Enid Blyton
Fünf Freunde auf Expedition
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Enid Blyton
Fünf Freunde auf Expedition
Der OMNIBUS Verlag gehört zu den Kinder- & Jugendbuch-Verlagen in der Verlagsgruppe Random House München Berlin Frankfurt Wien Zürich www.omnibus-verlag.de
Dieses Buch wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
1.Auflage 2001 © 1977 by Librairie Hachette Ein neues Abenteuer der von Enid Blyton erfundenen Figuren »Fünf Freunde«. Diese Geschichte erschien erstmals bei Librairie Hachette, Paris, unter dem Titel »Les Cinq vendent la Peau de l'Ours«. Enid Blytons Unterschrift und »Fünf Freunde« sind eingetragene Warenzeichen von Enid Blyton Limited. Die englische Ausgabe erschien unter dem Titel »Five and the Blue Bear Mystery«. © 2001 für die deutschsprachige Ausgabe OMNIBUS/C. Berteismann Jugendbuch Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Übersetzung: Christiane Jung, Heidelberg Lektorat: Nicola Bardola, München Umschlagbild und Innenillustrationen: Silvia Christoph Umschlagkonzeption: Klaus Renner Umbruch: Veit-Rost • Kommunikation und Medien, Ingolstadt st • Projektbetreuung: interConcept Medienagentur, München Druck: GGP Media, Pößneck ISBN 3-570-12548-3 Printed in Germany
Inhalt Georg Weihnachtsvorbereitungen Der verschwundene Weihnachtsbaum Der Reporter Das Geheimnis des Blaubären Noch ein Diebstahl Der Motorradfahrer Ein Ausflug nach Grasau Eine interessante Unterhaltung Das »Rosa Haus« Im Keller Tim, der Retter in der Not! Auf dem Polizeirevier Wieder in Felsenburg Verfolgungsjagd auf See!
7 19 27 38 49 58 70 81 94 105 115 127 138 146
Georg Weihnachtsvorbereitungen
Georg Kirrin fuhr auf ihrem Fahrrad vom Felsenhaus auf dem Birkenweg hinab ins Dorf. Neben ihr radelten ihre Vettern Julius und Richard und ihre Kusine Anne. Die Luft war schneidend kalt, was für den 23. Dezember nichts Ungewöhnliches war - doch Georgs blaue Augen strahlten. Sie liebte das frostklare Wetter, genau wie die anderen Kinder. Alle vier sangen, so laut sie konnten: »Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben!« Georgs Hund Tim, der neben ihnen herrannte und versuchte, seine Pfoten warmzulaufen, war als einziger der Fünf Freunde nicht so glücklich. Seine Ohren flatterten im Wind, und im Gegensatz zu den Kindern trug er keine Wollmütze, die seinen Kopf warm hielt. Doch er würde niemals ohne seine kleine Herrin sein wollen, darum fiel auch er in das Weihnachtslied ein, nur um guten Willen zu zeigen, und bellte so laut, wie die Kinder sangen. -7-
»Leise rieselt der Schnee ...«
»Wau! Wau!« »Still und starr liegt der See!« Allerdings lag noch kein bisschen Schnee. »Doch man kann nie wissen!«, sagte Julius, der dreizehn Jahre alt und damit der älteste der Fünf Freunde war. »Wäre es nicht herrlich, wenn wir weiße Weihnachten bekämen?« Sie fuhren um die letzte Kurve der Straße und sahen schon den Kirchturm. »Da sind wir!«, rief Georg fröhlich. »Station Felsenburg - alle aussteigen! Der Zug endet hier!« Doch die Kinder stiegen erst von ihren Fahrrädern ab, als sie vor dem Warenhaus, dem größten Laden des Dorfes, standen. Hier wurden alle möglichen Dinge verkauft und das Schaufenster war voller Spielzeug und Weihnachtsgeschenke - schließlich war heute der Tag vor Heiligabend! Julius, Richard und Anne waren gekommen, um die Weihnachtsferien bei Georg und ihren Eltern zu verbringen. Onkel Quentin und Tante Fanny wohnten im Felsenhaus, ein Stück vom Dorf entfernt. Es war ein großes Haus und ungefähr dreihundert Jahre alt. An -8-
diesem Morgen hatte Tante Fanny die Kinder gebeten, im Dorf ein paar Besorgungen für sie zu erledigen, weil sie festgestellt hatte, dass ihr einige Dinge ausgegangen waren und sie noch Schmuck für den Weihnachtsbaum brauchte. »Oh, seht doch!«, rief Anne, die Jüngste der Geschwister, und schüttelte das blonde Haar zurück, bevor sie ihre Nase ans Schaufenster drückte. »Ist das nicht herrlich? Seht euch doch diese großen Puppen an - und dieses süße kleine Puppengeschirr und diese elektrische Eisenbahn mit der Lok, die richtig pfeifen kann, und -« Auch Georg und Richard pressten sich an die Scheibe, um die Schaufensterdekoration zu bewundern. Sie waren beide dunkelhaarig - und da Georg, deren richtiger Name Georgina war, ihr lockiges Haar kurz trug, damit sie mehr wie ein Junge wirkte, sahen sie fast aus wie Zwillinge. »Ja, die haben wirklich tolle Sachen hier«, stimmte Richard zu. »Seht ihr das glänzende Fahrrad da - fast so gut wie diese schönen, neuen Bikes, die Onkel Quentin uns geschenkt hat!« »Also, wir können nicht den ganzen Tag hier herum-9-
stehen, sonst frieren wir fest!«, drängte Georg. »Kommt - meine Mutter wartet dringend auf die Sachen.« Sie drückte die Ladentür auf und die Vettern traten ein. Es war hell und warm drinnen und alles sah sehr weihnachtlich aus. Die Kinder gingen zu einem großen Tisch voller Weihnachtsschmuck. Sie suchten etwas Lametta
und
hübsch
bemalte
Glaskugeln,
eine
Weihnachtsmann-Figur für die Baumspitze und ein paar goldene und silberne Sterne aus. Julius ging zur Kasse und bezahlte. Doch bevor die Kinder den Laden verließen, schlenderten Georg und ihre Freunde noch ein wenig herum - es gab ja so viel zu sehen! Georg erblickte einen der Verkäufer, der gerade in einer Ecke des Ladens einen Karton öffnete. Es war ein junger Mann namens Bob. Sie kannte ihn flüchtig. »Hallo, Bob!«, sagte sie. »Fröhliche Weihnachten!«
Der junge Mann blickte auf und lächelte die Kinder an. »Hallo! Macht ihr Weihnachtseinkäufe?« »Ja - wir haben Weihnachtsschmuck für Tante Fanny gekauft«, erklärte Richard. Bob hatte den Karton schließlich aufbekommen. »Wir -10-
haben diese Woche ein Bombengeschäft mit Weihnachtsschmuck gemacht«, sagte er. »Ihr wärt überrascht, wie viele Leute bis zur letzten Minute warten, um ihren Baumschmuck zu kaufen - genau wie ihr! Und die Hersteller kommen manchmal erst sehr spät mit der Lieferung unserer Bestellungen nach - das ist wirklich ärgerlich. Zum Beispiel haben wir zwei Wochen lang auf diese kleinen Bären gewartet und jetzt sind sie erst angekommen!« Während er sprach, hob er eine Kiste aus dem großen Karton. Zwei weitere Kisten lagen noch darin. Bob nahm den Deckel ab und zeigte den Kindern, dass sie mit winzigen Teddybären in unterschiedlichen Farben gefüllt war: rosa, blau, grün, rot, gelb, weiß, lila und orange. »Oh, sind die nicht niedlich?«, rief Anne begeistert. »Ich habe noch nie gehört, dass man Teddybären als Weihnachtsschmuck verkauft!«, meinte Julius kopfschüttelnd. »Na ja, um die Wahrheit zu sagen«, erklärte Bob, »sie sind gar nicht für Weihnachtsbäume gedacht. Eigentlich sind es Maskottchen - so was, was man sich ins Auto hängen kann. Vor kurzem waren alle verrückt da-11-
nach. Jetzt nicht mehr so, aber Teddybären sind immer beliebt, also verkaufen wir sie weiter - und Herr Milz, mein Boss, hat ein paar für Weihnachten bestellt, um sie als Baumschmuck zu verkaufen.« »Und jetzt sind sie zu spät geliefert worden! Wie ärgerlich!«, seufzte Georg mitfühlend. »Die werden Sie bis Heiligabend niemals los! Es müssen furchtbar viele da in diesen Kisten sein.« »Drei Dutzend - also sechsunddreißig Teddybären insgesamt. Aber macht euch keine Sorgen. Es sind nette,
kleine
Bären,
also
werden
wir
sie
bald
verkaufen, auch wenn sie nicht alle vor Weihnachten weggehen. Und ich sag euch was«, fügte Bob lächelnd hinzu. »Dr. Thompson und seine Frau haben ein Dutzend bestellt, also habe ich schon zwölf verkauft! Ihre Tochter Julia feiert heute Nachmittag mit ihren Freunden ein Fest. Es ist eine Weihnachtsparty und sie wollen die Bären in den Weihnachtsbaum hängen. Ich rufe Dr. Thompson am besten gleich einmal an und informiere ihn, dass seine Bären angekommen sind, damit er sie abholen kann.« Richard lächelte. »Ja - wir wissen, dass Julia heute ihre Freunde zu einer Party eingeladen hat«, sagte er. -12-
»Wir sind auch eingeladen! Also, dann werden wir diese Bären am Baum ja selbst bewundern können. Ich glaube, sie werden ziemlich gut zusammen mit den bunten Lichtern und dem anderen Schmuck aussehen.«
Anne,
die
mit
ihren
zehn
Jahren
manchmal noch etwas kindlich war, konnte ihre Augen einfach nicht von den kleinen Teddybären wenden. Sie nahm einen hoch, um ihn sich genauer anzusehen. Es war ein blauer Bär mit braunen Glasaugen, die schelmisch zu glitzern schienen, und er hatte ein herrliches, weiches Fell. Anne streichelte darüber.
»Oh, er ist so süß!«, wiederholte sie. Julius lächelte seine kleine Schwester an. Er liebte Anne sehr - sie war so sanft und freundlich, so vernünftig und immer hilfsbereit. Er beschloss, ihr den Bären zu schenken. »Du kannst ihn behalten, wenn du ihn magst«, sagte er. »Ich kaufe ihn dir.« Anne schlang die Arme um Julius und drückte ihn. Während er den Bären bezahlte, rief jemand vom anderen Ende des Ladens nach Bob. »Oh je«, sagte der Verkäufer und stellte die Kiste mit Bären, die er für Dr. Thompson brauchte, ab. »Jetzt habe ich keine Zeit mehr, die anderen dreiundzwanzig Bären auszupacken.« »Sollen wir das für Sie tun?«, bot Georg an. »Nein, das ist nicht nötig, aber trotzdem danke. Ich werde sie erst mal im Karton lassen - nein, wartet. Ich lege einfach einen ins Schaufenster, um Kunden anzulocken. Schließlich haben wir morgen auch noch bis fünf Uhr nachmittags geöffnet. Auf Wiedersehen, macht's gut, ihr vier, und viel Spaß bei der Party!«
- 14 -
Um vier Uhr nachmittags war die Party im Haus der Thompsons in vollem Gange. Julia, die Tochter der Thompsons, die etwa so alt war wie Georg und Richard, hatte sich viel Mühe gegeben, und alle saßen vergnügt um den Weihnachtsbaum. Er war übersät mit geheimnisvollen Päckchen in hübschem Papier und mit glänzenden Schleifen. Der Baum trug auch bunte Lichter, Lametta und Baumschmuck - darunter auch die zwölf kleinen, farbigen Teddybären aus dem Warenhaus. Auf einem Tisch in einer Ecke des großen Raumes standen
leckere
Sachen.
Julia
war
eine
gute
Gastgeberin, die dafür sorgte, dass alle etwas bekamen. »Noch etwas Wackelpudding, Paul? Irmi, die kleinen Kuchen mit Guss sind hier drüben! Suchst du die Limonade, Richard? Hier ist sie.« Als der Nachmittagstee vorbei war, organisierte Julia ein paar Spiele. Die Reise nach Jerusalem war ein großer Erfolg und alle schrieen und lachten durcheinander. »Du hast geschummelt, Lukas!« »Du
musst
gerade
reden!
Ich
gesehen, wie du Anne geschubst hast!« -15-
habe
genau
»Nein, habe ich nicht! Sie hatte sich noch gar nicht hingesetzt!« Draußen brach die Dämmerung an und schon bald war es richtig dunkel. Der Weihnachtsbaum glitzerte mit seinen bunten Lichtern. »Und jetzt werden wir die Geschenke verteilen!«, sagte Julia. Das kleine Mädchen holte sie vom Baum herunter oder unter dem Baum hervor und rief die Namen ihrer Freunde einzeln auf. »Mary, das sieht nach einem KrankenschwesterKittel aus!«, sagte sie. »Oh, wie schön! Genau das habe ich mir gewünscht!« Richard und Georg bekamen beide Schlittschuhe. »Gut!«, sagte Georg fröhlich. »Jetzt können wir beide zusammen auf die Nase fallen!« Julius bekam ein Taschenmesser mit vielen verschiedenen Klingen und Annes Päckchen enthielt ein kleines Lederetui mit lauter Nähsachen. Es gab sogar ein Geschenk für Tim: einen Gummiknochen! Und dann gingen plötzlich mitten in all dem Trubel die Lichter aus! Einige der Mädchen schrieen auf. »Beruhigt euch«, mahnte Julius mit abgeklärter Stimme. »Das ist bestimmt nur eine durchgebrannte Siche-16-
rung. Bleibt am besten stehen, sonst stolpert ihr noch und tut euch weh.« Trotz des guten Rats von Julius herrschte großes Durcheinander, doch schon bald erhob sich Dr. Thompsons beruhigende Stimme über dem Lärm. »Wartet einen Augenblick, Kinder! Ich werde in den Keller gehen und die Sicherung austauschen.« Doch als Julias Vater weg war, irrten die Kinder wieder im Dunkeln herum. Richard, der in der Nähe der Tür stand, spürte plötzlich einen kalten Luftzug - und dann kratzte etwas über sein Gesicht. Er machte einen Schritt vor und stieß mit jemandem zusammen. Wer auch immer es war, er schob ihn ziemlich grob zur Seite. »He, was soll das!«, rief Richard verärgert. »Was machst du da?« Zur gleichen Zeit bemerkte Georg, die neben Richard stand, dass Tim aus dem Zimmer lief, und kurz darauf hörte sie ihren Hund draußen im Garten bellen. »Nanu!«,
murmelte
sie.
»Jemand
muss
die
Eingangstür offen gelassen haben.« Dann verwandelte sich Tims Bellen plötzlich in Schmerzgeheul. -17-
»Tim!«, schrie Georg. »Er ist verletzt!« Gerade als sie selbst aus dem Zimmer laufen wollte, ging das Licht wieder an. Dr. Thompson tauchte einen Augenblick später auf und lächelte seine jungen Gäste an. Er wollte gerade etwas sagen - als ihm das Lächeln auf den Lippen gefror! Er blickte entsetzt über die Köpfe der Kinder hinweg. Die Kinder drehten sich um -und schrieen alle überrascht auf.
»Der Weihnachtsbaum!« »Er ist weg!« »Wo kann er nur sein?« »Jemand hat ihn gestohlen!«
Der verschwundene Weihnachtsbaum
Ein Weihnachtsbaum wird auf einer Kinderparty gestohlen - das hatte noch niemand erlebt! Doch Herr und Frau Thompson und ihre Gäste mussten einsehen, dass es tatsächlich passiert war. Irgendjemand hatte den Weihnachtsbaum gestohlen, denn es war ganz unbestreitbar, dass er spurlos verschwunden war, und schließlich hatte er nicht einfach davonfliegen können! Zudem hatte Dr. Thompson herausgefunden, dass die Sicherungen im Keller alle in Ordnung waren. Irgendwer hatte den Strom einfach mit dem Hauptschalter ausgeschaltet, sodass alle Lampen ausgegangen waren. Aber wer konnte das gewesen sein? »Hören Sie, Herr Thompson«, sagte Georg. »Mein Hund bellt immer noch im Garten - ich wette, er ist hinter dem Dieb her!« Alle rannten nach draußen, Herr Thompson an der Spitze. Dort stand Tim, offenbar unverletzt, und bellte -19-
ärgerlich das geschlossene Gartentor an. Er klang wütend! Und draußen auf der Straße heulte der Motor eines Lieferwagens auf. Im Mondlicht konnten Julius und Georg gerade noch sehen, dass hinten aus dem Wagen Tannenzweige ragten. »Da fahren die Gauner weg, die den Weihnachtsbaum gestohlen haben!«, rief Georg. Richard erinnerte sich, dass ihm etwas durchs Gesicht gefahren war, als es im Dunkeln an ihm vorbeigetragen wurde. Der Weihnachtsbaum, natürlich! Doch wer würde sich all diese Umstände machen? Ein Weihnachtsbaum kostete schließlich nicht allzu viel Geld - zudem war er schwer zu stehlen und wegzutragen. Herr und Frau Thompson stellten sich genau dieselbe Frage. »Warum um alles in der Welt hat jemand unseren Baum gestohlen?« Sie schickten die Kinder wieder hinein ins Warme und riefen dann die Polizei an, um den Diebstahl zu melden. Wenig später betraten zwei Beamte das Haus und verließen es genauso verwirrt und ratlos wie die Gäste der Thompsons. Niemand konnte sich erklären, warum sich Diebe all diese Umstände gemacht hatten, um etwas von so geringem Wert zu stehlen. -20-
Als sie wieder im Felsenhaus waren, verbrachten Georg und ihre Freunde den Großteil des Abends damit, über die Geschehnisse auf der Party zu sprechen. Je
mehr
sie
darüber
nachdachten,
desto
merkwürdiger schien es ihnen. Sie konnten sich einfach keinen Reim darauf machen! »Vielleicht wollten die Diebe eigentlich die Geschenke und gar nicht den Baum selber?«, meinte Anne ziemlich aufgeregt. »Vielleicht wussten sie nicht, dass die Päckchen
schon
abgenommen
und
verschenkt
worden waren.« »Das halte ich nicht für sehr wahrscheinlich«, entgegnete Georg. »Natürlich waren die Geschenke sehr schön, aber sie waren nicht besonders wertvoll. Nein, es sieht so aus, als ob die Diebe all das sehr sorgfältig geplant hätten - sie waren hinter dem Baum her, nicht den Geschenken, und sie haben bekommen, was sie wollten.« »Aber ein Weihnachtsbaum ist doch nur ein normaler Tannenbaum«, wandte Richard ein. »Nach Weihnachten kann man nicht mehr viel damit anfangen.« »Ich frage mich, ob dieser bestimmte Baum aus irgendeinem Grund eben doch wertvoll war«, gab -21-
Julius zu bedenken. »Auch wenn ich zugeben muss, dass mir kein Grund dafür einfällt.« Als sich die vier Kinder an diesem Abend ins Bett legten, gingen ihnen immer noch viele unbeantwortete Fragen im Kopf herum. Und sie hatten das Gefühl, dass der gestohlene Weihnachtsbaum, auch wenn es ein lächerlicher Vorfall war, doch der Beginn eines dieser Abenteuer sein könnte, die ihnen immer wieder begegneten. Aber auch wenn, sie diese Fälle normalerweise lösen konnten, schien dieser doch sehr verwirrend zu sein.
Am nächsten Morgen gab es noch ein weiteres Rätsel. Georg und ihre Freunde setzten sich gerade an ein spätes, aber leckeres Frühstück mit Schinken, Eiern und Toast, als Tante Fanny, die im Dorf beim Bäcker eingekauft hatte, nicht nur mit herrlichen frischen Brötchen, sondern auch mit ein paar interessanten Neuigkeiten zurückkam. Ungefähr um zwei Uhr morgens waren Diebe in das Warenhaus eingebrochen. »Und das wirklich Merkwürdige war, dass nichts gestohlen wurde - außer einem Karton mit kleinen Ted-22-
dybären!«, sagte Tante Fanny. »Ach ja, und ein kleiner Bär aus dem Schaufenster. Herr Milz sagt, dass die Polizei nicht genau weiß, was sie davon halten soll, aber sie glaubt, es wäre entweder ein Verrückter oder ein Spaßvogel gewesen, der in den Laden eingebrochen ist!« »Wie seltsam!«, sagte Georg. »Ja, nicht wahr?«, stimmte Richard zu. »Jemand
hat
diese
Teddybären
aus
dem
Warenhaus gestohlen - und sonst nichts?«, wiederholte Julius. »Das hört sich ziemlich sinnlos an!« »Wie kann man nur so etwas Dummes tun?«, fragte Richard. »Es ist nicht viel dümmer, als Julias Weihnachtsbaum zu stehlen«, gab Georg zu bedenken. Anne fiel plötzlich etwas ein. Sie sagte mit ihrer leisen Stimme: »Oh, wisst ihr nicht mehr? Die kleinen Bären, die die Thompsons als Baumschmuck gekauft hatten, waren immer noch am Baum, als er gestohlen wurde!« Richard, Julius und Georg hatten gerade das Gleiche gedacht. »Du hast Recht, Anne«, sagte Georg. »Nun - der durchgeknallte Dieb von Felsenburg ist vielleicht verrückt nach Teddybären!« -23-
Es hörte sich alles so albern an, dass die Kinder gar nicht daran dachten, es jemandem zu erzählen. Tante Fanny war in der Küche beschäftigt und kochte für Weihnachten vor - herrlich würzige Düfte zogen zu den Kindern herüber. Und Onkel Quentin hatte sich wie immer
in
seinem
Arbeitszimmer
eingeschlossen.
Weihnachten hin oder her, er steckte wieder tief in seinen wissenschaftlichen Berechnungen. Tim schien jedoch nach weiteren Erklärungen zu verlangen, also gab er ein fragendes »Wurf?« von sich. »Na, was hältst du denn von der Geschichte, Tim?«, fragte Julius. »Weißt du«, fügte er nachdenklich hinzu, »was Georg gesagt hat, hört sich wirklich albern an, aber man muss trotzdem darüber nachdenken. Sie könnte Recht haben! Wenn der Dieb nun in beiden Fällen ein Teddybärensammler ist -« Richard unterbrach seinen Bruder. »Nicht ein Teddybärensanimier, alter Knabe! Es waren mindestens zwei. Man braucht mehr als nur eine Person, um diesen Weihnachtsbaum mitzunehmen und damit so schnell im Lieferwagen zu verschwinden.« »Wenn ihr mich fragt«, sagte Georg, »dann haben sie uns nicht einen Weihnachtsbaum vor der Nase wegge-24-
stohlen
und
sind
dann
in
das
Warenhaus
eingebrochen, nur um ein paar ganz gewöhnliche Teddybären zu stehlen!« »Glaubst du denn, dass irgendetwas Ungewöhnliches an den Bären ist, Georg?«, wollte Julius wissen. »Und dass wir nur nicht wissen, was es ist?« »Na ja, genau - das denke ich allerdings.« »Hm - wer auch immer die Diebe sind, sie haben also die Bären vom Baum und alle Bären aus dem Laden
gestohlen,
inklusive
des
Bären
im
Schaufenster. Sie wussten ziemlich genau, wo sie zu finden waren«, sagte Richard. »Sie haben aber auch wirklich gründlich abgeräumt jeden einzelnen Bären haben sie gestohlen«, ergänzte Georg. »Jetzt haben sie also alle«, stimmte Richard zu. »Nein,
haben
sie
nicht«,
widersprach
Anne
plötzlich. »Einen gibt es noch - den, den du mir gestern geschenkt hast, Julius!« »Du meine Güte - du hast Recht!« »Anne, geh und hol deinen kleinen, blauen Bären, schnell«, drängte Georg. Das blonde Mädchen lief sofort nach oben und kam -25-
schon bald mit ihrem kleinen, blauen TeddybärenMaskottchen zurück. Neugierig betrachteten die vier Kinder das Stofftier. Annes Bär schien überhaupt nicht ungewöhnlich zu sein. Es war ein ganz normaler, kleiner Stoffbär, ohne Besonderheiten - zumindest sah es so aus. »Komisch!«, sagte Richard und schüttelte verwirrt den Kopf. »Und all die anderen Bären waren genauso wie dieser. Nette kleine Bären, aber nichts Spezielles.« »Trotzdem ist es interessant«, meinte Georg. »Ich bin sicher, dass die beiden Diebstähle miteinander zu tun haben. Warum versuchen wir nicht herauszufinden, was dahinter steckt?« Natürlich stimmten die anderen begeistert zu! »Also, warum fahren wir nicht ins Warenhaus?«, schlug Richard vor. »Irgendwo müssen wir ja mit unseren Nachforschungen beginnen und wir können genauso gut dort anfangen.« »Okay«, erwiderte Julius und stand auf. »Kommt, Leute. Der Laden hat bereits geöffnet.« Und kurz darauf waren vier Fahrradfahrer und ein Hund auf dem Weg ins Dorf - und in ein neues Abenteuer!
Der Reporter
Als die Fünf Freunde das Warenhaus betraten, standen schon viele andere Menschen im Laden, gingen herum und sahen sich die Auslagen an. Manche wollten wirklich etwas kaufen, aber manche waren auch einfach nur neugierig, und die drei Verkäufer mussten viele Fragen beantworten, während sie die Pakete einpackten. Natürlich sprachen alle von den Diebstählen der letzten Nacht. Georg sah Bob mit einem dunklen, stämmigen Mann von etwa vierzig Jahren sprechen. Die Augen des Mannes waren hinter dunklen Brillengläsern versteckt und er sah aus wie ein Reporter. Er stand mit Bob an einem Tisch und notierte das, was der Verkäufer sagte, in einem Notizheft. Die Kinder gingen zu Bob hinüber und er lächelte sie freundlich an. »Hallo - schon wieder da? Wollt ihr noch mehr Baumschmuck kaufen?« -27-
»Nein, wir sind nur aus Neugier gekommen!«, gestand Georg. Der Fremde mit den dunklen Brillengläsern schien sich über die Unterbrechung eher zu ärgern. »Kümmern Sie sich jetzt nicht um diese Kinder«, sagte er zu Bob und drehte den Kindern den Rücken zu. »Also - wo waren wir?« »Ich habe Ihnen bereits alles über den Diebstahl gesagt, was ich weiß. Die Diebe haben nichts anderes mitgenommen als -« »Ja, ich weiß, außer den farbigen Teddybären!«, unterbrach ihn der Mann ungeduldig. »Aber Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet. Was ich wissen will, ist, ob sie alle Bären mitgenommen haben. Wie viele Bären genau hatten Sie denn im Laden?« »Vierundzwanzig«, antwortete Bob. Georg, die eine gute Beobachterin war, glaubte zu sehen, wie der Fremde leicht zusammenfuhr, auch wenn er es geschickt verheimlichte. Dann schrieb er die Zahl in sein Notizbuch. In diesem Moment blickte Bob Anne an und er lächelte. »Oh nein, das ist falsch«, sagte er. »Es waren nur dreiundzwanzig, weil ich gestern einen Bären an dieses kleine Mädchen hier verkauft habe!« -28-
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Mann mit der dunklen Brille den Kindern keine Beachtung geschenkt er hatte so ausgesehen, als wünschte er sie alle zum Teufel! Aber jetzt wurde er auf einmal ganz besonders freundlich. »So«, sagte er zu Anne, »du hast also einen von diesen Teddybären gekauft, meine Liebe? Ich habe gehört, dass die Diebe mit der ganzen Lieferung getürmt sind.« »Ja, außer dem Dutzend, das Dr. Thompson bereits bestellt hatte, und einem blauen Bär, den diese junge Dame kaufte«, erklärte Bob wieder. »Deshalb wurden also nur dreiundzwanzig gestohlen!« Der Fremde sah Anne prüfend an. »Und du hast wirklich einen dieser Teddybären, meine Liebe?«, wollte er wissen. »Ich schreibe in meiner Zeitung darüber, weißt du.« »Wirklich?«, fragte Anne schüchtern. Aber sie nahm das Stofftier aus ihrer Tasche und sagte: »Hier ist mein Bär, wenn Sie ihn sehen wollen. Ist er nicht süß?« Der Reporter nahm den Teddybären und schien ihn ganz genau zu betrachten. »Ja, sehr süß!«, antwortete er und gab ihn Anne zu-29-
rück. »Hör mal, kleines Mädchen- wie würde es dir gefallen, in der Zeitung zu stehen? Vielleicht könnte ich in meinem Artikel auch über dich schreiben! Wie könnte denn die Schlagzeile lauten? Vielleicht: >Blauer Bär überlebt Weihnachtsverbrechen!< - oder so etwas Ähnliches! Sag, was hältst du davon?« Julius, dem das Verhalten des Reporters nicht gefiel, nahm seine Schwester bei der Hand. »Komm, Anne. Es ist Zeit zu gehen!«, sagte er bestimmt. -30-
»Noch einen Augenblick, junger Mann!«, protestierte der Mann mit der dunklen Brille. »Ich will nur noch ein oder zwei Fragen stellen - für meine Zeitung, versteht ihr! Ich muss schließlich meine Spalte füllen ...« Und er fragte Anne nach ihrem Namen und ihrer Adresse. »Oh, ich wohne im Felsenhaus bei meiner Tante Fanny und Onkel Quentin«, gab Anne bereitwillig Auskunft. Georg hoffte ungeduldig, dass der Reporter endlich verschwinden und Anne in Ruhe lassen würde. Sie hatte ihn vom ersten Augenblick an nicht gemocht - und außerdem hatte sie allmählich das Gefühl, dass seine Fragen etwas seltsam waren. Er schien sich mehr für die Zahl der gestohlenen Bären zu interessieren als für irgendetwas anderes an diesem Diebstahl! Warum war das so wichtig? Es war wirklich merkwürdig. »Für welche Zeitung schreiben Sie denn?«, fragte Georg plötzlich. Der Mann klappte sein Notizbuch zu. »Für das Tagblatt«, antwortete er. »Nun, ich muss jetzt los, um meinen Artikel zu schreiben - auf Wiedersehen!« Und er marschierte hinaus. -31-
»Das Tagblatt?«, murmelte Richard mit gerunzelter Stirn. »Welches Tagblatt? Das Regional-Tagblatt? Das Große Neue Tagblatt? Das Felsenburger Tagblatt? Er hat uns gar keinen vollständigen Zeitungsnamen genannt! Dieser komische Kerl hat mir überhaupt nicht gefallen.« »Mir auch nicht!«, sagte Julius - und er war wahrhaftig kein Junge, der andere Menschen vorschnell verurteilte. Mittlerweile stellte Georg dem freundlichen Verkäufer Bob selbst einige Fragen, um mit ihren Untersuchungen voranzukommen. Aber die Kinder fanden nur wenig mehr heraus, als sie bereits wussten. Die Diebe, die in der gestrigen Nacht in das Warenhaus eingebrochen hatten, wussten offenbar genau, wo die Alarmanlage war, und hatten die Drähte durchgeschnitten. Dann waren sie einfach mit dem Karton voller Teddybären und dem aus dem Schaufenster davonspaziert. »Das ist das Komische daran!«, schloss Bob. »Es ist schon seltsam genug, dass sie nichts als ein paar Stofftiere stehlen, die echt nichts Besonderes sind - wir haben hier Sachen, die viel wertvoller sind! Aber es ist noch merkwürdiger, dass sie sich die Mühe machten -32-
und auch den Teddybären aus dem Schaufenster stahlen. Das beweist eindeutig, dass die Diebe sich nur für die Bären interessierten - und dass sie genaue Informationen hatten! Das glaubt zumindest die Polizei!« »Seltsam? Ja - es ist wirklich außergewöhnlich«, sagte Georg langsam. Sie schüttelte den Kopf und fügte hinzu: »Das Verschwinden des Weihnachtsbaums von Julias Party war auch sehr seltsam. Ich frage mich wirklich, was hinter alldem steckt!« Doch in diesem Moment kamen noch ein paar verspätete Weihnachtseinkäufer herein und verlangten nach Bob, sodass die Kinder ihm noch einmal frohe Weihnachten wünschten und ratlos das Warenhaus verließen. Offenbar kamen sie im Moment nicht weiter also beschlossen sie, dass sie das Geheimnis gut und gern ein paar Tage aus ihren Köpfen verbannen und Weihnachten ordentlich genießen würden. Und das taten sie. Alle im Felsenhaus feierten ein herrliches Weihnachtsfest! Schon vormittags war die Aufregung so groß, dass die Kinder den Diebstahl im Warenhaus völlig vergessen hatten. Um ein Uhr setzte sich die ganze
Familie
zum
Fanny
hatte
den
Weihnachtsessen. Tisch -33-
sehr
Tante hübsch
geschmückt und ein köstliches Festmahl aus gebratenem Truthahn mit Kastanienfüllung, gerösteten Kartoffeln, Rosenkohl
und
Bratensoße
gekocht,
gefolgt
von
Weihnachtspudding und Minzekuchen. Richard nahm sich dreimal vom Truthahn! »Wenn du noch mehr isst, wirst du schreckliche Bauchschmerzen bekommen!«, warnte Georg ihn streng - und lehnte sich rüber, um die Hälfte seines Weihnachtspuddings von seinem Teller auf den ihren zu befördern. Nach dem Essen durften sie endlich ihre Geschenke auspacken und alle waren glücklich, lachten und redeten durcheinander. Onkel Quentin bekam ein neues Jackett und Tante Fanny einen sehr hübschen Morgenmantel. Die Kinder waren begeistert: Georg bekam ein schönes Paar Ruder für ihr Boot, Julius ein dickes Buch, das er schon lange lesen wollte, Richard einen Fußball und Anne ein paar hübsche Kleider für ihre Puppe. Sie bewunderten gegenseitig ihre Geschenke, und dann machten die Kinder einen Spaziergang am Meer, um etwas frische Luft zu schnappen. Niemand hatte nach dem reichhaltigen Festmahl am Abend noch großen Hunger. Deshalb aßen sie nur wenig und dann -34-
spielten sie den ganzen Abend Scrabble. Sie gingen müde, aber sehr glücklich ins Bett. »Ich glaube nicht, dass ich morgen irgendwas essen will«, war das Letzte, was Richard zu seinem Bruder sagte, bevor er einschlief. Doch seltsamerweise wollte er es doch! Das Wetter am ersten Weihnachtstag war herrlich kalt, aber klar -und die Kinder verbrachten den ganzen Morgen draußen. Sie spielten im Garten und liefen am Strand um die Wette. Zur Mittagszeit hatten sie also großen Appetit auf kalten Truthahn und Schinken mit knusprigen Bratkartoffeln und viel Salat. Als Tante Fanny am nächsten Morgen die Überreste des Truthahns betrachtete, war kaum noch etwas davon da - und die Speisekammer war auch schon ziemlich leer. Wie gut war es daher, dass die Läden am 27. Dezember wieder öffneten! Tante Fanny schrieb eine Einkaufsliste und bat die Kinder, für sie im Dorf die Besorgungen zu machen. »Dies sind die Dinge, die wir brauchen«, sagte sie und gab ihnen die Liste. »Eier, Obst, Gemüse ... ich habe alles aufgeschrieben. Ich denke, ihr nehmt lieber zusätzlich noch zwei Körbe mit. In eure Satteltaschen wird nicht alles hineinpassen.« -35-
Also machten sich die Fünf Freunde auf, um ins Dorf zu fahren - oder zu laufen, wie in Tims Fall. Die Kinder genossen immer eine Fahrradtour, solange es nicht regnete und auf dem Weg kein Schneematsch lag. Als sie ins Dorf kamen, erledigte Georg die Einkäufe für ihre Mutter, und die Jungen trugen die Körbe. Anne hatte nicht viel zu tun, also spazierte sie herum und nahm dabei hin und wieder ihren kleinen Teddybären aus der Tasche. Sie sprach mit ihm oder zeigte ihn Tim. »Sieh mal, Tim - wie findest du meinen Bären? Wie soll ich ihn nennen? Ich glaube, ich nenne ihn einfach Blaubär!« Plötzlich sagte eine leise Stimme hinter Anne: »Was für ein hübscher Bär! Darf ich ihn mal sehen?« Anne drehte sich um und sah eine junge Frau, die sie anlächelte. Die Augen der Frau waren traurig und sie streckte die Hand nach dem Bären aus. Anne gab ihn ihr und bemerkte, dass die Augen der Frau jetzt vor Aufregung aufblitzten. Sie schien den Bauch des Baren mit den Fingern abzutasten. »Mein liebes Kind - ich frage mich, ob du mir wohl diesen Bären geben könntest?«, fragte die Frau atemlos. »Ich würde ihn dir bezahlen - gut bezahlen! Weißt du, -36-
ich hätte ihn gern für meinen kleinen Sohn. Er liegt krank im Bett, und ich bin sicher, dass der Bär ihn aufmuntern würde!« In ihren Zügen lag jetzt ein bittender Ausdruck. Diese unerwartete Frage hatte Anne überrascht, aber sie war ein gutmütiges Kind und wollte gerade einwilligen, als plötzlich eine Hand über ihre Schulter griff und der Frau den Bären wegnahm.
Das Geheimnis des Blaubären
»Es tut mir schrecklich Leid«, sagte Georg höflich, aber bestimmt, »aber meine Kusine hat nur diesen Bären zu Weihnachten bekommen! Wenn Sie einen solchen Bären haben möchten, sollten Sie zum Warenhaus von Herrn Milz gehen. Ich bin sicher, dass man Ihnen einen bestellen wird, und ich glaube nicht, dass es lange dauern wird, wo die Weihnachtshektik nun vorbei ist. Bitte versuchen Sie es so!« Die Frau wollte gerade protestieren, aber Georg hörte ihr nicht zu. Sie zog Anne mit sich, hinein in die Menge der Spaziergänger. »Oh Georg!«, sagte Anne. »Warum hast du mir nicht erlaubt, den Bären an diese Dame zu verkaufen? Sie wollte ihn doch bloß für ihren kleinen, kranken Jungen haben!« »Ha!«, schnaubte Georg. »Ich wette, dass sie sich das nur ausgedacht hat! Sie ist uns vom Felsenhaus an gefolgt - habt ihr anderen das nicht bemerkt? Es ist doch -38-
wirklich erstaunlich, wie viele Leute sich für diesen kleinen, blauen Teddybären interessieren!« »Was meinst du damit?«, fragte Julius überrascht. »Die Frau ist uns gefolgt?« »Ja - als wir von zu Hause losfuhren, sah ich ein Auto an der Straße stehen. Es fuhr los und folgte uns in einiger Entfernung, ganz langsam, um nicht an uns vorbeizufahren. Es muss den ganzen Weg nach Felsenburg im zweiten Gang gefahren sein! Wegen seines Schneckentempos ist es mir überhaupt erst aufgefallen! Und dann fuhr es schließlich an uns vorbei, als wir ins Dorf reinkamen. Die Frau saß am Steuer. Und dann taucht sie plötzlich wieder auf!« »Aber warum?«, fragte Richard. »Glaubst du, sie ist auch eine von den >Bären-Jägern