BIBLIOTHEK DER GRIECHISCHEN LITERATUR ISSN 0340-7853 . BAND 50
BIBLIOTHEK DER GRIECHISCHEN LITERATUR
HERAUSGEGEBEN VON PETER WIRT H UND WIL HELM GESSEL
BAND 50
EIN BAND DER ABTEILUNG BYZANTINISTI K HERAUSGEGEBEN VON PETER WIRT H
ANTON HIERSEMANN STUTTGART 1999
DEMETRIOS KYDONES
Briefe
ÜBERSETZT UND ERLÄUTERT VON FRANZ TINNEFELD
D RITTER TEIL ( 1 1 2 BRIE FE , REGISTER)
ANTON HIERSE MANN STUTTGART 1999
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Demetrius : Briefe
/ Demetrios Kydones. Übers. und er!. von Franz Tinnefeid. -
Stuttgart : Hiersemann Teil 3. (112 Briefe, Register).
-
1999
(Bibliothek der griechischen Literatur; Bd. 50) ISBN 3-7772-9911-1
:semann, Stuttgart Alle Rechte vorbehalten, insbeson...�_
und der Übersetzung. Ohne schriftliche
Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gc., __
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I N HA LT
VII
VORWORT . . EINLEITUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswahl und Anordnung der Briefe im dritten Teil 2. Konkordanz der Briefnummern im dritten Teil 2.1 Reihenfolge nach der Zählung von R.-J. Loenertz 2.2 Reihenfolge nach der eigenen Zählung . . . . 3. Zur Übersetzung und zum Kommentar . .
DIE BRIEFE DES DRITTEN TEILS (Nr. 230 - 0341 der eigenen Zählung)
1 1 3 3 4 7
11
ANHANG
317
Abkürzungsverzeichnis Korrekturen und Nachträge zu den Bänden 1/1, 1/2 und 11 Register zum dritten Teil . . . . . . 1. Historisches Register . . . . .
317
1.1 1.2 2.
2.1 2.2
324 324 324 331
Namen (Personen, Geographisches)
. ... .. . .... .. Briefregister . . . . . . . . . .
Sachen
334
Adressaten der in den Kydonesbriefen erwähnten eigenen Briefe
334
Die in den Kydonesbriefen erwähnten Briefe anderer Personen
(1.
Absender von Briefen an Kydones,
andere Personen)
3.
322
. . . . .
2.
Absender von Briefen an
334 335
4.
Griechische Stichwörter Literarisches Register . .
337
4.1
Epistolographisches
337
4.2
Rhetorisches
4.3
Bilder in Vergleichen und Metaphern
2.
(1.
.....
Beobachtungen zum Stil des Kydones,
Von Kydones verwendete rhetorische Begriffe)
4.4
Antike Namen und Sachen
4.5
Testimonien .
5.
Grammatisches . . Moderne Autoren
6.
. . . .
339 341 343 347 348 349
VORWORT
Acht Jahre nach Band II kann nunmehr Band III der Kydones-Briefe erscheinen, der erste, der auf Computer geschrieben und bei dessen Drucklegung eine mit dem Manuskript eingereichte Diskette verwendet wurde. Dies bedeutete im ganzen, abgesehen von einigen neuen Proble men, die sich ergaben, eine große Erleichterung der Korrekturarbeit. Dem Herausgeber der Reihe, Herrn Dr. Peter Wirth, sei für die sorgfäl tige Durchsicht der Übersetzung und seine wertvollen Anregungen und Hinweise, vor allem zu stilistischen Verbesserungen, gedankt, Herrn Prof. Dr. jur. Dr. phil. Hubert Kaufhold für seine selbstlose Bereitschaft, auch diesmal wieder, wie schon bei den vorausgehenden Bänden, die gesamte Korrektur mitzulesen; er fand noch manche Versehen, die dem Verfasser des Bandes entgangen waren. Die hier ins Deutsche übertragenen Briefe entstammen der Zeit, als türkische Eroberer, vor allem die Osmanen, auch im europäischen Teil des ehemaligen byzantinischen Reichsgebietes immer weiter vordrangen und schließlich Thessalonike, nach Konstantinopel das zweite bedeutende Zentrum des verbliebenen Restreiches und Heimatstadt des Kydones, zu erobern drohten. Damals, gegen Ende des Jahres 1382, begab sich der Sohn des regierenden Kaisers Johannes V. , der Mitkaiser Manuel Palaio logos, aus eigener Initiative in die gefährdete Stadt, um sie für das ster bende Byzanz zu retten. Viele Briefe, die Kydones in den Jahren 1382 bis 1387 an ihn und andere Personen in Thessalonike schrieb, sind wertvolle Zeitzeugnisse der kritischen Situation, die zunächst von wechselndem Kriegsglück geprägt war. Kurz nach der Zeitgrenze des vorliegenden Ban des, im Frühjahr 1387, mußte die Stadt dennoch den türkischen Erobe rern überlassen werden. Davon und von den darauf folgenden Ereignissen wird in den Briefen des vierten und letzten Bandes die Rede sein. München, im November 1998 Franz Tinnefeld
EI NLEI TUN G 1. AUSWAHL UND ANORDNUNG DER BRIEFE IM DRITTEN TEIL Die bisher erschienen Bände dieser kommentierten Übersetzung der Kydonesbriefe (I11: BGL 12, 1981; I12: BGL 16, 1982; II: BGL 33, 1991) enthalten 47 + 91 + 91, insgesamt also 229 Briefe. Von diesen sind 228 der Edition LC, einer (T81) dem Band MercNotl entnommen. Die Edi tion LC umfaßt 450 Nummern, doch sind die Briefe 121 und 122 als nicht von Kydones verfaßt zu eliminieren (siehe Bd. I11, 77); es verbleiben also 448 Briefe. Nach Abzug der 228 sind noch 220 Briefe zu übersetzen und zu kommentieren. Von diesen umfaßt der vorliegende Bd. III 112, Bd. IV wird die restlichen 108 Briefe enthalten. Das in Bd. III vorgelegte Material gliedert sich wieder wie in Bd. II in sog. datierbare und nicht datierbare Briefe. Als «datierbar» werden in der Regel die bezeichnet, welche Loenertz in seine «Series epistularum chronologica» bzw. «Chronotaxis» (LC II 484-496) aufgenommen hat. Es handelt sich um den Versuch einer chronologischen Anordnung der (anteilmäßig zahlreicheren) Briefe, die eine einigermaßen wahrscheinliche Datierung bis zu einem gewissen (nicht immer gleichen) Grad von Ge nauigkeit, meist aus inneren Gründen, zulassen. Aus dieser Chronotaxis enthält der vorliegende Band die Briefe der Listen XIII, XIV und XV. Bestand und Reihenfolge der Listen werden in der Regel beibehalten, auch wenn sich aus der Arbeit an den Briefen geringfügige Abweichungen in der Datierung gegenüber LC ergaben. Doch wird L241 ( T231) ab weichend von Liste XIII (LC II 491) vor L200 ( T232) eingeordnet, und L265, der vorletzte Brief von Liste XIII, wird aus dieser Liste herausge nommen und unter die nicht datierbaren Briefe von Liste XXVI eingereiht ( T 0292). Es verbleiben also aus dieser Liste 30 statt der dort enthalte nen 31 Briefe. Der Liste XIV (LC II 492) wird Brief L344 als T264 bei gefügt; sie umfaßt deshalb hier 28 statt 27 Briefe. Liste XV enthält 33 Briefe. Die Summe der «datierbaren» Briefe in diesem Band beträgt also 91. =
=
=
1
Zu den verwendeten Abkürzungen siehe das Literaturverzeichnis.
1
EINLEITIJNG
Als «nicht datierbar» gelten alle übrigen Briefe. Doch auch sie lassen sich aufgrund ihrer Einordnung in die autographe Briefsammlung des Ky dones oft wenigstens mit geringerer Genauigkeit (etwa 3-4 Jahre) datie ren. Unter ihnen finden sich auch einige, die eine engere Eingrenzung der Datierung zulassen, so daß in diesem Fall die Grenze zum «datierbaren» Brief fließend wird. Doch wurde darauf verzichtet, sie in diesem Fall einer der Gruppen datierbarer Briefe zuzuordnen, weil die Sicherheit der Datie rung nur als relative zu verstehen ist. Loenertz hat in LC II, XIV eine Übersicht über die Zuordnung der Briefe von LC II zu den einzelnen Heften (cahiers) im autographen Brief buch des Kydones (Vat.gr. 101) gegeben und jedem Heft eine ungefähre Datierung zugeordnet. Meist ist der Umfang eine Heftes mit der Nummer eines «Buches» (livre) in der Edition identisch; in drei Fällen hat Loenertz aber auch zwei cahiers zu einem livre zusammengefaßt. Im folgenden werden die nicht datierbaren Briefe jeweils ihrem «Buch» (livre) in der Ausgabe LC zugeordnet. Nach der Herausnahme der «da tierbaren» Briefe verbleiben aus den Büchern XXIV-XXXI, die in ihrer ungefähren Datierung etwa dem Zeitraum der datierbaren Briefe (138287) entsprechen, die folgenden «nicht datierbaren» Briefe für Bd. III, die nach der Reihenfolge, die sie in diesen Büchern einnehmen, angeordnet werden: Buch XXIV: L245, 252; XXV: L256, 257; XXVI: L265, 268, 280, 281; XXVII: L286-288, 290, 292; XXVIII: L295-298, 301; XXIX: L317; XXX: kein Brief (da alle «datierbar» sind); XXXI: L330, 333, also insgesamt 21 Briefe. Einer Gruppe von «datierbaren» Briefen wird jeweils nachfolgend eine Gruppe «nicht datierbarer» Briefe zugeordnet, die gemäß dem Heft (ca hier) bzw. Buch (livre), dem sie angehören, vermutlich etwa zeitgleich mit den datierbaren Briefen entstanden sind. Daraus ergibt sich folgende Anordnung: Gruppe 1: Datierbare Briefe der Liste XIII (1382/83); Gruppe 2: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Buch XXIV und XXV (ca. 1382/83); Gruppe 3: Datierbare Briefe der Liste XIV (1383/84); Gruppe 4: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Buch XXVI und XXVII (ca. 138284, z.T. vielleicht auch bis 1386); Gruppe 5: Datierbare Briefe der Liste XV (1385-87); Gruppe 6: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Buch XXVIII, XXIX und XXXI (1383-87).
2
EINLEITUNG
2. KONKORDANZ DER BRIEFNUMMERN IM DRITTEN TEIL 2.1 Reihenfolge nach der Zählung von R.-J.Loenertz L T
= =
Loenertz Tinnefeld
L
T
L
T
80 200 203 204
277 232 233 243 244 244:123 1 234 235 0260 245 236 259 237 249 238 0261 253 254 239
27 1 272 273 274 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287
283 270 284 247 24 1 285 278 248 0294 0295 268 27 1 266 267 0296 0297 0298 272 0299 279
0262 0263 240 242 250 251 265 252 258 0292 230 257 293 246 269
292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306
235 235:124 1 243 244 245 246 247 248 249 250 25 1 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270
288 289 290 291
0300 273 288 0334 0335 0336 0337 289 28 1 0338 302 303 304 305 306
L
T
307
290 307 308 286 287 255 309 301 310 311 0339 3 12 282 274 291
308 309 3 10 311 3 12 313 314 315 316 317 318 3 19 320 321 322 323 324 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 342 344
313 280 275 256 316 3 17 326 0340 327 328 0341 3 14 315 318 324 332 276 333 329 264
3
EINLEITUNG
L
T
L
T
L
T
345 346 357
330 331 321
358 359 360
322 323 319
36 1 362
320 325
2.2 Reihenfolge nach der eigenen Zählung Nummern TIL
Adressat
Datum
Gruppe 1: Datierbare Briefe der Liste LC II 491, Nr. XIII (ohne L265) L266 L241 L200
230 231 232
=
233 234 235
=
236 237 238 239 240 24 1 242 243 244 244* 245 246 247 248
= =
= = = = = = =
=
L276 L259 L204
=
L235
=
L235* L246
= =
= = = =
249 250 251 252 253 254
=
255 256
=
4
L203 L243 L244 L247 L249 L251 L255 L258
= = = = =
=
L269 L274 L279 L250 L260 L261 L263 L253 L254 L312 L326
Kaiser Ioannes V. Palaiologos Kaiser Matthaios Kantakuzenos Ein ehemaliger Vertrauter des Despoten Manuel Kantakuzenos Kaiser Manuel IL Palaiologos Kaiser Manuel IL Palaiologos Kaiser Manuel IL Palaiologos Kaiser Manuel IL Palaiologos Kaiser Manuel II. Palaiologos Theodoros I. Palaiologos, Despot Ioannes Asanes Kaiser Manuel IL Palaiologos (nicht abgesandt) Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel IL Palaiologos Ein unbekannter Freund Isidoros Glabas, Metropolit von Thessalonike (Erstfassung von L235) Thomas (Dukas) Alusianos Ioannes Laskaris Kalopheros Ein Freund Ein hoher kaiserlicher Finanzbeamter Kaiser Manuel II. Palaiologos Ein Mönch der römischen Kirche Ein Aufseher des Fischereiwesens Akakios, Geistlicher (Mönch?) Kaiser Manuel 11. Palaiologos Theodoros Kantakuzenos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos
1382 (?) Herbst 1382 Spätherbst 1382 Herbst (November) 1382 Herbst (November) 1382 Spätherbst 1382 Winter 1382/83 Winter 1382/83 Winter 1382/83 Ca. Winter 1382/83 Winter 1382/83 Winter 1382/83 Frühjahr 1383 Nov. 1382-Frühjahr 1383 (?) Nov. 1382-Sept. 1383 (?) 1382/83 (?) 1383 (?) Frühjahr/Sommer 1383 (?) 1383 Frühjahr/Sommer 1383 1383/84 1383 (?) Frühjahr/Sommer Frühjahr/Sommer Frühjahr/Sommer Frühjahr/Sommer Frühjahr/Sommer
1383 (?) 1383 1383 1383 1383 (?)
EINLEITUNG
257 258
= =
L267 L264
259
=
L248
Ioannes Asanes Ioannes Asanes Rhadenos
Sommer 1383 Spätsommer 1383 Spätsommer 1383
Gruppe 2: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Liber XXIV und XXV (ca. 1382/83) Alle nicht datierbaren Briefe sind durch vorgesetzte 0 gekennzeichnet 0260 0261 0262 0263
= = = =
L245 L252 L256 L257
Ein hoher kaiserl. Finanzbeamter Ein selbstgefälliger Lebemann Kaiserin Helene Palaiologina Chloros, Beauftragter des Fiskus
1382/83 1382/83 1382/83 1382/83
(?) (?) (?) (?)
Gruppe 3: Datierbare Briefe der Liste LC II 492, Nr. xrv, mit L344 (1383/84) 264 265 266 267 268 269 270 27 1 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289
L283 L289 L293 L320
Georgios Gabrielopulos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Rhadenos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Rhadenos Ein literarisch gebildeter Freund Kaiser Manuel 11. Palaiologos Rhadenos
1383/84 Herbst 1383 Herb.st 1383 Herbst 1383 Herbst 1383 Herbst 1383 Herbst 1383 (?) Spätherbst 1383 (?) Spätherbst 1383
Theodoros I. Palaiologos, Despot Kaiser Manuel 11. Palaiologos
L324 L339 L80
Rhadenos Ein Freund, Finanzbeamter Kaiser Manuel 11. Palaiologos Ein Freund Ein Freund Muzalon, hoher Beamter Ein hoher Finanzbeamter
=
L278 L291 L323 L300 L319 L271 L273 L277 L310 L311
=
L294
Rhadenos Rhadenos Kaiser Manuel 11. Palaiologos
SommerlHerbst 1384 Winter 1383Frühjahr 1384 (?) Februar-Mai 1384 1383-86 Spätherbst 1383Frühjahr 1384 (?) 1383-86 (?) 1383-86 (?) 1383-86 1383-86 (?) 1383-86 (?) Sommer 1384 (?) Bald nach 6.8. 1384 Bald nach 6.8.1384 Ca. September 1384 Herbst 1384 Spätherbst 1384Frühjahr 1385 (?)
=
L299
Kaiser Manuel 11. Palaiologos
= = = = = = = = = = =
= = =
= = = = = = = = =
L344 L262 L284 L285 L282 L270 L272
Thomas Dukas Alusianos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Rhadenos Kaiser Manuel 11. Palaiologos
Winter 1384/85Frühjahr 1385 (?)
5
EINLEITUNG
290 291
L307 L321
= =
Patriarch Neilos 1. Kerameus Francesco H. Gattilusio
Ca. 1385/86 Ca. 1385/86
Gruppe 4: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Liber XXVI und XXVII (ca. 1382-84) 0292 0293 0294
=
0295 0296 0297
=
=
L281 L286 L287
0298
=
L288
0299 0300
=
L290 L292
= =
=
=
L265 L268 L280
Ein unbekannter Freund Ein Freund, Bruder eines Richters Ein Freund Ein Freund Ein Freund Ein literarisch gebildeter Freund Ein Bekannter in der Umgebung des Kaisers Ein Freund Ein beim Patriarchen einflußreicher Freund
Frühjahr 1382 (?) 1382-84 (?) 1382-84 (?) Aug./Sept. 1383 (?) 1383 (?) 1383 (?) 1381 (?); 1383 (?) 1383 (?) 1383 (?)
Gruppe 5: Datierbare Briefe der Liste LC II 493, Nr. XV (1385-87) 301 302 303 304 305 306 307 308
= = = = = = = =
L314 L302
Ca. März 1385 Ca. Mai/Juni 1385 Mai/Juni 1385 Mai/Juni 1385
Kaiser Manuel H. Palaiologos Kaiser Manuel H. Palaiologos
Mai/Juni 1385 Juni 1385
L313 L315 L316 L318
Kaiser Manuel H. Palaiologos Theodoros 1. Palaiologos, Despot Kaiser Manuel H. Palaiologos Rhadenos Kaiser Manuel 11. Palaiologos
Juni 1385 Mai/Juni 1385 1383-86 (?) Herbst 1385-Frühjahr 1386
L322 L334
Theodoros 1. Palaiologos, Despot Rhadenos
L335 L327 L328 L336
L303 L304 L305 L306 L308 L309
309 310 311 312
=
313 314
=
315 316 3 17 318
=
319 320
= =
L360 L361
321
=
L357
Rhadenos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Ein Freund Theodoros 1. Palaiologos, Despot Ein Abt in Konstantinopel Ein Mann, der über Einfluß am Kaiserhof verfügt Gudeles, Mesazon am Kaiserhof
322 323
=
L358 L359
Ein Freund, ehemals Richter loannes Laskaris Kalopheros
6
= = =
=
= = =
=
Ca. März 1385
Ein Freund Kaiser Manuel 11. Palaiologos Rhadenos Kaiser Manuel H. Palaiologos Rhadenos
Ca. Herbst 1385Frühjahr 1386 SommerlHerbst 1385 Ca. Herbst 1385Sommer 1386 Herbst 1385-Sommer 1386 1386 1386 (?) SommerlFrühherbst 1386 Herbst 1386 (?) Herbst 1386-März 1387 Herbst 1386-März 1387 (?) 1386 (?) Ca. August-Oktober 1386
EINLEITUNG
324
=
L337
325 326 327 328 329 330
=
L362 L329 L331 L332 L342 L345
= = = = =
Ein Freund, der sich bei den Walachen aufhält Manuel (?) Tarchaneiotes Demetrios Kabasilas Ioannes Laskaris Kalopheros Rhadenos Kaiser Manuel 11. Palaiologos Ioannes Laskaris Kalopheros
33 1 332
=
L346 L338
Ein Mönch, ehemals Hofbeamter Ein Mann, der über Einfluß am
333
=
L340
Kaiserhof verfügt Kaiser Ioannes V. Palaiologos
=
Herbst 1386 Winter 1386/87-April 1387 Winter 1386/87 NovemberlDezember 1386 Ca. Februar-April 1387 Ca. Februar-April 1387 Ca. Frühjahr 1387 Frühjahr 1387 Februar-April 1387 (?) Bald nach dem 5.4. 1387
Gruppe 6: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Liber XXVIII, XXIX und XXXI (ca. 1383-88) 0334 0335 0336 0337 0338 0339 0340 0341
= = = = = = = =
L295 L296 L297 L298 L301 L317 L330 L333
Ein Geistlicher oder Mönch Zwei befreundete Damen Ein Freund Ein Freund Ein befreundeter Arzt Ein Megas Chartophylax Ein angesehener Anwalt Maximos Chrysoberges
Ca. Ca. Ca. Ca. Ca. Ca.
1383-88 1383-88 t383-86 1383-88 1383-88 1383-86
Ca. 1385-87 1385-87
3. ZUR ÜBERSETZUNG UND ZUM KOMMENTAR Wie in Bd. I und II beginnt jeder Brief mit einer Titelleiste. Sie enthält in der ersten Zeile die Nummer der eigenen Zählung sowie, falls vorhan den, den im Autographen oder in anderen Handschriften überlieferten Brieftitel, der meist nur den Empfänger, in seltenen Fällen auch seinen Aufenthaltsort angibt. Ab der zweiten Zeile finden sich in kleinerem Druck folgende Angaben: Nummer nach der Zählung der Edition Loe nertz (L), Aufenthaltsort des Kydones (OKyd), Angaben zum Empfänger und dessen Aufenthaltsort (E, OE), soweit nicht schon im überlieferten Brieftitel enthalten, das vermutliche Datum des Briefes (D) und ein knap pes Regest, das den wesentlichen Inhalt (wI) des Briefes wiedergibt. Die Zeilen der Übersetzung werden nach der Loenertz-Edition in Fün fergruppen durchgezählt. Auf die in Band II (BGL 33) eingeführte Praxis, 7
EINLEITUNG
den Beginn von Z. 5, 10 usw. der Edition j eweils durch einen Schrägstrich zu bezeichnen, wird in diesem Band wieder verzichtet, weil eine entspre chende Anweisung von der Druckerei nicht ausgeführt wurde und eine spätere Korrektur dieses Versehens als zu aufwendig erschien. Zeilen wer den im Kommentar grundsätzlich nach der griechischen Edition zitiert. In der Übersetzung hinzugefügte Wörter werden wieder in spitze Klam mer gesetzt. Allerdings werden wie in Bd. II Wortzusätze, die der Routine der Übersetzungpraxis aus dem Griechischen entsprechen, nicht bezeich net. Im Zweifelsfall entscheidet das Ermessen des Übersetzers, doch ist in ähnlich gelagerten Fällen Konsequenz in der Verwendung der Klammern beabsichtigt. Abweichungen der Übersetzung vom Wortlaut des griechi schen Textes erscheinen dort gerechtfertigt, wo eine wörtliche Überset zung mit gutem deutschem Stil nicht vereinbar ist. Ausnahmsweise wurde aber, wie in den vorausgehenden Bänden, die frei abwechselnde Verwen dung von Ich- und Wir-Formen für die erste Person (des Briefschreibers ) übernommen, obwohl sie modernem Empfinden widerstrebt. Dies soll daran erinnern, daß in der byzantinischen Anrede nach antikem Vorbild die Unterscheidung von « du » und « Sie» zwar unbekannt ist, daß aber andere Kategorien an deren Stelle treten. In manchen byzantinischen Brie fen findet sich eine Anrede in der zweiten Person Plural, nicht aber bei Kydones. Doch spricht er von sich selbst abwechselnd in der ersten Per son Singular oder Plural. Wie in früheren Bänden ( siehe Bd. II, 12) werden in Kapitalbuchstaben geschrieben: das Wort « STADT» , wenn es Konstantinopel bezeichnet, Umschreibungen Gottes wie « ERLÖ SER» , aber nicht das Wort « Gott » , sowie die Anrede des Kaisers und anderer hochrangiger Briefpartner als « HAUPT» . Der Übersetzung eines j eden Briefes schließt sich wieder ein Kommen tar (K) an, der in vier Kategorien eingeteilt ist: r. Begründung der Anga ben in der Titelleiste. Ir. Angaben zum historischen Gehalt bzw. Hinter grund der Briefe nach den Kategorien: Biographie des Kydones (BKyd) , Biographie des Empfängers (BE ) , Angaben z u dritten Personen ( in der Reihenfolge ihres ersten Vorkommens im Brief: Xl, X2 usw.) und zur Zeitgeschichte (ZG), Erwähnung eigener oder anderer Briefe ( Ep ) . III. Handschriftliche Grundlage des Briefes (Hs ) unter Verwendung der in LC I, III -XII und LC II, XXVI angegebenen Siglen, bereits vorliegende Übersetzungen (Üb ) , in seltenen Fällen auch weitere Sekundärliteratur
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EINLEITUNG
zum Brief, sofern nicht schon vorher zitiert. IV. Einzelanmerkungen zum Brieftext: sachliche Angaben, Zitate und Anspielungen. Epistolographi sche, rhetorische und stilistische Beobachtungen werden wie in Bd. II in das literarische Register (Register, Kategorie 4) verwiesen. Auf Kurzbiographien konnte wie bereits in Bd. II verzichtet werden, da das Prosopographische Lexikon der Palaiologenzeit (PLP) nun vollständig vorliegt und daher auf dessen Nummern verwiesen werden kann. Für die häufigeren Briefpartner Manuel Palaiologos, Rhadenos und Ioannes Laskaris Kalopheros liegt ausreichende Spezialliteratur vor, die zum j e weiligen Brief zitiert wird.
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DIE BRIEFE DES DRITTEN TEILS
Gruppe 1: Datierbare Briefe der Liste LC II 491, Nr. XIII (1382-83) (ohne L265)
230 L : 2 6 6 ; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Ioannes V. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: 1382 (?); wI: Versuch, dem spanischen Dominikanermönch Garses (Garcia) durch höch stes Lob seiner Verdienste eine erneute finanzielle Unterstützung von seiten des Kaisers zu erwirken.
Alles, was eine gute Behandlung angemessen erscheinen läßt, ist in der Person dieses Garses vereinigt zu finden. Denn arm · ist der Mann und
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auch einer von denen, die um Christi willen den Verzicht auf Eigentum für einen Schatz halten. Er hat seine Mutter, seine Brüder und sein Haus, die ihn zur Genüge hätten ernähren können, aufgegeben und verläßt sich auf den Ernährer der Vögel und Raben ! , aber er hat über Gottes Gebot hinaus auch bereitwillig die Lebensweise derer angenommen, die zeit ihres Lebens enthaltsam bleiben wollen. Auch sein sonstiges Verhalten 1 0 entspricht i n hohem Maße seinen Grundsätzen. Ferner ist e r ein Freund der Bildung; von den Annehmlichkeiten, die es unter den Menschen gibt, ist er dieser allein so sehr ergeben, daß es ihm nicht genug war, nur in Italien rhetorisch tätig zu sein, wo er viele in der Redekunst übertraf, die sie als Beruf ausüben, sondern wenn er nicht auch den Stil eines Platon und Demosthenes2 beherrschte und bei uns attisch reden lernte, achtete er die heimische Bildung gering. Womit aber könnte uns j emand mehr 15 erfreuen, als wenn er offenkundig unsere Kultur der eigenen vorzieht? Was aber vor allem von ihm bekannt ist, womit er uns alle für sich einge nommen hat und wofür wir ihm von Gott und von dir einen Gnadener weis wünschen, (ist dies): Er ist dir über die Maßen zugetan, Kaiser, singt bei allen in beiden Sprachen dein Lob und geißelt mit ausführlicher Ge- 20 genrede die, welche dagegen sprechen. Auch freut er sich mit denen, die sich günstig über die Rhomäer3 äußern, die aber, die das nicht ertragen, verlacht er als Neidbesessene, und mit Herz und Seele ist er bereit, für dich und die Deinen wie für sein eigenes Vaterland zu kämpfen.
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Er also, der sich einen solchen Reichtum an vorzüglichen Eigenschaften gesammelt hat, entbehrt (einige) bescheidene (Güter), wie sie wohl nicht 25 einmal ein zutiefst philosophisch Gesinnter verachten würde. Da er nun
suchte, wie er diesen Mangel beheben könne, gedachte er des Lenkers aller, der vielen anderen solche Nöte gelindert und auch ihm selbst im vergangenen Jahr eine Gabe gewährt hatte, die ihm unter anderem die Fortsetzung seiner Studien erleichterte. Als er sich nun wieder an das Empfangene erinnerte, wählte er mich als Vermittler in der gleichen Ange legenheit und konnte mich mühelos gewinnen; denn ich bin überzeugt, 30 daß die Vermittlung mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden ist, da deine
Wesensart uns ganz leichte Erfüllung verspricht. Ich lobte ihn aber auch, weil er mit scharfem Blick sah, wohin er den Lauf zu richten habe, und verhieß ihm, wir würden keinen Mißerfolg erleiden, sondern die Quelle frischen Wassers werde sich auch uns nicht verweigern. Es liegt also bei dir, Kaiser, für deinen eigenen und für meinen Ruhm zu sorgen; denn ich werde (dann) nicht als Prahler erscheinen, wenn ich deine Natur zu ken35 nen behaupte, und du selbst wirst vielen, die in der Gegend von Gadeira4
wohnen, Anlaß zu deinem Lob geben, wenn dieser nach Hause zurück kehrt und seinen Angehörigen von den Gaben erzählt, die er erhalten hat. Ich aber glaube, daß diese Wohltat nicht nur bis zum Okeanos und nach Gadeira, sondern sogar bis zum Himmel hinauf bekannt wird, wann im mer er die MysterienS feiert und mit Gott verhandelt, um dein Heil zu erwirken6 . K 1.
OKyd, OE: Nichts deutet darauf hin, daß Kyd. und der Kaiser sich an einem anderen
Ort als dem der kaiserlichen Residenz, in Konstantinopel, aufhalten. E: Der angeredete Kaiser (Z. 1 8 f. 3 3 ) ist derselbe, der Garcia im Vorjahr eine Wohltat erwies ( siehe D ) . D: Wegen des Verweises auf eine Wohltat des Kaisers «im vergangenen Jahr» (:rcEQ'lJO"L, Z.27), siehe Bd. H, T2 1 4 (wahrscheinlich zu datieren auf Mai/Juni 1 3 8 1 ) , wurde vorliegender Brief wohl i.]. 1382 verfaßt. H. BKyd: Der Brief ist nach T208 und 2 1 4 ein weiteres Zeugnis für die freundschaftliche Beziehung des Kyd. zu Garcia und erweist ihn wie T2 14 als gewandten Fürsprecher (weitere Fürsprache-Briefe des Kyd . : siehe Bd. 11 1 , 56, A.22 ) . Allerdings scheint er mit der Vergeßlich keit des Kaisers zu rechnen, weil er dieselben Argumente wie in T2 1 4 verwendet, um ihn für den Freund zu gewinnen. BE: Das wie hier (Z.3 8 f. ) schon in T2 14, Z.52 f. versprochene Gebet des Dominikanermönches bei der Eucharistiefeier setzt die Konversion des Kaisers zur römischen Kirche i.]. 1 3 69 voraus. Xl : Zur Person des Garses (Garcia) (Z.4) siehe PLP 3 5 70 und die oben zitierten Briefe. III. Hss: A 80Y - 8 I', Nr. 3; U 1 3 3Y - 1 34V, Nr. 1 44.
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BRIEFE
T2 30-2 31
IV. 1 NTLk 12, 24 (Erwähnung der Raben) . 2 Dazu Näheres: B d . 112, T1 1 6, A.3. 3 Rhomäer ('PWflULOl): Selbstbezeichnung der Byzantiner. 4 Sc. am westlichen Ende der damals bekannten Welt (vgl. Bd. 111, T44, A. 1 9 ) . 5 Sc. die Eucharistie bzw. die römische Meßliturgie. 6 Die Eucharistiefeier bietet also nach dem Glauben des Kyd. gleichsam Gelegenheit zu privater Zwiesprache oder gar zum « Verhandeln über das Heil» ( ÖtUAEyw8m UJtEQ 'tfis; ow'tllQCuS;) eines Priesters mit Gott.
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AN KAISER MATTHAIOS
L: 24 1 ; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Matthaios Kantakuzenos; OE: Mistra, Pelopon nes; D: Herbst 1 3 82; wI: Kydones, zuvor der irrigen Meinung, Matthaios zürne ihm, freut sich, von ihm einen liebenswürdigen Brief erhalten zu haben, den er als dauernden Beweis seiner Gunst versteht. Er teilt ihm die baldige Ankunft des Despoten Theodoros Palaiologos . in Mistra als eine frohe Nachricht mit.
Es ist also nun nicht mein Schicksal, ganz unglücklich zu sein, sondern es sollte uns auch etwas Trost in unserem Kummer1 zugedacht werden.
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Diesen brachte mir der Brief von edler Hand, in dem sich kaiserliches Denken und kaiserliche Gesinnung glänzend offenbarten; es war aber auch viel Milde und Sanftmut darin zu erkennen, Eigenschaften, welche (die) Kaiser mehr (noch) als die goldene Krone zieren können. Bewundern wir doch auch bei Gott, mögen wir auch alle in j eder Hinsicht Schrecken und Staunen für ihn empfinden, vor allen seinen anderen Vorzügen seine 1 0 Güte, der wir auch die Entstehung aller Dinge und unser Heil verdanken und zuschreiben. Sie nimmst auch du dir zum geziemenden Vorbild und hältst sie deinen Untertanen als MerkmaF der Herrschaft vor Augen, während du das schroffe und grimmige Auftreten verächtlich den Tyran nen überläßt. Nun hätte es einem anderen als (Beweis seiner) Liebenswür digkeit und des bloßen Rufes gnädiger Gesinnung genügt, den Fehlenden nichts nachzutragen, sondern ihnen zu verzeihen, wenn sie ihn um Verge- 15 bung bitten. Du aber verfügst so reichlich darüber, daß du es nicht er trägst, wenn j emand vermutet, du könntest ihm böse sein; du kommst ihm vielmehr mit versöhnlicher Geste zuvor, (noch) bevor j ener zeigen kann, daß er gekränkt ist, als wolltest du dich bei den Gekränkten für ihren Irrtum entschuldigen. Ich muß gestehen, daß ich nicht einmal bei denen, die auf den 3 Bergen Askese üben, eine so tiefe philosophische Ge-
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
sinnung gefunden habe. Denn das ist es, wofür Paulus bewundert wird, 20 wenn er brennend mit denen leidet, die Ärgernis nehmen4 . Deswegen
wirst nicht nur du dir selbst einst den Richter gnädig stimmen, sondern auch j etzt (schon) für deine Milde keine geringe Ehre empfangen, da rings um dich deine Feinde sich besänftigen lassen, die Leute deiner Umgebung dich lieben und alle sich dir bereitwillig anvertrauen; denn wer wird sich einem Gütigen und Freundlichen entziehen? Mehr noch, wer wird es nicht als Gewinn ansehen, einem solchen Menschen zu dienen ? 25
Ich aber verfluche die, welche dein HAUPTs (unter der Vorgabe), du zürntest, verleumden, und tadle mich selbst, daß ich denen, die mich so gleißend täuschten, glaubte; doch erbitte ich nicht Verzeihung für meinen Irrtum, denn die hat zuvor schon dein Brief gewährt. Ich verspreche aber, fortan von dir nur das Richtige zu vermuten, und, wenn einer mich umzu stimmen sucht, Steine gegen ihn aufzuraffen, zur alten Freundschaft, wie
30 du selbst befiehlst, eilends zurückzukehren und mich zu bemühen, mein
früheres durch mein späteres Verhalten zu korrigieren. Ich bin mir aber bewußt, daß ich auf diese Weise meinen einstigen Herrn6 wohlwollender (und geneigt) finden werde, mir ebenso wie seinen Getreuen eine offene Sprache zu gestatten, die für verwerflich zu halten, die sich als Verleum der versuchen, und mir in j eder Hinsicht wie einen Hafen seine Gunst zu öffnen. Denn das ist deinen anderen guten Eigenschaften angemessen, 35 und zugleich wirst du recht tun, wenn du in deinem Umgang mit mir
deinen Vater, den Kaiser7, nachahmst, der mich in ganz j ungen Jahren in seine Dienste nahm und meine Anwesenheit nie als die eines Jünglings verstand, sondern für sich und den Staat von ihr größeren Gewinn zu haben glaubte als von der (Gesellschaft) betagter Leute. Seinem Urteil wagte niemand je ein anderes entgegenzusetzen8• Durch solches (Verhalten) also erfreue uns, aber auch durch die guten 40 Nachrichten, deren Ankunft wir uns alsbald erhoffen, (nämlich) daß die
Barbaren, die ein schlimmes Spiel getrieben haben, bestraft wurden, daß ihren Freveltaten ein Ende gesetzt ist und Lakonien j etzt mit besseren und vernünftigeren Gesetzen als zu Zeiten Lykurgs verwaltet wird. Glauben wir doch alle, daß du dazu fähig bist, zumal der Kaiser, dein Vater, dich in deine Aufgaben einführt, der Sohn des Kaisers9 aber mit dir zusam menwirkt. Sobald dieser zu dir kommt, wird er dich durch seine Anwe45 senheit erfreuen, in dir aber auch einen guten Zuschauer haben, dem er
seine Fähigkeiten beweisen kann.
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BRIEF T23 1
K r. OKyd: Kyd. kündigt die Reise des Theodoros Palaiologos an, der sich zuvor in Kon stantinopel aufhielt (s.u., X2 ) . OE: Lakonien (Z.4 1 ) steht hier für das Gebiet der Peloponnes, in dessen Hauptstadt Mistra die byzantinischen Despoten residieren. D: In LC 11 49 1 , Liste XIII, wird vorliegender Brief zeitlich nach L200
( T232 ) eingereiht, entsprechend den (nicht =
näher begründeten) Angaben in LS 1 4 1 , wo L200 (dort: 1 6,4) auf 1 3 8 0 - 82, und in LS 90, wo L241 (dort: 4, 1 ) auf 1 3 82 - 8 3 datiert wird. Doch erheben sich gegen diese Reihenfolge gewichtige Einwände. Loenertz sagt in einer Fußnote zu Z.43 selbst, daß der hier genannte «Sohn des Kaisers » , dessen Ankunft auf der Peloponnes von Kyd. angekündigt wird, Theodo ros Palaiologos ist. Brief L200 (der hier folgende Brief T232) aber setzt zweifellos voraus, daß Theodoros bereits auf der Peloponnes angekommen ist, was auch Loenertz selbst durch seine Bemerkung zu L200, Z.20 bestätigt. Die Reihenfolge der beiden Briefe wird daher hier gegenüber der in Liste XIII vertauscht. Die genauere Datierung der Briefe hängt davon ab, wann Theodoros auf die Peloponnes reiste. Gemäß SchreinChron 11 324 f. war dies im Welt jahr 6 8 9 1 (Sept. 1 3 82 - Aug. 1 3 8 3 ) , doch wartete er gemäß ManuelOr 1 1 1 , 1 1 - 1 6 in Kon stantinopel, bis die Lage dort sich beruhigt hatte, worunter gemäß DenReign 58 f. und SchreinChron 11 324 f. der Vertrag mit Genua vom 2 . 1 1 . 1 3 82 (Dö� eg 3 1 77) zu verstehen ist. Gemäß DenReign reiste er etwa um die Zeit dieses Vertrages, nach SchreinChron kam er gegen Ende des Jahres 1 3 82 in Mistra an. Es gibt aber keinen Grund, warum er noch länger hätte warten sollen, und so ist seine Ankunft in Mistra noch im November durchaus wahr scheinlich. Entsprechend ist auch die Ankündigung seiner Ankunft im vorliegenden Brief am ehesten auf November 1 3 82 zu datieren. Der unzureichend begründeten Datierung des vorliegenden Briefes auf 1 3 80/8 1 durch MaksKant 1 8 3 f. mit A.44, übernommen von RadJov 416, A.39, kann ich nicht beipflichten. Ir.
BKyd: Zur Anspielung des Kyd. auf die gegenwärtige unglückliche Situation siehe
A. 1 . Über die Beziehung des Kyd. zu Matthaios Kantakuzenos siehe den Exkurs Bd. 111, 1 3 9 f. und hier, A.6. Zum Rückblick auf die Vertrauensstellung bei Ioannes VI. (Xl ) in jungen Jahren (Z.35 - 3 8 ) siehe Bd. 111, 1 0 f., 97 mit A.66; vgl. auch ebd. 4 f., A . 3 . BE: Die gemein same Herrschaft über die Peloponnes mit Theodoros r. (X2 ) entsprach gemäß LBF I 2 3 1 tatsächlich (wie Z.43 f . angedeutet) dem ausdrücklichen Wunsch des Matthaios; e r sah sich allein den innenpolitischen Schwierigkeiten dort (vor allem der Auseinandersetzung mit sei nem rebellischen Sohn; dazu LBF I, ebd. ) nicht gewachsen. Xl: Kaiser Ioannes VI. Kantaku zenos (PLP 1 0973 ), erster Dienstherr des Kyd. (Z.35 - 3 8 ; s.o., BKyd) und derzeitiger Ratge ber seines Sohnes Matthaios in Mistra (Z.42 f. ) . Aus genuesischer Gefangenschaft im Mai 1 3 82 entlassen (dazu Bd.lI, 203 f. ), reiste er bald darauf zur Peloponnes, wo er jedenfalls einige Zeit vor Theodoros eintraf, wie u. a. vorliegender Brief bezeugt (siehe auch LBF I 232; SchreinChron 11 324 f. ) . X2: Theodoros r. Palaiologos, Despot der Peloponnes 1 3 82 - 1407 (PLP 2 1460), hier (Z.43 ) als « Sohn des Kaisers» (sc. Ioannes' V. ) bezeichnet, der bald auf der Peloponnes eintreffen werde, um dort gemeinsam mit Matthaios zu herrschen (Z.43 45 ) . Der vierte und jüngste Sohn Ioannes' v., geboren um 1 355, war von seinem Vater zum Nachfolger des am 1 0.4. 1 3 8 0 verstorbenen Manuel Kantakuzenos bestimmt worden. Zur Datierung seiner Reise auf die Peloponnes s.o., D. ZC: In der jüngsten Vergangenheit haben Barbaren auf der Peloponnes ihren Mutwillen getrieben (Z.40 ) . Siehe dazu die Erläuterung in ManuelOr 1 1 5, 7 - 1 1 , wonach das byzantinische Herrschaftsgebiet damals von benach-
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
barten abendländischen Mächten (sc. der sog. Navarresischen Kompanie; dazu unten, T273 , ZG) und von Türken, die zu Pferd über das Festland und auf Piratenschiffen über das Meer kamen, bedroht wurde. Ep: Ein vorausgehender versöhnlicher Brief des Matthaios an Kyd. (Z.5 f. ) . III. Hss: A 22ry, ohne Nummer (die Briefe L24l -243 sind i m Autographen A [nr -23Y] nicht numeriert); U 29Y - 3 0V, Nr. 39. Ed: KydEpCam Nr. 29. Üb: Ebd. (frz . ) . IV. 1 Kyd. spielt vielleicht schon (wie bereits i n B d . VI, 35, A. 1 8 9 vermutet) auf seine Betrübnis über die Abreise des Manuel Palaiologos aus Konstantinopel an, die etwa um die Zeit der Abfassung dieses Briefes anzusetzen ist (s.u., T23 3 ) , sicher aber auch auf die schwie rige politische Situation. Zwar wurde der Bürgerkrieg mit Andronikos IV. und die kriegeri sche Verstrickung mit Genua beigelegt, aber die schmachvolle Abhängigkeit von der Gunst des Osmanensultans Murad I. da.uerte weiter an; dazu DenReign 46 - 5 l . 2 W. : aUf!ßoAoV. 3 In der Edition steht vor OQWLV irrig zweimal TOÜ;. 4 NT2K 1 1 , 29. 5 Ehrerbietige Anrede statt des einfachen «Du» , die in der Übersetzung der Briefe über nommen wird; zur Kennzeichnung der Redensart wird das Wort «Haupt» mit Blocklettem geschrieben. Vgl. Bd. VI, 85 und T19, A.2. 6 W. : TOV uQXa10v ÖWJtOTYjV. Hier kann Kydones niemand anderen als Matthaios selbst meinen (den er ja im folgenden Satz wieder mit «Du» anredet) . Matthaios ist sein «einstiger Hew>, weil er seit April 1 3 53 (Ausrufung) bzw. Februar 1354 (Krönung) bis zu seiner Ab dankung im Dezember 1357 die Kaiserwürde bekleidete. 7 Ioannes VI. Kantakuzenos (Xl ) . 8 W. : EvavT(av SELVaL. Den Druckfehler der Edition uvavT(av hatte bereits P. Wirth, BZ 56 ( 1 96 3 ) 344 gemäß der Hs zu EvavT(av korrigiert. 9
Theodoros Palaiologos (X2 ) .
232 L : 200; OKyd: Konstantinopel; E: Ein ehemaliger Vertrauter des verstorbenen Despoten Manuel Kantakuzenos; OE: Mistra, Peloponnes; D: Spätherbst 1 3 82; wI: Theodoros I. Pa laiologos hat als Despot in Mistra die Herrschaft angetreten. Kydones preist den neuen Des poten, vor ihm aber noch den nun wieder in Mistra lebenden greisen Exkaiser Ioannes Kanta kuzenos, als hervorragende Herrscherpersönlichkeiten und betont, der Adressat habe von dem Regierungswechsel nichts zu befürchten, da Theodoros Leute von Bildung und Charak ter wie ihn zu schätzen wisse.
Ich glaube, du wirst nun deine Klagen um den Tod des Despoten1 been5 den; hast du doch j etzt zwei2 Herren statt des einen, und zwar solche, die
ihm an Tugend nicht nachstehen, der Würde nach ihn aber sogar bei weitem überragen 3 , so daß auch er ihnen als Herrscher über Menschen
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BRIEFE
T2 3 1 -23 2
den Vortritt gelassen hätte. Denn hervorragend geeignet sind beide Män ner, Krankheiten von Städten zu heilen. Bei dem Kaiser4 aber könnte man sogar ein wunderbares Übermaß dieser Fähigkeit beobachten. Das hat er jedenfalls klar gezeigt, als er bei einem großen SturmS unsere Große STADT zu regieren hatte. Hätte nämlich er damals nicht am Steuer geses- 1 0 sen, welcher Ausweg6 wäre uns da noch verblieben, als die Stadt gegen die ständig heranbrausenden Wogen keinen Widerstand mehr leisten konnte ? Jetzt aber7 sind wir mit Gottes Hilfe durch ihn gerettet, und die Untertanen zollen ihm vielfaches Lob. D och ist er gewiß nicht einer, der den Städten nur im öffentlichen Bereich zu nützen versteht, privat aber die Menschen seiner Umgebung unterdrückt; (er ist nicht) wie j emand, der durch Arroganz gegenüber anderen seine (eigene) Würde erhabener erscheinen lassen will, sondern behält das Schrecken erregende seinen 15 Feinden vor und ist im privaten Kreis auch (dann) nicht zornig, wenn er unterliegt. Er ist aber auch zu bewundern, weil er die' unschönen Leiden schaften in der Jugend beherrschte und so sehr der Gerechtigkeit und den Gesetzen ergeben war, daß ihm ein Leben ohne sie unmöglich war. So könnte man in j eder Hinsicht sagen, dem Manne stehe das Kaisertum ans. Ich glaube aber, auch Platon würde, wenn er ihn sähe, ganz unum- 20 wunden sagen, er besitze einen königlichen Sinn und eine königliche Seele9. Ihr habt also nun einen StaatslenkerlO, euch von Gott gegeben, wie ihn andere nicht haben. Seht ihn als Geschenk eines gütigen Schicksals an, stimmt mit ihm im Guten überein und folgt bereitwillig seinen Anordnun gen. Er wird euch nichts Belastendes auferlegen, nichts, was ihm Freude, den Untertanen aber Betrübnis bereiten könnte. Denn niemals würde er von dem, was den Untertanen Nutzen bringen könnte, seinen eigenen 25 Vorteil unterscheiden; sondern was er ihnen wünschen würde, das bedeutet ihm auch die Erfüllung des eigenen Begehrens, und nur dies, glaubt er, gezieme sich für einen Kaiser1 1 . Es wird ihn aber auch das Gedenken an seinen Onkel1 2 dazu ermutigen. Da er nämlich von vielen seinen edlen Sinn rühmen hörte, wird er versuchen, in keinerlei Hinsicht hinter seinem Verwandten zurückzustehen. Er wird ihn aber auch dadurch ehren, daß er entsprechend seine Freunde behandelt und die ehrt, die auch jener der 3 0 Ehre für würdig hielt. D aher ist es vernünftig, wenn d u darauf vertraust, daß es dir bei ihm nicht schlechter gehen wird (als vorher). Ich weiß aber, daß er dich nicht nur dem Verstorbenen zuliebe ehren, sondern daß man
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
dich dank deiner Bildung und deines Charakters unter seinen engsten Vertrauten sehen wird. Denn er ist ein Meister im Zuhören und hält es für einen Sieg, wenn er im gelehrten Streit unterliegt; es freut ihn, wenn j emand schön zu reden versteht und der Bildung zugetan ist. Wer aber 35 beides aufweisen kann und sein Redetalent mit (einem guten) Charakter
ziert, der hat ihn besiegt und kann seine Zustimmung zu allem gewinnen. Du aber bist ein Mensch von edlem Sinn und verstehst anmutig zu reden. Ein klarer Beweis dafür ist dir mit deinem Brief an ihn gelungen. Du hast ihn mit deinen Worten so bewegt, daß er nach wiederholtem Lesen nicht aufhörte zu staunen. K I. OKyd: « Unsere Große STADT" (Z.9) Konstantinopel. E, OE: Ein Mann aus der näheren Umgebung des verstorbenen Despoten in Mistra Manuel Kantakuzenos (Z.4), der sich Sorgen wegen des jetzt erfolgten Herrscherwechsels macht (Z.3 1 f. ) . Zu seiner möglichen Identität mit dem Adressaten von T 1 1 5 bzw. mit Manuel Raul Metochites (PLP 1 7984) siehe Bd. 112, 345 und Tl 15, Xl. D: Gemäß Z.4 und 20 ff. ist der Brief verfaßt, nachdem Theodo ras I. als Despot auf der Peloponnes, gemäß T23 1 , D wahrscheinlich im November 1 3 82, die Herrschaft übernommen hatte, und zwar nicht allzu lange nach diesem Zeitpunkt, denn =
Z.3 6 - 3 8 wird ein kürzlich geschriebener Brief von E an Theodoros erwähnt, den der Despot noch in Konstantinopel erhalten h aben muß, weil Kyd. seine begeisterte Reaktion darauf persönlich beobachten konnte. 11. BKyd: Das Lob - aus der Rückschau - auf Ioannes Kantakuzenos, wohl auch dem Adressaten (einem Anhänger der Kantakuzenen-Familie) zuliebe so stark aufgetragen, scheint jedenfalls - wie bereits in T23 1 - einen Gesinnungswandel des Kyd. gegenüber dem in früheren Jahren einmal (Bd. 111, T93 ) so heftig getadelten Exkaiser anzudeuten. Zu Einzelhei ten s.u., A. 7 - 9 . Xl: Manuel Kantakuzenos (PLP 1 0978 ) . Auf seinen Tod ( am 1 0 .4. 1 3 8 0 ) wird zweimal angespielt: E soll mit den Klagen u m ihn aufhören (Z.4); der Despot Theodoros wird das Andenken des Verstorbenen ehren (Z.2 6 f. ) . Außerdem ist Kyd. überzeugt, daß Theodoros ihn sich als seinen Onkel (Z.26; siehe X3 ) zum Vorbild nehmen werde. X2: Ioan nes Kantakuzenos (4.7-2 0 ) . Daß er und nicht Matthaios einer der beiden in Z.4 gemeinten neuen Herrscher der Peloponnes ist, mag zunächst befremden, wenn man aus T23 1 entnom men hat, daß doch Matthaios Kantakuzenos sich Zusammenarbeit (a'U[l1tOvo'ÜVLO�, Z.43 ) mit Theodoros als seinem künftigen Mitregenten erhofft; doch wird auch dort schon (T2 3 1 , X l ) wie hier (Z.7-20) die große politische Befähigung und Erfahrung seines Vaters geprie sen. Dieses Lob paßt in keinem Fall auf Matthaios, der in Konstantinopel weder geherrscht noch gar die Stadt « gerettet" hat. Freilich ist diese Passage eine übertriebene Lobhudelei für den keineswegs so untadeligen Ioannes Kantakuzenos (zur Erklärung s.o., BKyd ) . Demnach soll er Konstantinopel in einer sehr schwierigen Situation ( EV [lEyaAI:p XEL[lWVL, Z.8 f. ) regiert und gerettet haben, so daß Byzanz sogar noch seine gegenwärtige Existenz ihm zu verdanken habe (s.u., A.7). Kantakuzenos regierte in Konstantinopel in den Jahren 1 3 4 7 - 54 . In Wirk lichkeit waren manche Probleme, die er damals gemeistert haben soll, von ihm selbst ver schuldet, vor allem wegen seiner skrupellosen Zusammenarbeit mit Landesfeinden während
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BRIEF T232
des vorausgehende� Bürgerkrieges 1 3 4 1 - 47, die er freilich selbst in seinen Memoiren zu beschönigen versuchte. Siehe dazu TinnPol, passim. Die schmeichelhafte Passage des vorlie genden Briefes über den Exkaiser ( auf die bereits in Bd. VI, T3, A.68 hingewiesen wurde) hat K.-P. Todt, Kaiser Johannes VI. Kantakuzenos und der Islam, WürzburglAltenberge 1 9 9 1 , 305 übersehen; e r verweist nur auf das knappere Lob auf ihn i n L222 ( Z . 9 8 f. ), einem Brief an Kaiserin Helene aus dem Jahr 1 3 92 . X3 : Theodoros Palaiologos (4.20 - 3 8 ) . Daß der zweite Herrscher neben Ioannes Kantakuzenos, der hier genannt wird, nicht Matthaios Kan takuzenos ist (wie NicKant 1 27, A. 1 5 anzunehmen scheint und auch MaksKant 1 84, Ao44 für möglich hält), ergibt sich aus der Anspielung auf seinen Vorgänger und Onkel, der nie mand anders als Manuel Kantakuzenos sein kann (Z.26; vgl. A. 1 2 ) , da Matthaios nicht Manuels Neffe, sondern sein Bruder war. Zu der Frage, warum Kyd. den Despoten Z.26 als « Kaiser» zu bezeichnen scheint, s.u., A. 1 1 . ZC: Zur Andeutung der schwierigen Situation Konstantinopels, die Ioannes Kantakuzenos gemeistert haben soll (Z.8 f. ), siehe X2 . Ep: Ein kürzlich verfaßter, sehr wohlwollend aufgenommener Brief des Adressaten an Theodoros I., als er sich noch in Konstantinopel aufhielt (Z.3 6 - 3 8 ) . III.
Hss: A 95v - 9 6r, Nr. 4 ; U 1 7P - 1 72r, Nr. 1 77.
IV. 1 Manuel Kantakuzenos (Xl ) . 2 Wie sich aus dem Folgenden ergibt, ist hier von Ioannes Kanta kuzenos (X2 ) und Theo doros I. Palaiologos (X3 ) die Rede. 3
Ioannes Kantakuzenos wurde auch nach seiner Abdankung nach wie vor als « Kaiser»
angeredet (vgl. KantRef XXIIf. mit A.3 9 ) ; Theodoros war im Gegensatz zu Manuel Kantaku zenos ein Porphyrogenneros (siehe die Überschrift des Kyd. zu T23 8 ) . Zu diesem Prädikat jetzt grundlegend G. Dagron, Nes dans la pourpre, TM 12 ( 1 994) 105 - 142. 4
Ioannes Kantakuzenos (X2 ) .
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« Sturm» (XEq..lW V) ist natürlich wie die folgenden « Wogen» metaphorisch zu verstehen
(siehe X2). MaksKant 1 84, Ao44 (Z.8 von unten), der aus dieser Angabe auf die Abfassung des Briefes im Herbst schließt, scheint die Anspielung auf den Sturm wörtlich zu nehmen. 6 W. : A6yor; . 7
Das Verständnis von « jetzt aber» (viJv eSE) bereitet Schwierigkeiten, weil hier nur von
Leistungen des Exkaisers die Rede sein kann, die etwa 30 Jahre zurückliegen (siehe X2 ) . Kyd. meint hier wohl, es sei der Politik des Kantakuzenos in der Vergangenheit zu verdanken, daß Byzanz gegenwärtig überhaupt noch bestehe. 8 Hier betont Kyd. noch einmal, was Kantakuzenos gern hörte, daß er der geborene Kaiser sei (vgl. A.3 ) . 9 Z u Kantakuzenos als dem platonischen « Philosophenkönig» siehe Bd. 11 1 , 96 mit A.2 1 - 2 8 . 1 0 W. : �YEf-L6va. Obwohl der Übergang mit -rOLyagoiJv nicht gerade geschickt ist, kann kein Zweifel bestehen, daß ab hier von dem zweiten der beiden in Zo4 (siehe A. 1 ) gemeinten Herrscher die Rede ist, also von Theodoros I. Palaiologos (X3 ) . 1 1 M a n fragt sich, warum Kyd. hier von den Pflichten eines Kaisers spricht, obwohl er natürlich wissen mußte, daß Theodoros nicht die Mitkaiserwürde bekleidete. Manuel II. weiß j edenfalls in der Grabrede auf Theodoros (ManueIOr) nichts von einem kaiserlichen Rang seines Bruders und bezeichnet ihn grundsätzlich nur als Despoten. Doch spielt Kyd. auch in T23 8 (siehe dort, A. 1 ) auf die ßaoLAELa des Theodoros an. Wahrscheinlich verwendet Kyd.
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
diese Terminologie wegen der Abstammung des Despoten aus der kaiserlichen Familie der Palaiologen. 12 Der verstorbene Manuel Kantakuzenos war ein Bruder von Helene Kantakuzene, der Mutter des Despoten Theodoros 1.
233 L : 2 0 3 ; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel 11. Palaiologos; O E : Thessalonike; D : Herbst (November) 1 3 82; wI: Klage über die Abreise des Kaisers; L o b seiner Person; Hoff nung auf seine militärischen Erfolge.
Was hat die Große STADT gegen dich gefehlt, daß du sie im Stich ließt 5 (und zwangst), geradezu eine Witwenklage anzustimmen? Denn nach dei
ner unglückseligen und von niemandem gutgeheißenen Abreise haben alle die eigenen Sorgen gänzlich vergessen. Sie denken vielmehr (nur noch) an die Mühen, die du für alle ertrugst - wenn du Nächte durchwachtest, Rat hieltest, von Termin zu Termin eiltestl , täglich Angriffen ausgesetzt und auf alles bedacht warst, wodurch du allen Sicherheit verschaffen konntest - , und bilden nun Chöre von Klagenden in j edem Haus, in 10 j edem StadtteiF . Der eine besingt deine Klugheit, mit der du schärfer als
j eder andere das Notwendige erkennst, ein anderer behauptet, daß der Peleus des Mythos dir an Besonnenheit nachstehe 3 . Wieder andere be haupten, bis zum heutigen Tage sei noch nicht ein solches Muster an Tapferkeit entdeckt worden. Jemand sprach aber auch von der Gerechtig keit und glaubte si� als dein Merkmal entdeckt zu haben4 . Andere aber lassen dies beiseite und lobpreisen deine Zunge, ihre sanfte Überredungs15 kunst, ihren anmutigen Lauf und die Wahrhaftigkeit, die stets mit deinen
Worten einhergeht. «Er hat etwas ausgesprochen » , sagen sie nämlich5, « und (schon) wandelt sich das Wort den Zuhörern zur Tat. » Auch be haupten sie, daß sie alle gänzlich einem einzigen - (und zwar) dir - in jeder Hinsicht unterlegen sind. Dies also ist bei Versammlungen, auf den öffentlichen Plätzen, ebenso aber auch im Kaiserpalast täglich in aller Munde und gibt allen zu Wehklagen Anlaß, wie sie bei der Totentrauer nicht größer sein können. Denn je wertvoller das ist, was man entbehren 20 muß, um so schmerzhafter trifft der Pfeil, den dieser Verlust bedeutet6.
Was aber j eden Trost zum Geschwätz werden läßt, ist die stürmische Zeitlage7: Die Wogen schlagen uns über das Haupt, überall (ragen be-
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BRIEFE T232 -233
drohliche) Klippen, (toben) gewaltige Stürme, (herrscht) tiefe Finsternis; dazu sind die Seeleute noch untereinander zerstritten, denn ich zögere zu sagen: unfähig. Der Steuermann des Schiffes aber ist in weitesten Fernen, und es ist zu befürchten, daß es sinkt und mit ihm auch die noch verblie benen Hoffnungen untergehen8 . So großes Unheil bedrängt die Bürger 25 nach deiner Abreise. (Nur) eines hält uns Ertrinkende j etzt noch aufrecht: Wir glauben, daß Gott den Guten immer als tatkräftiger Helfer zur Seite steht. Deshalb hoffen wir auch, daß dir die VORSEHUNG (noch) größere Kraft verleihen wird. D aß aber du ihre Gaben allen gemeinsam zur Verfü gung stellen wirst, so wie alle es von dir kennen, daran zweifelt niemand. Diese Hoffnung allein hat uns die Tyche in ihrem Gefäß9 übriggelassen, 30 und nur dieses Heilmittel finden wir für die Krankheiten der Stadt; denn im übrigen ist nicht einmal von Träumen ein Trost zu erhoffen. Bleibe es uns also beschieden, dir Gutes von Gott zu erbitten, dir aber, mit unseren Gebeten zusammenzuwirken, zu versuchen, dich und die Freunde zu er retten, und das, was Hektor, wie j emand sagte10, für Troja war, deinerseits für Vaterland und Volk zu werden.
35
K I. OKyd: Die Große STADT (Z.4 ) . E, OE: Daß dies der erste Brief ist, den Kyd. an den nach Thessalonike abgereisten Manuel Palaiologos richtete, ist im Kontext der übrigen Ma nuel-Korrespondenz zweifelsfrei gesichert (BarkMan 45, A. 1 2 3 ) . In der Reihe dieser Briefe enthält erstmals T23 6, Z.40 einen ausdrücklichen Hinweis darauf, daß Manuel sich in Thes salonike aufhält (siehe dort, OE) . D: Der Brief ist kurz nach besagter Abreise zu datieren, die gemäß DenReign 59 und BarkMan 44 f. um den 2 . 1 1 . 1 3 82 erfolgte. 11. BKyd: Der Brief ist wie viele weitere der Reihe ein Dokument der tiefen Zuneigung des Kyd. zu Manuel und seines Vertrauens auf dessen staatsmännische und militärische Fä higkeiten. BE: In diesem wie in einigen der folgenden Briefe wird angedeutet, daß Manuel Konstantinopel überraschend verlassen hat, um in Thessalonike - er war bereits 1 3 69 - 73 als « Despotes» mit der Herrschaft über die Stadt betraut gewesen (BarkMan 9 f. ) - , diesmal offenbar ohne Auftrag seines Vaters, erneut die Macht zu übernehmen (BarkMan 44 f. ) . Xl, X2: S.u., A. 8 . Z C : Die Lage Konstantinopels wird als äußerst angespannt geschildert (Z.20 - 23 ) . Zur Deutung dieser Anspielung s.u., A. 8 . III. Hss: A 9 8v - 99" Nr. 7 ; U 1 74v - 1 75V, Nr. 1 8 0; c (Vat. gr. 82) 404v• IV. 1 W. : TtEQLTQEXWV. 2 W.: xaTa ÖiUlOUC;. 3 Die Besonnenheit (owcpQOOUVll, im Sinne keuscher Zurückhaltung) des Peleus wird gepriesen, weil er die erotische Zudringlichkeit der Astydameia, Gattin des Königs Akastos von Iolkos, zurückwies und sie ihn deswegen verleumdete (Potiphar-Motiv der Bibel, ATGe 39, 7 - 20 ) , siehe Apollodoros III 1 65 III 1 3 , 3 (in deutscher Übersetzung: Griechische Sagen, übers. von L.Mader, ZürichJStuttgart 1 963, 1 1 1 ) . Zum Lohn für seine Tugend erhielt =
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Pe leus ein Schwert (l-tUXaLga), auf das AristophNu 1 063 anspielt. Siehe Suda TI 1507 (und M 393); Jo. Tzetzae Commentarii in Aristophanem, Commentarii in Nubes, ed. D. Holwerda, Groningen/Amsterdam 1 9 60, 628. 4 Manuel ist also eine Verkörperung der vier platonischen Tugenden gemäß PIPlta 427e und den anschließend folgenden Ausführungen zu ao<j:>(a, avögEla, aw<j:>goauvl1 und Ö LX aLO aUvl1. In PISmp 209a tritt wie hier die <j:>g6Vl1aL� an die Stelle der ao<j:>(a. 5 Loenertz schreibt: « E<j:>l1 yug TL» <j:>aa(v, aber eigentlich gehört yug nicht zur wörtlichen Rede, sondern zu <j:>aa(v. Eine sinngemäße Schreibung ist jedoch wegen der enklitischen Ver bindung yug TL nicht möglich. 6 W. : °co aou 'tcp xal 't. Bescheidene Minderung des kaiserlichen Lobes; sein Anlaß sind nicht die gelobten
Eigenschaften, sondern Dank für treue Dienste. 4
Loenertz liest A.6YOlJ� ä� (im Apparat zu Z . 1 7 wiederholt), ein Blick in den Mikrofilm
von A zeigt mir aber eindeutig, daß ou� zu lesen ist. Worauf sollte sich ä� auch beziehen? A6yolJ� verstehe ich im Sinne von XQlJooßOUA.A.OlJ� )"6yolJ� (Privilegien-Urkunden) . 5
Die Briefe des Kyd. werden die Hand des Akakios ermüden, weil e r sie abschreiben
muß. 6
An dieser Stelle fehlt in der Edition ein unentbehrliches Komma.
7
Der homerische Thersites steht für alles Häßliche und abstoßend Geschwätzige, Nireus
(nicht zu verwechseln mit Nereus) aus Syme, Sohn des Charopos und der Aglaia, war nächst Achilleus der Schönste der Danaer ( Griechen) vor Troja (HomIl 2, 671 - 674 ) . 8
I n übermäßiger Bescheidenheit sieht Kyd. i m freundschaftlichen Gefühl d e s Akakios
für seine Person einen Mißgriff, der Strafe verdient habe.
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BRIEFE T25 2 - 253
9 Kyd. tröstet sich mit dem Gedanken, das sein Werk wenigstens im Laufe der Zeit der Vergessenheit anheimfallen werde. Dies trifft allerdings gerade für das 20. Jahrhundert nicht zu. 10 « Auch » , das heißt, selbstverständlich soll Akakios nicht nur beten, sondern auch schreiben; vgl. A.5.
253
-
AN KAISER MANUEL
L: 253; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Thessalonike; D: Frühjahr/Sommer 1 3 8 3 ; wI: Manuel hat Briefe an Adressaten in der Hauptstadt geschrieben, aber Kydones übergangen. Auch er will sich nun in Schweigen hüllen, beteuert aber seine Sorge um den Kaiser.
Mit Briefen von dir hat Phialites, als er kam, unsere Stadt reichlich versorgt. Auf die Frage aber, ob er auch mir einen B.rief von dir bringe,
5
antwortete er « nicht einen Mucks » \ wie man so sagt. Ich aber hätte mich, wenn mir nicht seit langem die Geringschätzung von euch Kaisern gegenüber uns Bürgern bekannt wäre 2 , in der Annahme, verachtet zu werden, sehr gegrämt. D a ich aber schon oft viele, die von eurer Seite Ehrung verdient hätten, übergangen sah, hielt ich auch mich selbst für einen von ihnen; so war ich zwar enttäuscht, tröstete mich aber über meinen Kummer mit ihrem Beispiel. Was bleibt uns also nun anderes, als 10 dein Verstummen für eine Mahnung zum Schweigen zu halten, (die be sagt), wir sollten dir nicht mit Briefen lästig (fallen) und geschwätzig er scheinen ? Wir wollen also der Zunge eine Fessel anlegen, aber keineswegs auch damit aufhören, liebevoll um euer Ergehen besorgt zu sein. Denn das eine schützt uns vor einem Risik0 3 , das andere aber geschieht zu deinem Vorteil . K 1. OKyd: Kyd. wartet an seinem gewohnten Aufenthaltsort auf Post. OE: Zur vermute ten Abfassungszeit des Briefes (s.u., D) hält sich Manuel in Thessalonike auf. D: Der Brief steht gemäß LC 11, XIV in Heft 4, datiert auf 1 3 82/8 3 . Aus dem Beginn von Manuels Aufent halt in Thessalonike (November 1 3 82 ) ergibt sich ein terminus post quem. Der erste sichere Brief Manuels an Kyd. nach dessen Abreise ist LetMan Nr. 3, der durch T241 (Z.5) bestätigt wird. Dem Brief T241 gingen fünf Briefe ( der annullierte Brief T240 nicht mitgezählt) des Kyd. an Manuel voraus, die wahrscheinlich nicht beantwortet wurden. In dieser Phase könnte also das vorliegende Mahnschreiben des Kyd. bereits untergebracht werden. Mit LetMan Nr. 4 antwortete Manuel auf T242. Es folgte wahrscheinlich das Empfehlungsschreiben T249 für Theodoros Kantakuzenos, auf das Manuel nicht antwortete, das aber gleichwohl erfolg-
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
reich war, wie T254, Z.22 - 2 6 zeigt. Erst auf T256 antwortet LetMan Nr. 1 0 . Ein Brief wie dieser, der Manuel Säumigkeit im Schreiben vorwirft, überrascht also nicht. Eine genauere Datierung (Frühj ahr/Sommer 1 3 8 3 ) ist möglich, weil der Brief zweifellos zusammen mit T254 ( an Theodoros Kantakuzenos ) abgeschickt wurde, in dem das Ausbleiben von Briefen aus Thessalonike mit dem Übermut des Kaisers und seiner Anhänger wegen ihrer Erfolge gegen die Türken erklärt wird. Er ist daher nach T249 und jedenfalls vor dem Fall von Serres (September 13 8 3 ) verfaßt. II. BKyd: Siehe A.2. BE: Siehe D. Xl : Phialites, Briefbote, nochmals erwähnt L427, 1 3 , ferner i n einer Urkunde (siehe PLP 2971 3 ) . Ep: Mehrere Briefe Manuels a n Adressaten in Konstantinopel, aber nicht an Kyd. (Z.4 - 6 ) . 1II. Hss: A 28v- 29r, Nr. 1 3 ; U 5 1 ", Nr. 3 9v• IV. 1 W. : OUÖE ygü (siehe Bd. I12, T8 1 , A.3 1 ) . 2 Der resignierende Ton gegenüber dem sonst so enthusiastisch verehrten Freund er scheint ungewöhnlich. Doch zeigt sich Kyd. am Schluß des Briefes wieder versöhnlicher. 3 W. : EXELVO yag �IlLV ao<j)aAElUV . . . EXEL. Gemeint ist: Wenn wir schweigen, haben wir keine Kritik wegen Aufdringlichkeit oder Geschwätzigkeit zu fürchten.
254 - AN THEODOROS KA NTAKUZENOS L: 254; OKyd: Konstantinopel; OE: Thessalonike; D: Frühjahr/Sommer 1 3 83; wI: Sarka stischer Tadel des Adressaten, der es ebenso wie Kaiser Manuel im Taumel der kriegerischen Erfolge gegen die Türken nicht für nötig gehalten habe, Kydones zu schreiben.
Wie das ? Vor dem Erfolg (schon) die Freunde vergessen ? Sollen wir 5 daraus vor dem Sieg die Zeichen der Zukunft entnehmen ? Wie werdet
ihr dann erst sein, wenn ihr gesiegt habt, euch bekränzt und von den Schmeichlern größeres Lob hört, als es euren Taten entspricht? Ich glaube, daß ihr dann nicht nur das Schreiben einstellt! , sondern sogar denen zürnt, die uns nicht hinauswerfen2 , wenn wir vorsprechen, und wenn wir den Ehrgeiz haben, (doch) zu erscheinen, sofort euer Antlitz 10 wie von einem unangenehmen (Anblick) abwendet. Solches zu prophe
zeien haben wir Anlaß, weil ihr - noch von der Woge kriegerischer Er folge getragen und von dem Argwohn, die Lage könne sich verschlech tern, nicht völlig befreit - keinen Gedanken an uns verschwendet3; aber der Gipfel der Geringschätzung ist es, daß ihr uns auch brieflicher (Mittei lungen) für unwürdig haltet. Dafür wollen wir euch zwar tadeln, es euch aber nicht nachtragen, sondern euch Sieg, Ruhm, Reichtum und alles 15 andere Glück wünschen, auch wenn ihr vorhabt, uns daran ganz und gar
nicht teilhaben zu lassen. Wenn ihr es aber auch noch für recht haltet, so
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BRIEFE T253 - 255
mit den Freunden umzugehen, und glaubt, es werde euch zum Ruhm gereichen, wenn die Fama solches von euch berichtet, sollt ihr es (meinet wegen), wenn ihr es geprüft habt, für das Bessere halten; doch bin ich überzeugt, daß sich dadurch die Zahl eurer Freunde vermindert, euch aber Leute, die euch Böses wünschen, in reichlicher Menge erstehen wer den. Nun will aber wohl niemand, daß sich seine Tadler vermehren. Daß 20 dir dies widerfährt, möchte ich dir nicht wünschen, daß du (also beispiels weise) den Anschein erweckst, dein Glück sei dir wichtiger als die Freun destreue. Aber vielleicht erscheine ich dir, wenn ich dich so ermahne, als (gar) nicht (so) schlechter4 Ratgeber. Bei denen aber, die dich anklagen, weil du uns nicht geschrieben hast, habe ich eine Entschuldigung (für dich) gefunden, indem ich sage: « Kantakuzenos ist ein treuer Freund, der seine Freunde niemals freiwillig vergessen würde. Da aber der Kaiser nicht schrieb, vermied er es, da er Verstand hat, uns gegenüber gerechter 25 zu erscheinen als j ener. » K I. OKyd: Siehe T253 , OKyd, D. E: Siehe T249, X l . OE: Wie Brief T249 angekündigt hat, ist E inzwischen in Thessalonike bei Kaiser Manuel eingetroffen. D: Siehe T253, D . II. BKyd: Kyd. fühlt sich, wie v o n Kaiser Manuel, so auch von d e m Mann, den e r dem Kaiser empfohlen hat, vernachlässigt. Xl : Ein Kaiser, der Kyd. nicht geschrieben hat, Manuel II. (Z.24 - 26 ) . ZC: Kaiser Manuel hat zwar in Thessalonike Erfolge gegen die Türken zu verzeichnen, aber ein durchschlagender Sieg steht noch aus (Z. 1 0 f. ) . III. Hss: A 29r, Nr. 1 4 ; U 4OCv, Nr. 52. IV. 1 W. : uflä.� . . . OLwl't1)oeo8m. 2 W. : LoI� . . . E�cAaoouOLv, Partizip des Futurs EAaow ( attisch EAW ) . 3 Die Zeichensetzung der Edition sollte zur Verdeutlichung wie folgt geändert werden:
w'Üw l'tc(8cL flavLcueo8m LO - LWV aywvwv E8' U fllv aXfla�ovLwv xal Lfj� LWV XELQovwv ul'tO'lj!(a� OUl'tW xa8aQw� AcAUflEvll� - ouöEva l'taQ' U flWV cLvm AOYOV �flwv. Zum Inhalt: In den Enthusiasmus über die kriegerischen Erfolge mischt sich also doch noch die Sorge, die Lage könne sich verschlechtern. 4 W. : ou xaxov '(ow� OU�lßOUAO� ö6�w. Hs A zeigt hier eindeutig xaxov, was aber vielleicht ein seltener graphischer Lapsus des Kyd. für xaxwv ist, da meines Erachtens xaxwv . . . OUflßOUAO� (Ratgeber zu schlechten Dingen) zu lesen ist. Loenertz äußert sich nicht dazu, wie er xaxov hier verstehen will.
255 L: 3 1 2; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel II. Palaiologos; OE: Thessalonike; D: Frühjahr/Sommer 1383; wI: Klage über die lethargische Stimmung in der Hauptstadt; Freude über die Kunde von Erfolgen Manuels im Kampf gegen die Türken; Hoffnung, daß sein Mut auch manche in Konstantinopel zu Taten anspornen werde.
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
0, wer wird uns endlich einmal deinen Anblick gewähren, nach dem 5
sich alle sehnen, an dem sich aber (nur) die Glücklichen freuen können? Bei uns jedenfalls hat das Unglück so überhand genommen, daß wir uns eine bessere Situation schon nicht mehr vorstellen können. So sitzen wir da und vergleichen die mit den Seligen, die bei d ir sind und an deinen Reden und Taten Anteil haben. Denn auch die täglichen kriegerischen Auseinandersetzungen und der Waffenlärm werden nichts daran ändern können, daß man sie (selig) nennt; sie werden vielmehr ihren Ruhm
10 (noch) vermehren, wenn denn wirklich ein Leben in tapferer Bewährung
glückseliger ist als eines in stumpfer Gleichgültigkeit1 . Uns aber erlaubt man weder, zu dir zu eilen, noch bekommen wir hier etwas zu sehen, was mit deinen Taten vergleichbar ist. Geradezu als einen Schlag aber emp fand ich es, daß ich durch die Krankheit sogar daran gehindert wurde, Laskaris zu sehen. Wenn ich ihn getroffen hätte, wäre mir wohl (nur) wenig von dem, was bei euch geschieht, entgangen. Nun aber wurde mir zugleich bekannt, daß er gekommen und (schon wieder) auf dem Rück15 weg sei, so daß durch meine Betrübnis die Krankheit, von der ich mich
erholt hatte, einen erneuten Anlaß erhielt, wieder auszubrechen. Als ich aber die, welche mit ihm zusammengetroffen waren, fragte, ob sie etwas Genaues darüber sagen könnten, weshalb er gekommen sei, erhielt ich widersprüchliche (Antworten), weil j eder das Wahrscheinliche (noch) übertrumpfen wollte2 . Es wußten3 aber alle gemeinsam von der See schlacht, der auf sie folgenden Feldschlacht und vom Sieg in beiden. Sie sprachen auch von einer hohen Zahl Gefallener und Gefangener, und daß 20 der gesamte (Erfolg) des Kampfes der Fähigkeit des Kaisers zu verdanken
sei, der es verstehe, die Bürger von Thessalonike in Marathonkrieger zu verwandeln, und es (ihnen) zur Gewohnheit mache, die in die Flucht zu schlagen, vor denen es sie früher schon schauderte, wenn sie nur von ihnen (reden) hörten. Von derlei Berichten läßt du unsere STADT widerhallen\ und sie sind geeignet, vielleicht auch (noch) einen anderen, einen zweiten und einen dritten zu ermutigen. (Gewiß) läßt das Siegesmal des Miltiades Leute wie 25 Kimon 5 bei uns nicht schlummern, sondern sie werden aus dem Schlaf
aufwachen, sich vielleicht ihre Gleichgültigkeit vorwerfen, ihren Blick auf deine Kriegstaten richten, selbst nach dem Sieg trachten und (j edenfalls) etwas tun, was der Großen STADT würdig ist. So laß es denn geschehen, ERLÖSER, daß viele bei uns Nacheiferer deiner Taten werden.
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BRIEFE T25 5 - 256
K I. OKyd: Die STADT (Z.22 ) bzw. die Große STADT (Z.2 6 f. ) . E, OE: Ein Kaiser in Thessalonike ( Z.20 f. ) , zweifellos Manuel Palaiologos. D: Die Siege Manuels über die Türken zu Wasser und zu Lande (Z. 1 7 - 20 ) werden gemäß DenReign 72 f. und BarkMan 48 f. auch in seiner Rede an die Bewohner Thessalonikes (Herbst 1 3 8 3 ) als unlängst, also etwa zwischen Mai und August 1 3 8 3 , errungene Erfolge erwähnt. 11. BKyd: Kyd., der an der Lethargie Kaiser Ioannes' V. und der Bewohner Konstantino pels leidet, wird daran gehindert, zweifellos vom Kaiser (siehe T24 8, Text zu A. 1 3 ), zu Ma nuel nach Thessalonike zu kommen. Er bedauert, daß er wegen einer Erkrankung Laskaris (Xl ) bei seinem Besuch in Konstantinopel nicht getroffen habe. BE: Siehe D . Xl : Ein gewisser Laskaris unbekannten Vornamens, ein Mann aus der Umgebung Manuels in Thessalonike, der sich kurzfristig in Konstantinopel aufhielt und dort von den Taten Manuels berichtete (Z.12), gemäß Bd. V2, T 0 1 3 7 ein Freund des Kyd. (PLP 14505 ) . ZG: Siehe D. III. Hss: A 1 1 6rv, Nr. 4; U 227V - 22 8 ', Nr. 227. IV. 1 W. : f-lE't' aßEhT]Q(a�. 2 W. : EXa.O'tQU 'to Öoxoüv ßOUAOf-lEVOU VLxäv. 3 In der Edition steht hier versehentlich �ÖOV. Mit Hs A ist EIÖov zu lesen. 4 W. : 'tllv IIoALv EvEJtAT]Oa�. 5 Ca. 5 1 2 - 449 v. Chr., athenischer Staatsmann, Sohn des Staatsmannes und Heerfüh rers Miltiades, der dessen Kampf gegen die Perser fortsetzte.
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AN KAISER MANUEL
L: 326; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Thessalonike; D: Frühjahr/Sommer 1 3 8 3 ( ? ) ; wI: Kydones hat erfahren, daß der Kaiser seine Briefe in ein Ko pialbuch abschreiben läßt, und sieht diese Entscheidung als Strafe an, weil so auch die Nach welt sie lesen und wegen ihrer angeblich zahlreichen stilistischen Fehler mit Spott und Verach tung aufnehmen werde.
Weil du mich anscheinend für meine Treue zu dir bestrafen wolltest, hast du aus meinem Geschwätz ein Buch gemacht. Ich sehe nämlich nicht,
5
welche Verfehlung ich sonst begangen hätte, daß du ein solches Urteil über mich verhängt hast, mich nicht nur vor meinen Zeitgenossen, son dern auch vor zukünftigen Generationen lächerlich zu machen, welche meine darin enthaltenen Äußerungen - oder vielmehr Entgleisungen lesen werden, in denen man mehr sprachliche Schnitzer als Wörter finden kann. Gleichwohl mußte der, welcher dies vorhatte, seinen Anschlag auf mich verschweigen, damit ich in Unkenntnis der Tatsachen nicht gekränkt 1 0 sei. Du läßt mich aber (auch noch), damit ich u m s o lächerlicher er scheine, wissen, daß das Machwerk nun abgeschlossen sei. Damit sagst
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
du ja beinahe (schon) voraus, daß ich auch nach meinem Tod, ähnlich wie Thersites\ auf immer dem Spott nachfolgender Generationen der Hellenen2 ausgesetzt sein und von meinen Lesern, so wie j ener für un ziemliche Reden in der Öffentlichkeit, für meine Geschmacklosigkeit Schläge erhalten werde. Noch mehr aber kann man darüber lachen, daß 1 5 du mich sogar ermunterst, noch mehr solches (Zeug) zu schreiben, und
mir mitteilst, daß du in dem Buch noch für zukünftige Briefe Platz gelas sen hast3 ! So wenig Gespür für mein eigenes (Können) traust du mir zu, als würde ich mir von mehr Geschwätz mehr Lob erhoffen, so wie wenn ein schlechter Kämpfer im Theater, der für sein Versagen von den Zu schauern ausgepfiffen wird, daraufhin noch weitere Fehler macht und sich dafür einen um so prächtigeren Siegeskranz erhofft. Aber ich will 20 mich nur für das zuvor Geschriebene tadeln, da ich es nicht zurückneh
men kann, um es zu vernichten. D och werde ich fortan Hand und Zunge lehren, ihre Grenzen zu wahren, und wenn ich an dich schreibe, darauf noch mehr achten, damit ich nicht zu allem anderen auch noch den Fehler begehe, durch häßlichen Stil deine Taten zu schmälern, die (j a) die Musen kunst eines Pindar verdient haben. So wollen wir (lieber) schweigen, da25 mit nicht auch von uns j emand die Linsensuppe des Chalazas4 ver
schütte 5 . K I. OKyd, E, OE: Die Situation entspricht der von T252 an Akakios, den Kopisten der Kydones-Briefe. D: Brief T252 an Akakios steht gemäß LC II, XIV in Heft 26 ( 1 3 82/8 3 ) , vorliegender Brief i n Heft 20 ( 1 3 83/8 6 ) . Dessen Abfassung bald nach ( oder zusammen mit) T252, jedenfalls Frühjahr/Sommer 1 3 8 3 (vor dem Fall von Serres, von dem keine Rede ist), steht von daher also nichts entgegen. II. BKyd: Kyd. treibt den epistolographischen Topos der Bescheidenheit auf die Spitze, wenn er den ehrerbietigen Umgang seines Freundes mit seinen Briefen so entschieden zurück weist; doch hat Manuel seinen Freund wohl richtig verstanden, wenn er diese Selbstkritik eher als ironisch gemeint versteht ( s.u., BE) . BE: Zu der von Kaiser Manuel in Auftrag gegebenen Sammlung von Kyd.-Briefen siehe A . 1 und T252, E. Er beantwortete vorliegenden Brief mit LetMan Nr. 10, von Dennis auf 1 3 8 3 - 8 7 datiert, doch wahrscheinlich bald nach T25 6 abgefaßt. Hier interpretiert er die Ausführungen des Kyd. als Scherz (l'ta�ELv), der aber nicht ungefährlich für ihn sei: Wenn er seine eigenen untadeligen Briefe zum Geschwätz erkläre, werde er gerade durch diese Behauptung zum Schwätzer ! Xl : Chalazas, ein gemein samer Bekannter des Kyd. und Kaiser Manuels, der hier nur wegen der metaphorisch verwen deten Anspielung auf eine Episode erwähnt wird (s.u., AA und 5 ) . III. Hss: A 105v, Nummer fehlt. Die beiden letzten Briefe von Heft 20 (L325 Bd. II 2, T67 und vorliegender Brief) sind in A nicht numeriert; U 22F- 222r, Nr. 223; B 247rv, Nr. 1 0 1 . =
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BRIEFE T256 - 257
IV. 1 Kyd. vergleicht sich wie oben, T252, A.7, mit Thersites. Zu diesem antiken Proto typ eines widerwärtigen Schwätzers s.o., Bd. 112, T 0 1 3 6, A. l . 2 Zum Begriff « Hellenen» s.o., Bd. 112, T49, A. 1 6 . 3 Z u dieser Briefsammlung siehe LetMan Nr. 1 0 , A. 1 ; DenReign 9 6 . Als Kopist war gemäß T252 der Kleriker (oder Mönch) Akakios tätig. 4 Chalazas, von Kyd. nur hier erwähnt, gemäß PLP 30359 vielleicht identisch mit einem Andronikos Chalazas in den Akten des Athosklosters Docheiariu. 5 W. : Die Edition hat Xa1:EXETI, was Druckfehler für xa-raXETI ist, wie auch der Mikrofilm der Hs A bestätigt. Eine Episode - das Verschütten einer Linsensuppe -, die sich vielleicht in der Umgebung Kaiser Manuels ereignet hatte und j edenfalls beiden Briefpartnern bekannt war, wird hier als Metapher für einen ungeschickt formulierten Brief verwendet, den Kyd. durch « Schweigen » vermeiden will.
257 L: 267; OKyd: Konstantinopel; E: Ioannes Asanes; O E : Euboia; D: Sommer 1 3 8 3 ; wI: Kydones schildert eindringlich die Enttäuschung, die er empfand, als er Asanes, dessen Rück kehr von Euboia er erwartete, in einem Hafen Konstantinopels abholen wollte, ihn unter den Passagieren des ankommenden Schiffes nicht fand und einige von diesen, darunter auch der kaiserliche Gesandte Sebastopulos, ihm mitteilten, Asanes plane eine Reise auf die Pelopon nes, um sich dort seinen Anteil am väterlichen Erbe zu sichern. Er tadelt ihn, daß er weder Sebastopulos mündlich noch irgend jemandem in Konstantinopel, nicht einmal dem Kaiser hof, brieflich die Änderung seiner ursprünglichen Absicht, nach Konstantinopel zu kommen, mitgeteilt habe, und spricht die Besorgnis aus, seine Verstöße gegen jegliche Etikette könnten sein Ansehen bei Hofe ruinieren.
(Noch) bevor die Seeleute aufhörten zu rudern I , eilte ich mit deinem
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OnkeF freudig zum Hafen, überzeugt, dich alsbald zu sehen. Denn nie hätte j emand geglaubt, du würdest noch dort bleiben, da dir die venezia nische Galeere 3 zur Verfügung stand. Sobald diese einlief und (bereits) aus der Nähe erkennbar war, schauten wir genauer nach denen, die auf dem Achterdeck saßen, ob wir dich unter ihnen irgendwo entdecken könnten. Als das Auge sie aber bereits unterscheiden konnte, du aber nirgendwo (zu sehen) warst, fragten wir den, der zuerst ausstieg, wo auf 1 0 dem Schiff d u dich (wohl) aufhieltest. E r aber glaubte, wir seien vielleicht von denen, welche die Wahrheit nicht wüßten, getäuscht worden, und rief laut: « Den Asanes haben wir noch auf Euboia zurückgelassen » , und er fügte hinzu, daß du entschlossen warst, auf die Peloponnes zu reisen, um deinen Bruder zu besuchen und von ihm das, was dein Vater dir hinterlassen habe, in Empfang zu nehmen. Wir aber glaubten, er rede
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
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Unsinn, und gingen zu einem anderen, um ihn dasselbe zu fragen. Als wir aber feststellten, daß dieser, der dritte, der vierte und der Reihe nach alle anderen einhellig dasselbe sagten, hielten wir das Warten auf den Pferden nicht mehr für erträglich, sondern stiegen ab und versuchten an Bord zu gehen, weil wir genauer erfahren wollten, wie es sich denn mit dir ver halte. Wir waren aber schon an vielen vorbeigegangen, da trafen wir Se-
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bastopulos und waren überzeugt, einen gefunden zu haben, von dem wir die Wahrheit erfahren würden. Er aber bestätigte uns, wir hätten das tatsächlich Zutreffende erfahren: Du seist nicht zurückgekehrt und wür dest auch nicht mehr lange auf Euboia bleiben, sondern nach Arkadien weiterreisen, um von deinem Bruder zu fordern, was er dir vom väterli chen Erbe schulde. Wir waren also nun betrübt, den bis dahin (so) sehnlich Erwarteten zu entbehren, zumal wir besorgt darüber nachdachten, welchen Schaden
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dein Haus wegen deiner langen Abwesenheit nehmen könnte, und zöger ten nicht, Sebastopulos offen zu tadeln, weil er den Freund nicht wieder mitgebracht habe und an nutzlosem Umherreisen den nicht hindere, der vielleicht aus Unkenntnis der hiesigen (Situation) nicht besorgt sei, durch Abwesenheit seinem Besitztum zu schaden; er hätte ihn aber (auch) als Freund informieren sollen, welche Entscheidung ihm nützlich gewesen
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wäre . Mit solch heftigen Vorwürfen überschütteten wir ihn. Er aber sagte4 : « Wohin mag denn nur Asanes entschwunden sein ? Ich habe ihn nämlich aus diesen und vielen anderen Gründen, vor allem aber, weil ich sein Freund bin, gesucht und konnte ihn nicht finden. Zur Zeit aber, als (unser Schiff) ablegte, eiferte die Stadt5 dem Euripos6 vor ihren Toren nach: Alle waren unterwegs, sie gingen oder kehrten zurück, man be grüßte und verabschiedete sich, brachte Geschenke, erhielt Briefe von Freunden, schickte Briefe an Freunde; alles wimmelte um uns herum wie
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ein Bienenschwarm. Hier sah man, wie j unge Mädchen von den Mauer zinnen herunterschauten, dort, wie Greise sich um die Tore drängten oder Kranke von Gesunden an der Hand geführt wurden, und überhaupt war die Stadt damals wie zu einem Festzug hergerichtet. In all dem (Gedränge) war nur Asanes nicht zu sehen, so daß mich sogar ein Schrecken befiel, wir suchten vergebens einen, der bereits gestorben sei; es habe ihn der
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Tod hinweggerafft und halte den Gesuchten verborgen. Von dieser Angst aber befreiten mich viele, die gerade noch mit ihm zusammen gewesen waren, und versicherten, er sei am Leben und bei Gesundheit, doch sei
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BRIEF T257
auch ihnen unbekannt, was ihn davon abhalte, mit den Freunden zu sei nen Freunden zu reisen. « Das also sagte er und redete uns zu, zuversicht lich zu sein, so als (wollte er damit andeuten?, daß du vielleicht im Herbst zurückkehren könntest. Wir aber hielten uns, da wir die erste Chance verfehlt hatten, an die zweitbeste8 : wir gingen umher und erkun digten uns, ob j emand zu dieser (Frage) einen Brief mitbringe. Als aber 45 darüber ebenfalls niemand etwas wußte, entfernten wir uns aus dem Ha fen wie Leute, die Schiffbruch erlitten haben; dabei betrübte uns weniger die verpaßte Gelegenheit, dich zu treffen, als die Schande, die diese Aus künfte für uns bedeuteten. Als wir im Palast ankamen, (mußten wir feststellen), daß das Gerücht uns bereits zuvorgekommen war und alle mit der Kunde von dir in Schrecken hielt. Deine Freunde waren bleich und stumm, als ob sie selbst 50 bei schändlichsten (Vergehen) ertappt worden wären, deine Feinde aber lachten und jubelten; sie wiederholten oftmals das Ges·agte und schmückten es mit ihren eigenen Zutaten aus, wie es die Rhetoren in einem Rechtsstreit (tun? Die (Angelegenheit) blieb aber auch dem Kaiser nicht unbekannt. Denn Sebastopulos ließ in das, was er als Gesandter zu sagen und als Antwort der Venezianer mitzuteilen hatte, auch die Nachrichten über dich einfließen. Sonderbar erschien aber auch dem Kaiser alles, und 55 er stellte fest, daß durch die Mißachtung seines Gesandten1 0 auch seine eigene Ehre verletzt worden sei. Auch mir hielt er, als ich zu ihm in (den Palast) kam, das Geschehene vor und bemerkte tadelnd: « Dein Freund hat uns nicht einmal eines Briefes gewürdigt. » Als ich aber den Vorfall deiner j ugendlichen Unbedachtheit zuschrieb, und (dazu riet), nicht nach tragend zu sein, wenn j emand aus Unerfahrenheit solche Fehler begehe, wollte er diese (Entschuldigung) nicht zulassen, sondern deutete das Vor- 60 kommnis als Feindseligkeit und Bosheit gegen seine Person . So ging ich denn auch noch mit dieser Ohrfeige weg, voll böser Ahnung, aus dem Gesagten werde nichts Gutesl l erwachsen. Ich konnte aber (auch), als ich während der ganzen Nacht das Gesagte und Geschehene bei mir allein überdacht hatte1 2 , nicht herausfinden, was die Ursache für (dein Verhal ten)1 3 sein könnte. Sag also selbst, um Gottes willen, was man davon halten soll und was wir denen, die dich dafür anklagen, zur Verteidigung erwidern sollen, 65 ohne als unbedachte Schwätzer zu erscheinen ! Denn alle erwarten von mIr, daß ich für dein Tun Rechenschaft gebe . Ich aber habe nichts zu
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
sagen, muß, zur Erde gebeugt, die Vorwürfe über mich ergehen lassen und ebenso wie die Frager meine Unwissenheit zugeben. Wie sollte ich denn auch Bescheid wissen, da (doch) das (Verhalten), das du jetzt zeigst, dem früheren genau entgegengesetzt zu sein scheint? Denn wenn ich dich 70 für einen j ener Stubenhocker hielte, die aus Einfalt und Trägheit die Ver
sammlungen der Männer meiden, würde ich nicht darauf bestehen, nach dem Grund deiner Entscheidung zu fragen, sondern hätte sie aus deinem unglückseligen Charakter erklärt und dich nicht dafür getadelt, daß du, statt in der Öffentlichkeit, lieber in Abgeschiedenheit leben wolltest. Nun bist du aber aufgrund deiner Abstammung den anderen überlegen, von Kind an vielfach an den Umgang mit den Höhergestellten bei uns ge75 wöhnt und dem Kaiser, aber auch dem Senat wohlbekannt; du bist einer
von denen, die oft für das Vaterland gekämpft haben, wirst sogar den hervorragendsten Rhomäern gleichgestellt und verfügst über einen ge sunden, kräftigen Körper ; viele loben auch deine Intelligenz, und über haupt zeigst du an ruhmreichen Eigenschaften keinen Mangel. So sage (mir denn), was dich dazu bewegt hat, an j enem Tag1 4 bei den Mäd chen 15 in der Stube zu sitzen, auf das Zuschauen bei einer so eindrucks vollen Festlichkeit16 zu verzichten und, obwohl es dir freistände, ein 80 ruhmvolles Leben zu führen, (schon) vor deinem Tod geradezu dich
selbst zu begraben ? Ich bin aber auch ratlos, in welcher seelischen Ver fassung du warst, daß du die Trompeten, die Herolde und das Geschrei der Menge unbewegt anhören konntest und allein standhaft zu Hause bliebest. Denn du warst nicht wie Paulus zum dritten Himmel entrücktI ?, so daß du, mit Göttlichem beschäftigt, die menschlichen Angelegenheiten hättest vergessen müssen. Wenn aber nun sogar Krieg gewesen wäre und 8 5 alle hätten ausziehen und mit Waffen das Vaterland gegen die Angreifer
verteidigen müssen, hättest du es auch dann wohl über dich gebracht, als Feigling zu erscheinen und dich zu verstecken? Ich muß jedenfalls, wenn ich mir (dein Verhalten) in diesem Fall ansehe, feststellen, daß du ein anderer geworden bist. In all diesen Dingen habe ich von Anfang an ganz entgegengesetzte Erinnerungen an dich. Schienst du mir doch oft sogar eines Zügels zu bedürfen, daß er dein allzu heftiges Temperament mäßige. Wieso aber hast du nicht daran gedacht, daß es recht und billig gewe90 sen wäre, dich von dem Gesandten des Kaisers bei seiner Rückreise zu
verabschieden und ihn (seinem Rang) entsprechend zu ehren - haben ihm
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BRIEF
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doch sogar die, die mit dem Kaiser gar nichts zu tun haben, mit allem, was ihnen zur Verfügung stand, Lebewohl gesagt - , oder auch, dem Kaiser zu schreiben, einerseits, um der Pflicht zu genügen, dann aber auch, um ihm die dir zugegangenen Nachrichten über auswärtige Angelegenheiten, ob etwas im Gange oder zu erwarten ist, mitzuteilen - du weißt j a, wie sehr die Kaiser so etwas schätzen ! - , oder auch, in deinen eigenen Angelegenheiten Bitten vorzubringen - (ich meine) das, was er dir bei
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deiner Abreise versprochen und bis j etzt auch eingehalten hat1 8 -, oder auch, ihm für den (militärischen) Schutz1 9 D ank auszusprechen? Wenn du aber dies für überflüssig hieltest - ich weiß allerdings nicht, was wich tiger als dies wäre - , was hinderte dich, deinem Onkel zu schreiben, entweder weil du ihn ehrst oder weil du dich ohnedies um dein Haus20 kümmern mußt? (Was aber) meinen eigenen (Anspruch betrifft), so halte ich es für unnütz, ihn j etzt zu prüfen; (jedenfalls) scheinst du mich j etzt - 1 00 im Gegensatz zu deinen früheren Versprechungen, an mich zu denken eher vergessen zu haben, obwohl du mir oft geschworen hast, mich schlichtweg allen vorzuziehen. Gleichwohl! Wenn du auch meintest, daß auf mich (nur) wenig Rück sicht (zu nehmen sei), so war dies doch der Kaiserin gegenüber ungehörig, da sie deine Verwandte2 1 und dein Vormund ist und dich bis j etzt vieler Sorge gewürdigt hat. Wenn du (also) auf diese Weise alles, was dich be trifft, Hals über Kopf im Stich läßt, kannst nicht einmal du selbst abse hen, auf was du dich sehenden Auges einläßt. Jedenfalls solltest du den 1 05 j ähen Sturz in den Abgrund fürchten, der bei solchem Verhalten absehbar ist! Ich fürchte (aber), daß die Untätigkeit Ursache deines schlechten Be nehmens ist und du, weil du dich aus der Gesellschaft der Guten zurück ziehst, unversehens durch schlechten Umgang verdorben wirst. Das beun ruhigt mich zutiefst, und ich fürchte, es könnte dir künftig etwas zusto ßen, was deine Freunde dir nicht wünschen und was dir heillosen Scha den, deinen Freunden aber Kummer ohne Ende einbringt. Möge Gott dies 1 1 0 verhüten ! Jetzt aber, du Ausbund von Leichtsinn, der du, als du hier warst, soviel mündlich versprochen hast, es in Abwesenheit aber anderen überließest, deine Versprechungen einzulösen, komm entweder schleu nigst zurück, um dich mit denen zu streiten, die dir maßlose Schlaffheit vorwerfen, und dich selbst vom schlechten Ruf zu befreien, oder teile (uns), wenn du (dort) bleibst, (wenigstens) schriftlich mit, was in aller Welt man den Anklägern zu deiner Verteidigung sagen soll. Ich jedenfalls 1 1 5
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
bin es leid, Entschuldigungen (für dich) bei denen zu erfinden, die be haupten, daß du geradezu den Verstand verloren hast. K 1. OKyd: In der Stadt, in welcher der Kaiser ( X5 ) und die Kaiserin (X6) residieren. E: Ein Asanes (Z. 12.29 . 3 8 ) , zweifellos identisch mit dem Empfänger von T23 9 (dem Brieftitel nach Ioannes Asanes ) , der sich ebenfalls auf Euboia aufhält. OE: Euboia (Z. 1 1 .2 1 ) . Er plant eine baldige Reise auf die Peloponnes (Z. 1 2 f.; vielleicht nach Arkadien, Z.2 1 f., doch könnte Et� 'AQx
269 L : 270; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; O E : Thessalonike; D: Herbst 1 3 8 3 ; wI: Rhadenos wird getadelt, weil er längere Zeit nicht geschrieben hat; er kann sich nicht mit der Behinderung des Posrweges durch die Türken entschuldigen, weil er neuerdings zur engeren Umgebung Kaiser Manuels gehört, der Kydones mehrfach geschrieben hat. Dieselben Boten hätten daher auch seine Briefe zustellen können.
Ich weiß, wie du dich verteidigen wirst, wenn man dich wegen deines 5 Schweigens anklagt. Du wirst sagen, die Kluft zwischen uns und euch
sei unüberwindlich, den Reisenden zu Lande seien von den Barbaren die Durchgänge versperrt, nicht geringer aber im Hellespont die Gefahren derer, die zu Schiff reisen wollten, und überhaupt wirst du die Mauern ein Netz nennen und die (dunkle) Wolke beklagen, die jetzt über der Stadt lagert. Ich aber weiß das zwar und seufze über das unselige Schicksal der 1 0 Vaterstadt, als o b ich zugegen wäre und die Ängste der Einwohner teilte,
und bete zu Gott, was allein mir noch möglich ist, daß er den Engel, den er vor Zeiten zum Heer des Senacherim sandte\ auch j etzt zu den Barba-
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T268 - 269
ren schicke, damit ihnen nicht einmal die Rückkehr nach Hause gelinge, sondern sie, an Ort und Stelle vernichtet, ihm für ihre gottlosen Reden und Taten büßen müßten. Ich weiß aber2 auch, daß die Liebe erfinderisch ist und viele von denen, die bei euch - wie du sagen würdest - einge schlossen sind, dazu antreibt, ihren Freunden hier zu schreiben und 15 (Briefe) zu schicken. Von diesen können auch wir erfahren, was geschehen ist und noch geschieht, mit welchen Mitteln ihr bis j etzt die Feinde ab wehrt und in Zukunft abwehren wollt, und (so) bleibt uns überhaupt nichts von dem, was sich ereignet, unbekannt, als ob wir (persönlich) zugegen wären. Um aber die anderen beiseite zu lassen und nur den einen und Wichtig sten zu erwähnen: D er wunderbare Kaiser hat oft so viele Briefe an uns geschickt, daß die STADT davon voll war. Darunter waren auch Briefe zu meiner persönlichen Ehrung3 , schön wegen ihrer Wortwahl und ihres 20 Redeflusses, schöner aber (noch), weil sie das Ethos4. und die Freund schaft, mit der sie geschrieben waren, durchaus erkennen ließen. Wie aber kann es möglich sein, daß j ener anscheinend mehr als du an mich denkt und, während du schweigst, seinem Gedenken auch noch Briefe hinzu fügt? Nun hängt aber doch von ihm alles ab, das Schicksal der Feinde und das seiner Untertanen, das der Bundesgenossen und die finanziellen 25 Verhältnisse, die Innen- und die Außenpolitik. Er aber sorgt wie ein Steuer mann, wenn das Schiff einem stärkerem Sturm ausgesetzt ist, nicht nur für die Mitfahrenden, sondern auch für die außerhalb (des Schiffes) und schreibt seinen Freunden Briefe nicht wie aus einem Heerlager, sondern wie von Bäumen und Quellen. Wenn er sogar sich selbst, geschweige denn, sie vergäße, würde man sein Verhalten für angemessen halten. Du aber hast wegen deiner geistigen TätigkeitS mit den äußeren Unruhen 3 0 nichts zu schaffen und verstehst d i e Kunst, Briefe z u schreiben. Hättest du also schreiben wollen, (dann) hätte dich kein von außen eintretendes Ereignis gestört. Es ist also eine Schande, wenn er, obwohl er Unzählige kennt, an die er sich mit vollem Recht eher als an mich erinnern könnte, nicht einmal mich 6 übergeht, du aber, der du niemanden mir vorziehst ich zitiere deinen eigenen Ausspruch, wenn du nicht inzwischen anderer Meinung sein solltest - , nicht einmal durch Briefe zeigen willst, daß du bei deiner Entscheidung bleibst. Was wirst du also (zur Verteidigung da- 35 für) vorbringen, daß du in deiner (Freundschaft) zu mir hinter dem Kaiser zurückstehst? Du kannst ja wohl nicht sagen: «Er, der Kaiser, kann auf
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vielerlei Weise erreichen, was er will, und kann (Briefe) schicken, wann und durch wen er will.» Aber, mein Bester?, du kannst doch ohne j ede Schwierigkeit den, der den Dienst für seine Briefe versieht, überreden oder vielmehr denen, die sie zustellen, befehlen, auch die deinigen mitzuneh men. Jedenfalls wirst du, wenn du als Entschuldigung vorbringst, nicht 40 zu wissen, wann (Briefboten) abgehen, ein zweites Mal überführt, (näm
lich) auch noch dieser Verfehlung schuldig zu sein; denn wenn du nicht nach Briefboten suchst, ist das ein Beweis, daß dir nichts an uns liegt, zumal ich erfahren habe, daß du an den vertraulichen Beratungen des Kaisers teilnimmst; denn er glaubte, diese Ehre sei deiner Wesensart ange messen. Oder sollte man sagen, daß du vielmehr aus diesem Grund uns 45 jetzt verachtest? Denn seit du vom Kaiser gekostet hast, bist du (wohl)
zum Verächter der Köstlichkeiten geworden, die wir dir geboten haben. Aber an j ener (Speise) wirst du vielleicht nach der Sättigung auch (wieder) Unlust verspüren. Was du aber bei uns erlebt hast, wird deine Sehnsucht nach ähnlichen (Erfahrungen) nie versiegen lassen; denn von solcher Art ist die Gemeinschaft im Geistigen. K I. OKyd: Die STADT ( Z. 1 9 ) . E, OE: Ein Mann in Diensten Kaiser Manuels, inzwischen in seinen engeren Beraterkreis aufgenommen ( Z.4 1 - 4 3 ) , im bedrohten Thessalonike (Anspie
lung auf Senacherim, Z . 1 0 ) , der Kyd. besonders nahesteht ( 3 2 f. ) , auch wegen seiner geistigen Interessen ( Z.46 f. ) , und dem Kyd. für sein «Schweigen» wie einem Jüngeren Vorwürfe macht (passim), zweifellos Rhadenos. D: TinnFreund 24 1 , Nr. 35 und 22 1 , A.5 6 . H . BKyd: Eine gewisse Eifersucht d e s Kyd. a u f die enge Bindung d e s Rhadenos an Kaiser Manuel ist nicht zu verkennen. Er versucht seinerseits, Rhadenos eifersüchtig zu machen, indem er die Schreibfreudigkeit Manuels überbetont ( Z. 1 8 - 2 1 ) und Rhadenos zugleich als schreibfaul kritisiert (Z.3 1 - 4 1 ) . Zu dieser « Dreiecks beziehung» siehe auch TinnFreund 2 1 9 f. BE: Rhadenos als enger Berater Manuels (Z.4 1 - 4 3 ) , der Kyd. vergessen zu haben scheint (passim ) . Xl: « Senacherim» (s .u., A. 1 ) . X2: Ein Kaiser ( Z . 1 9 . 3 5 .42.44), der wegen der Umstände nur Manuel in Thessalonike sein kann. ZG: Die Behinderung und Gefährdung Thessalonikes durch die Türken unter Führung eines neuen Senacherim (s.u., A. 1 ) dauert an (Z.4 - 8 ) . Ep: Briefe Kaiser Manuels an verschiedene Personen in Konstantinopel ( Z . 1 8 f. ) , auch a n Kyd. ( Z. 1 9 f. ) . III. Hss: A 85v, Nr. 7. Der Text i n dieser H s bricht mit TtETtQax."WL ( Z . 1 6 ) a b , da das folgende Blatt mit dem Rest dieses Briefes und fast dem ganzen folgenden Brief L271 entfernt wurde. Der Text ab Z . 1 6 ist nur in U 14P- 142v, Nr. 148 erhalten. IV. 1 S.o., T237, A.2; T26 8 , A.2. Kyd. vergleicht an diesen insgesamt drei Stellen den Sultan bzw. Anführer der Türken mit Senacherim. 2 «Aber» korrespondiert mit « zwar» , Z . 8 . 3 S . o . , T265, A . 3 und A. 1 9 .
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4 In der Rhetorik bezeichnet «Ethos » etwa den spontanen und schlichten Ausdruck des persönlichen Empfindens, der auf die im Dienst des Pathos angewandten verstärkenden Wirkmittel verzichten kann. 5 W. : uno LWV A.6ywv. 6 Kyd. übertreibt außerordentlich, wenn er sich hier als Briefpartner Manuels von zweit rangiger Bedeutung bezeichnet, allerdings nicht aus Bescheidenheit, sondern um das « Schwei gen» des Rhadenos durch den Vergleich mit der Schreibfreudigkeit des vielbeschäftigten Kai sers noch mehr anzuprangern. 7 W. : "-WaLE, zweifellos in bewußter Anlehnung an eine platonische, ironisch gefärbte Anredeweise (siehe PIGrg 467b ) .
2 70 L: 272; OKyd: Konstantinopel; E: Ein literarisch gebildeter Freund; OE: Eine unbekannte Stadt; D: Herbst 1 3 8 3 ( ? ); wI: Der Adressat ist um das Schicksal seiner Heimatstadt besorgt, und Kydones befürchtet, daß die Kyklopen (Türken) auch Konstant�nopel bald verschlingen werden. Man solle das Unglück zur Sühnung der Sünden dankend von Gott annehmen, ihn
aber zugleich um Besserung der Lage bitten.
Ich weiß um die Beunruhigung deiner Seele, und daß dir alles zuwider ist, Eltern, Verwandte, Haus und Freunde, dazu aber auch Speisen und
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Studien, da deine Heimatstadt, in der du dies alles hast, von so gefährli chen Unwettern heimgesucht wird. So, glaube ich, ist den Seefahrern alles gleichgültig, wenn ihr Schiff von den Wogen auf felsige Klippen geschleu dert wird. Ich weiß aber, daß du uns schreiben und deine Sorge (wenig stens) zum Teil durch Briefe erleichtern könntest; jedenfalls würden Briefe bei uns das Gleiche bewirken. Freilich sagt man, daß auch auf die (Lage) 1 0 hier (der Ausspruch) «nichts Heiligesl » zutrifft. Nur diesen Vorzug haben wir, als letzte nach euch von den Kyklopen verschlungen zu werden2 . Doch wie könnten wir denn unsere Lage ändern, mein Freund 3 ? Es kann doch Dike4 keinesfalls eine unserer Verfehlungen ungesühnt durchgehen lassen! So jedenfalls steht es ihr an, weil sie gut und daher gerecht ist. Möge sie uns großen Nutzen in der Gegenwart, größeren aber noch in der Zukunft bringen, wenn wir durch die Erfahrung des Leidens von 1 5 unserer Bosheit und der Furcht, noch Schlimmeres z u erleben, befreit sind, vorausgesetzt, daß wir Vernunft annehmen und künftig unser Leben bessern. Wir danken also der VORSEHUNG für diesen Gewinn, wollen aber (zugleich doch) den um Erlösung aus dieser furchtbaren Lage bitten, der imstande ist, sie zu ändern. Es bleibt doch weder uns noch euch etwas
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
anderes übrig, wenn wir das, was sich Tag für Tag ereignet, aufmerksam beobachten. K 1. OKyd: Der Ort, an dem Kyd. sich aufhält und der seiner Meinung nach ebenfalls bald von den «Kyklopen» (s.u., A.2) verschlungen wird ( Z. 1 0 f. ) , ist zweifellos Konstantinopel. E, OE: E befindet sich in seiner Heimatstadt (Z.6), wo ihm u. a. auch Möglichkeiten der Bildung zur Verfügung stehen (A6yOL, Z.5 ); dies würde für Thessalonike sprechen, auch wenn von Kaiser Manuel keine Rede ist. D: Der Brief steht gemäß LC II, XIV in dem Heft, dessen
Briefe vorwiegend 1 3 8 2 - 84 verfaßt sind. In der Chronotaxis (LC II 492) ist er an dieser Stelle eingeordnet (ebenso auch BarkMan 49, A. 1 3 5 ) , wohl weil er wie T26 8 und 269 auf die sehr schwierige Situation der vermutlich von den Türken bedrohten unbekannten Stadt anspielt, mag es sich nun um Thessalonike oder um eine andere handeln. 11. BKyd: Wie in T268 sucht Kyd. mit philosophisch-theologischen Argumenten Trost zu vermitteln ( Z. 1 2 - 1 9 ) , erklärt aber hier das Geschehen eindeutig als Strafe für die Sünden, während er dort diese Möglichkeit nur kurz anspricht (T26 8 , ZA 8 ) und dann die heilsame Wirkung des Leidens stärker hervorhebt ( ZA8 - 5 1 ) . Ep: Da Kyd. dem Adressaten das Schrei ben von Briefen zum eigenen Trost wie etwas Neues empfiehlt ( Z. 8 - 1 0 ) , antwortet er ver mutlich nicht bereits auf einen von ihm zugesandten Brief. III. Hss: A 86v, Nr. 9; U 144v, Nr. 1 5 0 . I V. 1 Z u dieser Redensart, die besagen will, d a ß auch d a s ruhmreiche Konstantinopel in der allgemeinen Notlage keinen Anspruch auf eine Sonderstellung erheben könne, siehe Bd . V2, T77, A.6. 2 In der Bedeutung «letzte» wird das homerische Wort «Jtulla1"OL» verwendet; das ist, wie bereits in Bd. V2, T 0 1 20 (siehe dort, A. 17), eine Anspielung auf HomOd 9,3 69, wo der Kyklop Polyphem verspricht, Odysseus als letzten zu verschlingen; hier sind mit den «Kyklo pen» wohl die Türken gemeint. 3 W. : 1"( Jta8wIlEV; Gemäß Pape (s .v. Jtaoxw) drückt diese Frage den höchsten Grad der Not und Verlegenheit aus, in welche jemand durch gewaltsam auf ihn eindringende Umstände geraten ist. 4 « Dike » , die antike Göttin der Gerechtigkeit, steht umschreibend für die göttliche Ge rechtigkeit. Weitere Belege: LC II 468, s.n. Iustitia.
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AN DEN KAISER KYR MANDEL
L: 283; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Thessalonike; D : Spätherbst 1 3 8 3 ( ? ); wI: Nach den vorausgegangenen Katastrophen, die Konstantinopel nicht weniger als Thessalonike betreffen, würde Kydones lieber aufs Schreiben verzichten, ent schließt sich aber aus Pflichtgefühl und Freundschaft doch dazu.
Obwohl ich dir dringend schreiben möchte, Kaiser, hemmt meinen Wil5 len die Betrübnis, und meine Hand fühlt sich behindert, weil hier die
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BRIEFE T270 -271
Verhältnisse kränkeln und nach dem, was man hört, auch bei euch nicht gesund sind 1 . D aher können wir weder über uns etwas sagen, was nicht schmerzt, noch erwarten, über euch etwas Erfreuliches zu erfahren. Was soll man also über diese (Ereignisse) schreiben, an die man ohne Tränen nicht einmal denken kann ? So sehr ist uns Unglücklichen mit allem ande ren auch die Kraft genommen, uns in Worten auszudrücken, ich möchte sogar hinzufügen: etwas zu erhoffen. Deshalb also hatte ich beschlossen, 1 0 schweigend zu verharren und z u seufzen, selbst nichts Unangenehmes mehr zu sagen und dich nicht mit Briefen über solche Themen zu betrü ben. Aber die Notwendigkeit, ich möchte sogar sagen, die Freundschaft, ließ mich nicht bei meinem Entschluß verharren, sondern überzeugte mich, daß es sich gehöre zu schreiben, wenn schon nicht aus einem ande ren Grunde, so doch um der Erfüllung einer heiligen Pflicht willen. So schreibe ich denn, überlasse j edoch die Berichte über das Unerfreuliche anderen - weiß ich doch, daß der (Schicksals)schlag viele zwingen wird, 1 5 z u dir u m Hilfe z u schreien - und bete nur, daß dir die Rettung von dem komme, der den Himmel bewohnt, daß er aber auch an uns etwas vollbringe, was seiner Güte würdig ist, die wir, wenn dies nicht geschieht, binnen kurzem nicht mehr sein werden; er möge dabei aber, wenn denn etwas so Unerwartetes möglich sein könnte, auch dich als seinen Diener verwenden. Darum bete ich; diese (Gebete) hört Gott (von mir) Tag und 20 Nacht. K I.
OKyd, OE: Eine Situation wie in der vorausgehenden Korrespondenz mit Manuel. D :
Thessalonike (Z.6 f. ) wie Konstantinopel (Z.5) befinden sich i n einer kritischen Lage ( Z. 5 ) , welche alle Hoffnungen schwinden läßt ( Z . 9 f. ) . Auch für Konstantinopel hat sich Schlimmes (ÖU(JXEgU) ereignet, das auszusprechen Kyd. lieber anderen überläßt, ein Schlag ( 1TAY)yTj ), der viele zwingen wird, bei Manuel Hilfe zu suchen (Z. 1 4 f. ), die auch Kyd. von ihm erhofft (Z. 1 8 f. ) . Vielleicht handelt es sich um dieselbe 1TAY)yTj, von der auch T272, Z.6 (Brief an Rhadenos) die Rede ist, die Eroberung von Chortiatu, zumal Kyd. auch dort auf die Bedro hung Konstantinopels durch die « Barbaren» hinweist ( Z . 7 f. ) . Zwar konnte Konstantinopel vom Fall Chortiatus, das nahe bei Thessalonike liegt (s.u., T272, A.3), nicht unmittelbar betroffen sein, doch zieht Kyd. in T272 (siehe dort, A. l ) aus diesem Ereignis Schlüsse auch auf die Gefährdung Konstantinopels. Daher hat Loenertz den Brief in der « Chronotaxis» (LC 1 1 492 ) mit Recht hier eingeordnet, mag er ihn auch in der Edition vager auf 1 3 8 3/84 datieren. 11. ZG: S.o., D . III. Hss: A 9 1 av, ohne Nummer (s.o., T26 8 , Hss ); U 1 55 'v, Nr. 1 6 1 ; B 24Y, Nr. 9 6 ; L 128', Nr. 1 3 ; Gruppe H, Nr. 2; m, Nr. 2. Ed: Matthaei 1 776, 34, Nr. 2 (nach Hs m ) .
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
IV. 1 Ein ähnlicher Vergleich der Situation beider Städte findet sich, wie Loenertz zur Stelle anmerkt, auch in L80 (= T277), Z. 1 9 .
2 72 L: 289; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; OE: Thessalonike; D: Spätherbst 1 3 8 3 ; wI: Klage über die erhöhte Bedrohung Thessalonikes und auch Konstantinopels nach der Erobe
rung von Serres und nun auch Chortiatu durch die Barbaren (Türken), aber auch über die Entscheidung des Rhadenos, in Thessalonike im Dienst Manuels 11. zu bleiben.
Wie soll man mit diesem furchtbaren Sturm fertig werden ? Erscheinen 5 doch stets die neu heranrollenden Wogen um vieles höher als die vorheri
gen, und bevor man sich von einem Schlag erholt hatte, kam (schon) ein anderer und stürzte, wen er traf, ins Verderben. Es erleidet dies aber nicht nur ihr, sondern auch wir, (zu deren Vernichtung) die Barbaren seit lan gem j egliche Vorbereitung treffen. Es ist ja undenkbar, daß die, welche es auf ein geringeres (Ziel) abgesehen haben, auf das wichtigere, das ihnen höheren Gewinn als j edes andere bringt, verzichten 1 . So traf uns denn 10 auch nach der Botschaft von (der Eroberung der Stadt) Serres , bei der sie
(so) reiche Beute machten, und ihrem anmaßenden Auftreten gegenüber unserer Vaterstadt2 das Schicksal von Chortiatu3 wie ein Pfeil mitten ins Herz, und du weißt, welche schlimmen Folgen man prophezeiend aus diesem Ereignis ableiten kann. Genauer gesagt, bedarf es gar nicht der Weissagung, da das zu erwartende Unheil allen so klar vor Augen steht. Wenn ich nun über den Kaiser nachdenke, was für ein Mann hier mit 15 welchem Schicksal zu kämpfen hat und wie er fast in der Meerestiefe
mitten zwischen Felsklippen hindurchsegeln muß, ohne daß ein Hafen in Sicht kommt, wo das Schiff Anker werfen könnte, finde ich für eine so schwere Prüfung kein Beispiel. So ließ mich oft die Sorge darum die ganze Nacht schlaflos auf meinem Bett liegen, und da ich meine kreisenden Gedanken nicht beruhigen kann, suche ich im Gebet einen Ausweg aus meiner Verzweiflung und bitte den Allmächtigen, sich seiner Wundertaten 20 in Ägypten4 zu erinnern und ähnliche wie damals auch j etzt zu wirken.
Aber auch dein (Schicksal) lastet auf mir und nagt an meiner Seele . Weiß ich doch, was du dir vorgenommen hast und wie es dir (damit) ergangen ists . Daher hätte ich dir, wenn ich nicht sicher wäre, d en Kaiser zu kränken, wenn ich ihn eines Mannes beraube, dessen Anwesenheit ihn
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BRIEFE T271 - 273
erfreut, längst geraten, dem alles erfassenden Brand zu entfliehen; denn ihn wird allein der bändigen können, der den Feuerofen von Babyion mit 25 Tau löschte 6 . Wenn du aber durch dein Bleiben dem Kaiser einen Gefallen tun willst, bleibe und befiehl dich Gott an, bete aber zugleich darum, auch uns einmal wiederzusehen. Denn wir haben beschlossen, den, wie du weißt, immer (wieder) erwogenen (Plan) einer Auswanderung nun zu verwirklichen, da auch Gott es so will. K I.
OKyd: Kyd. plant die Auswanderung ( c:tJtoöru.t(a, Z.27f. ), sc. aus Konstantinopel.
E, OE, D: TinnFreund 24 1 , Nr. 3 6; 221, A.56. Die Eroberung von Serres am 19.9 . 1 3 8 3
(SchreinChron 1 1 3 2 6 ) liegt schon einige Zeit zurück. Über die unlängst erfolgte Einnahme von Chortiatu (s.u., A.3 ) wird nur hier berichtet; sie ist vermutlich auf Spätherbst 1 3 8 3 zu datieren. II. BKyd: Kyd. nimmt Anteil an der Notlage Thessalonikes nach den vorausgegangenen Eroberungen der Osmanen, sorgt sich um das Schicksal von Kaiser Manuel und trägt schwer an der Entscheidung des Rhadenos, in Thessalonike beim Kaiser a·uszuharren. Zu seinen Reiseplänen s.o., OKyd. Entgegen meiner Annahme in Bd. 111, 36 mit A. 1 99 läßt sich weder aus diesem Brief (Z.26 -29) noch aus L2 8 5 ( T267), Z.27 entnehmen, daß Kyd. auf seiner geplanten Reise (sc. nach Italien) über Thessalonike zu reisen beabsichtigte. BE: Siehe BKyd. Xl: Kaiser Manuel 11., siehe BKyd. ZC: S.o., E, OE, D . 111. Hss: A l l rv, Nr. 7 ; U 14rv, Nr. 2 0 . Ed: KydEpCam Nr. 4 0 . Üb: Ebd. ( frz . ) ; DenReign 75 (Z.4- 1 6 , engl. ) . Lit: DenReign 75 f.; BarkMan 49, A . 1 3 5 . =
IV. 1 Mit dem geringeren Kriegsziel ist, wie sich aus dem Folgenden ergibt, Chortiatu gemeint. 2 Die Vaterstadt, sc. des Kydones, Thessalonike. 3 Gemäß DenReign 75 f. ist Chortiatu ein Dorf 6 Meilen ( 10 km ) östlich von Thessalo nike auf dem Hang eines gleichnamigen Berges. Bei dem Dorf lag ein Kloster, das auch ein Metochion (Landgut) gleichen Namens vor den Mauern von Thessalonike besaß. Doch han delt es sich hier wohl um das Dorf, nicht um das Metochion. 4 ATEx 1 - 1 5 (Wundertaten beim Auszug des Volkes Israel aus Ägypten) . 5 Anspielung auf eine frühere Absprache des Rhadenos mit Kyd., sich uneingeschränkt den Studien zu widmen. Siehe TinnFreund 23O f. mit A.89 - 9 1 . =
6 ATDa 3,50 LXX. Die Lesung a߀vav1:o� ist, wie Einblick i n den Film von H s A bestä tigt, ein Versehen und in a߀aav1:o� zu korrigieren.
2 73 L: 293; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros I. Palaiologos, Despot; OE: Mistra, Pelo ponnes; D: SommerlHerbst 1 3 84; wI: Ironische Verwunderung über die Fortschritte des Des poten in der Kunst der Rhetorik: Er hatte beredt zu erklären versucht, warum er Kydones eine versprochene Plutarchhandschrift nun doch nicht schicken könne; es seien Leute in seiner
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Umgebung, die deren Herausgabe zu verhindern suchten. Kydones ist nicht bereit, ihm dies zu glauben, da man in Mistra kein Interesse, wegen kriegerischer Auseinandersetzungen aber auch keine Zeit für gelehrte Studien habe. Dem Philosophen und Rhetor Georgios rät er aus dem gleichen Grund von seinem Plan ab, in Mistra Wohnung zu nehmen.
Nicht gering sind anscheinend auch die Fortschritte der Provinzbewoh5 ner in der Weisheit. Denn, sieh an, sogar deiner Zunge hat Lakedaimon 1
Redeschmuck und (die Gabe) verliehen, mit den alten Hellenen in der Sprachkunst zu wetteifern. Denn früher hast auch du mit uns wie ein Barbar gesprochen und deiner Rede schlechten Stil beigemischt; nun aber ist, was von dir verlautet, in j eder Hinsicht fehlerfrei, und du redest so, 10
daß sich auch Demosthenes darüber freuen würde, obwohl kein Lehrer dich dazu angeleitet hat2 • Die Anmut deines (Stils) reicht aber nicht nur bis zur Wortwahl, sondern du hältst sogar schon Reden, ja noch mehr, du zeigst auch eine glänzende Dialektik, wenn du von Orten der Pelopon nes zu den Topoi3 des Aristoteles springst und mit deren Hilfe alle deine Zuhörer überzeugst, mich aber (noch) mehr, nicht nur wegen der zwin genden Kraft deiner Schlüsse4, sondern weil du mir auch Nützliches sagst, wie ich es mir von dir wünsche. Wohlan denn, überzeuge nicht nur, son-
1 5 dern tu auch, was recht ist. Denn da du es für angebracht hieltest, mir
größere Wohltaten zu erweisen - zeigtest du doch auf mein Bitten hin deine Bereitschaft, meinem Neffen (Vetter ? )5 behilflich zu sein - , laß den Überlegungen auch den Beweis durch die Tat folgen. Denn so kannst du mich in beiderlei Hinsicht6 zum Schweigen bringen und durch dein Tun der aristotelischen Logik genügen7. Jetzt aber hast du - ist es zu glau ben ? - die Taten von den Worten getrennt und mich aus herrlichen Hoff20 nungen abstürzen lassen; du gewährtest dem Aufschub deine Gunst und
kündigtest deine Gabe für morgen an, obwohl du die Wohltat sofort mit deinen Worten hättest verbinden können. Du solltest jedoch darüber (noch einmal) nachdenken, und vielleicht wirst du auf Salomon hören, der Aufschub in solchen Angelegenheiten ganz und gar nicht gutheißt 8 . Ich wundere mich aber, daß du, obwohl du durch Übersendung des Plutarch von vielen Ausreden befreit worden wä rest9 , dies nicht getan hast, unter dem Vorwand, andere würden es nicht 25 gutheißen, wenn das Buch mein eigen würde . D amit bringst du mich in
Schwierigkeiten, denn ich muß nun nach den Widersachern suchen, denen dies nicht gefallen hat. Ich sehe nämlich nicht, wer die (Leute) sind, die das Buch so sehr ehren, daß sie es wie ein heiliges Kleinod achten und wie die
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BRIEF T273
glück bringende Tyche auf der Akropolis aufbewahren wollenl O . Denn dir kann Plutarch j etzt nichts nützen, da dich die Staatsgeschäfte bedrängen, 3 0 wie d u sagst, und andere z u finden, die ihn vielleicht einmal gebrauchen werden und ihn daher für kostbar halten könnten, ist ganz unmöglich. Ganz gewiß bedürfen j etzt die Peloponnesier der Lektüre wegen ihrer allzu großen Muße; haben sie doch aufgehört, einander nachzustellen, zu bekrie gen und auszuraubenl l ! (Nein), ich traue ihnen (vielmehr) zu, daß sie sogar Plutarch selbst und alle Schriftsteller und Rhetoren, wenn sie ihnen in die Hände fielen, wie Dionysios (einst) Platon1 2 für wenige Obolen verkaufen 35 würden. Nehmen wir gleichwohl (einmal) an, es gäbe bei ihnen Leute, die es für sinnvoll hielten, das Buch wie einen Schatz bei sich aufzuheben. Warum haben sie (dann) nicht auch die anderen Bücher des alleredelsten, im höchsten Maße den Studien ergebenen Despoten 13 verteidigt, sondern sie wie verrotteten Kehricht verschleudert und gratis an Banausen gegeben, die davon soviel Gewinn haben wie - nach dem Sprichwort - Hunde von der Krippe14 ? Doch gerade in meinem Fall ist für sie, wie sie sagen, das 40 Buch zur Kostbarkeit geworden? Warum behaupten sie dann nicht auch, daß Waffen für Feiglinge, ein Pflug für Seeleute und eine Leier für Unmusi kalische kostbar sind? Wer aber von ihnen würde überhaupt einen Ein spruch wagen, wenn es dein Wille wäre, (mir das Buch) zu geben ? Denn wie sollten dieselben, die sich schon, um dir einen kleinen Gefallen zu tun, von ihrem wertvollsten Besitz trennen, etwas dagegen haben, etwas Wert loses für dich aufzugeben, zumal die Sache gar nicht ihnen gehört? Wir 45 werden doch wohl nicht behaupten, daß sie die Erben der schönen Dinge sind, die dem Despoten 15 gehörten? So gab es also keinen, der dich an deinem Entschluß gehindert hätte, wenn du es gewollt hättest. Außerdem war das Erbetene doch auch nichts so Bedeutendes, daß es deine Großmut überfordert und dich deshalb zur Ablehnung veranlaßt hätte. Denn das anzunehmen verbieten mir dieselben, die sich früher hungrig schlafen leg ten, j etzt aber das Gold wie Eisen schmieden und eheliche Verbindungen 50 mit denen, deren Sklaven sie früher waren, für ungebührlich halten1 6 . Was dieses Thema betrifft17, so habe ich es aufgegeben, (dich) bei denen, die dir diese deinem Stand nicht entsprechende (Heirat)1 8 vorwerfen, zu verteidi gen1 9 . Nun, seit du diese (Leute) förderst, schätzt du anscheinend das Wichtige gering ein 2 o . Ich aber müßte nun davon überzeugt werden, daß ich nicht einmal der Dinge wert bin, die man geringschätzt. Denn das trifft ja nun bei den Rhomäern für Bücher und Studien zu.
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
55
Jedenfalls hat eine Bereitwilligkeit solcher Art2 1 der bewundernswerte Kaiser22 mir gegenüber nicht gezeigt, sondern sobald er hörte, daß ich den Platon2 3 brauchte, hat er die zur Eile gedrängt, die ihn mir beschaffen sollten. Er konnte ihn mir nämlich (nicht einmal) aus seiner eigenen (Bi bliothek) schicken, sondern mußte zuerst Gesandte an seine Besitzer ent senden, diesen Freundschaft versprechen, wenn sie ihn aushändigten, oder auch Krieg androhen, wenn sie ihn verweigerten, und schließlich
60 nahm er dafür, daß er mir gefällig war, auch noch Gefahren in Kauf. Ich
hätte Grund, ihm dafür in höherem Maße dankbar zu sein, als wenn er mir wie einst ein Perser2 4 dem Themistokles Magnesia und Myus gegeben hätte. Ebenso dankbar aber wäre ich dir, wenn du mir gegenüber die gleiche Bereitwilligkeit zeigen würdest. Da du dich aber dazu nicht ent schließen kannst, will ich dich dafür zwar nicht tadeln, weil ich dir für anderes dankbar bin und es sich auch nicht gehört, darüber ungehalten zu sein, wenn j emand mir von seinem Eigentum (etwas) nicht herausge65 ben will . Ich möchte aber wünschen, daß der Plutarch bei dir nicht wie
derzeit in einem Winkel verrottet, sondern Gelegenheit zu freier Rede erhält und mit seinen Ermahnungen deine Gesinnung bessert. Mir j edoch, der ich seine (Werke lesen) möchte, wird die (Bereitschaft) meiner Freunde genügen. Sie werden mir (Plutarch) nicht nur gern geben, sondern mir auch noch (dafür) dankbar sein, wenn ich ihn annehme. Mit 70 mir wird ihn aber auch der treffliche Philosoph Georgios studieren. Möge
Gott ihn der bildungs beflissenen Jugend erhalten2 5 ! Er wird aber wohl nur überleben, wenn er die Große STADT und die Peloponnes in gleicher Weise meidet. Bleibt er nämlich bei uns, wird er Hungers sterben, kommt er aber dorthin, (dann) wird er in die Kriegswirren geraten und das Schicksal Plutarchs erleiden, als « Kostbarkeit » unter das Bett abgescho ben zu werden. Denn der Waffenlärm wird dabei stören, wenn man dem 75 Redner lauschen will, und er wird sich wie ein Schattenkämpfer26 lächer
lich machen. Das ist auch dem trefflichen Triboles klar. So hat er die Rhetorik, in der er sich einst auszeichnete, aufgegeben und seinen Eifer auf Pferde und Waffen verlegt, mit denen er dir zu Diensten sein kann; denn er sah ein, daß sie ihm zu seinem Lebensunterhalt mehr einbringen. Kannst du dir also vorstellen, daß Georgios, wenn er sieht, wie es ihm erging, sich bewegen lassen wird, unverzüglich zu dir zu kommen ? Wenn 80 du nämlich schon deine eigenen Gelehrten so weit gebracht hast, daß sie
glauben, das Tanzen bringe ihnen mehr ein als das Reden - von der
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BRIEF
T2 73
Tapferkeit ganz zu schweigen2 7 - , dann ist es doch sonnenklar, daß du den Auswärtigen geradezu predigst, Sparta nicht zu betreten; denn dort gilt als Schwätzer, wer es unternimmt, die zu belehren, die sogar das Zuhören für unerträglich halten. K 1.
OKyd: Die Große STADT (Z.71 ) . E, OE: Ein Herrscher (Z.30) in Mistra (A. 1 ) auf
der Peloponnes ( Z. l 1 .32.71 ) , Nachfolger eines der Bildung aufgeschlossenen Despoten (X2 ) , verheiratet mit einer Lateinerin ( Z.5 0 - 52; A . 1 9 ) ; dies trifft nur für Theodoros Palaiologos zu (zur Person s.o., T23 8 ) . D: S .u., A. 1 9 . II.
BKyd: Theodoros hat Kyd. eine H s mit Texten Plutarchs schenken wollen, sie ihm
aber dann doch nicht zugesandt, mit der Entschuldigung, Leute in seiner Umgebung seien damit nicht einverstanden ( Z. 1 8 - 2 5 ) . Kyd. versucht dieses Argument als haltlos zu erweisen (Z.25 - 54 ) und verweist auf ein vergleichbares Gegenbeispiel, die Bereitschaft seines Bruders Manuel bei der Beschaffung einer Platonhandschrift (s.u., A.23 ) . Er hofft aber, von Freunden in Konstantinopel zumindest leihweise eine andere Hs mit den Werken Plutarchs zu erhalten, die er dann gemeinsam mit dem Philosophen Georgios (X4) studieren will (Z.67-70). BE: Eingangs lobt Kyd. die Fortschritte des Theodoros in der Redekunst und Dialektik (Z.414), allerdings mit der Nebenabsicht, ironisch auf die beredte Entschuldigung des Theodoros anzuspielen ( Z.24 - 2 6 ) . Im weiteren Verlauf des Briefes zeigt er, daß er in seinen Tadel über das geringe Bildungsinteresse auf der Peloponnes (s.u., ZG) auch ihn einschließt, wenn er ihm vorhält, er schätze unter dem Einfluß seiner Umgebung nun das Wichtige (sc. die Bil dung) gering ein (Z.52 f.; dazu A.20 ) und lasse « Plutarch» in einem Winkel verrotten (Z.65 f. ) . Xl: Ein Verwandter des Kyd. (s.u., A.5 ) , dem der Despot Hilfe versprochen und auch wohl bereits gewährt hat (Z. 1 6 ) , da Kyd. ihn ermahnt, dieser Wohltat nun eine größere ( die Überlassung der Hs) folgen zu lassen. Dieser Verwandte könnte nur dann mit dem Philo sophen Georgios (X4) identisch sein, wenn dieser zuvor auf der Peloponnes gewesen wäre, was nicht ganz auszuschließen ist. Die in T264, Z.60 erwähnten « Barbaren» (vgl. T264, OE) wären dann auf die Bewohner der Peloponnes zu beziehen. D aß Georgios sie so einschätzte, ist aus T57 ( Bd. V2) bekannt; zum Urteil des Kyd. S.u., ZG. X2 : Der den Studien ergebene Despot und Büchersammler, aus dessen Bibliothek, deren Bestand nach seinem Tod großen teils verschleudert wurde (Z.3 7 -40), auch die zur Debatte stehende Plutarchhandschrift stammt (Z.37.46 ) , kann nur Manuel Kantakuzenos, Vorgänger des Theodoros in Mistra (siehe Bd. V 1 , 1 1 5 - 1 1 7) , sein (s.u., A. 1 3 und 1 5 ) . X3 : Der « bewundernswerte Kaiser» (Ma nuel), der Kyd. einst die Platonhandschrift verschaffte (Z.54 - 6 1 ) , s.u., A.22 f. X4: Der « treff liche Philosoph» Georgios (Z.69.78), der bei Kyd. in Konstantinopel weilt, ist sehr wahr scheinlich Georgios Gabrielopulos. Anscheinend ist er also entgegen dem Rat des Kyd. (T264, Z.54 - 5 9 ) doch nach Konstantinopel gekommen. Doch bleibt Kyd. auch jetzt bei seiner Mei nung, er solle dort nicht bleiben, weil sein Unterhalt in der Stadt nicht gesichert sei (Z.7072 ); er solle aber ebenso die Peloponnes meiden, weil in der dortigen Kriegssituation ein Philosoph wie Georgios nicht mit angemessenen Lebensumständen rechnen könne (Z.71 75 ), wie das Beispiel des Triboles (X5 ) zeige. Zur möglichen Identität mit X l , siehe dort und A.5. X5: Der « treffliche» (XQY]aT6�) Triboles (PLP 29295; vgl. Bd. II, T2 10, X2 ) muß, seit
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
er im Dienst des Despoten steht, seine geistigen Interessen zugunsten des Kriegshandwerks zurückstellen (Z.75 - 78 ) . ZG: Die Bemerkung Z.32 f., die Peloponnesier hätten ihre Kriege beendet, ist ironisch zu verstehen; vielmehr dauern die Auseinandersetzungen, wie sich aus Z.74 - 78 ergibt, weiter an. Es handelt sich um die Eroberungszüge der sog. Navarresischen Kompanie, mit der sich Theodoros immer wieder auseinanderzusetzen hatte. Siehe zu dieser, mit Literaturangaben, ODB II 1443, s.n. Navarrese Company. Über die derzeitige geistige Situation auf der Peloponnes fällt Kyd. ein vernichtendes Urteil (Z. 3 0 f. 3 3 -42. 53 f. 73 - 7 5 ) . Dies ist vor allem bemerkenswert, wenn man die spätere Entwicklung Mistras z u einem Bildungszentrum in Betracht zieht; diese ist aber wohl allein dem Humanisten Georgios Ge mistos Plethon zu verdanken, der dort etwa zwischen 1407 und 1 4 1 0 seine Lehrtätigkeit aufnahm (siehe C. M. Woodhouse, George Gemistos Plethon - The Last of the Hellenes, Oxford 1986, 3 0 ) . Ep: Die Bemerkungen zu Stil und Inhalt von Aussagen des Theodoros (s.o., BE) können sich nur auf einen vorausgehenden Brief des Despoten beziehen. III.
Hss: A 12Y- 13Y, Nr. 1 1 ; U 1 5Y - 1 JY, Nr. 24.
Mistra liegt unweit des antiken Lakedaimon bzw. Sparta (Z.82 ) . E s galt als ehrenvoll, sich Bildung ohne Lehrer angeeignet z u haben; vgl. T265, A.3
IV. 1
2
und zugeh. Text. 3 Sowohl « Orte» wie «Topoi» sind im Griechischen 1:0nOL, ein Wortspiel, das sich im Deutschen nicht nachahmen läßt. Wie sich aus dem folgenden Satz ergibt, sind die rhetori schen Topoi des Aristoteles (AristotRh 1 3 95b-1402a ) gemeint. F. G. Sieveke (Übers . ) , Aristo teles, Rhetorik, München 1980, 141 gibt 1:0nOL mit « allgemeine Gesichtspunkte zur Ermögli chung der Beweisführung» wieder. 4
W. : 1:fl 1:(DV EJtlXElQllfHX1:WV av6.yxn. Unter EJtlXcLQllfW ist der dialektische Syllogismus
zu verstehen, in dessen Dienst laut der zitierten Passage des Aristoteles auch die 1:0nOL stehen. 5 W. : aVE'ljnov. D as Lexikon zur byzantinischen Gräzität, ed. E. Trapp, Fasz. 1, Wien 1 994, 106 kennt für diese Verwandtschafts bezeichnung nur die Übersetzung « Neffe » . So auch Bd. V I , T26, A.12. Doch ist der Sprachgebrauch bei Kyd. nicht so eindeutig, wie das Beispiel T257, X6 ( avE'ljn6. sehr wahrscheinlich « Cousine » ) zeigt. Es spricht einiges dafür (s.o., X l ) , daß Kyd. hier auf den später im Brief ausführlicher erwähnten Georgios ( X4 ) anspielt, der gemäß der Überlegung A . 2 5 wohl eher sein Vetter a l s sein Neffe war. 6 « In beiderlei Hinsicht» bezieht sich auf die bereits gewährte Hilfe für den Verwandten ( Z . 1 5 f. ) und die noch ausstehende Überlassung der Handschrift (Z.2 3 ) . 7 W. : ßEßmwow; 'AQlO1:01:Ef.. E l 1:0V 1:o n ov (vgl. oben, A.3 ) . 8
ATEk 5,3: « Wenn d u der Gottheit ein Gelübde machst, dann säume nicht, e s z u erfül
len ! Denn kein Gefallen hat sie an den Säumigen. Was du gelobt, erfülle ! » ( Übers. P. Riessler. ) 9
Diese verletzend ironische Bemerkung « < Sei froh, wenn du dich der Handschrift entle
digen kannst; sie macht dir sowieso nur Arbeit» ) zeigt, wie wenig ernst Kyd. das Bildungsin teresse des Despoten nimmt (s.o., BE ) . Vgl. auch unten, Z.29 f. 10
Es ist nicht an eine Akropolis in Mistra zu denken, sondern « Akropolis» ist hier als
allgemeiner Aufbewahrungsort städtischer Palladien zu verstehen. 11 Aus Z.72 - 78 ( und 8 0 f.; S.u., A.27) ergibt sich, daß von Frieden auf der Peloponnes keine Rede sein kann. Die Bemerkung ist also durchaus ironisch zu verstehen. 12
Zu dieser Anspielung s.o., T24 1, A.5.
13
Gemeint ist die Bibliothek des Manuel Kantakuzenos ( s . o . , X2 ) .
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BRIEF T273
14 15
Zu dieser Wendung siehe Bd. 112, T9 1 , A.4. Manuel Kantakuzenos (s.o., A. 1 3 ) .
16 Es handelt sich um die griechischen Magnaten im Machtbereich des Theodoros, de ren Einfluß und Reichtum seit einiger Zeit zugenommen haben und die deshalb nun die zuvor wesentlich stärkeren lateinischen Machthaber auf der Peloponnes, denen sie praktisch unterworfen waren, verachten. 17 18
W. : {JJt E Q (1)v, mit Bezug auf XY]ÖE(U�, Heiratsverbindungen. W. : aVLo6tY]'tu.
19 Kyd. meint die Ehevebindung zwischen Theodoros Palaiologos (PLP 21460) und Bartolomea Acciaiuoli, einer Tochter des Herzogs von Athen Nerio I. ( zu diesem siehe PLP 1 6 1 2 ) . D as Heiratsdatum konnte durch ]. Chrysostomides, An Unpublished Letter of Nerio Acciaiuoli ( 3 0 October 1 3 84 ) , Bul;uv'tLva 7 ( 1 9 75 ) 1 1 1 - 127, hier 120 - 122 genauer einge grenzt werden. In einem von ihr erstmals edierten autographen Brief Nerios von Nov. 1 3 84 ( Cod . Flor. Laurent. Ashburnham 1 8 3 0 , Cassetta I, Nr. 76) wird mitgeteilt, daß die Heirat kürzlich, also spätestens im Frühjahr oder Sommer 1 3 84, erfolgte. Der vorliegende Brief des Kyd., der an dieser Stelle die Heirat voraussetzt, ist folglich von 1 3 8 3 (Edition Loenertz) auf 1 3 84 umzudatieren. Chrysostomides, 120, A.26 gibt an, Loenertz ha � e ihr gegenüber selbst die Umdatierung als notwendig bezeichnet. Ich lasse den Brief aber, da die D atierung in der Edition auf 1 3 8 3 sich nicht gravierend von der neuen unterscheidet und sich aus der Neuda tierung keine Änderung in seiner Beziehung zu anderen Briefen des Kyd. ergibt, in der Reihen folge an der Stelle stehen, welche in der Chronotaxis (LC 11 492) vorgesehen war. Zum Namen «Bartolomea » : Er ist nur bekannt aus einem Brief des Bischofs ]acopo von Argos an Angelo Acciaiuoli, einen Bruder Nerios, zu datieren auf März 1 3 8 5 . Siehe F. Gregorovius, Briefe aus der « Corrispondenza Acciajoli » (sic ! ) in der Laurenziana zu Florenz, Sitzungsber. der philos.-philol. u. hist. Classe der kgl. bay. Akad. der Wiss. zu München, 1 8 90, Bd. 2, 285 - 3 1 1 ; Edition des Briefes: ebd. 297 - 3 00 (29 8 : . . . de domino Nerio . . . , eum cum domina sua et Bartolomea despina et Francisca filia bus . . . bene valere ) . Die Ehe war nicht nur in der Umgebung des Theodoros (wie im Brief angedeutet) - u. a. wegen der Zugehörigkeit der Braut zur römischen Kirche ( Chrysostomides, ebd. 122) -, sondern auch in der Familie der Acciaiuoli umstritten (ebd. 12 1 ) . Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, daß Kaiser Manuel die Frau seines Bruders in der Grabrede auf ihn nicht mit einem Wort erwähnt (ManuelOr 232, A. 1 5 5 ) . Der Geschichtsschreiber Chalkokondyles berichtet beiläufig ü ber die Kinderlosigkeit der Ehe und über die außergewöhnliche Schönheit der Frau (Laonici Chalcocandylae Historiarum demonstrationes, ed. E. Dark6, Budapest 1 922, I 1 94
=
Editio
Bonnensis, 206 f. ) . 20
Die «Neureichen» i n der Umgebung des Despoten halten wenig von Bildung und
können deshalb auch eine Plutarchhandschrift kaum für besonders wertvoll halten. 21
Ironische Umschreibung für die gerade nicht gezeigte Bereitwilligkeit des Theodoros,
wie Z.61 f. deutlicher gesagt wird. 22 Sc. Manuel 11. 23 Zur Beschaffung der Platonhandschrift durch Kaiser Manuel s.o., T240 - 242. 24 Der « Perser» ist Artaxerxes I. ( 464 - 424 ) ; er verlieh Themistokles u. a. die Herrschaft über Magnesia am Mäander, wo dieser 462 v. Chr. starb. Quellen: Thuk I 1 3 8,5; Plutarch, Themistokles, 29.
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
25 W. : . . . GV 'tYjQo(Yj f.lEV 6 eEO� 'tTI "A.oywv EQWOTI VEO'tYj'tl. Kyd. scheint hier anzudeuten, daß der Philosoph einen der Bildung ergebenen Schülerkreis hatte. 26 Ein Kämpfer gegen einen imaginären Gegner. Unter « Schattenkämpfen» ist ursprüng lich eine Art Kampftraining zu verstehen; der Begriff wurde aber bereits in klassischer Zeit metaphorisch verwendet, z. B. PlAp 1 8 d. Kyd. will hier sagen, daß Georgios in Mistra keinen Gebildeten finden wird, mit dem er sich geistig messen kann. 27 Wegen der ständigen Kriege sind Tapfere in Mistra sehr gesucht.
274 - AN KAISER MANDEL L: 320; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 1I. Palaiologos; OE: Thessalonike; D: Winter 1 3 8 3lFrühjahr 1 3 84 ( ? ); wI: Die Krise um Thessalonike dauert an; in Konstantinopel haben Angst und Besorgnis zugenommen. Die Bewohner mancher Provinzstädte wollen sich den Türken ausliefern, und viele sind in eine Glaubenskrise geraten. Auch Kydones fürchtet das Schlimmste, betet aber für den Kaiser und hofft, daß Gott ihm weiter zur Seite stehen werde.
Da ich Leute gefunden habe, die nach Thessalonike reisen, beeile ich 5 mich, sofort zu schreiben, zumal ich mich dir gegenüber (dazu) dringend
verpflichtet fühle. Es hemmt aber meine Entschlossenheit, daß wir dir über unsere Lage nichts Gutes schreiben können und die eurige, wie man berichtet, so heillos ist, daß man nicht erwarten kann, von euch etwas Gutes zu hören. Schlimmer ist aber (noch) in diesem Fall, daß selbst der (Trost) der Hoffnungen uns fehlt, denn auch von der Zukunft haben wir 1 0 nicht einmal etwas Unbedeutendes zu erwarten, was man in Briefen be
richten könnte, um deren Empfänger zu beruhigen. Denn was sollte man (noch) erhoffen, wenn alle entweder schon versklavt sind oder das Joch des Barbaren der rhomäischen Herrschaft vorziehen und es für lächerlich halten - denn diese Stimmung herrscht sogar schon bei den Ernsthafteren vor - , wenn jemand der Sklaverei das Leben in Freiheit vorzieht? So 1 5 haben alle den Verstand verloren und sind bereit, die Barbaren zu sich
und in ihre Städte zu rufen. Diese Geistesverwirrung aber hat Unheil nicht nur über den Bereich des Irdischen und des Leiblichen gebracht\ sondern sie reckt, wie es Homer von Eris sagte, bis zum Himmel und zu den Seelen ihr Haupt2 , so daß man schon am Gottesglauben verzweifelt, als ob er ein alter Mythos sei; man sagt nämlich, er enthalte nichts, wodurch man bereichert oder begeistert3 werden könne . Denn nur in solchen (An20 zeichen) glaubt man den Lohn des wahren Glaubens an Gott zu finden,
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BRIEFE T273 - 2 74
und aus ihnen folgert man, daß Gott unsere Taten gefallen. Die Weiseren aber hüten sich, dies so frei heraus zu sagen; sie versichern vielmehr, daß sie unter der Türkenherrschaft nur um so sicherer den Glauben bewahren werden. Solches jedenfalls hören und sehen wir hier. Es mag aber sein, daß es bei Euch gemäßigter zugeht. (Ja,) ich bin durchaus überzeugt, daß es so ist, weil durch deine Anwesenheit die Hef- 25 tigkeit und Unerbittlichkeit dieses Sturmes gemildert wird. Aber es ist unvermeidlich, daß auch der Teil mit dem Ganzen erkrankt und stirbt, wenn die VORSEHUNG nichts Besseres für die Verbliebenen beschlossen hat. Daß sie (uns) dies durch dich schenken wird, wenn es ihr Ratschluß ist, darauf vertraue ich und glaube fest daran. Denn wie sie sich, um die Bösen zu bestrafen, böser Mächte bedient, so läßt sie auch durch die 30 guten den (mit ihr) Versöhnten das Bessere zukommen. Wenn aber ihre dunklen Ratschlüsse die Oberhand behalten und es so sein soll, daß die Verantwortlichen samt und sonders zugrundegehen, moge doch dich Gott von der Erfahrung des Schrecklichen ausnehmen und dich für das Bessere bewahren. Dieses Gebet bekommt Gott von mir bei Tag und bei Nacht zu hören. K I.
OKyd: Kyd. befindet sich an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort. OE: Z.4. D: Im
Vergleich zu den vorausgehenden Briefen an Kaiser Manuel (T268, T2 71 ) hat sich die Situa tion verschärft; erstmals spricht Kyd. ausdrücklich davon, daß einige byzantinische Städte sich den Türken ausliefern wollen (Z . 1 1 - 1 5 ) . Loenertz schlägt wohl deshalb mit Fragezei chen die angegebene Datierung einige Zeit nach den genannten Briefen vor (sie wird über nommen von BarkMan 53 f. , A.147) und ordnet ihn hier ein. Für eine sichere Datierung sind die Anhaltspunkte allerdings zu vage. 11. BKyd: Kyd. sieht inzwischen die Lage als so hoffnungslos an, daß er für die Zukunft auch mit « dunklen Ratschlüssen» Gottes (Ta Tfj� axu8gwJTl']� '\jJY]<j>ou, Z.30 f. ) rechnet, ein Zeichen nachlassender Zuversicht. Xl: Der « Barbar » , dessen Joch manche der rhomäischen Herrschaft vorziehen (Z . l 1 f. ) : Murad I. ( PLP 1 9503 ) . ZG: S.o., D . III. Hss: A l 02rv, Nr. 4; U 2 1 6 v - 2 1 7r, Nr. 2 1 7. IV. 1 W. : ou ToI� EV Tfi yfl xal TOI� aWf,LaOL AEAVf,laVTaL �l6vov . Nach Ausweis von LSc, s.v. AU I--la[V 0 I--lat, bezeichnet AEAVf,laVTat, wie hier zu erwarten, die 3. Person des Singulars, nicht des Plurals, wie man vielleicht annehmen könnte (Belege bei Demosthenes ) .
2 Vgl. HomIl 4, 440 - 443 , z u beziehen auf «Eris, die rastlos Eifernde . . . , welche . . . gegen den Himmel stemmt das Haupt» ( Übers. W. Schadewaldt) . Den nach ou gav 0 stehen den nichthomerischen Zusatz xal '\jJuxaI� hat Kyd. in Hs A nachgetragen, womit er deutlich zeigt, daß er das Zitat für den gewünschten Zusammenhang zurechtbiegen mußte. 3 W. : ÖL' Jtmö[, gemäß Z.7 f. 1 2 etwa 16 - 17 Jahre alt.
281 L: 300; OKyd: Konstantinopel; E: Ein ho her kaiserlicher Finanzbeamter; OE: Konstanti nopel ( ? ); D: 1 3 8 3 - 8 6 ( ? ); wI: Kydones warnt den Adressaten, der ihm ein Geldgeschenk übersandt hat, man könne ihn verdächtigen, die Summe der Staatskasse entnommen zu ha ben; er möge daher in Zukunft auf derlei Geschenke verzichten.
Auch dies verdanken 1 wir dem gegenwärtigen Schicksal der Städte, daß wir nicht einmal mit Freunden frei verkehren können, sondern sie entwe-
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der vernachlässigen oder, wenn wir die Verbindung aufrechterhalten wol len, Gefahren in Kauf nehmen müssen. Was nun dich betrifft, so erweist du dich wegen deiner großen Zuneigung als mutiger Freund, denn du wagst es, uns ohne Rücksicht auf Beobachter2 Geschenke zu schicken. Ich aber bange um dich und rate dir, dich vor diesen Männern zu hüten, für die es Routine ist, Wachende und Schlafende anzuzeigen und dadurch 1 0 den Guten z u schaden, sich selbst aber durch das Denunzieren beim Kaiser den Ruf treuer Gesinnung zu erwerben. Sie werden auch, wenn sie das Geschenk sehen, darin nicht die Gesinnung eines Freundes erkennen, der mir alles aus seinem persönlichen Eigentum hat zukommen lassen, sondern die betrügerische Hinterlist eines Mannes, der seinen Freunden mit dem gefällig ist, was er dem kaiserlichen Fiskus unterschlägt. Du weißt aber, wie unbesehen diese Erinyen3 alles glauben. Da dir dies also klar ist, versuche nicht, uns durch eine Sendung, sondern auf andere Weise zu erfreuen. Es wird uns j edenfalls genügen, unsere Zuneigung er- 1 5 widert zu wissen. Ich möchte aber nicht, daß d u u m meinetwillen der üblen Nachrede verfällst und das kleine Geschenk dir auf diese Weise großen Kummer bringt. K I. OKyd: An seinem üblichen Aufenthaltsort, wo er die Verleumder beim Kaiser (Xl ) fürchtet ( Z. l O f. ) . E: Der Adressat ist ein hoher kaiserlicher Finanzbeamter (Loenertz: « aerarii praefectus » ), der unmittelbaren Zugriff auf Gelder des Fiskus hat; sonst könnte man ihn nicht der Unterschlagung verdächtigen ( Z. 1 2 f. ) . OE: Die Anspielung auf die Behinderung der Kontakte zwischen Freunden wegen des « Schicksals der Städte» ( Z.4) zwingt nicht zu
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
der Annahme, E befinde sich an einem anderen Ort, von dem im übrigen keine Rede ist. Als ein für Denunzianten empfänglicher Kaiser ( Z. 1 0 f. ) kommt zudem eher Ioannes V. (in Konstantinopel) in Frage. Auch scheinen die « Erinyen» ( Z. 1 3 ) eine eingebürgerte Institution (s.u., A. 3 ) zu sein, die eher in Konstantinopel als in Thessalonike zu vermuten ist. D: Mit dem « Schicksal der Städte» ( ZA ) ist wohl die durch die Türken entstandene Situation zur Zeit der Belagerung Thessalonikes gemeint. Eine genauere Datierung innnerhalb der in Frage kommenden Zeitspanne 1 3 83/86 ist nicht möglich. II. BKyd: Kyd. hat von E ein Geldgeschenk aus persönlichen Mitteln erhalten. Er warnt E vor weiteren Geschenken solcher Art, da er fürchtet, man könne E verdächtigen, das Geld der Staatskasse entnommen zu haben. Xl: Ein Kaiser, der auf Denunzianten hört (A.2), wohl Ioannes V. ( 1 0 f. ) . ZC: Der Brief dokumentiert die Atmosphäre des Mißtrauens am Hof Ioannes' V. während dieser Jahre. III. Hss: A 32', Nr. 7; U 44v - 45', Nr. 6 1 . IV. 1 W. : U1tOAUU0f.t€V ist hier ironisch i m negativen Sinne z u verstehen (siehe LSc, s.v., II ) . Vgl. T277, A.3. 2 W. : "tWV 01t1:11Q wv xa"tuCPQovwv. Es ist zwar von der Routine ("tI�xvY), Z.9) der « Beob achter» die Rede, sie werden aber nicht als Angehörige einer kaiserlichen Institution im Sinne eines Geheimdienstes bezeichnet. Wahrscheinlich waren es Kollegen des hohen Finanzbeam ten in seiner eigenen Behörde, die sich als Denunzianten profilierten. 3 Die antiken Rachegeister stehen hier wohl für die Justizbehörde am Kaiserhof, nicht für die Denunzianten selbst, wie ich Bd. I12, T 0 1 20, A. 1 5 irrig vermute. Vgl. auch Bd. I12, T52, AA.
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AN ALUSIANOS THOMAS
L: 3 1 9; OKyd: Konstantinopel; E: Thomas Dukas Alusianos, Großrichter der Rhomäer;
OE: Konstantinopel; D: 1 3 8 3 - 8 6
( ? ); wI: Kydones hat sich im privaten Kreis durch ein
Tragödienzitat in allgemeiner Form abfällig über einflußreiche Personen zweifelhaften Cha rakters in Konstantinopel geäußert. Der geschwätzige Andronikos, offenbar Zeuge dieser Bemerkung, hat Alusianos davon berichtet, und es steht zu befürchten, daß von ihm auch die Betroffenen davon erfahren könnten. Da Kydones dies nicht wünscht, stellt er in Abrede, auf konkrete Personen angespielt zu haben, und bittet den Richter darum, Andronikos am Weitererzählen der Äußerung zu hindern.
Ich weiß, daß ich wegen meines gestrigen Zitates aus Sophokles 1 mit 5 Strafe zu rechnen habe; denn der, welcher es dir mitgeteilt hat, wird es
vermutlich auch anderen ausplaudern, weil die Zunge des Andronikos nicht zu zügeln ist. So wird von ihm her der Ausspruch sich auf den Weg machen und eiligst bis zu denen gelangen, die gern mit skrupellosen Schurken Umgang haben. Du weißt aber, daß unsere (Stadt) j etzt viele ernährt, die nicht nur boshaft, sondern auch einflußreich sind. Diese wer-
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BRIEFE T28 1 -282
den sich nun gewiß nicht von dem Gesindel, mit dem sie auf Du und Du sind, fernhalten wollen, um das in Ordnung zu bringen, was sich für sie 10 etwa aufgrund eines unglücklichen Zufalls ergeben hätte, sondern wer den in ihrer Vorliebe für die Gesellschaft von Ungebildeten den für einen Feind halten, der mit Sophokles behauptet, sie seien den Leuten, mit denen sie gern verkehren, ähnlich. Was also mich betrifft, so lobe ich den Dichter für seine allgemein (gültige) Einsicht, habe sie aber auf keinen Zeitgenossen bezogen, sondern lediglich dafür plädiert, daß dieser Aus spruch nur zu wahr sei, und dies im privaten Kreis unter Freunden am Krankenbett eines Freundes . Wer sich aber seiner Schuld wohl bewußt 15 ist, wird nicht sich selbst, sondern die beschuldigen, die der Meinung beipflichteten, und suchen, wie er sie bestrafe. Bei Gott also, gib Andro nikos in unserem Namen zu verstehen, er möge außer dir niemandem mehr (davon) erzählen. Denn ich muß mich, wenn auch niemand mich wegen meiner Äußerungen anklagen könnte, doch · nach Möglichkeit schon vor dem (bloßen) Verdacht schützen. Jedenfalls möchte ich weder ein Mensch sein, der seine Mitmenschen beleidigt, noch als solcher er scheinen, zumal ich nicht wußte, daß ich, als ich dies sagte, andere damit 20 kränken könnte. K I. OKyd: Konstantinopel, wie gewohnt. E: Zur Person siehe PLP 696 und oben, T245, E. OE: D a Kyd. sich Alusianos gegenüber auf eine am Vortage geäußerte Bemerkung bezieht (Z.4), muß sich auch dieser in Konstantinopel aufhalten. D: Gemäß LC II, XIV steht der Brief in Heft 20, dessen Briefe durchweg in die Jahre 1 3 8 3 - 1 3 8 6 gehören. Einen «inneren» Anhaltspunkt für eine Datierung gibt es nicht. 11. BKyd: Seine Sorge, eine allgemein gehaltene Äußerung über Leute mit schlechtem Umgang (siehe A. 1 ) könnte einflußreichen Schurken am Kaiserhof bekannt werden ( Z. 1 8 20), läßt seine unsichere Stellung a m Kaiserhof erkennen. BE, Xl: Andronikos, ein Schwät zer, der nicht zu bändigen ist (Z.5 f. ), war bei der unbedachten Äußerung des Kyd. am Vor tage zugegen und hat sie Alusianos, einem Freund des Kyd., mitgeteilt. Man muß aus dem Brief des Kyd. schließen, daß Alusianos sich daraufhin bei Kyd. erkundigt hat, was es damit auf sich habe ( Z.4 f. ) . Loenertz (zur Stelle) vermutet, daß dieser Andronikos mit Sebastopulos (oben, T257, X4; 258, X6) identisch ist. Doch wie Bd. II, T200, X2 bereits ausgeführt, ist die Identität des dort erwähnten Andronikos mit dem Sebastopulos der Briefe L264 ( T25 8 ) =
und 2 6 7 ( T25 7) nicht wahrscheinlich, wohl aber die des hier erwähnten Andronikos mit dem von T200. Ep: Eine kurze schriftliche Anfrage des Alusianos bei Kyd. (s.o., BE, X l ) ist vorauszusetzen. III. Hss: A 1 02r, Nr. 3; U 2 1 6rV, Nr. 2 1 6 . IV. 1 W. : "twv urreQ LOCPOXA€O'U� !-lOt Xee� ELQT]!-lEVWV. Kyd. denkt, wie sich aus der Anspielung auf den Inhalt des Zitats Z . l 1 f. ergibt, an das Euripides ( ! )-Fragment 8 1 2, 7 - 9 =
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Nauck, zitiert bei DemOr 1 9,245 (= Fals.Leg. 4 1 7 ) , das besagt, jemand, der mit Bösen ver kehre, sei selbst von der gleichen Art wie diese, entsprechend dem deutschen Sprichwort: Sage mir, mit wem du Umgang hast, und ich sage dir, wer du bist.
283 L : 271; OKyd: Konstantinopel; E : Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Thessalonike; D : Sommer 1 3 84 ( ? ) ; wI: Manuel hat Kydones offenbar geschrieben, daß e r sich jetzt wegen seines langen Schweigens schon vor seinem Zorn fürchten müsse, und dieser pflichtet ihm bei, daß Grund dazu bestehe, wenn man die Freundespflicht vernachlässige, daß aber der Kaiser sein Gefühl für Gerechtigkeit beweise, wenn er diese Furcht empfinde. Ferner erkun digt sich Kydones, ob er von einer Krankheit genesen sei. Die hoffnungslose politische Situa tion sei nicht dem Versagen des Kaisers, sondern dem unberechenbaren Schicksal oder eher noch den menschlichen Sünden zuzuschreiben.
o Jammer, daß mir die Kraft, die ich anscheinend besitze, zuvor nicht 5
bekannt war ! Jedenfalls glaubte ich, daß ich nicht einmal Dienern Schrek ken einjagen könnte. Nun aber erscheine ich plötzlich sogar Kaisern furcht bar, vor denen (doch) alles sich zu fügen hat, und erhalte Briefe von ihnen, diktiert von der Furcht, sie könnten etwas versäumt haben! . D och sei dies(e Bemerkung) der Ironie gutgeschrieben, mit der die Liebhaber gegenüber ih ren Geliebten kokettieren und scherzen, um sie, wenn sie von schwerem Un-
10 glück heimgesucht werden, durch freundliche Worte zu trösten, damit sie
nicht in völliger Verzweiflung der verhaßten Knechtschaft entfliehen2 . So entfachst auch du, der du wohl weißt, wie wir dir ergeben sind, mit derlei unscheinbaren Worten die Sehnsucht und verstärkst unsere Leidenschaft (für dich), (indem du andeutest), daß auch wir dir gegenüber Macht besit zen, damit wir, (so) getäuscht, dir um so bereitwilliger dienen. Du also ver15
stellst dich und gibst vor, die Schatten zu fürchten3 • Meiner Meinung nach ist aber deine Furcht, (zwar) nicht meinetwegen, aber um deiner Pflicht wil len, sogar sehr begründet. Du hättest (j a), wenn du sie nicht verspürtest, keinen Grund, dich gegen die zu verteidigen, die dich als mutig bezeichnen. Nun dürfte (aber) Leichtsinn in der Pflichterfüllung Nachlässigen gerechte Anklage einbringen. Wenn es also deine Pflicht ist, die Liebe derer, die dich lieben, zu erwidern und ihrer zu gedenken, damit aber das Schreiben ver-
20 bunden ist, solltest du da nicht mit Recht Angst haben, wenn du durch
Schweigen deinen Freunden das ihnen Zukommende entziehst und die Zu neigung, die du bei anderen findest, nicht erwidern willst, was (doch) das
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BRIEFE T282-283
denkbar Schändlichste ist? Denn man sollte nicht in anderen Bereichen die Erwiderung loben, allein aber (im Fall der) Freundschaft die Undankbar keit als (zutreffenden) Lohn ansehen; nennen wir doch (sogar) die, welche (die Freundschaft) nicht in höherem Maße erwidern, undankbar und böse. So hast du also mit Recht gefürchtet, Kaiser, denen ungewollt Unrecht zu 25 tun, die es am wenigsten verdient haben. So lobe ich diese Furcht, da sie mir glänzend deine Gerechtigkeit bestätigt. Denn wer den Ruf der Ungerechtig keit auch in kleinen Dingen scheut, wird gewiß auch an wichtigere Dinge nicht ohne Gerechtigkeit herangehen4• Ich war aber sehr erfreut, als ich erfuhr, daß es dir täglich besser geht. Möge der ERLÖ SER dir lebenslang deine Gesundheit bewahren, die du zum allgemeinen Wohl einsetzt und einsetzen wirst. Wenn aber die Ereig- 30 nisse nicht gemäß den Hoffnungen verlaufen, ist dafür wohl auch dem Schicksal die Schuld zu geben, welches immer schon die menschlichen Dinge zu erschüttern und mit unseren Bemühungen seinen Spott zu trei ben pflegt5; ein anderer aber würde vielleicht auch, wenn er Verstand hat, unseren Sünden diese verworrene Situation zuschreiben 6 . Es ist also kein Wunder, daß nicht einmal du mit deinem Versuch Erfolg hast, die, welche Strafen verdient haben, vom Unheil zu befreien. Denn auch nicht Job 35 oder Daniel vermochten es, für die Ihrigen Begnadigung zu erflehen, ob wohl sie sich, was sie selbst betraf, große Freiheit im Umgang mit Gott erlauben konnten? Indem ich das bedenke, verteidige ich dich bei denen, die aus dem Ergebnis auf das Vorherige schließen, versuche aber auch, das Unglück zu ertragen, das alle gemeinsam betrifft, in dem Glauben, daß Gottes Wille gerecht ist. K I. E: Ein Kaiser (Z.6.24 ) , den Umständen nach zweifellos Manuel II. o Kyd, OE: Ent sprechend der Korrespondenz zwischen Kyd. und Manuel in diesen Jahren. D: Manuel hat sich brieflich für sein langes Schweigen entschuldigt (Z.6 f. ) ; es muß also seit seinem letzten Brief einige Zeit vergangen sein. Zuletzt hatte Kyd. in T266, ZA f. und T269, Z. 1 8 f. ( beide Herbst 1 3 8 3 ) in allgemeiner Form Briefe Manuels erwähnt. Die folgenden Briefe an ihn (T268, 271, 274 und 277) lassen vorausgehende Briefe des Kaisers nicht erschließen. Die von Loenertz vorgeschlagene D atierung des vorliegenden Briefes auf Sommer 1 3 84 setzt eine Phase des « Schweigens » von etwa einem halben Jahr voraus, welche die Entschuldigung des Kaisers verständlich erscheinen läßt. Weitere Angaben für die D atierung lassen sich aus dem Brief nicht entnehmen; vgl. BarkMan 53 f. , A . 147. IT. BE: Manuel ist von einer längeren ( ? ) Krankheit genesen (Z.2 8 f. ) . ZC: Die politische Situation ist unverändert kritisch ( Z. l 1 f., s.u., A.2; Z.3 0 - 3 9 ) . Ep: Manuel an Kyd.; s.o, D .
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
III. Hss: A 8 6' überliefert nur den Briefschluß ab Z.33 ( voüv EXOJV); der vorausgehende Text hatte auf einem heute fehlenden Blatt gestanden; U 142Y - 143Y, Nr. 149. IV. 1 Sc. das Schreiben. 2 Die Bemerkung Manuels, er müsse sich wegen versäumten Schreibens schon vor Kyd. fürchten, ist als freundliche Ironie zu verstehen, die Kyd. angesichts der politischen Lage, der er sich seit längerem durch eine Reise ins Abendland entziehen will, als Trost empfindet. 3 4
Metapher für nichtige Furcht, wie schon PIPhd 1 0 1 d. Diese 24 Zeilen lange Überlegung zum Thema « Furcht» des Briefpartners wegen seiner
Säumigkeit im Schreiben ist ein typisches Beispiel byzantinischer Briefrhetorik und, zumin dest für heutige Leser, von schwer erträglicher Umständlichkeit. 5 Zur Tendenz, negatives Geschehen dem unberechenbaren Schicksal zuzuschreiben s.o., T237, A. 1 3 . 6 Erklärung des Unglücks mit den Sünden der Menschen auch T270 (BKyd ) . 7 J o b (Hiob) bra(Öo�. Größter attischer Demos, im nördlichen Attika, dessen Gebiet im Sommer 43 1 die
Spartaner verheerten. Siehe Thuk II 1 9 - 2 1 ; Plutarch, Perikles, 32 (nicht « 3 1 » wie im Ap parat der Ausgabe; kurze Erwähnung) . 6 7
NT1 K 1 0 , 1 3 . ATPr 1 6 , 1 1 (nicht ' EXU'tEQU . . . (was . . . in beiderlei Richtung . . . ) . 9 W. : 'tov 'tfjc; lEQwaUv'IlC; xuvovu.
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AN DEN SOHN DES PHRANTZISKOS
L: 3 2 1 ; OKyd: Konstantinopel; E: Francesco 11. Gattilusio; OE: Mitylene, Lesbos; D: Ca. 1 3 8 5/8 6; wI: Kydones weist die freundlichen Hilfsangebote des jungen Herrschers von Lesbos zurück, da ihm nichts mangele, vor allem aber, weil jener sich seinen langjährigen Gegnern und Verleumdern angeschlossen habe, die dessen verstorbener Vater besser durchschaute.
Höre auf, mich zu bedrängen, ich solle dir mitteilen, was ich brauche 5 und was mir mangele, so als ob ich gewiß mit der Erfüllung meines Wun
sches rechnen könne. Denn weder beunruhigt mich dank der Gnade des ERLÖSERS gegenwärtig eine Notlage, noch würde ich im Fall eines An liegens etwas Gutes von dir erwarten, wenn ich an die trefflichen Ratge ber . denke, derer du dich nun, wie ich höre, bedienst; halten sie doch meinen Schaden für ihren Gewinn, haben aber auch schon oft versucht, deinen Vater gegen mich aufzuhetzen. Freilich gelang ihnen nicht, was sie 1 0 neidisch planten, weil j ener mich kannte und sie nur zu gut durchschaute.
Hätte ihn aber nicht vorzeitig der Tod hinweggerafft, den alle beweinten, dann wären j ene wegen ihrer Verleumdungen gegen mich als Schurken durchschaut und (schon längst) aus dem Lande gejagt worden. Diese (Leute) solltest auch du hassen; (doch müßtest du dich dazu) dem Urteil deines Vaters anschließen, das (freilich) niemand je als wirklichkeitsfremd verworfen hat. Da du aber nun, wie ich höre, dich selbst, dein Haus 15
und deine Herrschaft ihrer Meinung untergeordnet hast, fühle ich mich schmerzlich berührt, was verständlich ist, weil ich dir um deines Vaters willen alles Gute wünsche, aber überzeugt bin, daß dir wegen dieser Leute nun das Gegenteil widerfahren wird. Mögest du nicht durch die Erfah rung belehrt werden, um wieviel besser als du dein Vater den Charakter dieser Männer durchschaut hat! K 1. OKyd: Loenertz läßt den Aufenthaltsort des Kyd. offen. Es deutet aber nichts darauf hin, daß er sich nicht wie üblich in Konstantinopel aufhält. E: PLP 3584. OE: Der Ort seiner
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BRIEFE T290- 0292
Residenz. D: Terminus post quem ist der Tod Francescos I. Gattilusio (vgl. T2 84, X2 ); dieser muß inzwischen so lange zurückliegen, daß die von Kyd. angedeutete neue Entwicklung bereits erkennbar ist; andererseits ist die Erinnerung an dieses schmerzliche Ereignis (Z.l 0 f. ) so formuliert, daß seitdem wohl kaum mehr als zwei Jahre vergangen sind. 11. BKyd: Kyd. hatte auf Lesbos bereits seit langem Gegner, die aber von Francesco I. daran gehindert wurden, ihm zu nachhaltig zu schaden; unter seinem Sohn hat ihr Einfluß aber erheblich zugenommen (Z. 6 - 1 8 ) . BE: Francesco 11., der Sohn und Nachfolger Frances cos I. Gattilusio von Lesbos, sucht zwar freundschaftlichen Kontakt zu Kyd. ( Z.4 f. ) , ist aber aus dessen Sicht zu nachgiebig gegenüber intriganten Ratgebern (Z.6 - 1 8 ) . Xl: Francesco I. (s.o., D; BKyd ) . Ep: Francesco 11. hat Kyd. anscheinend mehrfach brieflich seine Hilfe ange boten ( Z.4 f. ) . III. Hss: A 1 02v - 1 0Y, Nr. 5; U 2 1 7rv, Nr. 2 1 8 .
Gruppe 4: Nicht datierbare Briefe aus LC II, Liber XXVI und XXVII (ca. 1382-84) 0292 L: 265; OKyd: Mitylene( ? ); E: Ein unbekannter Freund; OE: Konstantinopel ( ? ) ; D: Früh jahr 1 3 82 ( ? ) ; wI: Kydones beteuert seine andauernde Freundschaft für den Adressaten, die auch durch seinen Aufenthalt bei einem anderen langjährigen Freund nicht geschmälert
werde. Doch läßt die besorgte Erwähnung einer dem Freund anvertrauten Geldsumme ( ? ) auf Zweifel a n dessen Zuverlässigkeit schließen.
Wo du in deinen Angelegenheiten Rat brauchtest, gaben wir ihn (dir) so, wie es uns richtig erschien, und ich glaube - Gott sei es gedankt
-
,
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daß seine Verwirklichung zu deinem Nutzen und Ansehen erheblich bei tragen wird. Wenn du aber in deinem Brief verlangtest, ich solle an dich denken, dir die Freundschaft bewahren und nicht wegen meines jetzigen Aufenthaltes bei j emandemI , der gut ist und sich mir (schon) seit langem als wahrer Freund erwiesen hat, in meiner Freundschaft zu dir nachlas sen, freute ich mich; denn du bist mir offenbar sehr zugetan, wenn du glaubst, daß meine Zuneigung dir nützen kann. Ich wunderte mich aber 10 über dich, daß du von mir Beteuerungen der Freundschaft brauchst. An scheinend spürst du, daß dein eigenes Gefühl (für mich) sich verändert hat, und redest dir deshalb ein, daß auch ich fortan nicht bei den guten Anfängen bleiben werde. Dennoch versicherst du ehrgeizig, meine Abwe senheit verstärke sogar noch deine Liebe zu mir. Ich aber möchte im Ge genteil behaupten, daß hier kein allzu großer Glaube an die eigene Aus-
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
sage erkennbar ist; denn bestimmt würdest du (dann) auch uns nicht ver15 dächtigen, da du bei deinem Urteil von dir selbst ausgehst. Wenn jedoch
das wahr ist, was du sagst, dann glaube auch nicht, daß wir von der allzu leichtsinnigen Sorte sind und Freundschaften, zu denen wir uns bekannt haben, bedenkenlos vernachlässigen oder Freunde gegen Freunde wie Geldstücke eintauschen, sondern zu beständiger Zuneigung fähig sind und jedem Freund das ihm Zukommende geben können. Deine Furcht, wegen eines anderen Freundes selbst bei uns in geringerem Ansehen zu stehen, dürfte also unberechtigt sein . Wir werden dich vielmehr denen 20 vorziehen, denen dich nicht vorzuziehen ein Unrecht gegen dich wäre.
D och was sage ich ? Ich gebe dir (sogar) mehr von meiner (Zuneigung) als dem, von dem du sprichst, obwohl er mich mehr liebt. Wenn ich (hier) nämlich gerecht sein wollte, wärest du äußerst verärgert, weil du (dann) aus gutem Grunde ansehen müßtest, daß ich ihn vorziehe . Denn er schätzt mich mehr als seine eigenen Geschwister, und wenn er mich ehrt und mir mit allem, was er hat, zu Diensten ist, glaubt er mir noch (immer) nicht das erwiesen zu haben, was mir zukomme, sondern bedauert, daß er nicht 25 mehr zu tun vermag. Dir aber, der uns noch nicht so sehr liebt, sind wir
mehr zugetan; wir lassen dich von dem, was wir ihm verdientermaßen aufgehoben haben, zuerst kosten und sind bereit, um dir gefällig zu sein, gegen die Regel zu verstoßen. Wenn aber du fortan uns gegenüber unge recht bist, werden auch wir nicht bereit sein, dir unsererseits das zu erwei sen, was anderen zukommt, und werden dir fortan auch deinen Triumph nicht mehr gönnen, sondern du wirst zuschauen müssen, wie andere, 3 0 dank ihrer größeren Zuneigung zu uns, dir vorgezogen werden.
Du wirst aber gut daran tun, das Anvertraute 2 , das du mir nach deinen eigenen Worten zur Rückgabe sorgfältig aufbewahrst, zu hüten, wie du es versprichst. Wenn du nämlich zurückgibst, was du erhalten hast, bist du ein rechtschaffener (Mensch) und wirst viel Lob zu hören bekommen. Vielleicht aber werde ich dir auch noch mehr anvertrauen, wenn du deine redliche Gesinnung erwiesen hast. Wenn du es dir aber aneignest oder auch nur ein wenig davon wegnimmst, wirst du mich allerdings nicht 35
bestrafen, da ich über einen wohlhabenden3 Bürgen verfüge. Du aber wirst ihn als gerechten und strengen Mann kennenlernen. Jedenfalls kennst du seine Gerechtigeit und seine Macht.
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BRIEF T 0292
K I. OKyd: Da bei 'tTJv ClJtOÖrll.\,(av ( Z. 1 3 ) ein Zusatz wie !l0U oder oou fehlt, läßt sich das Won m.E. sowohl auf die Abwesenheit von E wie auch von Kyd. beziehen. Nun sagt aber Kyd. Z . 7 f., er halte sich bei einem anderen Freund auf (OUYYEvEo8m) . In Kombination mit dieser Stelle nehme ich an, daß cmoö'Y]!l(a sich auf den Aufenthalt des Kyd . an einem anderen On als Konstantinopel bezieht. Daraus ergibt sich die weitere Frage, wer der sehr gute, langjährige Freund ( Z . 7 f. ) an einem anderen On sein könnte. Meine Annahme, daß es sich um Francesco I. Gattilusio handelt, wird unter Xl begründet. Ich gehe entsprechend davon aus, daß Kyd. sich in Mitylene auf Lesbos befindet. E, OE: Aufgrund der Stichwörter « Rat» (Z.4), « Abwesenheit» ( Z. 1 3 ) und « Maß» (Z.27), die sich auch in dem in der Hs unmittelbar vorausgehenden Brief L264fT2 5 8 ( Z . 1 04 . 1 0 8 . 1 3 8 ) finden, nimmt Loenenz, mit Fragezei chen, an, der Adressat sei derselbe wie der von L264, Ioannes Asanes. Die beiden letzteren Stichwöner haben j edoch hier eine andere Bedeutung. Während sich 5. K 1. OKyd: Kyd. schreibt von seinem gewohnten Aufenthaltsort aus, wo Rhadenos ihn kürzlich besucht hat ( Z. 9 ) und bald wieder besuchen wollte (Z.9 f. ) . E, OE: Die Anspielung auf T2 84 (s.u., A. l ) beweist, daß es sich um denselben Empfänger an demselben Ort handelt. D: Siehe TinnFreund 223, A.62; 242, Nr. 47.
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
11. BKyd: Kyd. sieht sich durch das nicht eingehaltene Versprechen, im Frühjahr wieder zukommen, das Rhadenos bei seinem geradezu unhöflich kurzen ( Z.26!) Besuch im Winter
gab (Z.9 f. ), getäuscht (Z. 1 0 ); darüber zutiefst erbittert, will er nun noch entschiedener bei seinem Entschluß bleiben, die Korrespondenz mit ihm zu beenden ( Z. 1 2 - 1 6 ) , und verbittet sich daher auch seine Appelle, ihm zu schreiben ( Z. 1 6 - 1 8 . 3 8 ) . Rhadenos habe sich nun für das Verbleiben bei Kaiser Manuel entschieden, und so möge er auch bei ihm sein Glück finden ( Z.20 - 2 8 ) . Doch wirft er ihm zugleich vor, den « Freuden» beim Kaiser wie ein Sklave verfallen zu sein (Z.27) und nach ihnen gierig zu verlangen (XEX11vEvm, Z.29 ) . Zu der hier gegebenen psychologischen «Dreieckssituation» siehe TinnFreund 220. D afür bezeichnend sind auch die dem Kaiser gegebenen Epitheta «AUIl1tQ6�» ( Z.2 1 ) und « ayu86�» (Z.37), die zwar positiv klingen und doch ein Zeichen der Eifersucht sind, zumal Kyd. sich selbst zu den «einfachen Leuten» (tÖtün:m) zählt ( Z.23 f. ) , die mit einem Kaiser nicht konkurrieren können. BE: S.o., BKyd. Xl: Ein Kaiser ( Z.21 f. 37), bei dem Rhadenos sich aufhält, Manuel II. ZC: Es ist zwar von « Belagerung» und « Gefahren» die Rede (Z.2 8 ) , aber der Besuch des Rhade nos beweist, daß die Reisewege (zur See!) nicht behindert waren. Aus dieser Sicht ist auch die in T3 02 (Z.79 H.) von Kyd. angedeutete Erwartung, als Dolmetscher nach Thessalonike eingeladen zu werden, nicht unrealistisch. Ep1: Ein Brief des Kyd. an Rhadenos, der nicht ankam (Z.4 f. 1 0 - 1 2 ) TinnFreund 242, Nr. 45, zu datieren auf ca. März 1 3 85 . Ep2: Ein Brief des Rhadenos an Kyd., in dem dieser ihn zum Schreiben aufgefordert ( Z.4 f. 1 7 f. 3 8 ) =
und Freude a n seinen Briefen bekundet hatte (Z.23 - 2 5 ) TinnFreund 242, Nr. 46. III. Hss: A 34r v, Nr. 1 0 ; U 47V-48\ Nr. 64. IV. 1 S.o., T2 84, Z. 1 0 - 1 3 .23 - 27. 2 Zum Schweigen der Pythagoreer s.o., Bd. 111 , T30, A.2. =
3 W.: XOQllYov EXWV 'tOV AUIl1tQOV ßUOLAEU. Man würde mit Bezug auf das vorausge hende iP eigentlich EXOV'tl erwarten. 4 Kyd. bezieht sich auf den Entschluß, nicht mehr zu schreiben. Das hier mit «umstim men» übersetzte X(VEL gehört zu dem in A.5 erklärten Sprichwort. 5 Anspielung auf das Sprichwort Mi] XLVELV XUXOV Ei; XE(IlEVOV « <Es ist besser, ein Ü bel, das gut festliegt, nicht in Bewegung zu setzen » ) . Gemäß Paroem 11 39, Nr. 23 ist es auf Menschen zu beziehen, die sich aus Unwissenheit in Schwierigkeiten verstricken (E1tL'twv EmJ1:0L� ES ayvo(u� 1tQa.YIlUW EYELQ6v'twv) . Vgl. die deutsche Redensart: « Nur j a nicht daran rühren! » So soll auch Rhadenos seinen Mentor Kyd. fortan in Ruhe lassen, um sich Kummer zu ersparen.
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L: 304; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Thessalonike; D: Mai/Juni 1 3 85; wI: Manuel habe ohne die Hilfe anderer einen Brief von hoher stilistischer Vollkommenheit geschrieben und damit bewiesen, daß er zugleich Kriegsheld und Schriftstel ler sein könne; doch solle er nun seinen rhetorischen Ehrgeiz zügeln und sich voll auf den Kampf gegen die Türken konzentrieren.
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BRIEFE
n 03-304
Ich freute mich, als ich d en Brief las, d a ich erkannte, d aß meinen Landsleuten noch di e Fähig keit zur schönen Red e erhalten gebli eben i st.
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Denn i ch w ar überz eugt, entw ed er einer von di esen habe i hn g anz verf aßt oder er enthalte vi el von anderen, di e di r beim Auffinden u nd Zu samm en f ügen d er Wortel behilflich waren. Denn d aß du i hn selbst g eschri eben hättest - leichter stellte ich mir vor, du könntest f li egen als d azu imstande sein! Da allerdi ng s di e ehrwürdig ste d er Kaiserinnen bezeugt, j ener ( Bri ef ) sei di e alleinig e g ei stig e Lei stung i hres Sohnes, und da der Ü ber- 1 0 bring er schw or, d u hättest bei d er Arbeit a n di esem Brief keinen Helfer gehabt, hörte i ch auf, mi ch (nur) zu freuen und beg ann zu staunen, wei l ich in g anz kurzer Zeit bei dir ei nen (so) großen Fortschritt in d er Wort kunst2 beobachten konnte. Denn du hast zweifellos so sehr, als wärest du bei Hermes selbst in di e Schule g eg ang en, in d er Rhetorik d azugelernt3, so d aß ich d enen nicht g lau ben konnte, di e behaupteten, d aß du d ein Leben (zuglei ch) unter Waff en, in kri eg eri schen Aus ei nand ersetzungen und in einem solchen Labyrinth von M ühsalen verbring st. Denn di e 1 5 Schönheit d es Bri ef es kündete laut, d aß sein Verf asser in ti ef er Seelenruhe lebe. Dies also w ar d er Vogel des Zeu s, u nd (um ihn) di e verg eblich kräch zenden Vög el, w obei Pindar d as eine auf di e Natur, das andere auf di e (erlernte) Kunst bezieht4• Denn du hast, allein au s der Natur schöpf end, wi e ein Vogel viele hi nter di r g elassen, di e nur mit rhetori scher Technik den Lauf d er Worte zu vollenden su chen. Ich aber w ürde dir di e Sprachg e- 20 w alt eines Demosthenes w ünschen und m öchte ( erleben), d aß du für d eine öffentli chen Reden Beif allsstürme erntest. Ni chts i st ja stärker, nichts be g lückender als ein M ann kaiserli chen Ranges, d en G ott in d er Öffentlich keit mit Worten krönt5. Denn durch diese ni cht wenig er als durch Waffen unterwirft er seine Wid ersacher; mit Hi lf e beider aber könnte m an sog ar Babyi on und Nini ve6 erobern, und wer mit ihnen ausgerüstet i st, wi rd die 25 M ehrheit (der M enschen) u nd (gerade) di e Fähig en zu seiner Dienerschaf t zählen. Wi e aber beid es sich ( nur) schwer bei einem M anne vereint, so i st es ( noch) schw erer, beide zugleich zu mei stern. Wenn es (dir) also m ög lich i st zu reden, ohne di e Zeit für d as dringend Notwendig e zu beschneid en, nutze deine Beg abung, di e di r in vi eler Hinsicht nütz en kann. Wenn aber di e Zeit f ür beid es ni cht reicht, d ann gi bt es - bei G ott - zum Red en and ere g ünstig e Geleg enheiten, di e ( G egenw art) aber sollte g anz den Ope- 30 rati onen g eg en di e Feinde g ewidmet w erden. Denn allen i st es wi chtig er, sich i hrer Bedränger zu entledigen, als d as Ang enehm e zu g eni eßen. Wi e
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
du also auf and eres verz ichtest, was d ich begeistern oder d einen Ruhm mehren könnte, so züg le au ch die ( an sich) gute Begierde und enthalte d ich jetzt auch d er Red en. Wenn aber G ott es dir verliehen hat, an seinen Feind en7 für ihren Frevel d ie verd iente Strafe zu vollz iehen, d ann gib d ich 35 d er Red ekunst hin, singe ( Sieg eslieder) und labe d ich reichlich an ihr bei
Tag und bei Nacht . Vielleicht aber w erd en auch wir d abei zugegen sein, wenn du uns am Fest schmaus t eilnehmen lä ßt . K I. OKyd: Kyd. befindet sich am gewohnten Aufenthaltsort, fern von Kaiser Manuel (Austausch von Briefen, ZA; Hoffnung auf ein Wiedersehen, Z. 3 6 ) . E, OE: Ein Mann kaiser lichen Ranges ( uvY]Q ßamAEv�, Z.22 ), der gegen gottlose Feinde zu kämpfen hat (Z.30.34), zweifellos Manuel in Thessalonike. D: Der Brief kann nicht später als Juni 1 3 85 geschrieben sein, aber auch kaum vor Mai, denn in einem nicht lange vor 2 8 . 6. 1 3 8 5 geschriebenen Brief, T3 0 8 , nimmt Kyd. die hier ausgesprochene Mahnung, Manuel möge sich auf den Krieg konzentrieren, mit Bedauern zurück. 11. BKyd, BE: Kyd. lobt zwar die rhetorischen Fortschritte des Kaisers, zeigt sich aber in beinahe herablassender Weise darüber verwundert ( ZA - 1 3 ) , weil zu gleicher Zeit an die Verteidigungsbereitschaft des Kaisers hohe Anforderungen gestellt würden ( Z. 1 3 - 1 6 ) . Er lobt es zwar, daß Manuel militärische und rhetorische Begabung in sich vereinigt ( Z. 1 6 - 27), ermahnt ihn aber, in der gegenwärtigen Situation seinen rhetorischen Ehrgeiz zu zügeln und sich in vollem Umfang den militärischen Aufgaben zu stellen ( Z.27 - 3 6 ) . Im ganzen läßt der Brief trotz seiner enkomiastischen Tendenz eine gewisse Gereiztheit des Verfassers spüren. Man vergleiche T265, wo Kyd. den Kaiser ebenfalls für die Verbindung beider Fähigkeiten preist, sich aber noch nicht in so auffallender Weise darüber wundert und auch nicht zur Mäßigung im rhetorischen Eifer mahnt. Vermutlich ist es die inzwischen schon lange an dauernde Belagerung Thessalonikes, auf die Kyd. allmählich mit Ungeduld reagiert, wie sie auch die vorausgehenden Briefe an Rhadenos erkennen lassen. Xl: Die ehrwürdigste der Kaiserinnen (Z.8 f. ) , Helene Palaiologina, Mutter Manuels 11. ( PLP 2 1 3 6 5 ) . X2: Der Über bringer von Manuels Brief an Kyd. (Z.9 f. ) . ZC: Thessalonike wird nach wie vor von den « Gottlosen» ((UJEßEL�, Z.34) bedroht; die prekäre Situation fordert alle militärischen Kräfte ( Z.29 - 3 3 ) . Ep: Kyd. lobt einen stilistisch vollendeten Brief des Kaisers, den er soeben erhal ten hat ( ZA - 1 5 ) . Der Brief findet sich nicht in der Briefsammlung Manuels (LetMan) . III. Hss: A 34v - 3 s r, Nr. 1 1 ; U 48v- 49v, Nr. 65. IV. 1 Auffinden, gr. EÜQEm�, lat. inventio; Zusammenfügen, gr. Ouv8�'Kr], lat. compositio, rhetorische Begriffe. 2
W. : f,lEyaA'Ylv . . . JtQo� A6you� EJt(ÖOOLV.
3 4
W. : 'tÜ 'tEXVl] nQooE81'pELA.WV <j>oguv. Zum Topos der Epistolographie: Bd. 11 243, Index, s.v. Steuer. Belege für <j>ogu aus Bd. lI: T l 72, A. 1 ; T 1 76, Z.5; T 0 1 85, Z.6; T202, A. 1 ; T 022 1 , A. 1 . 3 W. : xmaßoA.ft. Ü bersetzung gemäß LSc, s.v., III (periodical attack o f illness; s o auch DenReign 1 1 1 , aber « periodic » ) . 4 W. : 'tov 'tfj� <j>UOEW� rr;OA.E!!OV, mit Bezug auf den Krieg zwischen Verwandten, hier Vater und Sohn (s.o., D ) . 5 Ioannes V.
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-
AN KAI SER MANUEL
L: 3 0 9; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos; OE: Thessalonike; D: Juni 1 3 85; wI: Kydones bedauert die in einem früheren Brief geäußerte Mahnung, Manuel möge wegen der kritischen Situation Thessalonikes seinen rhetorischen Ehrgeiz zügeln und sich auf die Verteidigung der Stadt konzentrieren; er sei tatsächlich fähig, bei dem gleichzeitig gerecht zu werden. Andererseits weist er Manuels Appell, Konstantinopel in diesen schwieri
gen Zeiten nicht zu verlassen, wiederum zurück, weil er keine Chance mehr sieht, sein eigenes Konzept einer konsequent antitürkischen Politik durchzusetzen, und sich von einflußreichen Gegnern verdrängt und bedroht fühlt.
Ich wußte es auch selbst, daß du mit Vernunft die (Kunst der) Worte pflegst 1 und niemals auf der Jagd nach ihnen dein Bemühen um das Wohl
5
der Städte einschränken würdest. Wie hättest du dich auch anders verhal ten können, ein Mann, der das volle Ausmaß (seines Wesens) mehr im Tun als im Reden zeigt, wie du selbst es als erster (einmal) gesagt hast ? Aber mich hat die Schönheit deines Briefes2 verleitet, das später zu verges sen, was ich zuvor recht gut gewußt hatte. Denn wer, der ihn las, hätte bezweifelt, daß er mit großer Mühe und Sorgfalt verfaßt war ? So schön 1 0 wäre er nicht einmal zahlreichen (Verfassern) nach vielen mühevollen rhe torischen Studien gelungen ! Verzeih also , wenn ich im Hinblick auf un sere allgemeine Verzagtheit und in der Annahme, auch du könntest den (Anforderungen des) Krieges und der Rhetorik nicht (gleichzeitig) gerecht werden, dich zu ermahnen wagte 3 , in einer Situation, die schnelle (Ent scheidungen) erfordert, auf jegliche literarische Betätigung zu verzichten,
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
da man die (rechten) Worte nicht sammeln kann, wenn man nicht seine 15 volle Zeit dazu aufwendet, zumal ich auch um die Vaterstadt fürchtete,
es werde etwas, was sie betreffe, versäumt, überzeugt, daß allein dein sorgendes Bemühen sie Rettung erhoffen läßt. Aber darüber wirst du selbst mit dir besser zu Rate gehen und für die Zeiteinteilung nichts Schlechteres verordnen4 als Hippokrates für den Körper. Die Mahnung aber, zu bleiben und nicht zu verreisens , ist als solche gut, ein Ratschlag, wie er einem Kaiser und Rhetor vor allem ansteht. 20 Denn ein Redner hätte so (wie du) keinen Mangel an vielen schönen
Worten, wenn er Bürgern riete, das Schicksal ihrer Vaterstadt auf sich zu nehmen, und welche passenderen Reden könnte sich ein Kaiser, dessen Amt es ist, die Städte zu schützen, ausdenken, als Mahnungen an die Bürger, in den Städten zu bleiben und sich nicht vorzeitig den Gefahren zu entziehen, sondern es höher zu bewerten, sie mit ihm durchzustehen, 25 als in der Fremde führende Positionen einzunehmen? (Nun) gabst du also
auch selbst einen solchen Rat und hast dabei große Redekraft, als Kaiser aber auch großes Wohlwollen für die Städte bewiesen; zugleich aber hast du gezeigt, daß du nicht mehr um den guten Ruf der Bürger als darum besorgt bist, was dir selbst förderlich ist. Denn die Entvölkerung der Städte zu verhindern, ist für die Kaiser von höchstem Nutzen, wenn sie 30 denn der Menschen bedürfen, über die sie herrschen können. Kurz gesagt,
wenn du so redest, scheinst du überzeugender als j eder Redner zu spre chen. Der Ratgeber muß sich j edoch auch in die Situation dessen hineinden ken, dem der Rat gilt; denn oft ist wohl das, was gemeinhin nützlich erscheint, im Hinblick auf konkrete Personen als schädlich zu beurteilen. So hat zum Beispiel mancher, der seinen Eltern nicht gehorchte, oft (schon), anstatt Strafe verwirkt zu haben, wie es jeder Gesetzgeber will, 35 sogar einen Ehrenkranz erhalten; denn anscheinend war es ihm erlaubt
zu behaupten, das Gebot der Eltern stehe dem Gesetz entgegen, und so, was wie Willkür aussah, als rechtmäßig zu erweisen6 . Umgekehrt wurde ein anderer, der einem Armen Wohltaten erwies, statt den erwarteten Lohn (zu erhalten), wie ein Räuber bestraft, weil er vielleicht mit der Gabe für den Armen das Lob der Zuschauer erkaufen wollte . Kurzum, 40 bei Ratschlägen hat das, was man Umstände nennt, großes Gewicht für
beide Seiten, und wenn einer, der (zu etwas) überreden will, sie mißachtet, nur Zustimmung zu dem einfach Gesagten verlangt und glaubt, daß dies
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BRIEF
T30 8
allen Nutzen bringe, kann er (damit) denen, die ihm gehorchen, vielfa chen und großen Schaden zufügen. Denn der Ratgeber hat nicht schlecht hin Menschen zu belehren, sondern Athener oder Lakedaimonier, Junge oder Alte, Weise oder Einfältige, und seine Aufmerksamkeit auf ihre j eweilige Situation zu richten; sonst würde er sich zwar im allgemeinen 45 als Redner bewähren, weil er aber den speziellen Fall und den Zweck seiner Rede unberücksichtigt läßt, mit seinem vorgefaßten Ratschlag un gewollt den größten Schaden anrichten. Dies ist auch die Ursache dafür, daß deine Ermahnungen, die das Vaterland betreffen, bei mir ihre Wir kung verfehlen. Denn ich weiß ja auch selbst, daß ich einer heiligen (Pflicht) nach komme, wenn ich mein Vaterland liebe und ihm nach Kräften treu bleibe, zumal, wenn es der Hilfe bedarf. Man sollte aber mit Gründen zu seinen 50 Gunsten nur argumentieren, wenn auch das Vaterland dies will und es den Rat, der ihm förderlich ist, erträgt, nicht aber, wenn es einen solchen Ratgeber beschimpft, ausschließt und verj agt und ihm für seine freimütige Rede Gefahr androht, j a sich denen ausliefert, die eher Politik zugunsten der Feinde als zu seinem Nutzen betreiben, und die Rednerbühne mit Schmeichlern und ehrlosem Gesindel bevölkere; denn wer wird einem 55 solchen (Vaterland) nicht (gern) den Rücken kehren, dem der beste Ratge ber nichts nützen kann ? Ist ein solcher doch nur noch dem Gespött von Banausen und der Willkür von Verleumdern preisgegeben, weil der Schmeichler, der Käufliche, der Sklave 8 über ihn, aber auch über alle guten, vernünftigen, freiheitlich gesinnten Männer, herrschen und ihnen 60 Befehle erteilen wie Knechten, das gemeinsame Vermögen der Stadt skru pelloser herunterwirtschaften, als wäre es ihr Privatbesitz, mit Gewalttä tigkeit, Unvernunft und Leichtsinn alles in Unordnung bringen und schließlich auch die ganze Stadt wie ein Schiff, das wegen der Unerfahren heit und Unfähigkeit der Seeleute untergeht, in grausame Sklaverei sto ßen ! Möchte uns doch dies j etzt nicht treffen, ERLÖSER! Doch die Tatsa chen erheben beinahe (selbst schon) ihre Stimme und kündigen die kom mende Katastrophe an; ihnen widerspricht niemand, der aus vernünftiger 65 Überlegung die Zukunft voraussehen kann . Dem also, der von einem solchen Wirbel widriger Umstände umgetrie ben wird, befiehlst du,
0
Kaiser, auszuharren, die täglichen Pöbeleien zu
ertragen, a bzuwarten, wann er zu guter Letzt versklavt wird, und nur darin, daß dies im Einklang mit dem Willen seines Vaterlandes geschieht,
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
ein Heilmittel seiner Schmach zu sehen 9 ? Ich würde aber, wenn mich 70 j emand überzeugen könnte, daß (mein Vaterland) auch nur halbwegs zu
Verstand kommen, diese Verrückten verabscheuen und sich den Gerech ten, die das ihm Zuträgliche suchen, anschließen werde, lieber als allen (anderen) deinen Worten gehorchen und glauben, daß dein Ratschlag der Stadt förderlich ist. Wenn aber kein Ende ihrer Krankheit abzusehen, son dern zu befürchten ist, daß allein der Tod ihr Befreiung aus ihrer verzwei75 felten Lage bringen wird, warum versuchst du einen Menschen zurückzu
halten, der (zur Änderung) der Verhältnisse nichts Förderliches beitragen, sondern nur selbst darin untergehen und sich obendrein zu allem Übel noch den Ruf der Gleichgültigkeit zuziehen wird ? Ziehe dies in Betracht, o Kaiser, und (prüfe), ob ich, wenn ich bleibe, dem Vaterland nützen kann. (Dann) rate, j a befiehl mir, und du wirst mich deinen Ermahnungen wie einem Orakel folgen sehen. Wenn man aber sogar einen Propheten, 80 wollte er solches behaupten, für einen Schwätzer hielte, ich selbst a ber
(dir) etwas (Zutreffendes) zu sagen scheine und du es als unzumutbar beurteilst, (dort) auszuharren, wo ein ehrloser Tod zu erwarten ist, ver zeih, bei Gott, dem, der lieber in Ehren leben als schmachvoll sterben will ! Denn das haben ich und alle beim gegenwärtigen Stand der Lage zu gewärtigen, zumal nunmehr zu den Kriegen gegen äußere (Feinde) auch der innere Zwist hinzukommt. Schon früher hat unser aller gemeinsame 85 Sündenschuld bewirkt, daß er über alle Verderben brachte, ihn j etzt (aber)
zur heillosen Katastrophe werden lassen. Wird doch hier die Natur miß achtet, Verwandtschaft ist nur noch ein Wort1 0 , und nur der Verrat an den eigenen Stammesgenossen und Mitbürgern kann (noch) eine Über lebenschance bringen. Diese (Vorgänge) hätten auch j etzt beinahe alles zerstört, hätte nicht Gott das Gebot, das er zugunsten der Eltern gegeben hat, als gültig erwiesen und den Kaiserl l mit den anderen vor schmach90 vollem Tod bewahrt. Ist also meine Flucht (doch) entschuldbar, und bin
ich kein ausgemachter Feigling, wenn ich solchen Schwierigkeiten ent fliehe ? Ich füge aber noch eines hinzu und hoffe damit auch bei dir Gehör zu finden: Rede mir nicht zu, Übel zu ertragen, denen du selbst dich entzogen hast. Denn weder erscheinen sie mir j etzt erträglicher als damals dir - das Unheil nimmt ja täglich zu - , noch bin ich mehr (als du) ver pflichtet, sie auszuhalten, zumal ich gewiß auch nicht tapferer (als du) bin, der du alle j etzt (Lebenden) an Tapferkeit übertriffst! Wenn also der 95 Diamant nachgegeben hat, wie darf man das Wachs tadeln ?
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BRIEF T308
In den Hss BLHm (deren Überlieferung auch sonst zahlreiche kleinere Abweichungen vom A U-Text aufweist) findet sich ab Z.48 ein wesentlich kürzerer Schluß des B riefes, in dem Kyd. auf eine Begründung seiner von Manuels Wünschen abweichenden Entscheidung verzichtet. Es handelt sich wohl um eine ältere Fassung, weil der A U-Text die Gründe auf zählt, deren Angabe hier noch als schwierig bezeichnet wird. Sie wird im folgenden gemäß der separaten Edition von Loenertz (L3 09 ") übersetzt.
Denn ich weiß ja auch selbst, daß ich einer heiligen (Pflicht) nach komme, wenn ich mein Vaterland liebe und ihm nach Kräften treu bleibe, zumal, wenn es der Hilfe bedarf. Es gibt aber andere (Gründe), die auch
5
mich 12 daran hindern, ihm diesen Dienst zu leisten. Sie aufzuzählen ist schwierig, und sich über sie hinwegzusetzen ist unmöglich. Da sie also (nun einmal) bestehen, kann ich allenthalben mit viel Verständnis rech
nen1 3 , falls ich dem Vaterland nicht den geschuldeten Dank abstatten könnte. Ich sage aber nur noch eines 1 4 und hoffe damit auch dir etwas zu erklären: Rede mir nicht zu, Übel zu ertragen, denen du selbst dich
entzogen hast. Denn weder erscheinen sie mir j etzt erträglicher als damals 1 0 dir - d a s Unheil nimmt j a täglich zu - , noch b i n ich mehr (als du) ver pflichtet, sie auszuhalten, zumal ich gewiß auch nicht ausdauernder (als du) bin, der du alle j etzt (Lebenden) an Tapferkeit übertriffst ! Wenn also der Diamant nachgegeben hat, wie darf man da das Wachs tadeln ? K I.
OKyd: Kyd. deutet an, daß Manuel selbst den Ort verlassen hat, an dem er sich
aufhält (Z.9 1 ) , sc. Konstantinopel (s.o., T23 3 , BE). OE: Die Vaterstadt des Kyd. (Z. 1 5 ) . D: Gemäß Z.84 (mit Z. 8 6, S.u., A . I 0 ) befindet sich Kaiser Ioannes V. mit seinem Sohn Androni kos im Bürgerkrieg. Die auf einige Zeit vor 2 8 .6. (Todesdatum des Andronikos) des Jahres 1 3 8 5 zu datierende Schlacht bei Melitias (s.o., T3 07, D) zwischen Ioannes V. und seinem Sohn hat bereits stattgefunden ( Z. 8 8 f. ) . II. BKyd: Kyd. entschuldigt sich für seine Mahnung i m Brief T3 04 (s.u., A . 3 ) , Manuel möge sich auf die Verteidigung Thessalonikes konzentrieren, und gesteht ihm zu, daß er fähig sei, literarische und militärische Aktivitäten erfolgreich miteinander zu verbinden (Z.4- 1 8 ) . Manuels Appell, e r möge Konstantinopel i n dieser schweren Zeit nicht verlassen, weist er jedoch abermals (s.o., T306, BKyd) zurück ( Z. 1 8 - 50 ) , weil er sich von seinen eigenen Mit bürgern abgelehnt sieht, die auch nicht bereit sind, seine politischen Ratschläge anzunehmen. Kyd. denkt hier wohl an sein - allerdings bislang gescheitertes - Konzept, das er bereits in der Rede « Pro subsidio Latinorum» (s.o., Bd. 111, 65, 1 . 3 .4) dargelegt hatte, die Türken mit abendländischer Hilfe zu bekämpfen. Nun sind Leute an der Macht, die eine Politik der weitgehenden Unterwerfung unter die Türken betreiben und ihn als deren erklärten Gegner
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
anfeinden (Z.50 - 8 3 ) . Als weiteren Grund, warum er Konstantinopel verlassen will, führt er noch den Bürgerkrieg an (Z. 8 3 - 90; s.o., D) und beruft sich schließlich darauf, daß auch Manuel sich einst von dort entfernt habe (s.o., OKyd ) . Xl, X2: Kaiser Ioannes V. und sein Sohn Andronikos werden nicht ausdrücklich erwähnt; siehe aber oben, D. Z C: S.o., D, BKyd. Ep 1 : S.u., A.2 und 3 .
III.
Hss: A 1 1 Y- 1 14r, Nr. 1 ; U 222r-224v, Nr. 224; B 240v-24 F, Nr. 92; L 1 3 0r- 1 3 F,
Nr. 19; Gruppe H, Nr. 1 0 ; m, Nr. 4 ( die Edition gibt Nr. 8 an, was aber offensichtlich ein Irrtum ist, da Matthaeis Nummer sonst mit der von m übereinstimmt und Nr. 8 im übrigen dem Brief L262 T265 entspricht; siehe dort, Hss ) . Ed: Matthaei 1 776, 3 6 - 3 8 , Nr. 4. - G. Jorio, L'epistolario di Demetrio Cidone. Preparazione ad una completa e critica edizione, Studi italiani di filologia classica 4 ( 1 895) 270 - 2 72. Jorio ediert nacheinander die kürzere Version und die Langversion ab Z.4 7 (Loenertz), um zwei von Kyd. selbst verfaßte Versionen eines Briefes vorzustellen. - KydEpCam Nr. 27. Üb: KydEpCam Nr. 27 (frz . ) ; DenReign 1 1 1 ( Z. 8 3 - 89, engl . ) . I V. 1 W. : IlE"tCt A.6you LOU� AOYOU� IlHEQXtl. D a s griechische Wortspiel läßt sich i m Deutschen nicht nachahmen. 2 Gemeint ist der oben, T3 04, unter Ep erwähnte Brief. =
3 4
Anspielung auf die oben, T3 04, unter BKyd, BE zusammengefaßten Ausführungen. W. : LOi:� xatQoi:� ÖtatT�OEt�. Kyd. hofft, daß der Kaiser sich selbst die rechte Zeiteintei-
lung wie eine ärztliche Diät verordnen wird. 5 Vgl. T306, Z.5 7 f. 6 Eine bemerkenswert «modern» klingende Relativierung der Gehorsamspflicht. 7 In der Edition sind die Passagen « wenn auch das Vaterland will . . . » und ab « (wenn) es den Rat . . . » bis hier in Anführungsstriche gesetzt. Da es sich aber nicht um ein Zitat handelt und der Grund für diese Schreibung nicht recht ersichtlich ist, werden sie für die Übersetzung nicht übernommen. 8 W. : 6 OlXOTQt1.jJ ( der im Hause geborene Sklave) xul TO avöQarwöov, wohl als Syn onyme zu verstehen, daher als Hendiadyoin « < der Sklave » ) übersetzt. Kyd. denkt wohl vor allem an die sklavische Gesinnung der herrschenden Clique, die bereit ist, sich den Türken zu unterwerfen. 9 Es ist ein schwacher Trost « < Heilmittel » ) , daß die drohende Sklaverei der Entscheidung des Vaterlandes ( seiner Mitbürger) entspricht. 10 Anspielung auf den Krieg zwischen Vater und Sohn ( wie T3 07, A.4 ); s.o., D. 1 1 Ioannes V. =
12 W. : xul EilE. Kyd. will wohl durch « auch» andeuten, daß er nicht der einzige ist, der Gründe, hat Konstantinopel zu verlassen. 13 Hier ist auch die Ü bersetzung möglich: « . . . fühle ich mich in j eder Hinsicht weitge hend entschuldigt » . 14
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A b diesem Satz entspricht der Text fast wörtlich der Langfassung, Z.90 -95.
BRIEFE T308 - 309
309 L: 3 1 3 ; OKyd: Konstantinopel; E: Theodoros 1. Palaiologos, Despot von Morea; OE: Mistra, Peloponnes; D: Mai/Juni 1 3 85; wI: Theodoros hat als Entschuldigung für versäumtes Schreiben die vorausgehenden Kämpfe mit abendländischen Feudalherren der Peloponnes angeführt, Kydones aber seinerseits allzu langes Schweigen vorgeworfen. Dieser beteuert, ihm mehrfach geschrieben zu haben, und bekundet, die ständige Bedrohung Konstantinopels durch die « gottlosen» Türken und der noch andauernde Bürgerkrieg zwischen Ioannes V. und seinem Sohn Andronikos bedeuteten eine wesentlich stärkere Behinderung des Schreibens als die eher sporadischen Kriege, die der Despot mit seinen christlichen Nachbarn zu führen habe.
Wenn ich behauptete, daß ich dir oft geschrieben, aber von dir nichts erhalten habe, wüßte ich, daß ich ü ber mein Tun wahrheitsgemäß berich-
5
ten würde . Viele aber werden vielleicht lachen und sagen, daß auch ich das vorbringe, was üblicherweise Leute erzählen, wenn sie ihre Freunde mit Schweigen bedachten. Sie begnügen sich j a oft, wenn sie nachlässig gewesen sind, mit einer Lüge und behaupten, geschrieben zu haben, was sie nicht geschrieben haben. Deshalb will ich mich auf diese Weise j etzt nicht bei dir entschuldigen, wenn du mein Schweigen tadelst, obwohl viele Überbringer meiner Briefe es mir bezeugen könnten und die Briefe 1 0 noch von vielen aufbewahrt werden \ i n denen wir dir für deine freundli che Bemühung um unseren verstorbenen Verwandten2 unseren D ank aus sprechen, und auch dafür, daß wir nach deinem Willen das, was du ihm zugewandt hattest, erben sollten. Es war aber dort auch die Rede von
dem Plutarch3 und daß wir nicht Arkadien verlangten\ als wir darum b aten und sagten, die Handschrift würde besser denen gegeben, die sie 1 5 (auch) b enutzten, sollte aber nicht nur so a l s Kostbarkeit herumliegen, aufbewahrt für Leute, die mehr vom Ziegenhüten als vom Lesen verste hen. Dies also lasse ich beiseite, denn es ist ausreichend bewiesen, daß wir nichts von dem, was wir (dir) schuldig waren, unterlassen habenS. Ich glaube aber, es wird mir zur Verteidigung der Vorwand genügen, den du selbst für dein Schweigen uns gegenüber ersonnen hast, ein schöner, wie mir scheint, der außer seiner Überzeugungskraft auch noch Tapferkeit 20 zur Schau stellt. Wer nämlich Waffen, Kriegen und vielerlei Sorgen die Schuld für sein Schweigen gibt, hätte Grund genug, auch denen, die in gleicher Weise geplagt sind, zu verzeihen. Denn nicht gemäßigter als die Feinde aus dem Abendland6 sind die aus dem Osten anstürmenden Türken, und als Gottlose? sind sie nicht weni-
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
ger als die Christen zum Unrechttun entschlossen, zumal sie sich allein 25 mit dem Schwert ihren Lebensunterhalt sichern. Auch können wir den
Kampf gegen diese beiden (Gegner) nicht auf die gleiche Stufe stellen. Vielmehr habt ihr gegen die eurigen nur wenig zu kämpfen; über die meisten (Streitfragen) könnt ihr euch gütlich einigen. Schließlich habt ihr ja (mit ihnen), was euch heilig ist und den Glauben gemeinsam, ferner Gesetze, Eheriten und Gebräuche, und mit wenigen Ausnahmen könnte man bei euch beiden dasselbe finden. Mögt ihr auch miteinander im Streit liegen, so vereinbart ihr (doch) häufig eine Waffenruhe; ihr haltet so die Dauer der Kriege in Grenzen und nehmt ihnen durch immer neue Ver30
träge ihren unleidlichen Charakter. Selbst wenn die Gegenseite besiegt wird, sind die Sieger damit zufrieden, wenn die Unterlegenen ihre Nieder lage eingestehen, und gewähren im übrigen reichlich Schonung und Er b armen. Unsere Beziehung zu den Gegnern hingegen ist davon ganz ver schieden. Denn welch größerer Gegensatz ist denkbar als der zwischen unserer Mäßigung und ihrer Ausschweifung? Was steht in stärkerem Wi derspruch zu unserer alltäglichen Lebensweise als das, was j ene treiben ?
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Ferner ist bei uns alles durch die besten und gerechtesten Gesetze geord net, bei ihnen aber scheint statt der Gesetze das zu gelten, was sie beim Trinkgelage beschließen, und überhaupt könnte man bei uns nichts fin den, was mit ihren (Traditionen) übereinstimmt; es ist dies vielmehr der ständige Krieg der Rhomäer gegen die Barbaren, den die Natur von j eher beiden wie ein Schicksalslos zugeteilt hat. Wodurch wir a ber am meisten
40 getrennt sind, das ist der Glaube an Gott, den wir verehren. Sie aber
haben nicht einmal eine Ahnung von ihm, sondern richten mit ihrem Geschwätz (über ihn nur) Verderben an, liegen mit denen, die sie nicht überzeugen können, ununterbrochen im Kampf und wähnen Gott durch deren Ausrottung zu ehren. Wem von beiden also würde man leichter verzeihen, wenn er wegen kriegerischer Auseinandersetzungen seine Freunde vergißt? Euch, die ihr gelegentlich mit Gesinnungsgenossen 8 zu 45 kämpfen habt - was eher einer Fehde als einem Krieg ähnlich sieht - ,
oder uns, die wir den Krieg, selbst wenn wir wollten, nicht beenden könn ten, euch, die ihr ehrgeizig mit denen um das wenige Land kämpft, die es euch streitig machen, oder uns, deren voller Herrschaftsanspruch gegen die, welche danach trachten, zu verteidigen ist, und außerdem Heiligtü mer, Gräber, Gesetze, unser Andenken in der Nachwelt und die noch verbliebenen Hoffnungen ? Dabei will ich noch gar nicht von dem Krieg
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BRIEF
T309
reden, den wir intern untereinander austragen, der die natürlichen 50 (Bande) zerrissen 9 , alle gegeneinander bewaffnet und den grundsätzlichen Bestand der STADT gefährdet hat. Wenn also der rings tobende Krieg euch als Entschuldigung gilt, sind aus demselben Grund auch wir um so weniger zu tadeln, je grausamer das wilde Tier ist, das uns umschlungen hält. Dennoch wollte ich keinesfalls unter Berufung auf Zeitumstände oder Schwierigkeiten etwas von dem versäumen, was dir zusteht, und (in der 55 Tat) bin ich - wenn du mir glaubst - niemals den Briefzoll schuldig geblieben, wenn ich j emanden hatte, der zur Peloponnes segeln wollte ! Denn aus liebevoller Zuneigung für dich, die stärker ist als meine Sorge um andere Dinge, konnte ich nicht in Trägheit verharren. Weil aber du mich weniger liebst, hast du dich, wie mir scheint, zur Genüge verteidigt, indem du das Gesagte vorbrachtest. Denn es wäre j a ungerecht, die freundschaftliche Gesinnung, die wir für euch verspüren, auch von euch zu fordern. Sonst sähe es j a so aus, als wollten wir uns ehrgeizig mit 60 Despoten auf eine Stufe stellen. Wäre aber eure Zuneigung dieselbe, dann sähe es so aus, als wäret ihr die Unterlegenen, die ihr doch in allem Sieger bleiben wollt und rückhaltlose Liebe wie Knechtschaft scheut. Soviel also dazu, und vielleicht (habe ich es) in angemessener Weise (gesagt) . Als wir aber hörten, daß ihr eine Waffenruhe vereinbart habt und die einst (so) Hochmütigen, durch Erfahrung klug geworden, (nun) deinen Befehlen gehorchen, freuten wir uns, nicht nur, weil der Friede für die 65 Städte kostbar ist, sondern weil es auch uns einen Vorteil bringen wird, wenn du von den Wirren befreit bist. Denn wenn du Ruhe hast, wirst du vielleicht auch an uns denken und uns Briefe zukommen lassen, die uns willkommener als alles sind! K I. OKyd: Anspielung auf den Bürgerkrieg (Z.49 f. ) ; s.o., T3 0 8 , D. E, OE: Ein Despot (Z.60) auf der Peloponnes (Z.5 6 ) . Es kann sich im fraglichen Zeitraum nur um Theodoros I. (PLP 2 1460) handeln. Vgl. auch die im vorausgehenden Brief an diesen (T273 ) behandelten Parallelthemen: Erwähnung des Verwandten (hier Z.12, dort, siehe X l ) und der Plutarch handschrift (hier Z . 1 3 - 1 6, dort, siehe BKyd ) . D: Aus der Erwähnung des andauernden Bür gerkrieges zwischen Vater und Sohn Palaiologos ( Z.49 - 5 3 ) ergibt sich wieder der terminus ante quem 2 8 . 6 . 1 3 8 5 (s.o., T306, D ) . Da allerdings nicht, wie in T3 07 und T3 08 (s. dort, D ) , von dem Waffenstillstand die Rede ist, kann der Brief auch bereits im Mai verfaßt sein. 11. BKyd: Kyd. hat die in T273 und in den nicht erhaltenen folgenden Briefen (Z.9 - 1 4 ) erbetene H s mit Plutarchtexten offenbar immer noch nicht erhalten ( Z . 1 3 - 1 6 ) . D i e Kriege,
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
die Theodoros auf der Peloponnes gegen die abendländischen Feudalherren (Navarresen, s.u., A.6) zu führen hat, kann er als Entschuldigung für dessen langes Schweigen nicht ernstneh men, denn aus seiner Sicht können christliche Abendländer (Anhänger der römischen Kirche, der Kyd. sich 1 3 56 angeschlossen hat) nicht annähernd so gefährlich sein wie die muslimi schen Türken, die er als gottlose Barbaren und Erzfeinde der « Rhomäer» ansieht, fanatisch einem perversen Glauben ergeben, dessen Gegner sie unbarmherzig ausrotten (Z.22 - 5 3 ) . B E : Theodoros hat seine Säumigkeit i m Schreiben mit Kämpfen gegen die Abendländer auf
der Peloponnes entschuldigt ( Z.22 .25 - 32.44 - 4 6 . 5 1 f. ), aber auch mitgeteilt, daß er jetzt einen Waffenstillstand mit ihnen geschlossen habe (Z.63 - 6 6 ) ; siehe auch die Anspielungen des Kyd. auf entsprechende Vereinbarungen, Z.26.28 - 3 0 . Xl : Ein Verwandter des Kyd., identisch mit dem aVE'I.j)L6� (Vetter ? ) des Briefes T273 (dort X l , identisch mit Gabrielopu los ? ) , dem Theodoros inzwischen die gemäß T273 zugesagte Hilfe gewährt hat; er ist offenbar kürzlich gestorben und hat Kyd. ein Erbe hinterlassen ( Z. 1 2 f. ) . ZC: Vgl. D, BKyd, BE. Siehe auch unten, A. 6. Ep l : Mehrere Briefe von Kyd. an E, die sich z.T. in Abschrift auch in der Hand anderer befinden (Z. 1 0 f. ) . Ep2 : Von einem vorausgehenden Brief des Theodoros an Kyd. ist zwar nicht ausdrücklich die Rede, doch ist ein solcher anzunehmen, weil Kyd. sich ausdrücklich gegen den von Theodoros ( also wohl schriftlich) erhobenen Vorwurf der Säu migkeit im Schreiben verteidigt ( Z.9 . 1 8 - 2 l . 5 8 ) und von ihm über einen Waffenstillstand mit seinen Gegnern informiert worden ist (Z.63 f. ) . III. Hss: A 1 1 6V - 1 1 7\ Nr. 5; U 228[-23 0[, Nr. 228. IV. 1 S.o., Ep I . 2 S.o., Xl . 3 Zu dieser Handschrift, die Kyd. dringend zu besitzen wünschte, s.o., T2 73, Z.2 1 - 54. 4 Anspielung auf Herodot, I 66: Als die Spartaner dank der Gesetze des Lykurgos zu Macht und Ansehen gelangten, wollten sie auf der Peloponnes auch Arkadien in ihre Gewalt bringen. Als sie aber deswegen die Priesterin von Delphi befragten, wies diese ihren Anspruch zurück. Somit steht « Arkadien fordern» für einen unerfüllbaren Wunsch. Schon T273, Z.47 f. hatte Kyd. betont, daß er nichts ungewöhnlich Wertvolles fordere. 5 . . . lasse ich . . . , unterlassen . . . », Nachahmung des Polyptoton l1:uQuALl1:EIV . . . l1:UQU «
AEtl1:()) . 6 Sc. die sog. Navarresische Kompanie. Zu dieser siehe T2 73, ZG. 7 Für Kyd. ist es anscheinend selbstverständlich, daß die Muslime « gottlos» (aoEßEI�) sind. Man vergleiche auch das düstere Bild, das er Z.32-42 von ihnen entwirft. Quelle der vorgebrachten Klischees ist zweifellos die von Kyd. übersetzte antiislamische Schrift des Riccoldo Pennini da Monte Croce (s.o., Bd. 111, 7 1 , 2 . 1 0; zur Schreibung des Namens Ric coldo mit doppeltem c siehe K.-P. Todt [wie T232, X2] , 250, A. 1 ) . Zu den Klischees: Todt, ebd. 3 95 (laxe Moral), 397 (Lügen im Koran; Gewaltanwendung bei der Bekehrung), 3 9 8 und 404 -407 (perverse Gottesvorstellung) . 8 W. : 6f!0<j),\JAOL�, eigentlich « Stammesgenossen » , hier aber wohl eher i m übertragenen Sinne auf den gemeinsamen Glauben zu beziehen. 9 Vgl. T3 07, A.4; 3 0 8 , A. 8 .
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BRIEFE
T30 9 - 3 1 0
310 L: 3 1 5; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser Manuel 11. Palaiologos OE: Thessalonike; D: 1 3 8 3 - 8 6 ( ? ) ; wI: Manuels Lob für seinen Brief habe Kydones in einen Taumel der Selbstüber schätzung gestürzt, aus dem er erst allmählich wieder zu einer realistischen Beurteilung seiner
literarischen Fähigkeiten gelangt sei. So möge denn der Kaiser in Zukunft mit seinem Beifall zurückhaltender sein.
Zuvor war ich bescheiden, weil ich von meinen unbedeutenden Schrif ten gering dachte . Jetzt aber fühlte ich mich von deinem Urteil und deinen
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ausführlichen Lobesworten ein wenig1 betroffen und begann darüber nachzusinnen, ob mir (als Autor) doch eine gewisse Bedeutung zu komme2• Denn ich sagte (mir), ein so bedeutender Kaiser könne sich nicht täuschen, der den anderen in allem überlegen ist und in der Beurteilung politischer Angelegenheiten sogar offensichtlich sich selbst übertrifft. So verblieb mir länger als zwei Tage lang dieses erhabene Bewußtsein, so daß ich auch meiner Umgebung herablassender erschien und man vermutete, 10 ich hätte irgendwo einen Schatz entdeckt, durch den ich hoffärtig und ein Verächter meiner Freunde geworden sei. Als ich danach mit knapper Not (wieder) zur Besinnung kam, den Brief, den du gelobt hattest, durchlas und darin nirgends das Bild der Nachtigall fand, mit der du meine Stimme verglichen hattest, gab ich Dünkel und Hochmut auf, überzeugt, es sei für Thersites schändlicher als (j ede) Schande, wenn er sich irrigerweise bei 1 5 einem Vergleich mit dem Sohn d e s Peleus für schön hielte 3 . So bin ich nun wieder zu meiner früheren, der Wahrheit gemäßeren Meinung über mich selbst zurückgekehrt und habe die Lobesworte eher der Freundschaft zu geschrieben, denn unter ihrem Einfluß können Freunde in ihrem Urteil über Freunde nur mit Mühe das Maß bewahren. Da meine Überzeugung, was ich wert bin, aber (nun) der Wahrheit entspricht, (kann) ich mir (nur noch) wünschen, einmal dessen für würdig befunden zu werden, was du mir zubilligst. Bewahre also du auch in deinen Worten das Maß, um das 20 du dich in j eder Hinsicht mühst, damit du so die Wahrheit nicht verfehlst und die in ihre Schranken weist, die durch unverdientes Lob vielleicht hochmütig geworden sind. Sie sollen ja ihrem früheren Unverstand nicht auch den der Selbsttäuschung hinzufügen und so noch lächerlicher er scheinen! D enn so weit geraten Menschen, die sich nicht sehr vorsehen, durch großes Lob aus der Fassung, zumal, wenn ein Kaiser es ist, der
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
25
ihnen seine Gunst erweist. Wenn diesem nämlich alle mit Geschrei zustim men, treiben sie dem Getäuschten seinen gesunden Menschenverstand aus wie Bauern, die Stare aus ihren Weinbergen verj agen. K I. OKyd, E, OE, D: Ein Kaiser ( Z.7.24 ), der mit Kyd. im Briefwechsel steht, sich also an einem anderen Ort als Kyd. aufhält, und dessen literarisches Urteil ihm viel bedeutet, zur Zeit der Briefe von Heft 21 (LC II, XIV), sc. 1 3 8 3 - 8 6 (ein inneres Argument für eine Datie rung läßt sich nicht beibringen), zweifellos Kaiser Manuel in Thessalonike, der mit Kyd. in Konstantinopel korrespondiert. 11. BKyd, BE, Ep: Manuel hat einen von Kyd. verfaßten Brief als stilistisch vollendet gelobt (Z.5 . 1 2 ) und Kyd. mit einer Nachtigall verglichen ( Z. 1 2 f. ) . Kyd. war auf diese Aner kennung zunächst sehr stolz ( Z.5 - 1 1 ), besann sich aber dann darauf, daß sie eher der Freundschaft des Kaisers als seiner Fähigkeit zuzuschreiben sei ( Z. 1 1 - 1 9 ) . So bittet er nun den Kaiser, sich in Zukunft maßvoller zu äußern, damit er nicht seine nüchterne Selbstein schätzung verliere ( Z. 1 9 - 2 6 ) . 111. Hss: A 1 1 8v - 1 1 9r, Nr. 7 ; U 23 Fv, Nr. 230. IV. 1 Dreifaches Polyptoton mit l.uxQ6�: Im vorausgehenden Satz: f!LXQU mQl f!LXQWV
l"WV Ef!WV AOywv ol6f!EVO�, hier: Ef!aVWV . . . �lLXQOV XEXLvllf!Evov . 2 w.: w� Öll l"L xal aUl"o� WV EV A.6yOL�. 3 Der häßliche, streitsüchtige Thersites tadelte gemäß HomIl 2, 2 1 6 - 22 1 mit Vorliebe Achilleus (und Odysseus). Eine andere Kombination mit Thersites: T252, A.7.
311 L: 3 1 6; OKyd: Konstantinopel; E: Rhadenos; OE: Thessalonike; D: Herbst 1 3 85 - Früh jahr 1 3 8 6; wI: Kydones ist mit einem nach längerem Schweigen eingetroffenen Brief des Rhadenos unzufrieden, weil er, angeblich aus Sicherheitsgründen, keine Mitteilungen über
das eigene Befinden und die Lage Thessalonikes enthalte. Die vagen Versprechungen des Rhadenos, ihn auf seiner Reise nach Italien zu begleiten, kann er nicht ernstnehmen.
Bei seiner Rückkehr händigte Palaiologos mir deinen Brief aus. D arin 5 konnte ich nichts von dem finden, was ich von dir erfahren wollte, son
dern er enthielt nur eine Rechtfertigung dafür, warum du ihn (eigentlich) nicht als Briefboten verwenden wolltest; denn du gabst an, dieser (Brief) bedürfe der Sicherheit, die derzeit für Sendungen nicht leicht zu erreichen sei . Es fand sich (darin) aber auch ein vages und unklares Versprechen, wie es Leute vorbringen, die nicht ungerecht sein wollen, aber, weil sie sich dazu nicht voll und ganz entscheiden können, das, was sie gerechterIO weise tun sollten, aufschieben.
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BRIEFE
T3 1 0 - 3 1 1
Dein Schweigen 1 war vielmehr dadurch begründet, daß du nichts Ge naues darüber schreiben wolltest, was ich, wie du wußtest, gern wissen wollte, der Aufschub aber durch das Bewußtsein, leichtsinnig die Pflicht versäumt zu haben2• Ich aber bin der Ansicht, daß Sicherheit nicht nur für Briefe, sondern für alles was wir tun, notwendig ist, und doch verzichten wir ihretwegen nicht gänzlich auf unsere Unternehmungen, sondern gehen, solange es möglich ist, a bgesichert an unsere Aufgaben heran; wenn es aber 15 einen kleinen Anlaß zum Mißtrauen gibt, stellen wir die Angelegenheit Gott anheim und halten das, was er beschließt, für wichtiger als unsere eige nen Überlegungen. D enn wenn auch die, die zur See fahren, nur um Wogen, Stürme, Schiffskatastrophen, Seeräuber und alles, was Seefahrern zustoßen kann, allzusehr besorgt wären, gäbe es keinen Seemann, keinen Händler, und um das wechselseitige Zusammenwirken der Städte wäre es geschehen. 20 Auch gibt es vor einer Schlacht unter den Kriegführenden vielerlei Beratun gen über Bewaffnung, Truppenzahl, Signale und Heeresördnung; was (uns) aber wegen (unseres) Nichtwissens zustoßen kann, versucht niemand durch Vorsorgemaßnahmen, sondern j eder durch Gebet abzuwenden. Wir flehen aber nicht etwa mit gekreuzten Armen3 die Feinde um Schonung an, weil wir einigen ihrer Kriegslisten nicht gewachsen sind ! Wäre dir also das Schreiben notwendig erschienen, (dann) wärest du 25 bei der Suche, wem du deine Briefe anvertrauen könntest, vielleicht nicht in Verlegenheit geraten. Hätte dich a ber irgendein Verdacht4 beunruhigt, (dann) hättest du ihn beiseite lassen sollen, um nicht unversehens aus Angst vor einem kleinen und unbedeutenden Nachteil (anderen) Wichti geres wegzunehmen und dich selbst darum zu bringen. Wir hatten ja auch von denen, in deren Hände der Brief vielleicht gelangt wäre, weder einen Schaden noch einen Tadel zu erwarten, der dich hätte veranlassen kön- 3 0 nen, uns nur nach umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen zu schreiben. Denn es kann, bei Gott, weder das, was wir uns aus dem Privatbereich erzählen noch das, was uns gegenseitig betrifft, Anstoß erregen. Kommen wir aber auf die Habgier der Barbaren und die Eroberung der Städte zu sprechen und teilen wir einander die alle betreffenden Tragödien mit, dann reden wir von Dingen, die in aller Munde sind, und niemand würde uns deshalb Verrat von Geheimnissen vorwerfen, so daß dein Brief des- 35 halb keiner großen Sicherheit bedürfte . Wenn du a ber die Säulen5, die Fahrt über den Ozean und die (mit der Reise verbundene) Lebensgefahr6 scheust und den Wunsch hegen solltest,
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
niemand möge zuvor etwas davon erfahren, damit er dir bei dem Vorha ben nicht hinderlich sei, so sorge ich mich darum weniger als um gau kelnde Traumbilder, nicht als ob es mir, sollte es Wirklichkeit werden, 40 keine große Freude machte, sondern weil ich niemals glaube, daß es ge
schehen wird, und die, die davon reden, stets auslache . Weiß ich doch, daß du meinst, dieses Versprechen habe für mich, solange ich (noch) da bin, einigen Reiz; in Wirklichkeit aber wirst du, wenn ich abgereist bin, nicht einmal mehr daran denken; dafür wird dir die Zeit gar bald, glaube ich, den Beweis liefern. Nicht also, weil ich dies7 wissen will, bin ich betrübt, daß du (davon) nicht schreibst; sondern es sind andere Dinge, die du uns, wie ich meine, 45 zu Unrecht nicht mitteilen willst, nämlich, wie es dir persönlich geht und
was du bei dem, was um dich herum geschieht, empfindest. Wenn ich sagen wollte, ich wäre darum besorgt wie um meine eigenen Angelegen heiten, sollte man mich nicht leichthin für neugierig halten. Das aber, was gerüchtweise über die Stadt 8 und die Freunde erzählt wird, kann mich nicht davon abhalten, umherzugehen und die Wahrheit zu erforschen; man kann zwar viele darüber Lobpreis und Klage anstimmen hören, es ist aber ganz unmöglich, einen zu finden, der aus eigener Erfahrung darüber 50 berichten kann. Die anstehenden Gefahren drängen ja dazu, sich bei de
nen Auskunft zu holen, die (wirklich) Bescheid wissen. So werde auch ich, wenn ich über diese Dinge zuverlässig unterrichtet bin, meine eigenen Vorhaben mit größerer Sicherheit planen können. Es sollte mich also, wenn du mir darüber nicht schreiben willst, niemand tadeln, daß ich dich (dafür) tadle ! Es könnte ja auch das, was du in dieser Angelegenheit als Sicherheit bezeichnest, ein anderer Umsicht nennen, ich a ber möchte be haupten, daß es Unzuverlässigkeit ist! So begehrtest du anscheinend auch 55 nur um des Sieges willen zuvor Briefe von uns und triebst deshalb den
(zum Schreiben) an, der schweigen wollte; nachdem du ihn aber mit vie len Worten überredet hast, das Gesetz des Schweigens zu brechen, wirst du träge und schützt vor, daß dies und j enes dich am Schreiben hindere. Wenn es aber für dich Ehrensache ist, auf diesem Feld zu siegen, wird es auch uns ganz leichtfallen, dir im Schweigen nicht nachzustehen! K 1. OKyd, E, OE: D aß es sich um einen Brief des Kyd. aus Konstantinopel an Rhadenos in Thessalonike handelt, beweist die Anspielung auf das « Gesetz des Schweigens » , das Kyd. sich auferlegt hatte (vgl. Z.55f mit T2 8 6, A. l ; T28 7, Z.4; T305, BKyd) . D: Wegen der An-
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BRIEFE T3 1 l - 3 12
spielung auf eine längere Schreibpause muß der Brief geraume Zeit nach T305 (Mai/Juni 1 3 8 5 ) geschrieben sein, also kaum vor Herbst 1 3 85, aber andererseits einige Zeit vor T3 1 4 ( Sommer 1 3 8 6 ) . D i e präzisere Datierung auf c a . März 1 3 8 6 (TinnFreund 242, Nr. 5 0 ) er scheint mir nun nicht genügend begründet. 11. B Kyd, BE: Kyd . weist den Versuch des Rhadenos, sein Schweigen mit der Sorge um die Sicherheit der Briefzustellung zu begründen (Z.6 f. ) , mit folgenden Argumenten zurück: 1. Das Bedürfnis nach Sicherheit sei in allen Lebensbereichen berechtigt, solle aber nicht übertrieben werden ( Z. 1 2 -24 ) . 2. Rhadenos hätte, wenn er hätte schreiben wollen, geeignete Boten finden können ( Z.24 - 26 ) . 3. Sein Sicherheits bedürfnis sei auch deshalb unbegründet, weil ihre beiderseitigen Briefe keinerlei Nachrichten enthielten, die strenge Geheimhaltung forderten (Z.2 6 - 3 5 ) . 4. Wenn Rhadenos nicht wünsche, daß jemand von seinem Plan, mit Kyd. nach Italien zu reisen, erfahre, so sei diese Sorge nach Ansicht des Kyd. unbegründet, weil er ohnehin nicht glaube, daß Rhadenos dieses Vorhaben durchführen werde ( Z.3 5 - 43 ) . Schließlich bedauert Kyd ., daß der nun eingetroffene Brief nicht die erwartete Information über Rhadenos selbst und über die Lage Thesssalonikes enthalte (Z.43 - 5 3 ) . Ep, Xl : Ein vorausgehender Brief des Rhadenos an Kyd. (zum Inhalt s.o., BKyd, BE), überbracht von einem gewissen Palaiologos ( Z.4; zur Person s.u., T3 12, X l ) . III. Hss: A 1 1 9'- 1 20" Nr. 8 ; U 232' -233', Nr. 23 1 . IV. 1 Z u der längeren Schreibpause des Rhadenos, auf die hier angespielt wird, s.o., D, BKyd, BE. 2 Grund des Aufschubes ( sc. des Kommens) war also nach Meinung des Kyd. das schlechte Gewissen des Freundes. 3 W. : LW XELQE ÖllaaVLE�. Zum Demutsgestus ÖELV La� XELQa� siehe K. Groß (hrsg. von W. Speyer), Menschenhand und Gotteshand in Antike und Christentum, Stuttgart 1 9 8 5 , 36 und o . Treitinger, Die oströmische Kaiser- und Reichsidee, Jena 1 9 3 8 (Ndr. Darmstadt 1 95 6 ) , 6 6 f. : Es handelt sich wohl um das vom persischen an den byzantinischen Hof (und dann auch in die Liturgie) übernommene Kreuzen der Arme auf der Brust. Doch wird auch die Meinung vertreten, es sei das Falten der Hände mit verschränkten Fingern gemeint. 4 W. : UaLcnoe;, 11. wird «He phaistos» metonymisch für «Feuer» verwendet. Kyd. will also sagen: Wirf den Brief ins Feuer. Die Wendung 'XUÄ.ELV 'tOV "H<j>aLcnov EnL ist nach Ausweis des TLG bei Galenos in der Schrift «Adversus eos qui de typis scripserunt vel de circuitibus » ( 7, 507) belegt. 8
W. : 'tote; A.6YOLe;.
327 L: 3 3 1 ; OKyd: Konstantinopel; E: Ioannes Laskaris Kalopheros; OE: Venedig; D: Novem beilDezember 1 3 8 6; wI: Kydones beklagt verschiedene Mißgeschicke, die den Freund kürz
lich getroffen haben, und lobt seine gottergebene Gesinnung. Er erinnert sich dankbar an viele Jahre freundschaftlichen Austausches von Briefen und bedauert nur, daß sie einander lange nicht persönlich sehen konnten. Da aber Kalopheros seine Abreise nach Venedig ange kündigt und ihn dorthin eingeladen habe, sei er entschlossen, ihm so schnell wie möglich dorthin zu folgen.
Oft hast du mich mit Briefen erfreut, j etzt aber hast du mich wirklich 5 tief betrübt. Denn die Augenkrankheit, die dich befiel, hat auch unser
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BRIEFE T326 - 327
inneres Auge mit dichtem Gewölk der Mutlosigkeit verschlossen, und von der Undankbarkeit der Cyprioten sehen in gleicher Weise auch wir uns bestraft, aber auch die Mißerfolge, die dich in deinen jetzigen Unterneh mungen treffen, rechnen wir uns gewiß nicht weniger auch als unser eige nes Versagen an, und überhaupt hat ein j edes (Unglück), das dich gemäß deinem eigenen Bericht traf, mir das Herz verwundet, als hätte es mich 10 selbst betroffen. So wäre ich (fast) verzweifelt, hättest du nicht selbst (schon) in deinem Brief Gedanken anklingen lassen, wie sie den (Un glücksfällen), welche die Menschen treffen können, angemessen sind, und hast durch sie auch uns, die wir ganz niedergeschlagen waren, aufgerich tet. Da du nämlich der guten VORSEHUNG die alltäglichen Wechselfälle überläßt und überzeugt bist, daß sie durch ihre (Fügung) zu einem guten Ende gelangen, wenn man sie mit dankbarem Sinn annimmt, gab uns dies 1 5 Zuversicht, daß d u der Trübsal nicht ganz verfallen wirst, weil d u gefe stigt die Vernunft in dir trägst, die dich befreien kann. Wir nahmen es als Anleitung, dir nachzueifern, um so zu lernen, wie wir uns wappnen müs sen, um den (Angriffen) des Schicksals standzuhalten. Möge sie also der gute Gott zunichte machen oder uns Einsicht geben, sie zu ertragen; denn er ist der ständige Ursprung des Guten für die Menschen, wie j eder weiß, der nicht völlig gedankenlos ist oder nach antiker (Tradition) die Herr- 20 schaft über alles (Geschehen) dem Schicksal und dem Zufall überläßt. Ich aber habe mir von j eher ein Leben an deiner Seite gewünscht, über zeugt, es werde mir in vielerlei Hinsicht förderlich sein. Ist es doch über alles (kostbar), wenn Freunde sich nach langer Zeit wiedersehen, mitein ander über ihre alltäglichen Angelegenheiten reden, einander mit Freude an vergangene (Erlebnisse) erinnern, aber (auch) das, (was) in Zukunft 25 (zu tun ist), miteinander, wenn notwendig, überlegen können. Denn so geht geradezu der Wunsch Nestors, wieder j ung zu werden, in Erfüllung! . Doch war e s für mich kein s o leichtes Unterfangen, (dich z u treffen), weil ich deinen Flügen nicht folgen konnte. Ich hätte dann gleichzeitig zum Phasis2 und nach Gadeira eilen und in alle Richtungen fahren müssen und dich doch nirgends gefunden; denn was deine früheren Reisen be trifft, kam es allen so vor, als lenktest du den Wagen des Zeus3 ! Nun enthielt aber dein j etziger Brief die Nachricht, daß du nach Vene- 30 dig abgereist bist, wohin ich im letzten Herbst selbst reisen wollte - und ich wäre j etzt dort, wenn nicht die Pest mich gehindert hätte, die damals heftig auf den Galeeren4 wütete, mit denen ich hätte fahren sollen. Kannst
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
du dir vorstellen, wie mir (da) zum Wiedersehen mit dir Flügel wuchsen, wie ich mich ganz der Sehnsucht nach dir, (ganz) meinen Reise(plänen) 35 hingab ? Hattest doch auch du beteuert, uns nicht weniger zu lieben, und
versichert, dich auf das Gespräch (mit mir) zu freuen, da es dir über alles willkommen und nützlich erscheine. Und auch dies noch hast du hinzugefügt, was mir tief zu Herzen geht5: Es sei dein Wunsch und Gebet, daß dieses (Gespräch) nicht zeitlich begrenzt sei, sondern (unser) restli ches Leben hierin seine Vollendung finde. Wen also hätte dies, auch wenn er vorher nicht dein Freund gewesen wäre, nicht dafür gewonnen, sich 40 deine Freundschaft und Nähe zu wünschen ? Bist du doch ein Mann, der
mit den Freunden, wenn sie anwesend sind, ganz liebenswürdig umgeht und in j eder Hinsicht auf ihren Nutzen bedacht ist, in ihrer Abwesenheit aber mit Freude ihr Gedächtnis pflegt und beteuert, es werde ihm persön liches Wohlergehen bedeuten, wenn er sie wiedersehe. Wenn du also selbst die, die dich noch nicht kannten, mit solchen Zauberkünsten für dich gewonnen hättest, wie, glaubst du, ergeht es (dann erst) mir, der 45 ich lange Zeit soviel mit dir geteilt habe, durch Erfahrung deine guten
Eigenschaften kenne und nun von dir solches zu hören bekomme, vor allem, daß du meine Anwesenheit (geradezu) forderst, als ob sie dir etwas nützen könne! Ich hätte mir nun sogar Flügel gewünscht, um durch Schnelligkeit dir nicht mehr als mir selbst einen Gefallen zu tun. Da uns aber die Natur solches versagt hat, werde ich meine Reise beschleunigen, so schnell - wie man sagt - die Füße mich tragen6• Es zieht uns ja nicht 50 nur zu dir wie Dürstende zur Quelle , sondern wir sehen uns auch genö
tigt, vor vielem zu fliehen, was uns den Aufenthalt hier verleidet. So kannst du damit rechnen, den Freund, der sich durch nichts aufhalten läßt, alsbald wiederzusehen, wenn auch Gott es erlaubt. K OKyd: Kyd. plant die Reise nach Venedig (Z.46 - 52 ) von seinem gewohnten Aufent haltsort; die «Flucht» von dort erscheint ihm geraten (Z.50 f.; vgl. oben, T325, BKyd) . E: Daß der ungenannte Adressat Kalopheros ist, ist aus der Kombination seiner Aufenthaltsorte Cypern (Z.6) und Venedig (Z.30) mit dem angedeuteten Plan des Kyd., an seiner Seite den
. 1.
Lebensabend in Venedig zu verbringen (Z. 3 7 f. ) sicher zu erschließen (vgl. oben, T323, E und die Erwähnung des Kyd. im Testament des Kalopheros, LC I, Appendix V, Nr. 10, hier 1 9 1 f. ) . OE: Da E seine Abreise nach Venedig angekündigt hat (Z.30), muß der Brief des Kyd. dorthin adressiert sein. D: Wenn Kalopheros im November 1 3 8 6 (sc. von der Pelopon nes; s.o., T323, E) nach Venedig reiste (EszKal 89 f. ) bzw. sogar dort ankam ( avov 3tAExov'ta, also eigentlich «den Kranz windet» . Es handelt sich aber die Despotenkrone, die Manuel mit dieser Urkunde verliehen wird (Tinnefeid, ebd. 1 87). Da O'tE<j>avos; «Krone» wie «Kranz» bedeuten kann, ist «flechten» auch auf O'tE<j>avos; im Sinne der Krone metaphorisch anwendbar, was im Deutschen nicht möglich ist; daher wird die allgemeinere Übersetzung mit «verleihen» gewählt. 3 Kyd. vergleicht seine Tätigkeit als «ghostwriter» mit der eines Schauspielers, weist aber jeden Einfluß auf den Inhalt der Urkunde zurück. 4 Die Urkunde, zu der Kyd. das Prooimion verfaßte, war ein Chrysobull (eine Privile gienurkunde mit goldenem Siegel). Der Kaiser pflegte diesen Urkundentyp mit roter Tinte namentlich zu unterschreiben. Siehe F. Dölger/j. Karayannopulos, Byzantinische Urkunden lehre, München 1968, 29 (Tintenfarbe), 123 (Unterschrift). 5 Nach Ö(XaLOV ist in der Edition Loenertz ein Komma nachzutragen, weil das folgende IlEAAov'ta an das vorausgehende IlE'taßaMv'ta anknüpft und die Passage von xaL 'ta'Ü'ta bis Ö(XaLOV als Einschub zu verstehen ist. um
332 L: 338; OKyd: Konstantinopel; E: Ein beim Kaiser einflußreicher Mann; OE: Konstanti nopel; D: Februar-April 1 3 87 (?); wI: Kydones ist verbittert, weil Kaiser Ioannes V. den Wunsch, ihm, seinem langjährigen Vertrauten, eine Audienz zu gewähren, abgelehnt hat. Dennoch ist ihm weiter an einem Gespräch mit dem Kaiser gelegen, und er bittet den Adressaten, es durch seine Vermittlung zu ermöglichen.
Der wunderbare Kaiser und ich sollten miteinander so umgehen, wie 5 es im Verhältnis zwischen Herrn und Diener angemessen ist. Deshalb bat
ich ihn gestern um eine Audienz, um ein klein wenig über das dringend Anstehende mit ihm zu sprechen. Diese (Gunst) hat er (ja) sogar denen, die ihm überhaupt niemals gedient, sondern ihm vielleicht sogar in hohem Maße geschadet hatten, oft gewährt, selbst wenn sie ihn nicht darum baten. Er aber hat mir nach dreißigjährigem ergebenem Dienst selbst das verweigert und mich durch sein Verhalten belehrt, daß ich mich vergebens 10 in all der vergangenen Zeit geplagt habe und nun anscheinend für meine
lange Treue bestraft werden muß. Möge es ihm aber trotzdem wohl erge hen, möge er gesund sein, seine Feinde besiegen und viele Getreue haben, die nicht so wie jetzt ich für ihre Ergebenheit belohnt werden! Denn das würde jenen vielleicht einen Nachteil, in jedem Fall aber dem Kaiser den Ruf kleinlicher Gesinnung einbringen; müßte er doch mit Tadel rechnen, 15 wenn er anderen nicht an Liebenswürdigkeit überlegen wäre und Wohltä
ter mit einer geringeren Gegengabe entlohnte! Ich aber scheue mich auch
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BRIEFE T3 3 1 -332
nach der Brüskierung nicht, ihn wieder anzugehen und ihm meine be scheidenen Anliegen vorzutragen, weil ich glaube, daß man zufrieden sein muß, wenn man nach vielem Bitten auch nur ein wenig beim Kaiser be wirkt. So übernimm denn du die Vermittlung, wenn du es für billig hältst, einem Freund behilflich zu sein, und überrede den Kaiser, einen (Bruch) teil eines zu bestimmenden Tages für das kurze Treffen anzusetzen. Jeden- 20 falls wird er nicht das Antlitz der Gorgo sehen, wenn er mich anschauen muß, noch wird er Vorwürfe darüber zu hören bekommen, daß wir uns vielleicht als benachteiligt ansehen, noch werden wir die sich bietende Gelegenheit ausnutzen, um etwas von dem zu fordern, was er uns schul det. Weil er nämlich befürchtet, von uns vielleicht mit diesen Dingen be helligt zu werden, hat er vorgeschützt, keine Zeit zu haben. Du aber ver bürge dich beherzt für uns, daß wir den Worten nichts Unliebsames bei- 25 mischen, sondern nur sagen werden, was treuen Dienern einem gütigen Herrn gegenüber zu äußern angemessen ist. Vielleicht wird er (aber) auch etwas Nützliches zu hören bekommen; das sollte er jedenfalls nicht von vorneherein ausschließen. Er wird sich nämlich, wenn er dazu geneigt ist, erinnern, daß ihm viel Derartiges oft von mir gesagt wurde. Außerdem wird das Gespräch aber auch kurz sein, und zwar, wenn er möchte, mit der Wasseruhr abgemessen1; denn seine Sorgen um die Staatsgeschäfte 30 erlauben es uns nicht, weitschweifig zu sein, und ich weiß auch, daß er Geschwätz überhaupt nicht leiden kann. Zugleich möchte aber auch ich nicht als zudringlicher Schwätzer gelten, zumal bei denen, die nicht gern zuhören. So kann er (mich) denn getrost empfangen. Denn aus allem geht klar hervor, daß wir in keinerlei Hinsicht wehleidig sein und uns nach einem kurzen Gespräch entfernen werden. K OKyd: Von der Bitte um eine Audienz bei Ioannes V. und deren kurzfristiger Verweige rung ist in einer Weise die Rede, daß Kyd. sich am gleichen Ort wie dieser aufhalten muß (Z.5 - 1 1 ) . E, OE: Ein Freund des Kyd. am Hof Ioannes' v., der offenbar solchen Einfluß auf den Kaiser hat, daß die Hoffnung, er werde bei ihm für Kyd. eine Audienz erwirken, ange bracht ist (Z. 1 8 -20). D: Sicherer terminus post quem des Briefes ist die Entlassung des Kyd. nach dreißigjährigem Dienst am Kaiserhof (Z.8 f. ), die gemäß T3 1 8, BKyd auf ca. Sommer 1 3 8 6 zu datieren ist; denn befände sich Kyd. noch weiter im Dienst, dann wäre die Weigerung des Kaisers, ihm eine Audienz zu gewähren, kaum denkbar. Der Brief ist also sicher nicht allzulange nach Sommer 1 3 8 6 geschrieben. Wenn Loenertz die genauere Datierung auf «kurz vor 5.4. 1 3 87( ? )>> vorschlägt, scheint er anzunehmen, daß Kyd. die Audienz erbat, um bei 1.
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
loannes V. für eine Versöhnung mit seinem Sohn Manuel einzutreten (vgl. T33 1 ). Kyd. spricht davon zwar nicht ausdrücklich, doch wäre es in diesem Fall unklug gewesen, vorher zu sagen, in welcher Angelegenheit er den Kaiser sprechen wolle. Die hier beschriebene frostige Behandlung des Kyd. durch loannes V. entspricht dem, was Kyd. im Brief T329 an Manuel über das Verhalten seines Vaters zu berichten hat (siehe dort, Xl). Die neuere Datierung des Falles von Thessalonike (s.o., T320, D) erfordert wieder eine Änderung des Datums gegen über der Angabe in der Edition. 11. BKyd: S.o., vor allem D. Es ist Kyd. zwar mit seinem Anliegen, den Kaiser sprechen zu wollen, bitter ernst, aber immer wieder bricht auch ein ironischer Ton des enttäuschten Staatsdieners gegenüber seinem undankbaren kaiserlichen Herrn durch: So fühlt er sich für seine langjährige Treue « bestraft» (Z. 1 0 f.) und wünscht ihm viele treue Diener, die er wie ihn «belohnen» werde ( Z . 1 2 f.); dies werde «vielleicht» ihnen, bestimmt aber dem Ruf des Kaisers schaden (Z. 1 3 - 15). Er, Kyd., sei keine Gorgo (Medusa), deren Antlitz der Kaiser fürchten müsse (Z.20 f. ). Es sei ja nicht auszuschließen, daß er ihm auch etwas Nützliches werde sagen können (Z.26 f.). Jedenfalls sei dies, wenn er sich zu erinnern geruhe, in der Vergangenheit auch so gewesen (Z.27 f. ) . Der Höhepunkt der Ironie ist erreicht, wenn Kyd. ein Gespräch «nach der Uhr» anbietet, damit es nur ja nicht zu lange dauere und der Kaiser in wichtigen Staatsgeschäften gestört würde ( Z.28 - 30). Xl: Ein Kaiser (Z.4. 14. 19), loannes v., der Kyd. eine Audienz verweigert (Z.5 f. 8 f. ) und sich damit seinem langjährigen Diener gegenüber als undankbar erweist (Z.9 - 1 1 ) . Er wird als wortkarg und als Gegner weitschwei figer Reden charakterisiert (Z.29 -3 1 ). III. Hss: A 123v - 124r, Nr. 5; U 1 9P - 19r, Nr. 196. IV. 1· W.: :rcQo� üöwQ, wie PlTht 201b.
333 L: 340; OKyd: Konstantinopel; E: Kaiser loannes V. Palaiologos; OE: Konstantinopel; D: Bald nach dem 5 .4. 1 3 87; wI: Kydones, der nach langem vergeblichem Bemühen endlich
von loannes V. zu einer kurzen Audienz empfangen worden ist, bedankt sich für die Großmut seines Herrn. Er lobt ihn aber auch für die Entscheidung einer theologischen Aporie zugun sten der göttlichen Barmherzigkeit, die ihn auf seine barmherzige Gesinnung schließen und eine volle Aussöhnung mit ihm erhoffen lasse.
Ich ehre jenen Tag der verehrungswürdigen Passion! (bereits) als solS chen, deutete ihn aber nun auch als gutes Vorzeichen. Gewährte er mir
doch nach langem Schweigen Zutritt zu dir und ließ mich Worte (aus deinem Munde) hören, zwar nur wenige, doch haben sie, voll von kaiser licher Großmut und Menschenfreundlichkeit, mich auch als solche schon zutiefst erfreut. Ich halte aber auch dies für ein Glück, daß an dem Tag die gerade Anwesenden erforschen wollten, ob den Gottesmördern das Gebet des ERLÖSERS zu Gott, (er möge ihnen) ihre Freveltat (vergeben),
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BRIEFE T332-333
etwas genützt habel. (Zu dieser Frage) schwiegen wir alle, weil wir in 10 beiden (möglichen Lösungen) einen Widerspruch fürchteten und nicht herausfinden konnten, welche von beiden Antworten wir geben sollten, um dem Abgrund zu entgehen. Hätte es ihnen nämlich nichts genützt, (dann) hätten wir sagen müssen, der ERLÖSER habe vergebens gebetet; wie aber hätte man (andererseits) einen Erfolg des Gebetes zugestehen können, da alle glaubten, die, welche ihn kreuzigten, hätten bei Gott die äußerste Strafe verdient? Als (wir) nun alle keiner von beiden Ansichten 15 zustimmen konnten, hast du selbst die Aporie gelöst, indem du sagtest, es seien die Worte des HERRN, der uns zurechtweise und durch sein eigenes Beispiel zur Duldsamkeit3 führe, damit wir nicht nur selbst denen, die uns Unrecht zugefügt haben, vergeben, sondern auch der Gottheit zutrauen, sie werde ihnen die Strafe erlassen, (die sie) um unseretwillen (verdient haben). Daraufhin freuten sich die anderen, (allerdings) nur über die Lösung der Streitfrage, und in der Tat war diese Äußerung dem überlegen, was 20 man von einem Kriegsmann4 erwartet hätte; man hätte sie eher einem Erforscher und Lehrer der Theologie zugetraut. Ich aber atmete auf, weil ich glaubte, niemals hätte der Kaiser solches von dem Herrscher des Alls, dem er seine Herrschaft verdanke, sagen können, wenn er nicht zuvor durch sein ständiges Tun darauf vorbereitet gewesen wäre, ihm nachzuei fern. So vertraute ich denn zutiefst auch darauf, deine SANFTMUT 25 werde sich mit mir versöhnen, und war überzeugt, bei deiner MEERES STILLEs in Zukunft wieder dieselbe Gunst wie früher zu genießen. Daher dürfte es wohl nicht ungehörig sein, wenn ich dich bitte, auch das übrige hinzuzufügen, wodurch alle den Eindruck gewinnen können, ich sei zu meiner früheren Stellung zurückgekehrt. Wohlan, menschenfreundlichster Kaiser, gestatte uns wieder wie früher, frei mit dir zu reden, was mir, wie ich meine, zu Unrecht versagt wurde - denn welches Unrecht habe ich 30 begangen, als ich bat, mich für einige Zeit entfernen zu dürfen, um über mich selbst verfügen zu können6, es sei denn, man würde sagen, daß aus allem, was du nicht gutheißt, sofort eine Anklage entsteht? -, und laß uns rückhaltlos die Versöhnung spüren! Denn wenn du von deinem Zorn abläßt und Gnade gewährst, wirst du dich sowohl als Nachahmer Gottes erweisen, wie auch uns fortan von unserem Kummer befreien und uns Gelegenheit geben, deine Tugend allen zu verkünden, was wir gewiß auch 35 unablässig tun werden!
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üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
K I. OKyd, OE: Die erwähnte Audienz bei Kaiser Ioannes V. (Z.5 ff.) setzt den Aufenthalt des Kyd. am Ort seiner Residenz voraus. E: Ein Kaiser (Z.7.22.29), bei dem Kyd. das frühere Vertrauen zurückgewinnen will (Z.29). Es kommt nur Ioannes V. in Frage, der Kyd. sein Vertrauen entzogen hatte (s.o., T329, Xl; T332, BKyd, Xl ). D: S.u., A. 1. H . BKyd: Der Kaiser gewährte Kyd. nur eine kurze, aber wohlwollende Audienz (Z.5 8), was Kyd. nach der Zeit der Verstimmung (s.o., E und unten, A.6) auf volle Aussöhnung mit seinem Herrn hoffen läßt (Z.32). BE: Es ist bemerkenswert, daß man sogar unter Johan nes v., dessen Interesse an Bildungsfragen eher als mäßig einzuschätzen ist, gelegentlich am Kaiserhof theologische Streitfragen diskutierte (Z.8 - 10) und daß der Kaiser selbst einen vernünftigen Lösungsversuch anbot (Z.15 - 19). Eine breiter angelegte Erörterung einer theo logisch-philosophischen Streitfrage fand unter Manuel H. (ca. 1409/10) am Kaiserhof statt. Ihr ungefährer Verlauf ist samt einer von Kaiser Manuel vorgeschlagenen «Lösung» in zwei Versionen überliefert. Siehe dazu meine oben, T30 1 , X3 zitierte Publikation, welche auch die Edition der Versionen umfaßt. III. Hss: A 124v - 125r, Nr. 7; U 193rv, Nr. 198. IV. 1 Gemeint ist der Karfreitag (MEYUAY] IIaQaaxEull). An einem solchen fand die im folgenden erwähnte Audienz statt. Sie folgte auf eine längere Zeit kaiserlichen «Schweigens» , entsprechend der in T329 und T332 vorausgesetzten Situation. Wahrscheinlich hatte Kyd. sie dem Adressaten von T332 zu verdanken. Jedenfalls kann es sich nur um den (orthodoxen) Karfreitag des Jahres 1387 handeln, der auf den 5. April fiel. Zum Osterdatum 1 3 87 ( 7. April) siehe V. Grumel, La chronologie, Paris 1958, 3 10. 2 Gemäß NTLk 23,34 betete Jesus für die, die ihn kreuzigten, zu seinem Vater um Vergebung. Sein Gebet für die « Gottesmörder» bezieht sich hier, streng genommen, auf Ange hörige der römischen Armee, die das Urteil des Pilatus vollstreckten, nicht auf die Juden, die Kyd. entsprechend einer im 2. Jh. einsetzenden Tradition an anderer Stelle so bezeichnet (s.o., Bd. I/2, T8 1 , A.35) und wahrscheinlich auch hier meint. 3 W.: aVE�Lxax(a, was auch der (Zweit-)Name eines kaiserlichen Insigne ist; siehe ODB 1 42, s.v. Akakia. Der Kaiser hat sich vielleicht bewußt auf eine Tugend Christi bezogen, an deren Nachahmung ihn sein Insigne erinnerte. 4 Wenn Kyd. hier Ioannes V. nicht nur als überraschend guten Theologen lobt, sondern zugleich beiläufig bemerkt, er sei ja eigentlich ein Kriegsmann (m;Qa'tLorty]�), schmeichelt er damit dem alternden Kaiser, der kaum noch zu Felde ziehen konnte, gleich doppelt. 5 Sanftmut (JtQ\16'tY]�) und «Meeresstille» (yaAY]v6'tY]�, metaphorischer Ausdruck für «heitere Gelassenheit» ) sind wie Großmut (f,.LEyaAo'tjJux(a) (Z.7) und Menschenfreundlichkeit (qnAav8Qo.m(a) (Z.7.28 f.) traditionelle Kaisertugenden. Als Entsprechung für den lateini schen Begriff «clementia» (Milde, sonst JtQ\16'tY]�) findet sich der Begriff yaAY]v6'ty]� in der byzantinischen Übersetzung des « Speculum Doctrinale » von Vinzenz von Beauvais (t1264), ed. I. Perez Martin, EI libro de actor. Una traducci6n bizantina del Speculum Doctrinale de Beauvais (Vat. gr. 12 Y 1 144), REB 55 ( 1997) 8 1 - 136, hier S. 128, Nr. 1 5 1 . Da die Begriffe hier als respektvolle Anrede für den Kaiser selbst verwendet werden, sind sie in Blocklettern geschrieben. 6 Damit spielt Kyd. wohl auf seine Bitte an, ins Abendland reisen zu dürfen (s.o., T3 1 8 , Z.3 1 ) , die der Kaiser zuerst gewährte (T3 1 8, Xl) und dann wieder zurücknahm (T320, X l ) .
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BRIEFE T333-0335
Gruppe 6: Nicht datierbare Briefe aus LC II� Liber XXVIII� XXIX und XXXI (ca. 1383-88) 0334 L: 295; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Geistlicher oder Mönch; OE: Konstantinopel; D: Ca. 1 3 8 3 - 88; wI: Eine Sendung von Äpfeln soll den Beschenkten zum Gedenken und zum fürbittenden Gebet anregen.
Nicht als ob sie dir mangelten, schicken wir dir die Äpfel; wir wissen ja, daß du andere mit diesen (Früchten) selbst überschütten könntest,
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wenn du ihnen von deinen eigenen geben wolltest. Da wir aber wünschen, daß du uns ständig in Erinnerung behältst, versuchen wir sie durch (diese) Sendung zu erneuern. Nimm sie also, gedenke (meiner) und füge dem Gedenken auch Gebete hinzu. Wenn du so Gott, den'Geber der Früchte, anflehst, wird er uns helfen, ihm Früchte der Buße darzubringen. K 1. OKyd: Konstantinopel, wo Kyd. über einen Garten verfügt (s.o., Bd. n, Index, 235, s.n. Kydones, Demetrios, Haus und Garten). E: Die Bitte um fürbittendes Gebet läßt vermu ten, daß E ein Geistlicher oder Mönch ist. OE: Konstantinopel, da ein weiterer Transport des Geschenks kaum anzunehmen ist. D: Brief des Buches XXVIn, gemäß LC n, XIV wahr scheinlich in die Zeitspanne 13 84/85 bzw. 1 3 83 - 88 zu datieren. Hier wird sicherheitshalber die weitere Zeitspanne angegeben. m. Hss: A 30rv, Nr. 2; U 42r, Nr. 56.
0335 L: 296; OKyd: Konstantinopel; E: Zwei befreundete Damen; OE: Konstantinopel; D: Ca. 1 3 8 3 - 88; wI: Begleitbrief zu einer Geschenksendung von Früchten der ersten Ernte vom eigenen Acker.
Ich glaubte, es sei das gute Recht derer, die in allem miteinander ver bunden sind, daß ich sie auch durch meine Sendung zusammenbinde. Es sei euch also, wie alles, so auch dieses gemeinsam; wenn ihr wollt, (nehmt sie) als die Erstlingsfrüchte1 von dem wenigen, was wir haben, wenn ihr aber (auch das) wollt, als Beweis der Zuneigung, die wir euch schulden. Für den bescheidenen Umfang des Geschenks aber wird sich das kleine
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üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
Stück Land, das wir bearbeiten, entschuldigen. Denn mit einer (Zuwen dung) dieser Größe hat uns der Senat der Rhomäer geehrt. K I. oKyd, OE, D: Wie T 0334. E: Die Verwendung der femininen Formen 'taI� . . auv 'YJ!l!lEvm� und 'tau'ta� (ZA) läßt erschließen, daß es sich um Frauen (Schwestern?) handelt, die beieinander wohnen, und man darf mit Loenertz annehmen, daß es sich um zwei (und nicht mehr) Personen handelt. Dafür spricht der Hinweis auf ihre enge Verbindung, wie sie am ehesten für eine Zweiergemeinschaft anzunehmen ist, und der geringe Umfang des Ge schenks. Sie sind wahrscheinlich auch Empfängerinnen des Briefes L405, in dem aber eben falls nicht ausdrücklich von zwei Personen die Rede ist. II. BKyd: Der Brief ist eines der seltenen Beispiele für weibliche Bekannte des Kyd. (vgl. oben, I11, 5 8 ) . Aus welchen Produkten seines Gartens das Geschenk an sie bestand, wird nicht gesagt. Nicht ohne Sarkasmus weist Kyd. darauf hin, daß der « Senat der Rhomäer» ihn nur mit einer kleinen Landparzelle «geehrt» habe (Z.7- 9). Zu den Anspielungen des Kyd. auf die eigene «Armut» in diesen späteren Jahren seines Lebens s.o., T320, A.5. III. Hss: A 30v, Nr. 3; U 52r, Nr. 57. IV. 1 W.: (maQX6.�. Die frühen Erträgnisse eines Ackers waren in der Antike den Göt tern geweiht und galten als besonders ehrenvolles Geschenk. Die damit ausgedrückte Absicht der Ehrung ist wichtiger als die hier offene Frage, ob es sich um die ersten Produkte eines ihm kürzlich ( ? ) vom Senat zu Verfügung gestellten (Z.8 f. ) Ackers oder um die ersten Erträg nisse im laufenden Jahr handelt. .
0336 L: 297; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Freund; OE: Konstantinopel; D: Ca. 1383 - 86; wI: Der Adressat hat wegen Anfeindungen am Kaiserhof bei einem gewissen Prankos, nicht aber bei Kydones Hilfe gesucht; doch wurde dieser durch Prankos über das Anliegen des Freundes unterrichtet und hat sich beim Kaiser für den Adressaten eingesetzt. Die Gegner sind nun ausgeschaltet, und die Gunst des Kaisers ist ihm sicher.
Du hast (mir) über dein Anliegen an den Kaiser nichts geschrieben, 5 weil du mir für meine etwaige Hilfe in der Angelegenheit vielleicht nicht
zu·· Dank verpflichtet sein wolltest. Unser gemeinsamer Freund Prankos aber, der weiß, daß Herakles1 auch meiner Vermittlung bedarf, wenn er etwas Nützliches für dich tun soll, hat Iolaos2 als Bundesgenossen im Krieg gegen die Hydra3 gewonnen. Als ich aber hörte, daß ich dir durch meinen Beistand einen Gefallen tun könnte, ergriff ich sofort den Feuer brand und eilte herbei, um die Köpfe auszubrennen4• Das ging nicht ohne 10 Schweiß, da allenthalben viele (Häupter) nachwuchsen. Du wirst aber
vielleicht hören, daß wir nicht nur Feuer, sondern auch ein SchwertS ge-
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BRIEFE T 0335-033
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gen die Köpfe verwendeten. So liegt nun das Tier da und ist tot. Du aber versuche, da du vom Kaiser (bekommen) hast, was du wolltest, durch ständige treue Gesinnung die Gunst zu vergelten. Durch sie wird das Ver liehene dir (auch) verbleiben, und du wirst noch anderes (und) Wertvolleres dazuerhalten; denn dies befahl der Kaiser dir zu sagen. Uns aber brauchst du für das, was dir zuteil wurde, nicht dankbar zu sein, ebenso- 1 5 wenig wie dir, wenn du dir selbst hilfst6• K I. OKyd: Kyd. weilt in der Nähe Kaiser Ioannes' v., bei dem er seinen Einfluß geltend macht. E, OE: Wohl ein Hofbeamter, dessen Stellung durch Intrigen gefährdet war (s.u., A.3 und 4 ) und der durch die Vermittlung des Prankos und des Kyd. nicht nur die gewünschte Stellung erlangte (Z. 1 2 f.), sondern vom Kaiser auch Zusicherungen für eine weitere Beförde rung erhielt (Z. 1 3 ) . D: Innerhalb des Zeitrahmens der Briefgruppe (s.o., T 0334, D) kommt nur die Zeit vor der Entlasssung des Kyd., also vor Frühjahr/Sommer 1386 (s.o., T3 1 8 , BKyd) i n Frage, weil Kyd. danach nicht mehr über soviel Einfluß beim Kaiser verfügte, um eine Sache bei ihm so erfolgreich wie diese regeln zu können (Z.6. 12- 14). 11. BKyd: Zum Einfluß des Kyd. bei Ioannes V. s.o., D. Xl: Ein Kaiser (Z.4. 12. 14), zweifellos Ioannes V., in dessen Dienst sich Kyd noch befindet. Er hat inzwischen die Angele genheit des E zu dessen Zufriedenheit geregelt. X2: Ein gewisser Prankos (IIQo.yxo�, PLP 23665 ), sonst unbekannt, der mit Hilfe des Kyd. die Gegner von E bekämpfte und beim Kaiser für E vermittelte. 111. Hss: A 3 0v, Nr. 4; U 42rv, Nr. 58. IV. 1 W.: ELOW� Ö'tL OEi: 'tOtmp xat. 'tfJ� EllfJ� YAW't'tTJ�, EL IlEAAOL 'tL O1Jvoi:aov aOL JtQo.;ELV cHQaxAfJ�. Grammatisch kann sich 'tO'lJ'tq.> auf den Kaiser ( Z.4), auf Prankos und auf den folgenden Heraldes beziehen. Am sinnvollsten erscheint mir der Bezug auf Herakles (s.u., A.2); daraus ergibt sich die obige Übersetzung. 2 Iolaos, Neffe des Herakles, gehört zu dessen häufiger genannten Kampfgefährten; er war ihm u. a. bei der Vernichtung der Hydra, einer neunköpfigen Wasserschiange, die im Bereich des Lernäischen Sees in der Argolis ihr Unwesen trieb, behilflich. In der hier verwen deten Metapher ist Herakles wohl mit Prankos, Iolaos mit Kyd. identisch. Der Satz soll dann bedeuten: Prankos sah ein, daß er ohne Kyd. machtlos sei, und gewann ihn daher wie einst Herakles den Iolaos als Bundesgenossen in der Angelegenheit von E. 3 Die Hydra, gegen die Kyd. für E gekämpft hat, sind wohl Intriganten am Kaiserhof. 4 Entsprechende Hilfe leistete Iolaos dem Herakles: Er reichte ihm Fackeln in Form brennender Baumstämme, mit denen Herakles die Wunden der abgeschlagenen Schlangen häupter ausbrannte, um das Nachwachsen neuer Köpfe zu verhindern. Hier sind damit natür lich neue Gegner des E gemeint. 5 Anspielung darauf, daß Kyd. gegen die Intriganten noch eine zusätzliche « Waffe» ein setzte. Was darunter zu verstehen ist, muß offenbleiben, aber sie brachte jedenfalls den Geg ner «zu Tode» , d. h., sie machte ihn unschädlich. 6 Kyd. fühlt sich dem Freund so eng verbunden, daß dieser seine Hilfe genau wie Selbst hilfe verstehen soll.
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üBERSETZUNG UND KOMMENTAR
0337 L: 298; OKyd: Konstantinopel; E: Ein Freund; OE: Konstantinopel; D: Ca. 1 3 8 3 - 88; wI: Bitte an einen literarisch bewanderten Freund, eine soeben verfaßte Abhandlung vor ihrer
öffentlichen Verlesung durchzusehen und nach Möglichkeit stilistisch zu verbessern.
Unsere Abhandlung ist fertiggestellt. Sie bedarf aber der Freunde und der Ohren, die sie zu beurteilen verstehen. Dies ist beides bei dir (zu finden). Denn deine Ohren, gereinigt durch die Beschäftigung mit den 5 antiken (Autoren), können wohl Abhandlungen besser beurteilen als der
Stein das Gold zu prüfen vermagl. Da du es aber um der Freundschaft willen nicht erträgst, dich bei denen lächerlich zu machen, die dem Freund zuhören2, wirst du gewiß das Fehlerhafte verbessern. Komm also, um die Abhandlung zuerst selbst3 anzuhören und sie (dann) durch kunstgerechte Streichungen und Ergänzungen wie eine Statue zu schmük ken. K 1. OKyd: Kyd. ist an seinem gewohnten Aufenthaltsort zu vermuten. E: Aus der Bitte des Kyd. um Durchsicht seiner Abhandlung (A6yo�) ist auf den Bildungsstand des Freundes zu schließen. OE: E, eingeladen, zur gemeinsamen Lektüre und zur Korrektur der Abhand lung persönlich zu kommen (Z.7-9), hält sich zweifellos am gleichen Ort wie Kyd. auf. D: Wie T 0334. 11. BKyd: Wie hier lädt Kyd. auch sonst gelegentlich in seinen Briefen Freunde zur Durchsicht seiner Schriften ein (s.o., Bd. II, T 0223; ferner in diesem Band: T 0297; von den noch nicht übersetzten Briefen sind noch L347 und 384 zu vergleichen). III. Hss: A 30v, Nr. 5; U 42v, Nr. 59. IV. 1 Es handelt sich hier wie T248, A.10 um die feminine Variante des Wortes Ä.ceo� (Stein), aber nicht (wie dort) um den Magnetstein, sondern um den Stein, mit dem man die Echtheit des Goldes prüft (ßaaavo�) . Gemäß LSc, S.v. ßaaavo�, hinterläßt reines Gold, wenn man es an diesem Stein reibt, an ihm einen gelben Abstrich. Ein frühes Beispiel für die meta phorische Verwendung dieses Phänomens ist PIGrg 486d. 2 Sc. bei dem üblichen Vorlesen vor einem größeren Publikum im sog. 8ea'tQov. 3 Das in der Edition stehende ou'to� ist (wie Einblick in den Film der Hs A zeigt) in au'to� zu korrigieren.
0338 L: 301; OKyd: Konstantinopel; E: Ein befreundeter Arzt; OE: Konstantinopel; D: Ca. 1383 - 8 8; wI: Kydones leidet an Zahnschmerzen und bittet den Adressaten um einen baldigen Krankenbesuch.
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BRIEFE
T0337-033 9
Nun ist die Zeit gekommen, daß du deine (ärztliche) Kunst, was die Zähne betrifft, an einem Mann erweisen kannst, der dein Freund ist und alle überzeugen kann, daß man auf dich wie auf Asklepios hören muß. An jenem Tag nämlich, an dem ich zu dir sagte, ich verspürte Schmerz,
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überkam er mich, als ich heimkehrte, so heftig, daß mir Nahrung und Schlaf verwehrt waren und ich hungernd und wachend ständig die Hand bereithielt, den (ausfallenden) Zahn aufzufangen. Und bis jetzt bin ich in derselben Situation; ich will zu dir laufen und mich deiner ärztlichen Kunst erfreuen, aber das Übel, das sich in meinem Kopf eingenistet hat und mich in die Luft starren läßt, hindert mich daran, denn es hat mich 1 0 allzu grausam angefallen. Doch ist dies (sc. bei dir Hilfe zu suchen) das einzige Heilmittel gegen die Qual, das mir einfällt. Komm also - um Gottes willen! - und erlöse uns von dem Schmerz, oder erleichtere ihn uns wenigstens durch ein Gespräch. K I. OKyd: Kyd. ist an seinem gewohnten Aufenthaltsort zu vermuten. E: Ein befreundeter Arzt, von dem Kyd. im konkreten Fall Hilfe gegen Zahnschmerz erhofft. OE: Da Kyd. ihn kürzlich noch persönlich gesehen hat und er jetzt zu ihm kommen soll, muß auch er wie Kyd. in Konstantinopel wohnen. D: Wie T 0334. 1I. BKyd: Vg1. die grundsätzlichen Bemerkungen über Erkrankungen des Kyd. in Bd. I1 1 , 58 f. III. Hss: A 3r, Nr. 8; U 45r, Nr. 62.
0339 - AN DEN MEGAS CHARTOPHYLAX1 L: 3 1 7; OKyd: Konstantinopel; OE: Konstantinopel; D: Ca. 1383 - 86; wI: Kydones dankt dem Adressaten für sein erfolgreiches Vorgehen gegen eine Frau, die jungen Leuten, unter anderem auch einem Diener des Kydones, durch betrügerische Machenschaften Schaden zu gefügt hat, und bittet ihn, die Angelegenheit auch weiterhin im Auge zu behalten.
Das ist erstaunlich2! Um eines gebeten, hast du zweifach gegeben3• Ich bat (dich) nämlich nur darum, (hinsichtlich der Erfüllung) eines schändli chen Vertrages Aufschub (zu erwirken), du aber warst auf dessen gänzli che Annullierung bedacht. Anscheinend hat dich eine gute Vorahnung (dazu) bewegt, den Freund vor Schaden wie auch meinen Diener vor un geahnten Scherereien zu bewahren und die freche (Schwindlerin)4 zur Vernunft zu bringen, denn sie mußte einsehen, daß sie vom Betrug an
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ÜBERSETZUNG UND KOMMENTAR
jungen Leuten keinen Nutzen haben werde. Gut so, reinige das Terrain, gebiete der zunehmenden Schamlosigkeit Einhalt! Dann handelst du ei nerseits gottgefällig, weil du es dort nicht zu einem Präzedenzfall mit 10 negativen Auswirkungen kommen läßt5; andererseits erhöhst du das Ver
trauen der Nachbarn auf das weibliche Geschlecht, heilst die Pest, (wel che) die Ehen (zerstörte)6, und rettest mir den unleidlichen7 Sklaven, den ich nicht wegen seiner Brauchbarkeit, sondern nur aus Gewohnheit er nähre. K 1. OKyd: Kyd. ist an seinem gewohnten Aufenthaltsort zu vermuten. OE: Der jlEya� XaQ'togeyyoJJ.m ( Unsinn reden) 284, A.9 1tClQExMyw ( unterschlagen, hier: Über schuß erzielen[?]) 0293 , A.5 1tCll) W : 1tCl'Üom ( höre auf; zur Anmahnung eines Gesinnungwandels) 287, 12; 291, 4; zu 1tCl'Üom tOLVUV siehe Bd. 112, Register, S. 662, S.V. 1tCl'Üom. Vgl. auch oben, U<j>LllJJ.L 1tEQEYQLVO� ( Pilger) 323, A.1 1teQuOLv (zur Frage der chronologischen Be deutung) 258, A. 1 7 1tAO'Ü�: siehe ÖEUtEQO� 1tAO'Ü� 1tVE'ÜJJ.Cl ( Atem, zur Bezeichnung der per sönlichen Gegenwart) 243, AA; 278, A.6 1tOALtEU0JJ.m: uVTJQ 1tOALtEUOJJ.EVO� ( ein Mann des öffentlichen Lebens) 251, A. 1 0 =
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3. GRIECHISCHE STICHWÖRTER, 4.1 EPISTOLOGRAPHISCHES
JtOAL"tLXW� ( in staatsmännischer Verant wortung) 289, A. l l Jt1:;lla"to� (Anspielung auf HomOd 9 , 369) 270, A.2 O'TJIlELov ßaO'LALXOV, "to ( das kaiserliche Herrschaftszeichen) 3 1 6, A.6 O'La"tTJQ (antike Umschreibung für das by zantinische Hyperpyron bzw. Stauraton) 236, A.3; 258, A.2, A.6 (J'UvaywYTJ ( Aufnahme) 3 19, A.8 01JVEÖQLOV, ("to IlEya): 1 . Senat 236, 32; 251, A. 7; 2. das kaiserliche Gericht bzw. Reichsgericht 0340, OKyd, OE, A.2 OUVELIlL Ella1J"t
LA.av8QwJt(a 231, 13; 264, 40 f.; 333, 7, A.5; siehe auch oben, 1 .2, Kaisertugen den <j>QE, pI. <j>QEQLOL (Bezeichnung eines Angehö rigen der lateinischen Bettelorden, hier des Dominikanerordens) 3 14, A.8 =
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4. LITERARISCHES REGISTER 4. 1 Epistolographisches Anklage wegen versäumten Schreibens: 1 . allgemein 239, 8 - 1 0.22 - 30; 269, 4.22.3 1 - 34; 283, 18; 287, 7-9; 309, 9; 3 12, 5 - 7. 1 6 f. 3 6 f.; 323, 1 5 f.; 2. sich von der - freikaufen (Scherz) 239, 2730; 3 . - als Zeichen der Freundschaft 246, 9 - 1 1 ; 3 12, 1 6 f.; 4. vermutete Furcht des Briefpartners vor - 283, A.4; 5. - und Verzeihung 246, 9 - 12; 6. - un verdient 246, 14 f.; 7. Verteidigung ge gen - 3 09, 1 8 Anrede des Briefpartners: 1 . HAUPT (xE<j>aATJ, siehe auch oben, 3, s.v. xo Q1J<j>TJ) 23 1 , A.5 (Kaiser); 3 1 8 , 34 (Des pot); 2. »gewaltige und heilige Majestät« (Kaiser, bei Kyd. ungewöhnliche Anrede) 277, A. 1; 3. SANFTMUT (JtQ