesem Scheiß die ganze Zeit über fertigwerden, ohne zu paranoiden Freaks zu werden. Unglücklicherweise werden einige Cops paranoide Freaks. Der Schnapsladen wurde schließlich verkauft, obwohl es nicht wegen dem Kanonenspiel war. Das Geschäft in der Gegend ging einfach wirklich den Bach runter. Deinen klaren Kopf zu behalten und zu wissen, wann Du nicht nach Deiner Kanone greifst (wenn der Typ z.B. bereits die abgesägte Schrotflinte auf Deine Eingeweide richtet), ist eine wichtige Geisteshaltung, die man während einer Krise, die Schußwaffen beinhaltet, aufrechthält. Sie ist mindestens so wichtig wir ein schnelles Ziehen und die Treffgenauigkeit. Viele Leute tragen Messer an ihren Gürteln. Ein paar von ihnen können so eins sehr schnell ziehen und haben eine Ahnung davon, wie man es benutzt, sobald sie es draußen haben. Solange Du keinen sehr guten Grund dafür hast, ein Messer zu tragen, empfehle ich es Dir nicht.
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Einige werden sagen, daß sie einen guten Grund dafür haben, den Stecher zu tragen, nämlich den, am Leben zu bleiben! Nun, behalte im Kopf, daß, falls Du mit einer Klinge angegriffen wirst, Du sowieso keine Zeit haben wirst, Deine noch herauszuziehen, und während Du versuchst, an Deine heranzukommen, der Typ Dir wahrscheinlich die Eingeweide herausschneidet oder Dich tötet. Konzentriere Dich besser auf die waffenlose Verteidigung gegen die Klinge, weil das alles sein wird, wofür Du bei den meisten echten Messerangriffen Zeit haben wirst. Dies trifft auch auf Cops zu, die Schußwaffen tragen. Viele Cops sind erstochen worden, weil sie eher nach ihrer Waffe griffen, anstatt zu versuchen, zuerst die Messerhand zu ergreifen und zu kontrollieren. Dies ist definitiv eine dieser „Was zuerst kommt, kommt zuerst"-Geschäfte. Ergreif seine Messerhand, um Die Klinge aus Deinen Eingeweiden herauszuhalten, dann magst Du vielleicht lange genug in der Nähe sein, um Deine Kanone zu ziehen und dem Bastard sein Gehirn rauszupusten. Seit kurzem bin ich dazu übergegangen, einen Elektroschocker griffbereit zu halten. Ich hatte nie einen Grund, ihn zu benutzen, so daß ich nicht sicher sein kann, ob er funktionieren wird. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, daß ich ihn in den meisten Angriffsszenarios an einen Typ bringen könnte. Die gleichen Fertigkeiten, die benutzt werden, um jemand mit irgendeinem der natürlichen Werkzeuge, über die ich gesprochen habe, zu schlagen, werden sich direkt anwenden lassen dabei, die Elektroden der Betäubungswaffe gegen seine Kehle oder seinen Unterleib zu bringen. Falls ich das Drecksding einzusetzen habe, hoffe ich, daß mit der rechtlichen Situation einfacher umzugehen sein wird als wenn ich einen Stock, ein Messer, eine Schußwaffe eingesetzt oder den Typ einfach zu einem blutigen Haufen geprügelt hätte. Siehst Du nun die Vorteile darin, einfach zu versuchen, diese Probleme von vornherein zu erkennen und zu vermeiden? EIN ABSCHLIESSENDES WORT Ich habe dieses Buch mit der Beobachtung begonnen, daß ,jeder fertiggemacht werden kann". Dies schließt mich ein, und es schließt mit Sicherheit auch Dich ein. Falls es wirklich so etwas wie Glück gibt, dann vermute ich, daß ich mehr als den mir zustehenden Anteil abbekommen hatte, wenn es um den Umgang mit gewalttätigen Begegnungen geht. Je mehr Du trainierst und übst, desto schneller und stärker wirst Du darin werden, einem Schlag auszuweichen und einen Gegenschlag zurückzugeben, und desto weniger wirst Du Dich von der Herausforderung bedroht fühlen. Je mehr Erfahrung Du hast mit solch sinnloser Gewalt, desto einfacher ist es für Dich, durch die Herausforderung hindurchzusehen oder den Hinterhalt im Voraus zu erkennen. Es führt alles zu der gleichen Einstellung: Deine Aufmerksamkeit führt zur Entwicklung von wirkungsvolleren Vermeidungstechniken, da Du siehst, daß die Schlacht fast immer vermeidbar ist, falls sie richtig gehandhabt wird. Darüber hinaus gibt es immer eine mehr als gute Chance, daß Du verletzt werden wirst, selbst wenn Du „gut" bist. Wie dem auch sei, daß Rechtssystem ist eine zu vermurkste Sache, um damit umzugehen.
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Vor allem anderen versuche, dieses „Machoirrsinn"-Ding in Dir selbst zu untersuchen, in einer für Dich so ehrlich wie möglichen Art und Weise. Dies ist der einzige Weg für Dich, um es zu kontrollieren, anstatt daß es Dich kontrolliert. Jetzt blätter zurück und ließ Kapitel 1 noch einmal. Und ganz nebenbei, danke dafür, daß Du mein Buch gekauft hast.
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WEITERE BÜCHER UND VIDEOS Erkennst Du Dich in diesem Text wieder? Bist Du eine Frau, die Angst davor hat, überfallen und vergewaltigt zu werden? Ein Geschäftsmann, der Angst davor hat, ausgeraubt zu werden? Ein Jugendlicher, der in seiner Schule oder Nachbarschaft mit einer Gang Ärger hat? Bist Du tätig in privaten Sicherheitsdiensten, im Strafvollzug, bei Polizei, Bundesgrenzschutz oder Bundeswehr? Trainierst Du eine klassische Kampfkunst und möchtest mehr über realistische, moderne Selbstverteidigung erlernen? Pflegst Du einen etwas „außergewöhnlichen" Lebensstil und begibst Dich regelmäßig in gefährliche Situationen hinein? Oder bist Du einfach jemand, der wissen möchte, wie er seine Familie, seine Freunde und sich selbst in einem Notfall verteidigen kann? Und am wichtigsten von allem: Möchtest Du lernen, wie Du körperliche Auseinandersetzungen von vornherein vermeiden kannst? Unsere Bücher und Videos befassen sich mit realistischer, praxisbezogener und einfach anwendbarer Selbstverteidigung, Straßenkampf, Konfliktvermeidung, Polizeitaktiken und Personenschutz, nicht mit phantasievollen und komplizierten Kampfkunstformen, Techniken und Strategien ohne Bezug zur Wirklichkeit! Wir senden Ihnen gerne, selbstverständlich kostenlos und unverbindlich, unseren aktuellen, ständig erweiterten Verkaufsprospekt über unser Gesamtprogramm zu. Außerdem finden Sie weitere Neuigkeiten und Informationen auf unserer Webseite im Internet. Alle von uns verlegten Bücher können Sie außerdem weltweit in jeder guten Buchhandlung oder online im Internet bestellen. Unser Angebot umfaßt z.Z. Informations- und Lehrmaterial zu folgenden Themen: □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □
Straßenkampf Messerkampf Waffenkampf Kampftechniken Konfliktvermeidung Bajonettkampf Frauenselbstverteidigung Bodenkampf Polizeitaktiken Personenschutz Combatschießen Sicherheitsfahrtraining
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Dies sind nur einige der Autoren und Ausbilder, die in unseren Büchern erschienen sind bzw. deren Videos wir z.Z. anbieten (Stand: Winter 2003). Einige von ihnen geben in unregelmäßigen Abständen Lehrgänge und Seminare, auch im deutschsprachigen Raum, zu den aufgeführten und weiteren Themen oder haben eigene Schulen und Trainingszentren im Ausland: □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □
Marc „Animal" MacYoung (Straßenkampf) Peyton Quinn (Türsteher und Rausschmeißer) Richard Dobson (Messerkampf) Melissa „Dr. Ruthless®" Soalt (Frauenselbstverteidigung) Mike „The Amazing Eagle" Haynack (Selbstverteidigung) C.J. Carraci (Navy SEAL, Antiterror- und Polizeiausbilder) Tony Scotti (Sicherheitsfahrtraining) Leon Galvert (Französische Fremdenlegion, Nahkampfausbilder) Eugene Sockut (Schießausbilder der israelischen Armee) Kelly Worden (Jeet Kune Do) Stevan Plinck (Pentjak Silat) Alain Burrese (82nd Airborne, Hapkido) Mark Yates (Personenschutz) Bob Orlando (Indonesische Kampfkünste) Dr. Brett Jacques (Sambo) Willie „The Bam" Johnson (Straßenkampf) Mark Hatmaker (Boxen) Jim Grover (Sicherheitsexperte) Joe Maffei (Messerkampf)
Bitte wenden Sie sich bei weiteren Fragen zu unserem Angebot, zur Anforderung unseres kostenlosen Verkaufsprospekts oder für Bestellungen an die unten aufgeführte Anschrift bzw. über unsere Internetseite direkt an uns: Michael-Kahnert-Verlag Im Waldfrieden 2 D-21244 Buchholz Telefon: (+49) 04181/219541 Telefax: (+49) 04181/219542 E-Mail:
[email protected] Internet: http://www.kahnertverlag.de
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BARROOM BRAWLING The Art of Staying Alive Biker Bars, and Other Fun Places mit Peyton Quinn und Marc "Animal" MacYoung VHS (PAL) Farbe Englisch Lange ca. 35 min Preis EUR 29,95 PREISSENKUNG!!!
in
Beer
Joints,
Best.-Nr: BARV
Du hast Ihre Bücher gelesen, jetzt gibt es das Video von zwei der populärsten, amerikanischen Selbstverteidigungs-Autoren: Peyton Quinn und Marc "Animal" MacYoung haben sich zusammengetan, um Dir die schmutzigen Realitäten des Überlebens in Kneipen zu zeigen. Dieses Video beginnt mit einer knochenbrechenden, flaschenzersplitternden Kneipenschlägerei. Dann gehen Peyton und Animal zurück und diskutieren sowohl herkömmliche Phantasien und Mißverständnisse, die während des Kampfes gezeigt wurden, als auch, wie einige Dinge in einer wirklichen Situation abgelaufen wären. Entdecke die Wahrheit über Kneipenschlägereien, Hinterhalte in "Trinkhallen", Leute, die Dich agressiv konfrontieren, wie man jemandem gegenübertritt und vieles, vieles mehr.
Verkauf nur an Personen über 18 Jahren! Bitte bei Bestellung Alternachweis in Form einer Kopie eines Ausweises oder Führerscheines mitsenden!
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BLITZKRIEG ATTACKS Knockout Blows from the Bouncer Trade
mit Peyton Quinn VHS (PAL) Farbe Englisch Länge ca. 50 min Preis EUR 34,95 PREISSENKUNG!!!
Best.-Nr: BLITZV
Peyton Quinn zeigt Dir Techniken, die er eingesetzt hat, um wildgewordene und widerspenstige Kneipengäste sofort zu betäuben, halb bewußtlos zu machen oder k.o.-gehen zu lassen. Du wirst sehen, wie diese Schläge tatsächlich an lebenden, freiwilligen Versuchspersonen ausgeführt werden, was auf dramatische Weise ihre Wirksamkeit demonstriert. Auch die Wirkung eines Elektroschockers mit 50.000 Volt wird hier vorgeführt - Peyton läßt sich damit selbst angreifen! Peyton führt Dich durch die vier notwendigen Konzepte eines richtig ausgeführten K.o.-Schlags, genauso wie durch die Physiologie, die hinter ihrem enormen Aufschlag steckt. Er diskutiert ebenfalls die Realität dahinter, warum viele Leute k.o.-geschlagen werden und wie man die fundamentalen und typischen Fehler vermeidet, die sie häufig begehen. Das Video schließt zahlreiche Tips mit ein, wobei Peyton auch auf die Wichtigkeit einer richtigen Kampfeinstellung hinweist.
Verkauf nur an Personen über 18 Jahren! Bitte bei Bestellung Alternachweis in Form einer Kopie eines Ausweises oder Führerscheines mitsenden!
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