DON
JOHNSON Der Star aus MIAMI-VICE und seine Rock-Karriere von David Hershkovits
BASTEI LUBBE
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DON
JOHNSON Der Star aus MIAMI-VICE und seine Rock-Karriere von David Hershkovits
BASTEI LUBBE
BASTEI-LÜBBE-TASCHENBUCH Band 61112
Deutsche Erstveröffentlichung © 1986 by David Hershkovits and 2M Communications © für die deutsche Ausgabe: Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach Printed in West Germany November 1987 Titelbild: Dick Zimmerman/Shooting Star Einbandgestaltung: Roland Winkler Satz: Fotosatz Böhm GmbH, Köln Druck und Bindung: Ebner Ulm ISBN3- 404- 61112- 8 Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer
Danksagung
Ein Buch wie dieses hätte nicht geschrieben werden können ohne die Hilfe vieler Leute, die mir ihre Zeit geopfert und mich mit fachmännischem Rat unterstützt haben: Victor Bockris, Eric Bogosian, Richard Edson, Frank Edwards, Brigitte Engler, Susan Flinker, Kim Hastreiter, John Marvin, Stanley Mieses, Karen Moline, Eric Nadler, Miguel Pinero, Joel Rose und Michael Shore.
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Als Miami Vice im Herbst 1984 in den Programmheften angekündigt wurde, war es nur eine von 23 Räuber-und-Gendarm-Produktionen, die darauf hoffen ließen, eine zufriedenstellende Einschaltquote zu erzielen. Oder, um es mit den Worten eines US-Kritikers auszudrücken: »Fernsehzuschauer sind auf ihren Kanälen mehr Verbrecherjagden ausgesetzt, als Ashtabula in Ohio Polizisten auf seiner Lohnliste hat.« Seit der Cowboyfilmschwemme in den fünfziger Jahren hatte es nicht mehr ein solches Gedrängel von ballernden Helden im Äther gegeben:
Amateurdetektive, Bullen, Privatdetektive; Spezial- und Geheimagenten; Männer, Frauen und Kinder in und auf Streifenwagen, Motorrädern, Hubschraubern und allen möglichen frisierten Fahrzeugen, die das Böse bekämpften, wo immer es sein Haupt erhob.
CBS hatte Cover up mit dem (inzwischen leider verstorbenen) John-Erik Hexum und Jennifer O'Neill, und Murder She Wrote mit Angela Lansbury, als Neuerscheinungen im Programm neben ihren bereits laufenden Krimiserien Magnum, Cagney & Lacy, Scarecrow and Mrs. King, Simon &
Simon, Mickey Spillane und Airwolf — mit einem Hubschrauber als Hauptdarsteller. ABC kam mit drei Serien: Hawaiian Heat, Street Hawk und Jessie, mit Lindsay Wagner in der Hauptrolle, neu auf dem Bildschirm. Den Vogel unter den Fernsehanstalten schoß — mit neun Krimiserien — allerdings die NBC ab, wenn auch bei mäßigen Einschaltquoten, obwohl ihr mit Hill Street Blues vor kurzem ein großer Wurf gelungen war. Diese Trendwende, die sich schon mit The A-Team, Remington Steele und Knight Rider abgezeichnet hatte, sollte nun mit Partners in Crime, in der zwei stramme junge Damen, die blonde Loni Anderson und die brünette Linda Carter, die Hauptrollen spielten, mit Riptide, Hunter, Hot Pursuit und Miami Vice ihre Fortsetzung finden. Den US-Fernsehzuschauern genügt ein kurzer Vergleich ihrer aktuellen mit einem Stapel alter Programmzeitschriften, um zu erkennen, wie groß die Durchfallquote neuer Fernsehserien ist. Selten kommen sie über 13 Folgen hinaus; noch seltener schaffen sie den Sprung in die nächste Programmsaison. Doch das sollte nicht für Miami Vice gelten. Wie zuvor schon Hill Street Blues wird auch Miami Vice unsere Einstellung zu dem Medium Fernsehen verändern. In Fachkreisen war die Serie bereits vor ihrem ersten Sendetermin im Gespräch, freilich nur ihrer technischen Ausstattung wegen. Zu den epochalen Fortschritten, die das Medium Fernsehen auf seinem Weg ins 21. Jahrhundert begleiten werden, gehören Sendungen in Stereo. Miami Vice war die erste Serie, die diesen Versuch tatsächlich wagte.
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Don Johnson 1971 auf einer Party in Los Angeles
Sowohl der zwei Stunden lange Pilotfilm wie auch die ersten zwölf Episoden wurden in Vier-SpurStereoton aufgenommen, — ein Experiment, das für alle zukünftigen Fernsehserien beispielgebend sein sollte. Da jedoch zu jener Zeit nur wenige Fernsehgeräte für eine Stereowiedergabe ausgerüstet waren, bemühte man sich um Simultansendungen bei den Rundfunkstationen, die jedoch größtenteils kein Interesse daran zeigten. Dennoch war die Investition nicht völlig in den Sand gesetzt. Michael Mann erwartete sich von der Stereophonischen Aufnahmetechnik einen höheren Wiederverkaufswert der Mzami-F/ce-Episoden, falls sie später über VideoVerleih-Firmen oder über andere Lizenznehmer vertrieben werden sollten — also in einer Zeit, in der vermutlich schon mehr Haushalte mit StereoFernsehgeräten ausgerüstet sein würden. Ferner erregte Miami Vice durch sein Budget Aufsehen, das größer war als das der meisten TVSerien. Allein für den Pilotfilm wurden vier Millionen Dollar verbraten, und jede darauffolgende Episode verschlang noch einmal über eine Million Dollar in einer Industrie, wo die Produktionskosten für eine Folge selten das Limit von 800.000 Dollar übersteigen. Als Miami Vice dann im Herbst 1984 seine Premiere auf der Mattscheibe feierte, schien das Geld gut angelegt zu sein. >Brandheiß< hieß das Wort, mit dem das Erscheinen der neuen Serie begrüßt wurde.
Die NBC, von der US-Kritik als »die Fernsehanstalt der Nieten und Spinnweben« bezeichnet, war mit seinem Programm regelmäßig das Schlußlicht bei
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der Jahresstatistik der Einschaltquoten gewesen, bis Brandon Tartikoff das Zepter in der Unterhaltungssparte bei NBC übernahm. Risikofreudig, knapp 30 Jahre alt, war er in der Geschichte des Fernsehens der jüngste Direktor auf einem solchen Posten. NBC hatte zwar immer die erste Stelle in den Herzen der Kritiker eingenommen, jedoch die letzte bei den Fernsehkonsumenten, wenn sie eine Station mit unterhaltendem Programm in ihrem Gerät suchten. Tartikoff, Absolvent der Universität Yale, Protege des ehemaligen NBC-Bosses Fred Silverman, dessen Job er übernahm, als man Silverman 1980 den Stuhl vor die Tür gesetzt hatte, war als Kind ein Fernseh-Freak gewesen und in Freeport in Long Island aufgewachsen. Nun, da er selbst Fernsehunterhaltung produzieren durfte, gab es für ihn nur noch einen Weg: bergauf. Sollte er scheitern, war ihm das Beileid einer langen Reihe von Direktoren sicher, die vor ihm auf seinem Stuhl gesessen hatten. Auf dem Weg nach oben ließ er keine Chance aus — und versuchte es sogar mit einem sprechenden Orang-Utan, einem ebenfalls sprechenden Auto, einer Serie mit einer glücklosen Baseballmannschaft der Zweiten Liga und zahllosen anderen Ideen, die ihm am Herzen lagen, mangels brauchbarer Einschaltquoten jedoch von ihm gekillt werden mußten. In jüngster Zeit hatten sich jedoch einige Erfolge eingestellt. Er hatte zäh an Hill Street Blues festgehalten, obwohl die Resonanz der ersten Folgen sehr dürftig gewesen war. Er hatte Family Ties, St. Elsewhere und Cheers für NBC verpflichtet und
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dadurch seiner Fernsehanstalt den größten Zugewinn an Zuschauern in den wichtigsten Altersgruppen zwischen 18 und 49 Jahren gebracht. Das waren statistische Erfolge, die auf die Werbeagenturen Eindruck machten. Schließlich vermochten immer weniger TV-Sendungen bei der Vielzahl konkurrierender Angebote visueller Unterhaltung, zu denen jetzt auch Kabelfernsehen und Heimvideo kamen, ihren Sponsoren interessante Einschaltquoten vorzuweisen. Die Einführung von Videogeräten, Kabelanschlüssen, Satelliten-TV und anderer Programmträger, die das tägliche Unterhaltungsangebot für den Fernsehkonsumenten erheblich vergrößerten, hatten den Einfluß des
Don Johnson mit der Schauspielerin Pamela Miller auf einer Party im November 1971
Mediums Fernsehen auf den Zuschauer (und Werbekunden) verändert. Mit dem Hüpfen von Station zu Station wuchs auch der Appetit für das visuell Aufregende, und viele verfolgten einen einfachen visuellen Erzählfaden mit mindestens dem gleichen oder sogar größerem Interesse wie eine zu einem Plot verwobene Handlung mit einer entsprechenden Charakterisierung der Personen. Das erste amerikanische Video-Clip-Programm MTV revolutionierte mit seiner ständigen RockVideo-Diät das Musikgeschäft und machte aus einem ursprünglich rein akustischen auch noch ein visuelles Erlebnis. Die Rock-Video-Darsteller waren Jugendliche, oft nach der im Augenblick herrschenden Mode gekleidet, die man in den Serien der Fernsehanstalten nur selten zu sehen bekam. Das Bild zum Beat verstärkte den dramatischen Effekt, brachte einen neuen visuellen Rhythmus ins Fernsehen — einen, der besser zu der modernen Welt der ferngelenkten Raketen paßte —, und die durchschnittliche Länge eines MTV-Videoclips schien exakt mit der Zeit übereinzustimmen, mit der heutzutage Zuschauer einer Darbietung noch aufmerksam zu folgen vermögen. Warum sollte der Videoclip-Effekt — Rockmusik, einfache, unmittelbare Aufnahmetechnik ohne Rückblenden, Avantgarde-Kameraeinstellungen und jugendgemäße, in der Regel aggressive modische Akzente — nicht auch in einem ansprechenden Action-Drama verwendet werden ? Und so kam es, daß Tartikoff eines Tages die Worte >MTV-Bullen< auf ein Merkblatt kritzelte und dieses einem seiner bewährten Produzenten über-
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reichte. Solche Merkzettel waren eine von Tartikoffs Eigenheiten. Inspiriert von The Dirty Bozen und The Road Warrior, die er sich übers Wochenende angesehen hatte, schrieb er auf den Block: »ATeam: Die Glorreichen Sieben, das schmutzige Dutzend. Auftrag: Unmögliches und >Road Warrior< zu einem Film verbinden.« Die oben zitierten beiden Worte — >MTV-Bullen< — waren ein Kürzel für das, was Tartikoff in einer neuen Serie haben wollte: Musik, bestechende Bildregie, modisch gekleidete Helden, mit denen sich besonders jugendliche Zuschauer identifizieren konnten. Produzent Michael Mann hatte sich mittlerweile auf die Herstellung von abendfüllenden Filmen wie Thief und The Keep konzentriert, kehrte aber nun, als sich ihm die Aussicht bot, einen neuen Serienstil zu kreieren, zum Fernsehen zurück. Als ehemaligen Drehbuchautor für Starsky &Hutch und Police Station und preisgekrönten Regisseur des Zuchthausdramas The Jericho Mile reizte ihn, wie er sagte, an diesem Projekt, »daß er einen sehr zeitgemäßen, hochmodernen Stil in die Serie hineinbringen konnte.« Schöpfer der Serie war der Drehbuchautor Anthony Yerkovich, als Produzent und Autor von Hill Street Blues schon seit 3 Jahren auf diesem Gebiet erfolgreich. Nach Hill Street Blues hatte er eigentlich das Fernsehen aufgeben und sich auf abendfüllende Filme konzentrieren wollen; doch die Idee, eine neuartige, ungewöhnüche TV-Krimiserie zu entwerfen, war für ihn sehr verlockend. Er hatte sich bereits von der neuesten Entwicklung
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einer kriminellen Szene inmitten der Sümpfe und Wolkenkratzer von Miami faszinieren lassen und entsprechende Zeitungsausschnitte aus Florida gesammelt, ehe man mit diesem Projekt an ihn herangetreten war. »Ich las eine Statistik, derzufolge ein Drittel aller illegalen Einkünfte aus Südflorida stammen«, so Yerkovich. »Ich wollte die Wandlungen einer Region erforschen, die früher das Urlaubsziel für die Mittelklasse gewesen ist. Heute ist Miami so etwas wie ein amerikanisches Casablanca und im Fernsehen eigentlich noch nie richtig gezeigt worden.« Nun gut — der Programmdirektor von NBC war begeistert; Produzenten und Autoren, die Erfahrung mit Unterhaltungsserien hatten, von der Idee angetan. Auch das Geld für dieses Projekt war schon genehmigt — so viel Geld wie niemals bisher für eine Fernsehserie. Es war geplant, die Tonaufnahmen stereophon einzuspielen, die Darsteller in Designermodelle zu kleiden und aus den RockSchlagern, die auf der aktuellen Hitliste standen, die Begleitmusik zusammenzustellen. Blieb nur noch ein Problem — das zweite Wort auf besagtem Zwei-Wörter-Memo: >BullenjaLiving Theatre< war es, die Bühne zur Arena für das weltweite Verlangen nach freier Liebe, freier Verpflegung und freien Drogen zu machen — eine Erweiterung des Lebensstils, wie er von der Woodstock-Generation propagiert worden war. Dons kometenhafter Aufstieg paßte einigen seiner Studienkollegen, die sich monatelang, bisweilen auch jahrelang als Schauspielereleven auf ihren Beruf vorbereitet hatten, nicht so recht. Da kam so
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ein Bursche daher, hat knapp zwei Wochen Unterricht, schnappt sich eine Hauptrolle und ist prompt im Geschäft. Don hatte neben seinem beachtlichen Schauspielertalent, wie er selbst zugibt, schon immer den Hang, seine Karriere zu beschleunigen. Seine Widersacher konnten nicht übersehen, daß er über Energie und das Können verfügte, sich einen Spitzenplatz in seinem Gewerbe zu erobern — und das Talent besaß, sich dort auch zu halten. Dons Ego nahm bei dem Sturm der Entrüstung, den er bei seinen Kollegen entfachte, keinen Schaden. Er nutzte diese Zeit, um eine Tänzerin von der Wanderbühne weg zu heiraten. Ein gemeinsames Leben für das Theater war ihr Ziel — aber daraus sollte nichts werden. Nach zwei Monaten wurde die Ehe annulliert.
Im Dezember '68 kam Sal Mineo nach San Francisco auf der Suche nach Schauspielern für seine Produktion von Fortune and Men's Eyes am Coronet Theater in Los Angeles. Nachdem er Don in seiner Titelrolle in Your Own Thing gesehen hatte, bat er ihn, zu einer Leseprobe nach LA. zu kommen. Nun war Sal Mineo nicht irgendein Produzent, der irgendein Stück inszenieren wollte. Mit zwölf Jahren war Mineo in King and I in der Rolle des Kronprinzen von Siam zu sehen gewesen. Als Teenager hatte er den Plato gespielt — den schwachen, verwirrten und verführten Freund von James Dean in Rebel Without a Cause — und sich damit eine sehr große Gemeinde von Verehrern besonders unter homosexuellen Männern geschaffen. Sexuell
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polymorph und eingestandenermaßen drogenabhängig, hatte Mineo, nachdem er ein paar Jahre lang nur kleine Brötchen gebacken hatte, sein Comeback als großartiges und heißersehntes Ereignis angekündigt. Mineos öffentliches und privates Leben war seit seiner Jünglingszeit als Hollywoodstar ein heiß diskutiertes Thema der Klatschspalten und Magazine gewesen. Anekdoten über seine Affären und seinen abartigen Lebensstil gehörten gewissermaßen zur Allgemeinbildung. »Ich war zu jener Zeit noch supernaiv«, so Johnson. »Ich hatte nicht die geringsten Vorstellungen von all diesen Sachen. Dabei schreckte mich gar nicht so sehr der Gedanke an die Homosexualität. Schließlich hält man es auch auf einer Farm des Mittelwestens für mehr oder weniger normal, daß aus Knaben Jungen werden; und wenn die dann größer werden, schauen sie sich beim Pinkeln schon mal gegenseitig auf den Pimmel, um nachzusehen, wie denn jeder da so gebaut ist. Ich meine, so was schreckte mich lange nicht so ab wie die lüsterne Art, mit der man hier so die Sache betrachtet. Also bin ich nach LA. hinuntergeflogen und habe dort den Super-Coolen gespielt, verstehen Sie ? Ich sage zu ihm [Sal Mineo]: >Hören Sie, wenn Sie annehmen, ich würde mich von irgend jemandem ficken lassen für diese Rolle, sind sie auf dem Holzweg/ Ich drohte ihm sogar mit dem Kadi. Ich sage zu ihm: >Vergessen Sie es. Und ich vergesse meine Karriere und daß ich hier gewesen bin, weil ich mich auf so was nicht einlasse/« Und da bricht Sal in Gelächter aus und erklärt Dons Gehabe für überflüssig, weil kein Produzent,
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der diesen Namen auch verdient, »so etwas« als Gegenleistung für eine Rolle verlangen würde. »Großartig«, antwortet Don, »ich wate meinetwegen eine Viertelmeile weit durch Scheiße. Ich mache alles, was Sie von mir verlangen — nur eines nicht: keine Sexszenen irgendwelcher Art mit mir.« Im Programmheft zu Fortune and Men's Eyes wird Sal als >erotischer Politiken dargestellt: »... Mineo ist als Mann leidenschaftlich, geheimnisvoll, sinnlich, auf eine spielerische Art böse, artistisch, unparteiisch und oft brillant in seinem bitteren Spott. Sein Milieu ist seine Botschaft ... Eine Begegnung mit ihm flößt Angst ein. Das ist gar nicht seine Absicht; es passiert eben.« Ursprünglich von dem Kanadier John Herbert verfaßt, der dem Stück seine eigene Zuchthauserfahrung zugrundegelegt hatte, sollte Fortune and Men's Eyes eine leidenschaftliche Verdammung des Strafvollzuges sein mit der Absicht, ihn, wenn möglich, zu reformieren. In Mineos Version war die eigentliche Botschaft des Stücks der unterschwellige Sex und die Gewalt. Er beschloß, homosexuelle Handlungen, schockierende Redewendungen und sado-masochistische Gewalttätigkeiten in das Stück einzubauen. Mineo zeigte eine Masturbationsszene, eine Vergewaltigung, Defäkation und eine Prügelei zwischen nackten Kampfhähnen. Mineo verlangte nicht von Johnson, daß er durch Scheiße waten sollte. Er verlangte seine Mitwirkung in einem Stück mit aufsehenerregenden Bühnenbildern, von denen ein Homo-Bordellbetrieb, der von vier Häftlingen in ihren Zellen aufgezogen wird, noch das Harmloseste ist. Um die
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dramatische Wirkung noch zu erhöhen, zeigte Mineo das, was bei früheren Aufführungen nur als Vorgang hinter der Bühne angedeutet wurde: eine hüllenlose homosexuelle Vergewaltigungsszene im Badezimmer, in der Rocky, von Mineo dargestellt, sich an Smitty vergreift, dem Neuzugang im Zellenblock — dessen Rolle der neue Jungstar der Truppe spielte: Don Johnson. »Wir haben es mit einer Machtstruktur zu tun«, sagte Mineo, »die bis in die Zellen eines Bezirksgefängnisses hinunterreicht. Es geht dabei nicht so sehr um das Sexuelle, sondern vielmehr um einen Kampf der Insassen mit dem Ziel, einen neuen Häftling zu unterwerfen und zum Sklaven eines Mannes zu machen. Dieser wertet damit seinen eigenen Status im Zellenblock auf.« Die Darstellung derartiger Szenen sind für jeden Schauspieler ein Risiko. Und für einen Jungen, frisch vom Land und immer noch ein Teenager, waren sie ein besonders großes Wagnis. Doch Don bekam das Gefühl, sie seien genau das richtige für ihn, und machte sich mit Feuereifer an die Arbeit. Er, der sich zu seinen exhibitionistischen Neigungen bekannte, der stolz war auf seinen Körper, sein Aussehen und sein Auftreten, wollte nun das Beste aus seinen Talenten machen. Fortune and Men's Eyes hatte am 12. Januar 1969 Premiere mit Sal Mineo in der Rolle des Rocky, eines sadistischen Schlägers, der mit seiner Männlichkeit protzt und alles Perverse zu verabscheuen behauptet, um sich sogleich selbst zu widerlegen und als der schlimmste Sünder von allen zu erweisen.
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Don spielte Smitty, der zum erstenmal einsitzt und die Zelle mit den Worten betritt: »Ich möchte keinem zu nahe treten — aber ich bin nicht schwul.« Während Smittys Unschuld vor unseren Augen korrumpiert wird, sehen wir, wie Rocky seinen Herrschaftsanspruch über Smitty anmeldet, indem er ihn mitnimmt in den Duschraum, ihn entkleidet und sich daraus eine brutal-realistische Szene entwickelt mit einer homosexuellen Vergewaltigung und einem Faustkampf zwischen zwei nackten Darstellern. Um die Theaterbesucher noch besser auf das Stück einzustimmen, wurden die Platzanweiser als Gefängniswärter verkleidet. Im Zuschauerraum war eine Einzelzelle installiert, und während der Pause plärrte eine Lautsprechanlage Kommandos. Das Publikum am Eröffnungsabend war eine dem Milieu des Stückes sehr fernstehende Versammlung festlich gekleideter Hollywood-Persönlichkeiten. Don selbst, bereits ein Mann der Maßanzüge, erschien zur Premierenfeier in einem Jackett im Nehru-Look mit psychedelischem Blumenmuster. Seine Mutter Neil und seine Schwester Jamie waren unter den Premierengästen. Die Kritiken waren so gut, daß Don eine ganze Anzeigenseite in der Daily Variety kaufte, auf der unter seinem Bild und der Überschrift DON JOHNSON STELLT SICH VOR Auszüge aus seinen Rezensionen abgedruckt waren:
»Johnson bezaubert in der Rolle des Jungen, dessen Unschuld sich dem Zuschauer durch die vulgäre Sprache und die perversen sexuellen Wünsche seiner Zellengenossen besonders eingeprägt. Die all-
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mähliche Verwandlung und Entartung zu einem zynischen Tier ist eine beeindruckende Charakterstudie eines ausgezeichneten Schauspielers.« DAILY VARIETY »Der junge Neuling wird mit Einfühlsamkeit und Charme von Don Johnson dargestellt ... Johnson, wohlgemerkt, ist besonders gut. Er ist ein attraktiver junger Mann und ein sein Metier beherrschender Darsteller.« HOLLY WOOD REPORTER »Don Johnson Smitty.«
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eine starke Leistung LOS ANGELES TIMES
als
»Rockys Stellung als der den Zellenblock beherrschende >alte Mann< wird von einem unverdorbenen Neuling erfolgreich angefochten, der von Don Johnson sympathisch und überzeugend dargestellt wird.« HOLLYWOOD CITIZIEN-NEWS »Don Johnson als Smitty ... eine für so einen jungen Schauspieler bemerkenswerte Einsicht und Reife der Darstellung.« HERALD DISPATCH In Anbetracht solcher Lorbeeren fühlte sich Don in seiner waghalsigen Entscheidung bestätigt. Er hatte bewiesen, daß er seine Sache mit Stil, Klasse und Bedeutung tun konnte, ohne damit auf die Nase zu fallen. Es war ein gewaltiger Schritt nach vorn. Er hatte, wie er dem Magazin IN TOUCH erklärte, gelernt, »daß es kaum jemanden gibt, der einen schlecht machen kann, wenn man an das, was man macht, glaubt und es mit Hingabe und Überzeugung 42
tut. Wenn jemand zu mir kommt und sagt: >Ihr macht das ganz falsch; jeder andere ist besser als ihr< — da hätte ich doch meine Zweifel, ob er alle beisammen hat. Denn ich kann jedermanns Trip mehr oder minder akzeptieren. Der mieseste Junkie — ich kann seinen Trip verstehen, nicht weil ich auch ein Junkie wäre — ich bin es nicht —, sondern weil ich es mit anderen Dingen vergleichen kann, auf die ich süchtig bin. Ich kann diese Gier versteJien, diese Sucht nach irgend etwas, weil ich selbst das ausgeflippteste Libidomuster von allen Leuten habe, die ich kenne. Ich habe so viele Laster, daß ich zuweilen das Gefühl habe, ich muß wie ein Verrückter schuften, damit nur ja keines meiner Laster verkümmert.« Bis zu einem gewissen Punkt war Sal Mineo nun von Don besessen und machte ihm zuweilen vergeblich und manchmal nicht so vergeblich Avancen. Wilde Geschichten machten die Runde über das, was die beiden so trieben. Don hat das nie sonderlich bekümmert. Solange die Gerüchte dafür sorgten, daß die Leute nach Karten Schlange standen, brauchte er sich keine Gedanken zu machen. Er wurde sofort zu einem Sexsymbol. Frank Edwards, ein Fotograf der Hollywood-Szene, erinnert sich noch an die Premiere: »Don wollte immer, daß man von Anfang an Aufnahmen von ihm macht. Und als ich ihn in diesem Stück sah, wußte ich — er hat Charme. Aus ihm würde ein Star werden.« Don bekam inzwischen eine rasch wachsende Anhängerschaft von Homosexuellen, die das Stück ein Dutzend Mal und öfter sahen. John Marvin, ein
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Don Johnson, Melanie Griffith und Roman Polanski auf einer Party in Los Angeles im Oktober 1973
Freund, der Dons Werdegang aus der Nähe verfolgte, meint, Don habe die Homos bewußt an der Nase herumgeführt. Er habe ihnen absichtlich eine bisexuelle Rolle vorzuspielen versucht und auch Aktfotos von sich in einem entsprechenden Magazin veröffentlicht, das in Los Angeles erscheint. Mit seiner Bereitschaft, seinen Körper in Szene zu setzen, verdarb Don sich ganz bestimmt nicht die Karriere. Wie bereits das Theater, versuchte nun auch das Kino den Anschluß an die Popkultur. Was war dafür besser geeignet als ein Film aus der Hippieszene, der von der Suche nach kosmischen Wahrheiten vermittels Sex, Drogen und Visionen handelte ? 44
Dons erste Zur-Schau-Stellung vor den Kameras der Filmgewaltigen fand am 11. August 1969 statt, als er sich zu den Dreharbeiten für The Magic Garden of Stanley Sweetheart beim Aufnahmeleiter meldete. Produzent Martin Poll hatte sich Fortune and Men's Eyes angesehen und war mit zwei Stars dieser Theaterproduktion, Don Johnson und Michal Greer, die nun in seinem neuen Film mitwirken sollten, nach New York zurückgeflogen. Magic Garden, ein fiktiver Bericht über das Studentenleben jüngerer Semester an der Columbia-Universität, basierte auf den 73 Seiten eines ulivollendeten Romanwerks von Robert Westerbrook, dem Sohn der Hollywood-Klatschkolumnistin Sheila Graham, der als dritter Regieassistent bei dem früheren PollFilm mit dem Titel The Appointment mitgewirkt hatte. Poll war auch der Produzent des preisgekrönten Films Lion in Winter gewesen, so daß sich Don von Magic Garden viel mehr Klasse versprach, als das Produkt dann haben sollte.
Produzent Martin Poll und sein Regisseur Leonard Hörn hatten sich für Don auf die Rolle des Stanley geeinigt, nachdem sie sich Hunderte von Kandidaten angesehen hatten. Im Juli war eine Anzeige in der NEW YORK TIMES mit der Beschreibung des Darstellers erschienen, den sie suchten: »Stanley Sweetheart ist zwanzig Jahre alt und ein unschuldiges Opfer der modernen Großstadtgesellschaft Amerikas. Gutaussehend, aber schüchtern; sensibel, aber kein Künstler; rebellisch, aber nicht militant, sucht Stanley im magischen Garten seines Bewußtseins nach seiner Identität/ Lebensaufgabe.«
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Regisseur Hörn, ein Veteran aus dem goldenen Zeitalter der Fernsehdramen (Playhouse 90, Route 66, The Defenders, Dr. Kildare, The Untouchables und Mission: Impossible) beschrieb das Projekt als einen Film, »den Frauenrechtlerinnen vermutlich verdammen werden ... schließlich haben wir es hier mit den sexuellen Wunschvorstellungen eines männlichen College-Studenten zu tun, von dem man kaum erwarten kann, daß er für die Gleichberechtigung der Geschlechter wirbt.« In dem Film würden die Darsteller manchmal ganz nackt auftreten, in den Dialogen kein Blatt vor den Mund genommen, Selbstbefriedigung und Orgien unzensiert gezeigt werden. Er sollte die Geschichte eines jungen College-Studenten und dessen Erlebnisse mit Hippies, Marihuana und Sex erzählen. Ein enttäuschter Filmstudent in einer Institution, die der Columbia-Universität sehr ähnelt, steigt aus dem Studium, dem Wehrdienst, der Gesellschaft aus — und landet in einem Magischen Garten überirdischer Wonnen. Sein rasanter Fortschritt auf der Sex-Drogen-Freiheitsroute führt ihn an den Rand des Wahnsinns, wo er nur durch einen Klimasturz vor den fleischfressenden Planzen seines selbsterschaffenen Zaubergartens gerettet werden kann. Hier versucht der Film die sexuellen und drogengesteuerten Phantasiebilder eines orientierungslosen College-Studenten einzufangen, der sich bemüht, Klarheit in sein Bewußtsein zu bringen. Ein Gedicht, für das Plakat verfaßt, das diesen Film ankündigte, bringt die Sache am besten auf den Punkt:
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STANLEYS KLAGE Freiheit ist ein goldenes Byzanz ... Ist ein Magischer Garten, üppig und verschlungen... Alles ist möglich und ... Wir bringen uns sachte gegenseitig um. Freiheit ist die Illusion der Narren... Wenn das Freiheit ist, will ich sie nicht haben. »In vielerlei Hinsicht ist Stanleys Schicksal auch mein Schicksal«, wird Johnson in den Werbeprospekten für den Film zitiert. »Ich habe dieselben Trips erlebt, den gleichen Kampf, um zu mir selbst zu finden. So viele Leute in meinem Alter haben die Wirklichkeit und das, was man Verantwortung nennt, erst einmal erfassen müssen, daß ich glaube, sie werden Stanley und das, was er vertritt, dankbar aufnehmen.« Den Part der jungfräulichen Studienanfängerin, die von Stanley verführt und verlassen wird, sollte Kate Heflin, die Tochter des Schauspielers Van Heflin, übernehmen. Ursprünglich war Jolie Jones, die fünfzehnjährige Tochter des Musikers und Produzenten Quincy Jones, ebenfalls für die Rolle einer der Gespielinnen Stanleys vorgemerkt; aber als ihre Mutter das Drehbuch las, ließ sie Jolie kommentarlos von der Besetzungsliste streichen. Am Drehort lauerten Fotografen auf der Jagd nach heißen Bildern Don oft während der Mittagspause auf, damit er ihnen für ein paar Schnappschüsse Modell stand. Einige Leute, die an diesem Film mitwirkten, waren von dem jungen Star jedoch 47
weniger beeindruckt, wie das Magazin SHOW zu berichten wußte. »Er wird es nie schaffen«, erklärte die Kostümschneiderin. »Ich habe schon mit allen Stars gearbeitet — Newman, Brando, McQueery— und je größer sie sind, um so bescheidener treten sie auf. Dieser Junge ist erst seit einer Woche hier und bildet sich schon ein, er sei John Wayne. Vergiß es, Junge. Du wirst es niemals schaffen. Niemals!« sagte sie. Der Ausstatter hatte seine eigene Perspektive. »Er hat einen wunderbaren Arsch«, sagte er über Johnson. »Darin steckt sein ganzes Talent!« Dons anfängliche Selbstüberschätzung war sicher das kleinste Problem dieser Produktion. Lange Sequenzen einer Begegnung Stanleys mit einem Homosexuellen in einem Cafe mußten einer technischen Panne wegen neu gedreht werden. Ein Gewitter verdarb das ganze Material, das sie in den Nachtstunden aufgenommen hatten. Und als ein Double für Johnson sich für eine Szene fertigmachte, in der Stanley auf einem Motorrad fährt, erklärte Don, daß er keinen Stuntman nötig habe. Er wollte die Szene selbst übernehmen. Er stieg auf den Feuerstuhl, warf ihn an und ließ die Kupplung los. Die Maschine machte einen Satz von drei Metern, ehe sie unprogrammgemäß gegen einen Laternenmast prallte und den Helden wie einen Sack Zwiebeln auf den Boden vor die Kamera schleuderte. Jetzt können die Kritiker wenigstens sagen, daß Stanley zwar einen Bammel, aber keinen Bommel hat«, meinte jemand vom Aufnahmeteam, als Don mit dem Krankenwagen ins Hospital gebracht
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wurde. Zwei Stunden später war er wieder am Drehort, um ein paar Nähte reicher; aber mit geschrumpftem Ego. Einige Leute vom Aufnahmestab betrachteten diesen Vorfall als Wendepunkt — als heilsame Lehre für den jungen Star, die ihn auf den Boden der Tatsachen zurückbrachte. Doch was immer Martin Poll auch unternahm : Er hatte große Mühe, die Leute — zu denen auch Mitglieder seines eigenen Stabes gehörten — davon zu überzeugen, daß er keinen Pornofilm drehte. Man hatte eigens einen Fotografen angeheuert, der die Nacktszenen in einem verschlossenen Atelier abdrehte — freilich in der Hoffnung, PLAYBOY
Als Frischvermählte grüßen ... Don und Melanie mit Cher auf ihrem Hochzeitsempfang in Bel-Air im Januar 1976
würde die Aufnahmen für veröffentlichenswert befinden. Prompt gab es Probleme. Die Werbeagentur, die für Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet worden war, befand, daß es sich hier um Pornographie handelte, und kündigte fristlos ihren Vertrag. Einmal mehr ließ sich Don in einen Skandal zwischen Sex und Exzeß verwickeln. The Magic Garden of Stanley Sweetheart sollte ein Film mit erotischen Szenen sein, der die Möglichkeiten der Selbstbestimmung und eines experimentellen Lebensstils erkunden wollte. Noch unter dem Eindruck des Aufsehens, das er mit seiner Darstellung in Sal Mineos Stück erregt hatte, setzte er seinen Körper abermals für ein exzentrisches Unternehmen ein — und verdiente gutes Geld mit diesem Wagnis. Er hatte als Kind in Kansas und Missouri hart arbeiten müssen und war entschlossen, nie mehr sein Geld auf solche Weise zu verdienen. Das Kino-Business gefiel ihm da schon weitaus besser. Da der Film ausschließlich in New York gedreht wurde, mußte darin selbstverständlich auch eine Kommune vorkommen: mit echten Nichtschauspielern, Underground-Stars aus Andy Warhols Factory, die sich in einem Film, den Stanley selbst dreht, in Szene setzen. Wie jede Hippie-Enklave, die etwas auf sich hält, präsentierte sich diese mit Pop-Postern, verwinkelten Korridoren, flackernden Kerzen, Tapeten aus Aluminiumfolie und Perlschnur-Vorhängen. Die Electric //ead-Kommune hatte mit Joe Dalessandro, Candy Darling und Gerard Malange ihre >StarbesetzungGegenteil< herangerückt wird: Laß mich meine Sexualität lieber als eine bewußte Wahl, denn als eine gegebene,
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unanfechtbare, unangenehme dingtheit erleben.«
bio-kulturelle
Be-
Und als Don nach Hollywood weiterzog, war die Stadt, die ihn mit offenen Armen aufnahm, nicht mehr das Hollywood vergangener Jahre. In der Blütezeit des Studiosystems pflegte ein Schauspieler einen Vertrag von langer Laufzeit zu unterschreiben, und das Studio kümmerte sich dann um alles andere: wählte für ihn die Rollen aus, sorgte für Werbung und Publicity und tat überhaupt alles, was in seiner Macht stand, um seine Karriere zu formen und zu fördern. In Don Johnsons Ära war es Sache des Schauspielers, sich mit Publicity zu versorgen und das Beste daraus zu machen. Die Sicherheiten, deren sich die Schauspieler nach den alten Verträgen erfreuten, waren längst vorbei. An ihre Stelle trat der neue Typ des Hollywood-Schauspielers, der sich seine Richtung selbst aussuchen konnte, dessen Fehler niemand verhinderte, der sein Leben in der Öffentlichkeit einrichten konnte, wie er wollte, und nicht so, wie es ihm ein auf der Zigarre herumkauender Studioboß diktierte. Indem Don nach seiner Ankunft in Los Angeles mit seiner Darstellung in einem prickelnd-sensationellen Stück, Fortune and Men's Eyes, Aufmerksamkeit erregte und sich anschließend wieder für zwei hüllenlose Sexrollen verpflichten ließ, hatte er sich für das Hollywood neuer Prägung in ein ganz bestimmtes Fach eingeordnet. Daß diese Filme kein Geld eingespielt hatten, war nicht so wichtig wie die Tatsache, daß Don in Filmen mitwirkte, die populäre Kultur in das cineastische Bewußtsein zu inte-
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grieren versuchten. Und Johnson, der sich nur zu gern von der gesellschaftlichen Szene Hollywoods mit ihren zahlreichen Wohlfahrts- und Premierenparties vereinnahmen ließ, wurde ein gesuchter Gast und Begleiter für manche von Hollywoods Reichsten. Und man konnte Don Johnson, eine Freundin oder ein neu eingetroffenes Starlet am Arm, bei so wichtigen öffentlichen Veranstaltungen wie der Eröffnung des neuen Paradise-Ballsaales sehen, wo er mit Mac Davis, Lance Rentzel, Hugh O'Brian und Jon Voight zu den geladenen Gästen gehörte. Auch hatte sein Mißerfolg in der Filmwelt seiner Beliebtheit nicht geschadet. »Er hatte seine Fans nicht verloren«, so der Autor Marvin Jones, Chronist der Karriere Johnsons für Homo-Publikationen. »Er war sehr gewieft. Er hatte viele Anhänger unter den Homosexuellen. Er täuschte sie bewußt, indem er sich bisexuell gab. Er ließ sich nackt für entsprechende Magazine fotografieren und tat auch sonst einiges, um die Zahl seiner Jünger zu mehren. Als Stanley Sweetheart ein Reinfall wurde, blieben ihm seine Fans treu. Er wußte, wie wichtig es war, sich dieses Stammpublikum zu erhalten. Dons nächster Film, in dem er seinem Rollenfach als appetitlicher junger Draufgänger, der mit alternativen Lebensformen experimentiert, treu blieb, hieß The Harrad Experiment. Der Roman von Robert Rimmer handelt von einem College, auf dem ein Teil des Studiengangs der Theorie und Praxis der Liebeskunst und der Philosophie der sexuellen Freiheit gewidmet ist. Damals war es ein gewagtes Buch. In der Schule bekommen schüchterne
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Don, Melanie, Tippi Hedren und Warren Beatty
junge Knaben wilde und verrückte Blondinen, unberührte junge Damen ranke und schlanke Lüstlinge als Ausbilder, die ihnen Nachhilfestunden geben. Auf dem Campus gehört der von Don Johnson gespielte Typ zu den aktivsten unter der Studentenschaft, der die Feinheiten des Nacktbadens und des Bettentauschs erforscht. Eine der Lehrkräfte an dieser Schule wird von der Schauspielerin Tippi Hedren verkörpert. Tippi Hedren war, wie Grace Kelly, Vera Miles
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und Eva Marie Saint, als eine von Alfred Hitchcocks kühlen Blondinen berühmt geworden — und gleich diesen mit einer Sinnlichkeit begabt, die sie fast völlig hinter einer beherrschten, damenhaften Fassade versteckte. Hitch hatte sie zehn Jahre zuvor in einem TV-Werbespot für ein Diätgetränk namens SEGO entdeckt, in dem sie sich beim Balzpfiff eines kleinen Jungen umdreht. Vor kurzem geschieden und mit einer vier Jahre alten Tochter namens Melanie im Schlepptau, unterschrieb sie einen Vertrag bei Hitchcock, der sie 52 Wochen jährlich für die nächsten sieben Jahre an ihn binden sollte. Nachdem er Edith Head mit dem Entwurf einer kompletten Garderobe nicht nur für Hedrens Filmproben, sondern auch für ihr Privatleben beauftragt hatte, ging Hitchcock daran, sich Hedren für die Hauptrolle in The Birds (Die Vögel) gefügig zu machen. Berüchtigt dafür, daß er Frauen, die für ihn arbeiteten, Tag und Nacht zu beaufsichtigen pflegte, dehnte Hitchcock seine vertragliche Gewalt auch auf ihr Privatleben aus und diktierte ihr, was sie zu tragen, wo sie hinzugehen und wen sie als Gast zu empfangen hatte. Für die Schlüsselszene von The Birds mußte sich Hedren tagelang lebenden Vögeln aussetzen und sich diese mit elastischen Schnüren am Körper festbinden lassen, damit sich der nötige Horror für den Aufnahmetermin einstellte. Hitchcock wurde immer besessener von ihr und machte ihr unsittliche Anträge bei den Dreharbeiten zu Marnie, was schließlich zum totalen Bruch zwischen ihnen führte. Zehn Jahre später drehte Hedren nun The Har-
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rad Experiment, und ihre inzwischen vierzehnjährige Tochter Melanie Griffith begleitete sie zum Drehort. Intelligent und frühreif, war Melanie auf einem Landgut bei Hollywood aufgewachsen, wo wilde Tiere frei umherliefen. Ihre unkonventionelle Mutter und ihr Stiefvater hatten sie zur Unabhängigkeit erzogen. Melanie und der damals zweiundzwanzigjährige Don Johnson lernten sich bei den Harrad-Aufnahmen kennen und sahen sich dann ein paar Monate lang nicht, während Melanie Urlaub auf den Jungferninseln machte. Als sie kurz vor ihrem 15. Geburtstag wieder in der Stadt war, überredete sie ihn zu einem gemeinsamen Lunch; doch er merkte rasch, daß sie für den Nachtisch eine Überraschung bereithielt. Laut seiner Version dieser Geschichte wollte Melanie nicht länger Jungfrau bleiben und hatte Don für diese Ehre ausersehen. Marvin Jones erinnert sich, daß »Tippi und Don sich nicht besonders vertrugen bei den Dreharbeiten für The Harrad Experiment. Tippi konnte Don nicht leiden, und Melanie machte ihn nur an, um ihre Mutter zu ärgern.« Nachdem Melanie ihrer Mutter erzählt hatte, was passiert war, wurde Don in ihr Haus eingeladen, wo, wie er ROLLING STONE erzählte, »sie alle recht zufrieden waren, daß ich ' es und kein anderer gewesen war, mit dem es eine unangenehme Erfahrung hätte sein können.« Für die nächsten fünf Jahre wurden sie unzertrennliche Seelenverwandte, die oft händchenhaltend durch die Hollywood-Szene streiften und Parties und Premieren gemeinsam besuchten — wie die von Bluebeard mit Richard Burton in der Haupt-
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rolle, zu der sie nach der letzten psychedelischen Mode gekleidet kamen. Ob er nun in seinen Junggesellenhöhlen in Hollywood Hills seine eigenen Parties gab oder irgendwo anders in der Stadt feierte: es machte viel Spaß, mit Don zusammen zu sein. Melanie wohnte daheim bei ihrer Mutter, und Don gelang es, ständig unter Strom zu stehen — mit all seinen Tugenden und Lastern. »Ein typischer Alkoholiker«, sagte er, »bedeutet einen Kasten Bier und mehrere Martinis vor der Hauptmahlzeit, mehrere Flaschen Wein während der Hauptmahlzeit und ein paar Gläschen guten Napoleon-Weinbrand nach der Hauptmahlzeit. Ich genoß stets sehr kostspielige Räusche.« Worauf in sehr vielen Häusern Hollywoods in den >swinging< siebziger Jahren sehr großer Wert gelegt wurde, war das stilgerechte Feiern auf Kosten der Substanz. Mit den Getränken wurden in der Regel immer Marihuana-Joints oder härtere Drogen herumgereicht. Don stellte sich in einem Interview der frühen siebziger Jahre folgendermaßen dar: »Ich bin ein superkompliziertes Wesen. Ich meine damit, daß ich zwar ein sehr einfaches Leben führe; aber insofern kompliziert, als ich ständig eine Menge verschiedenartiger Empfindungen gleichzeitig habe. Ich muß mich einfach mit der Tatsache abfinden, daß ich bestimmte Gefühle habe, die selbst ich nicht verstehe. Aber sie gehören zu mir. Sie sind mir in die Wiege gelegt worden. Wenn Sie nie das Gefühl haben, daß Sie jetzt einfach irgend wen draußen auf dem Korridor packen, auf den Boden werfen, sich die Kleider vom Leib reißen und die irrsten Sachen,
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die ihnen in den Kopf kommen, anstellen wollen — ich meine, wenn Sie dieses Gefühl nie haben, dann brauchen Sie sich auch nie damit zu beschäftigen, und das ist cool. Aber wenn Sie sich vorstellen können, daß Sie so etwas fertigbringen, dann müssen Sie sich damit auseinandersetzen ... Jedesmal, wenn ich den Drang spüre, meinen Trip zu machen, kann ich mich weniger beherrschen, was mir früher leicht fiel. Aber wenn ich aussteigen will, weiß ich, warum — und das kann ich dann eher akzeptieren, als ganz auf den Trip abzufahren. Ich meine, falls meine Partnerin emotional oder körperlich oder geistig nicht in der Lage ist, damit fertigzuwerden oder so etwas Ähnliches, dann bringe ich mich in eine Situation, wo ich mich nur noch in der Phantasie damit beschäftige, verstehen Sie ? Es sei denn, die Sache war von vornherein nicht so wichtig für mich und ich vergesse sie einfach. Ich habe das alles ziemlich gut gemeistert — überwunden oder unterdrückt.« Dons Ruf als Frauenheld wuchs ins Unermeßliche. Eine seiner Ex-Freundinnen berichtet: »Donnie nahm sich immer das aktuelle Starlet — seine Wohnung wimmelte von ihnen, und jeder konnte sehen, warum. Er sah einfach hinreißend aus. Ich meine, er war hübscher als ich.« »Wenn du die Achtung vor dem anderen verlierst«, sagte Johnson, »dann wirst du so wie einer von diesen herumpirschenden geilen alten Männern. Manche Leute, und ich meine damit sowohl Hetero- wie Homosexuelle, sind das allerletzte. Sie wollen dich nicht lieben — sie wollen dich verschlingen. Sie wollen dich besitzen, um sich das aneignen
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zu können, was du bist. Sie wollen mit dir schlafen, um dich zu erniedrigen, dich zu beherrschen. Sie sind ganz besessen davon, wollen es vielleicht gar nicht sein; aber sie sind eben so. Sie sind unfähig, etwas zu geben oder zu empfinden, sind unfähig zu einer echten, aufrichtigen — ob heterosexuellen oder homosexuellen — Liebe. Ich mache da keinen Unterschied, wissen Sie. Für mich ist beides Liebe. Ich bin der Meinung, echte Liebe kann man genausogut von einem Jungen wie von einem Mädchen bekommen. Nun, vielleicht nicht 100 Prozent genauso ... Ein Mädchen kann dir geben, was du von keinem anderen Wesen auf diesem Planeten bekommen kannst, und das ist etwas Superspezielles. Ich will damit sagen, daß ich mich nach einem süßen kleinen fünfzehnjährigen Jungen umsehen würde, falls es da nichts anderes gäbe, als alte Huren und eklige alte verbitterte Frauen. Doch statt dessen habe ich eine junge, süße kleine Freundin, und das genügt mir vorläufig. Aber wissen Sie — alle diese Dinge halte ich gar nicht für so wichtig. Wichtig ist, daß man sich ehrlich zu etwas bekennt, daß man wirklich etwas empfindet, und dieses Gefühl nicht bloß irgendeine unausgelebte Neurose ist oder dergleichen. Wie dieser Junge, den ich kenne und der die Boulevards abgrast — Bullet heißt er, ein unglaubliches Kerlchen. Der süßeste Junge, den man sich als Bekannten nur wünschen kann; aber wenn er in die Nähe von diesen DOMs [Dirty Old Men/schmuddelige alte Männer] kommt, könnte man glauben, er wäre ein kaltblütiger Killer. Aber er ist ein süßer Junge, und Aussehen, Figur und solche Sachen sind ihm völlig egal.
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Er vögelt nicht mit den Leuten, weil sie einen Status haben oder weil sie so gut aussehen oder dergleichen, sondern ihrer Persönlichkeit wegen. Sowas nenne ich wahre Liebe. Für mich ist es keine wahre Liebe, wenn man mit dem Beischlaf eine Absicht verbindet.« Zwischen seinen Filmengagements verdiente Don seinen Lebensunterhalt mit Gastrollen in Shows wie Police Story, The Bold Ones, Young Doctore Kildare, Sarge und Kung Fu. Da seine StudioTourneen in die Jahre fielen, wo es zu den gesellschaftlich legitimen Gepflogenheiten gehörte, daß der Regisseur bei einer Besprechung mit den Schauspielern Drinks und etwas Kokain anbot, lernte Don die sogenannten feineren Sachen zu schätzen. Don mit der Schauspielerin Melinda Naud auf einer Party in Los Angeles im August 1978
Er entdeckte auch, daß es dort eine Menge Barrakudas gab. »Sie wollen keine sein«, sagt Don, »sie sind eben so. Es gibt einen ganzen Zirkel dieser Leute. Wenn du mit einem von ihnen ins Bett gehst, reichen sie dich einfach weiter, und nachdem sie dich herumgereicht haben, lachen sie dich aus.« Im September '73 besuchten Don und Melanie mit prominenten Stars wie Rod McKuen, Terry Melcher, Richard Chamberlain und Dyan Cannon ein Elton-John-Konzert in Hollywood. Dons Haare waren jetzt dunkler; und er blickte mit diesem unverschämt breiten, strahlenden Lächeln in die Kamera, das ihm vermutlich aus so mancher Klemme herausgeholfen hat. Er genoß das Leben in vollen Zügen, gab im folgenden Monat eine Party, die auch Hollywoods berühmt-berüchtigter Regisseur Roman Polanski besuchte. Tippi Hedren gehörte ebenfalls zu den Gästen. »Viele junge Leute waren da«, sagte Frank Edwards, ein freischaffender Fotograf, der älter war als die meisten der Gäste. »Und da entdeckte ich in einer Ecke Yul Brynner, der sich prächtig amüsierte. Also kannte Don schon damals eine Menge wichtiger Leute.« Doch noch war für Don die Bühne der Mittelpunkt der Welt. Sie war es immer geblieben, seit er als kleiner Junge für das Vorsingen eines Liedes einen Vierteldollar bekommen hatte. Sollte der Traum von seiner großen Schauspielerkarriere bereits zu Ende sein, nachdem er in drei Filmen mitgewirkt hatte und nun, mit großen Durststrecken dazwischen, von einer Gastspielrolle zur nächsten driftete ?
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Eine Karriere als Schauspieler verlangt noch immer mehr Arbeit als eine Festanstellung mit Vierzig-Stunden-Woche. Und eines Tages wollte er schon alles hinwerfen, in die Berge ziehen und den Rest seiner Tage mit Gitarrespielen und seiner kleinen süßen Freundin verbringen. Der Tag mochte kommen, spürte er, wo er dieses Lotterdasein in Hollywood satt haben würde, ganz anders leben, vielleicht wieder auf eine Farm wollte, um Kohl anzubauen und die übrige Welt einfach hinter sich zu lassen. Im folgenden Jahr zog Melanie mit ihm zusammen, und ihre Mutter schloß sich ihnen an, wenn sie Premieren, Parties und sonstige Veranstaltungen besuchten. Bei der Premiere von Sea Marks, ein neues Stück von Gardner McKay, wurde Don mit kurzer Lederjacke und schulterlangen Haaren fotografiert. Tippi trug einen Pelzmantel, und Melanie war noch immer etwas pummelig, mit Babyspeck und Sommersprossen. »Sie war reif für ihr Alter«, erzählt eine Bekannte, »aber eben schon in sehr jungen Jahren reif.« Auf Dons Drängen hin gab Melanie ihr Filmdebüt in Arthur Pens Night Moves. Sie war auf einer 32 Morgen großen Ranch zusammen mit Tigern, Löwen und Leoparden aufgewachsen, und man hatte ihr viel Freiraum für die Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit gelassen. Seit ihrem zehnten Lebensjahr hatte sie für ihren Stiefvater, den Regisseur und Agenten Noel Marshall, die Vorauswahl von Drehbüchern vorgenommen. Wenn Melanie sagte: »Nein, das ist zu dumm«, machte er
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sich gar nicht erst die Mühe, das Manuskript zu lesen. Don bereitet sich gleichzeitig auf seine Rolle in A Boy and His Dog vor, einem Science-Fiction-Film nach einer Story von Harlan Ellison. Die Regie sollte der Charakterdarsteller L. Q. Jones übernehmen, der bisher so billige Streifen wie The Devü's Bedroom und The Brotherhood of Satan gedreht hatte, ehe er auf die Ellison-Story stieß. Wieder eines dieser umstrittenen Projekte, auf das Don sich hier einließ. Die Geschichte spielt im Jahr 2024 in einer postapokalyptischen Welt, ein Vorläufer der Mad-Max-Filme. A Boy and His Dog schildert die Abenteuer, die der junge Vic (Don Johnson) und dessen telephatischer Begleiter, ein Hund namens Blood, in der Zukunft erleben. In einer Welt, wo Frauen knapp und sehr begehrt sind, wird Vic, der unverwüstliche Schürzenjäger, in eine Topeka in Kansas nachempfundene Untergrund-Gemeinde gelockt, wo die Männer steril sind und daher ein großer Bedarf an potenten Vertretern ihrer Rasse herrscht. Das Topeka in A Boy and His Dog ist ein Stück Mittelamerika der dreißiger Jahre, gebaut in Erwartung eines atomaren Feuersturms. Unter der wohlwollenden Diktatur eines Komitees, das von Jason Robards angeführt wird, hat die Geseilschaft einen Plan zur Rettung ihrer Spezies ausgebrütet. Man teilt Vic mit, daß die Gesellschaft ihn für Schwängerung von dreißig ihrer jungen Damen Vermehrung der Bevölkerung benützen werde. findet das großartig, bis er erfährt, daß man nicht auf die von ihm erhoffte amouröse Weise ein-
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die zur Vic ihn
setzen, sondern ihn an eine künstliche Besamungsmaschine anschließen will, die 24 Stunden täglich seine Spermien absaugt. Als A Boy and His Dog 1974 auf die Leinwand kam, erschien Don etwas schlampig angezogen zur Premiere in einem viel zu kurzen Hawaii-Shirt. Melanie, die mit ihren Dauerwellen etwas gereifter wirkte, trug dazu eine Mickey-Mouse-Armbanduhr und eine große Umhängetasche. Ein paar Monate später fällte VARIETY sein Urteil: »A Boy and His Dog ist ein Machwerk ... eine dilettantische Mischung alberner Witze, chaotischer Kampfszenen und törichter Binsenweisheiten.« 1975 starb Dons Mutter an Krebs und den Folgen ihrer früheren Trinkgewohnheiten. Er hatte seit einem Jahr von ihrer Krankheit gewußt und getan, was er konnte, sie zu einer Diät anzuhalten und dem Alkohol zu entwöhnen und sie zu diesem Zweck in eine entsprechende Klinik geschickt. Don hat das zwiespältige Verhältnis zu seiner Mutter, einer hübschen Frau, die früher als Kosmetikerin gearbeitet hatte, in einem Interview so charakterisiert: »Ich konnte sie nicht ausstehen. Ich liebe sie unheimlich, verstehen Sie ? Aber ich kann sie nicht ertragen.« In späteren Jahren, als er schon etwas erwachsener war, hielt er sie für eine intelligente, lustige, eigensinnige, starke Frau mit mystischen Neigungen, und glaubte, daß ihr Bewußtsein sich auf einer höheren Ebene bewegen müsse. Seine persönliche Situation nach dem Tod seiner Mutter wurde noch dadurch kompliziert, daß er zwar ständig arbeitete, mit seiner Karriere aber nicht voran kam. Im Gegensatz dazu schien Melanie
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ein Senkrechtstarter zu sein, die mit drei Filmen gleichzeitig Premiere hatte. Außer in Night Moves spielte sie noch in The Drowning Pool, und zwar die einen älteren Mann (Paul Newman) herausfordernde Lolita und in Michael Ritchies Smile eine süße, verführerische und dumme Kandidatin eines Schönheitswettbewerbs. Newsweek brachte ein Porträt von ihr, in dem Don Johnson als ein Schauspieler, angehender Sänger und Star des rasch vergessenen Harrad Experiment Erwähnung findet, >der im Laurel Canyon mit der gerade siebzehn gewordenen Melanie Griffith zusammenlebte Als A Boy and His Dog in den Verleih kam, wollten die meisten Kinos den Film gar nicht haben. Nach dem Tod seiner Mutter, als Dons Karriere im Abwärtstrend begriffen und seine Beziehung zu Melanie problematisch geworden war, wandte er sich häufiger denn je Alkohol und Drogen zu. Mit Beginn der Dreharbeiten für Return to Macon County wurde Don in den Fachzeitschriften nur noch als Fernsehdarsteller, nicht mehr als Filmstar apostrophiert. Macon County spielt in den späten fünfziger Jahren und erzählt die Geschichte von ein paar jungen Leuten, die sich mit frisierten Autos Straßenrennen liefern und in Gewalttaten, Sexorgien und einen Mord verwickelt werden. Macon County, eine Fortsetzung von Macon County Line, war Nick Noltes erster Film und zeichnete sich vor allem durch seinen Soundtrack aus, in dem Fats Domino mit Fm Gonna Be a Wheel Some Day, Sandy Nelson, Eddie Cochran, die Gruppe Fleetwood Mac, Richie Nelson, Freddie Cannon und die
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Ventures zu hören sind. Don spielte Kumpel, einen einfachen Jungen vom Land.
Nick
Noltes
Inzwischen war seine Beziehung zu Melanie definitiv ins Rutschen gekommen. Beide gingen jetzt ihre eigenen Wege, und Don freundete sich mit der ehemaligen Miß Welt, Marjorie Wallace, an. Doch die Gefühle für Melanie waren noch stark. »Ich hatte den Abend und fast die ganze Nacht mit Marjorie Wallace verbracht, verließ ihre Wohnung und kehrte in meine zurück«, berichtet Don, »als Melanie mich um vier oder fünf Uhr anrief. Wir schworen uns gegenseitig ewige Liebe, flogen nach Las Vegas und heirateten.« Der Versuch, ihr Verhältnis zu neuem Leben zu erwecken, hatte einen gelungenen Start, als sie aus Las Vegas zurückkamen und zu einem Hochzeitsempfang im Haus einer Freundin, Scott Lanvin, in Bel-Air in Kalifornien gingen. Die Braut wirkte in ihrem enganliegenden ärmellosen Sweater, der an den richtigen Stellen Löcher aufwies, fraulich und sexy. Zu den Gästen gehörten die Mutter der Braut, Tippi Hedren, Warren Beatty, Roman Polanski, Cher, Lance Rentzel, Margaux Hemingway, John Phillips, Dino Martin jr., Desi Arnaz jr. und Nick Nolte. »Sie kamen nicht nur hin, sie werden ihn auch gemocht haben«, berichtete Frank Edwards. »Nun — auf eine Party mehr oder weniger kam es bei ihnen bestimmt nicht an.« Im Februar erhielt Don verdientermaßen den goldenen Scroll Award, den Preis als bester Darsteller des Jahres, von der Akademie der Science-fiction- und Horrorfilme für seine Rolle in A Boy and
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His Dog. Obwohl der Film von den Kritikern verrissen wurde — Don agiert in den meisten Sequenzen dieses Streifens mit einem Hund! — bildete sich eine große Kultgemeinde, die sich bis zum heutigen Tag gehalten hat. Mit einem gesellschaftsfähigen Smoking bekleidet, stolz seine Frau am Arm führend, kam Don zur Verleihungszeremonie. Allerdings waren weder die Fütterwochen noch die Ehe von Dauer: keine zwölf Monate nach ihrer Blitzreise nach Las Vegas trennten sich Melanie und Don. Sie wollte sich auf ihre kommende Filmkarriere konzentrieren, Don suchte Engagements beim Fernsehen. 1977 spielte er in einem TV-Film mit dem Titel Big Hawaii, der laut WASHINGTON POST »große Langeweile« auslöste — allerdings war er »mit einer Reihe erfrischender junger Darsteller besetzt, denen man nur wünschen kann, daß sie zu besseren Projekten fortschreiten können. Die Premiere hatte noch einen Lichtblick in Don Johnsons Darstellung eines unzuverlässigen, aber geselligen Nomaden.« Anläßlich eines Essens im Century Plaza Hotel, das die Fernsehgesellschaft ABC gab, wurde Don in der Presse als Ex -Gatte von Melanie Griffith erwähnt. Und er machte keinen sehr gepflegten Eindruck mit seinen mehrere Tage alten Bartstoppeln, den langen Haaren, seinem wie üblich bis zur Brust hinunter aufgeknöpften Hemd und den bis zu den Ellenbogen hinaufgeschobenen Jackenärmeln. In diesem Zusammenhang wurde auch eine neue Fernsehserie erwähnt, die den Titel Two-5 tragen und in der Don Johnson die Hauptrolle spielen
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sollte; doch von diesem Projekt hat man danach nie mehr etwas gehört. Im Januar wurde Amateur Night at the Dixie Bar and Grill ausgestrahlt — »einer der besten Filme, die je für das Fernsehen gedreht wurden ... ein Beweis, daß auch der Filmemacher mit eigenem Stil eine Zukunft im Fernsehgeschäft hat, und nicht nur der pasteurisierte Quark aus der Atelierfabrik ...« schrieb der Kritiker der WASHINGTON POST. »Hier wird konzeptionell und mit schlichten erzählerischen Mitteln mehr geboten als in manchen Filmen, die zwei oder drei Abende zum Abspulen ihrer Handlung brauchen.« Joel Schuhmacher, Autor des Filmmanuskripts von The Wiz, schrieb das Drehbuch und führte Regie in dieser Bildschirmoper, die eine Nacht in einem heruntergekommenen Rasthaus an der Landstraße schildert, wo hoffnungsvolle Nachwuchstalente mehr oder minder vorbereitet und in mehr oder minder mitgenommenem Zustand sich vor einem Auditorium sympathischer Ganoven produzieren. Henry Gibson spielte den Richter in diesem Wettbewerb der Talente, und zu den angehenden Künstlern, die sich mehr oder weniger gut aus der Affäre ziehen, gehörten Candy Clark, bekannt aus American Graffiti und Citizen Band, Tanya Tucker in ihrem TV-Debüt als lampenfiebergeplagte Sängerin und Fast Ast, aus der Schule Andy Warhols. Zu den Gästen der Kaschemme zählte auch Don Johnson als ein schon fast erwachsener Jugendlicher mit Spitznamen Cowboy, in den die Kellnerin, die von Joan Goodfellow verkörpert wird, fürchterlich verknallt ist. »Wie Goodfellow auf
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die Bühne geht, um ihn wissen zu lassen, was sie für ihn empfindet, ist schon sehr geschickt in Szene gesetzt und Johnson und Goodfellow sind beide attraktive und beeindruckende Darsteller«, hieß es in der Kritik. Don wurde nun häufig mit Tanya Tucker zusammen gesehen und besuchte ihre Shows in Lokalitäten wie dem Roxy oder dem Rainbow. Seine Schwester, die Liedermacherin Jamie Skylar, die so niedlich und entwaffnend lächelte wie ihr Bruder, nahm ebenfalls an einer solchen Show teil. Er selbst wurde gerade für Ski Lift fo Death verpflichtet. Heute betrachtet er diesen Film als den Tiefpunkt seiner Karriere. »Ich hatte noch immer meine schauspielerischen Fähigkeiten unter Kontrolle«, berichtet Johnson über diese Phase, »aber nicht unter Alkoholeinfluß. Bei der Arbeit trank ich nichts und nahm keine Drogen. So diszipliniert war ich noch. Aber ich glaube, beides beeinflußt einen trotzdem unterschwellig und beeinträchtigt das Reaktionsvermögen, die Aufnahmefähigkeit und Kreativität.« Trotzdem sprach sich herum, daß Johnson mindestens eine Rolle verloren hatte, weil er dermaßen verkatert zu den Aufnahmen erschien, daß er nicht arbeiten konnte. Einmal soll er sogar so voll gewesen sein, daß er angeblich ein reiches Mädchen heiratete — weil er es für einen Spaß hielt. Die Ehe wurde ein paar Tage später annulliert. Auch das Kokain wurde, je mehr er trank, zum Problem, weil er beides zugleich zu sich nahm und Drogen und Alkohol sich gegenseitig in der Wir76
kung verstärkten. Seine Probleme verschlimmerten sich nach der Trennung von Melanie. Wie schwierig die Zeit ihres Zusammenseins auch gewesen sein muß — das getrennte Leben war offenbar auch keine Lösung. Melanie fing an, regelmäßig Heroin zu nehmen; inzwischen konnte sie davon loskommen. Und Don genehmigte sich Alkohol, Kokain und Marihuana durcheinander. Bei allem Auf und Ab seiner Karriere hatte Don doch nie die Musik aufgegeben und stets seine Gitarre in der Nähe, damit er sich zu einem Lied begleiten konnte. Ein Freund von Dickie Betts, der erst zur Allman Brothers Band gehört hatte und sich später den Great Southern anschloß, hatte mit ihm zusammen ein paar Songs verfaßt, die dann auf einer LP mit dem Titel Englightened Rogues herausgebracht wurden — das Album, das die Band 1979 wiedervereinigte. Die Allman Brothers Band hatte sich aufgelöst, nachdem Gregg Allmans persönlicher >RoadieReisemanager< und Tournee-Organisator, wegen Drogenhandels verhaftet und verurteilt worden war. Man hatte allen Mitgliedern der Band Straffreiheit zugesichert, wenn sie den Namen ihres Drogenlieferanten preisgeben würden. Der Verrat an einem Mann, der im Grunde nur tat, was Allman von ihm verlangt hatte, schokkierte Betts dermaßen, daß er erklärte: »Wir können nie mehr mit Gregg arbeiten.« Aber jetzt waren sie wieder in den Hitlisten, und innerhalb von 14 Tagen hatten sie die Schallplatte aus Platin. So ist das mit dem Rock & Roll! Don, der mit der Musikszene in latenter fühlung geblieben war, besuchte eines Tages eine
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Don Johnson mit der Schauspielerin Lyne Moody auf einer Party zu Ehren der Muppets im April 1979
Party für Ocean Records, einem neuen Schallplattenlabel, die im Sun-and-Sea-Club im kalifornischen Santa Monica stattfand. Es war eine formlose Angelegenheit. Don erschien ohne Schlips, mit offenem Kragen und auf die Stirn geschobener Sonnenbrille. Wenig später kam er zu einer Party in Cocoanut Grove, mit der die Muppets in Hollywood willkommen geheißen wurden. Das war eine ziemlich feierliche Veranstaltung, bei der er einen Smoking zu seinen langen Haaren tragen mußte, und seine Verabredung für diese Party war Lyne Moody, eine Schauspielerin, die in Roots mitgewirkt hatte. Zu den Gästen gehörten auch Peter Falk, Jane Seymour und Loni Anderson.
Immer noch ständig, wenn auch unauffällig, werkelnd, war Johnson als nächstes in The Rebeis zu sehen, einem vierstündigen Zweiteiler — Universals Nachfolgefilm zu The Bastard, mit dem die Werke des Bestseller-Romanciers John Jakes erstmals auf die Mattscheibe kamen. »Der Film erfüllt nicht einmal den Mindeststandard der für das Fernsehen zulässigen Banalität«, urteilte die WASHINGTON POST. »Es ereignet sich alles auf eine verschwommen-nebelhafte Weise, als würde man in einem Krankenhausbett, vollgepumpt mit Betäubungsmitteln, sein Essen hinunterwürgen.« Und wieder wird Johnsons Darstellung, wie schon so oft in einem Flop, als »gewandt« bezeichnet. »Aber das Ensemble ist kopflastig mit unglaubwürdigen oder langweiligen alten Gesichtern, die auf eine absurde Art bedeutende Persönlichkeiten verkörpern, wie sie selbst in den abgedroschensten Historienschinken besser präsentiert werden.«
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From Here to Eternity, mit William Devane in der Hauptrolle, war Dons nächstes Abenteuer in der Fernseh-Fabrik. In dieser Serie, die sich auf eine schon zuvor ausgestrahlte Miniserie stützte, spielte er eine neu eingeführte Figur, Jefferson David Prewitt: einen Handelsmatrosen, der unerlaubt sein Schiff verläßt, um den Tod seines Bruders Robert E. Lee Prewitt zu untersuchen, der am Schluß der Miniserie ums Leben gekommen war. Außer ihm gehörten noch Kim Bassinger und Barbara Hershey zu den Hauptdarstellern. Es war eine Neuverfilmung des Bestsellers von James Jones über das Soldatenleben im Vorkriegs-Hawaii, der, erstmals 1953 mit Frank Sinatra und Donna Reed in Szene gesetzt, beiden Darstellern einen Oscar eingebracht hatte. Bei den Dreharbeiten zu diesem pikanten Ehebruch-Rührstück lernte Don Steve Bauer kennen, einen vielversprechenden Schauspieler, den er professionell und privat unter seine Fittiche nahm. Er stellte ihn seiner Ex-Gattin Melanie vor — die sich dann schließlich mit Steve trauen ließ. Die Serie der Flops setzte sich mit Beulah Land fort, einer in Mississippi verfilmten Familiensaga aus dem amerikanischen Bürgerkrieg. Mit Ann Warren, Eddie Albert, Hope Lange und Don Johnson in den Hauptrollen wurde die Serie abermals ein verheerender Reinfall. Nichts schien mehr zu klappen. Da beschloß Don eines Abends, bei Mr. Chows zu essen, einem eleganten Treffpunkt Hollywoods und teuren chinesischen Spezialitätenrestaurant. Als er dort ankam, sah er Tanya mit ihren Freunden
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an einem Tisch sitzen, und beschloß, sich erst einmal in die Bar zurückzuziehen und etwas zu trinken. Die Schauspielerin Patti DÄrbanville, die an einem anderen Tisch saß und ebenfalls mit Freunden dinierte, entdeckte ihn am anderen Ende des Raums an der Bar. Sie stand vom Tisch auf, setzte sich zu ihm und fragte ihn, wie oft er verheiratet gewesen sei. »Dreimal«, antwortete er. »Na, dann beglückwünsche ich dich zu Nummer vier«, sagte sie, und am Ende dieses Abends landeten sie bei ihm in der Wohnung um dort, wie sie behauptet, acht Nächte hintereinander im Bett zu verbringen. »Ich entdeckte seine liebenswürdige Erscheinung am anderen Ende eines Speiseraums. Meine Freundin und ich sahen uns an. Dann stand ich gleichzeitig mit ihr auf, und wir fingen beide an zu laufen — aber ich war zuerst an der Bar. Ich kann es immer noch nicht glauben, daß ich Don buchstäblich nachgelaufen bin. Ich zog noch am gleichen Abend zu ihm, und wir kamen die ganze nächste Woche nicht aus dem Bett.« Wieder ließ Don sich mit einer Frau von furchtgebietendem Format und buntbewegter Vergangenheit ein. Patti war im zarten Alter von drei Jahren beim Wettbewerb in Bloomingdales Kaufhaus als schönstes Baby prämiert worden. Drei Jahre lang spielte sie dann im Fernsehen ein Baby, das zu Werbezwecken in der Badewanne saß und über seine Ivory-Seife sagte: »Und sie schwimmt!« und »Kaufen Sie sie noch heute!« Sie wuchs in Greenwich Village auf, wo ihr Vater als Barkeeper arbeitete. Ihre Mutter war Artistin, und mit 13 bekam Patti einen Job als Disjockey im Cafe Figaro. Im Jahr
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darauf gab sie die Schule auf und lernte in diesem Cafe Andy Warhol kennen, der sie in einem Film unterbringen wollte, womit ihre Mutter allerdings nicht einverstanden war. Ein paar Jahre später, als sie hinter der Theke von Max' Kansas-City-Bar arbeitete — dem bevorzugten Treffpunkt der Rock & Roll-Intellektuellen — sah sie jemand und meinte, sie gäbe ein hervorragendes Fotomodell ab. Mit ihren grünen Schlitzaugen, ihrer Stupsnase und ihren honigblonden Haaren gelang es ihr, die Starfotografen Richard Avedon und Bert Stern zu Probeaufnahmen mit ihr zu überreden. Mit diesen ging sie zu Wilhelmina, die sie als ihr kleinstes Modell — fünf Fuß und vier Zoll —, das sie jemals unter Vertrag genommen hatte, in ihre Agentur aufnahm. In seinem Buch über die Schönheit beschreibt der Fotograf Francesco Scavulo Patti als eine »köstliche Schönheit von der Qualität eines Kätzchens — klein, sexy und feminin.« Als Siebzehnjährige bekam sie 1968 eine Hauptrolle in Flesh, einer Produktion des Andy-WarholProteges Paul Morrissey. Flesh handelt von einem jungen Ehepaar und den Bemühungen des Ehemanns Joe, sich zu verkaufen, um das Geld für die Abtreibung der Freundin seiner Frau zusammenzubekommen. Als Joe nach Hause kommt, ertappt er seine Frau zusammen mit ihrer Freundin (Patti) im Bett — und schließt sich den beiden an.
Johnson auf einer Party in Santa Monica im Mai 1979
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Nach diesem Film ging Patti ins Ausland, um in Großbritannien, Frankreich, Westdeutschland und Italien zu arbeiten. Eigentlich wollte sie nur drei Monate in Europa bleiben, doch es wurden fünf Jahre daraus. In Paris nahm sie zwei Monate hindurch sechs Stunden täglich Französisch-Unterricht bei einem Privatlehrer, was sie in die Lage versetzte, eine kleine Rolle in dem französischen Streifen La Maison zu übernehmen. Sie wirkte auch in La Saignee — The Bloodletting mit und in einem in Paris gedrehten Warhol-Film mit dem Titel L'amour. 1972 kehrte sie nach Amerika zurück und studierte dort das Schauspielfach, ehe sie im darauffolgenden Jahr nach Los Angeles zog und sich dort das Geld für die Miete in einer Boutique verdiente — in der >Maxfield Blue< in Beverly Hills, wo sie Kaschmir-Sweater an prominente Kundinnen wie Barbra Streisand verkaufte. Nachdem sie die Runde durch die Studios gemacht hatte, bekam sie die Rolle einer harten, trinkfesten Lady, die von einer Kneipe in die andere zieht. Der Film, in dem Jeff Bridges und Sam Waterston die Hauptrollen spielen, hieß Rancho Delwce. Noch einmal zog es sie nach Paris, wo sie mit David Newman Crazy American Girl drehte und sich in einen Franzosen verliebte, den sie 1975 heiratete. Doch der Pendelverkehr zwischen L.A. und Paris war zu strapaziös, und da er seine Heimat nicht verlassen mochte, trennten sich die beiden zwei Jahre später wieder. 1979, nachdem The Main Event — mit Barbra Streisand und Ryan O'Neal in den Hauptrollen — abgedreht war, lebte Patti allein in ihrer Wohnung
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im kalifornischen Venice mit dem Blick aufs Meer. Dann lernte sie Don Johnson kennen. Ihre Leidenschaft sollte jedoch einen für sie unerwarteten Erfolg haben, als Patti schwanger wurde. Die Schwangerschaft war für beide eine Überraschung. Don weigerte sich zu heiraten, und Patti war ebenfalls dagegen. Glückliche Zukunftspläne wären auch verfrüht gewesen. Nach der Sendung von Beulah Land schrieb ein Kritiker: »Beulah Land ist als Behausung für Menschen untauglich ..., auf eine so tapsig-unbeholfene Art gräßlich, daß es schon komisch wirkt [womit die ersten zwei Folgen der sechsstündigen Miniserie gemeint waren], aber in der dritten Folge wird es dann so schaurig und häßlich, daß es einem den Magen umdreht.« Farbige Organisationen protestierten, weil die Schwarzen in Beulah Land ihrer Meinung nach auf herabwürdigende und einseitige Weise dargestellt wurden. Ein schwarzer Darsteller bat, seinen Namen aus dem Vorspann zu streichen, da er, wie er sagte, sich habe übergeben müssen, als er das fertige Produkt sah. Auch der Autor J. P. Miller verlangte, daß sein Name aus dem Vorspann entfernt wird. »Das mehrere Generationen umspannende historische Rührstück verfolgt das Schicksal von BeulahLand, dieser großen ollen Plantage, und deren Herrin, einer leicht affektierten Sarah Kenrick (Lesley Ann Warren) durch eine Serie von Geburten, Todesfällen, Hochzeiten, Morden, Vergewaltigungen, Ehebrüchen vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs. In ihrer Hochzeitsnacht verweigert Selma
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ihrem betrunkenen Ehemann (Don Johnson) den Beischlaf und wird zur Strafe in den Wald gejagt. Darauf geht sie offenbar eine lesbische Bindung ein. Das Programm ist ungeeignet für Kinder, ungeeignet für Erwachsene und ungeeignet für das Fernsehprogramm.«
Obwohl Don während Pattis Schwangerschaft kein Engagement hatte und Patti 75 Pfund zunahm, war es die richtige Zeit, daheim zu bleiben und den Haussegen zusammenzuhalten. Patti, die das Opfer eines tempound abwechslungsreichen Lebens geworden und ständig von Leuten umgeben war, die ihre Schwächen ausnutzen wollten, hatte hart daran gearbeitet, sich von dieser Vergangenheit zu reinigen. Am 7. Dezember 1982 wurde Jesse geboren — ein stattliches Kerlchen von neun Pfund und 198 Gramm.
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Patti D'Arbanville und der Sohn, den sie geboren hatte, wurden immer wichtiger für Don. Endlich wurde dieser trinkfreudige, leichtlebige Zigeuner gezwungen, Bilanz zu ziehen. Eines Tages geschah es: Don wachte auf, warf einen Blick in den Spiegel, und was er dort sah, gefiel ihm nicht. Aufgedunsen, 180 Pfund schwer und damit reichlich 20 Pfund über seinem.Normalgewicht. Er hatte einen knabenhaften, nicht gerade muskulösen Körper, der bei dem Raubbau, den er mit sich trieb, rasch alterte und Pölsterchen unter der schlaffen Haut bekam. Die Jahre hatten ihn eingeholt: Er war nicht mehr der vitale, freche neue Junge im Revier, kein vielversprechendes Talent mehr, aus dem ein Star werden mußte. Wenn er nicht rasch etwas unternahm, würde er keine Zukunft mehr haben: weder im Showgeschäft — noch in irgendeinem anderen Job ...
Als Patti aufwachte, sah sie Don angezogen am Tisch sitzen und im grauen Dämmerlicht schreiben. Sie bewohnten einen Bungalow in Santa Monica. Er hatte zwei Schlafzimmer und ein Spruchband an der Wand: >Wenn das Leben dir Zitronen beschert, mach Limonade daraus/ Dons Leben war ihm
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sauer geworden. Er steckte in einer Sackgasse. Er hatte endgültig die Nase voll von der geistigen Inzucht der Hollywood-Szene — den Leuten, den Parties und dem ganzen Gequatsche. Deprimiert und ausgelaugt von den nie endenwollenden Zechgelagen, begann Don sich zu überlegen, ob es denn außer der Schauspielerei keinen anderen Lebensinhalt für ihn gebe. Er dachte an eine Rückkehr nach Missouri und daran, eine Farm zu bewirtschaften. Aber reichten seine materiellen Rücklagen dafür aus ? Ein Cadillac im Wert von 25000 Dollar, das Stereogerät brachte es vielleicht auf 1000 Dollar, die Couch noch einmal 1000 ... Patti konnte ein paar weise Worte beisteuern. Sie hatte selbst ihre Probleme mit Drogen und Alkohol gehabt und wußte, was Don gerade durchmachte. Sie wußte auch, daß es immer wieder eine Chance gibt, sich zu ändern. Was auch immer der Strohhalm gewesen sein mag, an den Don sich klammerte: An diesem Morgen wurde ihm ein für allemal klar, daß er auf der schiefen Bahn war, und sich auf das Ende der Strecke zubewegte. Er ahnte, daß Patti ihn verlassen und Jesse mitnehmen würde, wenn er so weitermachte wie bisher. Also sagte er: »Patti, ich bin ein Säufer und suchtkrank, und es ist Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.« Am 11. September 1983 hatte Don Johnson seinen ersten Termin bei den Anonymen Alkoholikern. Ursprünglich in der Absicht gegründet, Menschen mit Alkoholproblemen beizustehen, ging diese auch in Deutschland bekannte Gruppe in den achtziger Jahren immer mehr dazu über, Menschen
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zu helfen, die nicht nur von der Flasche loskommen mußten. In fast allen Fällen war die Sucht nach anderen Stoffen hinzugekommen — nach Marihuana, Kokain, Tabletten und was es noch so alles gab. In den USA werden Abhängige mit MehrfachSuchtproblemen Mixmasters genannt. AA ist bekanntlich sorgfältig auf unbedingte Anonymität und Diskretion bedacht. Ihre Mitglieder müssen versprechen, nicht mit Außenstehenden über das zu reden, was in den Versammlungen vor sich geht, und nicht auszuplaudern, wer daran teilnimmt. Jeder, der Hilfe braucht, wird gleichrangig behandelt, und Leute der Arbeiterklasse mit Suchtproblemen sitzen oft neben den Großen und Mächtigen mit den gleichen Problemen. Jedem Mitglied der AA wird zu jeder Tages- und Nachtzeit Unterstützung garantiert. Don ging 45 Tage hintereinander täglich zu zwei Versammlungen der AA-Gruppe und gab dann von heute auf morgen das Trinken auf. Das sollte sein Leben verändern.
Das Hin und Her zwischen Vollbeschäftigung und Nichtbeschäftigung, typisch für den Schauspielerberuf, war Don nicht bekommen, weil er sich jedesmal gehen ließ, wenn er nicht arbeitete. Das soll nicht heißen, daß er in den Phasen der Anspannung stets Mr. Saubermann war. Es glich sich ungefähr aus. Wenn er arbeitete, blieb er tagsüber nüchtern, aber kaum war Feierabend, konnte er es kaum abwarten sich vollzudröhnen. Zwischen den Engagements pflegte er, wie andere Schauspieler auch, das Telefon anzustarren und auf einen Anruf zu warten. Zwischendurch überkam ihn bisweilen die Lesewut. Einmal verschlang er in einem Zug samt-
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liehe Romane von Jack London. Ein andermal suchte er alle Bücher zu den Filmen zusammen, in denen er mitgewirkt hatte, wie zum Beispiel From Here to Eternity. Dann rief ihn ein Freund an und erzählte ihm von »Dade County Fast Lane«, wie der Arbeitstitel des Projekts hieß, aus dem schließlich Miami Vice werden sollte. Noch in der Entwicklungsphase bei Universal, suchte das Studio nach jemandem, der die Rolle des guten braven Jungen aus dem Süden spielen konnte, und Dons Freund — ein wirklich guter Kumpel — meinte, Johnson würde sich großartig für diese Rolle eignen. Don besorgte sich das Script, und — nun, das war es. Don kam ganz aus dem Häuschen, als er es las, und sagte: »Das ist mein Leben.« Weil er spürte, daß dies etwas war, wofür zu kämpfen sich lohnte — kein Seelenkrampf wie Ski Lift to Death oder Beulah Land — bohrte und drängelte Don so lange, bis er einen Termin bei Tony Yerkovich bekam, dem Schöpfer der Serie und Empfänger von Brandon Tartikoffs berühmtem >MTV-BullenheiAlexander< untergebracht, einem alten Playboy-Club-Hotel am Strip, das nun den Darstellern und dem technischen Stab von Miami Vice als Hauptquartier diente. Dort schwärmten in diesem Moment Hunderte reizender Mädchen aus, die der öffentlichen Aufforderung nachgekommen waren, sich für die Rolle einer Prostituierten in einer der kommenden Folgen zu bewerben. Eines Morgens kam Pinero, der inzwischen von seinem Jubiläum in New York zurückgekehrt war, zu früher Stunde mit einer Frau am Arm die Treppe herunter. Total abgebrannt nach einer die ganze Nacht währenden Feier, erspähte er Don in der Halle, nahm ihn beiseite und bat ihn, einem Kumpel in einer momentanen Notsituation auszuhelfen. Don blickte ihm in die Augen, und in diesem berühmten Tonfall, der sich anhört wie gequetschter Kies, erinnerte er Pinero daran, daß er ihn schon einmal, an anderer Stelle, mit einem Zuschuß aus
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einer vertrackten Lage ausgelöst habe, und dieser ihm das Geld bis heute schuldig geblieben sei. Zunächst wußte Pinero gar nicht, was er von dieser Bemerkung halten sollte, bis er in Dons Mundwinkeln dieses unverschämte Lächeln aufkeimen sah. Don griff in die Tasche und blätterte, wie es sich für einen guten Kollegen gehört, ein paar grüne Scheine hin. Bei den Dreharbeiten ging es jedoch rein geschäftsmäßig zu. Und das bedeutete für Edson, der Schwierigkeiten mit seiner Rolle hatte, zahllose Wiederholungen einer Szene, in der er zusammen mit Thomas und Johnson auftrat. Er brüllte seinen Text herunter, als würde diese Folge nur für Taubstumme gedreht, und statt daß die Stars sich nun über ihn aufregten, »amüsierten sie sich sogar über mich«, berichtete Edson, »klopften mir auf die Schulter und sagten okay, Junge, probieren wir es eben noch einmal. Sie waren sehr professionell.« Als die Smuggler's-Blues-Episode ausgestrahlt wurde, gab es ihretwegen eine Menge Kontroversen und Aufregungen in der Unterhaltungsindustrie. Auslöser waren die Vorwürfe des Village-VoiceMitarbeiters und Redakteurs für lateinamerikanische Musik beim Magazin Billboard, Enrique Fernandez, die Serie verbreite >häßliche KlischeesHört mal, Jungs, es ist doch nur ein Fernsehstück; ihr nehmt mich in den Schwitzkasten oder so was Ähnliches, und ich gestehe. Ich meine, wer fragt denn hier schon nach der Motivation.< — Aber da widersprachen sie mir heftig: >Nein, nein,: wir müssen dem Zuschauer dafür eine Begründung geben.< — Ich kenne die Verhörmethoden der Polizei ein bißchen und sage: >Dann nehmt doch einfach eure Kanone aus dem Halfter, steckt sie mir in den Mund, und ich gestehe/ — Und sie antworten mir: >Das können wir nicht, weil uns sonst alle Polizeibehörden des Landes vorwerfen würden, daß wir sie zu brutal darstellen/ — Ich sagte: >Nehmt meinen Kopf und schmettert ihn vier- oder fünfmal gegen die Wand/ Sie meinten, das käme aus den gleichen Gründen auch nicht in Frage. Am Ende lag ich dann auf dem Billardtisch, und die beiden fanden ein Brotmesser in meiner Tasche, worauf es ihnen irgendwie gelang, mir einige Informationen zu entlocken.«
»Dabei ist mir übrigens aufgefallen«, fährt Bogosian mit seinem Erfahrungsbericht fort, »daß Don Johnson eine sehr entschiedene Meinung hat, wie weit eine Szene gehen darf. Er bringt seine Ansichten sehr deutlich zum Ausdruck, und ich glaube, das wurmt die Leute manchmal... Ich bin ja nicht oft mit Stars zusammen gewesen; aber die paar, mit denen ich gearbeitet habe, neigten dazu, sich sehr
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entschieden darüber zu äußern, wie ihrer Meinung nach eine Szene ablaufen müßte. Und warum auch nicht — sie haben vermutlich genauso viel Ahnung davon wie irgendwer sonst.« Dabei ging es durchaus nicht stürmisch zu am Drehort und nur selten waren Spannungen zu spüren. Aber die vielen Stunden vor und hinter der Kamera forderten ihren Tribut, und das Nervenkostüm wurde dünn. »Das ist etwas, was sich die Leute selten klarmachen, wenn sie einen Fernsehfilm sehen oder darüber schreiben«, erklärt Bogosian. »Es ist immer sehr heiß. Die Temperatur ist sehr hoch. Man ist in den vier Wänden des Ateliers eingeschlossen. Das summiert sich alles im Lauf eines Tages. In der Regel werden an so einem Drehtag sechzehn Stunden in einem Rutsch gearbeitet.« Im Atelier war Don nicht sehr gesellig. »Ich hatte das Gefühl, er hatte Wichtigeres im Kopf, als mit Kollegen zu plaudern«, berichtet Bogosian. »Er schien ziemlich konzentriert auf das, was er gerade vorhatte. Das ist bei ihm kein Snobismus. Er denkt nur eben ständig an das, was er als nächstes tun wird. Und er hat immer irgend etwas als nächstes zu tun. Don Johnson hat einen gewissen darstellerischen Spielraum, den er in seinen Szenen voll ausschöpft. Offensichtlich kämpft er darum, die Oberhand zu behalten, und das mit Erfolg. Wenn die anderen Darsteller nicht ebenfalls kämpfen, werden sie sich nie durchsetzen. Don hat in jeder Szene das letzte Wort. Er schikaniert jeden in jeder Szene. Wenn du dich mit einer untergeordneten Rolle zufrieden gibst, bist am Ende nur du der Verlierer.«
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Im Januar schien es dann wahrscheinlich, daß Miami Vice verlängert werden würde, und dieser Erfolg rührte nicht nur die Leute von der Show, sondern auch die Bewohner der Stadt Miami. Die Wiederaufführung einer Episode, in der die Gorillas der Dealerszene einen Detektiv umbringen, mehrere Leibwächter eines Kokainhändlers erschossen werden und der Boss des Rauschgiftrings das Weite sucht, nachdem er gegen eine Million Dollar Kaution Haftverschonung erhalten hat, wurde von den örtlichen Behörden gelassen hingenommen. Und dabei war man doch zuvor so um den Ruf der Stadt besorgt gewesen, daß eine Gruppe aufgebrachter Bürger der Gemeinde sich gar zu einem >Komitee zur Verteidigung der Ehre Miamis< organisiert hatte. Miami und Miami Beach sind imagebewußte Städte, weil ihr Wohlstand stark vom Tourismus abhängt. Auch haben sie ein gerüttelt Maß durchaus realer Probleme: Maschinenpistolen-Morde; Kokainbandenkriege; internationalen Terrorismus; zerstückelte Leichen, die auf dem Wasser der Biscayne Bay treiben. 1982 wurden die Produzenten von Scarface (ein Film, der großen Einfluß auf Gestaltung und Atmosphäre von Miami Vice haben sollte) aus der Stadt gejagt, weil die Gemeinde um ihren Ruf fürchtete. Jetzt war das alles vergessen. Die Sorge um das Image verwandelte sich in Begeisterung, weil Bilder von wolkenlosem Himmel, weißem Sand und aufregendem Nachtleben Szenen mit Gewalttätigkeiten scheinbar überwogen. Nie hatte Miami besser ausgesehen — und solange die Produzenten fortfahren,
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die Stadt als dritten Star der Serie zu verwandeln, haben sie inzwischen die volle Unterstützung der Fremdenverkehrsbehörde von Miami. Motive und Lokalitäten für Filmaufnahmen werden außerordentlich penibel ausgesucht, um eine Verbindung von weichen tropischen Farben und High-TechGlitzereffekten zu gewährleisten. Ernüchternde Erdfarben und Gebäude mit klassischer oder mediterraner Architektur sind für das Kameraauge tabu. »Rot ist >outoutinSexiest Man in America< gekürt. Würde er seine Rolle durchhalten ? Auf einer Art Richterskala, die von 1 bis 10 reichte und die Erschütterungen am Drehort maß, stufte Don sich selbst mit einer Sieben und alle übrigen mit einer mutmaßlichen Acht ein. Er war bloß einmal explodiert, als ein aufjaulender Lastwagenmotor im Hintergrund die Dreharbeiten unterbrach; doch für diesen Wutausbruch waren eher Streß und Hitze als seine Star-Allüren verantwortlich. » Es ist lange her, daß ich mit so einem kamera-
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bewußten und intelligenten Schauspieler gearbeitet habe«, sagte Regisseur Stuart Cooper. »Don ist wie Newman und McQueen; er weiß, wo sich die Kamera befindet, und spielt mir genau in die Linse.« Es fiel Don, der immer gern erster Klasse reist, nicht schwer, in Paul Newmans strammsitzende Jeans zu schlüpfen. Er brachte — auf eigene Rechnung — seinen Chauffeur und persönlichen Koch Sam Conigliaro, seinen Mercedes und seine Sauna nebst seiner persönlichen Assistentin Marry Williams zum Drehort von The Long Hot Summer mit. In der letzten Woche der Dreharbeiten war die am Ort rekrutierte Komparserie, die pro Tag und Person nur 35 Dollar und Verpflegung bekam, damit sie sich draußen in die pralle Sonne stellte, fix und fertig. Einige von ihnen hatten einen Hitzschlag bekommen und waren bewußtlos zusammengebrochen ; andere wieder verließen die Szene, weil ihnen die Sonne die Augenlider verbrannt hatte. Cybill Shepherd kühlte sich im Bad ihres persönlichen Wohnmobils, und Judith Ivey benützte einen batteriebetriebenen Ventilator. Johnson und Robards, die in A Boy and His Dog schon einmal gemeinsam vor der Kamera gestanden hatten, schienen noch am wenigsten unter der Hitze zu leiden. Als Ex-Alkoholiker waren beide eine wandelnde Werbung für gesunde Lebensweise. Das fiel Don auch nicht schwer, da sein Kostüm fast den ganzen Film hindurch aus einem nackten Oberkörper plus vorfabriziertem Schweiß bestand. (Dons eigener Schweiß glitzerte nicht stark genug für die Kamera, weshalb die Schminkabteilung ein Flüssig-
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keitsspray für ihn herstellte, das aus Mineralwasser und einer geheimen Beimischung bestand, die Moskitos fernhielt. Don nannte den Spray »NahkampfSexschweiß«.)
Viele Missourianer betrachten sich gefühlsmäßig und kulturell dem Süden ihres Vaterlands zugehörig, und Don Johnson bildet da keine Ausnahme. Und als Südstaatler ist er seinem tiefsten Wesen nach Familienvater. Die Geburt seines Sohnes hat seiner häuslichen Wesensart zum Durchbruch verholfen. Wenn Patti und Jesse zu Besuch kommen, sind die drei wirklich eine Familie. Ein Mann von Dons Charisma und Ruf wird sich stets von Gerüchten amouröser Abenteuer verfolgt sehen, gleichgültig, ob und wie oft er sie dementiert. Seit er und Patti zusammenzogen, will die Gerüchteküche wissen, daß sie sich demnächst wieder trennen werden. »Wir sind sehr ineinander verliebt, und das sehr innig«, sagte Patti, als man sie anläßlich ihres Besuches bei den Aufnahmen von The Long Hot Summer fragte, ob an diesem Gerücht etwas dran sei. Wie Don es ausgedrückt hat: Sie hatten eine lebenslange Verpflichtung, sich einander zu lieben; aber sie mochten vielleicht nicht immer beisammenbleiben. Inzwischen — wie soll es anders sein bei Dons Arbeitspensum an wechselnden Drehorten — wohnen Patti und Jesse in Los Angeles, und sie sehen sich mehrere Male im Monat. Im Sommer '85 geschah dann etwas Unvorhergesehenes. Der Kritikerfavorit des vergangenen Jahres, Miami Vice, hatte sich trotz allem noch nicht vom Mittelfeld der Einschaltquotentabelle lösen können.
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Doch mit einer wachsenden Anhängerschar nahmen auch die Einschaltquoten von Woche zu Woche zu. Dafür sorgte offenbar die Mundpropaganda ; Zuschauer machten Freunde und Nachbarn auf den >New Look< der Serie, ihre Musik, ihren Schauplatz und ihre Stars aufmerksam. Im Sommer 1986 schaffte Miami Vice endlich den Durchbruch, machte einen Sprung in die Spitzengruppe und befindet sich seither dauerhaft unter den zehn Besten auf der Einschaltquotenliste. Kurz darauf gab es die Academy of Television Ans and Sciences bekannt, daß Miami Vice für fünfzehn EmmyPreise nominiert worden sei, darunter ein Emmy für Don Johnson als bester Hauptdarsteller, ein Emmy für Edward James Olmos als bester Darsteller in einer Nebenrolle und ein Emmy für Miami Vice als beste TV-Spannungsserie. Johnson, der in der Rangordnung der Stars immer höher klettert, wurde gebeten, zusammen mit Bob Hope und O. J. Simpson in einer 30-Millionen-Dollar-Werbekampagne zur Förderung die heimische Kleidungsindustrie mit folgendem Slogan zu unterstützen: »Angefertigt in den Vereinigten Staaten von Amerika, und ich bin stolz darauf.« Es hieß, daß Sonny bei seinen Fernsehauftritten zwar italienische Anzüge trage; aber außerhalb der Drehzeiten ausschließlich amerikanische. Für Johnson bedeutet der Status als Star die Verwirklichung all seiner Träume. Sein Leben lang
Don Johnson und Judith Ivey bei den Dreharbeiten zu der Fernsehserie The Long Hot Summer im Juni 1985
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hatte er die Rolle des verantwortungslosen, aber talentierten Jungen mit einem Hang für den bürgerlich verfemten Rock-and-Roll-Lebensstil gespielt. Er sah sich stets auch als Gitarrist, der die Gesellschaft von Musikern suchte. Aber wenn Miami Vice nicht gewesen wäre, würde er wohl nie als einer der zahllosen Interpreten zu jenem Live-Aid-Konzert eingeladen worden sein, das von Bob Geldof als Hilfe für die Hungernden in Afrika organisiert und via Satellit in die ganze Welt übertragen wurde.
Nachdem The Long Hot Summer abgedreht war, wurde es Zeit für Don, sich auf die nächsten Folgen von Miami Vice vorzubereiten. Die erste Episode des zweiten Zyklus sollte eine zweistündige Sondersendung werden, die in Manhattan spielte. Miami Vice hatte ja immer schon starke Verbindung zu New York. Der Pilotfilm der Serie begann in New York, und der unverwechselbare Typ des jungen New Yorker Charakterdarstellers, mit dem die Rollen besetzt wurden, half mit den harten, zupackenden Serienstil zu prägen, der beim Publikum so gut ankam. Und viele Hauptdarsteller in Miami Vice haben in Serien, die in New York spielten — wie Starsky &Hutch und Police Station — ihre Reifeprüfung als Schauspieler gemacht. Die normalerweise eher phlegmatischen Bewohner Manhattans gerieten schier aus dem Häuschen bei der Ankunft der heißesten Show und der >coolsten< Jungs weit und breit, die sich in der Stadt umsahen, um den Geist dieser Metropole einzufangen. Sie drehten Szenen in Soho-Bars, im WORLD TRADE CENTER, in Speichern in der Altstadt und
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im CHRYSLER-Wolkenkratzer. Wie in Miami suchte das Aufnahmeteam in New York nach außergewöhnlichen Motiven — keine Fotoserie auf dem Times Square, keine Aufnahmen von dampfenden Kanaldeckeln. Don zeigte sich in den zur Zeit modischen Nachtklubs, und selbst abgeschlaffte Partylöwen waren von seinem Charisma geblendet. Im September 1985 erreichte das Miami ViceFieber seinen Höhepunkt. In Chicago strömten 15 000 Fans zusammen, als die Stars der Serie in einer Werbeveranstaltung für Herrenmode auftraten und bei der Polizei der Stadt einen Freundschaftsbesuch machten. Mindestens drei Leute fielen in Ohnmacht, und das Geschrei wurde ohrenbetäubend, als Johnson und Thomas sich zu einer Party zurückzogen. Es ist eine von Crocketts Marotten, daß er ständig rauchen muß, und ehe er sich ein Stäbchen ins Gesicht steckt, rollt er es immer erst über die Lippen. Er hat vermutlich mehr für die Wiederherstellung des Männlichkeitswahns der Zigarettenraucher getan als irgendein anderer seit dem Auftritt des MARLBORO-Mannes. Das ist natürlich der amerikanischen Krebshilfe nicht verborgen geblieben: »Wir sind der Meinung, die Autoren sollten ihn in eine Klinik zur Entwöhnung von Nikotinsüchtigen stecken — je früher, desto besser.« Die Gesellschaft amerikanischer Lungenfachärzte und die Gesellschaft zur Bekämpfung von Herzkrankheiten haben sich ebenfalls beklagt: »Wenn sie in den Mund eines Helden eine Zigarette stecken«, erklärte ein Sprecher dieser Gesellschaften, »und dieser Held auch noch ein Polizist ist, der das
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Gesetz vertritt, müssen junge Menschen, die sehen, das Rauchen für etwas Erstrebenswertes Mutiges halten.«
das und
Eine bessere Note bekam Don von der Fremdenverkehrsvereinigung von Florida, die ihn zusammen mit Sänger Jimmy Büffet und Tennisstar Chris Evert Lloyd für eine 4,25-Millionen-Dollar-Werbekampagne einspannte. Und kaum waren Don Johnson und Philip Michael Thomas auf das Cover des Magazins TIME gekommen, als sie zu einem Dinner zu Ehren des Ministerpräsidenten von Dänemark ins Weiße Haus eingeladen wurden. Mit 114 anderen Gästen, zu denen auch Christina Ferrare (ehemals Gattin von John DeLorean), Dan Rather, Danny Kaye, Telly Savalas und der Jockey Angel Cordero gehörten, saß Don Johnson mit seiner Familie am Tisch und verzehrte Gemüse-Mousse mit Meeresfrüchten und Kräutersoße, Hühnergelantine in Estragon und Reis, und Kürbis mit Tomaten-Relish. Während der Präsident sich von Pete Roses Bestreben unterrichten ließ, Ty Cobbs Rekord der meisten Hits in einem Leben zu übertreffen, wanderte ein begeisterter Don mit Patti und Jesse durch die Korridore und spielte mit ihnen Eins-ZweiDrei-Felder-Hüpfen auf den Marmorfliesen. Don hatte mit Präsident Reagan und Nancy über die Probleme des Drogenmißbrauchs gesprochen, und der Präsident hatte ihm erzählt, daß Miami Vice zu den großen Favoriten im Weißen Haus zähle und ihn um ein Autogramm auf die Titelseite des TIMEMagazins gebeten. Jetzt, da Don ein Star geworden ist, der ganz
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selbstverständlich die Beachtung der Medien genießt, hat er sich auch noch für andere Belange eingesetzt, an die er glaubt. Unter anderem für die >Musical Majority< — eine Vereinigung, die sich gebildet hat, um Versuche abzuwehren, Schallplatten nach ihrem Text zu bewerten. Zusammen mit Prince, Tina Turner, Cindi Lauper, Lionel Ritchie, Dolly Parton, John Cougar Meilencamp, Don Henley und Mitgliedern der Gruppen Pointer Sisters, Chicago, Kiss und Duran Duran ist Don einem von der amerikanischen Bürgerrechtsunion organisierten Sonderausschuß beigetreten, der »verfassungswidrige« Zensuroder Verbotsvorschläge für Schallplatten durch die Organisation >Wives of the Parents' Music Recource Center< in Washington bekämpft. Der musikalische Leiter der Serie, Fred Lyle, ist verantwortlich für die Auswahl der Lieder für die wöchentlich gesendeten Miami F/'ce-Episoden. Er hat bereits erleben müssen, daß Princes Little Red Corvette, Sheena Eastons Sugar Walls und Steppenwolfs Pusher Man aus den verschiedensten Gründen von den NBC-Zensoren abgelehnt wurden. »Wir sind es leid, daß jeder Extremist, der seinen oder ihren Namen in die Zeitung bringen will, sich der Rockmusik bedient und sie zum Prügelknaben macht, erklärte der geschäftsführende Direktor der amerikanischen Bürgerrechtsunion, als er die Bildung des Sonderausschusses ankündigte. »Es ist absolut nicht Aufgabe der Regierung, den Inhalt von publiziertem Material zu prüfen«, sagte er. »Jeder Gesetzesantrag, der ein Verbraucher-Bewertungssystem für Schallplatten einrichten möchte,
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würde sehr rasch als verfassungswidrig verworfen werden müssen. Schallplattenfirmen haben vor einer derartigen Gesetzgebung nichts zu befürchten.« Die einzige Enttäuschung in einer langen Kette von Erfolgen für die Serie war die Preisverleihung der Emmy Awards, der Don, von einer strahlenden Patti begleitet, beiwohnte. Aus der Rekordzahl von 15 Nominierungen konnte sich die Serie nur vier Preise holen, und davon war nur einer — der Emmy für Edward James Olmos als bester Darsteller in einer Nebenrolle — ein Preis der Ersten Kategorie. Das Mindeste, was Don sich versprochen hatte, war eine Anerkennung des Beitrags, den die Serie mit ihrer Musik und ihren Kostümen geleistet hatte. Aber das sollte in diesem Jahr noch nicht klappen. Don, der trotz seiner begreiflichen Enttäuschung keinen Krach schlagen wollte, ließ durchblicken, er habe das Gefühl, Miami Vice könnte vielleicht für diesen Saal zu modern und progressiv gewesen sein. Als The Long Hot Summer endlich ausgestrahlt wurde, natürlich auf dem NBC-Kanal, machte Don wieder einmal Schlagzeilen in den Magazinen. Nach fünfzehn Jahren in diesem Geschäft und fast durchweg guten Kritiken hatte Don noch immer damit zu tun, Skeptiker von sich zu überzeugen. Aber als die Summer-Kritiken auf den Tisch kamen, sah er sich von dieser Mühe wohl für immer erlöst. »Johnson, der seine lose sitzenden Modellanzüge gegen engsitzende Jeans und ein an strategisch wichtigen Stellen zerrissenes T-Shirts vertauscht hat, tut nichts, was seiner schauspielerischen Reputation und seiner Beliebtheit bei seinen Fans scha-
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den könnte. Sein Ben Quick ist ein stolzer und unabhängiger Mann, der seine Sorgen für die Menschen in seiner Umgebung hinter einer lang einstudierten Pose der Unnahbarkeit versteckt; eine liebenswürdige Figur, der man leicht erliegt; doch wenn sie gereizt wird, kaum noch liebenswert. Johnson zeigt uns eine großartige allmähliche Verwandlung in einen zornigen jungen Mann und ist besonders überzeugend in Augenblicken der Verwundbarkeit. Er und Robards, die schon in einem KultKlassiker A Boy and His Dog zusammenarbeiteten, sind in ihrer Verschwörungsszene von einer fast ausgelassenen Fröhlichkeit«, schrieb der Kritiker von der ASSOCIATED PRESS. »Wird The Long Hot Summer für Don Johnson dasselbe bewirken wie für Paul Newman ? Schaden wird der Film ihm gewiß nicht ... Mr. Johnson ist eine Erscheinung, die vor der Kamera beeindruckt. Er kann jungenhaft übermütig und zugleich unnahbar-mißtrauisch sein«, urteilte die NEW YORK TIMES. Der für das Fernsehen gedrehte Film war auch ein Hit auf der Einschaltquotenliste. Er verwies die Live-Übertragung eines Footballspiels und das sonst immer das Feld beherrschende Sonntagabendprogramm der CBS auf die unteren Plätze und verhalf der Fernsehgesellschaft NBC zu ihrem zweiten Sieg bei den Einschaltquoten in der zweiten Woche der Programmsaison '85/'86. Bereit zum Start in das zweite Jahr, gab Miami Vice eine Party im exklusiven >1235-Club< in Miami mit den Bee Gees, David Lee Roth, Eddie Van Harlen, Phil Collins und Glenn Frey als Gästen. Zu
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den Höhepunkten gehörte die Versteigerung ausgesuchter Originalkreationen von Spitzendesignern und die Erstausgabe des Miami Fice-FilrnmusikAlbums. Das Album enthielt neue Aufnahmen und Lieder, die zu den Folgen der Serie aus dem vergangenen Jahr in enger Beziehung standen: fünf Instrumentalstücke von Hammer; schon früher herausgebrachte Hits von Glenn Frey; Tina Turner und Phil Collins, die in einigen der ausgestrahlten Folgen die Stars des Soundtracks waren, sowie drei neue Songs — Vice von Großmeister Meile Mel; Chaka Khans Own the Night und You Belong to the City von Frey. Das Erscheinen des Albums war so programmiert, daß es mit der Erstsendung der neugedrehten Serie zusammenfiel. Und mit der Veröffentlichung von Glenn Freys neuem Lied You Belong to the City auf der LP verhalf das Filmmusik-Album der Serie zu Erfolgen auf vielen verschiedenen Ebenen. Die letzte Filmmusik, die die Pop-Hitliste angeführt hatte, war die LP Peter Gunn, die 1959 zehn Wochen lang die Nummer eins gewesen war. Jan Hammers Eröffnungsmelodie war das erste Leitmotiv eines Fernsehfilms, das in die Spitzengruppe der Top Ten einbrach, nachdem Mike Post mit seiner Vorspannmelodie Theme From Hill Street Blues im November '81 auf den zehnten Platz der Hitliste gekommen war. You Belong to the City kam ebenfalls unter die ersten zehn. Bis November — also in nicht einmal vier Wochen — waren 1,7 Millionen Miami Vice-Alben verkauft und die LP hatte sich den vielbegehrten ersten Platz auf der Hitliste erobert.
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Die Kenner der Musikindustrie begannen davon zu sprechen, daß Miami Vice das Fernseh-Gegenstück zu Flashdance sei, was die Eroberung kommerziellen Neulands anlange. Der Gedanke, überhaupt eine Platte von der Filmmusik herauszubringen, kam erst auf, als Danny Goldberg von GOLD MOUNTAIN RECORDS sich im Januar 1985 mit Michael Mann in Verbindung setzte. Er schlug Michael Mann vor, ein Plattenalbum von der Serie zu produzieren, das neben der Filmmusik auch Originalstücke als Erstveröffentlichung herausbringen sollte — damit es eine echte Chance hätte, einen Spitzenplatz in den Hitlisten zu erreichen. »Miami Vice«, stellte ein Kritiker fest, »ist die erste Show, die sich an die Mentalität des Fernsehens hält und sich dabei trotzdem jene rebellischen und progressiv-beschwingten Elemente bewahrt, die das Wesen der Popmusik ausmachen.« Als Don mit EPIC RECORDS einen Vertrag unterschrieb, für die Firma ein Solo-Album zu machen, das im Frühjahr 1986 herauskommen sollte, erfüllte er sich einen lebenslangen, ehrgeizigen Traum: Als Interpreten sollen in diesem Album unter anderen der Texas-Blues-Gitarrist Stevie Ray Vaughn, Mitglieder der Duran-Duran-Nachfolgeband Power Station und Dickie Betts von den Allman Brothers zu Gehör kommen. »Es wird eine LP im Stil von Phil Collins werden. Ganz auf der Höhe der Zeit, wie man das von einer Glenn-Freyoder Don-Henley-Platte erwarten würde.«, ließ eine Quelle bei CBS-Records verlauten. »Nicht ein Album wie ein T-Shirt; keine Platte,
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die nur eine bekannte Persönlichkeit CBS möchte einen echten Hit haben.«
vermarktet.
Im zweiten Jahr der Serie sollte sich Don Johnson als noch größerer Star etablieren — im und außerhalb des Studios. »Don versteht es, dich spüren zu lassen, daß er ein Star ist; und dennoch ein Freund zu bleiben«, berichtet Pinero. »Er liebt es, andere zu dirigieren. Er gibt den Ton an. Er ist immer obenauf. Er schafft an, und man läßt ihn anschaffen, weil es ganz natürlich zu sein scheint, daß er die Leitung übernimmt. Als ich ihn das letztemal in einer Folge der Serie erlebte, wußte ich, daß er die Regie übernehmen würde. Im ersten Jahr wurden die Drehbücher auseinandergerissen und auf dem Studioboden wieder zusammengesetzt, während jeder seinen Senf dazugab. Jetzt, wo sich Don als Star etabliert hat, wollen sie ihm keine Drehbücher mehr geben — die natürlich vor den Dreharbeiten schon fertig bereitliegen —, bis sie halbwegs gut zu sein scheinen.« Im Premierenjahr hieß es: Miami Vice — mit Don Johnson in der Hauptrolle. Ein Jahr später wäre es richtiger zu sagen: Don Johnson spielt die Hauptrolle in Miami Vice. Das früher locker und auch etwas windig organisierte Aufnahmeteam hat nun Büros für die Organisation des Transports und eine eigene Verwaltung. Während Don früher nur gelegentlich Ansichtskopien seiner Sequenzen betrachtete, hat er nun Dauerkonferenzen mit Leuten, die ihm vortragen, wie er in diesen Szenen aussieht und wie er darin aussehen sollte. Er hat sich sogar etwas für die Autogrammjäger ausgedacht, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgen.
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Kindern gibt er persönlich Autogramme; wenn Erwachsene ihn ansprechen, gibt er ihnen eine Visitenkarte mit folgendem Text:
»Tut mir leid; Sie haben mich in einem ungünstigen Moment angesprochen. Ich danke Ihnen, daß Sie meine Arbeit schätzen.
Wenn Sie gern ein Bild mit meiner Unterschrift haben möchten, schreiben Sie bitte an den DonJohnson-Fanclub, 2895 Biscayne Blvd., Suite 395, Miami Fla. 33137. Gezeichnet: Don Johnson.«
»Don war smart«, berichtet Pinero. »Er macht bei dieser Tingeltangel-Show Miami Vice mit — eine Show mit aufregenden Episoden, ein rein kommerzielles Fernsehen mit großartiger Szenerie, Regisseuren und so weiter; trotzdem nichts als eine reine kommerzielle Angelegenheit —, er macht also bei diesem Spektakel mit, um sich als Schauspieler zu etablieren. Er hätte bei einem Projekt a la Rambo mitmachen und damit eine Milliarde Dollar verdienen können. Doch nein, er entschied sich lieber für so etwas wie The Long Hot Summer. In seinem Haus liegen genügend Drehbücher herum. Er könnte jede Rolle beim Fernsehen spielen, die er haben möchte, und wenn er sie lieber auf Theaterbühnen spielen will, könnte er das auch haben.« Eine weitere Anerkennung als Schauspieler der Spitzenklasse und als hübsches Gesicht mit schweißglitzerndem Torso erfuhr Don mit der Premiere von Cease Fire. Nachdem der Film fast zwei
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Jahre lang in den Regalen verstaubt war, hatte man ihn nun doch, Dons Bekanntheitsgrades wegen, in die Kinos gebracht. »Cease Fire hätte man sich als übliche Peinlichkeit aus der Vor-Star-Zeit vorstellen können; aber das ist sie nicht«, befand ein Kritiker. »Sogar in einer mittelmäßigen berechenbaren Filmhandlung spielt Mr. Johnson ziemlich ergreifend, was vermuten läßt, daß er seinen jüngsten Ruhm mindestens ebensosehr echtem Schauspielertalent wie seinem guten Aussehen verdankt.« Am 7. November 1985 kam Don abermals auf die Titelseite von ROLLING STONE — diesmal ohne Philip Michael Thomas und ohne einen Hinweis auf Miami Vice. Freimütig wie eh und je sprach er sich in diesem Artikel über sein vergangenes Leben und seine laufenden Pläne aus. Die vertrauten Ausbrüche seiner ego-inspirierten Rhetorik waren noch dieselben, aber das Image von Don Johnson, dem Familienvater, trat deutlich hervor. Er benützte diese Gelegenheit, der Öffentlichkeit bekanntzugeben, daß er nicht länger in Hollywood leben wolle. Ihm ging es wie vielen Leuten, die ihre Lebensweise radikal ins Gegenteil verkehren: Er fürchtete plötzlich, wie er gestand, daß die »Schmarotzer-Elemente« dieser degenerierten HollywoodSzene einen negativen Einfluß auf seinen Sohn Jesse haben könnten. Die Beeinträchtigungen seines Aufwachsens seien schon schlimm genug, da müsse man nicht auch noch in der Traumfabrik wohnen. Er hatte sich geweigert, Miami Vice zum Markenzeichen einer bestimmten Garderobe zu
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machen, aus Angst, die Fans der Serie zu verprellen ; doch könnten eines Tages doch noch CROKKETT UND TUBBS-Schuhe und ein Sortiment anderer Artikel, die in der Serie vorkommen, unter diesem Namen auf den Markt kommen. Don äußerte sich besorgt über die Möglichkeit, daß sein Alptraum eines Tages Wirklichkeit werden könnte: daß er eines Tages in Bloomingdales Kaufhaus kommen und dort eine riesige, zweieinhalb Meter große Pappkopie seiner eigenen Gestalt antreffen könnte, bekleidet mit Miami Vice-Unterhosen.
Bislang ist Erfolg biert hat — frei kungen. Statt mit er nun mit dem tigwerden — und nachlaufen.
die beste Droge, die Don je provon jeglichen negativen Nebenwirdem Kater nach Zechgelagen muß Blitzlichtgewitter der Kameras fermit den Fans, die ihm überall hin
Wird der Erfolg Don Johnson korrumpieren? Vermutlich nicht. Es war ein weiter Weg, seit der hübsche Boy aus dem Mittelwesten Hollywood im Sturm erobert hatte. Aus einem schlichten Jungen vom Land, der sich auf der Bühne und vor der Kamera auszog, ist ein geachteter Schauspieler und ein Rollenvorbild für die achtziger Jahre geworden. Jedes Jahr kommen Hunderte von gutaussehenden Jungen nach Hollywood in der Hoffnung, dort als Schauspieler Karriere zu machen. Einigen gelingt es, die meisten scheitern, und nur sehr wenige können später als gereifte Männer in ihrem Beruf eine führende Rolle einnehmen. Doch eben das ist es, was Don Johnson irgendwie geschafft hat, nach 17 Jahren schmerzlicher
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Prüfungen und Heimsuchungen im Sündenbabel Hollywoods, das berühmt ist für seinen herzlosen Verschleiß junger und attraktiver Talente, hat er es geschafft. Im Augenblick, wo diese Zeilen geschrieben werden, ist er der einzige wirklich populäre männliche Fernsehstar, und er hat zudem die Grenzen, die normalerweise Fernsehberühmtheiten gesetzt sind, übersprungen und wird selbst vom Präsidenten der Vereinigten Staaten als Pop-Star voll und ganz respektiert und bewundert. Was kommt als nächstes ? Miami Vice ist auf dem besten Weg, der neue Standard zu werden, an dem alle anderen Räuber-und-Gendarm-Fernsehkrimis gemessen werden müssen. Angebote für Starrollen in abendfüllenden Unterhaltungsfilmen strömen ihm ins Haus. Und endlich geht nun auch Johnsons lebenslanger Traum in Erfüllung, ein professioneller Musiker zu werden, dessen Lieder, an denen er auch schon so lange arbeitet, von Millionen gehört werden. Auch in seinem Privatleben ist er seßhaft geworden, genießt den langsameren Pulsschlag seines Familienvaterdaseins und die Sicherheit eines stabilisierenden weiblichen Einflusses. Seine kratzige Stimme, die einst so unpassend wirkte, paßt nun so gut zu ihm wie seine maßgeschneiderten Modellanzüge. Er tpt Charakter bekommen. Die vergeudeten Jahre seines maßlosen Lebens haben sich ironischerweise für ihn bezahlt gemacht. Er hat viel mehr aus sich gemacht als die bloße Summe seiner Körperteile. Don Johnson hat mit seinem Pfund gewuchert, und die Gewinne beginnen eben erst zurückzufließen...
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Die beiden Stars aus Miami Vice, Don Johnson und Philip Michael Thomas, bei einer Pressekonferenz im New Yorker Visage im Juni 1985
Verzeichnis der Theaterstücke, Filme und Fernsehproduktionen, in denen Don Johnson mitwirkte : Theaterstücke
Your Own Thing (1968) Fortune and Men's Eyes (1969)
Filme
Magic Garden of Stanley Sweetheart (1970) Zachariah (1971) Harrad Experiment (1973) A Boy and His Dog (1975) Return to Macon County (1975) CeaseFire(1985)
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Fernsehproduktionen
Police Story Bold Ones Young Dr. Kildare Sarge Kung Fu Big Hawaii (1977) Ski Lift to Death (1978) The Rebeis (1979) Amateur Night at the Dixie Bar and Grill (1979) From Here to Eternity (1980) Revenge of The Stepford Wives (1980) Elvis and the Beauty Queen (1981) The Two Lives of Carol Leitner (1981) Beulah Land (1982) Miami Vice (1985 ff.) The Long Hot Summer (1985)
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Bildnachweis
Frank Edwards Fotos International, New York, S. 9, 12, 24, 33, 44, 49, 61, 67, 78, 91,101
Ron Galella, New York, S. 108,129
AP/Wide World Photos, S. 143
Vinnie Zuffante, Star File, New York, Frontispiz
Bob V. Noble Fotos International, New York, S. 83
Anthony Savignano/Gallela Ltd., S. 157